1847 / 106 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

,

Nichtamtlicher Theil.

Inland.

Provinz Sachsen. Merseburg, Ende März. Aus dem von der Königl. Regierung, Abtheilung des Innern, veröffentlichten Berichte über die Resultate der Verwaltung der für die Provinz Sachsen bestimmten Straf- und Besserungs-Anstalt zu Lichtenburg, in welche die sämmtlichen weiblichen Gefangenen, so wie alle jugend⸗ lichen, männlichen Verbrecher bis zum I8ten Lebensjahre, ohne Rück⸗ sicht auf die Strafdauer bei denselben, so wie diejenigen männlichen Gefangenen, welche das 18te Lebensjahr überschritten haben und zu einer Strafe von weniger als 5 Jahren verurtheilt sind, aufgenom— men werden, entnehmen wir Folgendes: . ö

Am Schlusse des Jahres 1815 befanden sich in der Anstalt 741 Strafgefangene, unter ihnen 545 männliche und 196 weibliche. Im Jahre 1816 wurden eingeliefert: 617 Sträflinge, nämeich 470 männliche und 147 weibliche, so daß demnach im Ganzen 1358 Ver⸗ brecher im verflossenen Jahre detinirt wurden, von denen die tägliche Durchschnittszahl 722 und zwar 531 männliche und 191 weibliche betrug. Der Abgang bestand, dagegen im verflossenen Jahre aus 512 männlichen und 135 weiblichen, zusammen 647 Verbrechern, von denen 9 männliche und 2 weibliche gestorben, 183 männliche und 125 weibliche nach ihrer Heimat entlassen, die übrigen theils begna— digt, theils als Ausländer über die Gränze gebrächt worden sind. Es verblieben hiernach am Ende des Jahres 1816 503 männliche und 208 weibliche, zusammen 711 Verbrecher, die in das Jahr 1817 übergegangen sind, in der Anstalt.

Von den 722 durchschnittlich in der Anstalt befindlich gewesenen Strafgefangenen waren 632 zum vollen, 48 zum halben Pensum beschäftigt, 42 zur Arbeit unfähig.

Die Hauptbeschüftigungen waren 1) für Rechnung von Fabri— kanten auf Grund abgeschlossener Kontrakte: Kattunweben, Wollen— kämmen, Handschuhnähen und Cigarrenwickeln; 2) für sonstige Ar⸗ beitsgeber auf Bestellung und für Rechnung des Betriebs-Fonds der Anstalt: Schafwollespinnen auf Maschinen, Leisten und Tapetengarn⸗ spinnen, Tuchwirken, Leinwandweben, Garnzwisten, Seilerei, Feder— reißen, Flachs⸗ Hanf- und Wergspinnen, Posamentier⸗Arbeiten, Zeug⸗ stricen, Nähen von Wäsche, Sattler Arbeiten, Schneider, Schuh⸗ macher und Handarbeiten gegen Tagelohn. Außer den angeführten BVeschäftigungen sind auch im Jahre 1846, wie früher alle Feld- und Garten⸗= so wie Hausarbeiten, ferner die Mauer- und Zimmerarbei⸗ ten, so weit dies zul

392

25

. 73 Rthlr. 12 daß der Arbeits-Verdienst im Ganzen auf

n arbeitsfähigen Personen auf

Pf. und von den überhaupt in der

nstal Personen, die nicht arbeit fähigen mit eingerechnet, 36 Rthlr. 22 Sgr. 9 Pf. verdient worden.“

Der Gesammt-Betrag aller Kosten stellte sich auf 19,090 Rthlr.

28 Sgr. 1 Pf., mithin à Person auf 67 Rthlr. 29 Sgr. 9 Pf. so

daß nach Abrechnung des obigen Verdienstes die Unterhaltungskosten

für jeden Verbrecher in der Anstalt durchschnittlich für das ganze Jahr

31 Rthlr. 7 Sgr. und für den Tag 2 Sgr. 7 Pf. betragen.

X Marienwerder, 9. April. Se. Masestät der König ha— ben der hiesigen Schützengilde eine Fahne zu verleihen geruht, deren Einweihung am ten d. M. auf feierliche Weise stattfand. Das Schützen Corps versammelte sich in seinem Gesellschaftshause und marschirte mit vollständiger Musik des sten Kürassier-Regiments um 10 Uhr Vormittags vor das Rathhaus. Dort empfing dasselbe der Bürgermeister Rur und übergab ihm mit einer Anrede die Fahne. Er erinnerte daran, daß die Gilde Ursache habe, dieses landesväter— liche Gnadengeschenk als ein theures Kleinod zu halten und als ein solches den Nachkommen zu überliefern. Ein Lebehoch auf Se. Ma— jestät den König, in welches die Gilde und die sehr zahlreich versam— melten Zuschauer freudig einstimmten, beschloß diese Ueber⸗ gabe. Von hier begab sich die Gilde in die Domkirche, wo der Kon— sistorial Rath, Dr. Giehlow, die Weihe der Fahne vollzog. Nachdem die Gilde sich auf dem Markte wieder geordnet hatte, zog sie mit der neuen Fahne durch die Hauptstraßen der Stadt nach dem Schüz—

496

zenhause, um ein Mittagsmahl einzunehmen, welchem auch die Herren

Chef⸗Präsidenten der hiesigen Landes Behörden, mehrere hohe Beamte und viele Bürger beiwohnken. Das schöne Fest endete damit, da die Fahne mit ern, w, . wieder auf das Rathhaus, ihren . bewahrungsort, zurückgebracht wurde.

Einige Tage vor diesem Feste zeigte eine Deputation, aus Mit⸗ 33 des Magistrats und der Stadtverordneten⸗Versammlung be⸗ ehend, den Ehe räsidenten der hiesigen Königlichen Regierung und des Königlichen Ober- Landesgerichts, Herrn Freiherrn von Norden flycht und Herrn Dr. Fülleborn, ihre Ernennung zu Ehrenbürgern der hiesigen Stadt an und überreichte ihnen die in der hiesigen Hof⸗ Buchdruckerei schön lithographirten Bürgerbriefe. Beide haben sich längst die aufrichtigste Hochachtung der Bürgerschaft erworben und namentlich die Verdienste des Herrn Freiherrn von Nordenflycht um die Hebung und Verschönerung unserer Stadt dieselbe zu allgemeiner Dankbarkeit verpflichtet. ĩ

Deutsche Bundesstaaten.

Großherzogthum Sachsen⸗Weimar. (Weim. 3tg.) Ihre Königl. Hoheit die Frau Erbgroßherzogin ist am 12ten d. M. nach dem Haag abgereist, um ihren Königl. Vater auf dessen Wunsch zu besuchen. Die letzten Nachrichten von dort sprechen leider von einer Verschlimmerung in dem Zustande des hohen Kranken. Der Erb— großherzog begleitete seine Gemahlin bis Eisenach und kehrte noch in derselben Nacht nach Weimar zurück.

Oesterreichische Monarchie.

Wien, 13. April. Bei der in diesem Frühjahre eingetretenen Stockung im Absatze der Manufakturwaaren und' der in Folge der⸗ selben in größerem Umfange vorgekommenen Entlassung der Fabrik— Arbeiter, deren Noth durch die Theurung der Lebensbedürfnisse noch mehr gesteigert wird, hat der Magistrat beschlossen, auf Kosten der Stadtgemeinde eine öffentliche Arbeit beginnen zu laͤssen, woran Je⸗ dermann, ohne Unterschied des Gewerbes, theilnehmen könnte. Zu diesem Ende soll das Terrain, welches hinter dem Versorgungshause am Alserbache gelegen ist, und auf welchem eine neue Versorgungs und Beschäftigungs-Anstalt errichtet werden soll, insoweit abgegraben werden, als dies die Niveau -⸗Verhältnisse der nen zu errich— tenden Gebäude nothwendig machen. Tie dadurch gewonnene beträchtliche Erdmasse soll zur Regulirung der Währinger Straße ver— wendet werden. Mit dieser öffentlichen Arbeit wurde den 6ten d. M. begonnen, und es werden hierzu vorzugsweise der Hauptstadt ange— hörige Personen zugelassen, welche ohne ihr Verschulden arbeitslos geworden sind, insbesondere aber jene Fabrik⸗Arbeiter, welche in Folge der in ihrem Geschäftsbetriebe eingetretenen Stockung keinen Erwerb mehr finden können, und sind daselbst bereits 5060 Arbeiter be— schäftigt.

Die Pesther Zeitung meldet aus Paks im tolnauer Komitat vom 25. März: „Wer die Donau bereiste, wird wohl das zwischen Paks und dem Dorfe Kömlöd an der Donau hervorragende Ge— birge, unter Anderem auch den sogenannten steilen Schanzenberg, ge kannt haben. Das ganze Gebirge ist mit den herrlichsten Weinreben und Obstbäumen bepflanzt, und der Schanzenberg bot die herrlichste Aussicht auf die jenseitige Gegend der Donau. Dieser Schanzenberg ist nicht mehr. Am 20sten Vormittags trieben die hiesigen Fischer noch un— ter demselben ihr Fischerhandwerk, und zwischen 11 und 12 Uhr erscholl es: Der Schanzenberg ist versunken.“ Die Urfache dieses Phänomens konnte für jetzt noch nicht mit Gewißheit ermittelt werden; es war keine Spur von einem Erdbeben, wahrscheinlicher ist wohl, daß die Do— nau seit Jahrhunderten den Grund des ihr trotzenden Berges un⸗ terminirt und so den Einsturz herbeigeführt hat. Der versunkene Berg hat sich dafür aber auch an seiner Gegnerin gerächt und den Grund der Donau auf mehreren Stellen, und zwar wo biese am tiefsten war, aufgewühlt, wodurch Millionen größerer und kleinerer

Steine und Fossilien ans Tageslicht gefördert wurden. Der einst steile Berg bildet, nun ein von vielen tausend Rissen zreklüftetes Ufer, aus denen viele kleinere Quellen in die Donau sprudelnd sich ergießen, und die zahllosen entwurzelten Weinreben und Obstbäume liegen nun zerstreut auf demselben umher.“

,

Paris, 12. April. Vorgestern war großes Diner in den Tuilerieen, zu welchem auch der Marquis von Normanby und seine Gemahlin eingeladen waren.

Prinz Joinville ist am 4. April von Marseille nach Toulon zu— rückgekehrt.

Die Königin Christine hat dieser Tage eine Berathung mit den angesehensten in Paris lebenden Spaniern gehabt und ihnen einen Brief mitgetheilt, in welchem Martinez de la Rosa ihr abräth, jetzt nach Spanien zurückzukehren.

Die Presse giebt dem Journal des Dabats seinen Spott zurück und bemerkt, daß es ihr denn doch sonderbar vorkomme, ernst- haft erklären zu hören, daß es eine Beleidigung gegen den Charak— ter des Herrn Guizot sein solle, wenn sie denselben wegen der spa⸗ nischen Angelegenheiten in Schutz nehme. Einstweilen wolle sie sich das gesagt sein lassen. Uebrigens habe vor wenigen Tagen das vertraute Blatt des Herrn Guizot es als sehr ungewöhnlich angese— hen, wenn das spanische Kabinet in einer Zeit geändert werden sollte, wo ihm von den Cortes ein unzweideutiges Vertrauens-Votum er⸗ theilt worden sei. Jetzt komme dem Journal des Débats das plötzlich gar nicht mehr ungewöhnlich vor. Was sei einfacher, lasse es sich vernehmen, was alltäglicher, ja sogar mehr in Ordnung, als ein Ministerwechsel in Spanien? Außerordentlich und bei⸗ nahe beunruhigend würde nur sein, wenn sich ein Kabinet dort lange behauptete. „In der That“, bemerkt die Presse dazu, „das Journal des Débats versteht es, sich zu drehen und zu wenden, und man kann von ihm sagen, daß es ungewöhnlich wäre, wenn es zwei Tage nach einander dieselben Ansichten von einer und derselben Sache besäße.“ Die P resse erklärt, daß sie dagegen bei ihrer Ansicht beharre, den Fall des spanischen Kabinets sehr unge—⸗ wöhnlich zu finden. Und wenn das Ergebniß dieser Vorgänge und des von Herrn Guizot durch die spanischen Heirathen hervorgerufenen internationalen Wettstreits sein sollte, daß die Progressisten und der britische Einfluß in Spanien ans Ruder kämen, so werde das Mini— sterium der Verantwortlichkeit, die deshalb auf ihm ruhe, und Herr Gußzot dem strengen Urtheile der Staatsmänner weder jetzt noch künftig entgehen, weil er dann durch eigene Schuld sein Ziel ver— fehlt hätte. Er bleibe verantwortlich für die Zukunft, die er durch seine Handlungen angebahnt habe.

Der Bey von Tunis hat den General-Lieutenants von Lamo ricire und Bedeau und dem Contre- Admiral Rigodit den Nischan— Orden zweiter Klasse verliehen. .

Der Justiz-Minister Hebert ist mit einer Majorität von 434 gegen 29 Stimmen wieder zum Deputirten gewählt worden. .

Das Journal des Débats bezeichnet den Gesetz- Entwurf über die Zölle, welchen der Handels-Minister am 31. März der Ve⸗ putirten⸗- Kammer vorgelegt hat, als einen an sich zwar bescheidenen Vorschlag, der aber doch den wesentlichen und wohl zu bemerkenden Charakter darbiete, daß er Frankreich einen Schritt auf der Bahn der Handelsfreiheit thun lasse, indem darin für eine freilich nur kleine Anzahl von unbedeutenden Artikeln das Verbot. aufgehoben und ein hoher Zoll an dessen Stelle gesetzt, für eine zweite Reihe eben— falls nicht bedeutender Artikel der Zoll ermäßigt, endlich aber, und das sei das eigentlich Praktische, eine Zahl von 298 Artikeln ganz aus dem Tarif gestrichen und theils unbedingt, theils unter gewissen Bedingungen frei gegeben werde, unter denen sich etwa 20 von Erheblichkeit befänden, und die dem Schatz im Jahre 1332 einen Ertrag von 3,884, ss Fr. eingebracht, der jedoch wohl nicht ganz ausfallen werde, da eben Bedingungen an die freie Einfuhr ge⸗ knüpft seien, wie z. B. für 23 Artikel, daß sie auf französischen Schiffen oder zu Lande eingeführt werden, für 162, daß sie unter französischer Flagge von jenseits des Kap Horn oder des Vorgebirges

der guten Hoffnung herkommen, oder nur, daß sie außereuropäischen Ursprungs sein müßten. .

Das Journal des Débats kömmt wieder auf die Nothwen⸗ digkeit zurück, die im Januar dieses Jahres der Getraide-Einfuhr gewährten Freiheiten noch um ein Jahr zu verlängern und auch der Einfuhr von Schlachtvieh und Pökelfleisch zuzugestehen, und sucht die vom National und Constitutionnel erhobenen Einwendungen zu widerlegen. Die Kartoffel- Krankheit bewirke schon deshalb eine Minder - Aerndte dieses Lebensmittels, weil weniger Kartoffeln ge— pflanzt seien; es würde also, da die Frühlings-Saat diese Lücke nicht mehr ausfüllen könne, ungefähr die Hälfte des Kartoffel- Bedarfs, 50 bis 6h Millionen Hektoliter, fehlen, es sei denn, daß eine ganz ungewöhnlich reiche Getraide⸗-Aerndte einträte. Da darauf aber nicht zu rechnen, es vielmehr unverantwortlich sei, nicht an den Fall einer mittel⸗ mäßigen oder schlechten Aerndte zu denken, müsse man handeln, als ob Frankreich 10 bis 12 Millionen Hektoliter auswärtiges Getraide in dem mit Juli beginnenden Getraidejahre bedürfe. Diese Getraide— Zufuhren müßten in Amerika bis Anfang Dezember, in Rußland bis Ende Oktober in den Hafenorten für die Ausfuhr nach Frankreich und England bereit liegen, weil einen Monat später die Flüsse und

laut werden, ihn auf ein engeres Terrain zu beschränken. Es sprach sich das Bedürfniß aus, ein eigenes Journal für das Gymnasialwesen zu grün— den, und der berlinische Gymnasiallehrer-Verein schien in vielfacher Bezie⸗ hung besonders befähigt, ein solches Unternehmen in das Leben zu rufen. Im Vertrauen auf die reichen Arbeitskräfte ünd die vielfachen Verbindun- gen, die ihm zu Gebote stehen, legte er Hand an das Werk und übertrug die Redaction der Zeitschrift den Herren Professoren Heydemann und , a

UÜegt nun das erste Quartalheft der ersten Zeitschrift für das er n en gie h. erschienen ist, vor uns. Ihr Hervortreten ist in , . 316 n . unseres gelehrten Schulwesens ein epoche= is. Ter Jr he diesc⸗ 866 uc in weiteren Kreisen Notiz zu nehmen mit weiches Me len fe é i egt von der Sorgfalt und Geschicklichkeit, in der That so Rich 3. redigirt wird, das glänzendste Zeugniß ab und ist hit gen Cohs. nf 383 Le Fille een Bebolenen fast den Leser zu über— . . 236 n, rin höchst kompressen Druckes werden außer der

) 9 gere Abhandlungen, 25 literarische Berichte über die verschi artigsten den Gymnasial-Untertie e richte über, gie verschieden- für e, n . th J berg fenden er le gözehen, n Berediinehen D folgen Miscell N ils in extensa, theils im Auszug mitgetheilt; 6 wer achtich·en über für das gelehrte Schulwesen wich⸗ tige Ereignisse und Personal. Notizen. Die dauptfragen * h 1. 7 werden so von vielen Seiten erörtert, viele der unter e el ; Fragen berührt, alle Partieen des überaus komplizirten Ge an 31 en spstematischer Vollständigkeit beleuchtet. Es ist dem , . es in . eine detaillirte Darlegung dessen hier zu geben, was bereits in ö = geleistet ist; nur auf einzelne Punkte möchte er besonderz die Auf 3 fie keit lenken, durch welche die Haltung und Stellung der Jeitschrist e, seines Erachtens , dn. l . . st am besten Das wird in der Einleitung gleich auf das klarste aus

die Stellung der Gomnasien dem Publikum 1 , 4 h queme früherer Zeiten sei, daß man das deutlichste Bewußtfrin eines aan pfes habe, in dem man stehe mit Gegnern auf allen Seiten, eines Vampfes der nun einmal durchgekämpfst werden müsse. Die Redaction selbst steht übrigens nicht auf Seiten derer, die da behaupten, Alles sei gut, wir eg eben bestehe, und eben darum, weil es bestehe, so ablehnend verhält sie sich nicht gegen die Forderungen unserer Zeit, sondern sie hofft vielmehr, daß die Zeitschrist dazu beitrage, daß die verwickelten Fragen, welche in der Gegenwart über das Gymnasiglwesen aufgeworfen werden, eine schließliche Aniwort erhalten. Es liegt hierin schon, daß sie sich nicht ausschließlich einer Partei widmet, einer 6. huldigt, sondern vielmehr widerstreiten⸗

den e,, ein offenes Feld gewähren will. Aber freilich hält sie daran

sest, „daß Verbesserungen und segensreiche Veränderungen nicht durch ge— waltsames Umstürzen des Daseienden, sondern nur durch behutsame Ent- wickelung der vorhandenen Elemente, durch besonnenes Eingehen auf die Forderungen und Bedürfnisse der Zeit, durch treue psg und Ausbildung der gewonnenen Ergebnisse 4 herbeiführen 3. ie ist also für Re= formen, aber nur auf dem Wege historischer Entwickelung. Sie ist über⸗=

zeugt, die Grundfesten und Mauern des Gymnasial-Gebäudes sind fest und probehaltig, wenn auch hier und da sich einige morsche Balken finden und etwas Schutt auszukehren sein möchte. Die Redaction wird auch dem die Zeitschrift nicht verschließen, der die jetzige Gomnasialbildung in ihren Prin- fan angreifen will, aber sie ist freilich von vornherein überzeugt, daß ein olcher entweder bald selbst erkennen oder von Anderen zu der Erkenntniß geführt werden wird, „daß nicht Alles altersschwach sei, was alt ist.“

Der Begrfff der Reform ist ein ziemlich weiter; darauf kommt es zu— nächst an, wo und wie man zu reformiren gedenkt, und auch hierüber giebt das vorliegende Heft der Zeitschrift durch die in den meisten Beiträgen herrschende Gesinnung genügende Auskunft. An den Humanitäts-Studlen will man festhalten, auf ihnen beruht die spezifische Wirksamkeit der Gom— nasial⸗Studiep, und nicht allein, um eine tiefer gehende historische Bildung zu gewinnen, vertheidigt man diese Studien, sondern nicht weniger um ihrer allgemein bildenden Kraft willen, man sieht in ihnen die beste Gymnastik des Geistes. Nicht minder hält man aber an den anderen Unterrichts-Gegenständen fest, welche bisher in den Lehrplan unserer Gymnasien aufgenommen sind. Die Reform kann sich demnach nur auf Ausbildung der Methode des Un— terrichts zunächst beziehen, auf eine würdigere, tiefer greifende Behandlung der einzelnen Disziplinen, auf einen konsequenteren Lehrgang, auf eine Vertheilung und Anordnung der Lehrgegenstände, bei welcher der eine den anderen stützend und helfend zur Seite steht. Wenn die Zeitschrift in sol— cher Weise sich für Reformen ausspricht, so bleibt sie dabei ganz in dem Kreise einer theoretischen Diskussion, einen unmittelbar praktischen Einfluß auf Umgestaltung des bisherigen Zustandes unserer Gomnasien beansprucht sie nicht, indem sie den Behörden anheimstellt, was theoretisch durchgefoch— ten ist, nun auch praktisch in das Leben zu führen.

Es ist bekanntlich im Oftober vorigen Jahres in Dresden ein Verein für Reform der Gymnasien zusammengetreten, der nur zum Theil aus Schul— leuten besteht, ein großer Theil sind Beamte, Kaufleute u. A. Nur ein Gymnasiallehrer ist in diesem Verein, Hr. Dr. Köchlvo, der zunächst durch seine Schriften: „Ueber das Prinzip des Gomnasialunterrichts? und „zur Hymnasialresorm“ den Verein in das Leben rief und unfehlbar als die belebende Seele desselben anzusehen ist. Es ist keine Frage, daß von die- sem Verein die Reform in ganz anderem Sinne gefaßt ist; die genannten Schriften des Hr. Köchly, wie die Aufforderung zum Anschluß an die Ge— (llschaft geben hierüben genügende Ausfunft. Hr. Köchly beabsichtigt eine scharse Tiennung der Rtealschülen und Gymnasien jenen weist er die Vor— bereitung auf die Naturwissenschaften, diesen die für die historischen Wissen schaften zu, und es folgt ihm hieraus weiter, daß die klassischen Studien auf den Gymnasien neee e fc als historische betrieben werden müssen, der gram= matische Unterricht in den alten Sprachen aber nur dadurch seine Berechti=

1 findet, daß er zum Verständniß der klassischen Schriftsteller führt. Die zorschläge des Herrn Dr. Köchly fanden bei den Gymnasiallehrern, wie zu erwarten stand, keinen Einga aber um so lebhafteren Anklang in an⸗ deren Kreisen. So bildete a g.. dregdener Gymnasialverein, der sofort mit der Enllärung hewortrat, daß es fein ander Mittel gebe, eine Reform

herbeizuführen, als wenn die bei dem Zustande der Gymnasien interessirten

Personen dieselbe in die eigenen Hände nähmen, dies bezwecke der Gom— nasialverein, er wolle sich über die Nothwendigkeit der Reform durch gegen- seitige Besprechung noch näher informiren, dann aber durch Vorstellungen ihr bei den Behörden praktisch Eingang zu verschaffen suchen und, falls dies nicht glücken sollte, ein Vereinsgomnasium als Musteranstalt herstellen. Auch eine Zeitschrift hat der Verein später herauszugeben beschlossen, die aber bisher nicht erschienen ist. Es liegt auf der Hand, wie sehr die Reform dieses Vereins von der verschieden ist, der sich die hier in Rede stehende Zeitschrift gewidmet hat, und es ist daher nicht zu verwundern, wenn in dem vorliegenden Hefte bereits an mehreren Stellen von den Vorschlägen des Dr. Köchly die Rede ist, und zwar in einer Weise, welche die Diffe— renz der Ansicht deutlich genug herausstellt. t 3

Besonders hat sich Herr Direktor Foß in Altenburg auf eine ausführliche Beurtheilung der oben angeführten Köchlp'schen Schriften, eingelassen. Auch er ist für eine Umgestaltung der Gymnasien nach den Zeitbedürfnissen, sa er erkennt es als ein Hauptverdienst Köchly's an, daß er laut und energisch auf ein Fortschreiten dringt, wie es das Bedürfniß der Zeit erheische, aber andererseits läßt er es an sehr entschiedenem Widerspruch nicht fehlen. Beson— ders lehnt er sich gegen das Prinzip auf, auf dem nach Köchlo der ganze Gymnasialunterricht beruht, das historische. „Das Princip desselben“, sagt er, „darf nie ein historisches sein, wenn derselbe nicht einen seiner größten Vorzüge, den ihm selbst seine Gegner noch nicht abzusprechen wagen, auf. geben soll. Ein historisches Princip müßte, lonsequent durchgefiihrt, zu einer Passivität des Geistes führen, die den Gomnasien in , , nicht förderlich sein könnte. Wir haben aber gesehen, wie Ter Verf. als. das Ziel seines Prinzips ein Verständniß oder eine Auffasung. der cht ift⸗ steller, eine Erfassung oder Erkenntniß des Alterthums hinstellt; alles das ist etwas Passives, denn es ist ein Aufnehmen von etwas Gegebenem, Bargebotenem, und wenn auch Herr K. noch eine freie Neproduction in deutscher Rede und Schrift verlangt, so ist eine solche doch auch immer nur eine halbe, unselbstständige Thätigkeit, während der GomnasialUnterricht darauf ausgehen muß, den Geist in eigener, freier, selbstständiger Thätigkeit zu üben.“ Wir haben diese längere Stelle hersetzen müssen, weil wir im Folgenden einige für die Sache unseres Erachtens nicht unwichtige Bemer= kungen daran zu knüpfen haben. Im Folgenden setzt Herr Foß nämlich aus einander, das Prinzip des Gomnasiums müsse ein formell-materiales sein, das Ghmnasium müsse erstens die geistigen Kräfte üben und bis zu selbstständiger Thätigkeit entwickeln, und zweitens diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten seinen Jöglingen beibringen, welche die Universitätsstudien vor— 7 Es ist klar, daß die sachlichen Kenntnisse hier immer nur mehr als Mittel zum Zweck angesehen werden, während es Herrn Köchly bei sei nem historischen Prinzip vornehmlich auf Sachkenntniß ankommt. Die Sprachkenntniß ist diesem nur Mittel zum Zweck, wogegen Herr Foß sich in eine ausführliche Widerlegung einläßt, indem er besonders die sormell. bildende Krast des Unterrichts in den alten Sprachen hervorhebt.

Was den letzteren Punkt betrifft, so ist Referent vollkommen der An-

Kanäle Amerika's zufrören und an den Ufern des Schwarzen Mee— res und den Mündungen der Donau die Herbststürme und Negen— güsse einträten. Wenn nun in den Donau- Fürstenthümern, in Po⸗ len, Rußland und Amerika durch möglichste Beschleunigung aller Ar⸗ beiten und Transporte zu den angegebenen Zeitpunkten das Getraide bereit läge, erfordere es, um nach Marseille, Havre, Bordeaur, Ran— tes 19 Millionen Hektoliter oder 80h, 00 Tonnen, auf welche bei dem Mangel an Kartoffeln das Bedürfniß leicht steigen könne, zu brin— gen, 30006 Schiffe von der Mittelgröße von 276 Tonnen, die, da die kürzeste Fahrt die aus der Ostsee sei und der größte Theil aus New-⸗Nork, New⸗Orleans und ej geholt werden müsse, drei Reisen machen könnten. Man brauche also mindestens eine Flotte von 750 Schiffen zu durchschnittlich 270 Tonnen. Nun betrage aber die ganze Handelsmarine Frankreichs an Schiffen über 200 Tonnen nur 650, die im Ganzen 182,471 Tonnen und durchschnitt— lich 281 Tonnen groß seien, also 676 Schiffen von 270 Tonnen gleich wären. Ganz abgesehen also von der Kolonialhandels-, der Fischfangs- und anderer Handelsschifffahrt genüge die ganze französi— sche Rhederei nicht, um die nothwendigen 10 Millionen Hektoliter Getraide herbeizuschaffeu. Die vierzehn Jahrhunderte der alten Monarchie, die Republik und das Kaiserreich hätten nie Zoll auf die nothwendigste Volksnahrung gelegt, und erst 1819 sei ein Getraide zoll, 1822 der Fleischzoll eingeführt worden.

Der Courrier frangais erzählt, daß der Minister-Rath, be der er sich über die Verlängerung der freien Getraide⸗Einfuhr ent scheiden wolle, sich noch vorher Auskunft darüber vom Handels- Mi nister erbeten habe, ob die Nothwendigkeit zu einer solchen Maßregel vorliege. .

Man ist nicht ohne ernsthafte Besorgnisse in Betreff der Lage des Staatsschatzes, Herr Lacave Laplagné hat bisher noch nicht die 65 Millionen Fr. in Schatzscheinen unterbringen können, mit welchen 9 die flottirende Schuld vermehren wollte. Er soll für 35 bis 40 Millionen Ir, zu 4 pCt. Jius placirt und sich damit für den Au genblick geholfen haben. Die Geldkrisis, welche in England herrscht, erlaubt nicht, auf Beihülfe von dort zu rechnen. Gegen Bons, die ,. Fins tragen, werden die Kapitalien zuströmen, jedoch nur zur Benachtheiligung des Courses der französischen Renten, die nach der gegenwärtigen Notirung nur 34 3 4 pCt. abwerfen. Die Bank don Frankreich will, wie man hört, ihren Diskonto auf 6pCt. erhö hen, um zu verhindern, daß das baare Geld nach England auswan— dere, woselbst die Bank jetzt zu 5pCt. diskontirt.

Ein Gerücht von einem Bankett der unabhängigen Konser vatisen, das beim Grafen von Castellane stattfinden und über funfzig Theilnehmer zählen sollte, veranlaßt den Commerce zu berichten, daß der Graf allerdings an diejenigen seiner ehrenwerthen Kollegen Einladungen zu einem Diner erlassen habe, welche der konservativen Partei angehörten, ohne sich an die ministerielle Politik gebunden zu haben. Ver Graf habe auch ungefähr fünfzig Einladungen erlassen, von denen jedoch einige abgelehnt worden wären, um den Schein zu vermeiden, als sammle sich eine neue Partei um Herrn von Castellane Als Führer, und es würden ungefähr dreißig Gäste gewesen sein, wenn nicht das Ganze in Folge des plötzlichen Todes der Mutter des Herrn von Castel lane, verschoben worden wäre. Unter allen Umständen sei jedoch so viel gewiß, daß die Einigkeit der konservativen Partei nicht mehr bestehe, und daß gegen 60 Deputirte, welcher seither stets mit der Majorität gestimmt, entschlossen seien, das Kabinet nur in dem Verhältnisse fer ner zu unterstützen, als es in die Bahn des Fortschritts einlenke. Die Abstimmung über die Berathung des Remusatschen Vorschlags wegen der Inkompatibilitäten werde das Alles deutlicher herausstellen. Die mit jeder allgemeinen Wahl wachsende Zahl von Beamten in der De putirten-Kammer drohe mit ernstlicher Gefährdung für die National Vertretung, und die unabhängigen Konservativen würden daher, ohne mit allen Einzelheiten des Vorschlags einverstanden zu sein, für die Erwägung desselben stimmen.

Die Nachricht, daß der junge Fürst Armand von Polignac sei— nen Sitz in der Pairs-Kammer in Anspruch genommen habe, wird von der Union monarchique für unwahr erklärt.

Der Courrier frangais meldet, daß nach Briefen aus Bour— bon Her‘ Barbet de Jouy, der abberufene Konsul der Insel Mauri— tius, sich noch immer in dieser Kolonie befinde und auf seine nach Paris gesandte Rechtfertigungsschrift wegen seines Konflikts keinen anderen Bescheid erhalten habe, als die Weisung, in Bourbon zu bleiben und die Befehle der Regierung zu erwarten.

Graf Louis von Noailles, bis jetzt zweiter Gesandtschafts-Secre

497

tair in London, soll zum ersten Gesandtschafte⸗Secretair in Berlin er⸗ nannt sein.

Das Programm der Vorlesungen des College de France ist im Montteur erschienen. Sie beginnen am 12. April. Herr Julius Mohl, der neue Professor des Persischen, liest über Firdusis Buch der Könige, Herr Moritz Meyer über die komischen Dichtungen der Rö⸗ mer im Vergleiche mit dem modernen Lustspiele, Herr Philarete Chasles über deutsche Dichtkunst nach Göthe und über das Nibelun⸗ genlied. Statt des Herrn Adam Mickiewiez liest Herr Cyprien Ro⸗ bert über die Literatur-Geschichte der Slaven im Mittelalter und statt des Herrn Edgar Quinet Herr Damas-Hinard über die Ge⸗ schichte des spanischen Theaters und über den Don Quixotte. Das übrige Programm ist so ziemlich dasselbe geblieben.

Der Haupt⸗Redakteur des Corsaire Satan protestirt gele⸗ gentlich seiner Verurtheilung in der Verleumdungs-Angelegenheit Janin's in einem Schreiben an den Courrier gegen das Prinzip, daß man den Haupt⸗Redacteur verantwortlich für einen Artikel ma— chen wolle, dessen Verfasser sich genannt und dessen Verantwortlich— keit der Geschäftsführer des Blattes schon zu trngen habe; die Frage

interessire die ganze Presse, indem man sich einmal dieser Präceden⸗ tien bedienen könne, um die Presse zu verfolgen. Uebrigens habe er gegen das ihn verurtheilende Erkenntniß Berufung eingelegt.

Lord Cowley, ehemaliger Botschafter Großbritaniens am hiesigen Hofe, liegt seit einigen Tagen hier gefährlich krank danieder.

X Paris, 12. April. Ju der heutigen Sitzung der Depu⸗ tirten-Kammer führte die Tagesordnung zur Verhandlung des Gesetzes⸗-Entwurfs, kraft dessen der Finanz Minister zu Rückerstattung der von den Eisenbahn-Gesellschaften geleisteten Cautionen ermächtigt werden soll.

Herr Larabit: Er wünsche so sehr als irgend wer die Ausführung der Eisenbahnen, indessen widersetze er sich der Votirung dieses Gesetzes, weil darin eine Aenderung des Lastenheftes liege, und weil dasselbe zugleich nicht ausreiche, dem Uebel abzuhelfen, worüber man jetzt klage. Der Staat habe eine Verbindlichkeit eingegangen, er wünsche, daß derselbe sie erfülle, aber auch daß die Eisenbahn-Gesellschaften die ihrigen erfüllen. Die Re— gierung dürfe nicht allen Launen derselben nachgeben. Die Kammer müsse dem Ministerium die Kraft geben, den Anforderungen der Gesellschaften zu widerstehen. Die Zurückgabe der Cautionen vor der gesetzlich dazu bestimm⸗ ten Frist würde zur Folge haben, daß die Baarvorräthe des Schatzes noch weiter sich verminderten, und dies wäre in dem gegenwärtigen Augenblick ein unermeßlicher Uebelstand. Man dürfe die dem Staat gegebene Bürgschaft nicht verminbern, und dies würde durch Annahme des Gesetz-Entwurfs ge— schehen. Herr Lherbette: Er verlange das Wort weder für noch gegen den Entwurf. Er wünsche vor Allem, daß der Boden, auf dem man sich be wege, genau charakterisirt werde. Unverkennbar sei vor allen Dingen, daß die Gesellschaften eine ausgebreitete Coalition bildeten, welche über die Journale und über einen beträchtlichen Theil des Kredits verfüge. Jetzt, wo man à la haussc und à la baissé gespielt, wo man beträchtlichen Ge— winn in dier Tasche gesteckt habe, jetzt verlange man ein Gesetz, das eine neue Grundlage der Agiotage werden könne, Vor Allem frage es sich, ob die Nothwendigkeit zu einem neuen Gesetze vorliege. Die Kam⸗— mer solle wissen, daß der Gesetz- Entwurf nicht Alles sage. Es

sei nur ein erster Schritt zu einer Reihe fölgender Konzessionen. Einigen Gesellschaften sei es allerdings um ernstliche Ausführung der Ei senbähnbauten zu thun, das wolle er glauben, anderen aber nur um Um- stoßung ihrer Verträge. Darin liege der Grund zu diesem Verlangen nach Rückzahlung der Cautionen. In solcher Lage wolle er an den Herrn Mi nister der öffentlichen Arbeiten eine Frage stellen. Von der Antwort des⸗ selben werde sein Votum abhängen. Ob der Gesetz-Entwurf nicht dem Ka⸗ binet aufgenöthigt sei? Er habe Grund, zu glauben, derselbe sei nicht aus eigenem Antrieb von demselben eingebracht worden. (Murren.) Fernere Frage: ob diese Konzession die letzte sein werde? Der Minister der öf⸗ fentlichen Arbeiten: Der Gesetz-Entwurf sei nicht neu, in der Adresse sei schon die Rede davon gewesen. Er sei im Minister⸗-Nath berathen wor den, sei als zeitgemäß erschienen und sei das Werk des Ministeriums. Das habe er auf die erste Frage zu antworten. Auf die zweite sage er, der Gesetz- Entwurf sei lediglich vom Ministerium ausgegangen. Herr Lher— bette: Der Herr Minister habe auf keine der an ihn gerichteten Fragen lategorisch geantwortet. Herr Victor Grandin: Auf der Eisenbahn von Rouen sei ein Unglück vorgefallen. Ju der Nähe von Rouen seien zwei Wagenzüge auf einander gestoßen, der Schreck sei fürchterlich gewesen. Die Wagen seien in die Höhe gehoben, Reisenden die Rippen eingedrückt, einer Frau das Bein gebrochen worden. Andere hätten ernstliche Verletzungen erhalten. Dieses Unglück sei nicht das erste. Solche öftere Wieder— kehr komme von der schlechten Fassung der Reglements und ihrem schlechten Vollzug. Die Gesellschaften handelten ganz willkürlich. Ob man unter solchen Umständen ihre Unternehmungen noch weiter begün— stigen solle? Sie befänden sich jetzt in der Klemme, aber alle Industrie⸗

weige seien nicht besser daran. In den Spinnereien des

her ieder ⸗Seine stürben die unglücklichen Arbeiter vor k Eisenbahn-Gesellschaften unvorsichtig gewesen, so müßten sle nun au * Folgen davon tragen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten? Der Zweck des Gesetz Entwurfs sei, die neuen Gesellschasten in gleich Lage zu bringen, wie die alten; die Bestimmungen der Lastenhefte jener ersteren wegzunehmen, die nicht auch in denen der alten Gesellschaften ent.

9

halten seien. Die verlangte Maßregel sei im öffentlichen allgemeinen In= teresse eben so gut als in dem der isenbahn-Gesellschaften. Wenn man bei der gegenwärtigen schwierigen Lage im strengen Rechte bleiben wollte, so würde man sich Katastrophen aussetzen, sie hervorrufen. Die Gesellschaf⸗ ten würden ihre Arbeiten einstellen, Tausende von Arbeitern dadurch brod— los werden. Die Herren Grandin und Lara bit wiederholen einen Theil der von ihnen schon vorgebrachten Argumente. (Die Sitzung dauert noch fort.)

In der Pairs-Kammer kam nichts von Bedeutung vor. Sie beschäftigte sich vorzugsweise mit Berichten über Petitionen. Während über einen lokalen Gesetzentwurf abgestimmt wird, läßt der Mar— quis von Boissy einen Antrag an den Präsidenten gelangen, um ermächigt zu werden, eine Interpellation an den Kriegsminister zu stellen, ob er Maßregeln getroffen habe, den Unordnungen ein Ende zu machen, die neulich in der Armee von Afrika angedeutet worden seien. Auf die Frage des Präsidenten, ob der Antrag unterstützt werde, herrscht tiefe Stille. Der Antrag ist also durch—⸗ gefallen, da Niemand denselben unterstützt.

Großbritanien und Irland.

London, 10. April. Der Staats- Secretair des Innern hat an die Aufseher der verschiedenen Gefängnisse des Landes ein Rund⸗ schreiben erlassen, worin er ihnen eröffnet, daß in Folge der Einstel⸗ lung der Deportation männlicher Sträflinge nach Vandimensland unverzüglich für die Einkerkerung und Beschäftigung einer großen Anzahl solcher Verbrecher im Inlande gesorgt werden müsse. Zur Erreichung dieses Zweckes werde wohl die vorläufige Unterbringung eines Theiles der zur Deportation verurtheilten Sträflinge in den Grafschafts und Orts-Gefängnissen nöthig werden, insoweit dort hin länglicher Raum zu ihrer Aufnahme vorhanden und angemessene Vorsorge für eine bessernde Disziplin getroffen sei. Sämmtliche Aufseher werden daher aufgefordert, dem Staats- Secretair mitzutheilen, wie viel Gefangene noch in dem ihnen untergebenen Kerker ohne Störung der Disziplin und guten Ordnung untergebracht werden können, und zugleich anzugeben, welches im laufenden Jahre die größte Zahl der gleichzeitig in dem Gefängnisse Eingekerkerten gewesen und welches Dis ziplinsostem dort in Kraft sei. Der Staats -Secretair zeigt zu⸗ gleich an, daß den Grafschaften, Städten und Flecken aus dieser be⸗ absichtigten Vermehrung der Zahl der Gefangenen in ihren Kerkern keine Kostenvermehrung irgend einer Art erwachsen werde, da durch eine Parlaments Bewilligung in letzter Session für den Unterhalt der fraglichen Sträflinge vollständig gesorgt sei.

Vorgestern hat man mit Legung der Metallröhren zur Weiter⸗ führung des südwestlichen elektrischen Telegraphen vom Büreau am Strande bis zur Admiralität begonnen; bis Mitte Juni wird die ganze Einrichtung fertig sein und die Admiralität alsdann mit Gos⸗ port und Portsmouth in fast augenblicklicher Verbindung stehen.

Der Baarvorrath der Bank von England hat sich nach dem letz- ten Wochenberichte um die bedeutende Summe von 769,123 Pfd. St. vermindert, so daß er auf 10,246,410 Pfd. St. geschmolzen war.

Der Globe führt dies als Beweis an, daß die Bank zur Ergrei⸗ fung ihrer jüngsten beschränkenden Maßregeln aufs dringendste genö⸗ thigt gewesen sei. Die Eisenbahn-Actien sind seit einigen Tagen an der Börse im Weichen, weil man ansehnliche Verkäufe besorgt, wenn das Geld so rar bleibt, wie gegenwärtig, oder für Fabrikzwecke noch mehr gesucht wird, als schon jetzt der Fall ist.

In der letzten Woche sind aus Portorico 4, aus der Havana 2 und aus Rio-Janeiro ebenfalls 2 mit Sklavenzucker beladene Schiffe im hiesigen Hafen angelangt. Auch zu Liverpool und Bxistol sind zahlreiche Ladungen Sklavenzucker angelangt, so daß ein Höher⸗ gehen der Zuckerpreise nicht mehr erwartet wird. (B. H.) Wir erhalten durch gefällige Mittheilung den in Port au Prince erscheinenden Moniteur haitien vom 6. März, in welchem sich die amtlichen Berichte über den neuesten Regierungs wechsel finden. Der Präsident Rich starb am 27. Februar, zwer Tage vor dem ersten Jahreswechsel seiner Präsidentur, und schon am 1. März wurde der Senat durch seinen permanenten Ausschuß zur Wahl eines neuen Präsidenten versammelt. Es erschienen 20 Se⸗

sicht, die Herr Foß vertritt. Der Unterricht in der Grammatik der alten Sprachen ist ein unvergleichliches Bildungsmittel, das man nie zu einem bloßen Mittel für einen anderen Zweck herabsetzen darf. Die Unterrichts— Gegenstände auf dem Gymnasium dienen freilich alle einem höheren Zwecke, aber nicht so, daß der eine nur Mittel zum anderen wäre, wie man etwa früher auf den Gymnasien wohl die Geographie nur deshalb trieb, um später die Geschichte daran knüpfen zu können. Wir geben Herrn Foß, wie gesagt, völlig Recht, der Unterricht in der Grammatik der alten Sprachen hat seine Geltung für sich. Aber er hat seine so stark hervor tretende Stellung auf den Gymnasien doch zum großen Theil mit deshalb, weil er die Kenntniß der alten Klassiker und somit zur Erfassung des Alterthums selbst den Schüler leitet. Auch Herr Foß will ja, daß die alten Schriftsteller in den oberen Klassen um ihres Inhalts willen gelesen werden; dieser Inhalt aber ist doch immer ein historischer, dies Wort im weitesten Sinn genom— men, und gelingt es dem Lehrer wirllich, diesen Inhalt lebendig zu machen, so wird er es gerade im besten Falle zu nichts Anderem bringen, als zur Erkenntniß des Alterthums, zu einer historischen Kenntniß. Daß es dahin gebracht werde, darin hat das Gymnasium recht eigentlich seine Aufgabe zu suchen, und Herr K. hat, so wenig wir in anderen Beziehungen seine Ansich— ten theilen können, darin vollkommen recht, daß er den Realschulen gegen über das Prinzip des Gymnasiums das historische nennt. Wenn Herr Foß dem sein formell⸗materiales Prinzip entgegensetzt, und die Aufgabe des Goömnasiums darin sucht, den Geist in eigener, freier, selbstständiger Thätig keit zu üben, so ist klar, daß damit das eigenthümliche Wesen des Gymna sial⸗Unterrichts gar nicht bezeichnet ist, denn was hier von diesem gesagt wird, gilt von allem Unterricht, von der höchsten bis zur niedrigsten Stufe. Soll aber die Gymnasial-Bildung ihrem spezifischen Wesen nach be zeichnet werden, so ist sie eine historische, Sprache, Literatur und Leben des Alterthums einführt. Andere Schulen führen den Zöglingen die Geschichte nur vor, das Gomnasium soll sie hin— einführen, die Schüler sollen sich dort hineinleben. Von diesem Gesichts punkt aus begreifen wir Herrn Foß nicht, wenn er sagt, das Prinzip des Gymnasial Unterrichts darf nie ein historisches sein, denn dies würde zur Passivität des Geistes führen, wenn er ferner Verständniß und Auf— sassung der Schriftstellr, Erfassung und Erkenntniß des Alter— thums wan Passives nennt, weil es sich dabei um das Aufnehmen von etwas Gegebenem, Dargebotenem handle. Handelt es sich nicht aber auch bei allem Sprach Unterricht um das Alufnehmen eines positiven Stoffes, der nur n,, ,. Combinationen angewandt wird? Und sind solche Combingtionen . irgend einem gegebenen historischen Stoff ausge— shlossen Ja, . Erkenntniß oder Erfassung eines geschichtlichen Gegen⸗ standes auf irgend eine andere Weise beim Schul-Unterricht zu erlangen? Oder wäre es endlich Herrn Fo irklich Er 8. ; ; ß wirklich Ernst, daß das Erkennen oder Erfassen irgend einer Sache etwas an ich Passives wäre? Dann müßte doch zuletzt jeder Unterricht ein passiver 6. ee Wit sint, in Gefahr, uns zu weit in diese Kontroverse zu verlieren, in die wir uns nur deshalb einließe sst. das Fen, weil es unsere Ueberzeugung ist, daß man unsere Gymnasien wesentlich dadurch fördern wird, w an baͤs hi storische Element, das sie techt eigentli n , . ! igentlich von anderen Schulen unterscheidet,

indem sie den Schüler in

zu rechter Geltung bringt; nicht allein formlle Bildung in eminenter Weise sollen sie durch den Unterricht in den alten Sprachen gewähren, sie sollen auch ein ganz bestimmtes Material von Kenntnissen bieten, indem sie ihre Schüler in das Leben der Vorzeit einführen, damit sie dereinst um so leich ler die Gegenwart verstehen lernen; sie handeln unverantwortlich, wenn sie nicht zugleich durch Geschichte und Literatur ihren Zöglingen reale An— schauungen und Eindrücke geben, welche Seele und Gemüth derselben er— füllen und eine tüchtige Gesinnung schon früh erwecken. Die klassische und vaterländische Literatur, im geschichtlichen Zusammenhange aufgefaßt, bie tet den reichsten und schönsten Stoff dar für die sittliche Bildung des Jünglings, die Gymnasien dürfen ihn nicht ungenützt dafür lassen, und doch geschieht es gewiß allzu sehr. Den Gehalt der Schriftsteller, die auf Schulen gelesen werden, innerlich, sittlich zu erfassen, den Schriftsteller aus seiner Zeit zu begreifen, dahin muß der Schüler geleitet werden. Gewiß ist dies keine leichte Aufgabe für den Lehrer, aber am wenigsten wird sie dann auch nur annähernd gelöst werden, wenn man sich zum Ziele steckt, man wolle neben, dem grammiatischen Verständniß der Schriftsteller a usch den Inhalt berücksichtigen. Was man thut, soll man immer ganz thun, am aller wenigsten aber das als Nebenwerk betrachten, worauf die sittl iche Wirkung des Gegenstandes beruht.

Wir freuen uns, einer sehr verwandten Ansicht über das Ziel und die Bedeutung der Gomnasialbildung in zwei Aufsätzen des einen Redacteurs, des Herrn Prof. Mütz ell, zu begegnen, von denen der eine sich über die Behandlung der deutschen Literaturgeschichte, namentlich der älteren, auf Gymnasien verbreitet, der andere die Frage: Ist die Germania des Tacitus auf Gymnasien zu lesen? bejahend beantwortet. Der Verf. weist in der ersten Abhandlung vortrefflich nach, wie die Gymnasien, wie alle anderen Schulen, das nationale Element des Unterrichts sorgfältig beachten müssen, daß aber ihnen und den Universitäten noch die ganz besondere Aufgabe zufalle, die Schüler zu unterweisen, „wie sie die nationale Gegenwart als ein Moment in dem historischen Entwickelungsgange ihres Volks, in dem aller Bildung zu begreifen haben.“ Die Schule soll dem Jünglinge die Brücke bauen von dem Alterthum in die Gegenwart, meint der Verfasser, und die Konsequenzen dieser Ansicht würden vielleicht dahin treiben, das histo⸗ rische Element des Gymnasial-Unterrichts noch bei weitem mehr in den Vordergrund zu stellen, als wir es eben gethan haben.

Sehr schön und durch und durch wahr ist, was Herr M. S. 50 sagt: „Man hat unseren Gymnasien oft den Vorwurf gemacht, daß sie mehr den Gelehrten als den Menschen im Auge haben, gal sie mehr Intelligenz als Gemüth und Willen fördern, daß sie aber dabei doch vorherrschend rheto— rische und sophistische Bildung erreichen, daß mehr ideale Schwärmer, flache Raisonneurs, indifferente Schwächlinge aus ihnen hervorgehen, als tüchtige Charaktere, thatkräftige Naturen, die Kopf und Herz auf der rechten Stelle haben. Was an diesen Vorwürfen Wahres ist“), das beruht, mei

) „Glücklicherweise“, so sagt der Verfasser in einer Anmerkung, „ist nicht so viel daran wahr, als man gewöhnlich glaubt. Man möchte gar zu gern das Gras wachsen sehen.“

*

ner Meinung nach, zum größten Theil darauf, daß das nationale Element des Unterrichts und der Erziehung nicht genug benutzt wird. Von früh an muß die Vorstellung mit Bildern angefüllt werden, die deutschem Wesen entnommen sind; das Gedächtniß muß sie festhalten, der Verstand sich an ihnen üben lernen.“ Besonders strebt der Verfasser nur dahin, durch einen gründlichen Unterricht in unserer älteren Literaturgeschichte dies nationale Element in dem Gymnasial-Unterricht zu entfalten. Wir haben bei dem Lesen des überaus anregenden Aufsatzes uns nicht einiger Bedenken ent— schlagen können, ob die Absichten des Verfassers bei dem jetzigen Zustand unserer Gymnasien in seiner Weise, die überall das Ganze und Gruͤndliche will, sich ins Werk setzen lassen, aber die Hauptsache, worauf es ihm an— kommt, wird unseres Erachtens schon erreicht, wenn man dem Unterrichtin der va— terländischen Geschicht seine gebührende Stellung und Geltung giebt und ihn vor allen Dingen nicht isolirt gegen die anderen Lehrgegenstände stehen läßt, sondern mit dem Unterricht in der deutschen Literatur zunächst und dann auch mit den klassischen Studien in nähere Verbindung bringt. Die Germania des Tacitus bietet hierzu z. B., wie Herr Mütz ell auch entwickelt, erwünschte Gelegenheit dar. Vieles von dem, was der Verfasser der deutschen Litera— turgeschichte behandelt haben will, findet überdies in dem allgemein histori= schen Unterricht, wenn er anders der richtige ist, schon seine Stelle. Wir kommen demnach auch hier auf unsere schon oben ausgesprochene Ansicht zurück, daß vor allen Dingen das historische Element des Gymnasial Unterrichts, wo es vernachlägssit ist, zu seiner vollen Geltung gebracht werden muß. Wenn nun in diesen beiden Aufsätzen und in anderen Arbeiten der Zeitschrift sich preußische Gymnasial-Lehrer lebendig von der Ansicht durch— drungen zeigen, daß man noch nicht an dem Ziele des Erreichbaren sei, wenn man auch Vieles erreicht habe, daß auch nach dem Errungenen es noch viel zu erringen und zu erstreben gebe, so muß diese, Gesinnung mit um so gerechterem Stolz erfüllen, als wir aus anderen Beiträgen 39 86. schrift sehen, wie unsere Gymnasien anderen Staaten als Muster n . dastehen, nach denen sie ihr Gominasialwesen zu gestalten suchen. Y. us⸗ sätze über das Gomnasialwesen in dem Herzogthum 8, e , , vom Herrn Ober-Konsistorial⸗Rath Seebeck, und üben * ö. . len und ihre Reformen, vom Herrn Dr. Köpke ern, ne., .

sehr unterrichtend und besonders denen zu emp

r n 6. r s 3 erne im glänzenden Lichte erscheint. schwarz sehen, und denen nur das F . e dnn Beitrage ein zugehen;

Es ist uns unmöglich, weiter auf die R . wir . aber diese ichzer k n öl, schließen g. 2 , . Wunsch auszu sprechen, daß die eiischrif⸗ 33 n, Werfen j 9 16 tung finde, damit so durch sie das Publikum iber an bin ie . samzeit det gelehrten Schulen mehr und mehr aufgeklärt und so auch mehr und mehr eine Verständigung darliber erzielt werde, was sie leisten können und müssen. *.