1847 / 109 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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heiten und unsere gesammte Verfassung als ein großes Fideikommiß, worin wir auch die Rechte der Nachgeborenen zu dee engl en, haben. Wie der FZideikommißbesitzer zu jeder Aenderung der Zustimmung aller 23 bedarf, so ist auch der Monarch an die Justimmung der fände gebunden. Unsere Rechte bilden gleichsam ein eisernes In— ventar, was wohl vermehrt werden wird mit manchem Stücke des Hausraths, bis es eine vollständige Haushaltung wird, in der der Landesherr behaglich wohnt mit der großen Familie seiner Untertha⸗ nen, wovon aber kein Stück verloren g darf ohne die Intim mung aller Miteigenthümer. In diesem Sinne, glaube ür, w . ö ser Mitwirkungsrecht in Anspruch genommen werden. Es wir üer die Frage sein, in welcher Form wir unsere Rechte . e er, Ich berufe mich auf das Zeugniß des Mitgliedes der den, h 2 wir unseren Kommittenten Sicherheit gewähren misen. z1uch e ag daß wir unseren Kommittenten 2 w 4 . ; ö . 8 9 . der Ansicht, daß dies weder in der wodurch wir uns erst die

in der d dements geschehen kann. * . Erne bn rn , unserer Rechte erbitten. Die Rechte, die wir

; ö. önnen wir nicht erst erbitten auf dem Wege , n n, . n sich hier 9 um die einfache rn der Petition, sondern es handelt ich z i. ö

res uns durch die früheren Gesetze verbürgten Rechte noch rung, daß wir diese uns durch die leu de, n eee m n n. haben, Faß bie erwähnten Bestimmungen der früheren Gesetze durch die widersprechenden Bestimmungen der neuen Gesetze nicht aufgeho⸗ ben worden sind, und daß jene Gesetze nicht aufgehoben oder abge⸗ ändert werden können, es sei denn mit ausdrücklicher Zustimmung der verfassungsmäßtg berufenen Stände. Und diese Erklärung erlaube sch mir der hohen Versammlung in Vorschlag zu bringen. Diese Erklärung scheint mir alle Vortheile zu vereinigen; sie ist klar, denn sse sagt bestimmt, was wir wollen; sie ist farblos, denn sie steht nicht auf dem Boden der politischen Parteien, sondern auf dem Boden des Rechts; sie ist einfach, denn sie hüllt sich nicht in schöne Redensar⸗ ten, sondern erscheint in der nackten Gestalt der Wahrheit; sie wird zur Kenntniß Sr. Majestät gelangen, denn sie wird abgegeben in Gegenwart des Landtags- Kommissars; sie wird Se. Majestät nicht drängen; wenn wir auf eine Adresse vielleicht eine unliebsame Antwort zu erwarten hätten, so läßt eine solche Erklärung unserem Königlichen Herrn seine freie Entschließung. Se. Majestät werden nicht getrie—⸗ ben, und wir müssen geduldig erwarten, daß Allerhöchstdieselben den estörten Rechts- Zustand durch eine Erklärung wiederherstellen werden. Diese Art der Verwahrung entspricht unseren Verpflichtungen gegen unsere Kommittenten, denn sie beweist ihnen, daß wir ihre Rechte ken—⸗ nen und sie ungeschwächt erhalten wollen; sie entspricht den Pflichten egen die Staats-Gläubiger, denn sie sagt ihnen, daß wir ohne un— 67 Zustimmung kontrahirte Schulden nicht anerkennen; sie entspricht den Pflichten der Offenheit und Wahrheit gegen Se. Majestät, und sie schließt jede Dank⸗Adresse aus. Eine pure Dank-Adresse neben dieser Verwahrung halte ich für unmöglich; denn ich kann nicht dan— fen mit der Reservation auf den Lippen. Ich glaube in allen diesen Beziehungen keinen Anfechtungen entgegenzugehen, denn diese Erklä— rung sagt bestimmt und klar, was wir wollen, sie entfernt sich nicht von den Formen, die wir der Ehrfurcht vor Sr. Majestät schuldig Hen Ich komme jetzt zum Schluß noch zu einem sehr wich igen Punkt....

Landtags⸗Marschall: Ich muß den Redner mit der Be⸗ merkung unterbrechen, daß ich auf den Weg, auf welchem sich der Redner befindet, in keinem Fall eingehen kann. Aller Wahrscheinlich-— keit nach, wird sich der Redner auf die Bestimmung der Ge⸗

schästs Ordnung berufen, daß ein neuer Vorschlag vorher schriftlich einzureichen ist, wenn er zur Abstimmung kommen

soll. Der Redner hat aber überhaupt keinen neuen Vorschlag gemacht, der unter diese Bestimmung fallen könnte, sondern er hat etwas ganz Anderes gethan; er hat vorgeschlagen, das heute umzustoßen, was gestern beschlossen worden ist. Einen neuen Vorschlag haben wir von einem der vorigen Redner vernommen, einen Abänderungs-Vorschlag; einen solchen neuen Vorschlag hätte auch der jetzige Redner machen können, aber er hat ihn nicht gemacht, und auf das, was verlangt wird, kann sich die Versammlung nicht einlassen. Sie kann jetzt nicht beschließen, keine Adresse zu erlassen, nachdem sie vorher eine zu er— lassen beschlossen hat.

Abgeordn. von Vincke: Ich habe gestern Se. Durchlaucht meine Aufwartung machen wollen; da ich Dieselben aber nicht an⸗ traf, so habe ich meinen Vortrag vollständig schriftlich übergeben und darauf angetragen, daß dieser statt Adresse von der Versammlung angenommen würde, also ist der Geschäfts Ordnung genügt; von dem Redner, welcher zuerst sprach, ist eine Verwahrung beantragt worden, es handelt sich nur um die Form, in welcher diese geschehen soll, auf dem ersteren Wege, durch eine Adresse an Se. Masestät oder durch eine Erklärung zu Protokoll; es ist also kein neuer Vor— schlag sondern ein Vorschlag zu einer anderen Form.

Landtags-Marschall: Es hat seine Richtigkeit, daß ich ge— stern die schriftliche Erklärung des Redners erhalten habe. Daraus folgt aber nur, daß der Redner weder gestern schriftlich noch auch heute mündlich einen neuen Vorschlag im Sinne der Geschäftsordnung ge⸗ macht hat. Es war nichts Anderes, als ein schriftlicher Antrag, daß die Versammlung umstoßen möge, was sie früher beschlossen haber . i mich ihm nicht anschlleßen und auch keine Debatte darübe.

en.

Abgeordn. von Vincke: Ich habe die Frage so verstanden: Soll ein Adreß⸗Entwurf in e i. genommen werden? Es war daher noch jeder andere Vorschlag gestatket.

Landtags⸗-Marsch all: Auch eine abgemachte Sache.

Abgeordn. von Vincke: Auch die Abgeordneten meiner Pro— vinz haben so verstanden, ich l mich aüf eine amtliche Person, den Herrn Vice Landtags⸗Marschall von Bodelschwingh.

Landtags-Marfchall: Die Versammlung kann nicht auf abgemacht Dinge zurückkommen. Wenn also der Redner weder dem Adreß⸗ Entwurfe b m noch auch einen Vorschlag auf Abänderung des Adreß Entwurf⸗ zu machen hat, so weiß ich nicht, wie er länger auf dem Rebnerstuhle bleiben ph

Abgeordn. von Vincke: und appellire an die hohe Versammlung,

ae, 6 er Marschall: Der Abgeorbnete beruft sich auf die Ver⸗ sammlung, glaube, es wird 3 ihre Ansicht . mich anzuge⸗ hen und aufʒu erdern, darüber abslimmen zu lassen, ob die Versammlung i reff⸗ beschließe; ich sehe bas voraus und brauche nicht daran zu sweisehn. Ich dagegen bin der Ueberzeugung, baß bie Versamimlaung * nicht einmal den Wun ch haben kann, daß ich sie zu einer Ab= . ung darüber veranlassen möge, ob sie heute zurücknehmen will, 8 6 . eg fn r ; bies Rom missar: Ich glaube in dieser Frage ein 5 i zu müssen. Der cl bn, hat zweierlei Anträge 6 enn daß keine . 6e eben werden möchte. 3.

Ich glaube mich in meinem Rechte wenn sie mich darin

e, de rn ü, hoe 161 war die h. ädoch außer dem Bereich meiner Entgegnung un . 5 46 . arschll hat sich schon dariiber geäußert. Nuberdem wahrun eren, nne, öinteag zn enimwickin, wonach gewife Ber= neuer Gegenst 9 Metoles niedergelegt werden sollen. Dies ist ein gur har ie lendelpichtz mit der Abreß-Deiatte zu thun hat. 1 Redner zwar erllärt, daß er einen solchen Antrag gestern

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schriftlich dem Landtags Marschall übergeben habe. Wenn aber ein solcher Antrag heute hätte zur Berathung kommen sollen, so hätte er nach Vorschrift des Reglements zuvor dem Landtags Kommissar mitgetheilt werden müssen, wie dies allgemein vorgesehen ist, damit die Rathe der Krone sich darauf vorbereiten können. Da dies nicht geschehen, so muß ich entschieden widersprechen, daß diesem Antrage weitere Folge gegeben werde. Ich würde dies früher gesagt haben, wenn es mir zustände, die Redner zu unterbrechen, dies Recht hat aber nur der Landtags⸗Marschall, und darum mußte ich warten, bis eine solche Unterbrechung wirklich stattgefunden hatte. Die Debatte ist außer dem Reglement, wir sind nur in der Debatte über die Adresse, und muß ich daher den Landtags-Marschall dringend ersu— chen, diesen Vortrag abzubrechen.

Abgn. von Vincke: Es handelt sich um ein Recht, was mei— ner Person zukommt, ich bin den Formen unserer Geschäfts—⸗ Ordnung gefolgt. Wenn es nöthig ist, meinen Antrag zuvor den Königlichen Kommissarius mitzutheilen, so war es Sache des Herrn Landtags-Marschall; wenn Ew. Durchlaucht ihn nicht kommunizirt haben, so ist es nicht meine Sache.

Landtags-Marschall: Ich bitte Sie, Ihren Platz wieder einzunehmen.

Abgeordn. von Vincke: Wenn die Versammlung dafür ist, so werde ich in der Entwickelung meines Amendements fortfahren.

Der Landtags⸗Marschall: Wir haben hier mehrmals das Wort: Amendement, gehört; ein deutscher Ausdruck dafür ist Abände— rungs-Vorschlag. Ein solcher kann nicht gemacht werden, wenn nicht eine bestimmte Sache ins Auge gefaßt wird, die abgeändert werden soll. Ein Amendement zum Adreß⸗Entwurfe könnte nur ein Antrag auf Abänderung des Adreß-Entwurfs sein. Ein solcher ist aber nicht vorhanden, sondern nur der, sich mit keiner Adresse zu beschäftigen. Dies ist ein Antrag, daß die Versammlung jetzt zurücknehmen möge, was sie gestern beschlossen hat. Auf einen solchen Antrag kann ich mich nach meinen Rechten und nach meinen Pflichten nicht einlassen; die Versammlung kann es nicht wünschen, und selbst wenn man es wünschen sollte, so würde ich eine derartige Abstimmung nicht ver anlassen können. Wenn also der Redner keinen Abänderungs-Vor schlag zu machen oder der Adresse beizustimmen hat, so muß ich ihn bitten, den Platz des Redners zu verlassen.

Abgeordn. von Vincke: Ich stimme gegen die Adresse und ge gen das Amendement. Wenn ich daher keine Unterstützung aus der Versammlung finde, so muß ich mich dieser Entscheidung unterwerfen und auf meinen Platz gehen.

Landtags-Kommissar: Ich habe mich bereits erklärt, daß und aus welchen Gründen ich denjenigen Theil des Vortrags des Redners, welcher eben gesprochen, und der einen ganz neuen mit der Adreß-Frage nicht im Zusammenhange stehenden Antrag gemacht hat, indem er die Verwahrung wegen verletzter Rechte zu Protokoll niedergelegt wissen will, gegen die Bestimmung im Geschäfts-Reglement halte. Eben deshalb enthebe ich mich auch, auf die darin enthaltenen An⸗ griffe über die Legalität der ständischen Gesetze zu antworten. Ich wiederhole es, ich erachte die sen ganzen Vortrag, als wäre er nicht gehört. Aber es sind in dem früheren Theile des Vortrages, welcher noch die Adreß-Frage betraf, einige Punkte, die meine früheren Er⸗ klärungen bekämpfen. Auf diese muß ich antworten. Der Nedner hat hervorgehoben, daß allerdings im Falle des Krieges die Stände wohl zusammenberufen werden könnten und sich auf den berühmten Fall der Kaiserin Maria Theresia berufen. Ich erwiedere, daß weder in dem Gesetze vorgesehen, noch in meiner Erklärung behauptet ist, daß Se. Majestät der König, wenn er eine Anleihe im Kriege zu machen genöthigt sein sollte, die Stände nicht berufen werde. Viel⸗ mehr habe ich oft aus Seinem Munde gehört: In Fällen des Krie⸗ ges werde Ich vor Allem die Stände zusammenberufen Aber ich habe auch erklärt, daß es im Kriege Fälle geben kann, in welchen eine solche Zusammenberufung unmöglich ist, und dabei beharre ich; wenn sich der Redner zum Beweise des Gegentheils auf Maria The resia beruft, so frage ich ihn: wenn unser großer König damals außer Böhmen und Mähren auch Ungarn besetzt gehabt hätte, würde dann die Kaiserin auch nach Preßburg gegangen sein, um von dem Ungar⸗ schen Reichstage Hülfe zu suchen? (Lachen.) Ich habe noch den zweiten Punkt zu berühren, nämlich den, wo uns der Redner gera— then hat, wir Minister sollten unsere Köpfe darau setzen, wenn wir im Kriege Anleihen zu machen hätten, und dann vor die Versamm lung hintreten und sagen: Köpft uns oder bewilligt die gemachten Schulden. Der Fall paßt auf uns nicht. Wir preußische Minister können keine Schulden machen, sondern nur das Staats-Oberhaupt; das ist der Unterschied, und es wird doch wohl Niemand sagen, der König solle es nur wagen, solche Anleihen zu kontrahiren und dann den Ständen sagen doch, ich bitte mir den Schluß zu erlassen.

Abgeordneter von Auerswald: Durchlauchtigster Marschall! Da nach unseren Geschäfts-Ordnungen nicht wie bei den Geschästs—⸗ Ordnungen mehrerer provinzialständischer Versammlungen der Fall vorgesehen ist, daß ein genommener Beschluß durch einen anderen Beschluß aufgehoben werden kann, also für einen Antrag darauf keine formelle Berechtigung besteht, ein Amendement aber, wel⸗ ches zu einem Adreß-Entwurf beantragt, daß keine Adresse erlassen werden soll, nichts ist, als ein Antrag auf Aufhe⸗ bung eines Beschlusses, so halte ich ein solches auch nicht für zulässig und habe daher dem Abgeordneten von Westflen meine Unterstützung nicht zu Theil werden lassen. Wenn aber der Landtags-Kommissarius deshalb, weil dieser Abgeordnete seinen An— trag auf eine Erklärung zu Protokoll nicht formell begründet habe, erklärt, er müsse dessen Worte als nicht gehört betrachten, so er⸗= laube ich mir die Frage, ob dies der Geschäfts- Ordnung entsprechend ist? Meines Erachtens ist die Erklärung des Abgeordneten gültig zu Protokoll gekommen, und es steht Jedem von uns das Recht zu, sich auf dieselbe zu beziehen und ihr beizutreten.

Der Marschall: Es ist ganz außer Zweifel, daß die Aeuße—

,. des letzten Redners jetzt schon einen Theil des Protokolls ilden. Landtags-Kommissar: Ich habe nichts dawider, daß die vier Herren Cauf die Stenographen zeigend) Alles niederschreiben, was sie hören und sinde keine Veranlassung, mich der Veröffentlichung ihrer Notizen zu widersetzen. Eben so wenig habe ich gegen die Auf⸗ nahme der Verhandlung über die Anträge des Redners in das Pro⸗ lolo etwas zu erinnern. Dadurch scheinen die Bedenken des letzten Redners gehoben. Wenn ich aber sagte, ich betrachte die Worte des vorletzten Redners als nicht gehört, so hatte dies nicht den Sinn, solche der hohen Versammlung und, der Oeffentlichkeit zu entziehen, sondern es sollte nur heißen, daß ich sie als außer der Ordnung gesprochen in meiner Eigenschaft als Königlicher Kommissar als 23 vorhanden betrachte und mich nicht veranlaßt finde, darauf ein ugehen.

Der Marschall: Ich glaube, daß die Sache unzweifelhaft ist und keine Diskussion deshalb zu erheben sei.

Nehrere Stimmen: Die Sache sst wichtig.

Der Marschall;, Aber nicht so wichtig, um die Diskussion zu unterbrechen, Ich bin der Meinung, daß wir uns nicht weiter ba— von abhalten lassen, sondern in der Bebatte fortfahren. Abggordn. Giessler (lesend): Se. Masestüt ber König sprachen in der Thron⸗Rede unter Anderem die Worte aus : „Vertrauen weckt

Vertrauen.“ Auch ich halte es daher für gut und zweckmäßig, wenn wir in der Adresse nur allein unseren Dank für das Geschenk, wel⸗ ches uns Se. Majestät durch die Gesetze vom 3. Februar d. J. ge geben hat, aussprechen, dagegen aber auch alles Andere, was vielleicht kein Vertrauen erwecken möchte, aus derselben wegzulassen. Ich für mein Theil will weder Vorbehalte, noch Rechts Verwahrun⸗

gen in der Adresse haben. Ich habe das feste Vertrauen, daß von einem Monarchen, welcher zu den Vertretern sei⸗ nes Volkes spricht: „Ich und Mein Haus wollen dem Herrn

dienen“, daß von einem solchen Königshause auch für die Zu⸗— kunft Alles, was dem Lande Glück und Segen bringen kann, zu er— warten ist.

Abgeordn. Gier: Um mich nach dem Vorbilde der früheren Redner über die Annahme, Ablehnung oder Abänderung der Adresse zu er— klären, glaube ich einige Worte über den Gehalt der zu Grunde liegenden Gesetze erwähnen zu müssen. Ich halte das Stände ⸗-Pa⸗ tent vom 3. Februar für gesetz = und verfassungsmäßig, und wo ich mich darüber erkundigt, habe ich zu meiner Freude dieselbe Meinung gefunden. Unser Grundgesetz vom Juni 1823 bestimmt ausdrücklich, daß der landesväterlichen Fürsorge des Gesetzgebers vorbehalten sei, wann und wie die Allgemeinen Landstände aus Provinzial-Ständen zusammenberufen werden sollten. Hiernach, glaube ich, kann kein Unbefangener an ihrer Rechtsbeständigkeit zweifeln, und ich begreife die Angriffe derjenigen nicht, die von einer Kompetenz sprechen. Wir würden das Mäißvergnügen des ganzen Landes erregen, wenn wir darauf eingehen wollten. Wir müssen dem Könige innigen Dank sagen dafür, daß ern einen Anfang gemacht mit landständischer Wirk⸗ samkeit und das landständische Gebäude vollbracht hat, und ich habe den aufrichtigen Wunsch, daß eine geregelte Benutzung derselben vor— genommen werden und eine periodische Zusammenberufung der Stände stattfinden möge. In der Sache selbst glaube ich, daß Se. Majestät der König durch die großartigen Verleihungen, die in den Gesetzen enthalten sind, uns eine große Wohlthat bescheert hat, und daß wir die Ausnahmen, die darin enthalten sind, als Nebendinge betrachten dürfen und daran die Hoffnung knüpfen, daß, wenn wir in dieser Bitte Wünsche vortragen, daß sie auch erhört werden mögen. Ich berühre ganz kurz das Gesetz über Darlehne. Es ist unmöglich, daß während des Krieges die Zusammenberufung der Allgemeinen Land— stände vorgenommen werde, denn es kann sich ja der Fall ergeben, daß eine Provinz bereits vom Feinde besetzt ist. Aber alle deutsche Verfassungen haben dieselben Bestimmungen. Das Königreich Sach—⸗ sen hat die Verordnung, daß zwei Kommissarien Darlehne und Schulden aufnehmen, die bayerische hat zwei ständische, Kommis sarlen, eben so die badische, und alle übrigen deutschen Ver fassungen haben solche Ausnahmen. Wenn uns heute die rage vorgelegt würde, ob wir solche Ausnahmen gestatten wollen, so wür den wir sie völlig und praktisch verwilligen. Se. Majestät der König ist uns aber vorausgegangen. Der zweite Punkt ist das Besteuerungs Recht, das uns zugesagt ist in dem Maße, wie früher nicht. Vie Ausnahme betrifft die Zölle und indirekten Abgaben, wo die Steuern auf Verträgen mit anderen Staaten beruhen. Und da bin ich gleich falls der Meinung, wie die Geschichte der Staaten lehrt, daß der König auch hier freie Hand haben müsse, wie wir die Zweckmäßigkeit davon bei dem Kornmangel gesehen haben. Ich meinestheils wünsche nur, daß, sobald es zulässig, der ständische Beirath oder ein Kongreß von Fabrikanten, Kaufleuten u. s. w. bei der Berathung über die in direkten Steuern gehört werden möchten. ; . .

Der Marschall: Dies würde Gegenstand eines späteren An trags sein.

Abgeordn. Gier: Ich habe es nur bemerken wollen, um, nach dem Beispiele meiner Vorgänger, mich selber zu rechtfertigen und in der besten Absicht auf die anderen Herren Mitstände einzuwirken,. Und da glaubte ich diese Auslegung für die Zukunft wohl berühren zu dürfen. In anderer Hinsicht glaube ich, daß wir einen Schritt vor wärts gethan, und daß des Königs Majestät uns ein großes und ehrenhaftes Geschenk bewilligt habe. Ich würde mich daher dem Vorschlage anschließen, Sr. Majestät, dem Könige Dank zu sagen und das Vertrauen und die Zuversicht in Betreff derjenigen Wünsche und Bitten auszusprechen, welche über das ständische Patent und das Verfassungsgesetz in dieser Versammlung auf gesetzlichem Wege beschlossen werden möchten. ;

Abgeordn. Mewissen: Durchlauchtigster Marschall! Jeder hier

in der Versammlung hat die Pflicht, seine Ueberzeugung vor König und 9 ; gung

Volk offen und ganz auszusprechen. Dieser Pflicht werde ich durch meine Worte zu entsprechen suchen. Die Redner, die mir vorangegangen sind, haben zum Theil den Modus, die Zweckmäßigkeit des Adreß-Entwurfs in Frage gestellt, theils hat sich eine Differenz in Bezug auf die recht liche Begründung der in dem Adreß-Entwurf niedergelegten speziel⸗ len Verwahrung entwickelt. Was den Modus betrifft und die Zweck— mäßigkeit, so, glaube ich, sind wir es dem Lande schuldig, nichts zu verschweigen und gleich beim Beginn dieser Verhandlungen uns klar und bestimmt auszusprechen. Wir sind Offenheit und Wahrheit der Krone schuldig, die uns berufen hat, um durch uns den Willen des Landes zu erfahren. Nur durch offene, rücksichtslose Wahrheit kann das große Ziel dieser Versammlung, die gänzliche Wiederherstellung der im Jahre 1813 so schön bewährten, in der neuesten Zeit, wie wir aus hohem Munde vernommen haben, und wie wir selbst zu er⸗ klären uns gedrungen fühlen, leider getrübten Uebereinstimmung zwi— schen König und Volk bewirkt werden. Das Ziel, welches der Kö— nig und sein Volk verfolgen, ist dasselbe, die Nechtsbasis, die durch die Organe der Krone und durch die einzelnen Mitglieder der Stände hier anerkannt worden ist, ist ebenfalls dieselbe. Wir haben heute aus dem Munde des Königl. Kommissarius vernommen, daß der nig die volle rechtliche Gültigkeit des älteren Gesetzes von 182 zur Unterlage des neuen Gesetzes gemacht und die Räthe der Krone beauftragt habe, auf dieser Grundlage ein neues Gesetz zu entwerfen. Die Räthe der Krone haben diesem Auftrage nach ihrer Ueberzeugung entsprochen. In dieser Versammlung sind entgegengesetzte Ueberzeu⸗ gungen laut geworden, ein großer Theil derselben weicht von den Rechts= begriffen ber Räthe der Krone in den wesentlichsten Punkten ab. Der Könislich« Kommssar hat ausgeführt, daß nach dem Gesetz von 1820 nur bie Merßflichtung hesteht, jährlich einer reichsständischen Versamm⸗— lung Rechnung zu legen, unh baß biese Rechnungslage eben so gut, ja besser von einer Peputation als von der ganzen Versammlung entgegengenommen werden könne. Bei der Würdigung jenes Gesetzes von 182 kommt es nicht allein auf den Buchstaben, sondern auf den Buchstaben, verbunden mit dem Geiste des Gesetzes, an. Der Buch⸗ stabe jenes Gesetzes stellt ganz unangreifbar fest, daß jährlich eine reichsständische Versammlung zusammientreten soll, der Geist dieses Buchstabens ist nur dann zu ermitteln, wenn wir zurückgehen auf die Zeit, wo das Gesetz gegeben wurde. Dem Gesetze von 18290 ging die während mehr als zehn Jahren unablässig wiederholte Erklärung Preußens voraus, daß eine reichsständische Verfassung gegeben wer⸗ den sollte, ihm ging 1815 die offizielle Erklärung Preußens auf dem Wiener Kongresse, ihm ging die feierliche Verheißung vom 22. Mai 1815 voraus. Danials, im Jahre 1820, war bei allen Staatsmän⸗ nern die Ansicht vorherrschend, daß, wenn in diesem Lande Reichs⸗ stände berufen werden sollten, diese Reichsstände auch dauernd und fest begründet werden müßten. Dauernd und fest sind die Reichs⸗ stände aber nur dann begründet, wenn sie sährlich wiederkehrende

Functionen regelmäßig ausüben. Das Gesetz vom Jahre 1820, das aus jenem Geiste, dem es um die Kreirung von Neichsstanden Ernst war, hervorgegangen ist, hat sich freilich darauf beschränkt, nur der Rechnungslegung an die Reichsstände zu gedenken. Aber diese eine Function schließt alle übrigen in sich. Steht die rechtliche Exi⸗ stenz der Reichsstände für eine ihrer Functionen unverwüstbar fest, so steht auch fest, daß sie berechtigt sind, alle übrigen Rechte und Functionen, die ihnen durch ältere Gesetze beigelegt waren, auszuüben. Glaubt wohl einer von Ihnen, meine Herren, die Krone hätte im Jahre 1820 Reichsstände zusammenberufen wollen, nur um ihnen jährlich Rechnung Über die Verwaltung der Staatsschulden ablegen zu lassen? Die damalige allgemeine Ueberzeugung und auch die Ueberzeugung der damaligen Räthe der Krone war vielmehr, daß Reichsstände mit allen von ihrer Existenz untrennbaren Rechten durch das Wohl und die Größe des Vaterlandes gebieterisch erheischt würden. Kein Markten um die Rechte, kein Mißtrauen fand damals statt, weil Alle einig waren, weil Alle das gleiche Ziel anstrebten. Das ist der eine Punkt, worüber die Ansichten auseinandergehen, weil man hin und wieder jetzt nur ungern den Rechtskreis der Reichsstände anerkennt. Die zweite Divergenz betrifft die rechtsgültige Aufnahme von An⸗ leihen. Wir haben von dem Königlichen Kommissar gehört, daß es nöthig sei, Beschränkungen des in dem Gesetze vom 17. Jannar 1820 den Ständen eingeräumten unbeschränkten Rechts der Mitgarantie eintreten zu lassen, weil in Kriegsfällen die Stände nicht zusammen⸗ berufen werden könnten, sobald durch eine Invasion des Feindes ein⸗ zelne Provinzen besetzt wären. Aber was hindert denn die Krone in solchem Falle, aus den Provinzen, die noch nicht genommen sind, die Staͤnde zusammenzuberufen? Gerade in solchen Fällen vor Allem werden die Stände herbeieilen, sich im Mittelpunkte der Monarchie um den König versammeln und die Macht der Krone durch ihre Mitwirkung und Hingebung stärken. Sind dann auch nicht alle Provinzen vertreten, so werden die anwesenden Deputirten die Rechte der Abwesenden mit vertreten, und gewiß das ganze Volk wird, wenn es von der Invasion befreit, die Rechtmäßigkeit dieser Ver— tretung anerkennen.

Ein fernerer Punkt des Widerspruchs ist darin hervorgetreten, daß von einer Seite behauptet worden ist, daß das Gesetz vom 5. Juni 1823, was in seinem Vorbehalt die Berathung aller allgemei⸗ nen Gesetze, die die Rechte von Personen und das Eigenthum, mit Einschluß der Besteuerung, betreffen, den künftigen Reichsständen zu weist, nach dem Wortlaute des Adreß-Entwurfs, als jede Berathung anderer ständischen Organe ausschließend gedacht werde. Ein solcher Ausschluß ist von Niemanden in diesem Saale beabsichtigt worden; es hat nicht die Befugniß der Krone bestritten werden sollen, ständi sche Organe zu jeder Zeit nach Belieben der Krone zu vernehmen. Etwas Anderes aber ist das Recht eines ständischen Organs, aus— schließlich gehört zu werden, und etwas Anderes ist das Recht eines solchen Organs, bei allen allgemeinen Gesetzen, zu allen Zeiten gehört zu werden, wenn auch vorher schon andere ständische Körper gehört worden sein möchten.

Durch das Gesetz vom 22. Mai 1815 wird den künftigen Reichsständen das Recht beigelegt, bei allen allgemeinen Gesetzen ge⸗ hört zu werden, und in dem Augenblicke, wo Reichsstände zusammen berufen werden, sind sie in den Besitz dieses Rechtes eingetreten. Wenn auch andere ständische Organe vernommen werden möchten, so bleibt ihnen doch stets das Recht, neben diesen Organen gehört zu werden.

Das ist der Sinn des Adreß-Entwurfs, wie ich ihn aufgefaßt habe.

Ein weiterer Punkt des Widerspruchs hat sich darin ergeben, daß der Königliche Herr Kommissarius uns erklärt hat, das in den Verordnungen vom 3. Februar dem Vereinigten Landtage ein geräumte Steuerbewilliguns- Recht gehe weit über die früheren Ver— heißungen hinaus.

Wir Rheinländer können dies nicht anerkennen. In dem Be

sitzergreifungs Patent vom 5. April 1815, welches für unsere Pro vinz die Grundlage unserer Rechte bildet, ist den Rheinländern das Recht der Zuziehung bei Regulirung und Feststellung aller Steuern zugesichert. Wenn auch über die Deutung dieser Worte Zweifel ob walten, wenn es fraglich sein könnte, ob dadurch ein Recht der Zu⸗ stimmung feststehe, Zweifel, die ich für nicht begründet erachte, so steht doch das Recht der ständischen Mitwirkung bei allen Steuern ohne irgend eine Ausnahme fest. Das, meine Herren, sind die Punkte des Widerspruchs, die sich in der bisherigen Diskussion dar— geboten haben. - Es bleibt mir nur noch ein Differenzpunkt zu erwähnen übrig. Dieser Punkt betrifft das unbeschränkte Recht der Petition. Ich bin durchaus einverstanden mit den Ansichten, die in Bezug auf diesen Punkt der verehrte Herr Referent voher entwickelt hat, dahin gehend, daß, als im Jahre 1815 auf dem Wiener Kongresse den sämmt—⸗ lichen deutschen Staaten eine ständische Verfassung zugesichert wurde, das unbeschränkte Petitionsrecht als von einer jeden ständischen Ver— fassung unzertrennlich gedacht und in offiziellen Erklärungen aner— kannt worden ist. Wenn in Preußen das ständische Organ der Ein— heit, was bisher fehlte, ernstlich neu begründet werden soll, so glaube ich, daß dann das Minimum aller stäundischen Rechte, das Recht der Petition, nicht in Frage gestellt, nicht durch kleinliche Beschrän⸗ kungen verkümmert werden darf. Sieben und zwanzig Jahre hat das Volk die Erfüllung des Gesetzes vom Jahre 1820, 32 Jahre die Erfüllung des Gesetzes vom 22. Mai 1815 mit Zuversicht, mit Vertrauen erwartet. Se. Majestät der König haben erklärt, daß unabwendbare Hindernisse die frühere Erfüllung dieser Verheißungen verhindert haben; das Volk hat durch sein Vertrauen, durch seine Ruhe diese Hindernisse gewürdigt, aber heute, heute sind sie gehoben, heute ist eine reichsständische Verfassung endlich begründet, heute stellt das Volk mit Recht die Forderung an seine Vertreter, daß diese Versammlung dazu beitrage, daß eine starke Verfassung dauernd be— gründet werde. Eine solche kann aber nur dann begründet werden, wenn König und Volk in der Ansicht über die wesentlichen Elemente einer solchen Verfassung vollkommen einig sind. Diese Versammlung hat die schöne Aufgabe, die getrübte Unmittelbarkeit zwischen dem Könige und seinem Volke wiederherzustellen. Es wird daher zu un tersuchen sein, was nach dem Rechtsbewußtsein des Volkes als un— entbehrlich für die reichsständische Verfassung dieses Landes betrach— tet wird.

. Wenn ich in meinem bisherigen Vortrage die Rechts Ansicht, so weit sie sich auf Gesetze begründet, hervorgehoben habe, so finde ich noch einen anderen, noch einen stärkeren Grund zur Rechtfertigung der in der Adresse niedergelegten Verwahrung darin, daß nach dem allgemeinen Volksbewußtsein diese Rechte, die uns in den älteren Ge—⸗ setzen gegeben sind, das Minimum der Rechte bilden, die Landstände überall haben, ohne die Reichsstande als wahrhaft lebendig 6a i re., r n mn, . Das Rechtsbewußtsein im Volke . n den älteren Gesetzen begründeten Rechte

geklammert, es hat, vertrauensvoll dem Augenblicke entgegengesehen wa diese Rechte verwirklicht werden würden, weil das Volk wußte, daß bei ungeschwächter Rechtsbeständigkei ; 175 Ga

1 / äändigkeit des Gesetzes vom 17. Ja⸗ nuar . dieser Augenblick endlich, wenn auch spät, kommen müßte. Ich will in den tiefen Abgrund nicht hineinsehen, der sich eröffnet,

wenn diese Rechte jetzt von den Vertretern des Volkes nicht gewahrt,

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517 von den Räthen der Krone nicht in ihrem ganzen Umfange anerkannt

werden. x ; Stellen Sie sich die Frage, meine Herren, ob dann, wenn alle

die wir in Anspruch nehmen, uns eingeräumt werden, mit der Verfassung anderer constitutioneller Länder auf gleicher Stufe stehen wird? Täuschen wir uns darüber nicht, es bestehen auch dann noch die allererheblichsten Unterschiede, die, ich gebe es zu, zum Theil durch die eigenthümliche Lage unseres Landes gerechtfertigt sein mögen. Ich. will für jetzt nicht in das Gebiet der Wünsche, die durch diese Differenz begründet werden kön⸗ nen, hinüberschweifen, weil ich für eine Adresse das Wort genommen habe, die nicht Bitten an den Stusen des Thrones niederlegen will sondern für eine Adresse, die sich darauf beschränkt, bestehendes Recht ehrfurchtsvoll zu wahren. r . ö In der bisherigen Diekussion ist hin und wieder die Ansicht laut geworden, als ob durch das in Anspruch nehmen eines Minimums ständischer Rechte bereits der Macht und dem Ansehen der Krone Abbruch geschehen, als ob das monarchische Prinzip in Gefahr gera⸗ then könne? ich glaube, Jeder von uns wird gern der Verpflichtung nachkommen, seine Ueberzeugung dahin auszusprechen, daß er die Mo⸗ narchie, und zwar eine starke und kräftige Monarchie, will ie die Ueberzeugung, daß ohne ein mächtiges Centrum die gedeihliche Entwickelung des Vaterlandes nicht gesichert erscheint, Aber eine

diese Rechte, die Verfassung Preußens

ö

Divergenz der Meinungen besteht darin, wie diese Einheit der Mo

narchi, das Königthum, für alle Zukunft stark und mächtig zu er- halten sei. .

Werfen Sie mit mir einen Blick auf die Geschichte! Die Krone Preußen hat sich so lange, als Preußen historisch existirt, auf die im Staate vorhandene Intelligenz gestützt. So lange als diese Intelli⸗ genz hauptsächlich in dem Beamtenthum konzentrirt und repräsentirt war, hat die Krone keine Stände berufen, so lange hat sie ohne alle ständische Mitwirkung nach bester Einsicht mit dem Beamtenthum das unumschränkte Regiment im Lande geführt; aber die Zeiten sind sort⸗ geschritten, die Intelligenz, die sich früher vorzugsweise in dem Be⸗ amtenthum fand, sie sindet sich heute außerhalb desselben, das Be amtenthum repräsentirt heute nur einen Theil dieser Intelligenz, die längst nicht mehr ausschließlich in ihm, sondern vorzugsweise, im Volke wurzelte. Das selbstständig gewordene Volk ringt nach einem Organe, nach einer Arena, in welcher es seine Kräfte zum Wohle der Gesammtheit erproben, in welcher es vereint mit seinem Fürsten sein Ziel anstreben kaun. In Anerkennung dieser veränderten Lage haben des hochseligen und des regierenden Königs Majestät die Stände des Landes neu zu begründen für die wichtigste Aufgabe der Krone erachtet. Das Patent vom 3. Februar und die Verordnun⸗ gen, die in dessen Folge erlassen sind, sollen den längst beabsichtigten Ausbau ständischer Freiheit zum Abschluß bringen. Wenn aber die— ser Bau wahrhaft zu einem Abschluß gebracht werden soll, so muß er Alles enthalten, was das Volk, seinem heutigen Rechtsbewußtsein nach, für unumgänglich nothwendig erachtet. Soll die lebensvolle Einheit zwischen Fürst und Volk wieder hergestellt werden, so dürfen in dem Bau der ständischen Verfassung keine dem heutigen Rechts— bewußtsein des Volkes widersprechende Lücken bleiben. Ich glaube, daß, wie weit auch die Meinungen in diesem Saale auseinanderge— hen, sie darin alle übereinstimmen, daß ohne Periodizität, ohne feste jährliche Zusammenberufung diese Versammlung nur ein Kind des Zufalls ist, was die ihm zugedachte Stelle im Staatsleben nun und nimmermehr einnehmen kann. Das Volk verlangt für seine Stände einen gesicherten, festbegründeten Rechtsboden; es kann nicht zugeben, daß diese wichtigste aller Institutionen des Staates fortan noch dem Zufalle anheimgegeben bleibe. Es ist freilich in den Verordnungen vom 3. Februar d. J. die Kontrahirung von Anleihen und die Be— willigung von Steuern an die Zustimmung der Reichsstände geknüpft, aber bei der Lage unseres Landes dürfen wir uns kühn der Hoffnung hingeben, daß derartige Fälle, die nach den Verordnungen vom 3. Februar einzig und allein der Krone die Verpflichtung auferlegen, die Reichsstände zu berufen, in geraumer Zeit gar nicht eintreten werden.

Von diesen beiden Fällen abgesehen, ist keine Bestimmuug in dem Gesetze enthalten, wrlche irgend eine Verpflichtung in sich schlösse, den Vereinigten Landtag zu berüfen. Das Fundament des Vereinigten Landtages ist ein durchaus schwankendes, ein gänzlich unsicheres, so lange die periodische Berufung nicht durch das Gesetz fest und be— stinimt, ganz frei von allem Belieben, vorgesehen ist. Es wird mir zugegeben werden müssen, daß es die höchste Aufgabe der Staats— männer Preußens sein muß, Mißtrauen und Schwanken aus unseren staatsrechtlichen Institutionen zu entfernen, damit ein gesicherter Rechts zustand herbeigeführt werde, damit das Streben aller Parteien sich innerhalb gesetzlicher Schranken zum Heil des Staates frei entwickeln könne. Ein fester Rechtszustand in der Verfassungsfrage ist für die Krone eben so dringend, ja noch dringender geboten, wie für das Volk. Er kann nur herbeigeführt werden, wenn die gerechten For derungen anerkannt werden, die in dem verbrieften Rechte, wie in dem Bedürfnisse des Landes, aufs tiefste begründet sind.

Was ich für den einen Punkt, die periodische Berufung, ange⸗ führt habe, läßt sich in demselben Maße auch für die übrigen, in den Adreß-Entwurf aufgenommenen Punkte anführen. Der Größe und Macht unseres Vaterlandes droht Gefahr, wenn die Bürger mit Neid auf unsere Nachbarstaaten hinsehen müssen, es droht Gefahr, wenn es sich für uns bei einem Vergleiche mit freien Staaten nur von einem Mehr, nicht von einem Minder, das wir an Rechten des Volkes dort finden, handelt. Weil ich diese Gefahr von unserem Vaterlande abwenden möchte, weil ich die in der Adresse aufgeführten einzelnen Punkte durch ältere Rechte verbürgt, durch innere Zweckmäßigkeit und durch das Bedürf⸗ niß des Volkes absolut bedingt erachte, weil ich endlich glaube, daß das Volk ein Recht hat, zu fordern, daß seine hierhergesandten Ver treter von seinen wenigen bis jetzt gesetzlich zur Anerkennung gelang— ten Rechten nichts vergeben, so halte ich es für meine heilige Ge⸗ wissenspflicht, diese Rechte nachdrücklich vor Beginn unserer ständi⸗ schen Wirksamkeit zu verwahren. Ich erfülle diese Gewissenspflicht, indem ich erkläre, daß ich der Adresse meine volle Zustimmung gebe, und nur noch im Namen der Rheinländer die Erklärung hinzufüge, daß nach dem Besitzergreifungs Patent vom 5. April 1815 bei allen Steuern den Ständen ein Recht der Mitwirkung zusteht. Ich erfülle diese Pflicht um so lieber, als ich glaube, daß die Ver⸗ sammlung dem Willen eines hochsinnigen Königs nur dann entspre— chen wird, wenn sie überall ohne Rückhalt die ganze Wahrheit sagt und von dieser Wahrheit, die sie beseelt, in ihrem ersten Akt ein feierliches Zeugniß ablegt.

(Mehrere Stimmen verlangen, daß die Debatte heute noch zu Ende gebracht werden soll.)

Ein Abgeordneter: Es ist nöthig, wenn ein Mitglied auf Vertagung anträgt und die nöthige Unterstützung von 24 Mitglie—⸗ dern sindet, zu welchem Ende der Marschall hierüber die Versamm⸗ lung zu befragen haben würde, daß die Vertagung Platz greife.

Der Marschall: Man kann sich auf keine früheren Vorgänge, sondern nur auf die Geschäftsordnung berufen. Die betreffende Be— stimmung der Geschäftsordnung ist mißverstanden worden. Sie lau⸗ tet ganz anders, Sie sagt, daß, wenn der Marschall die Berathung für erschöpft hält, 24 Mitglieder aber dem Schlusse der Berathung widersprechen, der Marschall darüber kann abstimmen lassen, ob die

Berathung zu schließen oder fortzusetzen sei. In di scheidet also die Versammlung und nicht der we dalle ent

Abgeordn. von Kraszews ki; Ich stimme ganz mit dem Mar= schall überein, daß Präcedenzien nicht vorhanden 2 aber es giebt auch meines Dafürhaltens keine Präcedenzien für Versammlungen der heutigen Art. Es kann also auch für die Folge mit vollem Rechte Ausnahmen geben, weil nicht alle Formen erschöpft sind, aber es giebt einen Grund zur Unterstützung dieses Antrages; dieser liegt in der Billigkeit, auf welchen wir von Seiten Sr. Durchlaucht Anspruch machen dürfen. Die Stütze dieses Antrages liegt in der großen Wichtigkeit der Adresse, deren Erlaß bereits ausgesprochen ist. Wir haben darüber große Reden vernommen, ein Beweis, daß die Sache wichtig ist. Die Wichtigkeit und unsere körperliche Ermattung giebt uns ein Recht, um Vertagung der Debatte zu bitten.

Der Marschall: Schon früher zeigte sich in der Versamm⸗ lung eine große Neigung, zur Abstimmung zu kommen, so daß nur überwiegende Gründe mich veranlassen konnten, dieser Neigung nicht nachzugeben. Jetzt finden diese Gründe nicht mehr statt, und wenn ich jetzß zu dem Zeitpunkt gekommen sein werde, wo ein überwiegen der Wunsch, zur Abstimmung zu kommen, zu erkennen ist, werde ich, falls 24 Mitglieder dem Schlusse der, Berathung widersprechen, dar⸗ über abstimmen lassen, und diese Abstimmung wird entscheiden.

Abgeord. Hansemann (vom Platz): Ich habe um das Wort gebeten, fürchte aber, obgleich ich noch mehrere Gesichts punkte anzu⸗ führen habe, die noch nicht berührt sind, daß ich nicht mehr die nö⸗ thige Aufmerksamkeit finden werde. Ich schlage daher vor, mit all⸗ gemeiner Zustimmung die Debatte auf morgen zu vertagen, (TDer Abgeordn. von Kraszewski erhält das Wort, erklärt aber, daß er sich nicht mehr kraftvoll genug fühle, um einen Vortrag zu halten.) : . .

Viele Stimmen verlangen die Abstimmung über die Vertagung der Debatte. e

Geh. Staats-Minister Graf von Arnim; Mein dringender Antrag geht dahin, daß die Versammlung nicht eher über die vorge⸗ schlagene Adresse beschließe, als bis sie sich vollständig über dieselbe geprüft hat. Deshalb bitte ich, mein Amendement ebenfalls drucken und an die Mitglieder vertheilen zu lassen. Ob noch heute Abend oder morgen die Debatte fortzusetzen sein wird, müssen wir der Ent⸗ scheidung des Marschalls überlassen, eben so darüber, ob er noch die Thätigkeit der Versammlung in Anspruch nehmen zu können glaubt. Ich häbe von vielen Mitgliedern die Ansicht vernommen, daß die Adresse noch nicht reiflich genug erwogen sei, und es scheint mir wün⸗ schenswerth, daß nur eine genugsam erwogene Adresse an Se. Ma⸗ jestät den König gelangen möge. ͤ .

Der Marfchall? Es ist dies eine weitere Ausführung des Weges, den ich vorhin schon als den gangbaren bezeichnet habe, nämlich, daß ich die Versammlung auffordere, darüber abzustimmen, ob die Berathung zum Schlusse reif sei. Diese Abstimmung veran⸗ lasse ich hiermit in der Weise, daß diejenigen, welche die Debatte für schlußreif halten, dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Minorität für die Schließung der Debatte) ;

Rachdem auf mehrfache Anregung eine nochmalige, in derselben Weise vorgenommene Abstimmung den Wunsch der Bersammlung, daß die Debatte vertagt werde, zu erkennen gegeben hatte, wird die Sitzung geschlossen und die nächste auf morgen um 10 Uhr an⸗ beraumt.

Marschall von Rochow: Stände bitte ich, noch versammelt zu bleiben, der letzten Sitzung anzuhören.

(Ende der Sitzung 4 Uhr.)

Die Herren von der Kurie der drei um das Protokoll

Berichtigung.

In einigen Exemplaren des gestrigen Blattes der Allg. Pr. 3tg., S. 568, Sp. 3, Z. 46 v. o. muß es heißen: Se. Ma⸗ sestaͤt der König ihnen das konkurrirende 2c.“; S. 509, Sp. 3, 3. 27 v. o. ist statt: „ihnen Ausschüsse“ zu lesen: den Ausschüssen Rechte; und ebendas. 3. 36 statt: „Vereinigten Landtage“, Ver⸗ einigten Ausschüsse.

nichtamtlicher Theil. .

Provinz Pommern. Das Amtsblatt der Königlichen Re⸗ gierung zu Köslin enthält folgende Bekanntmachung derselben vom 5. April d. J.:

n Bezug auf das pag. 153 des vorjährigen Amtsblattes abgedruckte Regulativ über die Verwendung des von des a. Masestät Allerhöchst bewilligten Meliorations Fonds von 309, 0090 Rthr. bringen wir zur allgemeinen Kenntniß des Publikums, daß die Her⸗ ren Minister die Frage:

ob an dem durch §. 1 C. des Regulativs zur Unterstützung von Meliorationen auf kleineren, 409 Morgen nicht übersteigenden Be⸗ sitzöingen bestimmten Theil des Meliorations- Fonds auch Ackerbür⸗ ger Theil nehmen dürfen, ! mit der Beschränkung bejaht haben, daß der zu unterstützende Grund⸗ besitzer auch ein wirklicher Ackerbürger, d. h. ein Wirth sein muß, welcher aus dem Ackerbau sein Hauptgewerbe macht und denselben nicht blos als Nebengeschäft oder nur aus Liebhaberei betreibt.

Provinz Schlesien. Breslau, Ende März. Nach dem von dem Direktorium der Pensions⸗-Anstalt für die Familien der evangelischen Schullehrer in der Provinz Schlesien veröffentlichten Extrakte aus den Jahres⸗-Rechnungen der Anstalt für die Jahre 1845 und 1816 betrug die Einnahme derselben im Jahre 1845 9825 Rthlr. 13 Sgr. 8 Pf. und im Jahre 1846 11,270 Rthlr. 16 Sgr. 5 Pf. Die Ausgabe belief sich dagegen im Jahre 1845 auf 9513 Rthlr. 25 Sgr. und im Jahre 18465 auf 19,808 Rthlr. 1 Sgr. 11 Pf. Es verblieben demnach an Bestand am Ende des Jahres 1845 281 Rthlr. 18 Sgr. 8 Pf. und Ende des Jahres 1846 462 Rthlr. 14 Sgr. 6 Pf.

Der Gesammt-Betrag des Vermögens war ult. 1846 84. J62 Rthlr. 14 Sgr. 6 Pf., am Schlusse des Jahres 1845 betrug das Vermögen S0, 781 Rthlr. 18 Sgr. 8 Pf., es hat sich mithin im Jahre 1 um 4180 Rthlr. 25 Sgr. 10 Pf. vermehrt. . ;

Glogau, im März. Der Geschäftskreis und die Wirffamkeit der Schiedsmänner im Departement des hiesigen Ober Lan⸗ desgerichts (14 Kreise mit 708 842 Seelen] hat sich ä Jahre 1816 wiederum erweitert. Von 571 8, a Zis Streitigkeiten (3.44 mehr als im Jahre 166 a, ö. davon 580d (529g mehr als im Jahre 1815) e T, . * eendigt worden. Wegen Ausbleibens der Parteien i. = * ig ge⸗ machte Sachen reponirt worden, nicht zu 6 . * un anhängig blieben am Jahresschlusse 5, Ste ö

Im Durch mann 10 verglichene Sachen und 1

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nicht verglichene. Zur Zahl aller bei den Schied

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männern angebrachten Sachen wie und die Zahl der wirklich verglichenen wie 1 zu 106.

12. April, Nachrichten aus Schleusingen hat j d. M., Abends 77 Uhr, eine mit einem

Schlage verbundenz Ciderschütterung stattgefunden. Ander