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Varschall: Wir würden uns doch wohl zunächst über die erste Disposition zu bestimmen haben. ,
Abgeord. Camph ausen: Sie wünschen die Debatte auf die erste Disposition zu beschraͤnken? Dann wilrbe ich schließen und vor⸗ zuschlagen haben, daß der Eingang des Artikels so laute:
„Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten, welche durch ein Kriminalgericht wegen nicht politischer Verbrechen
a) zu dem Verluste der . rechtskräftig verurtheilt.“ ! Landtags-Kommissar: Auf denjenigen Theil der eben ge⸗ — 2 Rede, welcher sich auf die allgemeine Beurtheilung des Ge⸗ etzes bezieht, glaube ich nicht antworten zu dürfen, weil die Diekus⸗ sion über den allgemeinen Theil des Geseßzes gestern geschlossen wor⸗ den ist. Was die spezielle Bemerkung des Herrn Redners betrifft, daß in öffentlichen Aemtern sich Personen befänden, auf welche der zur Berathung stehende Passus volle Anwendung finde, welche durch ein Kriminalgericht zum Verluste der Ehrenrechte rechtskräftig der⸗ urtheilt oder zur Ableistung eines nothwendigen Eides rechtskräftig für unfähig erklärt worden seien, so muß ich diese Behauptung so lange als eine unrichtige bezeichnen, bis sie speziell erwiesen ist. Ich setze dabei voraus, daß damit nicht solche Personen gemeint sind, welche ein Straferkenutniß getroffen hat, die aber im Wege der Be— gnadigung in alle bürgerlichen Ehren restituirt worden sind. Solche Personen können allerdings in der Verwaltung sein, sie würden aber auch nach der Bestimmung im Art. V. des Gesetzes ihren Platz in der Ständeversammlung einnehmen können. Ist Jemand zum Ver— luste der bürgerlichen Ehren u. s. w. verurtheilt und Se. Majestät begnadigen ihn Bure und vollständig, so versteht es sich von selbst, daß alle rechtlichen Wirkungen der Verurtheilung aufgehört haben und er nicht mehr unter die Kategorie fällt, die hier vorgesehen ist. Nichtsdestoweniger wäre es möglich, daß ein solcher Begnadigter we⸗ gen des allgemeinen Eindrucks, den seine Verurtheilung gemacht hat, wegen der Falta, welche seine Verurtheilung herbeigeführt haben, als bescholten anzusehen sei. Das wäre aber ein Fall, der unter Art. J Nr. 4 gehört. Es würde Jemand in der Versammlung auftreten und sagen müssen: der Mann hat dieses oder jenes Verbrechen be— gangen, er ist zu dieser oder jener Strafe verurtheilt worden, Se. Majestät der König habe ihn zwar begnadigt, es hört daher die' recht liche Wirkung der Kriminalstrafe auf; nichtsdestoweniger halten wir ihn für bescholten und tragen darauf an, daß die Vorschrift sub J. 4. zur Anwendung komme. Das ist die Ansicht, welche dem Gesetz⸗ Entwurf zum Grunde liegt, und die ich zur Erläuterung mittheilen zu müssen glaubte.
Marschall: Es haben sich mehrere Redner gemeldet und ihre Ansicht mir mitgetheilt, daß sie theils über Art. J. theils über Art. II. und III. sprechen wollen. Bestimmt ausgedrückt, über Art. J. spre⸗ chen zu wollen, hat nur der Herr Abgeordnete Gier. Den Art? II. werden wir noch aussetzen. Es ist also jetzt die Berathung über J. 1.
Eine Stimme: Sollte es dem Herrn Landtags⸗Marschall nicht belieben, die Amendements, welche zu Art. J. eingegangen sind, sämmt⸗ lich belannt zu machen, damit nan bel der Dis uffion Rücksicht darauf nehmen kann?
Marschall: Ich will, sehen, ob ich sie zusammenfinde.
Abgeordn. Gier: Meine ganz kurze Erklärung über 8. !. Punkt erlaube ich mir damit einzuleiken, daß ich von der Ansicht ausgehe daß die Bedürfnißfrage gestern festgestellt worden ist, und ich moͤcht. dringend bitten, daß auf Allgemeinheiten und auf jene Frage nicht wieder zurückgegangen werden möchte. Die Zeit ist kostbar, mir we nigstens wird es bange vor der Masse der Geschäfte. Wir müssen nicht blos mit Ideen fechten und auf Möglichkeiten eingehen, söndern praktisch an die einzelnen Fragen uns halten, damit wir vorwärts kommen. .
Ich habe nur zu bemerken, daß der Vorschlag des Ausschusses: „durch ein rechtskräftiges Urtheil“ zu dem Verluste der Ehrenrechte zu verurtheilen, wenigstens in dieser Fassung nicht sprachgebräuchlich ist, und daß es heißen müßte: „welchem durch ein rechtskräftiges Umr⸗ theil der Verlust der Ehrenrechte zuerkannt worden ist.“ In sofern bin ich damit einverstanden und behalte mir meine weiteren Bemer? kungen zu §. J. Punkt 3 vor.
Referent Graf Stosch: Es liegt das auf der Hand, und die Abtheilung ist auch darauf eingegangen, daß das Wort „aber⸗ kannt“ weggestrichen werde.
Marschgll: Zu Art. J. 1. sinde ich hier blos ein Amende— ment, wonach statt „Kriminalgericht“ nur „Gericht“, zu setzen wäre.
(Eine Stimme aus der Rheinprovinz wird weder von den Ste— nographen, noch von einer großen Anzahl der Mitglieder der Ver— sammlung verstanden.)
Viele Stimmen: Es wird nichts verstanden.
Marschall: So viel ich verstanden habe, besteht der Antrag darin, daß das ganze Gesetz auf einen Paragraph zu beschränken sei.
(Dieselbe Stimme aus der Zahl der Mitglieder der Rhein⸗Pro⸗ vinz, welche sich eben vernehmen ließ, sprichk wieder, ist aber zben so wenig zu verstehen.)
Abgeordn. von Byla: Ich kann dem Gutachten der Abthei⸗ lung nur vollkommen beistimmen, und zwar aus einem Grunde, der leider in der Erfahrung bei mir häufig bittere, sehr bittere Täuschung hervorgerufen hat. Es kommt nämlich in der Negel der Fall- vor, daß, wenn von einem Civilrichter auf die Unfähigkeit, einen nothwen— digen Eid zu leisten, erkannt wird, dieses Erkenntniß dem Publikum, ja den nächsten Bekannten dieses Mannes oder dieser Person, gar nicht zur Kenntniß gelangt, und daß man sehr häufig einen solchen Mann für einen Ehrenmann anerkennt, wenngleich ihm durch Er— kenntniß diese Befugniß und Berechtigung aberkannt ' ist. In der That, das kann einem nicht gleichgültig sein, und da es namentlich in dem vorliegenden Falle noch viel schlimmer wäre, wenn in unserer Mitte ein solcher Mann sich befände, so glaube ich, daß mit Fug und
Recht hie. Abtheilung darauf hingedeutet' hat, die e Bestimmung milsse
noch ad I. 1. aufgenommen werden.
r Abgeordn. Haànsem ann; Ich äußere mich blos über J. a., weil ich voraussetze, daß die übrigen Unterabtheilungen später einzeln zur Sprache kommen werden. In dieser Hinsicht nun trete ich dem Amendement der Abtheilung, nach welchem statt; „durch ein Krimi— nalgericht“ gesagt werden soll: „durch ein rechtskräftiges Urtheil“ nicht bei. J9 lege nämlich Werth darauf, daß, so wie es im Ge! setz Entwurfe auch ausgedrückt ist, der Ausdruck: „Kriminalgericht“ beibehalten werde, damit niemals ein Zweifel darüber entstehe, aß andere, als durch Kriminalgerichte gefällte Urtheile diesen gleich ge⸗ halten werden können. Wir können uns z. B. den Fall denken, daß in der Verwaltung Verfügungen getroffen werden könnten, nach wel⸗ chen ein Verwaltungs⸗Gericht auch über einen Verwaltungs ⸗Beam— ten zu erkennen hätte, und daß auch diese Urtheile als rechtekräftig zu betrachten wären. Ich wünsche deshalb, daß der Ausbruck bes Besetzes vollkommen belbehalten werde, und wünsche das um so mehr, weil durch das Amendement nicht eine Einschränkung, sondern eine ,, der Bescholtenheit möglicherweise stattfinben kann.
bgeerdu. Neum ann: Ich kann dem leßten Herrn Rebner nur darin beistimmen, daß es sich zunächst um Ausdehnung der Beschol⸗ tenheit bei diesem Antrage handelt und bieses an sich bedenklich ist. Es scheint mir auf der anderen Seite auch, daß das Gutachten der Abtheilung rein . Fragen in das öffentliche Recht mische. Wir haben in Beziehung auf das k der Bescholtenheit ein⸗
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zig und allein es mit der Frage des öffentlichen Rechts zu thun. Die besonderen Nachtheile, welche die Prozeß⸗Ordnung bei einzelnen Handlungen festsetzt, die in dem Prozesse vorkommen, sind rein pri⸗ vatrechtlicher Natur. Es fönnen besondere nachtheilige Folgen nam⸗ haft gemacht werden für jede einzelne Handlung, für jede einzelne Unterlassung, für jede Nichtbefolgung der richterlichen Anweisung. In unserer Prozeßordnung hat die Sache dadurch eine besondere Wich⸗ tigkeit erlangt, weil dieselbe dem Untersuchungsverfahren folgt und der Richter von Amts wegen die Verfügungen zu erlassen hat. Nach dem Gemeinen Rechte ist es rein Sache unter den Parteien, und da ein civilrechtliches Erkenntniß lediglich das Recht unter den Parteien festsetzt, so ist es bedenklich, hier etwas festsetzen zu lassen, was da— durch aus dem Civilrechte in das öffentliche Recht überginge. Ich würde daher lediglich gegen den ausdehnenden Antrag der Abtheilung mich erklären.
. Abgeordn. von Bonin: Ich erlaube mir, nur zur Beseitigung eines Mißverständnisses darauf aufmerksam zu machen, daß der geehrte Redner aus der Rhein-Provinz, der eben die Gefahr schilderte, die daraus entstehen könnte, wenn auch die Berwaltungs- Behörden in den Stand gescetzt würden, Entscheidungen zu treffen, die auf die politi⸗ schen Rechte von Einfluß sein könnten, übersehen hat, daß nicht von Entscheidungen, welche die Verwaltungs Behörde in ihrem Ressort treffen laun, sondern von rechtskräftigen Erkenntnissen die Rede ist. Rechtskräftige Erkenntnisse können aber nicht die Verwaltungs- Be⸗ hörden, sondern die richterlichen Behörden allein abfassen. Die Be— denken, welche also daher gegen den Abtheilungs-Voischlag zu 1. 1. gemacht worden sind, scheinen mir demnach durchaus nicht begründet.
Abgeordn. Mevissen: Hohe Versammlung! Ich glaube, daß durch die eben gehörten Bemerkungen die Einwendungen des Redners aus der Nhein-Provinz nicht widerlegt worden sind. Der Redner hat darauf hingedeutet, daß selbst ein rechtskräftiges Urtheil Perso— nen ihrer Ehrenrechte berauben kann, die dennoch in den Augen des Volkes als unbescholten gelten dürften. Ein solches rechtskräftiges Urtheil kann über politische Vergehen, z. B. über Duelle, ergehen. Ich glaube, daß gerade deshalb, weil es möglich ist, daß ein rechts⸗ kräftiges Urtheil den Verlust der Ehrenrechte ausspricht und dennoch die Bescholtenheit in den Augen des Volkes nicht eintritt, nothwendig ist, den Paragraph anders zu fassen, und ich komme auf das gestern Ihnen vorgeschlagene Amendement zurück. Nach diesem Amendement schlage ich vor, zu sagen: „Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten, welche durch ein Kriminalgericht zu einer entehrenden Strafe rechtskräftig verürlheilt sind.“ Der Begriff „entehrende Strafe“ schließt nothwendig ein, daß damit schon der Verlust der Ehrenrechte verbunden sei, daß das Rriminalgericht auf diesen Verlust mit erkannt habe. Es dehnt also dieser erste Satz meines Amende⸗ ments den 8. 1 aus. Um nun die nöthige Beschränkung eintreten zu lassen, habe ich vorzuschlagen, §. 1 mit §. 4 in Verbindung zu setzen und zu sagen, daß bescholten derjenige ist, der durch ein rechtskräfti⸗ Jes Urtheil zu einer entehrenden Strafe verurtheilt ist, und dem seine
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Standesgenossen das Anerkenntniß unverletzter Ehrenhaftigkeit ver— sagen. Durch die Verbindung dieser beiden Paragraphen wird der Zweck erreicht, der dem vorigen Redner aus der Rhein⸗Provinz vor—⸗ geschwebt hat, nämlich daß eine Garantie gegen diejenigen Urtheile geboten werde, die irgend eine Person der Ehrenrechte verlustig er⸗ klären und doch in den Augen des Volkes keine Bescholtenheit be—⸗ gründen.
Abgeordn. Frhr. von Manten ffel: Ich will mich gegen das Amen— dement erklären, welches wir so eben gehört haben, eben so aber auch gegen das eines geehrten Abgeordneten aus der Rhein⸗Provinz, welches früher gestellt worden ist. Das letztere ging dahin, daß em Passils a. ein Zusatz dahin gemacht werde, daß die wegen politisiher Verbrechen zum Verlůust der Ehrenrechte verurtheilten Persoͤnen nicht ansgeschlossen sein sollten aus ständischen Versammlungen. Es wird also hier ein Kriterium hingestellt, welches eine Unter-Abtheilung machen will unter denjeni⸗ gen Leuten, welche zu dem Verlust der Ehrenrechte verurtheilt sind. Meine Herren, ich kenne in unserer Gesetzgebung den Begriff: „po—⸗ litische Verbrechen“ überhaupt nicht. Ich weiß micht, wo die Gränze gezogen ist, wo sie anfangen, wo sie aufhören. Man hat viel von politischen Untersuchungen, von politischen Tendenzen u. s. w. gespro⸗ chen; aber ein gesetzlicher Begriff ist dies nicht, und schon aus dem Grunde muß ich mich gegen eine solche Abgränzung erklären. Das andere Amendement aber hält ein gerichtliches Ürtheil, welches die Ehrenrechte aberkennt, nicht für genligend, es rekurrirt noch an das Volk in diesem Falle. Es trifft ungefähr mit dem zusammen, was wir in der gestrigen Sitzung zu hören Gelegenheit hatten. Es könne Jemanden die National-Kokarde aberkannt sein, und dennoch müsse die Stände Versammlung es sich zur Ehre schätzen, ihn in ihrer Mitte zu sehen. Meine Herren, ein geehrter Redner aus der Rhein⸗Provinz hat gestern mit beredteren Worten, als ich es vermöchte, auseinanderge⸗ setzt, wie die Ehre sich theile in innere und äußere. Ueber die innere Ehre könne Niemand auf der Welt urtheilen, diese unterliege dem Urtheile eines höheren Richters. Diese wollen wir aus dem Spiele lassen, sonst befassen wir uns mit etwas, was über unsere und aller Menschen Kompetenz hinausgeht. Es handelt sich um äußere, bür⸗ gerliche Ehre. Diese ist durch gewisse Gesetze festgestellt. Was heißt es also, einen Unterschied zu machen zwischen dem Verlust der Ehren⸗ rechte, welche das Gesetz hinstellt, dem wir Alle unterworfen sind, und zwischen der äußeren Ehre, wie wir sie in ständischen Versamm' lungen verlangen wollen? Heißt es nicht, die Stände-Versammlung außer dem Gesetz, dem Gesetz gegenüber stellen? Meine Herren, das gegen wollte ich mich verwahren, ich bitte Sie, diesen Gesichtspunkt sestzuhalten.
Abgeordn. von Brünneck: Meine Herren, ich werde mich nicht einlassen auf spätere Amendements, denn ich glaube, es ist da⸗ durch der Debatte vorgegriffen worden. Ich habe es ganz allein zu thun mit dem Vorschlage der Abtheilung, und ich muß mich gegen den Vorschlag der Abtheilung erklären, schon aus den Gründen, die der Herr. Justiz-Minister angeführt hat, insbesondere aber auch des halb, weil, so viel ich weiß, auch ein Einzelrichter ein solches rechts—⸗ kräftiges Urtheil fällen könnte, und das ist der Hauptgrund, warum ich mich streng an den Entwurf, wie er vorliegt, halten zu müssen glaube., Ih weiß wohl, daß jetzt andere Maßregeln genommen werden, dürften, die für die Folge die Gefahren, die' damit verbun— den sein könnten, abwenden. Aber für jetzt haben wir noch die Einzelrichtet, und diese sind befugt, rechtskräftige lirtheile aufrecht zu erhalten und rechtskräftige Erkenntnisse abzufassen, daher muß ich mich an den Gesetz Entwurf halten. .
Abgeordn. Camphausen: Nur eine kurze Bemerkung. Der Herr Landtags⸗Kommissar hat geglaubt, die Motivirung meines Vor⸗ schlages: pölitische Vergehungen“ in die Disposition des Art. III. zu verweisen, daß diese Motivirun zu der gestern geschlossenen allge⸗ meinen Diskusston gehört habe. 7) habe daher nicht weiter darauf
⸗ . Von einem anderen verehrten Rebner aus der Mark ist
erwähnt worden, wie unsere Gesetze eine strenge Sonderung des Be⸗ riffes „ politische Vergehungen“ nicht kennen. Ich bemerfe demsel- en, daß auch anderwelte gefetzliche Begriffe werden festgestellt werben 31 wenn der vorliegende Eniswurf zur Anwendung gelangen wird. Dahin gehört z. B. der Fall, daß nach Art. 1. durch's Kriminal⸗
Bericht das Untheil ausgesprochen werden soll, während gerade diese Gegenstände abgeurtheilt nn. können an dem Rheine durch f ͤ
Polizei⸗Gerichte, die von den Kriminal⸗Gerichten unterschieden werden. Es ist ferner zu erwähnen, wenigstens so viel ich habe ermitteln kön⸗ nen, daß unsere Gesetz Bücher die Strafe des Verlustes der Ehren⸗ rechte nicht kennen, daß sie zwar einzelne Bestimmungen haben, und daß auf Verlust einzelner Ehrenrechte erkannt wird, daß man aber bei Entwerfung eines künftigen Gesetzes diese allgemeine Disposition der Bestrafung die des Verlustes von Ehrenrechten benennt, aber nicht in den gegenwärtigen Gesetz⸗Büchern. Es ist endlich von dem Kö⸗ niglichen Kommissar erwähnt worden, daß durch die Königliche Be— gnadigung auch die Rechte zurückkehrten. Diese Erklärung entspricht durchaus meinen Wünschen, nur finde ich nicht, daß sie mit Konsequenz aus dem uns vorliegenden Gesetz⸗ Entwurfe entnommen werden könne, weil in diesem Gesetz⸗Entwurfe ausdrücklich steht, daß, wer durch rechtskräftigen Ausspruch von ständischen Versammlungen ausgeschlossen sei, dies für inimer sei. Und es scheint dies zu der Annahme Anlaß zu geben, daß, wenn eint Begnadigung wegen des übrigen Theiles der Bestrafung eintrete, eine Begnadigung wegen des Sitzens in diesem Saale nicht unbedingt anzunehmen sei. Ich wiederhole meinen Vorschlag, daß aus Art. J. und dessen Disposition die politischen Verbrechen ausgeschlossen und in Position III. verwie— sen werden, und daß die Worte hinzugefügt werden: „und welche nicht begnadigt werden.“
Justiz Minister Uh den: Wenn ich den Redner, welcher die Tri⸗ büne eben verließ, recht verstanden habe, so ist behauptet worden, in unserer Gesetzgebung gebe es keine Bestimmungen, wodurch Jemand der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig gingg Es giebt solche, einmal bei den Verbrechen des Hochverraths, un 8 46 was mir au⸗ genblicklich einfällt, wenn Jemand aus dem Solrclenstande ausgesto⸗ ßen wird, so verliert er alle bürgerlichen Ehrenrechte. Das sind zwei Fälle, welche mir eben einfallen.
Marschall: Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, so werden wir zur Beschlußfassung über die erste Disposition kommen. Der Artikel J. — 1. a. schreibt vor: „Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten, welche durch ein Kriminalgericht zu dem Ver— lust der Ehrenrechte rechtskräftig verurtheilt sind.“ Hierzu sind meh⸗— rere Amendements gestellt worden. Das eine von dem Herrn Ab— geordneten Camphausen, welches darin besteht, daß von dieser Dispo⸗ sition die politischen Verbrechen ausgeschlossen werden sollen, und daß auch das Begnadigungsrecht davon ausschließt. Ein anderes Amen! dement ist das des Herrn Abgeordneten Mevissen. — Ich werde den ersten Theil des ersten Amendements zuerst zur Abstimmung bringen, nämlich, ob die politischen Vergehen von dieser Disposition ausge— schlossen sein sollen. Der Herr Secretair wird den Satz im Zusam⸗ menhange vorlesen.
Secretair von Leipziger: Nach dem Amendement des Ab— geordneten Camphausen würde der Satz so lauten: „Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten, welche durch ein Kriminalgericht wegen nicht politischer Verbrechen a. zu dem Verluste der Ehrenrechte rechtskräftig verurtheilt.“ .
Abgeordn. Camphausen: Zur Erläuterung bitte ich Sie darauf aufmerksam zu machen, daß nicht einer Ausschließung der po— litischen Vergehungen hier gedacht ist, sondern nur, daß in Artikel 1V. später kommt, daß die Standesgenossen ihr Anerkenntniß der unver⸗ letzten Ehrenhaftigkeit versagen können, und daß die Versammlung darüber zu entscheiden haben soll. Es handelt sich also nur darum, ob unbedingt ein jeder solcher Verurtheilte hier zu sitzen nicht verdienen dürfte.
f Staats⸗Minister Uhden: Ich muß mir die Bemerkung erlau— ben, es ist ganz richtig erwähnt wörden, daß in unserem Landrechte, im *I. te keine Bestimniung darüber vorhanden ist, was politi— sche Verbrechen sind. Ein solches Rubrum kennen wir nicht. Es wird sich nun fragen, wem soll die Entscheidung obliegen, ob Je— mand ein politischer Verbrecher ist oder nicht?
Eine Stimme (vom Platze): Habe ich recht verstanden, so sollen in Zukunft Hochverräther in unsere Versammlung kommen. Geräusch.)
Abgeordn. Mohr; Ich habe mir erlaubt, das Amendement ..
Marschall: Wir sind mitten in der Abstimmung über diesen Theil; ich kann daher das Wort nur zur Berichtigung der Fragstel⸗ lung geben, nicht aber zu neuen Amendements. Es fragt sich alsy, ob der verehrliche Redner etwas zur Berichtigung der Abstimmung zu sagen hat?
Eine Stimme Gom Platze): Die Worte des Herrn Justiz⸗ Ministers veranlassen mich zu der Bemerkung, daß das Landrecht allerdings keine Desinition von politischen Verbrechen giebt, daß aber der Begriff der politischen Verbrechen wohl feststeht, da die Worte „Politik“ und „politisch“ sehr häufig in der Gesetzgebung vorkommen. Ich will nur aufmerksam machen auf Gesetze, die von politischen Versammlungen sprechen. Auch da ist ein bestimmter Begriff nicht angegeben, dennoch aber sind diese Versammlungen nach den Gegen— ständen sehr genau bezeichnet, die in ihnen vorgenommen werden, so daß man den Charakter sehr wohl erkennt und genau zurückschließen kann auf die Verbrechen. . ;
(Eine Abgeordneter erbittet sich das Wort.)
Marschall: Wenn der Herr Abgeordnete zur Berichtigung der Abstimmung das Wort verlangt, so gestatte ich es ihm.
Abgeordn. Mohr: Ich wollte mir blos die Frage erlauben, ob, nachdem über die Amendements abgestimmt sein wird, es auch noch erlaubt sein wird, gegen den ganzen Artikel J. sich zu äußern. Mein Amendement ist gegen den ganzen Artikel gerichtet, und deshalb mußte ich h. Bemerkung vorausschicken.
Marschall: Der Herr Abgeordnete wünscht also nachher darauf anzutragen, daß der ganze Artitel gestrichen werde? .
Abgeordn. Mohr: Mein Amendement ist darauf gerichtet, daß der ganze Artikel wegfalle.
Marschall; Dies wird vorbehalten bleiben.
Abgeordn. Camphausen: Es ist auf jener Seite des Saa— les die Bemerkung gemacht worden, nach meinem Vorschlage würde ein Hochverräther in unserer Mitte sitzen können. Ich weiß nicht, ob außer dem Redner ein anderes Mitglied in der Versammlung wäre, welches meinen Vorschlag so verstanden haben könnte!?
(Stimmen: Nein! Nein!)
Abgeordn. Graf von Merveldt: Der Vorschlag kann nicht anders verstanden werden, indem Hochverräther ebenfalls zu denjeni⸗ gen gehören, welche politische Verbrechen begangen haben.
Marschall: Wir sind bei der ö — Das Amen⸗ dement des Herrn Abgeordneten Camphausen lautet dahin:
„Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten:
1) welche durch ein Kriminalgericht 1. zu dem Verlust der Ehrenrechte rechtskräftig verurtheilt,
b. oder zur Verwaltung öffentlicher Aemter oder zur Ablei— , nothwendigen Eides rechtskräftig für unfähig erklärt;
2) ö. durch ein militairisches Ehrengericht zu einer der im' &. 4.„lLlit, Bb — e der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Juli 1843 über die Ehrengerichte aufgeführten Stra- sen verurtheilt“.
Diejenigen, welche für diesen Vorschlag sich bejahend erklären, bitte ich aufzustehen.
(Die Abstimmung erfolgt. — . Erste Beilage.
Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.
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Mittwoch den 5 ien Mai.
Marschall: Es ist sichtlich, daß keine Majorität dafür vor⸗ handen ist, dieses Amendement ist demnach abgelehnt.
Der zweite Theil des Amendements betrifft die Begnadigung.
Landtags-Kommissar: Ich glaube, daß es wirklich hier⸗ über nur einer Verständigung bedarf. S. 1 sagt: „Als bjescholten sind diejenigen Personen zu erachten, welche durch ein Kriminalgericht zu dem Verlust der Ehrenrechte rechtskräftig verurtheilt sind u. s. w.“
In dem Augenblicke also, wo Jemand in dieser Weise verur⸗ theilt ist, wird er unfähig, in eine ständische Versammlung einzutre⸗ ten. Von dem Augenblicke an, wo er pure begnadigt wird, hört diese Unfähigkeit auf. Ist aber, während er unfähig war, einzutre⸗ ten, sein Ausschluß aus einer ständischen Versammlung erfolgt, so kann er nur im Wege des 5§. V. rehabilitirt werden. So ist der Sinn des Gesetzes zu verstehen und dasselbe zu erklären, und ich glaube nicht, daß es eines Zusatzes oder einer Abänderung bedarf. So wenigstens versteht diesen Artikel das Gouvernement, und es fragt sich daher, ob der geehrte Redner nicht auf seinen Antrag ver zichten will.
Marschall: Ich frage demnach den Herrn Redner, ob er auf seinen Antrag verzichten will?
Secretair von Leipziger: Der Artikel V. worauf der Herr Kommissar Bezug genommen hat, lautet dahin: „Die Wiederzulas— sung zur Ausübung ständischer Rechte werden Wir nur auf den An⸗ trag der Versammlung, welche die Anklage beschlossen hat, genehmi⸗ gen. Ein solcher Antrag darf nicht vor Ablauf von 5 Jahren nach der Ausschließung gemacht, und nur dann zu Unserer Kenntniß ge— bracht werden, wenn zwei Drittel der Versammlung sich dafür er— klären.“
Abgeordn. Camphausen: Ich muß gestehen, daß ich sehr gern den Vorschlag zurückziehen würde, wenn ich genau übereinstini— men könnte mit der Begründung, welche der Herr Kommissar uns in seiner Ansicht giebt. Ich finde aber, daß Art. JV. spricht: „Wer solgergestalt durch rechtskräftigen Ausspruch aus einer ständischen Versammlung des Jnlandes ausgeschlossen ist, darf überhaupt ständi⸗ sche Rechte nicht mehr ausüben“, während in Art. V. steht; „Die Wiederzulassung zur Ausübung ständischer Rechte werden Wir nur auf den Antrag der Versammlung, welche die Anklage beschlossen hat, genehmigen.“ Der Art. V. bezieht sich also auf Solche, welche in Ständeversammlungen angeklagt worden sind, nicht aber auf Solche, welche ohne Anklage auf Grund rechtskräftigen Urtheils ausgeschlos⸗ sen worden sind. Daß diese indeß wieder in Folge von Begnadi⸗ gung das Recht hätten, unter uns zu sitzen, ist der Zweck des Vor— schlages, den ich gemacht habe.
Abgeordn. von Beckerath: Was der verehrte Redner vor mir bemerkt hat, würde sich zwar dann erledigen — wenn der Antrag des Ausschusses, betreffend §. 5, genehmigt würde. Der Antrag geht nämlich dahin, daß nicht nur die Versammlung, welche die An— klage beschlossen hat, sondern auch diejenige, zu welcher der Betref⸗ fende seinen ständischen Verhältnissen nach gehören könnte, berechtigt ist, auf Wiederherstellung seiner Rechte, seiner Ehre anzutragen. Al⸗ lein selbst dann würde sich das Bedenken, welches zu dem Zusatze Veranlassung gab, noch keinesweges heben. Denn wenn Se. Ma⸗ jestätt geruhen sollten, einen Verbrecher sehr bald nach der Verurthei⸗ lung zu begnadigen, so würde nichtsdestoweniger auch nach §. 5 ein Zeitraum von 5 Jahren verstreichen müssen, bevor er die Wiederher⸗
stellung seiner ständischen Rechte beantragen könnte. Des halb scheint
es mir unumgänglich nothwendig, daß die Worte: „so lange sie nicht begnadigt sind“, eingeschaltet werden müssen.
Abgeordn. Han semann: Mir scheint es auch, daß die von dem Königl. Kommissar gegebene Deutung nicht in den §. 5 zu le— gen sei, so wie er hier . ist, und daß es nothwendig sei, hier schon eine Bestimmung zu treffen, die klar die Absicht des Gesetzes, so wie sie von dem Herrn RNommissar erläutert worden ist aus⸗ spricht. Zu dem Ende scheint es mir allerdings nothwendig, daß hier schon ausgedrückt werde, daß, wenn die Begnadigung eintrete, alsdann auch die Folgen des Urtheils aufzuhören haben. Und eben so scheint mir noch eine Undeutlichkeit in der Beziehung zu liegen, die aus dieser Fassung geschlossen werden könnte, wenn Jemand zu einer gewissen Zeit zu dem Verlust der Ehrenrechte verurtheilt wäre, daß alsdann nach dieser Fassung sie ihm in Beziehung auf die Stand« schaft lebenslang verloren sein könnten, während es sich doch von selbst versteht — womit der Herr, Kommissar ebenfalls einverstanden sein wird — daß, sobald die Wirkung des Urtheils aufhört, als⸗ dann auch die Wirkung in Beziehung auf dieses Gesetz aufhören muß. Um es Ihnen durch ein Beispiel klar zu machen; Wenn Jemand auf 5 Jahre zu dem Verlust seiner Ehrenrechte verurtheilt wäre, so würde er nach Ablauf von 5 Jahren wieder zu den Ehrenrechten gelangt sein, wäh rend es jetzt nach dieser Fassung zweifelhaft scheint. .
Landtags-Kommissar: In dem dringenden Wunsche, die Zeit der hohen Versammlung nicht unnöthig in Anspruch zu nehmen, glaube ich im Namen der Verwaltung die Erklärung abgeben zu kön⸗ nen, daß gegen die Aufnahme dieser Abänderung nichts zu erinnern ist. Es ist keine andere Meinung dabei gewesen, als daß, wenn die Königliche Begnadigung eintritt, auch die Wirkung der Strafe auf⸗ höre. Wenn daher die Versammlung nichts dagegen zu erinnern findet, so steht auch seitens der Verwaltung nichts entgegen, daß eine ähnliche Klausel in das Gesetz aufgenommen werde.
Marschall: Es haben sich noch zwei Redner gemeldet, und sofern dieselben aufs Wort verzichten, —
(dies geschieht) — so kann ich fragen, ob die 6 nach der Erklärung des Herrn Staats-Ministers von Bodelschwingh sich für die Aufnahme der Begnadigung und der zeitweisen Verurtheilung erklärt.
Eine Stimme (vom Platze): Ich würde mich dagegen er⸗ klären und darauf antragen, daß abgestimmt wird.
Eine Stimme wom Platze): Ich halte diesen Zusatz, wie er vorgeschlagen worden ist, für nothwendig, ich halte ihn nämlich nicht für sich von selbst verstehend nach Art. 3, denn dieser spricht nur von Rehabilitirung in den Fällen, wo durch Ehren -Gericht der Verlust der Ehre eingetreten ist, nicht aber von den Fällen, wo nach richter⸗ lichem Ausspruch die Ehren abgesprochen worden sind. Darum halte ich diesen Zusatz für nothwendig. Ich würde nach der Erklärung des Herrn Negierungs Kommissars das Wort nicht ergriffen haben, wenn nicht Widerspruch erhoben worden wäre.
„ Abgeorbu, von Auerswald; Ich würde den Andtragsteller bitten, Lon der Abstimmung abzustehen und ins Auge zu fassen, daß die Versammlung mit dem Königlichen Kommissar einverstanden ist, daß der Zusatz in dem Gesetz ausgedrückt werden soll. Es ist kein inn abzusehen, warum wir uns mit der Abstimmung aufhalten
Marsch all: Der Antragsteller verzichtet also wohl auf Ab⸗ 5 (Wird bejaht.) A Bann ist der Vorschlag ange⸗
Wir kommen jetzt zu dem zwei 6 des Herrn Abgeordneten mer e , n gn liel ini .
„als bescholten sind die Personen zu betrachten, welche durch ein Kriminalgericht zu einer entehrenden Strafe rechtefräftig verurtheilt sind, und welchen ihre Stand ee genossen die Anerkenntniß unbeschol⸗ tener Ehrenhaftigkeit versagen.“ . Wenn ich demnach richtig verstanden habe, so soll noch zu der recht— lichen Verurtheilung die Versagung der Ehrenhaftigfeit durch Stan⸗ desgenossen hinzukommen müssen. Ich richte an die hohe Versamm⸗ lung die Frage, ob dieses Amendement durch 24 Mitglieder Unter— stützung findet? (Es geschieht ausreichend.) - . Abgeord. Graf von Merveldt: Es hat gestern das geehrte Mit⸗ glied, welches das Amendement gestellt hat, über welches jetzt abgestimmt werden soll, der Versammlung in einem weitläufigen, langwierigen Gebäude ein System der Ehre vorgelegt, welches, meines Erachtens, hin und wieder auch wieder schwache Seiten gehabt hat. Es ist nämlich behauptet worden, daß die Aufrechthaltung der Ehre eines Menschen gedenkbar sei, — daß sogar die Ehre wirklich aufrecht zu erhalten sei, so lange derselbe mit seiner eigenen Ueberzeugung nicht in Widerspruch trete. Namentlich ward hierbei noch das Gleichniß in die Rede gezogen, was vielleicht Manchen von uns schmerzlich berührt hat, nämlich das Gleichniß mit Christus, unserem Herrn. Ich wollte mir nur erlauben, ein einziges Beispiel anzufüh ren, welches diese allgemeine Behauptung widerlegen mag. Ich setze den Fall, irgend ein Individuum, welches von jeher, von seiner Ge⸗ burt an, von den ersten Jahren seiner Erkenntniß an, durch eine ver— dorbene Erziehung, durch später erfolgten verderblichen Umgang, verderbliches Beispiel zu der inneren Ueberzeugung gelangt ist bei sich, daß es recht, und billig sei, daß irgend ein Gegen⸗ stand des Eigenthums seines Nachbarn, irgend eines Mitgliedes der Gemeinde bei ihm, daß diese Habseligkeiten eines Anderen von Rechts wegen und billig ihm gebühren. Ich setze diesen Fall voraus, und in diesem Falle findet dieses Individuum für gut, zur Entwen— dung dieses Gegenstandes zu schreiten — (inruhe in der Versamm— lung). Dieses Individuum ist mit seiner inneren Ueberzeugung in vollem Einklang geblieben. Es würde also hier die Aufstellung dieser gehörten Grundsätze zu der Folgerung führen, daß die Aufrechthaltung der Ehre eines solchen Individuums vollkommen begründet sei. Einem Amendemeut, welches durch ein solches System begründet worden ist, einem solchen Amendement vermag ich nicht zuzustimmen. Im Ge gentheil halte ich es für nützlich, bei den Begriffen der wahren Ehre stehen zu bleiben, welche der Entwurf des Gesetzes und mit wenigen Abweichungen der uns vorgelegte Entwurf des Ausschusses beibehalten hat, auch hinsichtlich der Veränderung in der Kompetenz, welche ange— fochten worden ist, über den Ausspruch der Bescholtenheit, muß ich dem Entwurf vollkommen beistimmen, indem ich es nur für zweck— mäßig halte, daß die Kompetenz bei unseren ordentlichen Richtern und nach dem Begnadigungsrechte bei Sr. Majestät dem Könige ver— bleibe und bei unseren Standesgenossen.
(Mehrere rufen Bravo.)
Abgeordn. Mevissen: Meine Herren, ich weiß nicht, ob au— ßer dem Redner, welchen wir eben gehört haben, es noch irgend Jemand gelungen ist, meine gestrige Nede in dem Sinne aufzufassen, wie er. Ich glaube nicht. (Viele Stimmen: Nein! nein!) Ich werde mich daher jeder Widerlegung des letzten Redners enthalten können. Ich muß ihm aber einhalten, daß im Laufe der Geschichte sich der Begriff der Ehre bei den verschiedenen Völkern sehr ver— schieden ausgebildet hat, und daß es seilbst in unserem Vaterlande Zeiten gegeben hat, wo es nicht unehrenhaft erschienen ist, das Gut des Nächsten zu nehmen und zwar mit der inneren und äußeren Ehre verträglich.
(Schluß folgt.)
Den kschrift, die
Errichtung von Provinzial-Hülfskassen in sämmtlichen Provinzen der Monarchie
betreffend.
Der verewigte Ober Präsident, Freiherr von Vin cke, hatte der Provinz Westfalen gehörige Einquartserungs Vergütigungsgelder, de— ren Spezial-Repartition Schwierigkeiten unterlag, zurückbehalten und in Staats-Papieren so vortheilhaft angelegt, se, sie in der Zeit, als das provinzialständische Institut ins Leben trat, zu einem bedeutenden Kapital angewachsen waren. Die wegen dessen Verwendung mit ih⸗ rem Gutachten gehörten Stände stimmten dafür, das Kapital unter dem Namen einer Provinzial-Hülfakasse zu konserviren, welche unter ständischer Verwaltung die Bestimmung erhalten sollte, Kapitalien theils
egen halbjährige Kündigung, theils auf Amortisation innerhalb der a. auszuleihen, und zwar für folgende Zwecke: ) zur Gründung oder Erweiterung von Provinzial-Instituten; h) an Gemeinden zur Tilgung oder Heraͤbsetzung des Zinsfußes ihrer Passiv⸗-Kapitalien, zur Verbesserung ihres Haushaltes, zu
Bauten für Kirchen- und Schulzwecke, Wege⸗Anlagen u. s. w.,
auch unter Umständen zur Abhülfe eines augenblicklichen Noth—
standes, z. B. zum Ankauf von Getraide bei großer Theurung;
Nan Besitzer ländlicher Grundstücke zur Ablösung von Reallasten; an Grundbesitzer, behufs Urbarmachung wüster Grundflächen und anderer Kultur⸗-Verbesserungen;
an Unternehmer von nützlichen Gewerb-Anlagen, insonderheit
von solchen, die darauf berechnet sind, früher nicht vorhandene Industriezweige in die Provinz einzuführen.
Nach mehrfachen Unterhandlungen wurden die Anträge der Stände genehmigt, und das Statut der westfälischen Provinzial-Hülfskasse erhielt unter dem 26. November 1831 die Allerhöchste Vollziehung.
Außer einigen weniger wesentlichen Abänderungen dieses Statuts, welche des Königs Majestät auf den Antrag der worn r Wr. genehmigt haben, wurde durch den Landtags⸗-Abschied vom 8. Juni 1839 der Provinzial-Hülfskasse insofern wesentlich erweitert, als die— selbe darin die Ermächtigung erhielt, Gelder aus den Beständen der Sparkassen und aus Provinzial⸗Gemeinde⸗ und Instituten⸗Fonds ver⸗ zinslich anzunehmen, wie sich dies aus den der leichteren Uebersicht wegen nebst den Abänderungen angeschlossenen Statuten näher ergiebt. Es hat sich dieses Institut für die Provinz Westfalen seitdem auf
das vollkommenste bewährt, indem dadurch Gemeinden, Instituten und Privaten Gelegenheit gegeben wurde, Kapitalien zu mäßigen Zinsen anzuleihen, und die Wahl unter mehreren Amortisations⸗ Perioden be⸗ sonders den Gemeinden Gelegenheit bietet, bei gehöriger Ordnung ih⸗ res Haushaltes, die kontrahirten Schulden in geeigneter Frist abzubür⸗ den. — Auch der Fonds hat sich, — indem anfangs die Hälfte, spä⸗ ter zu Kapital zeschaßen wurde, — ansehnlich vermehrt, und der
Nach der Uebersicht, welche die Verwaltungs- Kommission unter dem 10. Februar 1845 den Provinzial⸗-Ständen vorlegte, hatte die Kasse am Schlusse des Jahres 1841: Aus den Sparkassen der Provinz . S2, 220 Nthlr. zur Verzinsung empfangen; dagegen zurückbezahlt . 47,650 so daß die Sparkassen ein Guthaben hamfen don NF o m- Von Instituten und Gemeinden waren bei der . Hülfskasse zinsbar angelegt . so daß die Provinzial⸗Hülfskasse an fremdem Gelde ö. ler e nen. ; 244 128, 276 Rthlr. Dagegen hatte die Kasse seit ihrer Errichtung ausgeliehen, und zwar:
A. dem Zweck nach:
1. An Gemeinden zur Tilgung von Schulden
2. An Gemeinden zu Kirchen- und Schulbauten
An Gemeinden zu Chaussee- und Wegebauten 204,325 An Gemeinden zu sonstigen Kom⸗ munalzwecken ... .....
220 082 Rthlr. 28 Sgr. 3 Pf. 204,88 12
J An Gemeinden zu Grundankäufen 14,950 An Gemeinden bei Brand und wan nn An Armen⸗Anstalten 250 s. An Private zum Ablösen . 36, 485 An Private zu Meliorationen . 16,030 An Private zur Schuldentilgung. 10, 070 An private zu gewerblichen Zwecken 103, 359 An Provinzial Institute 1660909 — Jo, 073 Rthlr. 7 Sgr. S5 Ff.
—
B. der Verleihungsart nach: . auf halbjährige Kündigung 117,560 Rthlr. terminliche Abschlags Zahlung.. 130,685 * 135 jährige Amortisation. ..... 34,905 1 1 214, 175 18 r 58, 47 21 16, 138 265 * 11, 600 32 n J 265,045 87 . 47,460 S9h6, 043 Rthlr. Von dieser Summe waren bis Ende 1844 getilgt worden 289,746 Rthlr.
bob, 297
An Darlehen standen daher am
1 Jin, ö
und zwar
auf halb jährige Kündigung 77,9190 Rthlr.
» terminliche Abschlags⸗ Zahlung. 61,840 5
Amortisation. ...... 663547 . 7 Sgr. 6 Pf. 606, 297 Rthlr. 7 Sgr. S Ff.
Das reine Vermögen des Instituts betrug am Schlusse des
Jahres 1844 gypre nnn, , , n, 395,900 Rthlr. so daß das Stammvermögen von ursprünglich 319,828 * sich bis zu Ende des Jahres 1844 um dd Ni- vermehrt hatte.
Außerdem waren aus dem Zinsengewinn der Kasse 114, 256 Rthlr. nach den Beschlüssen des Provinzial-Landtages zu gemein⸗ nützigen Zwecken innerhalb der Provinz verwandt oder zur Verwen⸗ dung bereit.
Diese günstigen Resieltate und die mehrfach ausgesprochenen Wünsche, daß auch in anderen Provinzen eine ähnliche wohlthätige Einrichtung getroffen werden möge, regten bereits im Jahre 1842 den Gedanken an, einen Theil der damals wegen der Zins⸗Reduction der Staatsschuldscheine bei der General⸗Staatskasse angesammelten bedeutenden Bestände zur Dotation von Provinzial-Hülfskassen zu verwenden. Der bereits ausgearbeitete Plan dazu mußte aber auf⸗— gegeben werden, weil die mit ständischem Beirath gefaßten Beschlüsse über die Beförderung des Eisenbahnbaues jene Fonds in Anspruch nahmen.
Seitdem sind noch zwei andere Gesichtspunkte hervorgetreten, welche eine Realisirung des damals zurückgelegten Planes sehr wün⸗ schenswerth erscheinen lassen.
Die , des Sparkassenwesens wird immer mehr als ein Hauptmittel zur Beförderung des Wohlstandes der mittleren und unteren Klassen und zur Beseitigung wirklicher Noth in letzteren anerkannt. Zwar hat sich in den letzten Dezennien auch in reußen in dieser Beziehung eine nicht unbedeutende Regsamkeit gezeigt; die Zahl der Sparkassen hat sich wesentlich vermehrt und der Total-Be⸗ trag ihrer Einlagen erhöht; aber es ist doch lange nicht so viel ge⸗ schehen, als zur Erreichung des Zweckes wünschenswerth erscheint, und wir stehen hierin gegen manche andere Staaten zurück. — Dabei stellt sich als ein Haupt-Hinderniß des Aufblühens des Spar kassenwesens die Schwierigkeit heraus, die disponiblen Bestände die⸗ ser Kassen jederzeit zu mäßigen Zinsen sicher und ohne zu große Be—= lästigung für die häufig unbesoldet fungirenden Kuratoren unterzu bringen. Aus dieser Rücksicht hatten auch die rheinischen Stände bei ihrer letzten Versammlung beantragt, daß die Staats kasse angewie⸗ sen werden möge, die Bestände der Sparkassen gegen einen Zinssatz don 4 pCt. anzunehmen. Nachdem hierauf in dem Landtags- Ab- schiede vom 27. Dezember 1845 ein dilatorischer Bescheid gegeben worden, haben Verhandlungen unter den betheiligten Ministerien über diesen Gegenstand stattgefunden: dabei sind gegen den gedachten stän= dischen Antrag mehrfache Bedenken erhoben worden, während üher⸗ dies geltend gemacht ist, daß die Einziehung jener Bestände zur Ge⸗ neral-Staatekasse die Circulation der Kapftalien in den, Provinzen hemmen und deren Centralisation in einer für die Provinzen nach- theiligen Weise vermehren würde. Dagegen wurde die Stiftung von Provinzial⸗Hülfskassen mit der Verpfiichtung zur Annahme der disponiblen Bestände der Sparkassen (natürlich ohne Beschränkung der letzteren in anderweitiger Disposition über dieselben) zu einem ent- sprechenden Zinsfuße als ein Mittel anerkannt, um ganz di lben Boe hen für das Sparkassenwesen, welche der Antrag der rhe schen Stände bezweckte, zu erreichen und überdies die and gen fruchtbringenden Operationen der Hülfskassen zu erweitern.
Es wurde ferner erwogen, ö. durch Verwendung eines Theiles des ,. der Hülfskassen zur direkten . der maßige der
7 Sgr. 6 Pf.
Sparfassen diesen ein um so regeres Leben gegeben werden
wie dies die Alachener Sparkasse beweist, wesche durch re Ueberweisung bedeutender Summen aus den Gewinn⸗
Ueberrest der Zinsen konnte innerhalb der Provinz zu vielfältigen nütz⸗ lichen Verwendungen dienen.
en Aachen Münchener Feuerversicherungs-Gesellschast in den Stand ge⸗