mals: so weit mein Gedächtniß reicht, habe ich niemals auf diesen Weg hingewiesen. .
Abgeordn. Freiherr von Manteuffel II.. Es ist seit vielen Wochen von dieser Stelle aus fortwährend gesprochen worden von dem Rechtsboden und von dem gesetzmäßigen Wege, den wir betreten wollen. . wir diesen wirklich betreten 2 . ler
eht, so muß dies aber auch konsequent durchgeführt. . 1 das 22 Mal eine 2 Maßregel beliebt und das andere Mal wieder auf den , ,, . . wen Gesetz kennt nur zwei Gegenstände für die hiesige Berathung, es er⸗ * , 26 — über Allerhöchste Botschaften und die Gutachten auf Petitionen oder Beschwerden; wir haben aber von mehreren Herren, die bei dieser Schrift selbst betheiligt sind, gehört, sie enthalte eine Erklärung. Wenn dies der Fall ist, wohlan, dann e ich Sie auf, bleiben Sie auch auf dem gesetzmäßigen Wege, und der ist, meiner Ansicht nach, der, daß diese Schrift denjenigen, die sie eingereicht haben, zurückgegeben wird;
Mehrere Stimmen: Ja! Andere Stimmen: Nein!) denn sie ist keine Proposition, sie ist auch keine Petition. Wir haben bei der Adreßberathung zuerst ein exceptionelles Verfahren eingeführt, und es ist meiner Ansicht nach das Allerhöchste, was man den Unterzeichnern der Schrift gewähren kann, daß man ihnen noch einmal diesen excep— tionellen Weg eröffnet. (Gemurr.) Ich glaube, daß sich die Unterzeichner dann nicht ö können, sondern dem Herrn Landtage⸗Marschall zu Dank verpflichtet sein müssen, wenn er ihnen gestattet, diesen excep⸗ tionellen Weg noch einmal einzuschlagen; aber in dieser Versammlung hier die Declarationen zu berathen, ist ein Verlassen des gesetzmäßi⸗ gen Weges, und wer einmal auf dem gesetzmäßigen Wege bleiben will, der bleibe auch immer darauf.
(Schwaches Bravo!)
Abgeordn. von Auerswald (vom Platze): Ich muß mich dagegen verwahren, daß eine Sache, die durch keine Abtheilung egangen ist, hier Gegenstand einer Debatte werde; ich halte das 3 einen ungesetzlichen Weg. Es handelt sich darum, ob der Herr Marschall über die Sache entscheiden kann, ohne die Abtheilung gehört zu haben, oder erst nachher.
Marschall: Das ist ganz richtig. Wenn ich die Meinung eines Jeden hier gern vernehme, so geschieht dies darum, um mich aufzuklären, ob ich auch in meinem Rechte bin. Ich habe die Ueber— zeugung, in meinem Rechte zu sein, wenn ich hier in dieser Sache entscheide, und ich werde darüber entscheiden, aber ich will gern einen Jeden vorher hören.
Abgeordn. Graf Zech: Es ist vorhin schon von einem Redner auf dieser Seite ausgesprochen worden, daß, weil die Vereinigten Kurien in der Adresse eine allgemeine Rechtsverwahrung niedergelegt haben, diese Kurie nunmehr sich selbst schuldig sei, eine spezielle Ver⸗ wahrung zu Protokoll zu geben. Ich kann diese Ansicht nicht thei—⸗ len; ich glaube, daß dem Vereinigten Landtage ein anderer Weg vor— gezeichnet ist, um alle Zweifel und Bedenken zur Sprache zu bringen und zu erledigen, die in Bezug auf die fehlende Uebereinstimmung der Gesetzgebung vom 3. Februar mit den älteren Gesetzen erhoben werden könnten. Der Vereinigte Landtag hat eine Adresse an Se. Majestät den König erlassen und offen ausgesprochen, daß viele Mit⸗ glieder desselben das Patent vom 3. Februar nicht im Einklang sin⸗ den mit den älteren Gesetzen; der Vereinigte Landtag hat gesagt, er wolle diese Zweifel prüfen und, wenn er sie begründet findet, Sr. Majestät vortragen
(Mehrere Stimmen: Ja!) und vertrauensvoll von Sr. Majestät dem Könige die Herstellung des fehlenden Einklanges erwarten. Meine Herren, in der Adresse also, scheint mir, hat der Vereinigte Landtag selbst den Weg der Pe⸗ titionen als denjenigen bezeichnet, den er betreten wird, um alle Nwxifel und Bedenken zur Sprgche zu bringen und zu eirlevigen. Auf diese Adresse ist an den Vereinigten Landtag eine Königliche Botschaft ergangen, die auf die große Mehrzahl ünserer Versamm— n wohl einen anderen Eindruck gemacht hat, als er vorhin ge— e
schildert wurde;
(Mehrere Stimmen: Jah ich glaube, diese Botschaft hat uns Allen den erhebenden Beweis e. en, daß Se. Majestät der König den ernstlichen Willen haben, Hand in Hand mit den Ständen das Werk unserer ständischen Ge— setzgebung einer gedeihlichen Fortentwickelung entgegenzuführen. In dieser Botschaft fe Se. Majestät der König:
„Auf diesem verfassungsmäßigen Wege können zugleich alle Zwei—
fel ihre Erledigung finden, die etwa über den wahren Sinn dieser
Gesetzgebung obwalten möchten.“
Also , Weg wird auch von Sr. Majestät dem Könige schon als der verfassungsmäßige Weg bezeichnet. Ganz diesem Wege ent— sprechend, sind bereits viele Petitionen eingegangen, welche das Pa— tent vom 3. Februar betreffen; in diesen Petitionen werden alle die weifel und Bedenken, die sich an das Patent vom 3. Februar an nüpfen lassen, zur Sprache gebracht, und der Herr Marschall hat diese Petitionen auch der betreffenden Abtheilung zugewiesen; der vor⸗ liegende Antrag aber, meine Herren, soll nicht zu einem Antrage an Se, Majestät den König erhoben werden, er ist vielmehr eine Becla— ration, welche der Landtag nachträglich, als einen Anhang zur Adresse, im Protokolle niederlegen soll. Ich bin auch der Ansicht des Herrn , . diese Declaration sich anknüpft an die Verhandlun— gen über die Adresse. Abgeordn. von Saucken (Tarputschen): Darf ich mir vom Platze aus einige Worte erlauben? — Ich bin nicht der Meinung gewesen, dem Herrn Kommissarius die Ansicht unterzulegen, daß er die Ver— wahrung als das geeignete Mittel erkannt, sonbern . er selbst aus⸗ gess ee en . daß er den Weg der Bitten und Beschwerden als , . ee, we jedes Mißverständniß ausgeglichen werden önng. Das, glaube ich, hat der Königliche Kommissarius in frühe⸗ ren Versammlungen gesagt, und ich erkenne es auch noch heute als den Weg, an, den wir betreten können, und daß es' zum Nutzen der Versammlung nicht nur, sondern auch ber Krone gereichen kann, wenn sie Alles erfährt, was für einzelne Mitglieder oder für die Majorität ein i . . 2 sei.
. Eordn. Freiherr von Vincke; Ich habe i ii meine . gehalten, das geehrte Mitgi . 3. . alli welches sich so gern auf dem Rechtsboden befindet, daran zu erinnern, ö. außer den beiden von ihm angeführten Gegenständen, den Pro⸗ ositionen und Petitionen, uns auch noch das Justimmiin gorecht zu
nleihen und Steuern zusteht. Da es sich hier um Vollständiakeit handelt, so dürfen auch in bloßen Relationen der , . eine gesetzlichen Rechte entzogen werden. Im Uebrigen bin ich überzeugt, daß in keiner ĩ drei Handlungen keine andere Thätigkeit auszuüben gestattet
telle des Gesetzes gesagt ist, daß uns 6 jenen ei. D dies nicht die Absicht Sr. Majestät des Königs hat sein können, * beweisen die Verhandlungen über die Adresse, die mit Zulassung des Königlichen Kommissarius hier r, haben, und wenn das ein
exceptioneller Weg genannt wird, so habe ich nichts dagegen zu er⸗ innern; aber so gut wie dieser Weg stattgefunden hat, bleibt uns auch die Möglichkeit unbenommen, daß noch ein anderer Weg statt⸗ sinden kann. Uebrigens habe ich noch mit zwei Worten auf das, was von dem Herrn Kommissarius gag wurde, zu antworten. Es ist gesagt worden, daß die Antwort Sr. Masestaͤt des Königs auf die
— — —
652 Adresse den Weg weise, den wir einschlagen sollten. Daß dies die Ansicht der Krone gewesen sei, darüber kann nach den Worten der Allerhöchsten Eröffnung kein Zweifel obwalten; wir sind dadurch auf den Weg der Petitionen hingewiesen worden, ich aber und diejenigen, mit denen ich das Glück habe, in einerlei Meinung mich zu vereinigen, wir sind der Ansicht gewesen, daß man um Rechte, die man zu be⸗ sitzen glaubt, und die durch einen Beschluß der Krone allein nicht ver⸗ loren . können, nicht bitten fann, sondern nur erklären, daß man diese Rechte noch besitzt. Das ist die Absicht dieser Erklärung ge— wesen. Ob es die geeignete Form ist, diese Erklärung zu Protokoll nie⸗ derzulegen, ob sie dem Landtags- Kommissarius mitgetheilt werden muß und welcher Weg überhaupt einzuschlagen sei, kann nicht eher Gegen⸗ stand der Diskussion sein, als bis die Erklärung ihrem ausführlichen Inhalte nach der Versammlung bekannt ist, und es ist eine wunder liche Petitis principis, wenn man über eine Schrift diskutiren will, die man nicht gelesen hat, wenn einzelne verehrte Mitglieder über die Ungesetzlichkeit des Antrages philosophiren wollen, ohne ihn zu kennen.
; Gelächter.)
Zunächst handelt es sich darum, daß der Antrag an eine Ab-— theilung verwiesen und ein Bericht darüber erstattet wird, damit man den Bericht lesen, sich auf die Berathung desselben vorbereiten und dann erst seine Meinungen hier vortragen könne. Das ist der Weg, um den ich habe bitten wollen. Ich muß mich immer wieder auf §. 14 des Gesetzes beziehen, wonach nur die darin speziell vorgese⸗ henen Fragen zur Verhandlung der Vereinigten Kurien gehören, und so leid es mir thut, mich in einer Meinungsverschiedenheit mit dem Herrn Landtags⸗Marschall zu besinden, so sehr ich die Unparteilich⸗ keit anzuerkennen habe, womit vorzugsweise der Marschall unserer Kurie der drei Stände unsere Verhandlungen leitet, so muß ich doch das Bedauern wiederholen, daß ich dem Herrn Marschall eine Be⸗ fugniß nicht zugestehen kann, den Weg einzuschlagen, den das Gesetz ipsissimis verbis ausgeschlossen hat.
(Bravo! von mehreren Seiten.)
Abgeordn. Milde: Ich kann mich im Allgemeinen dem nur anschließen, was von dem geehrten Redner vor mir ausgesprochen worden ist. Es handelt sich nämlich in der Declaration, welche wir zu Protokoll zu geben beabsichtigen, keinesweges um etwas, das mit einer Petition irgendwie in Zusammenhang zu bringen wäre, es han⸗ delt sich vielmehr darum, ganz positiv auszusprechen, was wir für unsere Rechte halten und inwiefern Viele von uns eine Uebereinstim—⸗ mung des Patents vom 3. Februar mit den früheren Gesetzen ver⸗ missen. Der Mangel an Präzision, womit dies in der Adresse aus⸗ gesprochen ist, hat diese Erklärung hervorgerufen, und es ist sehr wichtig, daß bei dem angedeuteten Wege, welchen wir in Bezug auf Petitionen zu beschreiten haben, diejenigen, welche bei Petitionen mit⸗ konkurriren wollen, sich von vornherein den Rechtsboden bewahrt ha— ben, auf dem sie stehen müssen, um auf eine unbefangene Weise dar⸗ auf eingehen zu können. Das geehrte Mitglied von Krefeld hat auf den eigentlichen Standpunkt der Debatte hingewiesen, und es ist zu be⸗ dauern, daß man so wenig Rüchsicht auf das genommen hat, was er gesagt hat, obleich er nicht Mitunterzeichner dieser Declaration ist, er hat sehr positiv ausgesprochen, daß durch diese Declaration für diejeni⸗ gen, welche berufen sein sollen, sich im Wege der Petitionen an die Krone zu wenden, der Rechtsboden erst gefunden werden müsse, der einerseits ihr Gewissen bewahren und ändererseits die Unbefangen⸗ heit der Diskussionen erhalten soll.
Abgeordn. von Beckerath: Ich werde sehr kurz sein. Meine Herren! Ich habe nur auf zwei gesetzliche Bestimmnungen hinzuweisen, welche die Form einer Erklärung oder eines Beschlusses betreffen. Die erste ist enthalten im 8. 2 des Reglements über den Geschäfts— gang, wo es heißt: .
„Unser Kommissarius ist die Mittelsperson für alle Verhandlungen mit dem Vereinigten Landtage. Er übergiebt demselben 6 n Propositionen und alle sonst von der Regierung ausgehende Mit⸗ theilungen und empfängt dessen Erklärungen, Gutachten und Eingaben aller Art.“ Also handelt es sich hier nicht blos um Bitten und Beschwerden, sondern um Erklärungen und Eingaben aller Art. Ferner sagt §. 16 der Verordnung über die Bildung des Vereinigten Land⸗ tags: „Die Beschlüsse werden in der Regel durch Stimmenmehrheit gefaßt. Bitten und Beschwerden dürfen nur dann zu Unserer Kennt— niß gebracht werden, wenn u. s. w.“ Also im Gegensatz zu Bitten und Beschwerden ist hier von Beschlüssen die Rede, und wenn der Herr Landtags⸗Kommissarius dagegen sich verwahren, daß sie sich genehmigend geäußert darüber, daß die Versammlung eine Erklärung zu Protokoll gebe, so ist das allerdings von dem richtigen Stand— punkte aus geschehen, denn es hieße die Existenz einer ständischen Versammlung in Frage stellen, wenn man ihr erst noch die Genehmi⸗ gung dazu ertheilen wollte, daß sie etwas zu Protokoll gebe, daß sie sich gleichsam ihrer selbst bewußt werde. Ich halte die Frage, ob die Verhandlung über den Antrag in unserer Kurie allein statt⸗ sinden könne, für vollständig erörtert, und da nach wiederholter Hin⸗ weisung auf die verfassungsmäßigen Bestimmungen gewiß formell der Erklärung zu Protokoll nichts im Wege steht, so spreche ich das Ver⸗ trauen in den Herrn Landtags⸗Marschall aus, daß durch dieselbe Un— parteilichkeit und Gesetzmäßigkeit, die vorhin anerkannt wurde und die ich neuerdings freudig anerkenne, er sich bewogen sinden wird, den vielfachen Anträgen Folge zu geben und den Gegenstand an eine Abtheilung zu verweisen.
Abgeordn. Naumann: Ich habe nur wenige Worte zu sagen und bitie daher, vom Platze aus sprechen zu dürfen. Ich schließe mich der Ansicht des Abgeordneten aus Westfalen ganz an. Es han⸗ delt sich hier nicht darum, was beantragt worden ist, sondern es muß, glaube ich, lediglich dabei stehen geblieben werden, daß etwas beantragt worden ist. Da fragt es sich nun, wo muß der Antrag berathen werden? Die Vereinigten Kurien haben nur zu berathen bei Staats-Anleihen und Steuern; das sind die beiden einzigen Ge⸗
genstände. Diese Gegenstände werden im Wege der Propositionen
eingebracht; ein Amendement dazu würde vor beide Kurien gehören; alle übrigen Anträge müssen gesondert verhandelt werden. Daher darf auf das Materielle des Antrags setzt nicht weiter eingegangen werden, el, es handelt sich blos um die Frage: ob der Antrag an eine Kommission dieser Kurie zu verweisen sei, und diese Frage muß ich bejahen. .
Abgeordn. Steinbeck: Ein großer Theil der hohen Versamm- lung hat erst heute vernommen, daß ein Schriftstück vorhanden sei,
welches 129 oder 139 Mitglieder dieser hohen Versammlung vollzo⸗
en haben, ein Schriftstück, welches nach Allem, was wir in der Dis⸗ ussion fragmentarisch vernommen haben, von Bedeutung, von Wich⸗ tigkeit ist. Was ist dies für ein Schriftstück' wir haben es nennen . ö Declaration, wir haben es ber,, . 464 . wir haben es so verschieden bezeichnen hören, daß es uns, denen e bis zu dieser e en al, 3 6 räthselhaft bleibt, was eigentlich der Charakter dieses Schriftstücks in formeller wie in materieller eziehung ist. Ist dieses Schriftstück eine Petition? Darauf antworten Vlele: Nem, es ist eine einfache Erklärung unse⸗ rer Ansicht, unserer Meinung, unserer Ueberzeugung, es ist etwas rein Supplementarisches. fin wohl, wenn das ist, wenn es keine Petition ist, auf welchen Paragraphen unserer organischen Gesetze
gründet sich dann der Anspruch auf eine Berathung? Es hat der sehr geehrte Redner aus der Rhein⸗Provinz, welcher vorhin sprach, richtig, nach meiner individuellen Ansicht, angeführt, daß ein jeder Antrag von der Versammlung anzunehmen sel; zwischen Annehmen und Berathen ist aber ein großer Unterschied. Ein höchst verehrter anderer Redner machte bereits auf diesen Unterschied aufmerksam, er hob hervor, daß es nur zwei Formen gäbe, in denen ein Gegenstand Berathungsgegenstand werden könne, die Form der Königlichen Aller⸗ höchsten Propositionen, die Form der Petitionen. Ist die Decla⸗ ration oder das Schriftstück, von der wir hören, eine Petition, so möge es deutlich und bestimmt als solche bezeichnet werden; so lange ihm aber eine solche Bezeichnung verweigert, so lange ihm geradezu dieser Charakter abgesprochen wird, so lange wird es mir nicht ge⸗ lingen, den Paragraph zu finden, der eine Berathung darüber 22 fertige. Wird eine solche Berathung dennoch beschlossen, so ist es eine reine Exception, eine Exception, die nur eintreten kann, wenn der Kommissarius Sr. Majestät seine Einwilligung dazu giebt, wenn also Se. Majestät der König selbst nachlassen will, daß eine solche Ausnahme von dem gegebenen Gesetze eintrete, dann aber ist es auch lediglich der höchste Wille Sr. Majestät des Königs, der über die Form einer solchen Exception bestinimt, und so lange dies nicht aus⸗ gesprochen ist, muß, so scheint mir, diese Erklärung, sie sei welches Inhaltes sie wolle, allerdings zu den Akten genommen, ihre Bera— thung aber abgelehnt werden.
(Einzelne Stimmen: Bravo!)
Abgeordn. Camphausen: Ich habe dem verehrten Redner zu erwiedern, daß die Frage, ob über diese Angelegenheit berathen werden solle, erst von der Abtheilung theilweise zu entscheiden sein wird, an die gebeten wird, den Antrag zu verweisen. Daß das letz⸗ tere geschehen müsse, scheint nicht zweifelhaft zu sein, nicht nur aus gesetzlichen, sondern auch aus logischen Gründen. Die Vereinigten Kurien haben eine ehrfurchtsvolle Adresse an Se. Majestät den Kö— nig erlassen, worin Andeutungen enthalten sind, daß ihr fernere An— träge folgen könnten; es ist darauf von Sr. Majestät dem Könige erwiedert worden, der Vereinigte Landtag möge diesen Weg einschla⸗ gen und auf dem gesetzmäßigen Wege seine Bedenken zur Kenntniß Sr. Majestät bringen, auf demselben Wege, wie jede Kurie über die betreffenden Petitionen berathe und beschließe. Indem diese Kurie, vielleicht auch die andere Kurie im Begriff ist, auf diesen Weg einzu— gehen, dazu veranlaßt durch die Petitionen, welche ihr vorliegen, füh—⸗ len viele Mitglieder dieser und vielleicht auch der anderen Versamm⸗ lung das Bedürfniß, den rechtlichen Standpunkt festzustellen, von wel⸗ chem aus sie diesen Weg betreten, und es leuchtet, daraus ein, daß darüber jede Versammlung besonders sich zu erklären hat. Es ist möglich, daß darüber in dieser Versammlung eine ganz andere An⸗ sicht besteht, als in der anderen. Es scheint daraus hervorzugehen, daß die Ueberweisung des Antrages an eine Abtheilung zur Bera⸗ thung oder, wie ein Redner vorhin meinte, Nichtberathung erfolgen müsse. Die Frage, ob, wird dann nicht mehr zur Erörterung kom⸗ men, es handelt sich dann nur um das wie, und es wird auch kein Zweifel darüber bestehen können, wohin dieser Antrag zu verwei— en sei. fh ef gan. Die Rechte, welche das Gesetz dem Vereinigten Landtage verliehen hat, sind in demselben positiv ausgedrückt; zu die⸗ sen Rechten finde ich aber nirgends gezählt, Erklärungen der wich⸗ tigsten Art beschließen und in das Protokoll niederlegen zu können. Ich sage, der wichtigsten Art, denn eine solche Erklärung, wenn diese Kurie kieser Erklärung beitreten könnte, wäre eine Hen allerwichtigsten Art. Es handelt sich aber hier, ich muß es wiederholen, nur um die Form. Es mag sehr mißlich sein, von meiner Seite einem großen Theile dieses Landtags, den achtbarsten Männern, den talentvollsten Rebnern entgegenzutteten; aber viel mißlicher wäre es, wenn ich mei ner Pflicht, meiner Ueberzeugung entgegentreten wollte, wenn ich, um Beifall zu ärndten, mir Lobsprüche zu erwerben, die mir vielleicht un= verdient vorhin gezollt worden sind, mich bestimmen ließe, etwas zu thun, was meiner Ueberzeugung entgegen ist. Was hülfe es mir, wenn ich die ganze Welt gewönne und nähme Schaden an meiner Seele? Ich könnte nun die hohe Versammlung fragen, ob sie mir das Recht zugestehen wolle, in meiner Machtvollkommenheit den An— trag der anderen Kurie zuzuweisen oder den Herrn Antragsteller zu bitten, ihn zurückzunehmen. Mir dies zuzugestehen, würde die Ver— sammlung zu präjudiziell finden; es bleibt mir also nichts Anderes übrig, als mir das Necht selbst Wu nehmen, und wenn mir das nicht zugestanden werden sollte, auf Se. Majestät den König zu provozi—⸗ ren. Nach dem, was ich gesagt habe, kann ich nicht anders umhin, als denjenigen Herrn Bittsteller, der an der Spitze der Unterzeichner steht, zu fragen, ob er der Meinung ist, daß ich das Schriftstück dem Herrn Marschall der Herren-Kurie zusenden solle, oder aber, wenn nicht, es zurückzunehmen. Unter diesen beiden Alternativen kann ich, nach meiner Ueberzeugung, nur die Wahl stellen.
Abgeordn. Freiherr don Vincke: Ich habe ausgesprochen, daß ich im §. 29 der Geschäftsordnung für den Marschall nur das Recht begründet finden kann, über Zweifel der S5. 4 bis 28 der Geschäfts— ordnung zu entscheiden. Das Recht, über die Auslegung der Ver— ordnung vom 3. Februar d. J. zu entscheiden, ist aber dem Mar— schall nirgendwo eingeräumt worden. Zudem ist der §. 14 dieser Ver⸗ ordnung so klar, daß eine verschiedene Auslegung ganz unmöglich ist. Ich befinbe mich zwar als Einzelner außer Stande, irgend einer Thä— sigkeit des Herrn Marschalls hindernd in den Weg zu treten. Ich kann daher nur meine lleberzeugung aussprechen, daß ich den Herrn Landtagé-⸗Marschall nicht in seinem Rechte zu erkennen vermag, und ich 6 darauf bestehen, daß . meine Protestation zu Protokoll genommen werde, Wenn aber gefragt wird, welche Alternative mir die angenehmste sein würde, entweder die Eingabe ganz zurückzuneh⸗
men ober dieselbe dem Herrn Landtags⸗Marschall der Herren⸗Kurie
überwiesen zu sehen, so wird es wohl keiner weiteren Ausführung bedürfen, daß ich dem Letzteren den Vorzug gebe.
Marschall: Ich werde demnach die Eingabe an mich behalten, bis mir die Aeußerung darüber zugegangen ist.
Abgeordn. Freiherr von Vincke: Ich habe meine Meinung darüber bereits abgegeben; ich besinde mich aber ohne Vollmacht der übrigen Antragsteller und kann daher Namens derselben hier keine Erklärung abgeben.
(Es erheben sich eine Menge Abgeordnete und schließen sich dem an.)
Abgeordn. Mil de: Ich glaube, es wird Niemand der Abgabe an den Marschall der Herren-Kurie entgegen sein.
Marsihall: Meine Herren! Ich ann Ihnen nur meinen Dank dafür aussprechen, daß Sie mir dies gestatten wollen.
Eine Stin me (vom Platz: Ich habe zu fragen, ob Peti⸗ tionen, die zum Druck befördert werden sollen, vorher abgegeben wer⸗ den müssen, um die Erlaubniß dazu 1 erhalten. 6
Marfch all: Die beschlossene Veröffentlichung besteht bis jetzt nur darin, daß Alles, was in der Versammlung verhandelt ist, dem Druck übergeben wird. Darüber, ob auch Schriftstücke, welche nicht an die er fen u ng gelommen sind, veröffentlicht werden sollen, hat der Landtag noch nicht Beschluß gefaßt. In dem Gutachten über die Geschäfts⸗Ordnung ist ein un, , Vorschlag gemacht worden.
halte es aber für vorgreifend, darliber zu sprechen, ehe über das Gutachten beschlossen worden ist. Ich darf in diesem Augenblick eine
Erste Beilage.
M 127.
653
Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.
Sonnabend den irn Mai.
-c cc c- c- c —— — —— —
solche Genehmigung nicht ertheilen. Es würden wohl die allgemeinen ke de g nr hierüber maßgebend sein. 3.
Abgeordn. Feiherr von Vincke: Es ist uns heute an der Thür ein Antrag zugestellt worden; ich meine von einem der Herren Abgeordneten für Köln herrührend, in welcher Weise der Druck des⸗ selben geschehen ist, ist uns nicht mitgetheilt worden. Meine Frage bezweckt, zu vernehmen, ob dadurch ein Präcedenzfall begründet ist. Marschall: Dies ist ohne mein Zuthun geschehen; wahrschein⸗ 14 wird sich der Abgeordnete die Bruckerlaubniß dazu verschafft aben.
Abgeordn. Mohr: Meine Herren, mit dem Vorwissen und der ö des Herrn Landtags⸗Marschalls habe ich die Ehre, der hohen Versammlung einen Fall vorzutragen, welcher vielleicht noch mehr vorgekommen sein mag. Dieser Fall ist folgender: Ich habe einen Antrag gestellt, das Auswanderungswesen betreffend, und ich bin verhindert gewesen, ihn am Sonnabend zu beendigen. Ich habe ihn erst am anderen Tage in der Morgenstunde überreichen können und persönlich überreichen wollen, um dem Herrn Landtags-Marschall die Gründe mitzutheilen, woher diese ganz kurze Verspätung käme. Ich fand indeß den Herrn Marschall nicht zu Hause. ;
. (Lautes Murren.)
Ich bitte, mir zu sagen, woher dieses allgemeine Gemurre? Eine Stimme (vom Platze): Weil es der allgemeine Wunsch ist, zur Tagesordnung überzugehen.
Abgeordn. Mohr: Ich habe gesagt, des Herrn Landtags Marschalls das Wort habe.
Marschall: Die Sache ist diese. Es ist der erwähnte An— trag gestellt worden, und ich würde denselben dem Direktor der be— treffenden Abtheilung als Material bei der Berathung geben, damit ist der Antragsteller zufrieden.
(Heiterkeit in der Versammlung.)
e w . ee. ist nichts zu lachen. Die Sache ist ehr ernst. Das Auswanderungswesen ist ein E f Hen, n gswesen ist ein Gegenstand, der das
Ma xschall: Wir setzen unsere Berathung über das Beschol— tenheits Gesetz fort. Ich bitte den Herrn Referenten, sich hierher zu bemühen. . Referent Graf Stosch: Die Berathung über diesen Entwurf ist in der letzten Sitzung bis zu Passus 3 des §. J. gelangt. Dieser Passus lautet: „Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten, welche im gesetzlichen Wege vom Bürger- oder Gemeinderecht aus geschlossen sind.“ Hiernach sollen diejenigen, welchen das Bürger— oder Gemeinderecht entzogen ist, als bescholten zu ständischen Ver— sammlungen nicht zugelassen werden. Unter welchen Formen, unter welchen Verhältnissen dieses aber eintritt, das besagen die Städte⸗ Ordnungen vom Jahre 1808 und 1839, die Landgemeinde⸗Ordnung für Westfalen vom Jahre 1841, die Gemeinde⸗Ordnung der Rhein⸗ Provinz vom Jahre 1845. Bei der Wichtigkeit des herr nahen, bei den reichhaltigen Erörterungen, die in Aussicht stehen, halte ich es für unabweislich, die bezüglichen Gesetzesstellen vorher vorzutra— tragen.
§. 39 der Städte⸗Ordnung vom Jahre 1808 besagt:
Wer für ehrlos erklärt, des Landes verwiesen oder nach ergrif⸗ fener Flucht des Todes schuldig erkannt worden, verliert sein Bür⸗ gerrecht sofort. Dasselbe trifft Jeden, der eines Meineides, Urkun⸗ den⸗Verfälschung, unredlicher Vormundschafts⸗Verwaltung oder sonst eines qualifizirten Betrugs vom Richter überführt worden ist. An⸗ dere Verbrechen haben den Verlust desselben nur alsdann zur noth— wendigen Folge, wenn darauf, nach Vorschrift der Kriminal⸗-Gesetze, ausdrücklich erkannt oder der Verbrecher zum drittenmale mit einer Kriminalstrafe für begangene Verbrechen belegt worden ist. Doch kann Jeder, der sich durch niederträchtige Handlungen verdächtig ge⸗ macht oder wegen eines Verbrechens Kriminglstrafe erlitten hat, durch einen Schluß der Stadtverordneten des Bürgerrechts für verlustig erklärt werden.
Die revidirte Städte⸗Ordnung In Jahre 1831 sagt:
§. 19.
Das Bürgerrecht soll denjenigen versagt und, wenn es schon erlangt ist, wieder entzogen werden, welche wegen irgend eines Ver⸗ brechens auf zwei Jahre oder länger zum Zuchthause oder einer härteren Strafart, oder aber wegen Meineides, Diebstahls oder qua⸗ lifizirten Betruges zu irgend einer Kriminalstrafe rechtskräftig verur— theilt worden sind.
Eine anhängige Kriminal-Untersuchung und ein eröffneter Kon— kurs macht die Ertheilung des Bürgerreihts vor Entscheidung der
Sache unzulässig. S. 20.
Die Stadtbehörden haben die Befugniß, das Bürgerrecht dem— jenigen zu versagen oder zu entziehen, welcher außer den Fällen des §. 19 zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt oder in irgend einer Kriminal-Untersuchung nur vorläufig freigesprochen ist.
Es kann auch demjenigen versagt oder wieder entzogen werden, welcher sich durch einzelne Handlungen oder durch seine Lebensweise die öffentliche Verachtung zugezogen hat.
Das Gesetz von 1841 für , lautet:
S. 45. Von dem Gemeinderechte sind diejenigen auszuschließen, welche 1) wegen irgend eines Verbrechens auf zwei Jahre oder länger zum Zuchthause oder zu einer härteren Strafart, oder 2) wegen Meineides, Diebstahls oder qualisizirten Betruges zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt worden sind. .
Die Ausschließung von dem Gemeinderechte wird auf den Grund
des rechtskräftigen Erkenntnisses durch die Gemeinde-Versammlung
ausgesprochen. ; §. 46.
Das Gemeinderecht kann durch Beschluß der Gemeinde-Ver— sammlung auch demjenigen entzogen werden, welcher außer den Fäl⸗ len des §. 45 zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt oder in ir⸗ gend einer Kriminal- Untersuchung nur vorläufig freigesprochen wor— den ist oder sich durch einzelne Handlungen oder durch seine Lebens- weise die öffentliche Verachtung zugezogen hat.
Das Gesetz von 1845, die . anlangend, lautet:
. S. 38.
Von dem Gemeinderechte sind diejenigen ausgeschlossen, welche
zum Verluste der Ehrenrechte verurtheilt worden sind. . §. 38. . Das, Gemeinderecht kann durch Beschluß des Gemeinderaths auch demjenigen entzogen werden, welcher 1) zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt oder in irgend einer , nur vorläufig freigesprochen worden ist, er Y sich durch seine Lebensweise oder durch einzelne Handlungen die öffentliche Verachtung zugezogen hat. 7 Nach diesen Bestimmungen werden von dem Bürger- oder Ge⸗
daß ich mit Zustimmung
meinderecht diejenigen ausgeschlossen, welche durch ein Erkenntniß zu entehrenden Strafen verurtheilt worden sind, oder diejenigen, welche sich durch ihre Lebensweise die öffentliche Verachtung zugezogen ha⸗ ben. Dies sind ipisssima verba. Daß diese nicht in Stände⸗Ver⸗ sammlungen sitzen können, ist meinem Gefühle nach außer jedem Zweifel. Außerdem erscheint es ein Folgerecht, daß, wenn eine poli⸗ tische Corporation niederen Grades einen Solchen ausschließt, eine Corporation höheren Grades ihn nicht annehmen kann.
Marschall: Zu diesem Passus sind Amendements angemeldet worden. Zuvörderst eines vom Herrn Abgeordneten Naumann, wel⸗ ches mit dem des Herrn Abgeordneten Hansemann übereinstimmt.
Abgeordn. Naumann: Ich wollte eben bevorworten, daß mein Antrag mit der Ansicht Vieler zusammenfällt. Er geht dahin, Nr. 3 ganz wegzulassen. Es sind im Wesentlichen dieselben Gründe, die bei der allgemeinen Diskussion und in specie bei der Diskussion des §. 1 sub 2 erörtert worden sind. Nr. 3 bestimmt nämlich, daß die⸗ jenigen als bescholten angesehen werden sollen, welche von dem Ge⸗ meinderecht ausgeschlossen sind. Wir haben gehört, in welchen Fällen ein solcher Ausschluß eintreten kann. Daß Verbrecher der Art, wie hier eben von dem Herrn Referenten erwähnt worden ist, und wie sie auch hier speziell angegeben worden sind, in ständischen Versammlun⸗ gen nicht sollen sitzen können, darüber ist kein Zweifel. Und aus den Worten des Herrn Referenten will ich auch nicht die Schlußfolgerung ziehen, irgend Jemand könne wünschen, wenn er anträgt, Nr. 3 zu streichen, daß dergleichen Personen in Stände⸗-Versammlungen sitzen könnten. Die Meinung ist aber folgende: Einmal ist Nr. 3 in die⸗ sem Gesetz nicht nothwendig, und zwar deshalb, weil eine dergleichen anrüchige Person vor das Ehrengericht der Wähler gestellt werden kann und von diesen ganz gewiß eben so ausgeschlossen werden wird, wie von den einzelnen Kommunal-Behörden. Ich halte aber auch diese Bestimmung nicht für zweckmäßig, weil, wie schon weitläufig auseinandergesetzt worden ist, in einzelnen Fällen Personen ausge⸗ schlossen worden sein können, die deshalb doch nicht für anrüchig und ki l zu erachten sind. Es genügt, daß diese Möglichkeit nur
a ist.
Der dritte Grund ist der, daß, meines Erachtens, diese Bestim⸗ mung gegen das Prinzip des Gesetzes verstößt. Das Prinzip des Gesetzes ist nämlich dieses: Die Ehrenhaftigleit der Beurtheilung den Wählerschaften zu unterwerfen. Dies ist die Bestimmung, welche im §. III. unter 2. und h. enthalten ist. Es- sollen die Wählerschaf⸗ ten nochmals gefragt werden, ob sie den betreffenden Abgeordneten für bescholten halten oder nicht. Es würde aber den Ansichten dieser vorgreifen heißen, wenn man von einer anderen Corporation dieselbe Frage schon vorher entscheiden ließe. Dies sind in kurzem die Gründe, welche, meines Erachtens, dafür sprechen, Nr. 3 ganz fortzulassen. Ich enthalte mich einer näheren Ausführung, weil solche schon bei Punkt 2 ausführlich debattirt worden ist.
Abgeordn. Hansemann (vom Platze aus): Ich habe dasselbe . gestellt und würde daher das eben Erwähnte unter⸗ tützen.
Abgeordn. Freiherr von Gudenau: Herr Landtags-Marschall, ich halte mich ebenfalls für verpflichtet, für das Amendement in Be⸗ treff der Weglassung des Punktes 3 in §. J. zu stimmen. Da aber die Motive meiner Abstimmung nicht ganz mit denen übereinstimmen, die sowohl bei der letzten Verhandlung, als auch heute wiederholt und vorgeschlagen worden sind, so muß ich mich beehren, die Motive, welche mich bestimmen, der hochverehrten Versammlung darzulegen. Sie sind meist entnommen ans dem praktischen Gesichtspunkte. Es ist kaum nöthig, daß ich es wiederhole, daß jeder ständischen Ver⸗ sammlung daran gelegen sein muß, daß kein Unwürdiger in ihrer Mitte fungire, und anderen Theils, daß kein Würdiger ausgeschlossen werde. Der Wunsch der Versammlung, bei einer so wichtigen Frage mitzuwirken, ist eben so natürlich, als sachgemäß, und theilweise in dem Entwurf von selbst anerkannt. Die ständischen Versammlungen entsagen nur diesem Mitwirkungsrecht, wo die Verurtheilung durchs Gericht geschehen ist; wo die Verurtheilung eines Mitgliedes zu künf⸗— tiger Strafe feststeht, da ist zu erörtern, ob die ständischen Corpora⸗ tionen auf das Mitwirkungsrecht verzichten sollen und namentlich auf Grund aktiver Entscheidung. Es ist vorgetragen worden, daß der⸗ jenige das Gemeinderecht verloren hat, welcher durch seine Lebens weise oder auf andere Weise sich die allgemeine Verachtung zugezogen hat; und eben so ist bemerkt worden, daß es keiner Frage unterliege, daß ein öffentlich Verachteter Mitglied der Versammlung sein könne. Es ist aber eine praktische Frage, wenn es bei ergriffenem Rekurs der Entscheidung bedarf.
In meinem Kreise ist der Fall vorgekommen, daß ein Gemein⸗ derath das Gemeinderecht Einem nehmen wollte, und zwar auf Grund solcher Thatsachen, die keinesweges hinreichend waren, um einen sol⸗ chen Beschluß hinlänglich zu motiviren. Er wäre aber bestimmt ge⸗ faßt worden, wenn der Bürgermeister nicht aus Gewissenhaftigkeit seinem Urtheile gemißtrauet und vorher eine Frage an mich gerichtet hätte. Blos auf meine dringenden Bitten ist der Beschluß unterblie— ben; es konnte aber auch der Fall anders eintreten. TDiese gesetzliche Bestimmung könnte einen Mann treffen, welcher sich in früheren Jah⸗ ren die Mißachtung seiner Mitbürger zugezogen, später aber durch ein vorwurfsfreies Leben allgemeine Achtung wieder erworben hat; dieser hat den Rekurs an die Regierung verabsäumt und den weiten Weg der Rehabilitirung gemacht. Hier ist nun zu betrachten: Hat Jemand die öffentliche Achtung verloren, so wird er sicher nicht ge⸗ wählt, und dann kommen wir nicht in den Fall. Träte aber der Fall ein, daß eine und dieselbe Person einerseits von dem Gemeinderecht ausgeschlossen und andererseits gewählt werden sollte, so ist dies ein Fall, bei dem sich mir die Vermuthung aufdringt, daß besondere Um— stände obwalten müssen, und diese bedürften sehr wohl einer aberma⸗ ligen gründlichen Untersuchung, welche uns selbst zu überlassen ist. Die ausgesprochene Absicht des Entwurfes ist: die Stände⸗Versamm— lung so hoch als möglich zu stellen, und so kann man uns wohl zu⸗ trauen, daß wir selbst wohl unsere Versammlung vor unwürdigen Personen bewahren werden. ,
Abgeordn. von der Heydt: Ich schließe mich dem Amende⸗ ment für Streichung der in Frage stehenden Position an. Ich werde nicht die Gründe wiederholen, die schon vorgebracht worden sind, aber ich halte mich für verpflichtet, die hohe Versammlung darauf aufmerk⸗ sam zu machen, daß der Gemeinderath in der Rhein⸗Provinz in klei⸗ nen Gemeinden nur aus sechs Mitgliedern besteht; es wird somit die Eutscheidung einer wesentlichen Frage in die Hände nur weniger Per⸗ sonen gelegt. Darüber, ob Personen, die die allgemeine Verachtung genießen, in der Versammlung aufzunehmen seien, darüber 3 keines Wortes. Aber sehr wichtig ist es, von wem ein solcher Be⸗ schluß gefaßt wird, und wir haben von dem letzten Redner gehört, wie hid ein solcher Fall vorkommen kann. Nur das möchte ich noch , was von dem geehrten Mitgliede, welches einen hohen Platz im Ministerium des Innern einnimmt, gesagt worden ist. Ich meine, ehört zu haben, daß von Seiten der , des Rheins
keine Einwendung gegen die in die rheinische Gemeinde⸗Ordnung auf⸗
ö
zogen werden.
enommene Bestimmung über die Ausschließung vom Gemeindere . worden sei. Ich halte mich für ee gh, 3 * sammlung zu sagen, daß der rheinische 1 diese Bestimmung einstimmig für höchst bedenklich gefunden und gebeten hat, sie weg zulassen. Er hat die Weglassung des fraglichen Paragraphen bean- tragt, indem dadurch dem Gemeinderath eine richterliche Befugniß beigelegt werde, die init seiner Stellung und den allgemeinen Rechte= rundsaͤtzen nicht vereinbar sei. Einstimmig hat der Provinzial⸗ kene vorgeschlagen, statt dessen die Be mmung aufzunehmen: „Von bem Gemeinderecht sind diejenigen auszuschließen, welche zum Verlust eines der im Art. 42 des rheinischen Strafgesetzbuchs be⸗ zeichneten Rechte verurtheilt worden sind.“ Es würde mir sehr leid thun, wenn dieser einstimmige Beschluß des Provinzial ⸗ Landtages bei dem hohen Ministerium übersehen worden wäre. Ich bin der Mei⸗ nung, daß Position 3 wegfallen müsse.
Abgeorbn. Möwes: Die ad 3 im Gesetz Entwurf enthaltene Bestimmung in Beziehung auf die Frage, ob der Verlust der bürger⸗ lichen Ehrenrechte auch die der ständischen mach sich ziehe, ist hinrei⸗ chend debattirt worden. Wie es in anderen Provinzen gehalten wird, vermag ich nicht vollständig zu beurthe ilen. Ich glaube, der Mei⸗ nung sein zu müssen, daß der Grundsatz, der hier ausgesprochen worden ist, ein richtiger sei, und daß es konsequente Folge und Noth⸗ wendigkeit ist, daß derjenige, der des Besitzes der bürgerlichen Rechte verlustig gegangen ist, nicht mehr ständische Rechte ausüben könne. Wenn in Frage gestellt worden ist, ob 263 Bestimmung hier stehen bleiben könne, oder ob sie nicht unter 8. III. zu subsumiren sei, so kann ich mich dem nicht anschließen. Nr. JV. bezieht sich meines Erachtens auf diejenigen Fälle, welche noch nicht zur Entscheidung gekommen sind, und welche erst in der Stände⸗Versammlung Erledi⸗ gung finden. Ich glaube nicht, daß vie Stände⸗Versammlung eine Bestimmung aufnehmen werde, wodurch der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte in Frage gestellt wird.
Bei dieser Gelegenheit sei es mir gestattet, zu bemerken, daß die Städte- Ordnung auch andere Fälle enthält, wo das 1 Ehrenrecht entzogen wird, wie z. B. diejenigen, die sich beharrlich geweigert haben, städtische Aemter anzunehmen, nicht nur ihres Stimm= rechtes, sondern auch der Theilnahme an der Verwaltung verlusti gehen, ja sogar einer höheren Besteuerung unterworfen werden. ö. weiß gar wohl, daß wir nicht dieses im Sinne haben, weil es Man⸗ gel an Gemeinsinn und an ehrliebender Gesinnung herbeigeführt hat. Ich halte dafür, daß es wünschenswerth sein möchte, wenn die ein⸗ zelnen Paragraphen in Parenthese angefügt würden.
Abgeordn. Krüger: Ich habe dasseibe aussprechen wollen, was der Syndikus Möwes ausgesprochen hat, und namentlich mich beziehen wollen auf die S8. 1 und 2, wo dieselben Ehrenrechte ent⸗
Abgeordn. von Manteuffel J.: Ich war in der letzten Sitzung im Begriff, dem Abgeordneten aus Westfalen, der zuletzt gesprochen hat, einige Worte zu erwiedern, die Versammlung ver⸗ langte aber damals die Abstimmung, und i hre diesen Beschluß, auch dadurch, daß ich auf jene Reden nicht er zurückkomme. Ich glaube aber bei der Lebendigkeit, mit der die Diskussion an jenem Tage erfolgte, doch auf den allgemeinen Standpunkt noch einmal hinweisen zu müssen, aus dem auch die gegenwärtige der Berathung unterliegende Bestimmung sich rechtfertigt. Es handelt sich hier etwa keinesweges um die Frage, wer aus dieser Versammlung auszu⸗ schließen sein möchte. Die Frage ist im Gesetz- Entwurf allgemein aufgefaßt worden und darin gesagt: „aus ständischen Versammlun⸗ gen“. Wenn ich nicht irre, so hat in der letzten Sitzung ein Mit⸗ glied aus der Rhein⸗-Provinz die Ansicht aufgestellt, daß es für die Kreistags⸗-Versammlungen schon Bestimmungen gäbe und es sich nur um Ausschließung aus größeren Stände⸗Versammlungen handle. Diese Ansicht finde ich im Gesetz nicht begründet, und die Denkschrift, welche die Regierung vorgelegt hat, steht dem entgegen. Es wird darin Werth darauf gelegt, daß alle ständischen Verhältnisse, in ver⸗ schiedenen Gliederungen, auf Kreis-Landtagen, Kommunal-Landtagen und Provinzial-Landtagen nach einer Regel zusammengefaßt werden. Man ' kann aber bei uns ständische Rechte nur ausüben als Mitglied eines Standes, denn wir vertreten nicht Köpfe, nicht eine Steuer⸗ Einheit, sondern wir vertreten unseren Stand, der uns gewählt hat.
(Abgeordn. von Bardeleben einfallend: „und die Nation“ .)
Hieraus folgt, daß der, den der Stand von sich ausgestoßen, indem er ihn in seiner Mitte nicht mehr haben will, nicht . wahl⸗ fähig ist. Ich glaube, es würde eine große Inkonsequnenz sein, wenn man Jemandem, dem das Bürgerrecht entzogen ist, den Wählern noch vorstellen wollte und fragen: Wollt ihr ihn wählen, er gehört die⸗ sem Stande in vollem Sinne des Worts nicht mehr an, ihm ist das Werthvollste genommen, was diesen Stand charakterisirt. Deshalb rechtfertigt sich diese Bestimmung in ihrer Konsequenz vollkommen. Es ist von einem anderen Mitgliede aus der Rhein⸗Provinz mir ein Irrthum vorgeworfen worden, und ich bin in diesem Augenblick nicht im Stande, mich definitiv zu erklären; ich erlaube mir aber, daran zu erinnern, daß, als ich jene Aeußerung damals that, ich zugleich hinzufügte, ich sei meines Gedächtnisses nicht mehr gewiß, und die Versammlung wird mir verzeihen, wenn ich nicht alle Beschlüsse des rheinischen Provinzial⸗-Landtages vollständig im Kopfe habe. Aber das erwähnte Mitglied wird mir zugeben, daß die rheinische. Ge⸗ meinde⸗Ordnung ein landesherrliches Gesetz ist, daß sie gegenwärtig besteht, und daß der, der auf Grund dieser Gemeinde⸗Ordnung der Gemeinderechte beraubt ist, nicht mehr in die Wahl⸗Versammlung ge⸗ hört. Ich glaube mich also auf die nähere Diskussion über jene Einwendung nicht einlassen zu dürfen, sondern bleibe lediglich bei der sehr strengen Konsequenz stehen, die auch von einer anderen Seite näher hervorgehoben ist, und werde für Beibehaltung dieses Punktes stimmen. Ich gebe zwar zu, daß, wenn man diese Fälle vor die Wähler bringt, die Ausschließung auch erfolgen würde, aber einmal ist es überflüssig, und zweitens ist es nicht konsequent, und deshalb stimme ich für die Beibehaltung.
re . von * Heydt: f b hierauf erwiedern; ich bin weit entfernt, erehrt welches so eben gesprochen hat, zuzumuthen, daß ihm jeder Beschluß des rheinischen Landtages gegenwärtig sei; wenn aber einerseits zur Beruhigung der Versammlung 6 ist, daß von dem rheinischen Landtage gegen die fragliche Bestimmung nichts eingewandt sei, so war es Pflicht, der Verfammlung vorzutragen, daß ein ginstimmiger Beschluß des Landtages dahin gefaßt, worden, daß eine Bestimmung nicht angenommen werde, die weder in der Städte- Ordnung, der al⸗ ten guten, wie sie genannt ist, noch der neuen revidirten, aufgenom⸗ men ist. Es kann offenbar nicht gewünscht werden, daß Jemand, der in öffentlicher Verachtung 6. hier zugelassen werden dürfe. So lange aber die fragliche estimmung in der rheinischen Gemeinde⸗ Orknung besteht, habe ich das Vertrauen, daß die Verfammlung diese
tionen nicht annehmen wird. . 6. . Lensing: Darüber, daß kein Bescholtener unter
wollte nur einige Worte dem verehrten Mitgliede,
uns sißen dürfe, werden wir Alle hoffentlich einig sein. Es handelt