1847 / 128 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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ten Wichtigkeit für unsere ganze Lebensthätigkeit als Vereinigter

Landtag ist. Ich muß bekennen, daß, wenn ich auch dem Landtags⸗

Marschall sehr gern hiermit die öffentliche Anerkennung von meinem Standpunkt aus zusprechen muß, daß das Möglichste von seiner Seite geschehen ist, um uns die breiteste Basis bei unseren Verhand⸗ 5 zu gewähren, doch Zeiten kommen können, wo ein Anderer diesen Platz einnimmt und es allerdings sehr schwierig sein würde, in der gegenwärtig zur Geltung gebrachten Art und Weise hier fort⸗ zukommen und uns dann durch und in formeller Beziehung Fesseln auferlegt werden könnten, welche geradezu unsere allgemein ständi⸗ sche, reichsständische Wirksamkeit aufheben könnten. Wir haben auf den Provinzial-Landtagen bereits wiederholt erklärt, daß uns Ge—⸗ schäfts⸗-Ordnungen gegeben sind, die wir nicht mit unserem lebendi⸗ gen Wirken in Uebereinstimmung hielten, und deshalb glaube ich, ist es hier von der größten Wichtigkeit, daß wir eine Allerhöchste In= terpretation erbitten und die Frage generell stellen. Wenn bei jeder

etition Se. Masestät der König Sich vorbehalten wollte, den Ge— chäftsgang des Vereinigten Landtags zu bestimmen, so dürfte dies bie größesten Schwierigkeiten für die Negierungen selbst, bereiten. Ich glaube, daß ein Reglement, ein Geschäftsusus ein bestimmt fest⸗ gesetzter sein muß, und daß namentlich, wenn die Versammlung zum erstenmale zusammen ist, sie sich den Boden erwerben und fest= stellen muß, auf welchem sie leben und wirken soll.

gen g ln Ich bin der Meinung, daß dieser Gegenstand zur Berathung über das Reglement gehört, die uns nahe be— vorsteht.

Abgeordn. von Vin cke: Ich habe mir eine kurze Bemerkung erlauben wollen. Wenn der Landtags⸗Marschall belieben sollte, die Frage speziell zu stellen in Bezug auf eine Petition, so würde es mir nicht möglich sein, dieselbe zu beantworten, denn wir kennen ja die Petition nur aus allgemeinen Andeutungen. Ich glaube, daß, wenn wir über die Frage entscheiden sollen, die von dem Marschall an den König gebracht werden soll, wir uns in voller Kenntniß der Sache befinden müssen, um nicht zu veranlassen, daß Sr. Masestät dem König eine Meinung als die unsere bezeichnet werde, die wir nach näherer Kenntniß der Sachlage in dem Umfange nicht würden festhalten können. Wenn die Frage speziell gestellt wird, so bin ich der Meinung, daß die Petition erst vorgelesen werden muß. Ich glaube jedoch, daß die generelle Stellung der Frage besser ist, da es sich hier um Prinzipien handelt, die wiederkehren können.

MarschallQl; Es scheint mir, als ob der Herr Redner selbst nicht in Zweifel sei, wie er zu stimmen haben werbe; da er sehr be— stimmt erklärt hat, ich hätte sie nicht zurückweisen bütfen. Abgeordn. von Vincke: Nach dem, was hier gesagt ist, habe ich allerdings glauben müssen, daß der Landtags Marschall sich nicht im Recht befände. Ich wünsche aber, daß über eine solche wichtige Frage nicht eher abgestimmt werde, bevor wir mit der Sache genau bekannt sind, ich glaube, daß dies eine Ansicht ist, die für sich selbst redet, Uebrigens habe ich zu bemerken, daß, wenn über die Frage abgestimmt werden soll, nach 8. 7 des Geschäfts-Reglements erst eine ͤ . in einer Abtheilung darüber stattsinden muß. ine Stimme (vom Platze): Das Prinzi in dieser Angelegenheit hier, von . Sprache 3 n g t . durchgreifender Wichtigkeit, daß wir es nicht ernst genug behandeln können. Es hängt davon die ganze nationale Bestimmung des Land= tags ab, und von dieser Ansicht ausgehend, fordere ich Sie auf, Ihre anze Aufmerksamkeit der Fragestellung zuzuwenden. Würde die Frage pezie!l gestellt, so würde sie nur über einen einzelnen Fall entschei⸗ den, und wir können über diesen Fall nicht entscheiden, weil wir nicht wissen, was in der Petition gesagt ist. Wir können nicht entscheiden, ob das Recht und die Verpflichtung, welche der Marschall in Anspruch nimmt, verletzt seien, da wir nicht wissen, was petitionirt worden ist. Allein, hätte er das Recht, Petitionen zurückzuweisen, so würden wir uns außer Stande befinden, darüber zu urtheilen, ob der Marschall hier im Rechte wäre oder nicht. Der Marschall hat erklärt, er be⸗ fände sich nicht auf dem Rechtsboden, er nähme blos die Verpflich— tung in Anspruch. Ich glaube, das Recht sowohl, wie die Verpflichtung, müssen im Reglement bestimmt und bezeichnet sein. Es findet sich darin diese Verpflichtung nicht; Petitionen können nur von der Abtheilung und dann von uns selbst zurückgewiesen werden. Das ist meine An' sicht; die Ansicht des Marschalls und vieler Anderer ist eine andere ewesen. Deshalb kann die Frage nur die sein: welche von beiden nsichten ist die richtige? Die Majorität wird sich dafür aussprechen, welche sie für die richtige hält, und wenn der Marschall in der Mi— norität sich befinden sollte, so würde er ganz richtig nach 8. 29 des Reglements sich darüber die Allerhöchste Entscheidung zu erbitten ha— ben, ob er oder die Majorität die richtige Ansicht habe. Marschall: Es ist der Antrag gestellt worden, daß die Peti= tion hier verlesen werden solle. (Unruhe, viele Stimmen dagegen.)

Abgeorbn. von der Heydtz Es ist vielfach die Rede gewe— sen von einer Declaration des Geschäfts-Reglements; ich bin' nicht der Meinung, daß es hier darauf ankommt. Das Geschäfts-Regle⸗ ment ist nur gegeben über den Geschäftsgang des Vereinigten Land- tags, es soll nicht die Rechte desselben darthun; diese Rechte sind in dem Gesetze vom 3. Februar 1847 ausgeflihrt, und am Schlusse ö. es: „Der rl ge nn auf dem Vereinigten Landtage wird 6 . von Ung zu vollziehendes Reglement geordnet werden.“ Die . . te f age it aber eine Rechtsfrage, und die Entscheidung über er er . enz ist eine Rechtsentscheidung; diese Frage konnte im

; 9 g n erörtert werden. Ich bin also der Meinung, daß fen 19 ö. eine Declaration des Reglements ankommt, fondern n e. handelt, ob es im gie der Versammlung liege, af Yireg h zu entscheiden, und ich bin daher der Meinung, die Frage dahin gestellt werde, ob die Versammlung das Recht,

e,, Kompetenz zu entscheiden, dem Marschall einseitig zuer⸗

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Marschall: Der Abgeordnete Wächter hat das Wor

(Während dieser die 5 besteigt, spricht) r

der Abgeordn. Weyher (vom Platz; Wenn es auch nicht ne fe lhes ist, daß es dem Marschall zustehe, schließlich hierüber zu bestimmen, so schwebt mir ein Ausweg vor, daß die Versammlung ihre Meinung ausdrücken könne, wenn sie bei Beantwortung der Frage ihre Motive mit aufgenommen zu sehen wünscht, und dieser würde darin bestehen, daß die Versammlung die Frage, welche der Landtags- Marschall stellen will, mit „Nein“ beantwortet und als Grund dafür augiebt, weil er sich die Beurtheilung selbstständig angemaßt hat.

Unterbrechung.)

Abgeordn. Wächter: Nachdem sich hier so verschiedene Ansich— ten, theils über den bezüglichen Gegenstand, theils über die Fragstel⸗ lung herausgestellt haben, so glaube ich, daß, wenn die Frage über diese einzelne Petition gestellt wurde, sich alle diejenigen, die ebenfalls Petitionen zurückbekommen haben, im Nachtheil befinden; wird die Frage nicht allgemein gestellt, so würden dergleichen Fälle wieder von neuem eintreten. Ich bin auch Einer von denjenigen, der mehrere Petitionen zurückbekommen hat, darunter zwei, welche von Wichtigkeit für die ganze Monarchie sind, ich habe sie allerdings nur mit speziel— ler Hinweisung auf Preußen gerichtet, aber der Antrag ging bei bei— den ganz allgemein. Der eine Antrag war über Chausseen für das ganze Land, mit spezieller Hinweisung auf Litthauen; der zweite auf Regulirung der sämmtlichen Ströme, mit spezieller Hinweisung auf diejenigen, welche Ostpreußen und Litthauen durchschneiden. Bei bei⸗ den Anträgen kann man nicht annehmen, daß sie blos das Interesse einzelner Provinzen betreffen; sie stehen in Verbindung mit dem gan— zen Lande. Deshalb glaube ich, hätten sie einer Abtheilung überwie— sen werden müssen. Der dritte Antrag betrifft allerdings blos Preu— ßen, und es ist ein Antrag, betreffend die Feuer⸗Versicherung. Daher möchte ich mir die Bitte erlauben, daß es gestattet würde, dergleichen Anträge einer Kommission zu überweisen.

(Der Abgeordnete Gier, welchem der Landtags-Marschall das Wort gegeben, besteigt die Tribüne, während von vielen Selten der Ruf nach Abstimmung laut wird.)

Abgeordn. Gier: Nur eine ganz kurze Bemerkung. Der ab— gehende Redner hat mich um so mehr in der Ansicht bestärkt, daß keine Prinzipien- Frage gestellt werden kann und noch weniger dar— über abgestimmt werden darf, indem sie einen ganz anderen Geschäfts- gang, eine ganz andere Vorbereitung voraussetzt. Es kommen an— dere Fälle vor, und es sind schon viele vorgekommen, daß der Mar— schall nach dem Gesetz eine Petition zurückgegeben hat, ich selbst bin in diesem Fall gewesen. Das Gesetz autorisirt ihn dazu in solchen Fällen; ich will nur einen Paragraphen vorlesen:

(Liest vor.)

Hier liegt aber ein einzelner zweifelhafter Fall vor, der abgemacht werden muß, um vorwärts zu kommen. Der Marschall ist zweifel⸗ haft gewesen über sein Verfahren und fragt uns ganz einfach, ob wir anderer Meinung sind als er. Das halte ich für einfach; er wünscht darüber unsere Abstimmung, und nur so kann die Frage gestellt wer—⸗ den. Ich selber werde gegen den Marschall stimmen, indem ich der Meinung bin, daß die Eingabe an die Abtheilung hätte gewiesen werden müssen, und ich wünsche sogar, daß der Marschall die Gewo⸗ genheit haben möchte, nach näherer Prüfung nicht an den König zu erichten, sondern, wenn die Versammlung gegen ihn stimmt und da⸗ durch den Wunsch zu erkennen giebt, daß die Petition einer Abthei—

lung überwiesen werden möchte, der Marschall sie noch an den Aus⸗ schuß befördere, indem ich glaube, es würden dadurch Verlegenheiten und große Mißstimmung beseitigt werden. ;

Abgeordn. von der Heydt (vom Platze): Ich beantrage, daß die Frage so gestellt werden möge: „Ist die Versammlung der Meinung, daß der Landtags-Marschall über die Frage der Kompetenz des Landtags einseitig entscheiden kann?“ !

Abgeordn. Gier (vom Platze) Das geht nicht! So kann die Frage nicht gestellt werden! Dann würde sie erst in die Abthei— lung zu bringen sein! Abgeordn. von der Heydt (vom Platze): Ich habe gar nicht das Recht, die Frage zu stellen, ich habe nur gebeten, einen Vorschlag 66 zu dürfen, und der Landtags Marschall hat mir das' er? aubt.

Eine Stimme (vom Platze): Ich wollte blos vor der Ab— stimmung über die Prinzipien Frage . ..

Marschall: Der Abgeordnete von Witte hat früher um das Wort gebeten. .

Abgeordn. von Witte (vom Platz): Ich wollte mir nur er— lauben, die Ansicht auszusprechen, daß mir die Frage, wie sie der Landtags-Marschall vorgelesen hat, noch viel zu prinzipiell ist. Ich behaupte, ö muß noch spezieller gestellt werden, wenn wir aussprechen wollen, daß sie nur mit Bezugnahme auf §. 29 gestellt werde. Ich behaupte, daß es nur die Frage sein kann, ob das Verfahren in der Ordnung ist oder nicht; ich behaupte, es ist in der Ordnung; es liegt hier ein ,,. Fall vor, und dann hat der Landtags-Marschall nach dem angeführten Paragraphen interimistisch, beachten Sie es wohl, meine Herren, in terimistisch zu entscheiden. Dies ist gesche⸗ hen; die prinzipielle Frage, muß vorbehalten bleiben bis zur Bera— thung des Reglements, die wir nächstens bekommen werden; dann werden wir im Stande sein, hierüber uns zu erklären, und bis dahin werde ich meine Meinung zurückhalten. Abgeordn. von Brodowski (vom Platze, war nur undeutlich zu verstehen); Ich habe im Anfange gesprochen, daß nach 8. 29 der Marschall allerdings das Recht hat, in zweifelhaften Fällen zu ent⸗ scheiden. Es ist aber hier kein zweifelhafter Fall. Nach 5. 26 4. muß eine jede Petition einer Abtheilung zur Berathung Üüberwiesen werden. Wenn hier ein Zweifel vorhanden gewesen wäre, so würde gesagt sein, provinzielle Sachen müssen zurückgewiesen werden. Ich mache darauf aufmerksam: Se. Majestät der König hat ausge— sprochen: „Zwischen Uns sei Wahrheit.“ Der brave Unterthan muß

denn anders kann der König zur Wahrheit nicht kommen. Wird sie unter dem Vorwande, sie betreffe nur eine Provinz, zurückgewiesen, so kann Se. Majestät der König nicht wissen, ob diese Frage An⸗ klang findet, ob die Uebelstände, die in der Petition enthalten sind, wirklich begründet seien. Deshalb bitte ich die Versammlung, zu er lauben, daß dieser Gegenstand wenigstens einer Abtheilung iber ef werde und es jetzt bei der allgemeinen Frage bleibe.

l Marschall: Ich muß bei der Meinung verbleiben, daß eine 9 e, zu stellende Frage nicht vorbreeitet ist. Sie wird bei der . bung, über das Neglement, welche nahe bevorsteht, vorkommen. , . 9 dem Marschall die Entscheidung über die Kom— . . szugesprochen, so bin ich damit außerordentlich zu= weer, e . mir dadurch eine unangenehme Verpflichtung abge⸗ n ,, erhaupt: je weiter bas Reglement gesteilt ist, se mehr r, en es der Versammlung überläßt, besto leichter und bequemer ist dies für den Vorsitzenden. Hier handelt es sich aber nur um einen 4 Fall, für den ich die allerhöchste Entscheidung nach⸗ suchen muß, sofern die Versammlung der Meinung ist, ki meine Ansicht nicht die richtige gewesen; was übrigens das materielle der , ) ö . ei der Fra ie i üin⸗ tigt hate, n ss ü ben. .

(Aufregung. Viele Stimmen durcheinander, Ich frage zuerst, ob gewünscht wird, bar ich zur n g übergehe. Diejenigen, weiche dafür sind, bitte ich aufzustehen. (Bedeutende Majorität dafür).

Ich komme jetzt zur Fragestellung selbst und bemerke, daß dieje⸗ nigen, die ih dadurch eingeengt fühlen, weil sie die Petition nicht vollständig kennen, immer dagegen stimmen können, sie werden mir überhaupt die Kompetenz absprechen.

(Mehrere Redner verlangen noch das Wort).

Ich, kann Niemanden mehr das Wort geben, da wir jetzt in ö sind; ich bitte den Herrn Secretair, die Frage zu verlesen.

Secretair Naumann Gerliest die Frage: „Ist die Versamm= lung der Meinung, ob der Marschall den §. 26 4. unrichtig ausge⸗ legt habe, indem derselbe sich nicht für befugt hiel, den in Frage stehenden Petitionsantrag anzunehmen?“)

Marschall: Diejenigen Herren, welche dafür stimmen, die also glauben, daß ich nicht im Recht bin, bitte ich aufzustehen.

(Majorität für Bejahung der Frage erhebt sich)

Die Majorität hat die Frage bejaht, ich werde also die Aller⸗ höchste Entscheidung nachsuchen.

Abgeordn. Camphausen: Ich habe nur den Wunsch aus— drücken wollen, daß nunmehr der Marschall die von ihm beabsichtigte Berufung noch nicht vornehme, sondern, da die Berathung über das Geschäfts-Reglement nahe bevorsteht, so würde diese Frage mehr im Allgemeinen behandelt werden können. Die Versammlung wird ge— wiß damit einverstanden sein, daß der Marschall einstweilen fortfahre, so zu handeln, wie er es nach seiner Ueberzeugung für richtig gehal⸗

ten hat.

(Viele Stimmen: Nein, nein!) Marschall: Ich glaube nicht, daß dies die Meinung der Ver— sammlung sein wird, obgleich ich nichts dagegen habe. Eine Stimme (vom Platz): Ich bin der Meinung, daß es dem Marschall überlassen bleiben muß, die Instruction einzuholen. Eine Stimme (vom Platz ): Ich glaube, daß die Prä— missen, die der Landtags-Marschall gestellt hat, ausgeführt werden müssen.

Abgeordn. von Beckerath: Auf die so eben geschlossene Ver— handlung komme ich nur mit dem einzigen Worte zurück, daß die Berufung an Se. Majestät nicht von der Versammlung, sondern le— diglich von dem Herrn Marschall ausgeht. ö

Marschall: Ja wohl! Ganz richtig!

(Schluß folgt.)

r 9. In dem Berichte über die Sitzung der Vereinigten Kurien am 29. April, Allg. Preuß. Ztg., Seite 603 Spalte 1, muß die Rede des Freiherrn von Lilien-Echt— hausen folgendermaßenlauten: Nach dem Gutachten ber Ab— theilung scheint es, daß das Resultat der Konferenz zwischen dem zu wählenden Ausschusse und dem Herrn Minister des Innern nicht in das Plenum des Vereinigten Landtages gelangen, sondern nur der in dieser Sache dem nächsten Provinzial Landtage vorzulegen⸗ den Allerhöchsten Proposition zur Grundlage dienen soll. Es ist indessen wünschenwerth, daß das Resultat der Konferenz dem Vereinigten Landtage gleich vorgelegt werde, damit je nach dem Ausfalle desselben die einzelnen hier versammelten Provm⸗ zial Landtage im Stande sind, sich die sofortige Ueberweisung der auf ihre Provinz fallenden Summe zu erbitten. Wenn vorher von einem Mitgliede der Versammlung beantragt worden ist, die Aller⸗ höchst bewilligte Summe zur Linderung der gegenwärti len allgemei⸗ nen Noth zu verwenden, so bemerke ich, daß dieser Zweck in der Provinz Westfalen vollständig erreicht wird, wenn der auf diese fal⸗ lende Antheil an jener Summe der daselbst bereits bestehenden Pro⸗ vinzial· Hilfs Rasse schleunigst überwiesen wird. Denn in der Pro⸗ vinz Westfalen sind sehr viele Gemeindebauten, namentlich Wegebau= ten, zur Ausführung völlig vorbereitet; die Fonds der Provinzial-Hülfs— Kasse sind indessen so erschöpft, daß sie zur Zeit außer Stanbe ist, den Ge⸗ meinden die zur Ausführung jener Bauten erforderlichen Darlehne auf Amortisation zu gewähren. Es leuchtet daher ein, daß in der Provinz Westfalen dem Nothstande eine sehr wesentliche Linderung würde zu Theil werden, wenn durch Verstärkung der Fonds der dor? tigen Hülfs Nasse diese in den Stand gesetzt würde, den Gemeinden die zur Ausführung der bereits vorbereiteten Gemeinde⸗-Bauten er=

die Wahrheit aussprechen, wie sie ihm sein empfindendes Herz diktirt,

forderlichen Geldmittel gewähren zu können.“

Beilage

d. M., Abends 7 Uhr, begann ein plötzliches Anschwellen des Elb—

669 Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Sonntag den gien Mai.

Uichtamtlicher Theil.

Inhalt.

Inland. Berlin. Ernennungen in der Armee.

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bavern. Veränderungen im diplomatischen Corps. Revision des Judengesetzes. Sinken der Getraidepreise. Königreich Sach sen. Steigen der Elbe. Kö— nigreich Württemberg. Abreise des Königs nach Baden. Un— ruhen in Stuttgart. Mißlungene Aufreizungs-Versuche in Um. Schreiben aus Schwerin. (Hoftrauer.)

Nußland und Polen. St. Peters burg. Ordensverleihung. Erklä—⸗ rung in Betreff der Uebereinkunft mit der Bank von Frankreich. Getraidehandel Odessa's. Verstärkung des Conseils der Kredit- An stalten. Actien⸗Compagnie für Wallfischfang.

Frankreich. Paris. Ordensverleihungen. Anschuldigung gegen die Verwaltung seitens des General Cubisres. Vermischtes. Schrei ben aus Paris. (Debatte über die Marine; persönliche Angelegenheit des Pairs Herrn Teste; Gährung in der konservativen Partei.) .

Großbritanien und Irland. London. Hofnachricht. Nach richten aus Brasilien. Telegraphische Depesche: Annahme der Fabrik- bill im Unterhause; keine Intervention in Griechenland.

Niederlande. Aus dem Haag. Befinden des Königs.

Belgien. Brüssel. Mißlingen des Einigungsversuches der Liberalen. Freihandelsverein. Neuer Kammerbeschluß über die Bahn von Brüssel nach Gent. Annahme des Lebensmittel⸗-Gesetzes. Vermischtes.

,,. Briefe aus Madrid (Nachrichten aus Portugal. Die panische Intervention; Vermischtes) und Paris (Nachrichten aus Catalonien.)

Portugal. Lissabon. Das neue Ministerium. Die Bedingungen der englischen Regierung an die Junta von Porto gewiesen.

Türkei. Friedlichere Aussichten.

Ostindien. Paris. Neue Ueberlandpost.

Ee, we, und Börsen-Nachrichten. Berlin. Börsen⸗ und Markt— bericht.

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Berlin, 8. Mai. Nach dem heutigen Militair-Wochen⸗ blatt ist der Baron von Fircks, Hauptmann und Commandeur der 6ten Jäger-Abtheilung, zum etatsmäßigen Major und der Hauptmann von Brauchitsch, vom Kaiser Franz Grenadier⸗-Regiment, zum Di⸗ rektor des Militair-Knaben-Erziehungs⸗-Instituts zu Annaburg ernannt , , und soll Letzterer beim Regiment als aggregirt geführt werden.

Deutsche Gundesstaaten.

Königreich Bayern. Das Regierungs-Blatt vom 3. Mai enthält nachstehende Veränderungen im diplomatischen Corps: Der Königl. Staatsrath im außerordentlichen Dienst, Friedrich Graf von Luxburg, ist zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtig⸗ ten Minister am Kaiserl. österreichischen Hofe ernannt; der Minister—⸗ Resident am Königl. sardinischen Hofe, Maximilian Graf von Ma— rogna, von diesem Posten abberufen und in gleicher Eigenschaft an den Königl. belgischen und an den Königl. niederländischen Hof ver— setzt und an seine Stelle bekanntlich der Königl. Staatsrath im au— ßerordentlichen Dienst, Karl von Abel, zum außerordentlichen Gesand⸗ ten und bevollmächtigten Minister an dem Königl. sardinischen Hofe ernannt; der Königl. Minister-Resident an dem Königl. griechischen Hofe, Karl von Gasser, von seinem bisherigen Posten abberufen und zum Königl. Bundestags⸗ Gesandten und außerordentlichen Ge— sandten und bevollmächtigten Minister an dem kurhessischen, Groß⸗ herzogl. hessischen und Herzogl. nassauischen Hofe in provisorischer Eigenschaft ernannt; der Königl. Kämmerer und Minister-Riesident, Element Graf von Waldkirch, in Karlsruhe, zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister an dem Großherzogl. badi schen Hofe in provisorischer Eigenschaft ernannt; der Königl. Käm— merer und Legations-Secretair, Max Pergler Freiherr von Perglas, in Berlin, zum Minister⸗Residenten an dem Königl. griechischen Hofe in provisorischer Eigenschaft ernannt worden.

Dem Vernehmen nach, wird das Edikt vom 10. Juli 1813, die Verhältnisse der Israeliten betreffend, einer Revision unterworfen.

In Regensburg waren am 1. Mai die Preise des Getraides namhaft zurückgegangen. deutende Getraldezüge kamen fortwährend auf der Donau an, und obgleich die wenigsten Ladungen für den dortigen Markt bestimmt

den Höhe herabzudrücken. Auch in Würzburg war am 1. Mai der Getraidemarkt so reichlich befahren, wie seit langem nicht mehr; der

waren, so trugen sie doch dazu bei, die Preise von ihrer schwindeln— . Staatspapieren angewiesen worden, (. die Beilage zu

Käufer waren weniger, und die Preise von Korn und Weizen fielen.

In Bamberg hat der Magistrat bekannt gemacht, daß allen Zwischenhändlern und Unterhändlern der Besuch des dortigen Ge traidemarktes zum Behufe des Getraideeinkaufes untersagt ist, und

daß diejenigen, welche hiergegen fehlen, nicht nur die Hinwegweisung um den dringenden Anforderungen des Handels und der Gewerbe zu be⸗

gegnen und dieselben nicht der Unterstützung zu berauben, welche .

dieser großen und nützlichen Kredit-Anstalt zu finden gewohnt sind, bereits

von der Schranne, sondern außerdem auch noch die strengste Ahn— dung zu gewärtigen haben.

Königreich Sachsen. Aus Pirna vom 4. Mai meldet das dortige Wochenblatt: „Am vergangenen Sonntag, den 2ten

stroms. Die Fährleute sollen schon in den Nachmittagsstunden aus dem Vorüberschwimmen einiger Stücken Vieh ein baldiges großes Wasser gemuthmaßt haben. Der Strom erreichte in der Nacht vom nf zum Montage eine solche Höhe, daß Montag früh das Wasser schon im niederen Stadtgraben stand.

Elbmesser 6 12 über 0, Abends 7 Uhr 7” über 0 und heute, Dienstag früh, 7. 15“ über 0. Dieser Standpunkt scheint nun auch nicht mehr überstiegen werden zu wollen, da es denselben schon seit mehreren Stunden ziemlich unverrückt beibehalten hat. Ueber den wahren Grund dieser plötzlichen Wasserfluth sind bis jetzt noch keine sicheren Nachrichten eingelaufen; man spricht von starken Wolkenbrü⸗ chen in Böhmen, von anhaltendem Regen und dadurch herbeigeführ—⸗ tem raschen Schmelzen des Schnees in den höheren Gebirgen.“

Königreich Württemberg. Se. Majestät der Köni ch am 3. Mai zum Gebraucht einer K auf en,

einer Anleihe in . Diese Maßregeln zeigten sich als unzulänglich, und die Bank hatte daher, um im Stande zu sein, die stets wachsenden Bedürfnisse des Publikums zu

Am Mittag zeigte der

Frankfurter Blätter melden aus Stuttgart vom 4. Mai: „Der Sturm ist losgebrochen und, was man noch gestern kaum zu glauben wagte, geschehen. Schon mit Hereinbrechen der Nacht ward es gestern lebhaft auf den Straßen, namentlich in der Nähe der Hauptstädter Straße, in welcher das Haus eines Bäckers steht, der sich den Haß des Volkes zugezogen, und auf dem Markt. Um acht ühr ging der Lärm los und steigerte sich unter dem Einschlagen der Laternen und Fenster so, daß sämmtliche Regimenter ausrücken muß— ten. Als die Massen nicht aus einander gehen wollten, fing man an, mit Gewalt Platz zu machen, und nun flogen von allen Seiten Steine auf das Militair. Selbst des Königs und des Kronprinzen Erscheinen beschwichtigten das Toben der Masse nicht, und so wurde leider ein—= gehauen und scharf geschossen. Der Verlust von drei Menschenleben soll zu beklagen sein. An 150 sind gefänglich eingezogen, mehrere Häuser und namentlich das Gebäude, in welchem sich das Kriminal⸗ Amt befindet, sind demolirt worden. Heute früh herrscht große Auf⸗ regung in der Stadt. Man steht in Masse vor einem Hause, in dessen Läden fünf Kugeln stecken. Die Reiterei hat die Schranne besetzt, und man ist nicht ohne Sorge für die kommende Nacht.“

Die D. A. Z. enthält folgende Nachrichten aus Ulm vom 4. Mai: „Die kaum gehobene Besorgniß wäre gestern Abend beinahe aufs neue rege geworden. Nachmittags hatten sich nämlich einige verwegene Bursche aus der Hefe des Volks auf den verschiedenen Sectionen der beim Festungsbau beschäftigten Arbeiter umhergetrie⸗ ben und diese unter der Vorspiegelung, daß ihr Lohn im Verhältnisse zu ihrer Arbeit zu gering sei, gegen die Festungsbau-Direction auf⸗ zuwiegeln gesucht. gl ern fr scheiterte der elende Plan aber an der Biederkeit der ehrlichen Arbeiter, welche der Direction so⸗ fort Anzeige machten. Diese und die städtischen Behörden tra⸗ fen indeß alle nur möglichen Vorsichts-Maßregeln. Abends gegen 6 Uhr hieß es nun, die Uebelwollenden hätten sich in vermehrter Anzahl in einem Wirthschaftsgarten vor der Stadt postirt, um dort die zu dieser Zeit von ihrer Arbeit heimkehrenden Schanzer von neuem aufzureizen. Alsbald eilten die Behörden mit Polizeimannschaft, Gendarmen und Militair dahin, Thore und Stra— ßen wurden militairisch besetzt, und in der zum Frauenthore führenden Hauptstraße wogte eine zahllose Menschenmenge. Indeß glaubte wohl Niemand ernstlich an den Wiederausbruch von Unruhen, zumal man hörte, daß die Ie mn n h,, die ihnen Nachmittags we⸗ gen ihres ruhigen Verhaltens von der Direction zuertheilte Belo⸗ bung freudig aufgenommen hätten. Bald kehrte die Behörde auch wieder zurück, die auf- und niederwogende Menge verlief sich, und alle Besorgniß schwand. Gleichwohl blieben auch für die folgende Nacht die Vorsichtsmaßregeln der früheren Tage in vollster Anwen⸗ dung. Nachmittags wurden mehre Verhaftungen vorgenommen. Von den aus den demolirten Häusern entwendeten Sachen sind sehr viele theils freiwillig, theils in Folge einer geschehenen öffentlichen Auf⸗ forderung wieder zurückgebracht worden; wieder andere wurden bei einer angeordneten Haussuchung vorgefunden. Gestern Nachmittag rückte ein Theil der wieder einberufenen Beurlaubten in die Stadt ein, deren Garnison somit um etwa 500 Mann vermehrt wird. Die gestern früh von Stuttgart heimgekehrte Deputation brachte die er freuliche Nachricht mit, daß die Fruchtkästen geöffnet werden sollen. Dies hat überall den beruhigendsten Eindruck gemacht. In Geis⸗ lingen sind ebenfalls auf dem letzten Markte Drohungen ausgestoßen worden. In Bibrach wurden vier Bürgern, welche im Verdachte des Wucherhandels stehen, die Fenster eingeworfen. Aehnliche Demon⸗ strationen läßt das Gerücht in Ellwangen, Tübingen und gegen die Kunstmühle in Plochingen geschehen sein.“

* Schwerin, 5. Mai. Auf Allerhöchsten Befehl legt der Großherzogliche Hof wegen Ablebens Sr. Kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Karl von e srrenn von heute auf 14 Tage Trauer in der Art an, daß die Damen während der ersten Woche in schwarzen Kleidern und weißem Kopfputz, während der zweiten Woche in schwar⸗ zen Kleidern und buntem Kopfputz und die Herren in der ganzen Zeit mit schwarzen Westen und schwarzem Unterzeuge erscheinen.

Uußland und Polen.

St. Petersburg, 1. Mai. Se. Majestät der Kaiser hat unterm 17ten v. M. folgendes Reskript an den Erzbischof Nikanor von Warschau gerichtet:

„Ihr vieljähriger der Kirche und dem Vaterlande geweihter Dienst und Ihr ei, gen Wirken im Hirten-Amte, mit dem Sie der Verwal⸗ tung zweier Eparchieen vorstehen, haben fortwährend Meine Aufmerksamkeit auf Sie gelenkt. Indem Ich solche Verdienste durch einen neuen Beweis Meines Wohlwollen gegen Sie zu ehren wünsche, verleihe Ich Ihnen die diamantenen Insignien des Ordens des heiligen rechtgläubigen Großfürsten Alexander⸗-Newsti. Ich empfehle Mich Ihren Gebeten und verbleibe Ihnen für immerdar wohlgewogen. (gez) Nikolgus.“

Das Journale de St. Petersbourg enthält in seinem

Weizen um 8 Fl., Korn um 5 Fl. Be⸗= heutigen Blatt folgende Erklärung in Betreff der Uebereinkunft mit der Bank von Frankreich:

„Von der Summe der 30 Millionen Silber Rubel, die . Ankauf Nr. 119 der

Allg. Preuß. Ztg.), sollen die 50 Millionen Fr. vorweggenommen werden, welche die Kaiserliche Regierung für die neulich bei der Bank von Frank⸗ reich afl fn Renten zu bezahlen hat. Die zu diesem Zweck ehh ris abge

lebhaftes Aufsehen erregt, sie ist von den Zeitungen verschiedentlich ausge= legt worden. andersetzen. Ueberrascht von einer Finanzkrisis, die aus einem Zusam—

chlossene Uebereinkunft hat in der finanziellen und politischen Welt

Wir wollen die wahre Bedeutung dieser Maßregel ausein—

mentreffen unglücklicher Umstände entsprang, hatte die Bank von Frankreich, ie bei

Zuflucht genommen, wie zu

zu verschiedenen Auskunftsmitteln ihre h Erhöhung des Diskonto.

England und zu einer

befriedigen, die Angemessenheit des Verkaufs eines Theils der in ihrem Por⸗ tefeuille befindlichen öffentlichen Fonds, um den Bagrvorrath zu vermehren, ; in Erwägung gezogen. Unter diesen Umständen ließ die Kaiserliche Re⸗ gierung ihr durch Vermittelung unseres Geschäftsträgers in Paris einen für ö bun Theile gegenseitig vortheilhasten Vorschlag machen, nämlich: zu einem mit beiderseitiger Einwilligung sestgesetzten Preise die öffentlichen Fonds, welche die Bank zu verwerihen beabsichtigte, bis zum Belauf von 50 Mil⸗ lionen Fr. anzukaufen. Die Uebereinkunst wurde unverzüglich zu gegen= seitiger Befriedigung abgeschlossen. Sie war vortheilhaft für die Bank, weil sie ihr das Geld, dessen sie bedurfte, von außerhalb verschaffte und sie zugleich des Verlustes überhob, dem sie in Folge des ferneren Sinkens des Courses der Staaispapiere an der pariser Börse ausgesetzt gewesen wäre, wo das Erscheinen einer so starken Masse von Fonds unfehlbar eine fortschrei⸗ tende Verringerung ihres Verkaufspreises bewirkt haben würde. Das Ge⸗ 6 war für Frankreich von Nutzen, indem es auf so gelegen kommende

eise der . des Mangels an baarem Gelde abhalf, der auf alle Productionsquellen zurückwirkfe; indem es die Besorgnisse , n . e

* ochen nach Baden begeben.

die Handelsbewegungen lähmten; indem es das Vertrauen 6 te und den Cours der Renien zum Steigen brachte. Die französische Regierung,

die Bank und die unparteiischen Organe der Presse verfehlten auch nicht dem Schritt der Kaiserlichen Regierung den Werth eines Dienstes, eines wohlwollenden Verfahrens gegen Frankreich beizulegen. Eine unter dem Titel Portefeuille erscheinende Zeitschrist, welche die Bedeutung der Uebereinkunft mit eben so viel Scharfblick als Richtigkeit gewürdigt hat, spricht sih, indem sie die glücklichen Folgen anerkennt, nah. für Frankreich daraus hervorgegangen sind, folgendermaßen aus: „„Diese günstige Lage ist die Frucht des Dienstes, welchen die Kaiserlich russische Regierung der Bank geleistet, eines Dienstes, der sich als ein wohlwollendes Verfahren gegen ganz Frankreich erweist. Es wäre ungerecht, es zu verkennen, und wir für unser Theil halten es für würdiger und edler, laut zu erklären: es ist ein großer Dienst, er muß fruchtbar in seinen Wirkungen sein; nur Unredlichkeit und lächerliche Eitel- keit könnten dies bestreiten.“ Vermöge der innigen Beziehungen, welche zwischen den Hauptmärkten bestehen, die den Kredit in Europa regeln, konnte diese Uebereinkunst nicht verfehlen, zugleich einen wohlthätigen Einfluß auf die Finanzlage Englands auszuüben, wo die Geldkrisis sich ebenfalls fühl= bar machte. Das Steigen, welches sofort in dem Course der Fonds an der londoner Börse eintrat, ist ein Dienst, wofür England der Kaiserlichen Regierung Dank schuldig ist, wie es auch mehrere Blätter jenes Landes offen eingestanden haben. Gehen wir 9. zu unserem eigenen Interesse über, ünd prüfen wir die Vortheile, welche Rußland von dem Ankauf der von der französischen Bank verkauften Fonds zu ziehen berufen ist. Vom rein fiskalischen Gesichtspunkfte be⸗ trachtet, lag schon ein wesentlicher Vortheil darin, einen Theil der Metall= masse, die unser Reserve-Kapital bildet, in einen Ankauf von vollkommen soliden Renten umzuwandeln: auf die Zahlungsfähigkeit Frankreichs kann auch nicht der Schatten eines Zweifels fallen, und es ist gewiß, daß es keine sicherere Zahlung giebt, als die der Staatsschuld dieses Landes. Der Kaiserliche Schatz hat den Ankauf die ser Renten in einer Zeit gedrückten Standes und namentlich zu dem sehr niedrigen Preise von 115 Fr. 75 Cent. für die 5 pCtge. gekauft. In kurzem muß die Rente wieder auf ihren Nor- malstand gelangen. Noch im vorigen Jahre wurde die 5 pCtge. zu 122 Fr. notirt; so daß, abgesehen von einem jährlichen Einkommen, das mehr als 2 Millionen Fr. beträgt, und welches Rußland von dieser Anlegung ziehen wird, der Kaiferliche Schatz auch die Aussicht hat, diese Renten in der Folge mit einem reinen Gewinn von einigen Millionen auf das in dem Geschãft angelegte Kapital wiederverkaufen zu können. Aber ein Gewinn dieser Art hat nur einen ganz untergeordneten Werth im Vergleich zu den Handels-Interessen, welche dies Geschäft, zu dem wir uns Glück zu wünschen haben, im höch= sten Grade begünstigt. Bekanntlich ist Frankreich durch die Getraidenoth in die Nothwendigkeit versetzt, gewaltige Massen von Feldfrüchten vom Aus⸗= lande zu beziehen. Der ziemlich geringe Belauf der französischen Ausfuhr nach Rußland nöthigt Frankreich, fast den ganzen Betrag der Lebensmittel, die es in unseren Häfen holt, in Geld zu bezahlen; baares Geld aber ist es eben, woran es Frankreich fehlt. Dieser Umstand veranlaßt den Han- del dieses Landes, seine Geschäfte vorzugsweise nach den Vereinigten Staa⸗ ten von Amerika zu richten, die Getraide in Ueberfluß haben, und wo die französische Ausfuhr einen acht oder neun Mal stärkeren Werth ausmacht, als sie ihn in Rußland erreicht. Indem nun also die Kaiserliche Regie rung Frankreich die Bezahlung unseres Getraides durch den Ankauf seiner Renten erleichtert, leitet sie natürlich den Handel dieses Landes nach unse⸗ ren Häfen im Schwarzen Meere und in der Ostsee zurück und verschafft Rußland einen beträchtlichen Getraide⸗Absatz zu Preisen, die ein außeror⸗ denilicher Begehr, sehr erhöht hat und wovon unser Ackerbau be⸗ trächtlichen Gewinn ziehen wird. So hat die Kaiserliche i rung, indem sie Frankreich zu Hülfe kömmt, dessen Beldverlegenheit mehr oder weniger auf die anderen Börsen Europa's zurückwirfte, zugleich ein sowohl für den Schatz wie für den Handel des Kaiserreiches vortheil- haftes Geschäft gemacht. Für diejenigen, welche in den Finanz-⸗Umsätzen nicht bewandert sind, wollen wir nur noch bemerken, daß dieses Geschäft keine Barrenmassen aus Rußland entfernen kann. Die Handels ⸗Bilanz wird, in Betracht der ungeheuren Menge von Getraide, welche wir Frank⸗ reich liefern können, nothwendig das baare Geld nach unseren Märkten zu⸗ rückführen, und so wird es am Ende, nach Abschluß der Rechnungen, sich finden, daß Rußland die bei der Bank von Frankreich gekauften Renten in Getraide bezahlt haben wird. Man hat in Bezug auf, die uns beschäf⸗ tigende liebereinkunft eine Bemerkung gemacht, die Anschein genug für sich haͤt, als daß wir sie mit Stillschweigen übergehen könnten. Man hat nämlich be⸗ hauptet, die Kaiserliche Regierung hätte ihre Kapitalien gewinnreicher verwenden können, wenn sie ihre eigenen Renten -Inseriptionen aufgetauft ätte, die niedriger als die französischen Fonds stehen, und die daher einen höheren Zins auf gleich viel Kapital gebracht haben würden. Dieser Einwurf wird sich aber, leicht wi— derlegen lassen. Erstens würde man durch den Aufkauf russischer Fonds an der amsterdamer Börse, wo der größte Theil unserer Anleihen kontra= hirt ist, den von uns bezeichneten Handels⸗Interessen keinen Dienst , haben, denn ein Geschäft dieser Art würde die Bewegungen unseres Ge—= traidehandels mit Franfreich nicht im geringsten erleichtert haben; Frankreich hätte dann die Vorräthe, deren es bedarf, lieber aus den Vereinigten Staaten von Amerika bezogen, wo die französischen Erzeugnisse einen um⸗ fangreicheren und vortheilhafteren Markt finden. Es war dies für Ruß⸗ land eine weit bedeutendere Rücksicht, als einige Tausende von Franken mehr, die der Fiskus an Zins von dem für das Geschäft bestimm⸗ ten Kapital ziehen konnte. Andererseits, wenn man die ganz spezielle Bestimmung des zum Ankauf der französischen Renten verwendeten Kapitals erwägt, wird man nicht bestreiten, daß es in gewissen Fällen ein wesentlicher Vortheil ist, lieber fremde Staatspapiere als In⸗ scriptionen der Nationalschuld in Reserve zu haben. Wenn man einen Theil der zu Gewährleistung der Sicherheit des Austausches der Kreditbil= lets bestimmten Metall⸗-Reserve durch einen produktiven Werth ersetzt, so kömmt es vor Allem darauf an, sich die Möglichkeit zu erhalten, nöthigen⸗ falls diese Valuten leicht in baares Geld . zu können, ohne die Krisis zu verschlimmern, die zu einer Vermehrung der Baarvorräthe ge⸗ drängt hätte. In dieser . bieten die sremden Staatspapiere größere Leichtigkeit dar. Erst in dem Augenblick, wo im Lande eine Finanzkrisis oder ein allgemeiner panischer Schrecken eintritt, können die Reservckassen in die Nothwendigkeit kommen, alle ihre Fonds zu verwerthen, um der Nachfrage nach baarem Gelde zu begegnen; wenn sie dann mit Inscriptionen der National- schuld versehen sind, so müssen sie diese gerade in dem Augenblick verkau⸗= fen, wo diese Krisis deren Werth heruntergedrückt haben würde. Die Gränzen dieses Artikels gestatten uns nicht, hier auf die politischen Betrachtungen einzugehen, welche die verschiedenen Organe der Presse und des Parteigeistes an die zwischen der Kaiserlichen Regierung und der Bank von Frankieich abgeschlossene Uebereinkunst zu knüpfen gesucht haben. Die Einen erblickten darin eine Absicht Rußlands, sich zwischen Frankreich und England zu stellen, um sie noch mehr zu entzweien; die Absicht, in den poli= tischen Verhältnissen der Kabinette von St. Petersburg und Paris eine Verände- rung zu eröffnen (inaugurer). Andere schrieben der Kaiserlichen Regierung den Rückgedanlen zu, sie wolle sich die Möglichkeit bereiten, dem Fondsmarlt von Paris das Gesetz vorzuschreiben, auf diesen Markt mit dem Gewicht von 590 Millionen zu drücken, indem man diese Fonds -Masse in einem Augenblick der Krise dorthin werfen könnte, um die Course zum Sinken zu bringen; was mit anderen Worten so viel hieße, als: Rußland würde Fonds, die es mit 59 Millionen bezahlt, für 40 oder 45 Millionen verlaufen, also einem baaren Verlust von 5 oder 10 Millionen sich unter iehen, blos um ; ; ö Wir wollen uns nicht damit aufhalten, all' die Frankreich zu schaden. Wir wollen uns 2 9. verkehrten . zu erörtern, die in dieser Sache K. agespresse verbreitet worden sind. Der an, Verstand des Publikums wird sie überdies unfehlbar ' schon nach ihrem wahren Werthe gewürdigt haben.

In der zweiten Hälfte des Mr; (nach russischem Kalender) ind i 210 Schiffe aus dem Auslande angekommen, die alle sind in Odessa ; , d l Hetraide einnehmen werden. Es waren aber augenblicklich die Vorräthe sehr geschmolzen, da wegen der schlechten Wege die Zu⸗ fuhren aus den entfernten Provinzen noch nicht eingegangen.

Se. Majestät der Kaiser hat folgendes utachten des

ichsraths bestätigt: Der Reichsrath hat auf Vo g ** 33 . . über die Aufnahme des Präsidenten