1847 / 135 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Aus diesen verschiedenen Abstimmungen geht hervor: 1) daß eine überwiegende Majorität der Abtheilung die an die Spitze des Gesetzes gestellte Motive daraus entfernt wissen will; 2) daß eine große Majorität der Abtheilung denjenigen Theil des Gesetzes, welcher von der Taxation handelt, mit Modificatio⸗ nen annehmen will, und daß sich darunter von?! Abgeordneten der Landgemeinden 3 besinden. 54 3) Daß zwar eine Majorität der Abtheilung von 9 gegen ein Gesetz zur Beförderung gütlicher Auseinandersetzungen u. . *. für wünschenswerth hält, aber doch nur eine Mine e , z gegen 8 Stimmen den 8. mit den beantragten 1 e. nen annehmen will, und daß der bei weitem gröhte Theil der Abgeordneten der Landgemeinden sich unter der letztgenannten

Majoritãät n, welche entweder gegen das Gesetz im All⸗

Diejenigen unter un ; ] l en einen der beiden Theile desselben sich er⸗ emeinen, oder auch geg , ,,

lärt haben, gründen ihr Votum auf folgenden

heit, bald einzelnen Mitgliedern angehbrende Motive. . 1) Der preußische Bauernstand ist kräftig genug, und bedarf es,

um ihn zu kräftigen oder kräftig zu erhalten, keiner besonderen Ge⸗

etze. Seine Kraft hat sich in, schwierigen und verhäng⸗

nißvollen Zeiten auf das entschiedenste bewährt, und ein

mehr als dreißigjähriger Friede hat ihre fernere Ent⸗

wickelung eben so glücklich befördert, als das Frei⸗

machen von hemmenden Fesseln, welche ihr früher entgegen⸗ tanden.

2) . jetzige einschlagende Gesetzgebung genügt vollkommen und gewährt in Bezug auf Abschätzung von Rüstikal⸗Grund⸗ stücken und zur Beförderung gütlicher Auseinandersetzungen hin⸗ reichenden Anhalt.

3) Gesetze in vorstehender Beziehung können überhaupt den Stand der Landgemeinden nicht kräftigen, die beste Kräftigung ist die, welche er bei ganz freier Disposition über sein Besitzthum aus sich selbst heraus entwickelt.

4 Das vorliegende Gesetz sei partikularer Natur, und ein solches bedürfe der Stand der Landgemeinden nicht.

5) Weitere als jetzt gesetzlich bestehende Befugnisse den Vormund⸗ schafts Behörden zu ertheilen, sei nicht wünschenswerth, im Ge⸗

entheil für die Mindersährigen gefährlich, zumal bei einzeln stehenden Richtern. Die Bestimmungen des Gesetz⸗ Entwurfs seien nur zum Vortheil des Gutannchmers, keinesweges aber im Interesse der Mündel.

6) Das beste Mittel, die Nachtheile zu vermeiden, welche den Be⸗ stimmungen des Gesetz⸗ Entwurfs hinsichtlich der Vormundschafts⸗ Behörden entgegentreten wollen, sei Erleichterung der testamen⸗ tarischen Verfügungen, in Bezug auf Form und Kosten.

7) Uebrigens sei es nicht einmal zweckmäßig, durch gesetzliche Be⸗ stimmungen auch nur mittelbar die Subhastation zu erschweren, weil dadurch der Intelligenz die Thüre verschlossen würde, welche durch Einkauf Fremder oft in einen Ort einziehe, und

endlich könnten

89) in Fallen, wo viele Schuld en auf dem Grundstück haften, die Minorennen nach dem Gesetz- Entwurf leicht um ihr ganzes

Erbtheil gebracht werden, wenn die Vormundschafts Behörde

dem Annehmer des Grundstücks für zwei Drittel der Taxe

oder auch darunter überläßt, während letzterer das Grundstück späterhin zur vollen Tae oder noch darüber verkauft und allein etwas übrig behält.

Diejenigen Mitglieder der Abtheilung aber, welche für das Ge⸗ setz sich ausgesprochen haben, motiviren ihr Votum durch folgende Gründe, welche theils ihre Gesammtheit, theils einzelne Mitglieder für sich in Anspruch nehmen:

1 Wenn auch der preußische Bauernstand im Allgemeinen ein kräftiger genannt werden könne, so treffe dies feines weges für alle Provinzen und Kreise im Staate zu, und auch da, wo e zutreffe, würde die vor⸗ handene Kräftigkeit der Masse jedenfalls der Erhöhung fähig und der Erhaltung bedürftig sein.

2) Die jetzigen geseßlichen Bestimmungen des Allgemeinen Land⸗ rechts Tit. 7 Thl. II. und der Gerichts: Ordnung Tit. 6 Thl. II. über Prinzipien und Verfahren bei Taxationen rustikaler Grund⸗ stücke sind unzweckmäßig und unbestimmt, deshalb eben ver⸗ schiedener Deutung fähig, und die Praktik lehrt täglich, daß sie bald zu niedrige, bald zu hohe Taxen zur Folge haben, dadurch aber bald Beeinträchtigung, bald übermäßige Bevorzu⸗ gung, immer aber Schwankung und Unsicherheit im Besitz her⸗ vorbringen.

3) So sehr wir auch das Prinzip der Selbstentwickelung durch Dis posstions⸗ Freiheit ehren und anerkennen, so sind wir doch der festen Ueberzeugung, daß diese nur durch eine heilsame Gesetzgebung diejenige Unterstützung erhalten kann, welche ihr nothwendig ist. Diesen Zweck verfolge auch das vorliegende Gesetz, indem es die Hindernisse beseitige, welche der Dis po⸗ sitions Freiheit entgegenstehen.

4) Als Partikulargesetz dürfte der gegenwärtige Gesetz Entwurf kaum angesehen werden können, da die im Stande der Land⸗ Gemeinden! vertretenden Grundstücke bei weitem die Mehrzahl ausmachen, für Rittergüter fast in allen Provinzen Kredit-Ver⸗ eine mit besonderen Tarations-Grundsätzen bestehen, und für städtische Grundstücke, welche meistenthells im Annexum eines Gewerbes oder eines Hauses, daher nach dem Verkehrswerth zu beurtheilen sind, andere Normen bestehen müssen. Uebrigens soll das gegenwärtige Gesetz auch nur an Stelle bestehender Partikular⸗Gesetze treten, auch haben manche für den Stand der Landgemeinden bestehende Singular⸗-Gesetze höchst wohl—

in gewirkt.

Es sei bekannt, daß nachgelassene Rustikal⸗Grundstücke sehr

häufig zur Subhastalion kommen, weil keiner der majorennen

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zu machen und. Sorglosigkeit sei der Grund, daß selten letzt⸗ willige e, u 2

7) Durch die Sorge: 2 und nachtheilige Subhastationen zu vermeiden, sei man einesweges Willens, dem Einziehen fremder Intelligenz einen Damm entgegenzusetzen, und glaube, daß dieselbe durch freiwilligen Einkauf und Einheirath sattsam einwandern werde.“ ;

Ich habe mir vorgenommen, meine Herren, aus denjenigen Er⸗ läuterungen, welche die Nönigl. Kommisfarien, die wir die Ehre gehabt haben, in unserer Abtheilung zu sehen, uns gegeben haben, einige Momente hervorzuheben und dem Gutachten beizufügen, um daraus die Prinzipien zu ersehen, nach welchen der Gesetz Entwurf geformt worden ist. Da ich aber auf der Ministerbank einen der Rönigl. Kommissarien erblicke, so würde ich bitten, diese Erläute⸗ rungen selbst zu machen.

Landtags-Kommissar: Ich bitte um die Erlaubniß, daß der Regierungs Kommissar hierüber einen Vortrag halten dürfe.

Regierungs- Kommissar Lette: Es dürfte vielleicht vorzugsweise bei diesem Gesetze nothwendig sein, der hohen Versammlung einige Erläuterungen zu geben, sowohl über die Geschichte des Gesetzes, als über dessen Prinzip und die Bedürfnißfrage. So unbefangen der Gesetz Entwurf jetzt in die Welt tritt, so hat derselbe doch eine sehr wet zurückgehende Geschichte, welche mit allen den Bewegungen zu⸗ sammenhängt, die in den letzien Decennien die Landeskultur Gesetz⸗ gebung betrafen, mit dem Streben, einerseits ihre Prinzipien aufrecht zu erhalten und andererseits die Prinzipien derselben wiederum zu be⸗ schränken, indem man annahm, daß sie sich in ihren Wirkungen als schädlich erwiesen. Gleich auf den ersten Provinzial Landtagen meh⸗ rerer Provinzen kam es zur Sprache, daß die in den Gesetzen von 1807 und 1811 gewährte freie Befugniß, usbesondere der bäuerlichen Wirthe, über ihr Grundeigenthum unbeschränkt zu verfügen eine Freiheit, welche sie unserer Landesgesetzgebung zu verdanken hatten einen tüchtigen Bauernstand gefährden könne, daß es daher wün⸗ schenswerth sei, Beschränkungen sowohl in Bezug auf die Dismem⸗ brations Vefugniß, als in Betreff, der Erbtheilungen und des Rechtes, ihre Grundstücke verschulden zu bürfen, einzuführen. Dergleichen Be⸗ sorgnisse gingen zuerst von den Provinzial Landtagen selbst aus, sie ergriffen hierauf das Gouvernement, und es wurden von diesem ver⸗ schiedenartige Vorschläge im Sinne der gewünschten Beschränkungen auch den Provinzial Landtagen vorgelegt. Als man indeß den Sache näher trat und darüber die Organe des Landes, die Provinzial Land⸗ tage, hörte, hatte man im Lande mehr und mehr eingesehen, daß es mit jenen Besorgnissen nicht so arg wäre, daß der Bauernstand viel⸗ mehr kräftiger geworden sei, sich gekräftigt habe aus dem Prinzip der Freiheit heraus, gerade durch die freie Verfügung über sein Grund⸗ eigenthum, welche die Basis der Landeskultur -Gesetzgebung bildet. Es wurden die Grundsätze, welche etwa im Jahre 18330 den Provinzial-Landtagen zur gutachtlichen Aeußerung vorgelegt worden, größtentheils und im Allgemeinen von diesen desavouirt und zwar vorzüglich von den Vertretern der Landgemeinden selbst. Je⸗ doch legte das Gouvernement im Jahre 1841 zwei im Systeme ver—⸗ bundene Gesetz Entwürfe vor, den einen wegen Dismembration der Grundstücke, den anderen wegen eines bäuerlichen Erbtheilungs-Sy⸗

stems und Wiedereinführung gemäßigter Taxen der bäuerlichen Gü— ler. Bei der jetzigen Berathung kommt es nur auf den letzteren an; ich erlaube mir des ersteren nur insoweit zu erwähnen, um Latan die Bemerkung zu knüpfen, daß die Gesetzgebung in dieser Be⸗ ziehung ihren Abschluß in dem Gesetze vom 3. Februar 1845 erhal⸗ ten hat, einem Gesetz, welchem wiederum das Prinzip der Freiheit des Eigenthums und der Freiheit, darüber zu verfügen, unbedingt zum Grunde liegt, welchem eine Beschränkung des Gruͤndeigenthums fern liegt. Das Gesetz⸗Projekt von 1841, welches allerdings historisch, aber auch nur historisch genommen, den Ausgangspunkt des dem ho hen Landtage jetzt vorliegenden Gesetzes bildet, hatte wesentlich zwei Hauptbestimmungen, die mehrfach Widerspruch fanden. Die eine Be⸗ stimmung ging äuf die Einführung eines besonderen Erbfolge Systems im Bauernstande, wonach ein Vorrecht der Erstgeburt und des männ⸗ lichen Geschlechtes gelten und außerdem dem Hofes⸗Annehmer ein gewisses Präcipuum, ein Vorzugsrecht an dem Werthe des väterli⸗ chen Erbes eingeräumt werden sollte. Diese Bestimmungen erregten bei der Mehrzahl der Provinzialstände große Bedenken, hauptsächlich bei den Vertretern der Landgemeinden. Nur von einem Provinzial⸗ Landtage wurde das Gesetz einstimmig angenommen, von dem der Provinz Sachsen, außerdem nur von der Majorität des brandenbur⸗ gischen und des schlesischen Landtages; dagegen, on denen ider re ngen Pommern, Posen und Preußen abgelehnt. Auch auf Fem brandenburgischen und schlesischen Landtage hatten sich in—⸗ deß erhebliche Minoritäten dagegen ausgesprochen. Aber selbst, und darauf bitte ich die hohe Versammlung zu achten, Lon diesen Minoritäten kamen Anträge auf gewisse Maßregeln, wie Sie wollen, zur Conservation des Bauernstandes, oder aber zur besseren Regulirung seiner Verhältnisse. Namentlich vereinigte sich die Mino⸗ rität des schlesischen Landtags mit der Masorität in der Ansicht, welche auch auf dem preußischen Landtage anklang, daß unser bestehendes Vor⸗ mundschafts⸗Recht uicht auf Erbtheilung kleinerer Besitzungen berech—⸗ net sei; es lege den Vormundschafts Behörden Zwang auf, unter gewissen Umständen die Suohastation der väterlichen Besitzung ein⸗ treten zu lassen, wo es Wunsch und angemessener sei, die Güter in den Händen der Familien zu erhalten. Der kleine Kapitals⸗Antheil Pflege⸗ befohlener am Werthe des väterlichen Gutes wird oft durch die Sub⸗ hastationskosten und durch sonstige Weiterungen absorbirt, während oft ein geringerer Kapitals Antheil von den Vortheilen überwogen wird, welche den Pflegebefohlenen durch Erziehung und Pflege seitens des das älterliche Gut annehmenden Miterben in der Regel gewährt werden. Selbst die Minoritäten beantragten daher, gemäßigte Taxen in Bezug auf, alle bäuerliche Grundstücke wieder ein⸗ zuführen. Solche Anträge kamen namentlich auch von den Vertre⸗

Erben dasselbe zur vollen Taxe annehmen will und kann, wo—⸗ durch nicht nur die Güter oder Grundstücke aus der Familie kommen, sendern auch die Erben häusig einen geringeren Kauf⸗ preis erhalten, die Minderjährigen aber der anderweiten, nur von dem verwandten Annehmer zu erlangenden Vortheile, als Erziehung, Alimentation, Ausstattung 36. verlustig gehen, welche durch einge größere Geld- Abfindung nicht zu ersetzen seien. Das Gesetz solle die Vormundschafts Behörden von denjenigen Vorschriften befreien, welche sie oft gegen den Willen der Familie und gegen das Interesse der Pflegebefohlenen zur Subhastation . Wenn die er fn, die nicht mehr lebenden Aeitern vertrete, Jo solle sie aich mindestens einen Theil ihrer freien Befugni bis zu einer gewissen zu setzenden Schranke ausüben.

Die befürchteten Uebergriffe zum Nachtheil der Mündel wären um weniger zu 2 als eines Theils das Gesetz nur fakultatis nicht bestimmt maßgebend sei und ande⸗ rentheilz die S§. 232 2c. Tit. 18 Thl. * des Allgemeinen Landrechts den Vormündern bündige Pflichten a n,

6) Wenn auch Erleichterung in Form und Kosten der etztwilligen Verfügungen zu ein den seien, so frage sichs, ob deshalb viel mehr testirt werden würde, denn weniger die Schwierig⸗ feit der Testamente⸗Aufnahme, als die Scheu, ein Testament

tern der Landgemeinden zum Vorschein. Man wollte also für Bauer⸗ güter gemäßigte Taxen wiederherstellen. Nachdem die Stimmen des Landes in dieser Weise sich ausgesprochen, war inzwischen auch die Ansicht des Gouvernements eine andere geworden; man hatte eine andere Auffassung von den Wirkungen der Landeskultur ⸗Gesetzgebung auch in Bezug auf den Bauernstand gewonnen. Der früher einge⸗ schlagene Weg in der Legislation wuide daher en verlassen und ber gegenwärtige Gesetz Entwurf nach mannigfachen Berathungen und Errterungen in der Weise gefaßt, wie er jetzt vorliegt. Die geschichtliche Veranlassung dazu liegt allerdings in gewissermaßen ge⸗ meinsamen Anträgen fast aller Provinzial Landtage, mit Ausnahme von

ommern und. Posen; denn auch Preußen wollte in gleichem zinne einige legislative Maßregeln ergriffen wissen. J dest sind diese Anträge allein keineswegea maßgebend für die Bearbeitung des Gesetzes gewesen. Jwar befand sich das Gouvernement in der Lage, den Landtagen gegenüber diese seit vielen Jahren berathene Sache 2 gleicher Weise zu einem Abschluß zu bringen, wie dies mit dem ,, , . geschehen ist. Es wurden dabei jedoch auch jene . . 9 y d, n. eprüft, und man mußte sich die Frage eantworten: sind selbst diefe Anträge der Minoritüten nöch ein Be=

irn, n wie weit sind sie es? So viel über die Geschichte des

In, Bezug auf das Pump desselben hat man sich ausbrüclich

darüber verständigt, daß das wesentlichste Mittel zur Kräftigung des Bauernstandes, die Hauptursache, weshalb in der Mark wie in ande⸗ ren Provinzen, mit Ausnahme weniger Landestheile, ein viel kräfti⸗ gerer Bauernstand hervorgetreten ist, als er früher je dagewesen war, nicht in solchen Maßregeln zu suchen sei, wie sie 1811 vorgeschlagen worden, sondern in dem Prinzip der Freiheit des Grundbesttzes, in der Ablöfung der Real-Lasten, der Frohnen und Servituten, Dies schloß jedoch die Beachtung gewisser Verhältnisse und Uebelstände der bestehenden Gesetze nicht aus, welche einer Reform bedürfen; jedoch nicht einer Reform in der Richtung von Beschränkungen der Landes⸗ kultur- Gesetzgebung, sondern in Bezug auf Wegräumung von Hin⸗ dernissen einer freien Entwickelung, die in der gegenwärtigen Gesetz⸗ gebung liegen.

Es sei mir erlaubt, nach dieser allgemeinen Exposition über die Geschichte und das Prinzip des Gesetz Entwurfs auf die beiden Haupttheile und das Bedürfniß desselben noch näher eingehen zu dürfen. Der Gesetz Vorschlag zerfällt wesentlich in zwei Theile. Der erste Theil ist in den §§. 1 bis 3, der zweite in dem 8. 4 enthal⸗ ten. Bei dem ersten Theile des Gesetzes muß daran erinnert werden, daß früherhin alle bäuerlichen Grundbesitzungen bei Erb⸗ theilungen nach einer gemäßigten Taxe abgeschätzt, werden sollten. Das verordnet zum Theil auch das ostpreußische Provinzialrecht. Diese Vorschrist wegen der gemäßigten Taxen verwics indeß auf Taxprin= zipien, die überall nicht vorhanden sind; sie weist im Allgemeinen zurück auf die Grundsätze des Provinzialrechts, aber diese Grundsätze des Provinzialrechts liber Aufnahme bäuerlicher Erbtaxen fehlen in unseren Gesetzbüchern. In dem ostpreußischen Provinzialrechte heißt es, man solle sie im Anhange suchen, sie sind aber hier nicht zu sin— den. Ausdrücklich ist die gedachte Vorschrift nur seit dem Negulirungs⸗ Erikte vom Jahre 1811 und der Terlaration vom 29. Mai 1816 in Bezug auf solche bäuerliche Güter aufgehoben, welche durch diese Gesetze in Eigenthum verwandelt sind.

Dagegen ist die Vorschrift des Landrechts 8. 280, Tit. 7 Thl. II ff. wonach die Bauergüter bei Abfindung von Miterben nach einer gemäßigten Taxe abgeschätzt werden sollen, in Betreff der vor den Regulirungs⸗Gesetzen schon Eigenthum ihrer Besitzer gewesenen bäuerlichen Besitzungen stehen geblieben, wenigstens bis jetzt nicht aus⸗ drücklich aufgehoben worden. Selbst durch Ministerial Neskripte im Jahre 1833 ist die Ansicht noch ausgesprochen und sestgehalten, daß die besagte Vorschrift wegen der Erb-Taxen für dergleichen Bauergüter noch jetzt gelte. Ferner fehlt es an besonderen Tax - Prinzipien für bäuerliche Grundbesitzungen. Es ist auch wohl anzunehmen, daß es gerade jetzt in der Entwickelungs⸗ Epoche unserer landwirthschaftlichen Industrie und bei deren mächtigem Fortschreiten besondere Schwierig- feiten hat, Tax Prinzipien für die bäuerlichen Besitzungen in den ver⸗ schiedenen Landestheilen aufzustellen. Die Allgem. Gerichts Ordnung verweist im Allgemeinen wegen Abschätzung kleinerer und anderer Landgüter, als ritterschaftlicher, nur auf die Tax Prinzipien für Nit tergüter. Diese passen aber auf bäuerliche Grundstücke in keiner Weise. Entweder fallen die danach angelegten Taxen zu hoch oder zu niedrig aus, wodurch letzterenfalls die Pupillen benachtheiligt wer⸗ den. Es haben daher die S§. 1 bis 3 den rein praktischen Zweck, einmal auszusprechen, daß jene vorhandenen Zweifel wegen der ge⸗ mäßigten Erb⸗ Taxen beseitigt werden, anderntheils, daß künftighin so wenig bei densenigen Bauergütern, welche schon früher und vor 1811 Eigenthum gewesen sind, als bei denjenigen, welche es durch die Regulirungs= Gesetze geworden, nach gemäßigten Taren geschätzt und gekheilt werden soll, vielmehr nach einer wahren Werths⸗Taxe. Dieses ist keine exceptionelle, sondern vielmehr eine solche Maßregel, welche die Bauergüter auch in dieser Beziehung auf den allgemeinen Standpunkt hinstellt, auf dem sich alle auderen Güter befinden.

Ferner erschien es deshalb, weil die Tar Bestimmungen für bäuerliche Besitzungen fehlen oder doch unpassend sind, zur Sicherung einer angemes⸗ senen Taxe, zweckmäßig, die Taxe von Standesgenossen aufnehmen zu las⸗ sen und anzuordnen, daß die Taratoren nicht blos, wie es öfter geschieht, über einzelne Tar - Positionen vernommen werden, z. B. darüber, ob der Acker zur ersten oder zweiten Klasse u. s. w. gehöre, ob er so oder so viel Einsaat erfordere und wie viel Ertragskorn er gäbe; die Taxa⸗ toren sollen sich gleichzeitig über den Gesammtwerth der Besitzung aussprechen, weil'es bekannt ist, daß die Taratoren aus den Stan⸗ desgenossen sehr wohl kennen, welchen wirklichen Werth ein Gut hat, während bei einer blos falkulatorischen Berechnung des Resultats nach sachverständig angegebenen einzelnen Sätzen oft ganz fehlerhafte Taxen zum Vorschein kommen.

Dles sind die praktischen Gesichtspunkte, welche den 5§. 1—3 des Gesetz- Entwurfs zum Grunde liegen. Was den 8. 4 desselben betrifft, der einen besonderen, den zweiten Theil, des Gesetzes bildet, so haͤngt eben dieser mit den oben erwähnten früheren Auträgen der Provinzial- Landtage wesentlich zusammen; denn Viele hatten erklärt, uͤnd dies mußte als richtig erkannt werden, daß die Vorschriften unserer Voꝛmündschafts⸗ Ordnung, wonach in der Regel, wenn nicht die volle Taxe und außerdem besondere Vortheile geboten werden, Subhastation eintreten soll, auf die Verhältnisse der Grundbesitzer, und namentlich der kleineren, nicht berechnet wären, zumal häusig die Tax- Prinzipien für dergleichen. kleinere Güter nicht paßten. Es liegt häufig vielmehr im Interesse der Minorennen, daß sie auf dem väterlichen Gute verpflegt und erzogen werden, was der Wirth ohne Gefährdung seines Nahrungsstandes sehr wohl leisten kann, während er, besonders in manchen Landestheilen, wo es an Kapitalien fehlt, nicht im Stande ist, sofort und größere Baar -Abfindungen aus dem Gute herauszuzahlen. Außerdem kam beim 8§. 4 noch in Betracht, daß in der Provinz Westfalen ein bäuerliches Erbfolgegesetz verlangt und im Jahre 1836 erlassen worden ist, welches sich jedoch durchaus nicht bewährt hat. Es wurden daher zur Beseitigung der Uebel⸗ stände dieses Gesetzes im Jahre 1844 Bestimmungen erlassen, welchen im Wesentlichen der §. 1 entspricht. Diese Bestimmungen haben sich in Westfalen vollkommen bewährt, und es ist mir noch neuerlichst von Abgeordneten der Landgemeinden aus Westfalen versichert wor⸗ den, daß die Grundsätze des §. 4 des jetzigen Entwurfs dasjenige enthalten, was dem Bauernstande noth thue, während das Gesetz von 1836 durchaus keinen Anklang bei denen gefunden hat, die es zunächst angeht. Daher konnte man um so weniger Bedenken tra⸗ gen, die in Westfalen bewährten Bestimmungen auf die im Allge⸗ meinen gleichen Verhältnisse und Bedürfnisse der kleinen Grundbesitzer anzuwenden.

Dabei bitte ich, im Auge, zu behalten, daß 8. 4 in keiner Weise irgend eine Beschränkung einführt, irgend eine yositive Anordnung enthält, sondern eben weiter nichts bezweckt, als die Vormundschafts⸗ Behörden von denjenigen Fesseln zu entbinden, welche ihnen die Vor⸗ mundschafts⸗ Ordnung oft gegen das Interesse der Pflegebefohlenen, wie der Jamilien, auflegt, daz dadurch nur den Vormündenn und vor- mundschaftlichen Gerichten ein freieres Ermessen wegen Bewilligung von Fristen für die Auszahlung der Abfindungen und sonst gestattet werden soll. . )

Dies ist der Punkt, der beim S. 4 im Auge zu behalten ist. Während die Bestimmungen des s. in einigen Landestheilen Be⸗ dürfniß sind, sind sie in anderen wenigstens unschädlich. Denn man 2 doch redliche Vormünder und verständige Vormundschaftsgerichte voraussetzen. Dies sind die Motive, welche dem Gesetze zu Grunde liegen.

Beilage

Nun bitte ich endlich, noch auf diejenigen Einwendungen zurück- kommen zu dürfen, welche schon in dem Ausschusse der Kurie der drei Stände von verschiedenen Abgeordneten der Landgemeinden gegen das Gesetz erhoben sind. Man bemerkte, und darauf reduziren sich hauptsächlich die Einwendungen gegen den Gesetz Entwurf derselbe führe ein Singularrecht für einen besonderen Stand, für den der Bauern, ein, indem er, wie es in der Einleitung des Gesetzes heißt, zur Erhaltung eines kräftigen Bauernstandes dienen solle, Dagegen ist mit vollem Recht bemerkt, daß allein oder hauptsächlich durch diese gesetzlichen Maßregeln der Bauernstand nicht gekräftigt werden würde, diese Kräftigung vielmehr in der Freiheit und in den Rechten liege, welche dem Bauernstande durch die Agrar Gesetzgebung eingeräumt

sind. Es fragt sich indeß, ob die vorgeschlagenen Bestimmungen nicht wesentlich dazu beitragen werden, die bessere Regulirung und freiere Entwickelung der Verhältnisse des Bauernstandes zu befördern.

In der That mußten die §§. 1 bis 3 ein singulares Recht für den Bauernstand enthalten, weil sie bestehsende gesetzliche Be⸗ stimmungen theils erläutern, theils verbessern sollen, die eben nur für diesen Stand gelten, namentlich die Aufhebung des 8. 280 Tit. 7 Thl. II. Allg. Landrechts, wegen der gemäßigten Erbtaxen, aussprechen und eine Ergänzung der Tarvorschriften der Allgemeinen Gerichts⸗ Ordnung enthalten, welche auf Anwendung der ritterschaftlichen Tar⸗ Prinzipien verweist, die aber für kleinere Besitzungen nicht passen. Daraus erklärt sich von selbst, warum sich die 8. 1 bis 3 des Ge⸗ setzes nur als ein Singularrecht des Bauernstandes darstellen konnten. Was §. 4 anlangt, so sind eben diejenigen Verhältnisse und Bedürf⸗ nisse darin berücksichtigt, welche sich in dieser Beziehung bei den klei⸗ neten Grundstücksbesitzern viel entschiedener herausstellen, als bei den größeren, wie dies vom Herrn Referenten in dem Gutachten her⸗ dorgehoben worden. Es liegt also eigentlich nur, wenn wir uns ganz offen über die Motive des Widerspruchs verständigen wollen, demsel⸗ ben ausschließlich die Besorgniß zum Grunde, es könnte selbst durch die gegenwärtige Maßregel, insbesondere durch S. 4, so entfernt da⸗ von? auch die Einführung eines beschränkenden Singularrechtes des Bauernstandes, wiederum das Grund- Prinzip unserer Landeskultur⸗ Gesetzgebung in Frage gestellt werden; der Widerspruch ist also haupt⸗ sächlich aus einem Mißtrauen dagegen und nicht sowohl aus der entschiede⸗ nen Ansicht gegen das Bedürfniß des Gesetzes hervorgegangen. Im Ge⸗ gentheil, und darauf dürfte es doch ankommen, hat sich eine überwiegende Meinung für das praktische Bedürfniß der einzelnen vorgeschlagenen Maßregeln erklärt, wie dies im Gutachten der Abtheilung ange⸗ geben ist. Eine Majorität hat sich gegen die Bedürfnißfrage nur insofern erklärt, als sie sich gegen die Tendenz verwahrt, die großen Prinzipien unserer Landeskultur - Gesetzgebung anzutasten. So schei⸗ nen die verschiedenen Abstimmungen der Abtheilung verstanden wer⸗ den zu müssen. Ich habe mir“ diesen erläuternden Vortrag auch über die praktischen Gesichtspunkte und Zwecke des Gesetz⸗ Entwurfs besonders deshalb erlaubt, weil ich glaube, daß die Berathung des Gesetzes dadurch wesentlich abgekürzt werden dürfte, wenn die Dis- kussion hauptsächlich auf den praktischen Standpunkt, den das Gesetz hat und einnehmen will, hinübergeht.

Referent von Breitenbauch: Ich habe dem umfänglichen Vortrage des Königlichen Kommissars nur eine Kleinigkeit hinzuzu⸗ fügen. Das Landrecht, welches im Tit. 7 8. 280 gemäßigte Taxen voischreibt, bestimmt dies blos zum Behuf der Erb Auͤseinandersetzung, für alle übrigen Fälle, zum Verkauf oder zur Verpfändung oder sonst, bestehen entweder andere Prinzipien oder gar keine. Dieses ruft häu fig die unangenehme Erscheinung hervor, daß heute zum Behufe einer Erbtheilung ein Grundstück vielleicht sehr niedrig taxirt wird und morgen zu einer hypothekarischen Versicherung sehr hoch. Der neue Gesetzentwurf bezieht sich nicht nur auf die Erbtheilungs⸗Taxen, son⸗· dern auf alle Arten von Taxen und auf die Uebereinstimmung aller Arten von Taxen.

Marschall: Ueber die Bedürfnißfrage und über die allgemei⸗ nen Grundsätze dieses Gesetzes hat zuerst der Herr Abgeordnete Len⸗ sing das Wort als Korreferent. .

Abgeordn. Le nsing: Meine Herren, aus der Denkschrift einer⸗ seits, mehr aber noch aus der lichtvollen Auseinandersetzung, die der Kommissar früher schon in der Sitzung und jetzt hier in dieser Ver—⸗ sammlung geliefert hat, geht hervor, daß nicht gar lange, nachdem Preußen durch eine weise Reform⸗Gesetzgebung, die in einer bedräng⸗ nißvollen Zeit ins Leben getreten ist, die Fesseln der Personen des Eigenthums und, der Gewerbe gelöst hatte, schon die Tendenz von verschiedenen Seiten sich kundgab, hinsichtlich eines Standes, nämlich des Bauernstandes, seine Kräftigung, seine Erhaltung dadurch fördern zu wollen, daß man ihm seine Freiheit aufs neue einschränkte, mit Verkennung also der ewigen Wahrheit, daß ohne Freiheit kein Ge⸗ deihen, keine Kräftigung, kein Erhalten möglich ist. Der Baum, der seine Wurzeln in der Erde nicht frei ausbreiten kann, der seinen Wipfel nicht frei zum Himmel erheben kann, der seine Zweige nicht frei ausdehnen kann, verkümmert in der nährenden Atmosphäre, siecht und stirbt. Ich weiß nicht, ob man mehr staunen muß über die Macht des Vorurtheils, welches derartige Tendenzen hervorgerufen hat, oder über die Unbekanntschaft mit den Zuständen des Bauern⸗ standes und des Landes, jenes gesegneten Theiles der Erde, wo der Bauernstand seit Jahrhunderten, wo er Lon jeher frei und unabhän⸗ gig dagestanden und' aus eigener Kraft sich zu erhalten gewußt hat. Ich bezeichne damit jene westlichen Theile Germaniens, von denen seider ein Theil dem Bunde unserer germanischen Staaten entrissen ist. Dort stand von jeher der Bauer frei, er steht noch frei; er hat sich erhalten nicht allein trotz der Freiheit, sondern gerade durch seine Freiheit. Er hat einen Wohlstand entwickelt, der ihn in den Stand gesetzt hat, die Kultur seines Bodens auf eine Höhe zu bringen, die allerseits als Muster für andere Länder anerkannt wird. Mit Freu⸗ den indeß haben wir ersehen, daß auf diese Tendenz bei unserer hohen Staatsregierung endlich eine andere Ansicht obsiegend gewesen ist. Wir haben es gesehen und gehört aus dem Vortrage des Herrn Kommissars, daß die Ansicht Raum gewonnen hat, daß nicht durch Beschränkungen, nicht durch unmittelbare Einwirkung, welche die Frei⸗ heit der Disposition stört, auf die Kräftigung und Erhaltung des Bauernstandes einzuwirken ist, sondern nur in mittelbarer Weise und hauptsächlich durch Wegräumung derjenigen Hindernisse, die in der älteren Gesetzgebung noch dann und wann anzutreffen sind. So ist der jetzt unserer Berathung unterliegende Gesetz-Entwurf entstanden. Der Gesetz⸗Entwurf zerfällt hauptsächlich in zwei Theile. Der erste Theil, der sich auf die Abschätzung bezieht, ist in den drei ersten Pa⸗ ragraphen enthalten; der zweite Theil, der sich darauf bezieht, den Vormundschaften bei Auseinandersetzungen größere Befugnisse beizu⸗ legen, als sie bisher gehabt haben, ist im 8. enthalten.

Was diese erste Abtheilung anbetrifft, insofern diese nur die Tendenz hat, eine bisherige Verschiedenheit hinsichtlich der Taren, die zu verschiedenen Zwecken aufgenommen worden, und eine Rechtsun— sicherheit, die in einigen Theilen unseres Vaterlandes in dieser Hin⸗ sicht noch bestehen mag, wegzuräumen, so würde ich für meinen Theil nichts zu erinnern haben, ich würde es vielmehr für sehr zweckmäßig

rule

anerkennen, daß namentlich in dem §. 3 die Bestimmung Platz ge⸗

griffen hat, daß die Taratoren auch jedesmal über den Gesammtwerth der Besitzung gutachtlich zu hören sind. Ein solches Verfahren hat in demjenigen Theile unseres Vaterlandes, dem ich anzugehören die Ehre habe, ohnedem von jeher stattgefunden; es hat in dem Theile auch keine Rechtsunsicherheit und keine Verschiedenheit hinsichtlich der aufzustellenden Tarprinzipien bei allen gerichtlichen Taren stattgefun⸗ den. Was etwa in dem Gesetze selbst Unsicheres liegen mag, hat theils die Sitte, theils die gerichtliche Praxis bei uns längst besei⸗ tigt. Das Bedürfniß also, namentlich in diesem Landestheile, zu Er⸗ lassung eines Gesetzes waltet nicht vor. Allein wenn das Bedürf niß sollte stattsinden, in anderen Provinzen und nicht in anderer Weise sich heben ließe allenfalls durch eine einfache Erklärung und, wie ich namentlich in Beziehung auf §. 3 noch zu bemerken habe, wenn die Vorschriften des Landrechts und der Allgemeinen Gerichts⸗ Ordnung die Vernehmung der Taxatoren über den Gesammtwerth nicht ausschließt und sich nur eine verschiedene Gerichtspraxis in dieser Hinsicht gebildet hat: dann würde ich mich damit einverstanden erklären können, wenn diese Gesetz⸗Bestimmungen als allgemeine Gesetze gefaßt werden, und daß sie nicht als ein sin⸗ gulares Gesetz für den Baunernstand daständen. Meine Herren! Ich zehöre einem Landestheile an, wo man die entschiedenste Abneigung hat gegen alles dasjenige, was irgendwo eine neue Begründung eines Unterschiedes der verschie denen Stände in Beziehung auf Rechte und auf das Gesetz hervorrufen könnte. Als allgemeines Gesetz, wenn dieses allgemeine Gesetz auch dazu dienen soll, um bisher bestandene singulare Gesetze wegzuräumen, würde es eben' so nützlich sein für die anderen Stände, als es für den Bauernstand nützlich ist, würde es eben so nützlich sein für den Stand der Städte; denn auch dort kön⸗ nen bei den Auseinandersetzungen und bes anderen Taxen die nämli⸗ chen Grundsätze sehr gut gelten, welche in Beziehung auf bäuerliche Grundstücke gelten. Als Partikular⸗Gesetz für den Bauernstand habe ich in der Abtheilung mich gegen diese erste Abtheilung erklärt, ob⸗ gleich ich, wie ich hier erörtert habe, im Allgemeinen diese Bestimmun⸗ gen nicht für unzweckmäßig halte. Ich gehe jetzt über zur 2ten Ab⸗ theilung des Gesetzes, namentlich zu §. 4. (Nach den bisherigen land⸗ rechtlichen Bestimmungen, Th. II. Tit. 18 §§. 576, 577, 578 und 579 sind die Vormund schaften schon autorisirt, unter den großjährigen Mitbetheiligten alle einzelnen Uebertragungen der Grundstücke zu be⸗ willigen; aber es ist dort festgesetzt, daß jedesmal die ganze Taxe muß erreicht werden, resp. wenn unter die Taxe heruntergegangen werden soll. Diesez, was dann an der Taxe abgesetzt wird, muß durch andere Vortheile für die Minorennen wieder ersetzt werden. Diese Bestimmungen sind nach meinem Dafürhalten und nach der Praxis, wie sie in unserer Gegend sich gebildet hat, völlig ausrei⸗ chend. Ich würde eine größere Befugniß der Vormundschaften für gefährlich, ich würde, sie für nachtheilig halten. Ich bin also der Meinung, daß in Lieser Beziehung die bisherigen Vorschriften des Allg. Landrechts völlig ausreichen.

Es haben zwar in unserer Abtheilung einzelne Mitglieder der Landgemeinden aus anderen Provinzen sich dafür erklärt, daß sie ein solches Gesetz für nützlich hielten. Unter diesen sind zwei Provinzen, welche noch Partikular- Gesetze haben. Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß sie sie behalten, und daß, wenn sie es verlangen sollten, sie solche Bestimmungen in einem Partikular⸗Gesetz erbitten. Aber daß dieses Gesetz als ein Gesetz für den ganzen Staat gegeben werden soll, dagegen muß ich mich erklären, und ich werde also gegen das Gesetz, sowohl gegen die erste, als auch gegen die zweite Abtheilung, stimmen.

(Schluß folgt.)

nichtamtlicher Theil.

anhalt.

Inland. Berlin. Die zeitgemäße Umgestaltung der Patrimonialgerichte. Rhein-Provinz. Unruhen in Koblenz.

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bayern. Ministerial· Ne⸗ sfript wegen Einrangirung der Kadetten! = Vermischtes. König reich Württemberg. Depütationen an den König. Verordnungen wegen Aufnahme der Getraide« Vorräthe und wegen des Kornhandels. Die Nuhe in Ulm hergestellt. Bewaffnung der Bürger daselbst. Ver⸗ haftungen. Fürstenthum Schwarzburg ⸗— Sondershausen. Verordnung wegen des Getraide⸗Ankaufs.

Frankreich. Paris, Die Modification des Ministeriums. Schrei- ben aus Paris. (Annahme des Gesetz Entwurfs über die nachträg⸗ lichen Kredite in der Deputirten⸗ Kammer; Vorschlag des Deputirten ECremieür in Betreff der Betheiligung kei Eisenbahn⸗ Compagnieen.) Paris. Der neue Finanz ⸗Minister über den Eremieurschen Vorschlag und Votum der Deputirten Kammer für Berathung dieses Antrages. Schreiben aus Paris. (Reclamationen gegen das Protokoll der De putirten⸗ Kammer; Annahme des Gesetz⸗ Entwurfs über die Regulirung

ischen Etablisse

J .

und Anweisung der bewilligten Ertra-Kredite; die französ ments in West-Afrika; Pairshof.)

Großbritanien und Irland. London Der Lord-Lieutenant von Irland. Vorschlag zur Ausgabe von 1 Pfd. Noten. Vortheile der Abschaffung des Wemnzolledss.!

Belgien. Brüssel. Schluß der Session. Unfall eines Extra Eisen⸗ bahnzuges der Königin. Die Ruhestörung in der Hauptstadt.

2chweiz. Kanton Baselland. Unterhandlung wegen einer Zoll— Vereinigung.

Spanien. Schreiben aus Madrid. (Die Königin nach Aranjuez; Ca- stro 8 Orozco ; Vertagung der Cortes; das Budget; Denkschrift über die Staatsschuld; Nachrichten aus Pertugan Vermischtes.)

Portugal. (Tel. Dep.) Die englische Vermittelung;

Türkei. Konstantinope!; Die griechich⸗türkische Differenz.

9 Köln. (Tel. Dep.) Eröffnung der Eisenbahn nach Hamm.

. und Börsen⸗Nachrichten. Berlin. Börsen⸗ und Markt— bericht.

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Berlin, 15. Mai. In einem aus Berlin vom 27. April d. J. datirten Artikel in Nr. 121 der Kölnischen Zeitung wird über einen Plan zu einer zeitgemäßen Umgestaltung der Patrimonialgerichte berichtet und dabei bemerkt, daß Herr von Bülow - Cummerow diesen Plan entworfen und Se. Majestät in diesen Tagen auf einen Be⸗ licht das dem Plane zum Grunde liegende Prinzip gutgeheißen und dem Justiz-Minister aufgegeben habe, festzustellen, in welcher Weise eine derartige Umwandlung der Patrimonialgerichtsbarkeit in allen Theilen der Monarchie, wo dieselbe besteht, bewirkt werden könne. Diese Nachricht wird zwar als aus zuverlässiger Quelle bezeichnet, sie kann aber aus einer solchen nicht geschöpft sein, da die Sache sich

Sonntag den 161n Mai.

anders verhält. Der JustizMinister Uhden hat bereits in einem Immediat Berichte vom TI. August 1845 die Grundzüge einer zeit= gemäßen Organisation der Patrimonialgerichte entwickelt und dabei das Prinzip einer organischen Verbindung der Wirksamkeit der Ein⸗ zelrichter mit dem lollegialischen Zusammen wirken zum Grunde gelegt, dergestalt, daß nicht nur alle wichtigeren Rechtssachen zur kollegiali⸗ schen Verhandlung gelangen, sondern auch eine wirksame Kontrolle und belebende Einwirkung des Kollegiums auf die Geschäftskreise der Einzelrichter insbesondere durch Vermittelung des Direktors eintritt. Diese Grundzüge einer verbesserten Einrichtung der, Patrimonial⸗ gerichte hat der Justiz Minister Uhden bei Gelegenheit eines Vor⸗ trages über die neue Organisation des Land- und Stadtgerichts zu Groß⸗Wanzleben näher entwickelt und ist von des Königs Majestät unterm 19. Dezember v. J. angewiesen worden, in Gemeinschaft mit dem Herrn Minister des Innern den Plan auszuarbeiten. An demselben Tage (19. Dezember v. J.) hat der Herr von Bülow⸗ Cummerow in Verbindung mit mehreren Gutsbesitzern einen Plan zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Kollegial⸗ Patrimonialgerichtẽs eingereicht. Es läßt sich daher nicht behaupten, daß die ganze An⸗ gelegenheit erst durch den Herrn von Bülow⸗Cummerow angeregt, und daß der Herr Justiz⸗Minister Uhden erst dadurch zu einer Be⸗ achtung des Gegenstandes bewogen worden.

Nhein⸗Provinz. Die Rh. und Mos. Ztg. meldet aus Koblenz vom 19. Mai: „Gestern Morgen verbreitete sich das durch aufgefundene Drohbriefe in Umlauf gekommene Gerücht, daß nach dem

Beispiele an anderen Orten auch in unserer Stadt eine Störung der öffentlichen Ruhe und Eigenthums Beeinträchtigung beabsichtigt würde. Den Vorwand eines Krawalls suchte man zuerst in der herr⸗

schenden Theurung der nothwendigsten Lebensbedürfnisse. Man hatte es auf solche Besitzende abgesehen, welche die Meinung als Spekulan⸗

ten auf Preiserhöhung des Getraides bezeichnete. Mit Einbruch der Nacht füllten sich die Straßen, wie gewöhnlich an schönen war= men Abenden, mit Spaziergängern aus allen Klassen der Einwohner. Wie es aber gewöhnlich geschieht, daß ein vorher angesagter Krawall nicht recht in Wirklichkeit übergehen will, so war auch dies jetzt der Fall. Die ganze Revolution beschränkte sich darauf, daß eine Menge Straßenjungen, die sich durch Pfeifen mit einander verständigten, sich vor dem Haufe eines hiesigen Kaufmannes sammelten und unter Hurrahrufen demselben die Fenster einwarsen. Kaum war ein Polizist auf, dem Platze erschienen, der die Menge zur Ruhe ermahnte, so zogen Lie Tumultuanten nach einem anderen Hause, wo sie eine drohende Stellung einnahmen. Zu derselben Zeit erschien die Behörde auf dem Platze, und es gelang ihr durch gütige Zurede, die Straßenjungen von weiterem Zerstören abzuhal⸗ len. Mit Befriedigung haben wir anzuführen, daß die eh⸗ renwerthen Bürger der Sradt bei diesen Exzessen durchaus unbe⸗ theiligt blieben. Wir geben diesen Bericht in der Weise, wie sich die Sache wirklich zugetragen hat, und hoffen dadurch, trotz dem fama crescit eundo, allen Uebertreibungen vorzubeugen. Von Todten, von Verletzungen, Säbelhieben und Lanzenstichen ist hier nichts zu melden. Das Ganze war ein von wilden Buben ausgeführtes und durch den schönen, warmen Maiabend begünstigtes Charivari. Daß sich eine große Menge Neugieriger hierzu gesellte, ist leicht erklärlich. Uebrigens ist in unserer Stadt durch den lebhaften Schifffahrtsverkehr für Arbeit und Verdienst gesorgt, und bei der Erinnerung an dasjenige, was von den hiesigen Bürgern im letzten Winter durch die Suppenanstalten und Brodvereine geleistet worden, erscheint jeder Versuch der Ruhestörung don Seiten der ärmeren Klassen als ein frevelhaftes Beginnen. Nachschrift. In Folge der gestern Abend vorgefallenen Unord⸗ nung wird so eben durch Trommelschlag und Plakate bekannt gemacht: daß für heute Abend alles Zusammenstehen von mehr als fünf Per⸗ sonen verboten, um 95 Uhr alle Wirthshäuser und Straßen geräumt und die Kinder und Lehrlinge um 9 Uhr zu Hause sein müssen, wo⸗ bei die Behörde die Bürger zu Gehorsam eindringlichst auffordert.“

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bayern. Zufolge eines Reskripts des Kriegs⸗

Ministeriums sollen für die Folge bei den Linien- Infanterie⸗ Regi⸗ mentern nur 114 Regiments⸗ Fadetten, bei der Kavallerie 8 und bei den Jäger-Bataillonen deren 7eingereiht werden.

Die Landwehr von München hat am 10. Mai Abends ihre diesjährigen Uebungen auf dem Marsfelde begonnen.

Der Regierungs⸗-Bezirk Dber- Bayern zählt gegenwärtig 1301 Gemeinden, 154,912 Familien und 679,471 Civil Einwohner. Hier⸗ von kommen auf die Hauptstadt München, ohne die Vorstadt Au, 21,014 Familien mit 78, 055 Civil Einwohnern.

Königreich Württemberg. (Schwäb. Merk.) Am 9. Mai hatte eine zahlreiche Deputation der Bürger Stuttgarts die Ehre, Sr. Majestät dem Könige eine mit zahlreichen Unterschriften versehene Adresse zu überreichen. Auch Deputationen mehrerer an- deren Gemeinden wurden vom Könige empfangen.

Es sind nachstehende zwei Königliche Verordnungen erschienen:

1 Königl. Verordnung betreffend die Untersuchung und Aufzeichnung der im Königreiche befindlichen Vorräthe von Getraide re.

Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Württemberg. Im Hinblick auf die gegenwärtige Theurung der Lebensmittel und die dadurch hervorge— rusenen Besorgnisse sehen Wir Uns veranlaßt, nach Anhörung Unseres Ge⸗ heimen Raths und auf den Grund des S. S9 der Verfassungs-Urkunde, zu verordnen, wie folgt; S. 1. Alle im Königreiche vorhandenen Vorräthe an Kernen, Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Einkorn. Hafer, Ackerbohnen, Mehl, Erbsen, Linsen, Welschkorn, Kartoffeln und Neis (auch diejenigen, welche zum unmittelbaren Haushaltungsbedarf dienen, sofern sie ein Simri Getraide oder Kartoffeln oder 10 Pfund Mehl oder Reis übersteigen) sind in allen Gemeinden, Ortschaften und einzelnen Höfen vom ten d. M. an binnen drei Tagen aufzuzeichnen. Auch die Vorräthe des Militairs, der Gemeinden, Stiftungen und Anstalten sind auf zunehmen. Die Vorräthe der Königl, Kameral⸗ und Hof ⸗Kameral⸗

ämter sind, als der Kommission in Getr aide · Angelegenhe en bereits bekannt, von der Aufnahme ausgenemmen. S. 2. Die Aufnahme geschieht durch den Ortsvorsteher und zwei Gemeinderäthe. In , ,. in wel- chen det Ortsvorsteher selbst größerer Gutsbesitzer ist oder e. Handel mit Früchten treibt, hat der Bezirks ⸗Beamte einen anderen e. e, Mann mit der Aufnahme zu beauftragen. 6. 33. . sion hat unmittelbar vor dem Beginn ihres Geschäsfts . inwohner zu versammeln, ihnen gegenwärtige Verordnung vorzulesen un sie 2 getreuer Angabe ihrer Vorräthe unter Hinweisung auf 6 hiernach emerkten Strafen der Verheimlichung aufzufordern. 8. 4 Die Aufnahme geschieht von Haus zu Haus, Jeder Hauseigenthümen⸗ so wie jeder Mitbewohner, hat der Kom- mission die in seinem Besiß befindlichen Vorräthe genau auzu eben, auf Erfordern und Voꝛrlegung seiner Aufzeichnungen. Die Kommisston hat so= sort die Vorräthe in den Verwahrungs. Ränmen zu besichtigen und die Rich⸗ sigleit der Angaben auf den Grund ihrer Anschauung zu prüfen. Auch hat sie in Fällen, we ein Eigenthümer den Betrag seiner orräthe nicht kennt, biesen durch Schäßung zu ermitteln. S. 5. Die angegebenen oder durch

Schätzung ermittelten gantitätten werden in ein tabe arisches, von den