1847 / 142 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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bande erreicht werde.

Jeder Schritt, der zu diesem Ziele gegangen wird, scheint mir von außerster Wichtigkeit, ja für so wichtig, daß kein Opfer dafür zu scheuen ist. Ich glaube, daß das Differenzial— Zollsystem namentlich in das Auge gefaßt werden müsse, um zu. den Folgen zu gelangen, die ich vorher angeführt habe, und aus diesen Gründen schließè ich mich dem Antrage, wie er in der Petition ab. gedruckt ist, an, daß auf die genannten Gegenstände ein , . Lintrete Unb Rüchzdlle In der? Art stattfinden, wie sie in dem Gut- achten vorgetragen worden sind. ; ꝛĩ .

? , n. h auch der Ansicht bei, daß, ehe weitere Beschlüsse in der Sache gefaßt werden, nochmals und sobald als möglich, Sachverständige einberufen werden mögen. Ich habe ver einigen Tagen ' in einer Zeitung einen Artikel gefunden, wo es hieß, daß keine Fragen vorlägen, die für die industriellen Verhältnisse von Wichtigkeit waren, so daß auch keine Veranlassung zu einem Zoll⸗ Kongreß in diesem Jahre vorhanden sei. Ich weiß nicht, ob der Herr Finanz Minister vielleicht darauf anwortet, ob das wirlich der Fall, oder ob das nur ein verlorener Zeitungs- Artikel ist, wie

ich es hoffe. n. . ;

Finanz-Minister: Es ist allerdings die Frage gewesen, ob in diesem Jahre eine General⸗Zoll⸗Konferenz stattfinden soll, weil es erst acht Monate her ist, daß die letzte Konferenz zusammen war, im nächsten Jahre aber nothwendig eine Konferenz stattfinden muß, wo der Tarif generell revidirt wird; es möchte deshalb nicht an der Zeit sein, foch in' diesem Jahre eine Konferenz zu halten. Der Zoll-Tarif kann während seiner dreijährigen Periode, die mit dem nächsten Jahre zu Ende geht, nicht füglich abgeändert werden, und erscheint daher in diesem Jahre eine Konferenz nicht angemessen, im Laufe des nächsten Jahres würde sie aber jedenfalls stattfinden müssen, auch abgesehen von den großen Fragen, welche hier vorliegen.

Prinz Adalbert von Preußen; Ich schließe mich aus vollem Herzen dem an, was Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen in Beziehung auf die Differenzial-Zölle ausgesprochen hat. Wodurch ist England groß geworden? Hauptsächlich durch seine Schifffahrts-Gesetzgebung, durch die Navigatione Akte. Ich glaube, daß Deutschland oder richtiger der Zollverein Einrichtungen treffen könnte in berselben Art, wie die Navigations Atte, jedoch natürlich mit den gehörigen Modificationen, da ganz und gar dasselbe System bei uns nicht wohl durchgeführt werden kann. Ich halte daher für die Hauptsache, daß man den direkten Verkehr zwischen dem Zoll⸗ verein und den transatlantischen Tropenländern wo möglich auf jede Weise zu begünstigen sucht, ferner, daß man diesen direlten Verkehr namentlich begünstigt auf Schiffen des Zollvereins, d. h. vorläufig auf preu⸗ ßischen Schiffen, da gegenwärtig der Verein noch keine anderen Han⸗ delsschiffe besitzt. Ferner würde ich dafür sein, daß wir dieselben Begünstigungen, die wir der Nationalflagge gewähren, auch anderen Flaggen einräumen, vornehmlich den Flaggen der Erzeugnißländer, von wo die Produkte eingeführt werden, daß wir andererseits aber auch uns vorbehalten, andere deutsche Flaggen mit der unsrigen gleich⸗ zustellen. Wir gewähren gewissermaßen den fremden Staaten Han⸗ delsfreiheit, während wir unsererseits dieselbe Handelsfreiheit nicht bei ihnen genießen. Also sind wir allemal von Hause aus schon in einem gewissen Nachtheile, der nicht zu verkennen ist, und ich glaube, daß Differenzial-Jölle das einzige Mittel dazu sind, um unsere Handels

beziehungen besser zu gestalten. Endlich schließe ich mich auch der Ansicht an, daß, wenn wir uns diesem Systeme nähern, wir dadurch allein einen Anschluß der Hansestädte und überhaupt der Nordseelüste an den Zoll-Verein anbahnen können. Ich halte die Einheit Deutsch⸗ lands in See für sehr wichtig und würde mich freuen, wenn Preußen in dieser Beziehung als Beispiel voranginge und die Bahn beträte, welche zu dieser Vereinigung führen kann. Ich würde mich freuen, wenn Preußen den Anschluß des Zoll-Vereins an den Welthandel endlich herbeiführte und später auch auf jede Weise den Schutz des Handels übernähme. Ich halte es für Preußens größte Aufgabe, jenen Anschluß Deutschlands an den Welthandel kräftig zu vermitteln, denn ich glaube, daß ein Land so lange, ich möchte sagen, nicht ganz eman⸗ zzpirt ist, ehe es nicht an dem Verkehr theilnimmt, der sich über un⸗

seren ganzen Planeten verbreitet. Ich stimme darum ganz für den Antrag des Fürsten Lichnowsky und für den der Abtheilung.

Graf Sandretzky: Das geehrte Mitglied aus Westfalen als Referent des Gutachtens hat gesagt, daß eine Erhöhung, der Twist⸗ zölle eine unglückliche Maßregel sei. Dagegen bemerke ich, daß ich sie nicht als die alleinige Veranlassung des gesunkenen Zustandes der Baumwollenwebereien halte. Mitwirkend ist zu gleicher Zeit die Er⸗ höhung des rohen Materials um 50 pCt., zweitens die traurigen und allgemein zerrütteten Geldverhältnisse, entstanden durch die Noth der Zelt. Ich stimme gegen jeden Schutzzoll aus dem Grunde, weil er Veranlassung ist, den Fabrikbetrieb einer Treibhauspflanze gleich zu erziehen. Wie traurig eine solche Treibhauspflanzung dasteht, habe ich Veranlassung gefunden, diesen Winter genau kennen zu lernen, und ich kann nur sagen, daß ich es für wohlthätig halte, wenn man einen solchen künstlich erzeugten Betrieb durch andere Maßregeln, durch andere Beschäftigungen zu vermindern sucht.

Graf von Schaffgotsch auf Warmbrunn: Ein erlauchtes Mitglied der Königlichen Familie hat die trostlosen merkantilischen Verhältnisse am Rhein nicht allein von der politischen Seite beleuch— tet, sondern auch dieselben zu einer Gefühlssache gemacht. Dafär sage ich ihm den unterthän gsten Dank. Hiernach bin ich überhoben, mich von der Wärme meiner Empfindungen hinreißen zu lassen und die hohe Versammlung mit einem Klagelied, das nicht aufhören würde, zu behelligen. Ich bin geboren und lebe in einer Gegend, die frü— her in der Handelswelt Epoche machte. Ich meine die Thäler des schlesischen Riesengebirges, in denen die Handels- und Gewerbsthätigkeit jetzt so darniederliegt, daß tausend und tausend Arme nicht das tägliche Brod zu erübrigen im Stande sind. Ich darf mir erlauben, mit einigen Worten den Glanz der früheren Zeit zu entwickeln, die Darstellung der jetzigen Noth daran zu reihen und dann einige Mittel anzuführen, die zur theilweisen Abhülfe dienen könnten. Ver Export des Lein— wandhandels betrug in den Jahren 17890 bis 1790 gegen 15 Millio⸗ nen Rthlr.; im Jahre 1805 noch die beträchtliche Summe von 125 Millionen. Es waren uns die spanischen Häfen geöffnet, die Lein⸗ wand ging über dort nach den spanischen Kolonieen in Amerika. Merkwürdigerweise bezeugen dieses heute noch die Etikette auf unse⸗ ren Waaren. Wir lesen die Namen Creas, Platilles, Bretagnes, Listados Estopillas u. s. w. Die Signaturen sind geblieben, aber die Millionen sind verloren, und es bleibt uns nichts, als die e, , d. Erinnerung verlorenen Glückes. Wenn ich von den Mitteln sprechen will, welche diese traurigen Zustände erleich⸗ tern könnten, so wurde mir, der ich im Verkehr mit der achtbaren Kaufmannschaft von Hirschberg stehe, von ihr der Wunsch ans Herz gelegt, und ich würde es fuͤr eine verletzte Gewissenssache halten, . ich einerseits den Wunsch nicht ausspräche und anderersceits die . 66 so vielen Tausenden hier nicht öffentlich zur Sprache

n up ft en Wunsch, daß wieder Handels⸗-Verträge mit Spanien an⸗ ö nüpst werden. Ich habe Gelegenheit gehabt, mit dem Herrn ne, ,. darüber zu . welcher mir einen günstigen Be⸗ hei '. geben konnte. Ich will mich auch bescheiden, da ich nicht jefer in die Verhältnisse der Handelsbeziehungen der Staaten unter 3 u blicken vermag; die Hoffnung aber lasse ich nicht sinken; aus- prechen aber mußte ich es, weil ich den . fühle, als Organ

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von tausenden dabei Betheiligten hier aufzutreten. Ferner halte ich es, nach meiner Ansicht, für dringend nothwendig, wenn die Weber, welche jetzt auf mehr als zwei Stühlen selbstständig arbeiten und 4 Rthlr. Gewerbesteuer, nach der sich auch die Klassensteuer richtet, bezahlen müssen, ermäßigt würden. Wiewohl in unserem Gebirge bisher die Probuction der Leinwand vorherrschend war, so hat sich doch die Thätigkeit, die Arbeit zu heben und Hülfe zu leisten, nach zwei Richtungen hin entwickelt. Die Seehandlung hat durch Anlage einer Spinnfabrik, in derselben und außerhalb, hundert und hundert fleißige und geschickte Hände in Thätigkeit gesetzt, ich sage, geschickte Hände, weil sie von der sehr weisen Vorsicht geleitet wurde, nur gute Arbeit, die man dem Auslande anzubieten hätte, begünstigen zu dürfen, aber tausend Hände sind noch unbeschäftigt und können das tägliche Brod, geschweige alle anderen Bedürfnisse, nicht verdienen. Die zweite Richtung nun, die sich der Production der Baumwollenwaaren zuwendet, ist durch einen sehr achtbaren Kauf⸗ mann, Herrn Kamphausen, verfolgt worden. Kamphausen ist ein Name, der am Rhein einen guten Klang hat. Dieser wackere Mann nun hat sich alle Mühe gegeben, einen neuen Zweig der Industrie, die Anfertigung von Budskins, aus seiner Fabrik in Neuß nach un⸗ serem Gebirge zu verpflanzen, er hat bereits 6 bi 709 Menschen durch Handarbeit in den Wohnungen beschäftigt, dabei unter Sorgen und Schwierigkeiten aller Art es dahin gebracht, in Schmiedeberg ein Lager der schönsten Waaren des obenerwähnten Fabrikats zu begrün⸗ den, welches ihm auch nur durch eine Unterstützung von der Staats Regierung möglich geworden ist. Habe ich nun die beiden Richtun= gen zur Abhülfe des Nothstandes bezeichnet, so gestehe ich, . ich, so freudig ich Alles anerkenne, was von der Regierung zu Gunsten des Leinenhandels geschieht, als Einrichtung von Spinnschulen, bessere Bereitung des Flachses u. s. w., ich mich doch mehr dafür hingezogen fühle, den Arbeitern ein neues Werkzeug in die Hand zu geben, ihnen durch eine andere Beschäftigung besseren Verdienst zuzu⸗ wenden. Rückzölle würden, nach meiner Ansicht, weniger den mit Leinen handelnden Kaufleuten und Webern zu Gute kommen, a's dem Fabrikanten, welcher zuletzt aufhören muß, zu fabriziren, wenn ihm die erhöhte Steuer von dem von dem Auslande bezogenen Garne auf die nach demselben exportirten Fabrikate nicht vergütigt wird. Ich schließe mich im Allgemeines ganz dem an, was von dem Für⸗ sten Lichnowsky in seiner Petition sowohl als auch in dem Gutachten der Abtheilung gesagt worden ist, nur wünsche ich, daß früher, als darin in Aussicht gestellt ist, Abhülse eintreten möchte. Allerdings verhallt hier meine schwache Stimme, denn dem allgemeinen Zoll- Kongresse, soll ja vorerst diese Angelegenheit vorgetragen werden. Eine Erfahrung eigenthümlicher Art will ich noch erwähnen, nach der wir oft in einer Provinz, in einem Lande eine Handels Thätigkeit auftauchen und sich ausbilden sehen, ohne die: Gründe dafür angeben zu können, und eben so in einer anderen Ge⸗ gend ohne Ursache den Verfall des Handels bedauern müssen, so daß man in Wahrheit sagen kann, die Wege des Handels sind so uner⸗ forschlich, als die Wege des Himmels! ö

Und so spreche ich denn hiermit den Wunsch 4us, der in meiner Gegend in den Gemüthern aller Betheiligten vorherrschend ist, den Wunsch für eine Erweiterung der Handels Politik, und schließe damit meinen Vortrag

Referent: Ich habe etwas zu erwiedern. Ich muß mich früher nicht deutlich ausgedrückt haben. Ich habe nicht gesagt, daß ich unbedingt jede Ergöhung des Twistzolls für nachtheilig halte, * würde mit dem Votum der Abtheilung nicht im Einklange

ehen.

Ich habe nur gesagt, wie im Gutachten angedeutet worden ist, daß die Erhöhung des Twistzolles von 2 auf 3 Rthlr, ohne Rück⸗ zoll, wie in der letzten Zollkonferenz beantragt worden ist, gar nichts für sich habe und der Art sei, daß es wünschenswerth sei, entweder einen viel höheren Zoll mit einer anderen Maßregel zu Gunsten der Weberei einzuführen oder aber, insofern man sich für höhere Zölle nicht entscheiden möchte und bei dem alten System bleiben wollte, daß man dann auch die Zollerhöhung auf Twist von 2 auf 3 Rthlr. pro Centner aufheben möge. Ich habe das in der Ab— theilung nicht zur Sprache bringen können und glaube das kaum rechtfertigen zu brauchen, denn ich habe dies erst neuerdings aus Schriften geschöpft, die mir damals nicht in Händen waren, und von welchen ich damals noch nicht einmal voraussehen konnte, daß sie mir zu Händen kommen würden. Ich habe ein Promemoria der Fabrikanten zu Chemnitz gelesen, die eine sehr bedeutende Erhöhung für Twistzölle wollen; es ist darin gesagt, daß die letzte Erhöhung gar nichts helfe, sondern nur schade.

Ich habe ein anderes Promemoria aus Sachsen gesehen, welches sagt, daß die letzte Erhöhung um einen Thaler nichts nütze.

Ich habe drittens ein Promemoria von Sach verständigen von Augsburg vor mir liegen, das wiederum dasselbe sagt und

mit der größten Bestimmtheit ausspricht, daß dieser Beschluß, den die letzte ZollcKonferenz herbeiführte, gar nichts genützt und nur geschadet habe.

Also, so wie ich es interpretire und ich glaube im vollkommenen Einklang mit der Abtheilung, ist es nothwendig, daß man die Erör⸗ terungen nicht für geschlossen hält, daß man sich entweder für das eine oder andere System entscheide, aber Zwischenmaßregeln vermeide, die Niemand befriedigen. .

Ich beziehe das Letzte zunächst nur auf die Erhöhung des Twist⸗ zolles und würde die letztausgesprochene Meinung nicht auf die Er⸗ höhung des Zolls auf Leinengarn erstrecken, aus zwei Gründen nicht, weil eistens die Erhöhung auf Leinengarn eine viel bedeutendere gewesen ist dieser Zoll ist von 5 Sgr. auf 2 Rthlr. erhöht wor⸗ den, und zwar darum, weil man wünscht, daß sich Maschinen⸗Spin⸗ nereien in Leinengarn bald etabliren möchten. Es wäre ja möglich, daß durch diese Erhöhung von 5 Sgr. auf 2Rthlr. Gewerbtreibende Anstalten gemacht hätten, namentlich in Westfalen waren Leinen Spinnereien mit Maschinen zu etabliren.

Ich glaube ferner, daß es gut wäre, wenn die neue Informa. tion, welche durch die Sachverständigen gewonnen werden soll, mög. lichst bald erfolgte, und glaube, daß sich dazu noch während dis Landtags Gelegenheit darbieten würde, indem manche Gewerbtreibende hier sind und andere sich anreihen könnten. . ̃

Schließlich glaube ich, daß es der Ansicht der, Kurie entspricht, wenn ich mir auch noch den Antrag erlaube, daß diese Erörterungen mit der Zoll-Konferenz nicht möchten bis ins nächste Jahr verzögert werden, sondern sofort vorgenommen werden.

Dabei wird sich dann auch Gelegenheit finden, auf den zweiten Punkt, nämlich auf die Differenzial- Zölle einzugehen.

Wir werden wahrscheinlich Gelegenheit aben, dieses Thema noch weiter in Gegenwart der Räthe der Krone zu erwagen, indem, wie ich weiß, mehrere Anträge in der anderen Kurie vorliegen, na—= mentlich einer von Herrn von Heyden-Cartlow, welcher viel für sich

u haben scheint. Ich würde also, wenn es etwa an der Zeit an möchte, die Debatte zusammenzufassen bei dem Vorschlage der Abtheilung stehen bleiben, nur mit der Bemerkung, daß man die Sachverständigen baldmöglichst vernehmen und die Sache auf einen Zoll⸗Kongreß, nicht vielleicht erst im nächsten, sondern noch in diesem Jahre vorlegen möge.

General-Steuer-Direktor: Ich wollte nur eine Erläu—-

terung geben. . Ke ist die Erhöhung des Twist⸗olles um einen Thaler als eine durchaus nicht entsprechende um deswillen bezeichnet worden, weil sie keinen Theil befriedigt habe. . . Ich muß im Allgemeinen bemerken, daß diese Nichtbefriedigung zweier Extreme einer Regierung, die nicht ins Extrem geht, wohl häufig vorkommt. Wir hatten aber allerdings hier mit zwei Extremen zu thun, mit denen, denen der Zoll von 2 Rthlrn. unter allen Umständen als ein Maximum vorkam, das nicht mehr erhöht, das nur vermindert werben soll. Diese Meinung war noch vor gar nicht langer Zeit eine ganz allgemeine oder eine als ziemlich allgemein angenommene, In dem Augenblicke, als das Königreich Sachsen, welches in der Baumwollen- Spinnerei und Weberei unserem Lande vorgeht und eine intensivere Industrie hat, als Preußen, in dem Augenblicke, sage ich, als das Königreich Sachsen über seinen Anschluß an den Zoll⸗ Verein verhandelte, ging der ganz bestimmte Antrag dahin, es mssse dieser Twist⸗-Zoll herabgesetzt werden. Si. Es war dieser selbe Antrag, der von Seiten der übrigen Staaten erfolgte, und der, wie die Verhandlungen bekunden, über zwo oder drei Monate die Verhandlungen verzögert hat. Es war also die einstimmige Meinung, daß man unter keinen Umständen diesen Zoll erhöhen, sondern ihn noch ermäßigen müsse. ; , en, jener e enn , . war die, den Twist⸗Zoll sehr zu erhöhen, man sprach von 8 bis 10 Thalern. Man wollte die sogenannten geschlichteten Zettel noch viel mehr erhöhen, und weil dies allerdings nicht anging ohne einen Rüchzoll, so beantragte man Rückzölle, damit dies wieder dem Auslande gegenüber ausgeglichen würde. . Die preußische Regierung glaubte dieser letzteren Ansicht nicht beitreten zu können, aus dem Grunde, weil ein] jeder hohe Zoll auf Fabrikate zwar in Beziehung auf, das Ausland damit scheinbar aus geglichen werden kann, daß man. ihn rückvergiten läßt, daß ö ö. nicht ausgeglichen werden kann für das inländische Konsumo, und daß also, indem man eine Erhöhung des Twistzolles angrdnet, 5 da⸗ durch eo ipso ausspricht, daß der Inländer seinen Verbrau ö. in- ländischen Fabrikaten um so viel höher bezahlen müsse zu Bunsten s inländischen Spinners. ü. . 3 . . . Gründe, die es der preußischen Regierung be⸗ denklich erscheinen ließen, auf ein solches Extrem einzugehen, Weil sich aber doch die Meinung, die Twistzölle zu erhöhen, ziemlich allge⸗ mein im Jahre 1845 auszusprechen schien, so wollte man doch guch die Bereitwilligkeit zeigen, wo möglich einen übereinstimmenden BVe⸗ schluß herbeizuführen, und wie der Herr Finanz Minister . ange⸗ führt hat, kam man dahin, daß man eine man g e n . Twistzölle mit einem allerdings nur der, letzteren entsprechenden, also auch nur mäßigen Rüchzolle, eintreten ließ. . Dies genügte nicht, und die karlsruher Konserenz Re. ss ö , . sich aber auf der karlsruher Konferenz ö . stimmige Neigung für das System der Rücʒlle , n, ,. ö. wenigstens war durchaus nicht eine allgemeine Justimmung . handen, und als nun im Jahre 1816 die Konferenz hier in e. ö war, blieb es allerdings . ö nun der Antrag der preußi n Regierung sollte gerichtet werden. !. ; sch 0 . cht? daß man so weit gehen könnte, , dingt bei dem früheren Satz von 2 Nthlr. zu bbelassen, ̃ 6 n Grunde, weil offenbar die inländischen , ,,,. ö. . Aufhebung des englischen Baumwollzolls um einen ?. zaler in Nach- theil gekommen waren, und man glaubte daher, kaß man, ohne auf die weitergehenden Anträge eingehen zu können und zu dürfen, we⸗ nigstens auch diesem Industriezweige schuldig sei den Status quo aufrecht zu erhalten und zu diesent Behufe den Twistzoll um einen

Thaler zu erhöhen.

, , ferner, daß mau des halb noch keinen Rückzoll ein⸗ zuführen brauche, der überdies auch nur von einem geringen Betrage hätte sein können, indem mau davon ausging, daß die inländischen Webereien von sechs Siebenteln oder sieben Achteln ihres Verzeichnisses auf dem inländischen Markte eines so bedeutenden Schutzes erfreuten, eines Schutzes, der der höchste ist, den wir in unserem Zolltarif haben, daß darum auch diese Erhöhung des Fabrikmaterials um einen Thaler erfolgen könne, ohne daß deshalb zu dem immerhin bedenklichen Mittel der Rückzölle geschritten zu werden brauche.

Die preußische Regierung hatte aber einen Vorgang vom Jahre

832. . Bis zu diesem Jahre gab das Baumwollengarn in den westlichen Provinzen, wo unsere Haupt-Fabriken für Baumwollengewebe sich be⸗ finden, nur 1 Rthlr., und es entspann sich damals dieser Kampf zwischen Webern und Spinnern, der jetzt noch fortgesponnen wird. Man suchte ihn dadurch zu schlichten, daß der Iwistʒoll auch für die westlichen Provinzen von einem. bis auf zwei Thaler erhöht wurde, und dieselbe Klage, wie jetzt, ertönte auch damals; sie hat auch einige Jahre vielleicht noch angehalten, sich aber dann von selbst beschwich⸗ ligt. Ob sich die Erfahrung, die sich im Jahre 1832 bestätigt ge⸗ funden hat, auch dieses Jahr bestätigen wird, wissen wir noch nicht; auf jeden Fall, wenn wirklich eine Einstimmigkeit dafür sich zeigt, daß man' den Zoll wieder herabsetzt, so würde ich diese Maßregel für we⸗ niger bedenklich halten, als die Einführung von Rückzöllen, gegen welche sich, wie schon angeführt ist, namentlich auf der 1816 ger Kon⸗ ferenz mehrere, und ich kann wohl sagen, beherzigenswerthe Stimmen erklärt haben.

Graf von Solms-Baruth: Wir haben gehört und wissen, daß sehr verschiedene Meinungen darüber obwalten, ob man über⸗ haupt dem freien Handels- System oder dem Prohibitiv⸗ System das Wort reden soll oder nicht. Wir wollen aber hier bei der Sache in der Art bleiben, daß wir uns bei der Noth halten, die vielfach be⸗ steht.

kam zu keinem

Ich glaube, daß es dringend nothwendig ist, daß man sich da⸗ von überzeuge, daß die Industrie leidet, und erwäge, auf welche Weise man dieser Noth, welche die 8 . . , . wahrhaft in sehr großem Umfange jetzt trifft, am besten begegnen kann.

84! ., p ges Hrittql welches der Ausschuß vorgeschla⸗ gen hat, ein geeignetes ist, es wird uns von extremen Maßregeln fern halten, und man wird sich dadurch am sichersten Aber zeugen, auf welche Weise die Regierung vorgehen muß, um der Industrie zu helfen, auf der anderen Seite aber nicht auf einen Abweg zu gerg⸗ then, der wieder für die Konsumenten nachtheilig und drückend sein dürfte. Ich stimme daher für den Antrag des Ausschusses.

Graf von Dyhrn: Wir haben des Finanz⸗Ministers Excellenz aussprechen hören, daß das Königl. Gouvernement erwarte, wie der hohe Landtag sich über diese wichtigste aller Fragen aussprechen würde, ohne in irgend einer Richtung seinem Ausspruch vorzugreifen. Soll nun der Antrag der Abtheilung und die in ihm empfohlene Petition eine Erklärung für das Schutzzoll System sein, so kann ich mich der= selben nicht anschließen, denn das Gegentheil, das Freihandels Sy⸗ stem, nur nach der äußersten Nothwendigkeit moderirt, ist das System des Zollverbandes, wie auch ein erlauchter Mund eben anerkannt hat, und die Ergebnisse, weiche laut der Angaben des Herrn Fi⸗

Zweite Beilage

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Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung. Sonnabend den Run Mai Abd.

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nanz-⸗Ministers die Industrie unter diesem alten System, wie es hier vor mir schon genannt worden ist, erreicht hat, sind, glaube ich, nicht so traurig gewesen, daß die Bitte, dasselbe zu verlassen, genugsam

begründet würde. Soll also der Antrag ein Verlassen des Systems des Zollvereins sein, so kann ich mich demselben nicht anschließen. Es ist mir aber nicht nur zweifelhaft, ob er blos auf Erhöhung einzelner Zollsätze anträgt, sondern ich glaube gegentheils, daß er eben ein Ver⸗ lassen dieses Systems des Zollvereins, des freien Handels Systems beabsichtigt. Ich werde mir nicht anmaßen, irgend etwas noch über den Nutzen oder Nachtheil, über das Vernünstige oder Unvernünftige der beiden Systeme, die jetzt einander in großartigem Kampfe bekrie— Jen und die ganze Welt erschüttern, zu sagen. Es ist, glaube ich, lein Wort. übrig, was nicht die geist- und kenntnißreichen Vertreter beider Systeme schon gesagt haben. Ich wenigstens weiß nichts mehr und muß nur bekennen, daß Alles, was ich zum Vortheile der Schutz— zölle gelesen habe, mich im Grunde in einem bannenden Kreise her— umgeführt hat, den ich in folgender Formel auszudrücken mich bestrebe. Wenn ein Schutzzoll von A. beliebt wird, so muß er zugeben, daß dieser B. Schaden bringt, und wieder B. erbittet einen Schutzzoll, von dem für A. will er dagegen nichts wissen. Beide aber stellen sich als die nöthigsten Industrieen dar, die es gäbe und das Land beglücken. Aus diesem Kreise bin ich nicht herausgekommen und freue mich um so mehr, daß mein Kollege aus Schlesien, und zwar aus einer Gegend, welche am meisten durch Fabriken belebt ist, der wohl am ehesten Gelegenheit hatte, die beste Erfahrung über die Wirkung der Zölle zu machen und, wie ich vor— aussetzen darf, von den Betheiligten die besten Materialien zur Be— gründung seines Urtheils empfangen hat, so entschieden gegen die C 66 64 579 3 e . j 25 * 6. Scußzzlle sich erklärt. Eben so freue ich mich, daß ein anderes Mitglied aus der Gegend, in welcher sonst die größte schlesische In— dustrie geblüht hat, ganz andere Maßregeln wünscht und vorgeschla gen hat, um die. Noth der verarmten Industriellen zu lindern, und bemerke nur, daß das Sinken jener großartigen Industrie des Rie—⸗ sengebirges nicht durch Mangel an Schutzzöllen, sondern zu einer Zeit erfolgt ist, wo sich der Kontinent der größten Schutzzölle, die es geben kann, ich möchte sagen, des lebendig gewordenen Ideals des Schutzes, erfreute, um einmal mit den Worten der Freunde der Schutzzölle zu sprechen, nämlich zur Zeit der Kontinentalsperre. K. jener Zeit ist unsere Leinen-Industrie gefallen, weil unser 39 J nel klug gemacht hat. Es brachte sie auf ,, ., J n,, 9. können; und da sie sonst ö, i . ., 6 sie den Versuch gemacht, e gen? . ü . Ich ien, , . es möglich ist, daß ., ö . phen von ingen mem Gyuvernement, sei es durch Schutz zölle oder irgend etwas Anderes, geleitet werden können. Dies ware eine ungerechte Forderung an ein Gouvernement. Was die Rückzölle betrifft, so scheinen sie mir eigentlich ein Anerkenntniß zu sein, daß die Schutzzölle eine Besteuerung des Publikums zu Gun— sten einiger Industriellen sind. Zur Begründung dieses Ausspruchs erlauben? Sie' mir, auf das schon angeführte Beispiel zurückzukommen. X. sagt: Ich lann nicht mehr spinnen, das Garn muß höher besteuert werden. Es wird höher besteuert; da kommt B. und erklärt: Ich kann nicht mehr weben, wenn das Garn um so viel theurer ist. B. bekommt also für sein Leinen einen Rückzoll, damit er mit den Webern des Auslandes konkurriren kann. Wer muß unn diesen Rüchzoll bezahlen? Niemand Als das Publikum. Wer ge⸗ winnt? Nur der einzelne Fabrikant. Diese Erfahrung haben wir eben bei der letzten Erhöhung des Schutz- Zolles auf Leinewand von 5 Sgr. auf 2 Rthlr. gemacht. Es ist uns damals gesagt worden, sie geschähe, um den Flachsbau, der allerdinge viele Hände beschäf igt, zu befördern. Davon habe ich aber noch nichts gemerkt. Ich treibe den Flachsbau in ziemlich bedeutendem Umfange und kaun versichern, daß die Spinner diesen Schutz -Zoll zwar gern angenom- men haben, aber ich noch nichts von den Prozenten inne geworden bin, welche sie für mich von dein Gewinn herechnet hätten.

Auch ich erkenne die gegenwärtige Noth, welche die industriellen Distrifte drückt, ja erkenne keine kleine Gefahr, welche ihnen droht, an und freue mich, daß alle geistigen Kräfte aufgeboten werden, Hülfe dagegen zu erfinden, kann aber als solche die Schutz-Zölle nicht gelten lassen. Ich glaube, daß die Noth:

1) in anderen Constellationen begründet ist, und

2) daß darum durch einen Schutz-Zoll ihr nicht bleibend, sondemm

immer nur momentan abgeholfen wird.

Schließlich erlaube ich mir, ein Exempel anzuführen, welches für mich von Allem, was ich über diese Materie gelesen und von Sachverstän—⸗ digen gehört habe, den schlagendsten Beweis enthält, daß Schutz⸗ Iblle nie ausreichen, und der Punkt, bis zu welchem ihr Steigen gewährt werde, nie vorherbestimmt werden kam. Zweihundert Fabrikanten können in irgend einem Lande bei einem Schutz⸗Zoll von i0 Prozent die Konkurrenz des Auslandes nicht länger ertragen; der Gesetzgeber geht auf ihr Gesuch ein. Der, Schutzzoll wird von 10 auf 20 pCt. erhöht. Nun ist, um mich trivial auszudrücken, in diesem Geschäft Geld zu verdienen. Wo Geld zu verdienen ist, zie hen sich Kapitalien hin, und es dauert nicht lange, so sind aus den 200 Fabriken 400 geworden. Nach 10 Jahren erklären diese 400: Wir können bei einem Schutzzoll von blos 20 pCt. nicht weiter arbeiten. Der Gesetzgeber kann aber auf ihr Gesuch um Erhöhung des Schuz— zes diesmal nicht eingehen. Das Land steht also auf derselben Stelle, wo es mit 200 Fabriken vor 10 Jahren gestanden hat, nur mit dem großen Unterschiede, meine Herren, daß, während, der Fall jener 200 Fabrikanten nur 10000 Menschen, der Stinz dieser 400 aber viel- leicht 2,009 Menschen arbeitslos gemacht haben könnte und daß also durch den gewährten Schutzzoll nur das Proletariat um das Doppelte vermehrt worden ist. . .

Graf zu Doh na⸗Lauck: Ich will zunächst Bezug nehmen auf eine Aeußerung des Herrn Finanz Ministers. Er hat angeführt, es sei dem Gouveinement unter den jetzigen Verhältnissen besonders wünschenswerth, die Stimme des Landes in der vorliegenden Sache zu vernehmen, und zwar nicht nur diejenigen, welche zunächst dabei interessirt sind, nämlich die Fabrikanten, sondern auch die Konsumen— ten zu hören. Da ich in dieser Beziehung zu den Konsumenten ge— höre, so habe ich es angemessen gehalten, auch meine Meinung aus⸗ zusprechen. Zuvörderst gehe ich von dem Grundsatze aus, daß eine blühende Fabrik-Industrie für den Wohlstand eines Landes wün— schenswerth sei und in einem richtigen Verhältnisse zu den ackerbau— treibenden Gewerben stehen muß. Wirft man einen Blick auf unse⸗ ren Staat, so kann man nicht ableugnen, daß die Fabrik-Industrie in einem Theile der Provinzen, zumal, im Osten unseres Staats, noch sehr darnieder liegt, und daß es wünschenswerth sei, dort jene Industrie zu einem höheren Grade gesteigert zu sehen. Dieses als Grundsatz angenommen, glaube ich, daß man keinen Anstand nehmen darf, auch die Mittel zu ergreifen, die zur Förderung einer naturge⸗ mäßen Fabrik-Industrie nöthig sind. Ich bekenne mich hierbei zu keinem ausschließlichen Systeme, weder zum freien Handelssystem, noch zum a soluten Schutz- Zollsysteme, sondern ich gehe auf die Mittel zurück, die durch vielfache, ja durch die r , von

Jahrhunderten sich als die zweckmäßigsten gezeigt haben. Wenn man den Blick in die Geschichte der Fabrik-Industrie richtet, so steht als Wahrheit fest, daß gerade die Nationen, die zum Schutze ihrer Industrie augemessene Zölle eingeführt haben, mit dersel⸗ ben auch in einen blühenden Zustand gekommen sind. Daß man mit diesen Maßregeln zu weit gehen kann, wenn man ein abso— lutes Prohibitiv⸗System einführt, das liegt auf der Hand; aber ich glaube, wenn man die Augen nicht verschließen will, so dürfte der Erfahrungssatz einleuchten, daß gerade die Schutzzölle, in vernünftigem Grade angewendet, die Fabrik⸗Industrie in allen Fällen gesteigert ha⸗ ben; wogegen sich von der Anwendung des absolut freien Handels⸗ Systems gewiß nur wenige, vielleicht gar keine Beispiele eines eben so günstigen Erfolges anführen lassen. Das ist der allgemeine Grund—⸗ satz, von dem ich ausgehe. Inwiefern er nun auf unsere Verhält⸗ nisse im Einzelnen Anwendung finden kann und darf, unterliegt einer vielfachen Erwägung. Es ist vom Herrn Finanz-Minister angeführt worden, daß man bei Gründung des Zoll-Vereins von dem früheren Systeme, welches ein absolutes Prohibitiv-System war, abgegangen sei und das freie Handels- System ins Auge gefaßt habe. Ich muß gestehen, ich kann das System, wie es im Zoll-Vereine befolgt wor— den, kein Freihandels Sostem nennen, sondern muß es als das Sy stem eines vernünftigen Schutzzolles bezeichnen. Darauf kommt es aber nicht an, sondern auf das Praktische in der Sache, auf den Nutzen, den das Spstem gehabt hat. Nun ist doch nicht zu leugnen, daß gerade seit Einführung des Zoll-Vereins die Industrie, die in Deutschland vorher nur in wenigen Gegenden und nur in geringem Grade, bestand, sich außerordentlich gehoben hat. Der Königliche Kommissar hat durch Zahlen dargethan, daß, den Behauptungen gegenüber, die Industrie wäre in Preußen während der letzten Jahre zurückgegangen, dieselbe vielmehr zwar langsam, aber doch stets vor⸗ wärts gegangen und Fortschritte gemacht habe. Voraus⸗ gesetzt, dies, sei der Jalt gewesen, so bin ich doch der Meinung, die Industrie hätte möglicherweise noch größere Fortschritte machen können, und zwar vielleicht auch durch Anwen dung noch höherer Schutzzölle. In das Spezielle einzugehen, dazu fühle ich mich gegenwärtig außer Stande, denn dazu gehört eine umfassende Uebersicht aller statistischen Nachweisungen aus den Zoll⸗ Listen, wie eine genaue Kenntniß aller Handels- und Fabril⸗Verhält⸗ nisse. Wenn man sich aber die Stimmung des Publikums im All— gemeinen vergegenwärtige, so glaube ich, sagen zu dürfen, daß die Stimmen, welche einen Schutzzoll verlangen, die weit überwiegenden zu sein scheinen. Aus diesem Grunde würde auch ich mich für die Erhöhung des Schutzzolles auf den Twist glauben erklären zu müssen. Daß die Ausführung einer solchen Erhöhung mit Bezug auf unseren Zoll-Verein, wo die Zustimmung aller Theilnehmer zur Bedingung gemacht ist, große Schwierigkeiten haben mag, ist leicht einzusehen. Wenn man, wie der Königliche Kommissar erwähnt, auch mit Rück— sicht auf die Konsumenten Anstand genommen hat, die Erhöhung des Zolls auf Twist eintreten zu lassen, so glaube ich, hierauf entgegnen zu können, daß diejenigen Konsumenten, welche das Emporblühen der Industrie wünschen, sich nicht gegen eine Erhöhung der Schutzzölle erklären werden. Hierbei muß ich bemerken, daß ich jeden Schutzzoll nur als eine temporaire Maßregel betrachte, die einer Industrie nur so lauge gewährt werden darf, bis sie erstarkt ist, um die Konkurrenz der aus⸗ ländischen Industrie, die ihr in den Weg getreten ist, aushalten zu können. Ich glaube nicht, daß man zu befürchten habe, es würden, wie einer der früheren verehrten Redner behauptet, in Folge des Schutzzolls Fabriken ohne Zahl entstehen, oder daß das Uchel wie Lawinen fort⸗ wachsen würde, dem man keinen Einhalt mehr thun könnte. Dieses ist durchaus nicht zu besorgen. Aus den von mir angeführten Grün— den werde ich mich daher, was diesen Theil der Petition betrifft, dem gestellten Antrage anschließen, insofern die eventuelle Zollerhöhung unter Zuziehung von Sachverständigen festgestellt werden soll. Jetzt konime ich zum zweiten Theil der Petition, zu den Differenzial-Zöllen. Der Herr Finanz- Minister hat erwähnt, daß dieser Theil der Zoll— Gesetzgebung bisher noch nicht wäre berücksichtigt worden. Mir er⸗ scheint' dieset Theil der Zoll Gesetzgebung aber als höchst wichtig. Es mögen hierbei allerdings viele Bedenken und Rücksichten obwal⸗ ten; so viel ist mir aber klar und zweifellos geworden selbst aus dem Gutachten aller Sachverständigen, die ich vernommen, daß zwei Dinge durch Einführung eines Differenzialzoll⸗Systems unfehlbar wür— den bewirkt werden, nämlich eine direkte Verbindung mit den trans atlandischen Ländern und dann die Vermehrung und Steigerung un⸗ serer inländischen Schifffahrt und Rhederei. In diesem Punkte hat mir noch Niemand widersprechen können. Dieses dürfte also festste⸗ hen. Ob dieser Vortheil möglicherweise nicht noch durch andere kleine Nach theile erkauft werden müßte, will ich nicht bestreiten. Ich glaube aber, daß die Nachtheile kleiner sein werden, als die zu erlangenden Vortheile, nämlich die Vermehrung einer direkten Verbindung mit den Productions Ländern der von uns gesuchten Kolonial Wagren und die Begünstigung un— serer Rhederei und Schifffahrt. Der Herr Finanz Minister hat hierbei erklärt: daß die Differenzial- Zölle gerade ein Punkt wären, wo das Finanz-Interesse sehr in Betracht komme, und dann auch mögliche Trübungen des freundschaftlichen Verhältnisses mit manchen auswär— tigen Mächten dadurch herbeigeführt werden könnten. Er hat ange— führt, daß Repressalien gegen uns daraus entstehen könnten. Ich glaube, daß diese Gründe nicht von der Erstrebung so wichtiger Zwecke abhalten dürfen, sondern daß durch die Vermehrung unserer Schifffahrt nach den Erzeugniß- Ländern der Kolonial- Produkte der besorgte Ausfall in den Finanzen nicht eintreten, sondern sich voll⸗ ständig ausgleichen würde, ja möglicher Weise die künftige Zoll-Ein— nahme die jetzige übersteigen könnte. Was ferner die Repressalien der fremden Mächte betrifft, so fürchte ich dieselben nicht und muß nach meiner Ueberzeugung dafür stimmen, daß man auf die auswär tigen Mächte nicht so viel Rücksicht nehmen möge. Dieselben nehmen, bel Verfolgung ihrer Handels- Zwecke, wohl wenig Rücksicht auf uns, so daß wir immer einmal den Versuch machen könnten, eine selbst⸗ ständigere Handels-⸗Politik zu verfolgen. Ich glaube, der Nachtheil würde nicht groß sein, im Gegentheil ein wesentlicher Nutzen daraus erwachsen. Also auch in dieser Beziehung, nämlich in Betreff, der Einführung eines TDifferenzial-Jollsystemie, muß ich mich der Pelition des geehrten Mitgliedes aus Schlesien auschließen. .

Finanz-Minister: Ich habe nur eine kurze Bemerkung zu machen. Ich habe nicht geäußert, daß die Verhältnisse, in denen wir zu auswärtigen Staaten stehen, so wie die Rücksicht, die wir auf das Finanzwesen zu nehmen haben, uns abhalten müßten, Differenzial⸗ Zölle einzuflihren. Ich habe nur gesagt, es seien dies zwei wichtige Momente, die auch erwogen werden müßten, wie überhaupt der Ge—⸗ genstand von der Art wäre, daß man ihn von allen Seiten auf das sorgfältigste zu erwägen habe. Ich habe von vornherein gesagt, daß ich nicht die Absicht hätte, irgend eine bestimmte Ansicht zu ver= treten, sondern daß es Wunsch der Regierung sei, die Vertreter des Landes zu hören, damit die Regierung in der Lage sei, diejenigen Beschlüsse zu fassen, die dem Wohle des Landes entsprechen.

Graf von Dyhrn: Dem verehrten Redner, der so eben be⸗

hauptete, es gäbe kein einziges Beispiel eines freien t ich die Schweiz nennen. 5 Schweiz hat eine en g und ist ringsum von Zoll Linien umgeben, nämlich von Deen ae Sardinien, Frankreich und vom Zoll⸗Verein. 4

Frhr. Senfft von Pilsach: Ich wollte nur zwei Punkte wi— derlegen und mir dann eine Anfrage erlauben. In ersterer Bezie— hung bemerke ich, daß die angeführten Beispiele nichts für und nichts gegen den Schuß⸗Zoll beweisen. Die Erhöhung des Zolls auf Lei⸗ nengarn von 5 Sgr. auf 2 Rthlr, ist erst vor ganz kurzer Zeit er⸗ folgt und kann eben deshalb natürlich noch keine umfassende Folgen hervorgerufen haben. Was das aus dem Kontinental-System ent— nommene Beispiel betrifft, so ist es auch nicht zutreffend. Der schle⸗ sische Handel hat nicht durch das Kontinental-System gelitten, son⸗ dern weil er durch den Krieg mit England alterirt wurde. Die er— wähnte Anfrage richte ich dahin: ob ich recht verstanden habe, daß in Karlsruhe, auf der Zoll-Konferenz, von preußischer Seite der Rück Zoll selbst befürwortet worden ist?

Finanz-Minister: Zwei Vorschläge sind gemacht worden. Der erste betraf eine minder erhebliche Erhöhung des Twist⸗-Zolls mit Rücktzoll, blos zur Ausgleichung der Differenz, welche zum Nachtheil unserer inländischen Spinnerei durch die Aufhebung des Baumwollen⸗ Zolles in England und die dadurch bewirkte Begünstigung der eng⸗ lischen Spinnereien entstanden war. Die Differenz wurde dadurch auszugleichen gesucht, daß der Zoll auf 3 Rthlr. 10 Sgr., der Rückzoll. auf 1 Rthlr. 10 Sgr. bestimmt werden sollte.

Es wurden indessen Anträge auf viel höheren Einfuhrzoll und Rückzoll gemacht. Allein diese Anträge fanden auch Widerspruch, und zuletzt wurde preußischerseits vorgeschlagen, daß der Eingangszoll auf 4 Rthlr. und der Rückzoll auf 3 Rthlr. festgesetzt werde, jedoch mit der Maßgabe, daß der Rückzoll nicht baar, sondern in Bonifications—⸗ scheinen gewährt werden sollte. Auch das fand keine Uebereinstim⸗ mung, und so löste sich die karlsruher Konferenz auf, ohne daß man zu einem Beschlusse kam. Da man aber für nothwendig fand, zu einem Beschlusse zu kommen, wurde eine neue Konferenz angesetzt. In dieser Konferenz wurde die spezielle Frage aufgestellt, ob man Rückzölle wolle? Und da war nichts weniger als Einstimmigkeit, ja die Mehrzahl war dagegen, und das Resultat war, daß man sich am Ende in der Erhöhung des Zolles um Einen Thaler vereinigte.

Senfft von Pilsach: Es ist also durch das preußische Gou— vernement der Rückzoll bevorwortet worden, und eine Aenderung in den Ansichten des Gouvernements ist nicht eingetreten?

Finanz-Minister von Düesberg: Es ist dieser Vorschlag ge— schehen, um zu einer Verständigung zu gelangen. Indem man nach⸗ her preußischerseits vorschlug, die Erhöhung von Einem Thaler eintre⸗ len zu lassen, hat man den früheren Antrag nicht unbedingt zurück nehmen wollen.

Senfft von Pilsach: Die preußische Regierung hat also ihrerseits den Rückzoll bevorwortet und ist nur davon abgegangen, weil eine überwiegende Majorität gegen den Rückzoll war. Aber wenn ich recht verstanden habe, so ist das preußische Gouvernement seinerseits nach wie vor für den Rückzoll?

Finanz -Minister; An sich war man nicht für dieses Sy⸗ stem. Man wollte, um die Sache zu einer Verständigung zu bringen sich dazu verstehen; daß man aber das System der Rückzölle über! haupt für richtig halte, ist nicht damit gesagt. Das preußische Gou⸗ vernement ist dem Grundsatze des Gesetzes von 1818, so wie des von 18338 treu geblieben, wonach die Rückzölle diesem Systeme eigent⸗ lich fremd sind, aber mäßige Schutzzölle für Manufaktür= und Fa⸗ brikwaaren stattfinden und zwar in der Regel von 10 Prozent. Die⸗ ser allgemeine Satz varürt aber, er steigt bei einigen Artikeln viel höher, wie er bei anderen geringer ist. Preußen hat hieran bisher festgehalten und unn einige Modificationen eintreten lassen, und es fragt sich, inwiefern man davon künftig in größerem Maßstabe ab⸗— gehen wolle. Hauptsächlich sind Baumwollen-Waaren in Frage, aber auch andere Gegenstände der Fabrikthätigkeit. .

Fürst von Lichnowsky: Es sei mir zuerst vergönnt, auf den ersten Vortrag des Herrn Finanz-Ministers zurückzukommen. Es ist ein Punkt in demselben, den ich mir erlaube hervorzuheben. Er hat mich für die Petition, die ich die Ehre hatte, hier einzureichen, sehr erfreut. Es ist die Anerkennung des Herrn Finanz Ministers, daß wir uns jetzt in einer Periode befinden, wo derlei Fragen verhandelt werden müssen. Der Herr Finanz-Minister hat mit diesen Worten die Zeitgemäßheit dieser Petition anerkannt, und, wenn eine Petition, d. h. ein Wunsch, zeitgemäß ist, so ist eine Abänderung eines beste⸗ henden Zustandes als nothwendig anerkannt worden; das ist die lo⸗ gische Folge davon. Indem ich also von diesem ersten Satz des Herrn Finanz-Ministers Akt nehme, gehe ich weiter auf seinen Vor- trag über und werde zuerst aus demselben den diplomatischen Theil, wenn ich mich so ausdrücken darf, entfernen. Es steht mir nicht zu, es steht der hohen Kurie überhaupt nicht zu, die größere oder gerin⸗ gere Macht, das größere oder geringere Uebergewicht, welches Preu⸗ ßen bei dem Zoll-Kongresse ausübt oder ausüben kann, hier zu pon— beriren. Aus der letzten parlamentarischen Conversation, die zwischen dem Herrn Finanz-Minister und meinem verehrten Kollegen, dem Stell⸗ vertrcter für den Herzog von Arenberg, stattgefunden hat, habe ich mit Freuden ersehen, daß, wenn auch nicht 9 ausgedrückt, es sich doch klar ergiebt, daß nur die Liebe zur Eintracht und zum Frieden die Rüchzölle bei dem letzten Kongresse preußischerseite hat aufgeben lassen. Ich nehme auch hiervon Akt und kann nun um so mehr diese biplomatischen Punkte verlassen, als sie, wie gesagt, vor unser Forum nicht gehören.

Ter Herr Finanz⸗Minister hat beliebt, eine Reihe von Ziffern vor uns zu entrollen. Ich gestehe, daß ich auf diese Ziffern ebenfalls nicht eingehen kann; denn ich konnte ihnen nicht folgen. Ich muß also von vornherein alle Ziffern perhorresziren. Es kann mir nicht einfallen, mich mit dem Herrn Finanz⸗Minister in einen Wettstreit von Ziffern und Zahlen einzulassen; ich kann ihn in dieser Beziehung mit gleichen Waffen nicht bekämpfen. Es stehen dem Ministerium Mil⸗ lionen voön Zahlen zu Gebote; Tausende von Beamten und Tausende von Daten sind stets zu seinen Diensten. Wer in dieser Kurie, wer in der anderen Kurie, ja, ich frage, wer in dem ganzen Lande kann sich in diesen Wettstreit einlassen? und ich muß es dem Herrn Finanz⸗ Minister Dank wissen, daß er von dieser großen Gewalt nur einen sehr mäßigen Gebrauch gemacht hat. Denn welcher Kaufmann, wel⸗ cher Fabrikant kann sich in eine Debatte von Zahlen einlassen, wo Jahlen ihm genannt werden, die einer ihm fremden Region, einem ihm fremden Geschäfte entlehnt sein können. Hätte ich meine Peti= tion vor dem Vereinigten Landtage zu vertheidigen, so würde ich auf sene unserer Kollegen appelliren, die Mitglieder der Handels-Kammern der westlichen Prövinzen sind, oder zu den kaufmännischen Corpora⸗ tionen der östlichen Theile der Monarchie gehören, ich würde an die Fabrikbesitzer, mit einem Worte an die achverständigen, appelliren, deren Zuziehung ich in meiner Petition ya g. e. Jeder von ihnen fönnte für seine Gegendantworten, für seinen Gewerbszweig, für diejenige Partie einstehen, von der er vielleicht eine eben so genane