1847 / 145 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

halb wünsche ich, daß nicht nur etwas Neues, sondern auch etwas wirklich Gutes, etwas Besseres an die Stelle dessen, was wir bisher gehabt haben, treten möge.

stände, welche die Patrimonial-Gerichtsbarkeit hat, anerkenne, so freut es mich, daß ich von dem letzteren Herrn Redner die Vorzüge dersel ben habe hervorheben hören. Ich glaube, dieselben sind sehr groß und vorzugsweise für die Eingesessenen. Es ist der Kostenpunkt und die Ersparniß an Zeit, durch welche wesentlich gewonnen wird, und

will ich antworten. Der erste Punkt ist der, daß ein Richter an die⸗

Graf von Solm Ss Baruth: Wenn ich auch einige Uebel,

auf diese beiden Vorzüge, glaube ich, muß man vorzugsweise Rüd⸗ sicht nehmen. Daß Verbesserungen eingeführt werden konnen, ist je⸗ denfalls wahr und wünschenswerth. Nach dem Vorschlag des Aus⸗ schusses, glaube ich, werden solche Verbesserungen sich durch . ständige und durch unser Eingehen in die Sache selbst sehr gut zer- ausfinden lassen, und ich glaube, daß so wie wir von Sr. Excellenz dem Herrn Justiz-Minister gehört haben, der Weg gefunden ist, die Behörden werden, wenn sie darauf eingehen, wesentliche Verbesserun⸗ gen erreichen, und es wird sich eine bessere Form in die Gerichts⸗ barkeit einführen lassen und ein wohlthätiger Gewinn erlangt werden. Daher dem Antrage des Ausschusses anschließen, so

Ich würde mich da ie den Modificationen, welche die Grafen von Keyserling und von

Itzenplitz beantragt haben. .

Y” zreiherr Senfft von Pilsach: Ich erlaube mir einige Worte dem zu entgegnen, was von Seiten eines verehrten Mitgliedes dort drüben geäußert worden ist, daß dasselbe nämlich, wenn ich recht ver⸗ wdabe, die Speziellitäten möglichst vermeiden wolle. Ich muß gestehen, ich hätte sehr gewünscht, daß sie gerade alle hervorgehoben wären. Bei einer so wichtigen Frage muß es natürlich für Jeden interessant sein, die Uebelstände genau kennen zu lernen, die den An⸗ trag auf Aufhebung von Patrimonialgerichten motiviren sollen. Es sind indessen zwei Momente wirklich erwähnt worden, und hierauf

standen l

sem und einem anderen entfernt belegenen Orte angestellt sei, daß an anderen dazwischen belegenen Orten ein Zweiter und Dritter als Rich⸗ ter fungire, und daß dies große Uebelstände hervorrufe. Solche Uebelstande scheinen mir aber blos die Personen der Richter zu tref⸗ fen, und die müssen es am Ende mit sich selbst abmachen, ob sie auf mehr oder mindere Entfernung die Geschäfte übernehmen wollen. Für die Einsassen ist dieser Punkt aber gleichgültig, denn der Richter kommt an ihren Wohnort und macht dort die Geschäfte ab. Als ein zweiter Uebelstand ist erwähnt worden, daß die Richter, weil sie ent— fernt von den Einsassen wohnten, ihnen fremd blieben. Dies ist aber keinesweges der Fall. Eben weil der Richter immer an den Wohn ort der Einsassen kommt, weil er die Leute kennt und die Leute ihr kennen, weil er sich in ihre speziellen persönlichen Verhältnisse einlebt, kann er viel wohlthätiger auf die Einsassen einwirken. An⸗ dererseits ist die vor einem ihnen bekannten Richter an Ort und Stelle stattfindende Verhandlung ungleich zusagender, als wenn sie statt dessen in ein fernliegendes Gericht gehen sollen, wo vielleicht ein junger Referendarius sie vernimmt, der seit wenigen Wochen dort angestellt ist, keinen Menschen kennt, auch von keinem Menschen ge⸗ kannt wird und nach 6 Monaten wieder weggeht, um das Examen

zu machen. So wird jedes persönliche Verhältniß des Vertrauens fast unmöglich, und gerade die Personen, die als Beamte mit den Einsassen selbst zu thun haben, sind vorzugsweise die jüngeren Be⸗ amten, welche fortwährend wechseln, während die Direktoren der Ge- richte sehr wenig in persönlichen Verkehr mit den Einsassen kommen. Was die Versuche in der Rechtspflege betrifft, so kann ich dieselben nicht für so unerwünscht erachten, als sie geschildert worden, sie ha⸗ ben vielmehr oft zum Besseren geführt, wie dies namentlich noch neuerdings in Betreff des Kriminal -Verfahrens der Fall gewe en m.

Hraf Aork: Ich habe nicht gesagt, daß ein solcher Versuch nothwendlg kein guter sein müsse; ich habe nur gesagt, daß es prin⸗ zipiell nicht der Stellung des Staates entspreche, versuchsweise etwas zu unternehmen.

Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich: Es scheint mir sehr wahr zu sein, daß, wenn der Staat etwas thut, so muß er nicht bloße Versuche machen, sondern etwas thun, was gleich Hand und Fuß hat. Anstatt einen Versuch zu machen, nur theilweise die Pa⸗ trimonial-Gerichtsbarkeit aufzuheben, wäre es besser, sie lieber ganz aufzuheben, obgleich ich nicht dafür bin. Ich will mir nur erlauben, ein kleines Beispiel anzuführen, was dem Gutsherren bevorsteht, wenn er Gerichtsbarkeit und Polizei aufgiebt. Ich bin selbst nicht bethei⸗ ligt bei dieser Frage und daher ganz unparteiisch. Der Herr Graf von Landsberg wird es mir bezeugen, daß alle Gutsbesitzer in den westlichen Provinzen gar nichts mehr von ihren alten Rechten be— sitzen, sie haben weder die Gerichtsbarkeit noch die Polizei; das Band, welches hier jetzt noch die Insassen mit dem Gutsherrn verbindet, hat dort ganz aufgehört, und es ist so weit gekommen, daß die Guts⸗ besitzer, die früher dieselben Rechte besaßen, die hier die Gutsbesitzer noch haben, sich jetzt oft bemühen um die Stelle eines Schulzen, wie man es hier nennt, und welcher dort Bürgermeister heißt, um we— nigstens ein kleines Recht für sich zu haben und einigermaßen auf die Leute einwirken zu können, weil sie sonst unter dem Ortsvorstande stehen würden, der ihnen dies sehr fühlbar zu machen sich nicht ent⸗ blödet. Sie heißen dort alle nur Gutsbesitzer, wie jeder Bauer sich auch Gutsbesitzer nennt, und sie, haben nicht das geringste Mittel mehr in Händen, auf die Moralität ihrer früheren Insaffen einzu— wirken, und das, glaube ich, ist ein Uebelstand, der sehr groß ist. Denn wenn der Gutsherr zu seinen Insassen in einem väterlichen, fürsorgenden Verhältnisse lebt, kann dies nur segenbringend einwir⸗ ken. Es ist selbstredend, fast natürlich, daß alle gegenseitige Theil⸗= nahme a4ufhören muß, wenn die Bande aufhören, die Gutsherrschaft und Insassen verbinden. Deshalb bin ich dafür, daß, wo die Guts⸗ besitzer diese Mittel noch besitzen, es gewiß gut ist, daß sie dieselben nicht aufgeben, sondern behalten.

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen: Ich will nur mit einigen paar Worten meine Meinung über die vorliegende Frage aussprechen, da ich der früheren Verhandlung im Staatsministerium über diesen Gegensiand beigewohnt habe. Daß eine Reform noth— wendig sei, ist allgemein anerkannt, und die Mängel, die den Patri⸗ monial-Gerichten vorgeworfen werden, scheinen sich hauptsächlich dar⸗ auf zu reduziren, daß sie den Gutsherren Unannehmlichkeiten bereiten und Kosten verursachen, und drittens, daß die Einsassen fürchten daß der Richter eine von dem Gutsherrn zu abhängige Person sei Was die beiben ersten Punkte betrifft, so weiß ich nicht recht, wohin es in der Welt kommen würde, wenn man sich alles dessen entäußern wollte, was einem Kosten auflegt und Unannehmlichkeiten bereitet. Dagegen ist der Punkt wichtiger für mich, daß die Ansicht theil⸗ weis besteht, daß der Richter in eine gewisse Abhängigkeit von dem Gutsherrn gedacht wird. Dieser Hauptmangel und der der Einsei⸗ tigkeit des Einzelnrichters ist es auch, der gerade besonders ins Auge gefaßt worden ist bei der Berathung, von welcher der Herr Justiz⸗ Minister gesprochen hat, und dem soll durch ein Zusammentreten von Richtern, durch eine kollegialische Verfassung der Gerichte vorgebeugt werden. Dies scheint mir eine heilsame ünd nöthige Maßregel zu . namentlich wenn die Oeffentlichkeit sich weiter verbreitet; ob iese aber vor einem einzelnen Richter anwendbar sein würde, steht dahin und würde dem Glauben: der Richter sei abhängig von dem

Sõ8

Gutsherrn und dessen Einfluß sei überwiegend, doch nicht überzeugend entgegentreten. Wenn aber ein kollegialisches Verfahren eintritt, hört diese Besorgniß auf. Dies ist also der wichtigste Punkt, und daher stimme ich auch für eine Reform; aber gegen eine völlige Aufhebung dieser Rechte erkläre ich mich nach meiner Ueberzeugung auf das allerbestimmteste, denn es sind alte angestammte Rechte. Ich weiß wohl, daß gesagt wird, die Gerichtsbarkeit habe keinen Sinn mehr, seitdem das . der Hörigkeit durch das Gesetz von 1808 auf⸗ gelöst worden ist; das ist aber fur mich nicht entscheidend; alle Bande jwischen Gutsherren und Einsassen haben durch jene Gesetze nicht ge= löst werden sollen, sondern nur die der schwersten Verpflichtungen; durch Erhaltung der Patrimonial- Gerichtsbarkeit verbleibt in der Stellung des Hutsherrn als Gerichtsherrn ein Band zwischen ihm und den Einsassen, was sehr heilsam ist und erhalten zu werden ver= dient. Dieses würde, wenn man die Patrimonial-Gerichtsbarkeit auf- höbe, sich nur noch in der Polizei⸗Gerichtsbarkeit finden; das ist aber ein Band, welches, wenn es allein bestehen bleibt, viel weniger er— freulich für die Einsassen ist, weil damit immer der erste Angriff ver— bunden ist; um nun aber die Einsassen zu der Ueberzeugung zu füh— ren, daß sie ferner nicht sagen können: wir werden nicht nur von Polizei wegen gefaßt, sondern wir bekommen auch nie recht, weil der Gutsherr den Richter auch in der Hand hat, so muß die angedeutete Reform dieser Gerichtsbarkeit jedenfalls gewünscht werden, wogegen aber das völlige Aufheben derselben zum Auflösen des inneren Ver— hältnisses des Gutsherrn mit den Einsassen führen würde, Daher stimme ich für eine Reform, aber durchaus nicht für die völlige Auf⸗ hebung.

Graf Dyhrn: Prinzipaliter muß ich mich ganz und aus voller Seele dem anschließen, was mein edler Freund vom Sekretariat schon ausgesprochen hat, ja, er hat theilweise das, was ich sagen wollte, voraus weggenommen. Auch ich wünsche eine Aufhebung der Pa⸗ trimonial-Gerichtsbarkeit. Ich verkenne ihre guten Seiten durchaus nicht; ich verkenne den Grund, auf dem sie ruht, auch nicht. Dieser Grund ist der Patrimonialstaat; ich glaube aber, daß eben dieser Staat jetzt nicht mehr eristirt. Warum er nicht mehr existirt, die Ursachen, welche ihn um seine Existenz gebracht haben, hier näher zu entwickeln, wäre zu weitläuftig, und ich werde die hohe Ver sammlung nicht damit belästigen. Die Geschichte des letzten Jahrhunderts giebt darauf Antwort. Nun ist aber hier gesagt worden, daß das letzte Band, welches zwischen dem Gutsherrn und den Gutsinsassen noch besteht, durch die Aufhebung der Patrimonial⸗Gerichts barkeit ganz zerrissen werden würde. Ich muß gestehen, ich kann in der Patri⸗ monial-Gerichtsbarkeit kein Band mehr erkennen, denn es könnte nur ein solches sein, wenn der Insasse noch das Bewußtsein hätte, daß der Richter abhängig von dem Gerichtsherrn wäre; ich glaube jedoch, Se. Excellenz der Herr Justiz-Minister würde jedem Gerichtsherrn es bald begreiflich machen, daß eben der Patrimonialrichter als Nichter nicht mehr von ihm abhängig ist. Nun soll aber durch die Refor⸗ men, welche hier gewünscht werden und für die sich so viele Stimmen ausgesprochen haben, gerade dieser Punkt vermieden werden, sie sol⸗ len eben das letzte Mißtrauen, die Abhängigkeit betreffend, auflösen, und damit stimme ich ganz überein; denn dies ist der Hauptpunkt, es ist das Haupt-Mißtrauen gegen die Patrimonialgerichte. Die gefor⸗ derten Reformen sollen die Selbstständigkeit des Richters gegenüber dem Gerichtsherrn klar machen, und gelingt ihnen dieses, dann existirt auch, nach meiner Meinung, gar kein Band mehr zwischen Gerichts— herren und Gerichts- Einsassen, außer dem allerschlechtesten, das Band der Kosten! Dann weiß Jeder, daß das Gericht ganz selbstständig

handelt, deß die Gerichtsherren mit dem Gerichte gar nichts mehr zu thun haben, als daß ihnen alle halbe Jahre so und so viel Spor— teln abgeführt werden. Ich glaube aber, meine Herren, daß das ein Band ist, welches wir eben nicht nur vermeiden, sondern sogar so viel wie möglich geradezu zerreißen müssen; denn es ist das Band, welches, wie schon anderwärts angeführt wurde, zwischen dem Gläu⸗ biger und dem Schuldner besteht, und wenn ein verehrtes Mitglied des allgemeinen Landtags neulich seine Liebe zu seinem Gläubiger aussprach, so werden doch auch sehr Viele sein, die diese Liebe nicht theilen. Dieses ist meine prinzipielle Meinung in Uebereinstim— mung mit meinem Freunde vom Sekretariat. Nun handelt es sich hier aber nur um eine Reform, da ich überzeugt bin, daß unsere Hoff⸗ nung heute wohl noch nicht in Erfüllung gehen wird. Ich kehre da— her zu der Vorlage der Besprechung zurück, und hier erlaube ich mir auf einen Widerspruͤch im Antrage der Abtheilung aufmerksam zu machen und mich von vornherein dahin zu erklären, daß ich auf den ganz allgemeinen Tenor der ersten Petition lieber zurückgehe. Der Antrag der Abtheilung sagt nämlich: „Das Bedürfniß einer Reform der Patrimonial- Gerichtsbarkeit behufs ihrer Uebereinstimmung mit den Reformen der allgemeinen Rechtspflege und behufs der von Sr. Majestät Allerhöchstselbst beabsichtigten festen und nachhaltig ge— sicherten Stellung.“ Diese zweifache Forderung kann, wie mir scheint, mit der Zeit einen großen Widerspruch erzeugen. Die Reformen der allgemeinen Rechtspflege, welche bis jetzt, wenigstens im Bereiche des Königlichen Kammergerichts, stattgefunden haben, führen durchaus den Anklageprozeß ein.

Ich weiß nun nicht, ob diese Reform, allerdings die größte, die wir in unserer Rechtspflege erleben können, weiter ausgedehnt werden wird. Nehmen wir aber an, daß sie weiter ausgedehnt wird, so bit⸗ ten wir hier, die Patrimonial⸗-Gerichte mit diesem akkusatorischen Pro⸗ zesse, mit diesem Anklage -Prozesse in Uebereinstimmung zu bringen. Ich glaube, daß dann aber unmöglich ist, auf eine feste und nachhal⸗ tig gesicherte Stellung zugleich die Bitte zu richten; denn nach dem Prinzip, welches in unserem akkusatorischen Prozesse gilt, darf Nie⸗ mand vor Gericht gezogen werden, der nicht vom Staatsanwalt, also vom Ankläger des Staates angeklagt worden ist. Nun erlaube ich mir zuvörderst auf den kleinen er d stunt aufmerksam zu machen, wel⸗ chen schon der Titel eines solchen Patrimonigl— Staatsanwaltes ver= ursachen wirb: „Staatsanwalt des gräflich Dyhrn'schen Gerichts“.

(Heiterkeit in der Versammlung.“)

Ich glaube, darin würde schon ein kleiner Widerspruch liegen, und zweitens, meine Herren, kenne ich Patrimonial-Gerichte, zu de⸗ nen ich mir gar keinen Staatsanwalt denken kann. Ich habe die Phantasie angestrengt, aber die Gerichte sind von der Beschaffenheit, daß ich kaum glaube, daß sie zur Staatsanwaltschaft geeignet sind.

(Abermalige Heiterkeit. 366

Ich bitte schließlich, mich noch zu belehren, wie das Prinzip der ,,,. Gerichtsbarkeit mit dem der Reform, welche hier im Kreise des Kammergerichts schon begonnen hat und gewiß weiter aus⸗ geführt werden wird, in Uebereinstimmung zu bringen ist. Meinen Begriffen nach hebt eines das andere auf, daher scheint mir die Bitte im Widerspruch mit sich selbst zu stehen, und ich würde lieber auf den ganz allgemeinen und einfachen Tenor des Bittstellers zurückgehen.

Justiz⸗Minister Uh den: Es ist behauptet worden, daß, die Patrimonialrichter von den Patrimonialgerichtsherren zu abhängig wären. Wag die Kenntniß des Justiz⸗-Ministeriums aus den Akten hierüber betrifft, so kann ich nur sagen, daß die meisten Klagen nur seitens der Patrimonial⸗Gerichtsherren über die Patrimonialrichter vorgelommen sind, daß ihren Anordnungen keine Folge gegeben werde. Die Richter sind schon durch ihre Stellung gegen etwaige Willkür= lichkeiten gesichert. Was ferner von dem Anklage⸗Prozeß gesagt worden ist, so muß man zunächst, wenn er ausgedehnt werden soll,

die verschiedenen Verhältnisse dabei beobachten. Der Anklage⸗Prozeß verlangt allerdings einen Kläger, aber man braucht ja nicht den An⸗ kläger Staats Unwalt“ zu nennen, und gewiß wird es dem Gou⸗ vernement nicht in den Sinn kommen, von einem gräflich Dyhrnschen Staats- Anwalt zu sprechen. Welche Organisation bei Ausdehnung des neuen Kriminal-Verfahrens zu treffen sind, darüber bin ich zur Zeit außer Stande Auskunft zu geben, da das von den verschiedenen Berichts Verfassungen und Lokalitäten abhängig ist.

Referent von Keltsch: Es scheint mir, daß die Debatte nach und nach einen Gang eingeschlagen habe, der von dem ursprüngli⸗ chen Wege aus etwas abgeführt hat, und möchte sie dahin zurücklei⸗ ten. Deshalb bemerke ich zuerst Folgendes: Es ist die Frage er⸗ örtert worden, ob es überhaupt wünschenswerth sei, die Patrimonial⸗ gerichte ganz aufzuheben? Dies war nicht Gegenstand der Petition, und wird es daher auch nicht der der Debatte sein können. Es han⸗ delt sich nur darum, ob die Reform wünschenswerth sei, und darüber schien eine große Uebereinstimmung zu herrschen. Ich glaube also auch nicht näher darauf eingehen zu dürfen, welche Gründe gegen die Aufhebung der Patrimonial- Gerichtsbarkeit sprechen. Nur im Vor⸗ beigehen will ich die einzige Bemerkung mir erlauben, daß ich sogar glaube, daß das Fortbestehen der Patrimonial⸗-Gerichts barkeit indirekt einen recht wohlthätigen Einfluß auf die Königlichen Gerichte übe, und zwar in folgender Hinsicht: Schon von anderer Seite ist tres⸗ fend hervorgehoben worden, daß bei den Patrimonial Gerichten nicht ein so vielfacher Personenwechsel eintritt, als bei, den Königlichen Gerichten, und schon in dem früheren Verlaufe dieser Debatte hat des Herrn Justiz-Ministers Excellenz hingeworfen, daß gerade die Patrimonial⸗ Gerichtsbarkeit die eine sehr gute Seite habe, daß die Gerichtsbarkeit in derselben mehr inneres Leben habe; es macht sich, wenn 'ich den harten Ausdruck gebrauchen darf, das Maschinenmäßige darin nicht so geltend, wie es in anderer Beziehung doch wohl entstehen kann. Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen, ich glaube nämlich, wenn wir blos Königliche Gerichte ohne Patrinionial⸗Gerichte haben sollten, so würde vielleicht in den Geist unserer Justiz⸗Verwaltung zu viel Hierarchisches kommen; ich bitte, diesen Ausdruck fern von jeder üblen Nebenbedeutung zu verstehen. Ich glaube, gerade eine Sicherung gegen ein solches Verhältniß darin zu finden, wenn neben den König⸗ lichen Gerichten auch Patrimonial-Gerichte parallel gehen.

Wir sind also auf dem Punkte wieder angelangt, daß uur von der Reform der Gerichtsbarkeit weiter die Rede ist. Es ist aber fer⸗ ner gesagt worden, es bedürfe einer Petition an Se— Majestät den König darum nicht, weil es wohl wünschenswerther sei, den Weg des Uebereinkommens mit den einzelnen Gerichtsherren mehr zu verfolgen und den Erfolg hiervon nach Jahresfrist abzuwarten. Dem kann ich mich nicht anschließen und würde bej der von der Abtheilung in ih. rem Gutachten ausgesprochenen Ansicht fest beharren, daß dieser Weg nicht für zweckmäßig zu halten sei. Ich mache nur darauf aufmerk⸗ sam, daß eine Menge Gerichtsherren auf den Weg des Uebercinkem mens gewiß nicht eingehen werden, ich glaube also, daß die er Weg wenig zum Ziele führen werde. Ich bin aber auch der, Meinung, daß die Reformen, welche etwa durch Uebereinkommen bewirkt werden können, durch die gegenwärtige Petition gar nicht gehindert werden, im Gegentheil wird die Petition, die wir an Se. Majestät den König richten, vielleicht dahin führen, daß gerade eine Menge der Gerichtsher ren geneigter sein würden, sich vor dem Erscheinen gesetzlicher . gen zu einigen. Es ist aber auch noch gesagt worden, es habe ü ö. haupt mit der Reform keine Eile. Dem trete ich nun nicht ei. Von dem Herrn Justizminister ist angedeutet worden, daß gerade die Erfahrungen, die über das sogenannte Perhorrescenz⸗ Gesetz gemacht worden sürd, mit dazu geführt hätten, daß man die Umbildung der Patrimonial-Gerichtsbarkeit für wünschenswerth erachte. Aus dem geringeren Kreise meiner Erfahrungen kann ich vollkommen bestätigen, daß von dem Perhorrescenz-Gesetz ein sehr zahlreicher Mißbrauch gemacht worden ist und täglich gemacht wird. Ich kenne nicht leicht ein Gesetz der neueren Zeit, welches so sehr dazu geführt hat, Miß⸗ trauen zu erregen und in so ganz anderer Weise praktisch ausgebeu— tet und angewendet wird, als gewiß die entgegengesetzte Ansicht ge⸗ wesen ist, welche es hervorgerufen hat. Es giebt aber auch, wenn wir uns mehr auf das Materielle einlassen wollten, was ich bisher möglichst vermieden habe, auch noch manche Zweige unserer Patri⸗ monial-Gerichtsbarkeit, die gewiß wünschenswerth machen, die Re⸗ form nicht hinzuhalten. Es ist schon angedeutet worden, daß die Umbildung des Kriminalwesens nothwendig mache, sich bald zu ent⸗ schließen. Ich finde auch in dem Verhältnisse unseres Geldverkehrs bei kleinen Gerichten einen dringenden Anlaß, mit der Sache vorzu⸗ gehen. Gerade in der Provinz, in welcher ich angesessen bin, existirt eine Menge ganz kleiner Gerichte. Ich kenne deren, die sich nur über 20 bis 30 Personen erstrecken, andere, die nur drei kleine Feuer= stellen umfassen. Dessenungeachtet ist das Depositalwesen, also die Verwaltung der Mündelgelder, im Wesentlichen in dieselben Formen ein⸗ gezwängt, die für die Patrimonialgerichte gelten, welche mehr als 15,000 Seelen umfassen. Es versteht sich wohl, daß die praktische Ausführung hierbei sich ganz verschieden stellt und nachzuhelfen sucht; aber auch bei den Gerichten, die nicht so völlig klein sind, bei den Patrimonialgerichten mittler Größe, ist es, wie ich weiß, beinahe nicht möglich, die Mündelgelder rechtzeitig anzulegen, den Vormündern rechtzeitig zu den Zinsen der Mündelgelder zu verhelfen, und hieran reihen sich eine Menge Uebelstände, welche Beeilung der Reform erfordern.

Graf von Arnim verzichtet auf das Wort.

von Landsberg: Ich habe nur eine kurze Bemerkung in Beziehung auf die Aeüßerung Sr. Königl. Hoheit anzuführen, daß nämlich in der Provinz Westfalen die Patrimonial-⸗Gerichte größten⸗ theils aufgehoben sind. Nur in dem Herzogthum Westfalen existiren vielleicht noch 3 oder 4 Patrimonial-Gerichte.

von Hochberg: Ich habe im Anfange der Debatte geglaubt, es würden Mehrere zum Theil für, zum Theil gegen das Bestehen der Patrimonial-Gerichte stimmen, und darum glaubte ich eine Er⸗ klärung abgeben zu müssen, weil ich einen hohen Herrn vertrete, der einen Gerichtssprengel hat. Indessen ist diese durch die Erklärung des Herrn Referenten jetzt unnöthig geworden, ich will also das wei⸗ tere Wort in der Debatte nicht aufhalten. Ich könnte nur im All⸗ gemeinen dafür stimmen, die Patrimonial- Gerichte beizubehalten, daß man aber auch die Reformen, welche, die Zeit erfordert, eintreten lasse. Es ist auch wohl in dem Kreise meiner Bekannten in Schlesien größ. tentheils die Ansicht verbreitet, daß die Patrimonial⸗ Gerichtsbarkeit beizubehalten sei, obgleich nicht zu verkennen ist, daß die Kriminal⸗ Jurisdiction in manchen Umständen sehr lästig werden kann. Indessen darüber mich weiter auszulassen, fühle, ich mich weder befugt, noch unterrichtet genug. Die Zeit wird zeigen, wie sich die Sache am besten gestaltet.

Fürst von Hohenlohe, verzichtet auf das Wort.

Graf Dohna-⸗Schlodien; Ich verzichte auf Alles, was ich anführen wollte. Nur eine Bitte sei mir erlaubt, gegen den Herrn Justiz⸗Minister, als Uöniglichen Kommissar, auszusprechen. Ich bin für die Reform und schließe mich meinem Freunde aus Preußen an. Bei dieser Reform halte ich aber für höchst. wichtig, daß möglichst kleine Bezirke gebildet werden und der Gerichtssprengel wo möglich

Erste Beilage

M 145.

859

. , rere.

Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen

. 569 Ir erde in kleine Städte, noch besser, auf we n . Ich will . Bewohner te, ,, Ercellenz werden ihn kennen wahrt wissen, der ihnen droht. vven zum Verderben der Landbe . werden len / e e , Weise sich äußern. Ich glaube, way *. 19 ) . 1 . 8 . 1 nommen, als man es in großeng un ö ten bebe mn . . bas dieses Verhältniß, wie e p. aun dem Lande war, so , . als möglich gestört n, . ebelstande vorgebeugt werde, habe ich diese Bemerkung machen wollen. . .

zune Minister Uh den: Ich habe darauf zu bemerken, daß . , berücksichtigt werden und sich am besten auf dem Wege e seene n ersin iqüng erfüllen lassen wird. Was übrigens die er⸗ wähnten Winkel FKonsulenten, betrifft, so ist deren Schädlichkeit bei allen Prozessen, die lollegialisch behandelt werden müssen, durch das Gesetz vom 21. Juli v. J. fast paralvsirt worden.

Prinz Biron von K urland: Ich wollte mir nur erlauben, zu wiederholen, daß, wie ich im Eingauge schon die allgemeine Fas⸗ fung der Petition zu vertheidigen gesucht.— habe, die Debatte mir ge— rade neue Beweise gegeben hat, wie wünschenswerth es gewesen, daß ich mich nicht auf Einzelnheiten eingelassen und nicht eine ausführliche Motivirung des Antrags mit versucht. Was dann das Gutachten der Kommission in Bezug auf die Vorlage an die Provinzial-Stände betrifft, so habe ich geglaubt, daß gerade das Gesetz vom 3. Februar d. J. mich dazu nicht berechtige. Ich hätte vielleicht selbst diesen Weg eil geschlagen, aber im 5. 12 des Gesetzes vom 3. Februar sind aus Erücklich die Gesetze, betreffend dergleichen Rechte, der Vorlage an den Vereinigten Landtag vorbehalten. Was ein verehrtes Mitglied von der Provinz Schlesien gesagt hat, daß alle Bande durch die Re form gelöst werden, so muß ich dem widersprechen; denn die, Wahl des Richters, die dem Patrimonialgerichtsherrn verbleibt, ist und bleibt ein großes Recht, und dieses Recht nehme ich für uns Alle in Anspruch. ö .

Graf von Burghaus: Auf zwei Momente der früheren Debatte muß ich mir erlauben, die Aufmerksamkeit der hohen Kurie zurückzuführen. Zunächst hat einer meiner verehrten Herren Kollegen aus Schlesien erwähnt, daß, wenn durch das Patrimonial Gericht ein Band noch existirt zwischen Gerichtsherrn und Gerichts Insassen, so existire es nur dadurch, daß der Gerichtsherr alle halbe Jahre die Sporteln einstreiche. Diese Bemerkung möchte ich doch nicht im Pro tokoll ohne Entgegnung lassen. Ich kenne dieses Band, wenn es von der pecuniairen Seite betrachtet wird, nur dadurch, daß ich zahle, nicht aber, daß ich empfange. Ich habe gewöhnlich ansehnliche Summen zuzahlen müssen, von einem Empfange habe ich nie etwas verspürt. Es sei der Ausdruck einmal gewählt worden, Sporteln einzustreichen. Das setzt voraus, daß ein Empfang gemeint war. Uebrigens meinerseits betrachte ich ein solches Verhältniß immer als ein Band zwischen Gerichtsherren und Gerichts-Insassen. Ich muß es als solches erkennen, weil ich wenigstens die glücklichen Augenblicke erlebt habe, daß die Gerichts Insassen mit Zutrauen zu mir gekom men sind und meinen Rath verlangt haben und, wenn sie arm waren, gebeten haben: „Erlassen Sie uns die bei Ihrem Gerichts Amt aufgelaufenen Kosten.“ So habe ich es immer als ein Band be trachtet, das, wie ich hoffe, recht vielfältig besteht und noch lange bestehen wird. Dann muß ich mir erlauben, zu bemerken, daß ein geehrtes Mitalied, welches ich in diesem Augenblicke nicht hier in diesem Saale sehe, geäußert hat, daß das Perhorrescenz-Gesetz bei den Patrimonial Gerichten etwas sehr Unangenehmes sei, welches durch die Reform nicht beseitigt werde. Das wird allerdings durch die Reform geschehen; denn wenn ein Kollegium zusammentritt, so fällt es von selbst, so weit ich dies, ohne Jurist zu sein, beurtheilen kann; aber das muß ich bemerken, daß, wie ich glaube, nach dem Gange der Nechtspflege und der jetzigen Lage der Verhältnisse gerade die Möglichkeit der Perhorrescenz als etwas Nothwendiges erscheint. Es mußte dem Insassen die Ueberzeugung gegeben werden, daß er nie durch Abhängigkeit des Richterstandes verkürzt werden könne, und daß er, wenn er eine solche Abhängigkeit erkennen oder befürchten sollte, das Recht habe, einen anderen Richter zu wählen. Tarum betrachte ich diese Perhorrescenz nicht als etwas Gefährliches, sondern als etwas, was den Gerichten Achtung verschaffen muß.

Graf von Arnim; Ich wollte auf das Wort verzichten, weil ich glaubte, die Viskussion sei so weit fortgeschritten, daß es keiner weiteren Bemerkung mehr bedürse. Wenn es aber dennoch ange messen erscheinen muß, auf diejenigen Aeußerungen etwas zu erwie dern, die über das Verhältniß geschehen sind, das zwischen dem In haber der Patrimonial-Gerichtsbarkeit und den Gerichts Eingesessenen y,, so kann ich mich, nicht enthalten, mit wenigen Worten mich darüber auszusprechen, wie die Auffassung jenes Verhältnisses, die ich von einer Seite her vernommen habe, mich schmerzlich berührt hat und, daß ich hoffe, daß dasselbe bei Vielen von uns in einer schöneren Weise sich gestaltet hat, als hier geschildert worden ist. Wenn dieses nicht der Hall ist, wenn das Verhältniß sich anders gestaltet, so liegt dieses in Gründen, die wir durch keine Gesetzgebung zu verhindern im Stande sind., Daß aber dieses Verhältniß in der Patrimonial= Gerichtsbarkeit liege, davon habe ich wenigstens keine Erfahrung ge macht, und von vielen meiner Mitstände vernommen, daß dieses kein (rund dazu gewesen sei. Es ist die Aufhebung der Patiimonial Gerichtsbarkeit von einigen Seiten als höchst wünschenswerth und als ein Gegenstand bezeichnet worden, der ihnen gewissermaßen am Herzen gelegen habe. Ich frage aber dann, warum nicht von dieser Seite, ein Antrag darauf gemacht worden ist? Wenn ich ein Be dürfniß der Art empfände, würde ich der ständischen Versammlung welcher ich anzugehören die Ehre habe, das Bedürfniß nicht verschwie gen, sondern ihr es in einem Antrag vorgetragen und erwartet haben wohin die Stimmung der Versammlung sich neigt. Es liegt uns aber kein solcher Antrag vor, und ich glaube, es ist eine Abweichung von dem Wege unserer Berathung, wenn wir uns auf diesen Gegen⸗ stand überhaupt eingelassen haben. Wir haben es zu thun mit einem Antrage auf eine Reform der Patrimonialgerichte. In, Beziehung auf diese Neform bemerke ich, daß von vielen Seiten geäußert wor. den ist, sie sei durch die Mängel der Patrimonial-Gerichtsbarkeit nothwendig geworden. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß sich eine Reform oft nicht allein nothwendig zeigt durch die inneren Mängel der Einrichtung, sondern auch durch den neben dieser Ein⸗ richtung fortgehenden Fortschritt der auf sie einwirkenden und mit ihr in Verbindung stehenden Verhältnisse. Wir haben in diesem Augenblick die Reform der allgemeinen Rechtspflege vor uns. Kann man sagen, das Bedürfuiß danach sei allein hervorgerufen durch die Mängel der bisherigen Rechtspflege, oder ist es nicht auch hervorge . allgemein geänderte Anschauungen und fortschreitende 2 J i in Institutionen im Inlande und im hae , m,, ha en? Ich glaube nicht, daß man das

h etwas durchaus in sich Mangelhaftes hinzu stellen betrachtet hat, sondern die Reform ist eben so sehr hervor—

gerufen durch den allgemeinen Wunsch nach Vervollkommnung dieser

/

Zeitung.

Donnerstag den 27 6m Mai

wie jeder menschlichen Einrichtung. Tieses vorhanden in jedem Arganismus, in jedem Institut, und darum auch in der Patrimonial Gerichtsbarkeit. Eines Weiteren bedarf es icht als daß wir uns dahin vereinigen, daß das Dede n . . den ist, auf eine Reform zu dringen. Es ist dege. ö mene Erscheinung, daß ein Wunsch nach Reform sic da kundae geben hat, wo man glauben sollte, daß gerade Bedenten . 36 stattsinden möchten. Es ist bei der Frage über diese . Spezialitäten eingegangen worden. Ich glaube, sie liegen uns 20 in diesem Augenblick fern. Es ist unnöthig, irgendwie hier ene ee züge anzugeben, und unmöglich, sich darüber zu einigen, ohne . bestimmte Vorlage, in welchem Wege sich diele Reform e . soll. Es scheint mir vielmehr nach dem ganzen Inhalte der Petitlon . des Gutachtens der Abtheilung nur darauf anzukommen, welcher Weg eingeschlagen werden sell, um diese Reform herbeizuführen Darüber habe ich verschiedene Ansichten gehört, inwieweit bi die sorm begonnen werden soll durch eine Vorlage an den Vereinigten a tag; inwiefern durch eine Vorlage an den Provinzial-Landtag, oder inwiefern sie sich beschränken sollte auf eine Vereinigung mit in zel nen Betheiligten. Es hat seitens der Verwaltung, wie wir vernem men haben, anfänglich die Ansicht vorgewaltet, die Sache durch einen Gesetz Entwurf, durch eine Vorlage beim Vereinigten Landtage zu ,, Man ist von dieser Ansicht wieder zurückgekommen, wie ich glaube mit Necht, aber man ist auf ein anderes Extrem gerathen, indem man nun in Aussicht stellt die Vereinigung mit einzelnen Ge⸗ rich herren. Ehe ich auf das, was mir in der Mitte zu liegen scheint, und was von der Abtheilung beantragt worden ist, eingehe erlaube ich mir die Bedenken zurückzuweisen, die vom Autragsleller erhoben worden sind gegen das vorgeschlagene Verfahren. Ich muß gestehen, daß ich in dem Vortrage einen Widerspruch ge lunden habe, der mir vielleicht behülflich ist, ihn zu überzeugen, daß der von uns vorgeschlagene Weg der geeignetere sei. Ich glaube verstanden zu haben, daß der geehrte Proponent dafür hält, ein solcher Ent wickelungsgang der Reform müsse immer mehr von unten nach oben als von oben nach unten stattsinden. Ich muß aber gestehen daß ich in dem Beginn der Vorlage des Gesetzes beim Pere iniaten Land tage nicht ein Fortschreiten von unten nach oben, sondern von oben nach unten erkennen kann. Ich würde mich gern dem Entwickelungs gange von unten nach oben anschließen und mich mit den Anträgen des Gouvernements einverstanden erklären können, die Vereinigung mit einzelnen Gerichtsherren zu versuchen. Es ist aber vierfach er läutert worden, warum dieser Weg allein nicht kräftig und nicht rasch genug zum Ziele führt. Man ist darum einen Schritt weiter gegangen und hat, wie ich glaube, mit Recht gewünscht, daß von Seiten der Justiz-Verwaltung versucht werde, durch eine Berathung mit den Betheiligten in einzelnen Provinzen die Grundlage der Re form zu gewinnen, die möglichst übereinstimmend in einer Provinz zur Ausführung kommen könnte, Dies, glaube ich, wird der rechte Weg sein. Man wird vermeiden die Langsamkeit6, die großen Spe zialitäten, die bei Vereinigung bei einzelnen Patrimonial-Gerichts herren nöthig sein dürften. Man wird auf der anderen Seite eine Anschauung über Bedürfnisse und Wünsche ganzer Provinzen, wenig stens einzelner Theile derselben, gewinnen und für die Reform min destens ein sehr nützliches Material erhalten.

Wenn nun von verschiedenen Seiten Zweifel aufgestellt worden sind, ob es rathsam sei, über diesen Gegenstand mit den Provinzial Landtagen zu berathen, wenn von Seiten des Justiz-Ministers na mentlich hervorgehoben worden ist, wie Sie ein solches Bedürfniß nicht anerkennen könnten, sondern glaubten, auf jenem Wege zu einem Ziele zu kommen, so scheint es mir, daß nach dem Ergebniß dieser Verhandlungen mit der vorgeschlagenen Konmnissien der Gegenstand möglicherweise in zwei Theile zerfallen würde. Die Revision kann darin bestehen, daß Einrichtungen getroffen werden, welche gewisser maßen nur sogenannte Gerichtseinrichtungen betreffen, also Verhält nisse, welche die Regierung durch Instructionen ins Leben rufen könnte. Sie können aber auf der anderen Seite der Art sein, daß dadurch der rechtliche gesetzliche Zustand geändert würde, sei es auf Seiten der Gerichtsherren, sei es auf Seiten der Gerichtseingesesse nen, und gerade in dieser Beziehung scheint es mir, daß der Vor schlag der Abtheilung sich ganz konsequent ausspricht. Er schlägt vor, in dem Sinne des Herrn Justiz-Ministers und der Herren die Sache auf dem Wege der Vereinigung oder wenigstens der Admini

d

Bedürfniß ist eben so

stration, wenn ich so sagen darf, durch ein Benehmen mit den Be theiligten ins Werk zu setzen, er schlägt vor, in dieser Beziehung Verhandlungen mit den Provinzial-Kommissionen eintreten zu lassen, und schlägt dann vor, die auf so gewonnene Resultate zu gründenden gesetzlichen Maßregeln den Provinzial-Landtagen vorzulegen. Ergiebt sich also aus den Berathungen mit den Kommissionen, daß etwas Mehreres als bloße Einrichtungs Maßregeln, daß gesetz liche Maßregeln nothwendig sind, so können diese eben nicht anders erlassen werden, als mit Beirath irgend einer ständischen Versamm lung. . Ergiebt sich, daß sie sich nur auf Einrichtungs-Verhältnisse be schränken, die, wenn die Betheiligten kein Bedenken dagegen hätten, ohne Weiteres eingeführt werden könnten, nun daun siele das Be⸗ dürfniß für das in dem zweiten Absatze des Abtheilungs⸗Gutachtens Ausgesprochene fort. Darum, glaube ich, könnte nnn unbedenllich von der einen ober anderen Seite auf diesen Antrag der Abtheilung eingehen und erwarten, auf welche Weise sich die Resultate der. Berathung mit den einzelnen Kommissionen in den Provinzen herausstellen, ob demnächst nothwendig sein würde, die Sache einer gesetzlichen Behandlung zu unterwerfen, oder nur einer administrativen Behandlung, die dann allerdings einer Vorlage an die ständischen Corporationen nicht be dürfte. Der für diese gesetzliche Berathung von dem Hern Antrags steller zuletzt vorgeschlagene Weg scheint mir ein wesentlich erceptio neller zu sein, den Vereinigten Landtag gewissermaßen über die Grund züge zu hören, während hier, wie von vielen Seiten ausgeführt wor den ist, es sich recht wefentlich von provinziellen Verhältnissen han delt. Wie also am zweckmäßigsten die provinziellen Gesetze über die sen Gegenstand für jede Provinz zu erhalten sein werden, das, glaube ich, ist die Aufgabe, die nicht in dem Vereinigten Landtag zu lösen sein wird, der nur, wenn die Gesetze alle oder mehrere Provin zen in gleicher Weise betreffen, kompetent sein würde. Wenn

aber nun der geehrte Herr Antragssteller auf die Kreisstände übergehen will, so liegt dies so sehr außerhalb unserer ständischen Formen, daß ich nicht weiß, in welcher Beziehung dafür eine Recht

fertigung gefunden werden kann. Ich bin also der Meinung, daß es bei dem Antrage der Abtheilung zu belassen wäre, und daß die Be⸗ denken, welche von einer Seite hervorgehoben worden sind, dadurch ihre Erledigung fänden, daß eingeschaltet würde, daß, wenn die Vor

schläge, die den Kommissionen gemacht werden sollen, zu Maßregeln Anlaß geben, welche gesetzlicher Natur sind, diese der ständischen Be rathung vorbehalten werden müssen, wenn aber jene Vernehmung der Kommissionen nur zu Resultaten führen soll, die administrativer

Natur sind, daß sie dann keiner weiteren gesetzlichen Berathung be

dürfen, sondern der Regierung zu überlassen sein werde regeln eintreten zu lassen, die sie für zweckmäßig erachtet In jeder Weise also halte ich es für wünschenswerth, daß baldmb

lichst in dem Wege der Reform der Patrimonialgerichle 2. e g ten werde. Ich habe die Zuversicht, daß er genügen wa m. Institut der Patrimonialgerichte auf einen Standpunkt zu *r in welchem sie dem Wunsche der Betheiligten und auch * 2 rungen derer, welche in jedem einzelnen Institute mit giechs ent Theil des ganzen Staats- Organismus erblicken, und sie daher . zugsweise aus dem allgemeinen Standpunkte betrachten, genügen wer den. Diese Hoffnung habe ich, sie wird von sehr vielen und gerade von denen getheilt, welche, an der Spitze der Justiz⸗-Verwaltung ste hend, wohl am besten zu ermessen berufen sind, was zum Heilt einer unparteiischen, prompten und tüchtigen Rechtspflege dient. Sollte

die Maß⸗

5

wider Erwarten dieser Weg der Reform nicht zum Ziele führen, nun dann ist der Moment da, um eine Auf hebung eintreten zu lassen, und es sei mir erlaubt,

zuführen, welche Ansicht ich mir bilden zu müssen glaubte über die—

sen Punkt, wenn es gilt, Rechte aufzugeben zum Wohle des Ganzen Das Gesetz sagt, daß allerdings die Rechte des Einzelnen aufge

ben werden müssen, wenn sie mit dem Ganzen unverträglich si

Das Gesetz sagt, es soll Entschädigung eintreten für ein solches Necht, wenn es schätzbar ist; wenn es unschätzbar ist, muß es otz— Eutschädigung aufgegeben werden. Nun wohlan, wenn der Augen blick kommen wird, wo ein solches Recht, wie dieses, das allerdings nicht zu schätzen ist, nach Sporteln und Kosten, nach Lasten nnd Pflich ten, sondern dessen Wesen in edleren Verhältnissen beruht wenn der Augenblick kommen wird, wo es wirklich nöthig ist, dieses Recht dem Allgemeinen zum Opfer zu bringen, dann, meine Herren, lassen Sie uns vorangehen mit dem Anerbieten, dann lassen Sie uns nicht

von Aufhebung sprechen, sondern davon, es niederzulegen auf den Altar des Vaterlandes!

Fürst von Lichnow sky: Sehr gut!

Justiz-Minister Uhden: Ich glaube, ich bin mißverstanden worden, als hätte ich überhaupt ausgesprochen, der Gegenstand könne nicht zur ständischen Berathung kommen. Ich habe nur gesagt, daß man vorläusig, da mehrere Petitionen von einzelnen Gulsbesitz ern eingekommen sind, im Wege der freien Verständigung mit diesen unterhandeln werde. Ich weiß sehr wohl, daß, wenn dadurch kein Resultat erzielt wird, Vorschläge gemacht werden müssen, welche einer stindischen Berathung unterliegen müssen. Ich habe selbst schon früher bemerkt, daß diese Berathung sich mehr für die Provinzial Landtage eignen würde, weil gerade fast in jeder Provinz der Um fang der Patrimonial-Gerichtsbarkeit ein verschiedener ist, also für jede Provinz etwas Verschiedenes angeordnet werden müßte. Was den Abtheilungs- Antrag betrifft, so möchte ich doch nicht, da auf Befehl Sr. Majestät Unterhandlungen eingeleitet worden sind, daß diese abgebrochen würden, um nun erst eine Kommission zu ernennen, welche über Feststellung allgemeiner Grundsätze zu berathschlagen hätte. Ich glaube überhaupt, versichern zu können, daß das Gouvernement bereitwillig ist, die Sache in jeder Weise zu fördern.

Graf von Arnim: In dieser Absicht habe ich auch nur den Zusatz hinzugefügt.

Referent von Keltsch: Ich glaube im Sinne der Abtheilung zu sprechen, wenn ich darauf aufmerksam mache, daß der Aenderungs⸗ Vorshlag der Abtheilung gar nicht die bisherigen Unterhandlungen mit den Einzelnen abgeschnitten und gar nicht gewollt hat, daß die— ser Weg ganz verlassen werde. Die Abtheilung ist vielmehr der Ansicht gewesen, dieser Weg könne für sich fortgesetzt werden; sie war aber der Meinung, daß es zweckmäßig und wünschenswerth sei, nchen jenem Wege der Privat- Ünterhandlung doch schon jetzt eine Bitte an Se. Masjestät gelangen zu lassen, nebenbei die Grundzüge einer umfassenden Revision als Gesetz Entwurf vorlegen zu lassen.

Graf von Mork: Ich muß nur dem verehrten Mitgliede aus der Mark, das mit eindringlichen Worten diejenigen zurückgewiesen hat, die da meinen, daß die Patrimonial Gerichtsbarkeit ganz auf⸗ gehoben werden soll, und dabei erklärte, daß die Aeußerungen der Redner ihn tief schmerzten, erwiedern, daß ich allerdings bedaure, wenn ihm tiefer Schmerz erregt sei, spreche aber die Hoffnung aus, daß bei fortgesetzter parlamentarischer Thätigkeit sein Gefühl sich ge⸗ wiß so stärken werde, daß er für die Zukunft solchen Schmerz nicht mehr empfinde, da ich es nicht vermeiden könnte, vielleicht auch fer⸗ nerhin ihm neuen Schmerz zu bereiten. Ich erkläre, daß ich mich in günstigerer Lage befinde, da ich über die sehr nachdrücklichen Worte seinen Schmerz empfinde. Ich kann auch serner nicht zugeben, daß es unrecht gewesen sei, in dieser Kurie anzudeuten, daß man die Pa⸗ trimonial Gerichtsbarkeit aufheben möge. Ich muß den Vorwurf zurückweisen, der in dieser Beziehung erhoben worden ist. Ich kann diele Dinge für gut und nützlich erachten und kann doch glauben, daß es nicht nöthig oder thunlich sei, gerade heute oder morgen eine Petition dieserhalb einzureichen.

Ich bin der Ueberzeugung, daß allerdings die Zeit bald kommen dürfte, wo die Patrimonial-Gerichtsbarkeit aufgehoben werden wird, ohne daß ich den Verlust dieses Rechtes für ein großes Opfer halte, das ich auf den Altar des Vaterlandes niederlege. Wenn ich vor— hin des Herrn Justiz-Ministers Excellenz recht verstanden habe, so hat er sich dahin ausgesprochen, daß einzelne Patrimonial-Gerichte— barkeiten für gewisse Fälle bestehen bleiben sollen, und daß nur über ein gewisses Maß hinaus das kollegialische Verhältniß eintrete.

Justiz Minister Uhden: Sie werden, wie bei den Königlichen Gerichten, als Einzelrichter mit beschränkter Kompetenz verwalten. Graf Nork: Wenn das also nicht der Fall ist, so habe ich in diesem Punkte Unrecht. Auf der anderen Seite ist aber befannt, daß es so große Gerichte giebt, z. B. die der Herzoge von Braunschweig, Dels, Lichtenstein, Sagan u. s. w., daß man sie eigentlich nicht mehr als Patrimonialgerichte bezeichnen kann, und möchte ich dergleichen Gerichte von der Aufhebung ganz ausgeschlossen wissen.

Wohl aber bin ich der Meinung, daß die in der größten Mehr— zahl sehr kleinen Patrimonialgerichte einen solchen Schaden bringen, daß deren Aufhebung mir nothwendig erscheint. Ferner weiß ich sehr wohl, daß, je größer die Gerichte sind, diese Uebelstände mehr und mehr zurücktreten, bis sie denn, wie ich glaube, bei den oben an— geführten fürstlichen, standesherrlichen Gerichten wirklich verschwinden. Es handelt sich aber bei Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarleit hauptsächlich um alle die Gerichte, bei denen Einzelrichter fungiren, und wo das Verhältniß nicht immer ein so gutes ist, wie mehrere meiner Herren Kollegen erwähnt haben. Mir sind, wenn auch nicht aus eigener Erfahrung, doch viele Fälle bekannt, wo sehr schlimme Verwickelungen daraus entsprungen sind, und dergleichen Fälle haben nicht dazu gedient, das Verhältniß zwischen dem Grundherrn und dem Insassen zu einem edlen zu machen. Es ist ferner ein sehr lebhafter Wunsch in den Landgemeinden, die Patrimonialgerichtsbarkeit aufge- hoben zu sehen. Ich bin zwar überzeugt, daß in einzelnen Fällen es zum Nachtheil der Gerichts Insassen ausschlagen wird, wenn eine Aenderung eintreten sollte, glaube aber doch, daß die allgemeine Maß⸗