währt unb ist es erwiesen, daß bei allen Aufständen in Paris unter den Arrestanten keine Sparer gewesen sind, obgleich zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung Mitglieder der Sparkasse sind. Wenn also je die Stunde der Prüfung über unser Vaterland kommen ole 2 Jeder, reich oder arm, seine Liebe für König und Vaterland 3. die That beweisen müßte, so wird es sich zeigen, ob die 3 * ierung unter den Sparern oder unter den Spielern die go r. Finden wird. Die pariser Sparkasse hat die Summe von 6 lionen Fr. oder 27 Rthlr. pro Kopf in ihren . 3 , d Liste, die mir vorliegt, kommen in Schottland . ö . Kopf, in Preußen jedoch nur 20 Sgr;; wir haben ö. . zu thun, um den anderen Staaten gleich, zu . . dernisse zu beseitigen, die sich der Entwickelung der Sp
egensetzen. Wie ich mir bereits in meinen Eingabe zu bemerken er⸗
; 66 ben für die Lotterie aubt habe, kenne Distrikte, wo die Ausgaben ; 2 c stark und dh hne, stärfer sind, als für die Klassensteuer⸗
ö entweder ganze oder halbe
Es bilden sich förmliche Ge el ch fte gehn ere! uit, wund der Loose zu nehmen; sobald die Zeit i n wu ge lsänt, der Besuch' der Wirthshäuser häusiger. Die lt be r e j j order Nach dem Bericht der Abtheilung zieht Leichtsinn wird gefördert. in Ginndh r. der Staat aus der Lolterie⸗- Verwaltung eine Einnahme von cire ff derselbe nicht verzichten kann. Ich erlaube 900, 000 Rthlrn., worauf e nich ; . . mir dagegen zu bemerken, daß eine Staats⸗Regierung die Moralität ihrer Unterthanen nie zu theuer erkaufen kann. In England, bewil⸗ ligt der Staat für jeden 60 jährigen Arbeiter, der eine Neihe von Jahren hindurch regelmäßige Einlagen in die Spar lasse gemacht hat, 20 Pfund . als Pension. Wenn mit Hülfe der Sparkassen ein größerer Wohlstand unter den arbeitenden Klassen hervorgebracht wird, so werden dieselben befähigt, mehr steuerpflichtige Artikel zu konsumiren, wie z. B. in England, wo der Zuckerkonsum 18 Pfund pro Kopf beträgt, während er in Preußen nur 4 bis 5 Pfund aus⸗ macht. Se. Ercellenz der Herr Finanz Minister haben eben bemerkt, daß in meinem Antrage keine Mittel angedeutet worden sind, wie der Ausfall zu decken ist. Meine Herren, ich bin kein Finanzmann, ich habe nie Vorlesungen über Finanz⸗Wissenschaften gehört, und es könnte daher den Schein einer Anmaßung haben, wenn ich mir er— lauben wollte, in dieser Beziehung Rathschläge oder Winke zu geben. Ich bin aber von der Nützlichkeit meines Antrages so durchdrungen, daß ich mich doch diesen Vorwurfe aussetzen und mich zugleich auf Thatsachen in anderen Ländern beziehen will. In England betrug die Revenue bei einem Kaffee⸗Zoll von 1 Shilling pro Kopf 6 Pence. Als dieser Zoll auf die Hälfte herabgesetzt wurde, betrug die Revr⸗ nue 105 Pence pro Kopf, also 75 pCt. mehr. Wenn bei uns in ähnlicher Weise verfahren wird in Bezug auf diejenigen Gegenstände, worüber sich die öffentliche Meinung schon längst ausgesprochen hat, daß die Steuer zu hoch sei, und daß der Konsum nicht den Umfang hat, den er haben könnte, sollte sich da nicht bewähren, daß in Fi— nanzsachen nicht immer 2mal 2 4 ist? Der Salzkonsum hat sich seit Aufhebung der Steuer in England um 470 pCt. gehoben, ich glaube nicht, daß sich die praktischen Engländer dadurch ihre Suppe versalzen haben, wie neulich von dem Herrn General⸗Zoll⸗Di⸗ rektor bemerkt worden ist, daß der Salzkonsum bei uns nicht viel mehr steigen könnte, indem man keine Lust haben würde, die Suppe zu versalzen. Ich glaube vielmehr, daß der praktische Engländer das Mehr- Quantum des Salzes dazu benutzt, um seine Butter⸗ und Käse⸗ Fabrication und seine Viehzucht zu steigern. Warum sollten wir nicht in ähnlicher Weise handeln können? Ich glaube, daß in unserem Vaterlande, namentlich in den östlichen Distrikten — ich will nur Danzig anführen — Gelegenheit genug vorhanden ist, auch diesen Zweig des landwirthschaftlichen Gewerbes einer größeren Entwickelung entgegen zu führen. Es ist der hohen Versammlung bekannt, daß von Hamburg aus große Quantitäten gesalzenen Flei⸗ sches und anderer Gegenstände ausgeführt werden, ich glaube daher auch, daß, wenn man diesem Gegenstande mehr Aufmerksamkeit schenkte und die Salzsteuer verminderte, dadurch der Konsum erhöht würde, indem die Viehzucht, die Käse⸗- Fabrication und der Handel mit ge⸗ salzenem Fleische dadurch bebeutend gehoben würde. Aber, meine Herren, auch vom philanthropischen Gesichtspunkte aus würde dieser Gegenstand zu verfolgen sein. Es giebt leider Tausende von unseren armen Landleuten, welche die Kartoffeln trocken essen müssen, und daß es dergleichen giebt, darüber brauchen wir uns keine Illusionen zu machen, die also keine versalzene Suppen bekommen, die also froh sind, wenn sie Salz zu den Kartoffeln haben, und wenn diesen armen, aber braven Leuten Gelegenheit gegeben würde, sich Salz zu ver⸗ schaffen, so würde der Konsum vermehrt und die Finanzen vielleicht nicht einen Ausfall, sondern eine Mehreinnahme haben, und deshalb erlaube ich mir, die Bitte an die Versammlung zu richten, Se. Ma— jestät den König allerunterthänigst zu bitten, die Aufhebung der Lotterie in Gemeinschaft mit den anderen Staaten zu bewerk⸗ stelligen. . Abgeordn. von der Heydt: Auch ich kann mich dem Votum der Abtheilung nicht anschließen. Es hat auf mich stets einen pein⸗ lichen Eindruck gemacht, unter den Zweigen unserer Staatsverwaltung ein Institut zu erblicken, welches, meines Erachtens, seiner Ten⸗ denz nach doch wohl nur als ein unmoralisches betrachtet werden kann. In einem christlichen Staate, wie man es liebt den unsrigen zu nennen, bei einer Staats- Regierung, welche Religion, Moralität und gute Sitte so hoch hält, wie die unsrige, muß es einen schmerz⸗ lichen Eindruck machen, die Lotterie als ein Mittel zur Vermehrung der Staatseinkünfte benutzt zu sehen. Es mag sein, daß die Lotterie nicht in allen Theilen der Monarchie gleich schädlich einwirkt; so weit ich habe wahrnehmen können, sind es aber vorzugsweise gerade die bedürftigen Volksklassen, weiche durch die Anreizung des Gewinnes zur Theilnahme an der Lotterie verführt werden und dadurch sich und den . häufig den nothwendigsten Unterhalt entziehen. Es ist von dem Herrn Finanz- Minister gefagt worden, daß er sich dem Antrage der Aufhebung der Lotterie aus zweien Gründen widersetze; einmal, weil der Staatshaushalt für jetzt den Gewinn nicht ent⸗ behren könne, dann, weil der Zweck doch nicht erreicht werden würde. Bisher haben wir aber nur von Ueberschüssen reden hören, die Steuer, Erlasse zulässig gemacht haben, wir haben immer nur von dem blühendsten Finanz⸗Zustande reden hören; fo daß, wenn die Abschaffung der Lotterie wünschenswerth erscheinen möchte, doch nicht gerade in dem Finanz-Zustande ein Grund zu finden fein möchte, die Aufhebung zu unterlassen. Der Herr Finanz- Minister hat ge⸗ sagt: daß nicht angeführt sei, wie die Summe zu ersetzen sei. Ja, ich gebe zu, es wäre für die Stände sehr wünschenswerth, wenn die⸗ 6 Stande wären, zu sagen, in dieser oder jener Weise solle * * gefunden werden. Vann müßte aber die Bewilligung der aeg Des Finanz- Etats nothwendlgerweise vorhergehen. Die müßten alle Einnahmen und Ausgaben bdiskutiren dürfen, i r . zum Ersatz in Vorschlag bringen zu können. So Efe genre inn 9 der Fall ist, können, auch die Stände dergleichen beschtinken, die är en, nicht vorschlagen und sich nur darauf Maje tit vor ut ae * n oder ihre eigenen Wünsche St. sberlosfen, ob ber luafes! ersr , we, hren dies krwahmng, . ersetzs werden kann oder nicht. Der zweite Grund, den der Herr Finanz. Minister ist daß der Zweck ohnehin nicht erreicht weit. . hat. ist a ten auch erst die Lotterie aufhebe „weil die benachbarten ö 6 6e. mn müßten. Nun frage ich aber, ist
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ie Aufhebung ber Lotterie einmal wünschenswerth, wirb dies Insti⸗ t. 16 n . es, als unmotalisch betrachtet, soll dann . reußen mit einem guten Beispiele vorangehen? Soll die Lotterie lange in Preußen bestehen bleiben, bis auch die anderen Staaten sie aufgehoben haben, und sollen wir so lange dies Institut noch er= halten? Dies scheint mir nicht wünschenswerth; Preußen müßte in allen edlen Dingen mit die Ueberzeugung, daß würden, als sie jetzt mit der Aufhebung vorangehen möchten. Ich trete daher dem Antrage des Herrn Antragstellers bei und wünsche, daß die hohe Versammlung die Aufhebung der Lotterie beantra⸗ gen möge. Abgeordn. Baum: Meine Herren! Ich betrachte die Lotterie
als eine die unterste Volköklasse schwer drückende Steuer. Freilich steht jedem einzelnen Spieler frei, diese Steuer zu entrichten oder nicht. Allein darum bleibt sie eben doch nicht weniger drückend. Wir haben gehört, daß an einzelnen Orten die Lotterie⸗ Einnahme selbst die Größe der Klassensteuer liberbiete. Wir haben gehört, daß die ganze Einnahme des Staates von der Lotterie die Summe von beinahe 7, 000, 00 Rthlr. erreicht und der reine Ueberschuß über 800, 00 Rthlr. beträgt. Was könnte nicht Alles mit diesem Gelde zum Vortheile des Landes bezweckt werden? Wie fruchtbringend könnten die Er⸗ sparnisse der Einzelnen nicht angelegt werden? Mag auch der größte Theil dieser Summe wieber . die Spieler selbst, so ist dennoch wahr, daß nur einzelnen Individuen diese Summe wieder zu Gute kommt und die Masse die baaren Mittel verliert. Der Staat hat aber das große Interesse, nicht einzelne Reiche zu haben, sondern die Masse des Volks wohlhabend, sparsam und sittlich zu wissen. Nun hat aber die Humanität so viele Institute errichtet, um die Sparsamkeit und Sittlichkeit im Volke zu fördern; allein was hilft es, wenn diesem Streben Hindernisse entgegenstehen, wenn die⸗ ser wohlgemeinte Zweck vereitelt wird, und als eines dieser Hinder⸗ nisse, und als eine widerstrebende Ursache betrachte ich die Lotterie. Sle wirkt verderblich und demoralisirend auf das Volk. Das Gut⸗ achten der Abtheilung hat diese Wahrheit zwar anerkannt, aber den⸗ noch spricht sich die Abtheilung nicht für die Aufhebung der Lotterie aus. Es wird als Grund entgegengehalten, daß in Ermangelung der inländischen Lotterie im Auslande werde gespielt werden und als⸗ dann das Uebel doch nicht entfernt sei; der Redner vor mir hat das Spielen in den Lokterieen der anderen deutschen Staaten berührt; allein ich glaube, im Auslande wird nicht gespielt werden, und im Inlande wird man wissen, die Nachtheile zu beseitigen. Ich habe noch nicht gehört, daß Engländer und Franzosen bei uns in der Lot⸗
terie spielen. ; (Mehrfacher Widerspruch, „falsch! falsch!“ Ferner wurde hervorgehoben, daß der Staat die Lotterie Ein⸗ nahme nicht entbehren könne. Wenn unser Finanz -Zustand es nicht erlaubt, die Lotterie⸗Einnahme zu entbehren, und wenn es sich darum handelt, die unterste Klasse zu erleichtern, so will ich nicht bezweifeln, daß die Wohlhabenden ins Mittel treten und bereit sein werden, ei⸗ nen solchen Ausfall in den Steuern zu übernehmen, selbst wenn er S600, 0 Rthlr. betrüge. England und Frankreich haben die Lotte— rieen, dieses große Uebel, längst abgeschafft; sollen wir den Franzo⸗ sen und den Engländern darin nachstehen? Sollen wir diese Nach⸗ kheile des Lotteriespiels länger, namentlich auf der unteren Volke klasse, lasten lassen, auf einer Klaffe, die einer Erleichterung so sehr bedarf. Die allgemeine Verachtung hat sich den Spielbanken zugewendet, das Lotteriespiel ist denselben nahe verwandt, und ich erachte es für drin—⸗ gend geboten, daß man ibiesem Webel entgegentritt. Ich ersuche Sie daher, meine Herren, beimdes KRöünigs Majestät. zu befürworten, daß die Lotterie aufgehvben werde. . . General? Steiner Direktor: Es ist die Lotterie sehr viel- fach dargestellt worben als ein Verderbungsmittel, besonders für die untere Klasse des Volkes. Ich will mir nur erlauben, auf den gro⸗ ßen Unterschied aufmerksam zu machen, welcher zwischen denjenigen Lotterieen besteht, wie sie einige füddeutsche Staaten noch haben, und zwischen unserer Lotterie, aufmerksam zu machen, mit einem Wort, auf den Unterschied zwischen Zahlen-Lotterir und Klassen⸗Lotterie. Die Zahlen-Lotterie verdient diesen Vorwurf, sie ist aber bei uns seit bald J Jahren abgeschafft. In dem Augenblick des Spiels wird mit Trompetenschall' ausposaunt, daß morgen das große, Loos gezogen werde; da wird alles eigene und allenfalls auch gestohlene Gut ver—⸗ setzt, im noch vorher eine Nummer zu nehmen. Bei unserer Lotterie= Einrichtung ist das nicht der Fall. Der erste Einsatz muß im Ja⸗ nuar geleistet werden, um im Juli Hoffnung auf Gewinn zu haben. Dessenungeachtet sind einzelne Mißbräuche bemerkt, die, gegen die Absicht der Regierung, namentlich den Unter-Collecteuren zur Last fie⸗ len. Wir haben darum die Unter⸗Collecteure abgeschafft und die Einklagbarkeit freditirter Einsätze aufgehoben, so daß ich keine Be⸗ sorgniß mehr habe, daß für die unteren Klassen, für die das Wort genommen wird, eine Gefahr erwüchse. Will man aber durchaus die 663,000 Thaler abschaffen, dann niuß, man der Finanz-Verwaltung nicht zumuthen, daß sie in dieser Beziehung die Wechsel acceptiren oll, die ihr von dieser Stelle aus angeboten sind und gefunden werden in Herabsetzung von Zöllen, die dann einen Mehrertrag gewähren
sollen. . .
Ich frage wirklich Sb3, 900 Thaler übrig hätten, würde man dann sagen, daß die Lot⸗ terie das Röthigste wäre, das abgeschafft werden muß, wür⸗ den denn die Herren, wenn sie das Staats-Budget revidi⸗ ren, sagen: ja, diese Einnahme muß zuerst abgeschafft werden, da⸗ nach müssen alle übrigen Erlasse zurückstehen, danach müssen die Aus⸗ gaben beschränkt werden? Es ist eine hvpothetische Frage, ich glaube aber, wenn der Fall einträte, würde sie verneint werden. Man hat ferner gesagt, es wäre doch etwas Schlimmes, daß Preußen warten wolle, bis andere Staaten vorangegangen wären, das wäre keine Stellung, die Preußens würdig fei. Meine Herren, Preußen ver- dient diesen Vorwurf nicht, Preußen ist er r gn, es hat dar⸗ auf angetragen oder wenigstens dem Antrage eifrig beigestimmt, daß die Lotterien in allen deutschen Bundesstaaten aufgehoben werden sollen. Andere Staaten haben dem noch nicht beigestimmt, und wenn wir die Lotterie in unserem Lande aufheben, brauchen die Leute nicht nach Frankreich oder England zu gehen, wo freilich keine Lotterieen bestehen, wohl aber gehen sie nach Frankfurt 4. M. und nach Ham⸗ burg, wo sie Betrügereien ausgesitzt sind, während sie hier nur den achten Theil von ihrem Gewinn zurücklassen müssen. Es ist dann noch viel davon gesprochen worden, wie sich das Verhältniß der Sparlassen stellt, namentlich in der Rheinprovinz, die, beiläusig ge⸗ sagt, in der Lotterie am wenigsten spielt. Umnsere Sparkassen haben aber ansehnlich zugenommen. Wie sie sich gegen Paris und Schott⸗ land stellen, kann ich im Augenblick nicht sagen, wohl aber, daß sich die Einlagen bei unseren Sparkassen in den letzten 19 und 15 Jah⸗ ren viel mehr als verdoppelt haben; dazu kommt, daß unsere Spar⸗ kassen keinen e nein mit den a aushalten, weil in die französischen größere Kapitalien eingelegt werden können, als in die unsrigen, und weil gerade aus dieser Rücksicht sehr erhebliche Be⸗ denken in , . Beziehung sich dort ergeben haben, was bei 1 die Sparkassen lediglich Kommun⸗Kassen sind, nicht der
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aber, wenn wir denn nun
(vielfacher Ruf nach Abstimmung./
utem Beispiele vorangehen, und ich habe ann die anderen Staaten viel eher folgen
Abgeordn. von Saucken Tarputschen: Es erscheint jetzt so oft und schnell der Ruf nach Abstimmung, daß ich glaube, wir werden damit etwas anhalten müssen. Wir dürfen, glaube ich, keinen Gegenstand so kurz abmachen, daß, wenn nur drei Redner gesprochen haben, schon zur Abstimmung geschritten wird. z
Marsch all: Dem werde ich stets dadurch entgegentreten, daß ich eine so schnelle Abstimmung nicht zulasse.
Abgeordn. von der Heydt; Außer dieser Wahrnehmung, daß viele Mitglieder so schnell nach Abstimmung rufen, ist noch eine an⸗ dere gemacht worden, nämlich die, daß in einem gewissen Theile des Saales mit den Füßen so oft geklopft wird. Ich meine, der-
leichen sollte in diesem Saale auch nicht vorkommen, und überall in man nur den Wunsch haben, die Angelegenheiten, welche ein⸗ mal zur Erörterung kommen, gründlich und gewissenhaft zu prüfen.
Marschall:) Ich muß dem durchaus beitreten, und wenn so etwas vorkommt, gebe ich allemal das Zeichen mit der Glocke, wel— ches ich wohl zu beachten bitte.
Eine Stimme: Ich möchte den Herrn Marschall bitten, im Interesse der Würde der Versammlung, diese allerdings sehr beherzi— genswerthen Bemerkungen nicht in den stenographischen Bericht auf⸗ nehmen zu lassen. — e
Abgeordn. Scheidt: Die Neigung, sein Glück im Spiel zu versuchen, ist in der Natur fast aller Menschen tief begründet, beson⸗ ders glaube ich in der Natur der Söhne Teuts. Seit Tacitus bis heute hat der Deutsche immer gern gespielt. Ich bin nun weit ent⸗ fernt, die w Pharobanken, die sogenannten Spielhöllen, vertheidigen zu wollen; wenn aber der Befriedigung des Spieltriebes ein so gesetzliches und so leidenschaftsloses Feld angewiesen ist, wie bei unserer Lotterie, hört das Spiel auf, unmoralisch und verdamm— lich zu sein. Wenn die Petenten glauben, dem Volke durch Aufhe⸗ bung der Lotterie eine Wohlthat zu erzeigen, so verfolgen sie meines Erachtens den Weg einer falschen Philanthropie. Ich frage einfach: wird man dem Volke nicht mehr rauben, als man ihm giebt, wenn man die Lotterie aufhebt? Wenn sich ein Dutzend armer Leute an einem Viertheil Loos betheiligen und sich dadurch die Hoffnung er⸗ kaufen, bessere Tage zu erleben, wer wird ihnen diese Freude nicht gönnen? Wer will es dem Armen nicht gönnen, daß er sich auch einmal sein Luftschlößchen bauen kann? Ich erinnere hier an den Hund Jean Paul's, der alle Tage trockenes Brod und auch Kartof⸗ feln gern fraß, wenn man ihm vorher etwas Butter auf die Nase geschmiert hatte. Meine Herren! Wir Wohlhabende geben so man⸗ chen Thaler, so manches Goldstück für unsere Vergnügungen aus, soll denn der Arme immer sparen und ewig sparen und nie sür seine Liebhaberei ein paar Groschen ausgeben und sich etwas Butter für seine Nase kaufen können? Wenn wir dieses Prinzip streng durch⸗ führen, müssen wir Tanzböden, Kegelbahnen, Kirchweihfeste kurz, alle Volksbelustigungen verbieten, denn sie geben den armen Leuten Ge⸗ legenheit, Geld auszugeben. ; .
Dann aber wird auch der kleine Rest der Poesie verschwinden, der bis jetzt noch manchmal die dunklen Tage des armen Mannes festlich erleuchtet hat, und wir werden, wenn jeder Groschen in die Sparkasse wandern soll, nicht lebensfrohe Menschen, sondern ein Ge⸗ schlecht von düsteren Duckmäusern erziehen, das nur von Geldgier be⸗ seelt sein wird. Ein Weiser des Alterthums aber sagt: „Der Geiz ist die Wurzel alles Uebels.“ .
(Allgemeine Heiterkeit.) . ;
Abgeordn. Krause: Dem vorigen Redner muß ich mich ganz anschließen. Es war aus meiner Seele gesprochen, daß das Lotte⸗ riespiel kein Unglück für das Volk sei, und so weit ich es kenne, hat es wenig unmoralische Gesinnung hervorgebracht. Aber bekennen muß ich, daß mir die Freiloose immer bedenklich vorkommen. Ich kann mir, da ich nicht Colleeteur bin, nicht erklären, woher sie kommen. Aber so viel ist klar, daß 25,000 Freiloose gespielt werden müssen, und daß die Nieten dieser Loose vertheilt werden. Deshalb stelle ich den Antrag, nicht die ganze Lotterie, sondern nur die Freiloose aufzu— heben.
Abgeordn. Gier: Meine hochgeehrten Herren! Die Lotterie— Anstalt befördert die Sucht zum Spiel. Die Spielsucht ist ein Un— glück. Ich gebe nicht allein ein hohes Gewicht auf die Ausgabe, sondern hauptsächlich darauf, daß die Spielsucht träumerisch macht, arbeitsschen und unzufrieden. Deshalb hat auch schon im Jahre 1841 der sechste Landtag der Provinz Sachsen es für ein sehr glück liches Ereigniß erklärt, wenn die Lotterie aufgehoben würde; er hat damals, im Fall dies nicht zulässig sein sollte, um Beschränkungen, namentlich beim Anreiz zum Vertriebe der Lotterie-Loose, gebeten, und ich bin dem hohen Gouvernement sehr dankbar dafür, daß seit der Zeit allerdings Beschränkungen eingeführt worden sind. Dessenunge— achtet steht bei mir die Ansicht fest, daß es noch immer ein Unglück ist, und ich würde dafür stimmen, daß die Lotterie so bald wie mäg⸗ lich aufgehoben würde und — sofern dies nicht thunlich ist — deß der Vertrieb der Loose nur von Königlichen Steuer-Behörden in Amtslokalen geschähe, indem ich glaube, daß dadurch doch sehr viel gewonnen wird. Es ist keinesweges richtig, daß weniger Glücksträu— merei als sonst vorkäme, umgekehrt, sie dauert bis sechs Monate. Dienstboten, Nähemädchen, Gesellen bilden Gesellschaften, welche Wo⸗ chen und Monate lang dem Traume nachhängen, was sie in der Lot— terie gewinnen werden. Deshalb bin ich der Meinung, daß das Spiel schädlich und die Staats-Lotterie aufzuheben ist.
Abgeordn. Stedtmann: Mein Amendement trifft mit dem Gier'schen zusammen. Ich hatte auf Beschränkung in den Privat⸗ häusern angetragen; insofern modifizirt sich mein Antrag, als ich nicht auf den Vertrieb durch die Steuer-Behörden, sondern durch die Orts⸗ Behörden angetragen habe.
(Der Schluß dieser Rede wurde durch bedeutendes Geräusch in der Versammlung unhörbar.)
Der Herr Marschall ertheilte nun dem Abgeordneten Zimmer⸗ mann das Wort.
Abgeordn. Zimmermann: Ich verzichte auf das Wort.
Abgeordn. Steinbeck: Ich schließe mich vollkommen und ent— schieden dem an, was ein verehrtes Mitglied für die Frische der Be⸗ wegung im Leben gesprochen hat. Wie lange wollen wir eigentlich immer von neuem auf das Bevormunden zurückkommen? Das Viel⸗ regieren taugt nichts. Warum wollen wir da regieren, wo wir der Leldenschaft, die im Menschen wurzelt, eine Bahn anzuweisen vermö⸗ gen, die mit dem Interesse des Ganzen zu vereinigen ist? Wir spre⸗ chen mit Recht über den Ueberdruck direlter Steuern nicht in unserer Monarchie besonders, sondern überall. Wir ziehen indirekte Steuern vor. Nun wohlan, welche ist die vorzüglichste, gewiß die, deren Er⸗ langen oder Nichterlangen von dem abhängt, der sie zahlt? Ich ver— theidige die Lotterie; ich liebe nicht den Loötteriespieler, aber das In⸗ stitut, was großen Schaden bringen würde, wenn man seinen Zweck in eine andere Sphäre drängte. Schaffen wir die Lotterie ab, die Spiellust wird bald andere, Hime, Wege finden.
Abgeordn. Dittrich: Meine Herren! Mir steht der Standpunkt der Moralität weit höher als der Finanzpunkt. Im Standpunkte der Moralität halte ich die Lotterie für gut, denn sie regelt, sie be⸗ gränzt das Spiel, entgegengesetzt dem Hazardspiele. Ich glaube, daß, wenn aus dem Standpunkte der Moralität eine Steuer zurũcigeseßl werden muß, — und der Standpunkt der Moralität muß den der Steuernart zwingen — so muß dies insbesondere in Betreff der
Branntweinbrennereien der Fall sein. Dabei hebe ich, um nicht zu
wiederholen, was schon gesagt ist, nur den Einwand hervor, der noch nicht widerlegt ist, nämlich den, daß im Auslande nicht gespielt wer⸗
den würde. Es ist Thatsache, daß schon jetzt im Auslande, z. B. in der österreichischen Zahlenlotterie, besonders von den weniger Wohl⸗ habenden, viel gespielt wird. Auch aus diesem Grunde glaube ich, daß, so lange nicht die Nachbarstaaten davon abgehen, in Preußen die Lotterie nicht abgeschafft werden kann.
1 Abgeordn, von Saucken: Ich werde in wenigen Worten meine Ansichten hierüber entwickeln können, da der Abgeordnete aus Elber⸗
feld mir aus der Seele gesprochen hat. Ich will nur Einiges erwäh⸗ nen, wozu die vorigen Redner Veranlassung gegeben haben. Ich war es, der vor 6 Jahren den Antrag bei dem preußischen Pro⸗ vinzial-Landtage gegen die Lotterie machte, und seit der Zeit sind die günstigen Aenderungen eingetreten, die erbeten und vom General— Direktor der Steuern angegeben wurden, die aber leider in der Folge nicht so segensreich geblieben sind, als es gehofft wurde, indem durch Associationen das Spiel der Aermeren doch fortdauerte. Ich will bemerken, welches der Unterschied von jetzt gegen früher ist. Vor Zeiten war es nur die gebildete oder die nicht in niederen Kreisen sich bewegende Bevölkerung, welche in der Lotterie spielte, späterhin thaten es auch die untersten Klassen. Es wird Jahre langer Verdienst hingeschleudert in Hoffnung eines Gewinnstes, welcher, wenn er zufäl⸗ lig in einem Orte der Provinz gefallen, ausposaunt worden ist, und Familien fallen in Unglück, ja, es sind sogar Verbrechen daraus her— vorgegangen. Nun ist als Grund gegen die Aufhebung der Lotterie gesagt worden, es würde eben so viel im Auslande gespielt werden; ich glaube aber, dies würde auch wieder größtentheils nur von denen geschehen, die sich selten durch das Spiel unglücklich machen, von denen, die schreiben und dadurch mit dem Auslande in Verbindung treten können. Der Kleine, Unbemittelte, Ungebildete, der Arbeits⸗ mann, der Dienende wird nicht in fremden Lotterieen spielen, und ob alle fremben Lotterieen außer dem hohen Prozentsatze, den die unsrige bezieht, noch Betrügereien machen, weiß ich nicht, und möchte ich wohl die fremden Lotterieen gegen diesen Vorwurf in Schutz nehmen, der aber wohl möglich und daher auch begründet sein kann. Nun ist ferner gesagt worden, es wäre schön, in den Gedanken, in der Poesie zu leben. Meine Herren, wenn bei einer Poesie, wie das Lottospiel genannt worden, größtentheils Täuschung das Loos und das Ende ist, dann möchte ich meine Mitbürger, und wenn es die Aermsten sind, und i am wenigsten, nicht in einer Hoffnung erhalten, wo mindestens unter Hunderten 99 schwere Täuschung erfahren. Einem solchen Rausche beinahe nie erfüllter Hoffnung möchte ich den Weg abschnei⸗ ben, Ich weiß, daß Lufischlösser schön sind, aber solche, die fast im— mer in Sand zerrinnen, stören nur das Gllick, anstatt es zu beför⸗ dern. Ein anderer geehrter Redner hat gesagt, man solle die Freiheit nicht beschränken. Meine Herren, ich glaube, ich stehe so von Allen gekannt da, daß ich nirgend möchte die freie Entwickelung jeglicher Art des Volkes aber dazu kann ich unmöglich rathen, daß, wo böse Neigungen sind (und die Spielsucht wird von Allen als eine ⸗
serem moralischen und sittlichen Staate ein Weg geöffnet und bequem zum Eingehen gemacht, also ein Verführungsweg zum Laster befürwortet werde!
Nein, meine Herren, diese Befürwortung der Freiheit ist keine zum Nutzen
führende, diese ist nur elne Versuchung zur Sünde, denn Sünde ist das Spiel; und wenn Frankreich, ein Staat, den ich besonders in Hinsicht auf die Moralität keinesweges als Muster aufstellen möchte, die Spielbanken, die viel mehr einbrachten, als jede unserer Lotterleen, aufhöb. und es für seiner unwütdig hielt, Steuern auf eine solche Art zu nehmen, dann ist es ein Schmerz für mich, und ich glaube, es werden Einige, dieses Ge⸗ fühl mit mir theilen, daß der preußische Staat in seinem Ein⸗ nahme-Etat. — ich sage es rein heraus — dieses Sündengeld noch aufnimmt. — . (Lautes Murren von mehreren Seiten.)
Ja, es ist ein Sündengeld, denn es rührt von einer aus Leichtsinn und Gewinnsucht ohne Arbeit hervorgegangenen Leidenschaft her, und daß unser Staat dieses aufnimmt und in seinem gewöhn⸗ lichen Haushalte verwendet, ist für mich betrübend. Ich kann nicht leugnen, es schmerzt mich immer tief, wenn ich den preu—
ßischen Aar beschirmend schweben sehe über einer Verkausstelle von
Spielloosen.
Der General-Steuer-Direktor: Ich will nur ein Mißver⸗ ständniß in Betreff eines Faktums berichtigen. Es ist gesagt worden, man würde in Hamburg und Frankfurt spielen, und die dortigen Col⸗ lecteure würden noch mehr nehmen, als die preußische Lotterie. Ich erwiedere zur Erläuterung hierauf, daß die Collecteure nicht gerade die Betrüger sind, sondern die Sache wird ein unerlaubtes Spiel, welches die hiesigen Unterthanen treiben würden; jene würden ihre Loose hierher schicken und ihrerseits kein Klagerecht haben, aber auch die Spieler sich hüten müssen, gegen sie zu klagen, weil auch sie eine strafwürdige Handlung begehen, und dadurch würde auf beiden Seiten Betrug hervorgerufen werden. Es möge mir gestattet sein, über das Sündengeld noch etwas zu sagen. Nach dem Natur Recht ist das Spiel kein Verbrechen; es kann ein Jeder spielen, und das Spiel wird erst durch ein positives Gesetz strafbar. Einen Theil dieses erlaubten Spiels hat sich der Staat vorbehalten, in der Ueber⸗ zeugung, daß, dieses der Privat-Industrie freizugeben, sehr gewagt sein würde. Dafür, daß der Staat dieses Spiel hält, wird der Ste Theil vom Einsatz am Gewinnste innebehalten, und dieser Ste Theil bildet die Einnahme, die in dem Staats⸗Budget figurirt. Das weiß jeder Spieler, indem er einsetzt, er unterwirft sich dem also, und somit, glaube ich, unterliegt diese Einnahme an sich keiner Ausstellung. Ob die Zeit einmal kommen wird, wo man diese Ein— nahme löschen kann, lasse ich dahingestellt; es würde mir lieb sein, aber sie ist noch nicht da; wenn man diese Einnahme jetzt löschen wollte, würde sie einmal auf andere Weise gedeckt werden müssen, und zweitens würde die wohlgemeinte Maßregel denjenigen Nutzen nicht stiften, den sich der geehrte Redner davon verspricht, das Uebel würde nur noch schlimmer werden.
Abgeordn. Graf von Helldorff: Meine Herren! Wir sind im gewöhnlichen Leben nur allzu sehr geneigt, die Klage auszustoßen, daß diese oder jene Behörde zu viel regiere oder bevormunde; ich glaube selbst, daß ähnliche Aeußerungen schon in dieser hohen Ver— ammlung laut geworden sind. Verfallen wir doch nicht in den Fehler, den wir Anderen Schuld geben, lassen wir uns nicht einfallen, die— jenigen, die wir vertreten, gar zu sehr zu bevormunden. Ich stelle mich daher, was die vorliegende Frage anlangt, auf den Standpunkt des letzten verehrten Redners aus der Rheinprovinz, der, mit Beifall, ve schien, und zur Erheiterung der Versammlung, den entgegen⸗ sesetzten Ansichten widersprach. Was nun aber die Sache selbst au— Angt, so will ich mich damit begnügen, mich ganz mit den Ansichten ,,. zu erklären, die der Königliche Herr General- Direktor er Steuern für die zeitweilige Beibehaltung der Lotterie so schlagend
entwickelt hat, und stimme ich auch heut m ö vollzogene Gutachten der ah e aut ö
Abgeordn. von Prittwitz: Hoher Vereinigter Landtag! D 5 Abtheilnng des Vereinigten 27 es un lie Ae ech. * em hohen Vereinigten Landtage die Ale chss Ron dich Botschaft,
hemmen,
olche doch anerkannt), in un⸗
929 bezüglich der Aufhebung der Mahl und Schlachlsteuer, der Einfüh⸗ rung einer ku een, und der Umwandlung der Klassensteuer, zu begutachten. Zunächst ist in der Denkschrift, fo der Allerhächsten Botschaft beiliegt, angeführt, daß theils der Ümstand, daß sich die Presse bafür ausgesprochen habe, theils daß auch bie vielen Klagen über die Defrauden, die bei der Mahl- und Schlachtsteuer eintreten, nebst der Erleichterung der unteren Polksklassen, vorzugsweise die Abschaffung der Mahl- und Schlachtsteuer wünscenswerth machen. Ich möchte nun voraussetzen, daß diese Beschwerden über vorkom—= mende Defrauden mit dem Lotteriespiele zu vergleichen sein möchten. Der Arme, der sich bemüht, sein Mehl und ö. zur Stadt zu 8 um es nicht versteuern e dürfen, spielt in bem Augenblicke wohl eine Lotterie, die ihm die Noth überweist. Aus dieser ie , ist es eine sehr vielseitige Aufgabe der Abtheilung gewesen, alle die Gründe und Veranlassungen zu prüfen, die vorlagen, um der Ab⸗ schaffüung der Mahl- und Schlachtsteuer entgegenzukommen. Db sie bei der Begutachtung hierüber glücklich sein wird, muß heute noch ,, bleiben. ; ;
; mmer aber ist sich gefragt worden: ist es unerläßlich, daß bei einer solchen Veränderung keine Steuer⸗Ersparniß mit . . werden kann? Und gerade ein e, Hinblick auf eine mögliche Er⸗ sparung, iber die sich die Abtheilung allerdings nur sehr ungewisse Folgerungen hat aneignen können, ist die Hauptschwierigkeit geblieben zur Lösung der obschwebenden Begutachtung. Wenn nun von dem Herrn General-Steuer-Direktor gefragt worden ist, sobald es dem hohen Landtage möglich wäre, eine Steuer-Ermäßigung auf irgend eine Weise befürworten zu können und zu wollen, wlirde man damit anfangen, die 8b, 000 Rthlr., so in der Mehrzahl von den Wohl habenden der Lotterie geopfert werden, aufzugeben, so bitte ich zu erwägen, ob man nicht vorzuziehen habe, dem unglücklichen Lotterie⸗ spieler, der sein Fleisch und Brod zur Stadt bringt, erst eine Erleich= terung zu gewähren, ehe man zu dieser Maßregel übergeht. Ich bitte also, sich nicht im Augenblick durch eine Maßregel bie Hände zu binden, die es unmöglich machen dürfte, eine viel wichtigere Auf gabe, bezüglich der Besteuerung unserer ärmeren Volksklassen und deren Erleichterung bei der Klassensteuer und der Mahl- und Schlacht= steuer, zuzulassen, und vorzeitig nicht zu einer Bitte überzugehen, die später hemmend in den Weg treten könnte. Haben wir erst diese wohlthätige Erleichterung oder Umformung erlangt, dann wollen wir auch an eine Aufhebung der Lotterie denken, und aus diesem Grunde erlaube ich mir, meine gehorsame Bitte dahin zu richten, jeden bezüg— lichen Beschluß in dieser Angelegenheit für jetzt und bis zur Er—⸗ ledigung des viel wichtigeren Gegenstandes bezüglich der Mahl⸗ und n, und deren möglicher Ermäßigung zu vertagen. Aus diesem Grunde trete ich dem Gutachtten der Abtheilung bei.
Abgeordn. Diergardt: Auf das Gebiet der Peesie, von dem aus mein geehrter Kollege aus der Rheinprovinz gesproͤchen hat, ver⸗— mag, ich demselben nicht zu folgen, es ist nicht mein Gebiet, mein Gebiet ist mehr die Wirklichkeit. Das kann ich aber sagen, baß ich weit entfernt bin, dahin zu trachten, die Vergnügungen der arbeiten den Klassen zu beschränken; die geehrten Mitglieder der Rheinprovinz werden mir bezeugen, daß ich sogar gern dabei bin und mich freue, wenn die Arbeiter sich amlüisiren. Hier aber gilt es eine ganz andere Sache. Ich mag mich nicht auf eine gewisse Einrichtung beziehen, die auch vor nicht langer Zeit aufgehoben worden ist, aber da hat man auch, und mit Recht, die persönliche Freiheit beschränkt. Wir haben von dem Herrn General-Steuer-Direktor gehört, daß es bei
uns nicht mehr schlimm stände, die kleineren Lottericknt wälen abge⸗
hat sich also doch
nachtheikg ! wirkt; ich glaube aber,
schafft und nur die größere bestände noch, Man überzeugt, daß diese ö
daß eine solche halbe Maßregel zu nichts führt, man inuß das Uebel an der Wurzel angreifen. Von dem Herrn General-Steuer⸗Direktor
ist zwar behauptet worden, daß dann die Lotterieen von Hamburg und Frankfurt mehr Einnahme bekommen würden; ich bin weit ent⸗
fernt, gegen die Spieler, die in der frankfurker und hamburger Lot⸗
terie ihr Geld einsetzen, das Wort zu nehmen, aber die arbeitenden Klassen können dort nicht spielen, die übrigen mögen spielen, wo sie wollen, für die sogenannten gebildeten Klassen haben wir nicht zu sorgen. Ich bin dieser Sache seit langer Zeit ziemlich aufmerksam gefolgt und habe dabei gefunden, daß selbst der Gewinn in der Lotterie zu dim Glücke der arbeitenden Klassen nicht beiträgt, viel⸗ mehr 'sind sie dann für die Zukunft schlimmer daran, als früher, denn in der Regel wird das gewonnene Geld von ihnen leichtsinnig durch— gebracht. Ich wünschte, daß die Männer, die diese Ansicht nicht theilen, der Ziehung der Lotterie in Berlin beiwohnten und die Phy— siognomieen dabei studirten. Ich halte es also meinerseits durchaus für wünschenswerth, daß diese Einrichtung baldmöglichst aufgehoben werde, ünd wenn in dlesem Augenblick unsere Finanzen es dur haus nicht erlauben sollten, sofort Hand, an das Werk zu legen, so glaube
ich doch, daß wir es wagen dürfen, Se. Masjestät den König zu
bitten, die Lotterie abzuschaffen, sobald unsere Finanz- Zustände dies erlauben werden. 1 .
Abgeordn. von der Heydt: Es ist von einem der früheren Redner gebilligt worden, daß man die Leidenschaften benutze, um da, wo sie mit dem Interesse der Staatskasse zusammentreffen, die Staats= kasse zu bereichern. Einem solchen Grundsatz kann ich aber nicht bei⸗ treten, ich besorge nicht, daß ein solcher Grundsatz hier Geltung fin— den oder daß man ihn auch auf andere Leidenschaften anwenden werde, wenn man ihn heute in Bezug auf das Lotteriespiel billigen wollte. Es würde mir ferner leid thin, wenn die Aufhebung der Lotterie nothwendig die Folge haben müßte, daß die ärmeren Klassen dadurch mehr besteuert würden, ja ich würde, wenn kein anderes Mittel da wäre, den Vorschlag machen, daß man bei Bestimmung einer Ein⸗ kommensteuer diesen Ausfall auf die wohlhabenden Klassen lege und es thatsächlich zeige, daß man wirklich ein Herz für die ärmeren Volksklassen habe. Es ist von jenem Mitgliede noch geäußert wor— den, daß es das Bevormundungs- Prinzip nicht liebe; ich frage aber, ob sich das verehrte Mitglied bei den bisherigen Diskussionen und Abstimmungen diesem Prinzip irgend mehr widersetzt habe, als dieje⸗ nigen, welche für die Aufhebung der Lotterie gesprochen haben. Es war zu dieser Bemerkung wohl um so weniger Veranlassung gegeben, als es sich hier gar nicht um eine Bevormiundungs-Maßregel han— delt, sondern darum, ob der Staat selbst das Lotteriespiel befördern will. Möchte aber andererseits die Beseitigung der Bevormundung in dem Sinne gefordert werden, daß ein Antrag gestellt würde, das Privat-Lotteriespiel zu gestatten, so würde ich mich auch diesem An— trage widersetzen. Denn auch in den freiesten Staaten findet man manche Bevormundung ganz angemessen, darunter namentlich das Ver⸗ bot des Lotteriespiels. Auch in den freiesten Staaten ist dieses Ver⸗ bot in Anwendung gebracht. Also brauchten auch wir uns desselben nicht zu schämen.
(Ruf: Zur Abstimmung, zur Abstimmung.)
Marschall: Es haben sich noch einige Nedner gemeldet, und es fragt sich, ob die hohe Versammlung die Abstimmung wünscht, in welchem Falle ich die Herren bitte, sich von ihren Plätzen zu erheben.
(Es erhebt sich die ganze Versammlung.)
Es sind einige Amendements gemacht worden; ehe sie jedoch zur Abstimmung kommen, werde ich i , stellen, ob ö — achten beitreten will. Dasselbe befürwortet die Abschaffung der Lot⸗
terie nicht, und ich bitte diejenigen Mitglieder, i Gutachten n, . or t welche sich für das (Es erhebt sich eine große Majorität.)
Maxrschall: Von den gestellhen Amendements geht das eine dahin, die Freiloose auß̃heben. Diejenigen, welche basselbe unter= ien bitte ich aufzustehen. Es hat keine Unterstützung gefunden
as zweite Amendement besteht darin, den Debit der Toose von den Königlichen Steuerbehörden in ihren Dienstlokalen stattsinden zu lassen. Ich i. ob dieses Amendement Unterstützung findet? Es ist nicht ausreichend unterstützt. Das dritte Amendement will, daß der Debit der Loose durch die Lokalbehörden besorgt werde. Ich frage, ob es unterstützt wird? — Ist ebenfalls nicht unterstützt. Ich bitte den Herrn Referenten, in dem Vortrage des Gutachtens fortzufahren.
Referent von Focke (liest das Gutachten von den Worten an: Was den eventuellen Antrag — bis zum Schluß vor):
Was den eventuellen Antrag 2. anderweite Vertheilung der Gewinne für den Fall, daß die Aufhe 9 der Lotterieen nicht sollte erfolgen können, anbelangt, so wird derselbe besonders dadurch moti= virt, daß die gegenwärtig vorhandene große Zahl sogenannter Ge⸗ winne den Anreiz zun Lotteriespiel bedeutend vermehre, und es wird daher vorgeschlagen, die 3500 Gewinne der ersten Klasse zu 29 Rthlr., die 4500 Gewinne der zweiten Klasse zu 30 Rthlr., die 5500 Ge⸗ winne der dritten Klasse zu 40 Rthlr. und die 17,500 Gewinne der vierten Klasse zu 80 Rthlr. ausfallen zu lassen, dafür aber größere und weniger Gewinne einzuschieben. Auch erscheint dem Antragstel⸗ ler der Betrag des großen Looses zu bedeutend, indem der Gewinner dadurch erfahrungsmäßig nur zu oft von der rechten Bahn abgeleitet worden, und es wird deshalb die Herabsetzung auf 100,000 Rthlr.
beantragt.
Die Abtheilung hat sich aber auch hier zu einem Antrage nicht veranlaßt finden können. Denn was zunächst den Betrag des großen
Looses anbelangt, so dürfte die vorgeschlagene Umänderung von kei⸗
nem erheblichen Einflusse auf die Wirkungen sein, die der Gewinn bei dem, welcher ihn macht, hervorbringt. Rücksichtlich der Vermin⸗ derung der kleineren Loose aber scheint der Vorschlag auch zu keinem erheblichen Vortheil zu führen, weil es nicht diese kleinen Loose sind, deren Erlangung den eigentlichen Anreiz zum Spielen gewährt, und weil, so lange einmal Lotterieen bestehen, es selbst . erscheint, die durch die vertzeblichen Einfätze herbeigeführten Ausgaben nach dem Umfange der vorhandenen Mittel durch kleine Gewinne zu decken. Läßt sich auch nicht in Abrede stellen, daß von verschiedenen Seiten
6. die Ansichten über die innere Einrichtung des Lotteriespiels ver⸗— c
chieden sein können, so würde die Abtheilung sich zu einem Antrage doch nur dann veranlaßt glauben, wenn der zu machende Vorschlag einen wesentlichen Vortheil erwarten ließe. Da aber durch Gewäh⸗ rung der vorliegenden Petition ihres Dafürhaltens ein solcher nicht eintreten dürfte, so hat sie jenen Vorschlag nicht zu dem ihrigen machen zu müssen geglaubt.
Marschall: Der Antrag ist von der Abtheilung nicht befür⸗ wortet worden. Ich frage, ob er in der hohen Versammlung Unter⸗ stützung findet, und bitte, daß diejenigen, welche ihn unterstützen wol⸗ len, aufstehen.
(Nur wenige Mitglieder der Versammlung erheben sich.)
Er ist nicht unterstützt, kommt also nicht zur Berathung. Es liegt heute nichts mehr zu verhandeln vor, ich bitte daher die hohe Versammlung, sich Montag um 10 Uhr wieder hier vereinigen zu wollen, um die heute abgebrochene Berathung fortzusetzen. Die Rede
des Herrn. Justiz⸗-Ministers wird den Herren in die Wohnungen ge⸗
schickt werden. Schluß der Sitzung nach 2 Uhr.)
Nichtamtlicher Theil.
7 il
Berlin, 2. Juni. Die Augsburger Allgemeine Zei⸗ tung berichtet in Na. 1456: „Daß dem Rheinischen Beobachter für an. Abonnenten die Allgemeine Preußische Zeitung ge— liefert wird, um die doppelten Kosten des Trucks der Landtags⸗ Berhandlungen zu ersparen, macht denn doch Aufsehen, weil es nun nicht mehr geleugnet werden kann, daß die Ausgaben für die beiden Blätter aus demselben Säckel bestritten werden.“
Aus der nämlichen Nummer und zwar aus derselben Korrespon⸗ denz geht aber hervor, daß die Redaction der Augsburger Allgemei⸗ nen Zeitung den Rheinischen Beobachter sehr pünktlich liest; sie muß also auch wissen: 1) daß der Rheinische Beobachter bei der Expedi⸗ tion unserer Zeitung für seinen Bedarf die nöthige Anzahl Exem⸗ plare der Allg. Preuß. Zeitung in derselben Art, wie jeder andere Abonnent, pränumerirt hat, worüber die betreffende Post⸗Behörde die beste Auskunft wird geben können; 2) daß es auch jeder anderen Zeitung freisteht, in beliebiger Anzahl die Allg. Preuß. Zeitung für sich zu bestellen, wenn ihr die Kosten dieses Abonnements geringer erscheinen, als der Aufwand für einen besonderen Wiederabdruck der Landtags- Verhaudlungen, wie z. B. die Kölnische Zeitung für ihre 95900 Abonnenten mit unserer Expedition in Unterhandlung stand, welche unter Anderem mit daran scheiterte, daß eben keine Ausnahme⸗ Bedingungen eingeräumt werden konnten.
Wir fragen also, wie die Redaction der Augsburger Allgemeinen Zeitung gegen ihr besseres Wissen falsche Gerüchte verbreiten kannk
Berlin, 1. Juni. Das Amtsblatt des Königlichen 6 Departements enthält die folgende Verordnung, bette end, die Insi= Eier gerichtlicher Erkenntnisse oder Verfügungen mit Behändigungs⸗ Schein:
„Den Post⸗ Anstalten wird mit Bezug auf den 8. 6 der In⸗ struction über die postamtliche Insinuation gerichtlicher Verfügungen vom 13. Mai 1847 bekannt gemacht, daß gerichtliche Erkenntnisse oder Verfügungen, welche, mit einem dazu gehörigen Insinuations⸗ Dokumente 2 zur Bestellung eingehen, solchen Personen, die ihre Briefe von der Post selbst abholen, nicht gleich der übrigen für sie bestimmten Korrespondenz im Post-Lokale durch einen expedirenden Beamten, sondern, eben so wie anderen Personen, welche ihre Korre⸗ spondenz nicht selbst abholen, stets durch einen vereidigten Briefträger oder Packboten vorschriftsmäßig zugestellt werden müssen.
Berlin, den 14. Mai 1847.
General⸗Post⸗Amt.“