Nützlichkeit die Periodizität und den Wegfall der Ausschüsse für noth⸗ wendig hält. Es wird dies der in der Adresse niedergelegten Ver⸗ wahrung und den 63 Erklärungen eben so entsprechen, als der an uns ergangenen Aufforderung zur Herbeiführung eines Einver⸗ ständnisses, den angedeuteten Mangel an e, fn. in den Gesetzen näher zu begründen. Es genügt nicht, daß die Behaup⸗ tung, es mangle eine Uebereinstimmun in dem Gesetze, im Allge⸗ meinen aufgestellt werde. Eine solche Behauptung muß genau prä⸗ zisirt und motivirt werden, und ehe eine solche Behauptung Namens der Versammlung aufgestellt wird, muß die Rechts Ansicht, die Ueber zeugung der Versammlung genau konstatirt werden was iindeß mur kurch Abstimmung geschehben' kann. Denn wäre Lie Majoritztt der Versammlung nicht der Ansicht, daß wirklich ein Mangel an Ueber einstummung bestche, so könnte, ungeachtet der entgegenstzhenden Er— klärung Einzelner, der Mangel an Uebereinstimmung Namens der Versammlung nicht behauptet werden. Erst wenn die lleberzeugung der Versammlung feststeht, erst dann wird das Verfahren zu erörtern sein, wilches auf! Grund, dieser Ueberzeugung, weiter eingeschlagen werden soll. Es ist von einem verehrten Mitgliede aus Sachsen ge— sagt worden, die Abtheilung habe den Rechtsgrund in den Hinter⸗ grund und die Nützlichkeit in den Vordergrund gestellt. Es ist dies, wie der Referent schon vorgetragen hat, nicht geschehen. Ich bin ber den Rechtspunkt mit dem verehrten Mitgliede aus Sachsen glei⸗ her Ansicht. Aber den Vorwurf halte ich nicht billig, daß die Ab⸗ theilung' die Petition des Mitgliedes von Prenzlau nicht genugsam erörtert habe. Sie ist verschiedener Ansicht gewesen, aber zu welchem Resultat bie Erörterung bei jedem Mitgliede führe, die daraus resul⸗ tirende Ansicht muß man ehren, auch wenn diese Ansicht eine andere ist, wie die eigene, und so ist es mir ergangen.
Wenn der Herr Justiz⸗Minister in dem vorgestern gehaltenen Vortrage gesagt hat, daß die dem Vereinigten Landtage zustehenden Rechte nicht durch Beschlußnahme festzusetzen seien, so hat der Herr Minister wohl nur sagen wollen, daß nicht durch bloße Beschlußnahme er Versammlung die Ausübung weiterer Rechte, als solche, wie sie das Patent vom 3. Februar gewährt hat, herbeigeführt werden kön⸗ nen. Die Absicht des Herrn Ministers wird nicht dahin gegangen sein, die Versammlung über den innezuhaltenden Weg ihrer Ver⸗ handlung zu belehren oder ihr das Recht der Beschlußnahme inso⸗ weit abzusprechen, als es nothwendig ist, um sich über den Mangel an Uebereinstimmung klar zu werden.
Der vorletzte Redner hat gesagt, wenn man einen Rechts-An⸗ spruch begründen wolle, so träte eine Macht der anderen Macht ge⸗ genüber, und es sehle dann an einem Richter. Ich glaube nicht, neine Herren, daß diese Auffassung in dieser Versammlung Anklang sinden wird. Sind wir eine Macht, so stellen wir uns nicht der Rrone gegenüber, sondern wir bilden dann eine Macht für die Krone, um die Macht und den Ruhm der Krone noch mehr zu erhöhen. Fern sei es von uns, der Krone gegenüber zu treten. Es fehlt nicht an einem Richter, wir haben einen gerechten Richter, und seinem Ur⸗ theile wollen wir submittiren. Aber wohl haben wir die ernste Pflicht, daß, ehe der Richter entscheidet, die Frage zur Entscheidung reif ge—⸗ stellt werde. ;
ĩ Der Herr, Justiz - Minister gelangt nach einer sehr kunstreichen Rechts-Deduction zu dem Zugeständnisse, daß die früheren Gesetze wohl die Erwartungen haben erregen können, daß jährlich eine grö⸗ ßere Versammlung einberufen werden müsse, und zwar eine einzige reichs ständische Versammlung. Nur fügt der Herr Minister hinzu: zwischen einer solchen Erwartung und einem verliehenen Rechte ist ein großer Unterschied. Es mag diese Ausführung, juristisch betrachtet,
ein Meisterstck sein, darüber mögen Männer von Fach urtheilen.
Die Versainmlung aber wird sich ihre eigene Anschauung bilden. Was mich anlangt, so habe ich mich nicht überzeugen können, daß die Ansicht, es sei ein Rechts-Anspruch vorhanden, eine irrige sei, im Gegentheil habe ich mich nur in dieser Ansicht gestärkt fühlen können. Bleiben wir bei dem Zugeständniß des Herrn Justiz⸗Ministers stehen. Was ist die Folgerung? Wenn die früheren Gesetze zu der Erwar⸗ ung berechtigen, daß alljährlich eine reichsständische Versammlung be— rufen werden müsse, so ist eine unmittelbare Folgerung die, daß dann die Erwartungen, zu welchen die früheren Gesetze berechtigen, bis heute nicht in Erfüllung gegangen sind. Wenn nun der Herr Mi⸗ nister einen großen Unterschied darin findet, daß die Gesetze nicht mit ausdrücklichen Worten die Rechte verleihen, zu welchen die Gesetze wohl eine, Erwartung haben erregen können, so docirt der Herr Minister an einer anderen Stelle seines Vortrags, daß bei der Erklärung der Gesetze der Sinn, oder wie es aus— gedrückt ist, der Gedanke maßgebend sein soll, den der Gesetzgeber hat hineinlegen wollen. Daß es bei Erklärung der Gesetze mehr auf den Sinn, als auf den Buchstaben ankomme, darin stimmen alle Gesetzgebungen überein. Das Allgemeine Landrecht bestimmt dies ausdrücklich und fügt hinzu, daß, wo der Sinn zweifelhaft sei, er doch immer so genommen wer— den müsse, daß er eine Wirkung habe. Der Sinn und die Absicht des Gesetzgebers können nicht zweifelhaft sein. Der Herr Minister hat den Sinn der Gesetze selbst durch sein Zugeständniß anerkannt.
Jenn nun aber die in dem Gesetze vom 17. Januar 1820 ausge— srrochene Absicht der Unterordnung des Staats⸗-Schuldenwesens unter vie Reichsstände, so wie der Anordnung einer alljährlichen Rechnungs⸗ gung eine Wirkung haben soll, so muß doch die Periodizität fest⸗ stehen. Denn wollte man annehmen, es könne die reichsständische Versammlung erst in fünf, zehn oder zwanzig Jahren zusammenberufen werden, so, würde die Absicht unmöglich zu erreichen sein.
In einem Punkte stimme ich dem Herrn, Justiz⸗-Minister bei, nämlich darin, daß, wenn ein Rechtspunkt auf die Periodizität besteht, ann auch ein Rechts- Anspruch auf alljährliche Einberufung feststehe. Ich habe in der Abtheilung in diesem Sinne gestimmt, aber als ich ahci in der Minorität blieb, habe ich auch bei der zweiten Frage⸗ stellung die Frage mit Ja beantwortet, weil ich eine Einberufung in so kurzen regelmäßigen Fristen, die eine Ausführung der Bestimmun⸗ gen des Gesetzes vom 17. Januar 1820 möglich machen, für mich nicht Anders als eine jährliche habe interpretiren können.
Aas Polt, meine Herren, hat keine Rechtswissenschaft studirt, es liebt keine kunstreichen Rechtsdeductionen. Das Volk versteht die Ge⸗ ke nach dem einfach verständlichen Sinne. Uns aber, die wir be⸗ rufen sind, bie Rechte der Stände, die Rechte des Volkes zu wahren, 121 liegt, meines Erachtens, die Pflicht ob, uns nicht irre machen . . durch kunstreiche Deductionen, sondern festzuhalten an den , wesche dem Lande unt, den Ständen nach dem ge. ö „Wortsinn, aus den Gesetzen erworben sind. Diese 9 * . mit überzeugender Klarheit, so weit sie nicht N, ar ng dom 3. Februar enthalten sind, ausge⸗ nich wien der asl ehr besprochenen Erklärung der 1358. Ich schließe üiber die , ,. an, Man könnte verschiedener Ansicht sein sende 3 . der Einbringung und über das daran zu knüp— wond sich re end 96 die überwiegende Mehrheit der Versammlung
60 n n Ueberzeugung bekennen müssen.
(st, Son dem Herrn Justiz. Minist ührt worden, daß ker Artttel 13 Jom i? al Mn ger , ,,. ng augen v, e . r 20 wohl nur eine Verpflich⸗
. gegen die Stagtsgläubiger hab B hauptüng ist, wenn ich ni cer babe eingehen wollen. Diese Be
. icht irre, schon einmal von der Ministerbank
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Justiz⸗Minister sie aufnehmen würde. Hieße es in diesem Artikel, fo lange, bis die damaligen Staatsgläubiger befriedigt sein würden, solle die Rechnungs⸗Ablegung an die Reichsstände erfolgen, so hätte sich vielleicht eher ein Grund, aber auch nur ein schwacher Grund für eine solche Behauptung finden lassen. Wenn aber der Herr JustizMinister den wahren Sinn dieser Bestimmung erforschen wollte, warum hat er den Eingang des Gesetzes unbeachtet gelassen, worin es ausgedrückt ist, daß nicht blos der Wille, den Stagtsgläu⸗ bigern gerecht zu werden, sondern was diesem — und mit Recht — vorgeseßt ist, die Absicht nun, das Vertrauen zum Staate und zu seiner Verwaltung zu befestigen, dem Gesetze als Motive vorgewal⸗ tet haben. Warum hat der Herr Justiz⸗Minister wiederum diesen Eingang nicht in Verbindung gesetzt mit dem Gesetze vom 27. Ot⸗ tober 1810, auf welches ausbrücklich darin verwiesen ist, und in die sem Gesetze heißt es ja ausdrücklich: „Wir werben übrigens Unsere stete und größte Sorgfalt darauf richten, durch jede nothwendige und heilsame Einrichtung in poli⸗ tischer und finanzieller Hinsicht Unseren Uns so sehr am Herzen liegenden Hauptzweck, das Wohl Unserer getreuen Unter— thanen herzustellen, möglichst zu befördern. Zu dem Ende soll auch die nächste Möglichkeit ergriffen werden, das Münzwesen auf einen festen Fuß zu . so wie Wir Uns vorbehalten, der Na⸗ tion eine zweckmäßig eingerichtete Repräsentation, sowohl in den Provinzen, als für das Ganze zu geben, deren Rath Wir gern benutzen und in der Wir nach Unseren landesväterlichen Gesinnungen gern Unseren getreuen Unterthanen die Ueberzeugung fortwährend geben werden, daß der Zustand des Staats und der Fin an— zen sich bessere, und daß die Opfer, welche zu dem Ende gebracht werden, nicht vergeblich sind. So wird sich das Band der Liebe und des Vertrauens zwischen Uns und Unserem treuen Volk immer fester knüpfen.“
Der Herr Justiz-Minister sagt nun noch, daß die jährliche Rechnungslegung um deswillen nicht die jährliche Einberufung der reichsständischen Versammlung bedürfe, weil es sich ja nur um ein bloßes Gutachten handle, und dafür sei die Deputation ganz genü—⸗ gend. Anders sei es, wenn es sich um einen wichtigeren, um einen gefährlich bindenden Akt handle. Es handle sich aber darum nicht, sondern nur um ein Gutachten, sonst hätte wohl ein Ein— wand gegen die Rechtsgültigkeit erhoben werden können. Lei⸗ der befchränkt sich die Wirksamkeit der Stände in den meisten Fällen noch auf ein Gutachen. Wenn aber von Seiten der Minister⸗ Bank ein so geringer Werth darauf, gelegt wird, welchen Werth sollen wir dann darauf legen? Mich wird dies bestimmen, um so entschiedener den Petitionen beizutreten, welche auf Gewährung der Feststellung des Haupt-Finanz-Etats und daraus folgender Kontrolle des Staats-Haushaltes gerichtet sind. Ferner sagt der Herr Justiz⸗ Minister: „Indem das Gesetz vom 3. Februar sich als einen Fort⸗ bau der früheren ständischen Gesetzgebung ankündigt, hat es eben da mit nicht anerkennen wollen, daß die früheren Gesetze in ihrer eigen— thümlichen Form und Begränzung fortbestehen und nebenher fortwir⸗ ken sollen. Jene Gesetze vom 3. Februar erklären sich vielmehr als
eine Fortsetzuig und Fortentwickelung derselben.“
Anscheinend soll darin ein Zugeständniß liegen, daß die früheren Gesetze nicht vollständig in den Patenten vom 3. Februar aufgenom- men sind; indeß wird angenommen, daß im Uebrigen die früheren Gesetze stillschweigend beseitigt seien. Der Herr Justiz-Minister scheint dabei nicht an das Allgemeine Landrecht gedacht zu haben, worin es lautet: Daß die Gesetze so lange in Kraft bestehen, bis sie aus— drücklich aufgehoben sind.
Ich kann mir endlich nicht denken, daß der damalige Gesetzgeber absichtlich die Auslegung hat zweifelhaft lassen wollen, um freie Hand zu behalten. Ich kanü das, wie gesagt, nicht glauben. Der Geist, der aus jener Gesetzgebung hervorleuchtet, bürgt mir für das Ge⸗ gentheil.
Ich habe, wie schon vorhin bemerkt, in der Abtheilung mein Vétum dahin abgegeben, daß ein Rechts- Anspruch auf alljährliche Einberufung bestehe, und ich bin das Mitglied, welches allein bei der Abstimmung über die Frage, ob eine Bitte auf jährliche Einberufung zu stellen sei, in der Minorität geblieben ist. Ich verbleibe bei dieser Ansicht und glaube wohl, daß dies unsere Pflicht ist, wenn wir den Rechts -Anspruch für gegründet halten. Dieser aber wird zuvörderst in der Versammlung zu konstatiren sein.
Abgeordn. Frhr. von Vincke: Von verschiedenen Rednern, die vor mir gesprochen haben, bin ich theils direkt angegriffen worden und theils in einer Weise gerühmt, die ich nur als direkten Angriff betrachten kann, und ich befinde mich also in einiger Verlegenheit, wenn ich jetzt meine Ansicht als den zweckmäßigsten Weg in der Sache vertheidige, und bitte um so mehr um gütige Nachsicht. Ich habe mich bei mehreren Gelegenheiten sowohl für mich, als wenn ich für Andere das Wort nahm, die mit mir in einer Meinung vereinigt waren, zu der Ansicht bekannt, daß ich gegen jede Petition sei in Bezug auf die Nicht- Uebereinstimmung der älteren mit den neueren Gesetzen, und zwar hauptsächlich aus zwei Gründen; einmal, weil es mir nicht geeignet zu sein schien, um ein Recht zu bitten, was ich bereits zu besitzen glaube, und zum Anderen deshalb, weil ich nicht glaube, daß es mit der Ehrerbietung gegen den Allerhöchsten Träger der Krone in Einklang zu bringen sei, wenn wir den bestimmten, Er— klärungen gegenüber, die wir theils aus dem Munde Sr. Majestät des Königs und theils aus der Botschaft vernommen haben, sofort setzt um eine Abänderung der Gesetze, vom 3. Februar bitten wol⸗ len. Im Wesentlichen bekenne ich mich noch jetzt zu dieser Ansicht; ich frene mich indeß, daß der weitere Fortgang der Verhandlungen es mir gestattet, mit, Modificationen dem Gutachten der Abtheilung beizutreten, was ich im Gegensatze mit mehreren Rednern als voll⸗ ständig unparteiisch anerkennen muß. as den ersten Punkt anbetrifft, so haben wir alle Ursache, dem geehrten Abgeordneten aus Prenzlau und der pommerschen Rit⸗ terschaft es zu danken, daß sie einen Weg aufgefunden haben für eine Bitte, ohne daß dadurch unser Recht in Frage ge⸗ stellt zu werden braucht. Sie gehen im Wesentlichen davon aus, daß sie sagen: wir besitzen Rechte, und wir bitten Se. Majestät, diese Rechte anzuerkennen; wir bitten nicht, wie es in anderen Peti⸗ tionen ausgedrückt worden ist und mir auch in dem Gutachten der Abtheilung zu liegen scheint, um die Verleihung des Rechts, sondern dessen . g. Ich finde einen großen Unterschied in diesen beiden Formen und bedaure, mit dem Mitgliede für Köln, hierin in wesentlicher Meinun s⸗Verschiedenheit zu sein. Es scheint mir nicht unbedenklich, wenn ich bitte, mir ein schon bestehendes Recht zu verleihen, denn das Mitglied aus Köln bemerkt in dem Abdruck seiner Petition, daß die Krone nicht verhindert sei, ein Recht durch Verleihung neu zu schaffen, so würde dies doch ein sehr gefährlicher Zustand sein; dagegen muß ich mich verwahren. Wenn dagegen, nach dessen später folgenden Erklärung, nur um die Befriedigung eines Rechtsanspruches gebeten werden Fi so ist dies das we⸗ sentlich verschieden. Die Form, in welcher ich bitte, ist daher gewiß nicht gleichgültig; es kann dadurch ein Recht zur bloßen Vergön⸗ nung werden! Ich glaube, u selbst die verehrten Vertreter der
ausgesprochen worden; ghen sch habe nicht geglaubt, daß der Herr
unser Gewissen zu beeinträchtigen. In Bezug auf den zweiten Punkt glaube ich zwar immer noch, daß solche Bitten nach Emanation der Gesetzgebung vom 3. Februar, die sich als vollendet ankündigt, nach den Worten, die wir hier vom Throne aus gehört haben, sich nicht leicht mit der Allerhöchsten Willensmeinung in Einklang bringen las⸗ sen, und ich glaube dem Mitgliede der brandenburgischen Ritterschaft darin widersprechen zu müssen, daß ich in der Allerhöchsten Botschaft diesen Weg nicht vorgezeichnet sinden kann. Im, Gegentheil hat Se. Majestät der König gesagt: Der Vereinigte Landtag hat keine anderen Rechte, als die ihm durch das Patent vom 3. Februar er⸗ theilt sind, und nur auf Ausbildung dieser Gesetzgebung können Bitten gerichtet werden. Wenn hiernach um eine neue Schaffung e n gebeten wird, so will ich dies erwägen und darüber ent— heiden.
Mit Anträgen um Verleihung neuer Rechte möchte ich nun gern den König möglichst verschonen, um so dringender aber möchte ich be— stehen auf Erhaltung der bereits durch die frühere Gesetzgebung be— gründeten Nechte.
Wenn wir hiernach auch nicht im Einklange uns befänden mit den früheren Ansichten der Krone, so fühle ich mich doch jetzt darüber beruhigt, und zwar aus zweien Gründen, einmal, weil wir bei einer späteren Veranlassung von dem Herrn Königlichen Kommissar ver⸗ nommen haben, daß jeder Weg zur Verständigung willkommen wäre, dann aber auch aus einem zweiten persönlichen Grunde. Es ist ge⸗ wiß der Versammlung bekannt, ich wenigstens habe, vernommen, daß eine Zahl ehrenwerther Mitglieder, welche durch ihre Stellung im Leben und durch die Familien⸗-Traditionen, die gewissermassen in ihnen sich konzentriren, dazu vorzugsweise geeignet sind, sich berufen fühlen, den konfervativen Standpunkt, die Erhaltung unseres alten Rechtes besonders zu erstreben, und welche sich zu einer engeren Vereinigung zusammengefunden haben, und welche sogar schon durch die Benen⸗ nung des Ortes, den sie zu ihrer Zusammenkunft gewählt haben, an das Land haben erinnern wollen, das schon seit Jahrhunderten seine alten Rechte zu erhalten sucht.
(Gelächter.)
Ich habe diese Thatsache mit großer Genugthuung und Befrie⸗ digung vernommen. Ich habe ferner gehört, daß ein erwählter Aus⸗ schuß, wenn ich so sagen soll, aus der Versammlung des englischen Haufes sich in Verbindung mit dem Königlichen Kommissar gesetzt hat, und wenn ich auch diesen Weg etwas extraordinair finde, so glaube ich doch daraus schließen zu dürfen, daß eine größere Ueber⸗ stimmung' des Gouvernements mit diesen konservativen Mitgliedern besteht, und daß deshalb die Erhaltung unserer Rechte nicht blos das Ziel dieser Versammlung, sondern auch des Gouvernements sein wird. Sonach fühle ich mich vollständig beruhigt und kann nun auf die Sache selbst übergehen.
Im Betreff der Frage, ob wir wirklich ein Recht besitzen auf die Periodizität des Vereinigten Landtages, so hatte ich mir vorge⸗ nommen, dem Herrn Justiz-Minister ausführlich zu antworten, ob— gleich ich nur mit einer gewissen Zaghaftigkeit mich dazu entschließen konnte, einem Manne gegenüber, der gestern mit Recht ein Jurist von europäischem Rufe genannt wurde. — Nur der Umstand gab mir wie⸗ der einigen Muth, daß ich in dem Minister der Gesetz⸗Revision auch zugleich meinen früheren Lehrer von der Universität her zu verehren habe. Hätte ich daher irgend etwas Erhebliches zur Widerlegung vorgebracht, so wären es eben nur die früheren Gedanken desselben
verehrten Mannes gewesen — wie ja der Diamant nur durch Dia⸗ mantenstaub geschliffen werden kann. Gelächter.)
Es haben indeß viele Mitglieder, die sich vor mir auf dieser Stelle befunden haben, namentlich die Mitglieder für Königsberg, für Reinerz und für Elberfeld, sich so vollständig über den Rechtspunkt geäußert, daß ich blos eine kleine Nachlese zu halten brauche. Im Wesentlichen scheint mir von ihnen schon der Vortrag des Herrn Ju⸗— stizMinisters vollständig widerlegt zu sein. Es ist namentlich bemerkt worden, daß aus dem klaren Buchstaben des Gesetzes ein begründe— tes Recht auf eine alljährliche Zusammenberufung des Landtages be—⸗ f. Abnahme der Rechnung der Staatsschulden-Verwaltung abzulei— ten sei. ;
Es ist ferner bemerkt, daß dies nicht blos den Kreditoren, son— dern dem ganzen Lande verliehen ist. Ich habe aber noch nachträg- lich zu bemerken, daß, wenn von dem Herrn Justiz⸗Minister gesagt worden ist, die Reichsstände hätten ja die Rechnung alljährlich zu prüfen, da die betreffende Deputation aus und von ihnen gewählt werde, ich dies mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht vereinigen kann, welcher der ganzen Versammlung dies Recht verleiht. Wenn er ferner sagte, jene engere Deputation bekäme ihre Aufträge nicht von der
Justiz auf der Ministerbank das zugeben werden, und meine daher, daß wir den beiden Mitgliedern dankbar sein müssen, daß sie uns
Versammlung, sondern sie hätte ihr Mandat aus dem Gesetz; so spricht dies gerade für uns, denn nur der Mandatar kann dan Recht für sich in Anspruch nehmen, die Persönlichkeit des Mandantes innerhalb der Gränzen seiner Vollmacht zu vertreten. Aber wie der Königliche Kommissar schon gesagt hatte, so sind diese Mandatare nicht von uns gewählt worden, sondern sie sind uns gesetzt worden, und so können sie uns nicht ersetzen und können nie unsere Stelle vertreten. Es ist ferner schon von dem letzten Redner gesagt wor den, daß dieser Punkt keinesweges unbestimmt in dem Gesetze ge— lassen wäre, und ich möchte dies noch dahin ergänzen, daß der Ge— setzgeber, wie der Herr Justiz Minister auf pag. selbst bemerkt, nur die Einrichtung, Bildung, Zusammensetzung und Organisirung der Reichsstände unbestimmt gelassen hat, nur die Frage, wie sie aus den Provinzial-Ständen hervorgehen sollen. Das gebe ich zu, aber diese Organisation ist jetzt dahin bestimmt worden, daß nicht die Ausschüsse, wie das möglich gewesen wäre, sondern daß sämmtliche Provinzial⸗Landstände zu einer reichsständischen Versamm— lung vereinigt sind; aber wie oft sie zusammenkommen sollen, darüber besteht keine Unbestimmtheit, darin ist keine Ungewißheit, es war vielmehr ausdrücklich bestimmt, daß sie alljährlich zusammenkommen. Wenn es endlich um die Interpretation des Gesetzes aus der Absicht desselben sich handelt, so sindet eine solche überhaupt doch nur dann kinn wenn die Disposition, der Wille des Gesetzgebers selbst un⸗ ar ist.
Das aber ist hier nicht der Fall, sondern es ist ausdrücklich ge⸗ sagt worden, sie sollen alljährlich zusammenkommen, alljährlich soll ihüien Rechnung abgelegt werben. Ob dies zur Sicherheit der Kre— ditoren und für den Vereinigten Landtag nützlich ist, ist eine ganz andere Frage. Wie es aber der Buchstabe des Gesetzes klar entschei= det, sollen wir alljährlich behufs der Prüfung der Rechnungen zusam— menkommen. Und hiermit glaube ich das Wenige noch ergänzt zu haben, was mir nach dem verehrten Redner noch zu sagen blieb. Bei Beleuchtung des Vortrags des Herrn Justiz-Ministers glaube ich auch die Ansicht des einen Theils der Abtheilung im Wesentlichen schon mit= widerlegt zu haben. Ich habe nur noch zu bemerken: Wenn die Ab—= theilung auf unsere provinzialständische Thätigkeit Bezug nimmt und sagt, daß dies eine permanente Thätigkeit wäre, ohne daß die Pro⸗ vinzial- Stände immer in voller Versammlung zusammenkommen, so habe ich darauf zu erwiedern; diejenigen Kommissionen der Provin—⸗ zial⸗Stände, die behufs der Erledigung einzelner Angelegenheiten zu—⸗
Beilage
den Weg ge haben, um Anerkennung des Rechts zu bitten, ohne
AMS 153.
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Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.
Freitag den um Juni.
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sammenkommen und in Permanenz bleiben, sind von den Provinzial⸗ Ständen gewählt, diese haben ihnen nur ihre Rechte delegirt, wäh⸗ rend, wie der Herr Justiz⸗Minister selbst sagt, das Mandat für un⸗ sere Deputation nur aus dem Gesetze herrührt, das Gesetz sie an unsere Stelle setzt, ohne daß wir unsere Zustimmung dazu ertheilt haben. Hiernach scheint mir das Recht auf periodischen und alljähr⸗ lichen Zusammentritt der verehrten Versammlung vollständig begrün⸗ det. Die Nützlichkeits⸗ und Nothwendigkeits⸗Gründe, die das Gutachten aufstellt, sind von dem geehrten Mitgliede für Köln scharf, klar und so vollständig auseinandergesetzt worden, daß ich nicht glaube, darauf zurückkommen zu müssen. Aber für mich handelt es sich zunächst ö um die Nützlichkeit und Nothwendigkeit, sondern, wo wir das Necht für uns haben, verlange ich es in seinem ganzen Umfange anerkannt zu sehen, und erst nachher wird es Gegenstand der Verhandlungen der Krone mit den Ständen sein, ob davon etwas abzunehmen ist, ob die voll⸗ ständige Ausübung des Rechtes nicht zweckmäßig sei. Ich für mein Theil glaube, daß eine europäische Großmacht, wie Preußen, sich ganz in der Lage besindet, die vollste Stärkung und Kräftigung sämmtlicher Elemente im Staate durch eine innige Verbindung mit den Ständen zu sichern, und daß wir in dieser Beziehung nicht oft genug zusam— menkommen können, wenn wir mit Recht der Ansicht sind, daß unser Zusammentritt der Krone neue Elemente der Stärke giebt. Wenn ich das wesentliche Vorrecht der Stände, mit der Krone sich in das engste Vernehmen zu setzen, so hoch anschlage, so finde ich dazu die Veran— laffung bei allen Großmächten, die sich ständischer Versammlungen er freuen, in Frankreich und namentlich in England, mit denen wir uns in politischer Beziehung auf einer und derselben Höhe befinden, und welche daraus ihre Kraft mit so glücklichem Erfolge gezo⸗ gen haben. Es handelt sich hier zunächst nicht um Bitten und Wünsche, nicht darum, was nothwendig und nützlich ist, denn auch in dieser Beziehung wünsche ich Se. Majestät möglichst wenig zu be⸗ drängen, ja, ich würde es nicht beklagen, wenn auf dem ganzen Land— tage kein einziger Antrag auf Verfassungs-Aenderungen an den Thron gelangte; ich würde darauf keinen allzugroßen Werth legen, wo es sich aber um die Conservation wohl erworbener Rechte handelt, habe ich die allerstrengste Ansicht. Insofern es sich nun gegenwärtig nur um den Rechtspunft handelt, will ich diesen nicht mit Gründen der Nütz⸗ lichkeit vermischen und verdünnen, denn so hoch der Himmel über der Erde, so hoch steht das Recht über, den Nützlichkeitsgründen, die nimmermehr an das Recht in seiner Höhe hinanreichen können. Das Recht will ich ungemischt mit Nützlichkeitsgründen Sr. Majestät vor— getragen haben, auf das Recht berufe sich die Versammlung, und um es vollständiger zu sagen, als es mir möglich ist, beziehe ich mich auf den Antrag des geehrten Mitgliedes für Köln, wo es sagt: „Das gefährlichste Reizmittel für den Trieb, Rechte zu erwerben und zu erkämpfen, ist das Gefühl, deren gar keine zu besitzen, und bei einer unbefangenen Erwägung des Inhaltes der Verordnungen vom 3. Februar c. läßt sich die Erkenntniß nicht abweisen, daß dem Ver— einigten Landtage und dem Lande kein Recht zugetheilt sei.“ Und deshalb handelt es sich hier zunächst um Rechte und zwar um wohl erworbene und alte Rechte. Es ist von einem geehrten Mitgliede mir gegenüber gesagt worden, wir sollten zurückgehen auf die Geschichte, wir sollten aus der Geschichte lernen, daß es sich nicht uni einzelne Buchstaben handle, daß die Beispiele der Geschichte den Weg des Buchstabens als einen gefähr⸗ lichen bezeichnen. Ich bedaure, daß die versproöchenen Beispiele der Geschichte nicht gegeben worden sind, ich habe, aus der Geschichte die entgegengesetzte Lehre gezogen und berufe mich auch hier wieder auf Engländ, was ich fast Überall als unseren großen Lehrmeister betrachte. Dort wurde ungefähr vor 150 Jahr, als die jetzige Dynastie mit Wilhelm II. den Thron bestieg, das alte Recht punktatim und buch⸗ stäblich niedergeschrieben, in der Declaration der Rechte und dann der Krone zur Anerkennung vorgelegt, in der Bill der Rechte ein schlagendes historisches Beispiel, fo lange das geehrte Mitglied kein entgegengesetztes geliefert hat. Es ist hier ebenfalls mit Bezug auf die Geschichte gesagt worden, daß Eintracht mit der Krone Noth thue, und ich frage, wer unter uns wollte nicht mit der Krone einträchtig sein? Es war damit wohl der erhabene Wahlspruch des niederlän⸗ dischen Volkes gemeint: Eintracht giebt Macht. Aber warum geht dort dieser Wahlspruch wesentlich vom Volke aus? weil die Antwort aus dem Munde der niederländischen Fürsten darauf lautet: Je maintiendrai! oder wie es in andere Spracher auf der Brust unserer Fürsten ge⸗ schrieben steht: uum cuique. Weil die niederländischen Fürsten das Recht ungeschwächt bis auf den kleinsten Buchstaben erhalten, deshalb sagt das Volk: Eintracht gießt Macht. Deshalb kann ich nicht die Ansicht des oft citirten Mitgliedes theilen, daß es sich hier wesentlich um materielle Interessen handle, daß diese vorzugsweise befördert und ge⸗ pflegt werden sollen. Meiner Ansicht nach, stehen vielmehr die immateriellen Interessen unendlich hoch über ihnen, und so lange die immateriellen Interessen nicht unerschütterlich begründet sind, so lange wir noch gar nicht wissen, was bei uns Rechtens ist, so lange darf von den mate—= riellen Interessen gar keine Rede sein. Aus diesen Gründen habe ich mir erlaubt, ein Amendement dem Herrn Marschall vorzulegen, was ich vorzutragen und mit wenigen Worten motiviren zu dürfen bitte. Ich habe in Bezug auf die Periodizität der ständischen Versammlun— gen das Amendement gestellt: „Se. Majestät den König allerunterthänigst zu bitten, das beste⸗ hende Recht des Vereinigten Landtages, auf Grund des Art. XIII. des Gesetzes vom 17. Januar 1820 alljährlich behufs Abnahme der Rechnung der Haupt-Verwaltung der Staatsschulden einberu—⸗ fen zu werden, Allergnädigst anerkennen; falls jedoch einer so häufigen Einberufung erhebliche Bedenken entgegenstehen möchten, dem Vereinigten Landtage eine darauf bezügliche Pꝛroposition huldreichst vorlegen lassen zu wollen.“ .
Dies Amendement hat meiner Ansicht nach wesentliche Vorzüge vor dem Antrage der Abtheilung. Es ist in diesem Vorschlage der Abtheilung gesagt: „Mit Bezug auf die frühere Gesetzgebung, so wie auch namentlich aus Gründen der Nützlichkeit. Ich muß mich selbst dem Herrn Referenten gegenüber, dessen Unparteilichkeit ich schon anerkannt habe, doch einem Redner anschließen, welcher sagte, daß der Rechtsgrund hinter die Nützlichkeit hierbei zurückgedrängt sei. Es ist gesagt worden: „Mit Bezug auf die frühere Gesetzgebung“, ich frage aber: sind das Beziehungen des bestehenden Rechtes oder nur Beziehungen der Erwartung, wie der Herr Justiz-Minister sagte? Ich wünsche nur Beziehungen des Rechtes, und weil es heißt: „In Bezug auf das Gesetz“, darin aber von Einigen nur Erwartungen gefunden werden, so will ich das Recht, das bestehende Recht ausgedrückt haben. Ich beschränke dies aber auf den Buchstaben des Gesetzes, weil mein Beweis weiter nicht zu⸗ träfe, ich beschränke mich auf die alljährliche Zusammenkunft behufs der cn sabnahme und Prüfung. Zwar bin ich der Ansicht, daß der Gesetzgeber damals daran gedacht hat, die Stände alljährlich zu berufen, und dann nicht blos mit senem einen Gegenstande zu be⸗ schäftigen; aber ich bin auch der Ansicht, daß, wenn wir einmal zu⸗
sammen sind, von selbst auch andere Gegenstände an die Reihe kom⸗ men werden. Genehmigen wir dies, . wir uns auf diese Forderung, so bewegen wir uns streng au dem Rechtsboden. Diesen will ich anerkannt haben, ich bitte nicht um Verleihung, sondern ich bitte um Au frechthaltung. des Rechtes, und insofern dies Verlangen über die früheren Erklärungen hinausgeht, wünsche ich die Anerkennung seitens der Krone, damit das Recht in Ausführung gebracht werde und zum Leben durchdringe. Denn so lange unsere Üeberzeugung nicht unangefochten ist, so lange noch Zwie spalt zwischen der Krone und uns . so lange ist Eintracht nicht vorhanden, auf die ich auch den gie ten Werth lege. Ich will aber auch end— lich einem Einwande begegnen, damit man nicht sagen syoll, ich wolle nicht das Nützliche. Ich will der Krone freie Hand lassen, auf ge⸗ setzlichen Wege durch Vorlegung einer Proposstion diese Frage zur Entscheidung zu bringen, bitte also, daß, im Fall die Krone die un— beschränkte Ausübung des Rechtes bedenklich sindet, dem Ver—= einigten Landtage eine desfallsige Proposition vorgelegt werde. Aber das Recht muß erst gesichert sein. Ich erblicke in der verlangten Maßregel auch keine Gefahr oder Bedroh⸗ niß für den Staat und glaube, daß der König, unterstützt von den Rathgebern der Krone, sich in der Lage befindet, zu erwägen, ob die Ausübung dieser Rechte nützlich und zweckmäßig sei.
Ich weise endlich darauf hin, daß der Wille Sr. Majestät durch die Thronrede diesen Weg hauptsächlich, das Recht in den Vorder⸗ grund treten zu lassen, als den wesentlichsten und nächsten bezeichnet. Es ist dort ausdrücklich gesagt: Vertrauen weckt Vertrauen, und wenn ich diesem erhabenen Spruche folgen darf, so glaube ich, wenn wir dem Könige mit Vertrauen bezeichnen, was wir für das Rechte hal⸗ ten, so wird uns anch das Allerhöchste Vertrauen entgegenkommen und das gewähren, was wir nach dem unzweifelhaften Buchstaben der früheren Gesetzgebung als unser Recht in Anspruch nehmen. Es ist dort ferner gesagt worden, daß die Stände mit dem ureigenen Geiste der, deutschen Verfassung sich durchdringen und Wahrer des Rechtes sein müßten, und darum würden sie sich ihrem heiligsten Be⸗ rufe entfremden, den ihnen der König selbst vorgezeichnet hat, wenn sie aufhören wollten, zunächst ihr Recht zu wahren, wenn wir uns auf Nützlichkeits und Nothwendigkeits⸗Gründe einlassen wollten, wo wir das klare Recht vor uns haben. Wir sollen nicht die Folgsam— keit des Knechtes üben, sondern die Folgsamkeit um Gottes und des Gewissens willen. Und mein Gewissen sagt mir, daß ich meinen Kommittenten gegenüber eine Pflicht auf mir habe, daß ich nicht blos mein Recht, sondern auch das Recht meiner Kommittenten auf dieser Stelle zu wahren habe. Und weil dieses im Buchstaben des Gesetzes klar ausgedrückt ist, deshalb ist es ein Gehorsam um des Gewissens willen, wenn ich mich erdreiste, der Krone die Gründe vorzutragen, aus denen ich glaube, daß die Gesetzgebung vom 3. Februar nicht in Einklang zu bringen sei mit der früheren, die unseres nun in Gott ruhenden Königs Majestät im Jahre 18260 erlassen hat. Ich glaube, daß dieser Weg uns am sichersten schützt vor dem revolutionairen Treiben, was Se. Masjestät in der Thronrede als ein gefährliches Zeichen und bedenkliches Symptom der Zeit angeführt hat. Denn worin hat dies seine Wurzel? Darin, daß man Fürst und Volk gegenseitig einander zu verkächtigen und zu entfremden sucht. Und wie stellt man sich ihm am erfolgreichsten entgegen? Wenn man sich stets auf dem Rechtsboden hält, nie den Boden des Gesetzes verläßt, also nicht einen entfernten Anlaß zu der Vermuthung giebt, als ob es je die Absicht sein könnte, der Krone Rechte zu nehmen und für uns zu beanspruchen, als diejenigen, die das Gesetz uns verleiht oder die wohlerwogene freie Entschließung der Krone uns als neue Rechte geben will. . . .
Se. Majestät der König — ich darf mir schließlich erlauben, diese erhabenen Worte selbst vorzutragen, die mir die Sache vollstän⸗
dig zu begründen scheinen, hat gesagt: „Jetzt gilt's einen neuen Kampf
um dieselben hohen Güter, einen friedlichen zwar, aber seine Treffen sind nicht um eines Haares Breite unwichtiger, als es jene im Blach⸗ elde waren. Gott aber wird wieder mit uns sein, denn es gilt den Kampf gegen die bösen Gelüste der Zeit. Ihre Einmüthigkeit mit Mir, Ihr thätiges Bekenntniß, Mir helfen zu wol⸗ len: den Boden des Rechts (den wahren Acker der Kö⸗ nige) immer mehr zu befestigen und zu befruchten, wird aus diesem Landtage eine gewonnene Hauptschlacht wider jenes arge, rechtlose, Deutschland betrübende und entehrende Treiben machen, zu Ihrem und des Vaterlandes Ruhm und zur Befriedi⸗ gung Meines treuen Volkes.“ Diesen Allerhöchsten Worten lassen Sie uns nun anschließen: stets den Boden, den Acker des Rechtes pflügen. Wir sind hingewiesen auf die alten Rechte unseres Volkes, und der ehrenwerthe Redner gegenüber hat mir den Vorwurf gemacht, als ob es meine Absicht sei, diese Rechte jetzt wieder hervorzurufen. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, ich befände mich nicht in der Lage, jetzt die alten Rechte unserer früheren. Stände in An⸗ spruch zu nehmen. Aber, so lange uns noch nicht einmal die Rechte der nächsten Vergangenheit gesichert sind, will ich auch nicht auf die Reservation verzichten, nach Üümständen auf eine noch entferntere Ver⸗ gangenheit zurückzugreifen. .
Ich erinnere mich mit gerechtem Stolze, daß meine Borfa hren den Acker des Rechtes seit vielen hundert Jahren gepflügt und dem selben viele köstliche Früchte abgewonnen haben, werthvoller, als die materiellen Güter dieser Erde. Ich weiß nicht, wie lang die Spanne Zeit ist, die mir hier noch zugemessen ist. Wenn aber einst meine letzte Stunde schlagen sollte, dann wünsche ich nur, auf dem Acker des Rechtes meine Grabstätte zu finden. Es ist heute ein großer ag in der vaterländischen Geschichte. Heut vor 10 Jahren hat Friedrich der Große den erhabenen Thron seiner Väter bestiegen. Lassen Sie uns durch eine würdige That des Landtags feiern die Thronbesteigung Sr. Majestät des Königs Friedrich's II., der uns nicht blos Schlesien erobert hat, dessen edelste Söhne hier sitzen. ..
(Eine Stimme lacht laut.) ich finde dies nicht lächerlich, es ist eine historische Wahrheit des gro⸗ ßen Königs, welcher für unser öffentliches Recht den erhabenen Grund= satz aufgestellt hat, daß der König der erste Diener des Staates sei. Es wird eine Zeit kommen, wo keines der ehrenwerthen Mitglieder dieser Versammiung mehr auf Erden wandelt, dann wird die unpar= teiische Geschichte über den ersten Vereinigten Landtag zu Gericht sitzen. Möge sie dann sagen, der erste Landtag der Krone Preußen, insbesondere die Mitglieder der Kurie der Ritterschaft, der Städte und Landgemeinden, sie wurden als fleißige und treue Ackerer erfun⸗ den auf dem Acker des Rechtes, sie sind von diesem Boden nicht einen Fuß breit abgewichen, nicht um dieses Nagels Dicke haben sie nach⸗ gegeben von ihrem guten Rechte, sie haben stets unabänderlich beharrt bei dem alten deutschen Grundsatze unserer Väter: Recht muß doch Recht bleiben! (Stürmischer Applaus.)
Landtags-Kommissar; Es war nicht meine Absicht, mich in diesem Stadium in die wichtige Debatte einzumischen, welche die hohe Versammlung in diesem Augenblicke beschäftigt. Die gleichsam
persönliche Aufforderung des geehrten Redners aber, wel
Redner Platz verlassen hat, nöthigt mich dazu, damit ,
nicht gemißdeutet werde. Der geehrte Redner hat angeführt, daß
er zu dem Entschluß, von seiner früheren Absicht, die vermeintlich
verletzten Rechte der Stände nur durch eine Wahr ung zu sichern
jetzt auf den Weg der Petition überzugehen, — durch meine lherẽ Aeußerung: „Jeder Weg der Verständigung sei mir wünscheng= werth“, ermuthigt sei.
Ich kann zwar jedes einzelne Wort und Wörtchen, was ich hier gesprochen habe, nicht anerkennen oder verneinen; ich glaube aber nicht, gesagt zu haben: jeder Weg der Verständigung sei mir wün⸗ schenswerth, sondern: der Weg der Verständigung überhaupt, na⸗ mentlich derjenige, welcher durch die Allerhöchste Botschaft vom 22. April d. J. bezeichnet sei. Bei dieser Aeußerung glaube ich stehen bleiben zu müssen, während ich mich vor einer ißdeutung ber Worte: „Jeder Weg der Verständigung sei mir wünschens⸗ werth“, verwahren muß, da es dergleichen Wege der Verständigung giebt, die ich für nichts weniger als wünschenswerth halte.
Es führt mich dieses aber ferner zu der Nothwendigkeit, mich über die Ansicht der Krone in Beziehung auf die Gränzen der gegenwärtigen Debatte zu erklären. Mein sehr verehrter Kollege, der Herr JustizMinister, hat bereits angedeutet, daß durch die Aller= höchste Botschaft vom 22. April d. J. ausdrücklich erklärt sei, daß Se. Majestät der hohen Versammlung keine anderen Rechte anerken⸗ nen könne, als diejenigen, welche die Gesetze vom 3. Februar ihr zu⸗ weisen oder welche Er ihr künftig im verfassungsmäßigen Wege bei⸗ legen werde. Allerdings hat dieselbe Botschaft angedeutet, daß diese Rechte erweitert werden könnten, daß die Verordnüngen vom 3. Fe⸗ bruar bildungsfähig seien, daß der hohe Landtag das Recht habe, in Beziehung auf die Ausbildung dieser Gesetze Bitten an den Thron des Königs zu richten, und daß Se. Majestät der König dergleichen Bitten prüfen und nach Ihrer besten Ueberzeugung darüber entschei⸗
den würden. Diesen Weg habe ich gemeint, wenn ich den Weg der Verständigung angerathen habe. In Beziehung auf diese Bitten nun ist es feinesweges ausgeschlossen, keinesweges verwehrt oder erschwert, auch diesenigen Ansichken auszuführen, welche sich vielfältig in dieser Versammlung ausgesprochen haben, daß nämlich durch die 86 bung vom 3. Februar d. J. die Verheißungen des hochseligen Königs Masestät der verschiedenen älteren Gesetze nicht vollständig erfüllt seien und daß also, weil einzelne Mitglieder dieser hohen Versammlung, oder weil die Mehrzahl oder die ganze Versammlung diese Ueber zeugung theile, darauf die Bitte mit gegründet werden könne, daß der vermeintlich unerfüllte Theil der Verheißungen durch Declaration oder durch Abänderung der neuen Gesetze erfüllt werden möge. Ja ich nehme keinen Anstand, selbst eine Bitte für, loyal zu erklären, welche dahin gerichtet würde, daß jene Rechte nicht gegeben, son⸗ dern anerkannt werden möchten.
(Bravo! Bravo!)
Aber davon ist sehr verschieden, den Beschluß fassen zu wollen, der Landtag habe solche Rechte. Gegen einen solchen Beschluß würde ich mich, und zwar auf Allerhöchsten Befehl, ausdrücklich verwahren müssen. Se. Majestät haben in der Botschaft erklärt, daß die Ver⸗ heißungen der früheren Gesetze, so weit sie unerfüllt gewesen, durch die Gesetzgebung vom 3. Februar erfüllt seien; daß der Landtag keine anderen Rechte habe, als diese, daß diese Gesetzgebung vom 3. Fe⸗ bruar allein sein Gesetz sei. So lange also der Gesetzgeber keine andere entscheidung trifft, ist dies allein die Basis, auf der er sich bewegen darf. Deshalb würde ich mich jedem Beschluß darüber, ob der Landtag andere Rechte habe, auf das Entschiedenste widersetzen müssen. Innerhalb der Gränzen aber, die ich vorhin be⸗ zeichnete und die auch ein verehrter Redner aus der Provinz Pom- mern nach meiner Ueberzeugung richtig bezeichnet hat, — innerhalb dieser Gränzen kann sich die Debatte des Landtags mit voller Frei⸗ heit bewegen. Se. Majestät werden die Anträge, — sie mögen lau⸗ ten, wie sie wollen, — als loyale Anträge entgegennehmen, und dar⸗ auf in Ihrer Weisheit entscheiden, wie Sie glauben, daß es für die Interessen, für die wahre Wohlfahrt des Vaterlandes am ersprieß⸗ lichsten sei. ; .
Außerdem muß ich noch eines Umstandes erwähnen, welchen der= selbe verehrte Redner zur Sprache gebracht; vielleicht hätte ich auch Anderen die Antwort überlassen können. Es wurde angedeutet, wie ich mich mit einer gewissen Fraction der Versammlung in Verbindung gesetzt habe, damit sie von mir erführe, was sie thun solle.
; Geichen der Verneinung des früheren Redners.)
Ich Ilaube Aehnliches gehört zu haben. In dieser Bez iehung kann ich die Versicherung geben, daß ich die 96 ten, welche die Krone, welche das Ministerium in e⸗ ziehung auf die Verhandlungen des Landtages hat, mit nicht größe⸗ rer Offenheit gegen die bezeichnete Fraction geäußert habe, als gegen die Mitglieder einer ganz anderen Fraction, und ich würde, wenn es verlangt werden sollte, letztere namentlich bezeichnen können. Ich würde die Personen unter Ihnen nennen können, gegen die ich mich mit der vollsten, unumwundesten Offenheit ausgesprochen habe, mit einer Offen⸗ heit, die weiter gegangen ist, als diejenige, welche die Mitglieder, von denen in der Recrimination die Rede war, empfangen haben. Dies erkläre ich als die vollste Wahrheit.
Abgeordn. Graf von Schwerin: Gegen mich hat sich Se. Excellenz ganz offen ausgesprochen.
Abgeordn. Freiherr von Vincke: Ich habe ein persönliches Faktum zu berichtigen. Ich habe keines weges gesagt, daß Se. Exc. gesagt habe, was die Fraction thun solle, ich habe nur gesagt, diese Mitglieder hätten sich durch einzelne Ausschüsse mit Sr. Excellenz in Verbindung gesetzt, und Se. Excellenz hätten sich ausgesprochen über die Ansicht des Gouvernements; und daraus rj ich die beruhi⸗ gende Ueberzeugung für mich, daß der Weg der Einigung zur Er⸗ haltung unserer alten Rechte (der einzige, der zum Verstandniß führt) angebahnt sei durch diese Konferenz. Dieser Ansicht bin ich noch, und ich schöpfe neue Hoffnung durch das, was Se. Excellenz eben ge⸗
sagt haben. he. Abgeordn. von Beckerath: Obgleich die Verhandlung eigent- lich schon in ein anderes Stadium getreten ist, so kann ich doch nicht
umhin, Ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf den Vortrag des Herrn Justiz⸗Ministers zurückzulenken und dasjenige nachzuholen, was mir nach den bereits stattgefundenen Erörterungen darüber noch zu sa en nöthig scheint. Gewiß war eine der bedentendsten Stellen in diesem Vortrage, diejenige, worin die Behauptung ausgesprochen wird, daß der fragliche 8. 13 lediglich eine Verpflichtung gegen die Staats⸗ gläubiger enthalte. Dieser Behauptung muß der 8. 1 desselben Ge⸗ setzes entgegengestellt werden. Nachdem hier die Gesammifumme der Staatsschulden auf 18,691,720 Thaler festgestellt ist, heißt es weiter:
Abgeordn. von Beckerath Ciest vor): „Diese Schulden sollen nicht nur von Uns, sondern auch von Un-
feren Nachfolgern in der Krone bis zu ihrer endlichen Tilgung un-