1847 / 155 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

das Gesetz nicht gegeben sei, daß kein Hinderniß in ber Combination sämmtlicher Gesetzesstellen liege, mehrere neben einander liegende reichsständische Versammlungen zu schaffen und der einen diese und der anderen jene Function zu übertragen, dann würde es weiter auch zulässig gewesen sein, der Deputation von Achten das Recht der Pe— tition, das Recht der Begutachtung der Gesetze und das Recht der Anleihe - Bewilligung zu uͤbertragen und dem Vereinigten Landtage lediglich das vorzubehalten, daß er die Rechnung der Staatsschulden⸗ Verwaltung abnehme. Sie sehen, daß in diesem Falle eben Alles, was die früheren Gesetze enthalten, auf nichts reduzirt wäre, und ich glaube, um einen Ausdruck des gewöhnlichen Lebens zu gebrauchen, dadurch, daß zu viel bewiesen wurde, ist nichts bewiesen worden. Eben darin aber, daß man beinahe Alles verneint, darin 36. der Grund, warum wir mit solcher Aengstlichkeit uns an die Gesetzes—⸗ Worte und Gesetzesstellen klammern, die min beinahe zwei Tage lang der Gegenstand der Erörterung gewesen sind, in die ich für meinen Theil nun nicht weiter eingehen will. Ein verehrtes Mitglied der Ritterschaft von Brandenburg hat gestern Aeußerungen über die Basis unseres Rechtes, über unseren Rechtsboden gemacht, die von mehreren Mitgliedern heute beleuchtet worden sind, und auf die ich hier nicht zurückfkomme. . 866 ; ö Wenn aber von diesem verehrten Mitgliede die Wahrheit in dieser Versammlung in Anspruch . worden ist, so meine auch ich, daß wir in dieser wichtigen Frage suchen müssen, wahr und klar über das Ziel zu sein, welches uns vorschwebt. Meine Auffassung davon will ich versuchen, in kurzen klaren Worten auszusprechen. Der Kampf, den wir führen, meine Herren, bewegt sich um zwei Punkte. Der erste Punkt ist der, daß nach Erlassung eines Gesetzes der Gesetzgeber an das Gesetz gebunden sei, daß also jedes erlassene, nicht abgeänderte, nicht aufgehobene Gesetz den Gesetzgeber selbst wie jeden Bürger im Staate verpflichte. Daß diese Schranke der höch— sten Gewalt, diese Gränzlinie, welche die Macht von der Willkür scheidet, anerkannt werde, daß jede nicht erledigte, bestimmte oder schwankende Zusage auf gesetzlichem Wege zur Erledigung gelange, daß jeder Widerspruch zwischen den bestehenden Gesetzen und der Wirklichkeit beseitigt werde, das ist der erste Punkt, um den wir kämpfen. Der zweite Punkt ist der, daß die Theilnahme an der Re— gierungs Gewalt, welche dem Volke durch seine gewählten Vertreter in Beziehung auf die Angelegenheiten der Gesammtheit eingeräumt werden soll, das Maß dieser Theilnahme sei groß oder klein, sie be⸗ stehe in Rath oder Zustimmung, innerhalb der von dem Gesetze ge⸗ zogenen Gränzen ein einheitliches, untheilbares und selbstständiges Recht sei. Einheitlich, also nicht auszuüben von Provinzial- Ständen, sondern von Reichsständen; untheilbar, also nicht zum Theil einer kleinen Versammlung, zum Theil einer größeren Versammlung zuste⸗ hend; selbstständig, also in Beziehung auf den Zeitpunkt der Theil⸗ nahme nicht abhängig von dem Belieben der Regierung oder von ihrem Urtheile über das Bedürfniß, sondern vorausbestimmt durch das Gesetz. In diesem Kampfe werden wir Sieger bleiben, das ist meine feste Ueberzeugung; wie lange aber er dauern werde, das un! ternehme ich nicht vorauszusehen und vorauszusagen. Es hat ein Mitglied, was gegenüber zu sitzen pflegt, gestern Worte der War nung ausgesprochen. Ich theile die Befürchtung nicht, die von ihm gehegt wird, aber das will ich meinerseits sagen: möge es nicht er— gehen wie mit den sibyllinischen Büchern, deren Zahl immer mehr abnahm, je länger ihre Erwerbung verzögert wurde. In der Be gründung des Antrages, welchen ich mir gestattet habe, den verehr— ten Mitgliedern der Versammlung vor einigen Wochen vorzulegen, ist es ausgesprochen, daß der gesetzliche und rechtliche Anspruch auf jähr⸗ liche Einberufung der Allgemeinen Stände nicht auf egeben werde, und daß der Berathung des Vereinigten Landtages ,, bleibe, inwiefern er einer Bitte wegen regeimäßiger Berufung viesen bereits gewahrten, gesetzlichen und ö Anspruch nochmals zum Grunde legen wolle. Indem nunmehr der Zeitpunkt gekommen ist, diesen Vorbehalt zu verwirklichen, erkläre ich mich mit Entschiedenheit daflir, daß die Versammlung ihre Bitte auf das Recht stütze. Ith rr kläre mich mit um größerer Entschiedenheit dafür, als ich bei Berathung der Adresse sowohl, als in jedem späteren Augen⸗ blicke, die Nothwendigkeit erkannt habe, genau zu konstatiren, welches die Ansichten der Versammlung über das rechtliche Verhältniß seien, wenn ich gleich nicht den Weg gegangen bin, den man andererseits ohne Erfolg betreten hat. Zugleich will ich mich aber nochmals ge⸗ gen die Ansicht verwahren, daß das Recht beeinträchtigt werden könne, wenn der Landtag in ihrem ganzen Umfange oder zu einem Theile die Sache erbittet, worauf ihm der Rechtsanspruch zusteht. In dieser Beziehung will ich meine volle Freiheit, meine volle Befugniß mir nicht beschränken lassen, und wenn andere Mitglieder sich nicht so frei und sicher fühlen, so werde ich ihre Ansicht nicht theilen. Das . Mitglied von Westfalen hat mir entgegen gehalten, daß die Form der Bitte nicht gleichgültig sei, und das habe auch ich nicht auf⸗ gestellt. Von mir ist nur gesagt worden, daß wenn nur eine Form zur Nachsuchung des Rechts zulässig sei, un m öglich durch den Ge— brauch dieser Form das Recht verloren gehen könne. Bei diesem Satze beharre ich noch heute und werde dabei beharren in allen Sta⸗ dien, in welche die Sache noch treten könnte. Das verehrte Mitglied hat mir ferner entgegengehalten, die Krone könne bestehende Rechte nicht durch Verleihung neu schaffen. Wenn aber die Krone Rechte als bestehend nicht anerkennt, so wird sie von ihrem Gesichtspunkte 3. allerdings die Rechte neu schaffen. Und wenn die Krone Rechte, e sie nicht anerkennt, dennoch gewährt, so wird den Ständen unbe' ,, , sich anzunehmen: die Rechte sind nicht neu geschaf— en, sondern sie bestanden, sie sind uns nicht verliehen, sondern nur Werden die Stände deshalb ' die Annahme

zur in gebracht.

der Rechte verweigern, weil sie ihnen als neuverliehene Rechte zu , Wenn eine Bitte so große Bedenken zu . scheln 36 namentlich in PVerfassungsfragen, so möchte ich daran erinnern daß die deutschen Stände der Vorzeit oft unendlich größere Rechte be⸗ sessen haben, als wir in Anfptuch nehmen, daß aber bei ihnen nicht blos Herkommen, sondern deutlich bestimmte Vorschrift war, daß wenn eines ihrer Rechte verletzt war, sie in diesem di. eine unter en Bitte an den Landesherrn zu richten hatten, um das Jiecht herzustellen oder, wenn es zurückbehalten worden war, es nwied verleihen. Dem verehrten Redner wird nicht eutgangen er 1. auch in den alten Urkunden der westfälischen Stande . . Bestimmung sich genau ausgesprochen sindet. Das Recht ele i eben so hoch, wie der Abgeordnete von Westfalen. Es ist mir in meinem bisherigen Leben das Höchste gewesen und wird mir das Höchste bleiben; ich kann aber nicht der Meinung sein, daß das Recht dadurch verdünnt oder verquickt werde, wenn es zugleich als eine innere Noth⸗

wendigkeit dargestellt werden kann. Ich bin der Meinung, daß es

en, durch die von mir gegebenen Gründe nur Wenige davon zu überzeugen, nur die n. Weniger zu befestigen, 5 würde ich lauben, kein unnützliches . dieser Versammlung gewesen zu ein. Jedoch, meine Herren, Jeder übt seine Pflichten so, wir er sie begreift, so das Mitglied von Westfalen, so ich. Jedenfalls erfreut es mich, gegenwärtig mit ihm auf demselben Standpunkte zu stehen, indem ich dem von ihm gestellten Amendement die rückhaltloseste Anerkennung zolle. Ich glaube, daß es der geeignetste, schwer zu findende Weg war, allen Meinungsschattirungen in dieser Versammlung die freie Aeußerung zu gestaktten. Ich . demselben vollkommen bei. (Bravo!)

Abgeordn. von Puttkammer aus Stettin: Das Abtheilungs⸗ Gutachten ist von verschiedenen Richtungen her angegriffen worden, indem die Einen zu wenig, die Anderen zu viel in Bezug auf die ständi⸗ schen Rechts Ansprüche darin finden. Ich will mich einer weiteren Erör⸗ terung hierüber enthalten, indem ich keinen Erfolg davon absehen kann., Ueber streitige Rechtsfragen werben Viele! von uns zu einem begründeten Urtheile nicht gelangen können, wohl aber kann Jeder sich eine Ansicht darüber bilden, was zum Wohle des Landes dient, und wie wir dasselbe am besten erreichen. Das Abtheilungs Gutach⸗ ten, so scheint es mir, würde diese Frage befriedigend lösen und wohl geeignet sein, eine große Anzahl von Stimmen derer unter uns zu vereinigen, welche der weiteren Entwickelung unserer ständischen Ver⸗ fassung überhaupt geneigt sind, wenn, wie ich mir vorzuschlagen er— laube, das Wort „insbesondere“ an der betreffenden Stelle gestrichen würde. Das Recht, die Nothwendigkeit und Rützlichkest würben dann bei der Begründung der stänbischen Petita gleichmäßig neben einander stehen. Meine Herren! Es ist früher oft als ein Fehler der Deut schen bezeichnet worden, daß sie den höheren politischen Gesichtspunkt wegen forineller Bedenken und juristischer Streitigkesten aus den! Au— gen verloren haben. Lassen Sie uns dahin trachten, daß wir bei dem jetzt uns beschäftigenden hochwichtigen Gegenstande nicht eines ähnlichen Fehlers geziehen werden können, bedenken Sie, daß wir, um unsere Anträge, die von so unendlicher Wichtigkeit für das Land sind, am Throne niederlegen zu können, einer großen Stimmenmehr— heit in beiden Kurien bedürfen; gefährden wir diese nicht dadurch, daß, während wir über den Zweck einig sind, wir über die Form⸗ frage uns vielleicht trennen, wenn die Einen die Rechtsgründe nicht so anerkennen wollen, während die Anderen sie schärfer hervorgeho⸗ ben haben möchten, als es von der Abtheilung geschehen ist. Wahr⸗ lich! wir würden eine solche Trennung vor dem Lande nie verant— worten können. Lassen Sie uns für das Abtheilungs Gutachten even= tuell mit Wegfall des Wortes „insbesondere“, stimmen! Ich wünsche und hoffe, daß mein ehrenwerther Freund und Kollege, der Abgeord— nete der Ritterschaft des anklamer Kreises, mit mir einverstanden sein und, wenn dies der Fall ist, den Vorschlag weiter entwickeln wird, wenn er zum Worte kommt.

Abgeordn. von Puttkammer (auf Rheinfelde): Innerhalb vier Jahren hat Se. Majestät verheißen, den Vereinigten Landtag um Seine Person vollständig wieder zu versammeln. Das hat Er in der Botschaft auf die Adresse gethan und zugleich aber auch die Unantastbarkeit der Gesetzgebung vom 3. Februar darin ausgesprochen, mithin dadurch die Pflicht und das Recht des gegenwärtigen Land— tages zu dieser Gesetzgebung festgestellt. Mein Votum geht daher dahin, die Periodizität gänzlich abzuweisen. Ich stelle in die freie Königl. achter e enden und in die Ueberzeugung Seines Königl.

freien Gewissens, in die Liebe, in die Weisheit, die in Ihm wohnt, in das Vertrauen, das Er zu Seinem Volke bei dem gegenwärtigen Landtage gezeigt hat, in diese Dinge stelle ich die voliständige Ent⸗ wickelung der Belebung der ständischen Freiheiten, die vollständige Sicherheit der Unerschütterlichkeit der ständischen Rechte und stelle sie darin gewisser, als in die geehrten hier vielseitig aufgestellten Ge⸗ wissenszeugnisse vieler Mitglieder der geehrten Versammlung. Meine Herren! Wenn wir das Gewissen eines jeden Einzelnen in dieser Ver⸗ sammlung nicht beengen wollen, so lassen wir auch dieselbe Ehrerbie—⸗ tung gewiß dem Gewissen Sr. Majestät widerfahren; denn wenn wir Niemand übereilen wollen, gegen seinen Willen seine Entschlie⸗ ßungen und Beschlüsse auszusprechen, so lassen Sie uns auch ins— besondere den freien Willen Sr. Masestät gewähren (Lärm und Ruf: Nicht ablesen!) Lassen Sie uns dies unbefangene Königl. Gewissen ehren, dem kein Bedenken gegen die Unantastbarkeit der Gesetzgebung vom 3. Februar d. J. bewußt ist . j . (Derselbe Lärm wiederholt sich.! Lassen Sie uns des Königl. Willens eingedenk sein, dem die

T stell Ich erkläre hiermit in der hohen Versammlung dor ganz Deutschland, und wenn Sie wollen, vor ganz Enropa, uu ich nicht nur ein schlechter, sondern gar kein Redner bin. Dessenunge⸗ achtet fühle ich mich veranlaßt, zu reden; wehe mir, wenn ich nicht rede! Ich habe zuvörderst zu bemerken, daß das, was ich der ho— hen Versammlung zu sagen habe, einem großen Theile nicht gefallen wird. Vielleicht werden selbst meine Freünde sagen vor meinen Feinden will ich mich selbst schützen, aber wehe mir vor meinen Freun⸗ den! Meine Herren! das Jahrhundert hat in der Kunst und Wis⸗ senschaft Riesenschritte gemacht; aber in keiner Kunst hat es solche Fortschritte gemacht, als in der Kunst, Sylben zu stechen. Ich bin nur ein Mann des gemäßigten Fortschritts und muß gestehen, daß ich hierin nicht ganz habe mitfolgen können. Ich habe daher das, was ich zu sagen habe, mir vollständig aufschreiben müssen und bitte die hohe Versammlung um die Erlaubniß, da ich feine Rede halten, son⸗ dern nur ein Votum abgeben will, von meinem Konzepte Gebrauch zu machen. . (Viele Stimmen: Nein! nein!) Wenn dies nicht der Fall ist, wenn die hohe Versammlung mir nicht erlaubt, so werde ich mich

dadurch nicht verdünnt und verquickt, fondern verstärkt und veredel werde. Erfahrungsmäßig bestehen viele Rechtsansprüche, die für ö. Jnhaber feinen Werth haben. Das Recht ist an und für sich kein Gut, weil es ein Recht ist; es kann erst zu einer Bedeutung erhoben werden, wenn dessen Gegenstand von hoher Bedeutung ist, und ich halte es nicht für überflü sig, wenn nachgewiesen werden kann, daß die Gewährung des Rechts, was wir zin 6 nehmen, zu⸗ leich eine innere Nothwendigkeit sei, daß diese Gewährung die Lohlfahrt des Landes, das BVeste des Vater andes, dee? Kö' nigs und der Stände befördern! werbe. Wäre es gelun⸗

dieses mein Votum so vorzutragen, dadurch legitimiren, daß ich es in den Zeitungen abdrucken lasse, Weise mich desselben zu entledigen. Hier ist mein

um auf diese Konzept.

Abgeordn. Hüffer: Ich beschränke mich darauf, zu erklären 2, ich mich dem Volum des verehrten Mitgliedes aus Wesifalen un⸗ kee re nschlie ße daß ich zu den vielen Gründen, die hier für die⸗

dtum schon ausgesprochen worden sind, keinen weiter hinzuzufü⸗

gen vermag, und d j ; ; * ger aufg fen un. ich deshalb die hohe Versammlung nicht län—

(Bravornf! Darauf Ruf zur Abstimmung und Läuten des Mar=

Secretair Frhr. von Pato w: Wenn die Versammlun u Abstimmung schreiten will, so verzichte ich auf das . ö . die Gründe nicht wiederholen, die für und wider die Sache ange⸗ führt werden sind; ich, erkläre nur, daß ich für die Perhs— dizität stimme, daß ich ferner dafür stimme, daß der Auz— schluß in der Art, wie ihn das Gesetz aufstellt, beseitigt win. Ich erkenne aber die Rechtsgründe nicht an, sondern moti— dire mein Votum durch die Gründe der Nothwendigkeit und Nütz.

lichkeit. Verstärkter Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Wodiezka: Wäre es meinen Bemühungen gelun— gen, früher den Rednerplatz betreten zu können, so würde ich mich weitläuftiger ausgelassen haben. Ich will aber die Versammlung nicht ermüden und werde ganz gewiß mich kurz fassen.

Bravoruf.)

Zuvörderst erkläre ich, daß ich ebenfalls Staatsdiener bin, daß mich dieses Verhältniß aber nicht abhalten wird, nach meinem Gewissen meine Erklärung abzugeben. Denn ehe ich Staatsdiener war, hin ich Staatsbürger gewesen, und ich glaube, nur ein guter Staatsdie⸗ ner zu sein, wenn ich ein guter Staatsbürger bin, d. h. das Wohl des Volkes befördere nach bestem Wissen und Gewissen. Zur Sache übergehend, bemerke ich, daß die Mehrzahl der Redner und Schriftsteller dersewe— gen Ansicht huldigt, daß die Verordnungen vom 3. Februar d. J. Rechte schmälern und Versprechungen nicht erfüllen. Die geringere Zahl huldigt der Ansicht, daß wir mehr erhalten haben, als wir er warten konnten und durften. Dieser geringeren Zahl schließt sich die Mehrzahl meiner Bekannten an. Von dem Volke will ich nicht re— den, denn es ist mir nicht vergönnt gewesen, wie anderen Rednern, die Volksstimmen von 16 Millionen zu vernehmen. So viel stehi nun aber fest, daß die Meinungen über die Patente ganz verschieden sind. Die Frage zu erörtern, welche Ansicht die richtigere sei, würde zwar von wissenschaftlichem Interesse sein, hat aber keinen praktischen Werth, zumal in dieser Versammlung bei den gegenwärtigen, wohl zu berücksichtigenden Verhältnissen. Daher ent halte ich mich, die Gründe für und gegen anzuführen. Mir will es scheinen, daß es weniger darauf ankommt, ob alte Versprechen erfüllt sind oder nicht, als vielmehr darauf, ob die Verordnung vom 3. Fe bruar c. das gewährt, was das Volk erwarten konnte und durfte, d. h. ob die Verordnungen vom 3. Februar dem Fortschritte huldi⸗ gen. Wir haben hier in der Versammlung gehört, daß die Verord- nungen vom 3. Februar mit Freuden begrüßt worden sind, und zwar mit Recht. Sle huldigen jedenfalls dem Fortschritte, denn es geht aus ihnen klar hervor, daß es ernster Wille des Königs Majestät ift, nicht nur das materielle, sondern auch das geistige Wohl des Volkes zu befördern und ihm neue Rechte zu erthellen. Aus den Verord— nungen vom 3. Februar blickt allerdings die Aengstlichkeit hindurch, dem Volke zu viele Rechte zu ertheilen, und daraus entspringen die Zwei— fel und Bedenken, welche mehrere Mitglieder hegen. Diese Zweifel wird aber des Königs Majestät lösen ünd die Bedenken heben, wenn wir an Allerhöchstdieselben eine ehrfurchtsvolle Bitte richten. Ich schließe mich daher denen an, welche lediglich eine Bitte richten wol— len, denn auch durch Bitten erlangen wir Rechte. Ich bin für die Periodizität, weil eine Fortentwickelung der ständischen Rechte ohne Wiederkehr der Landtage innerhalb bestimmter Perioden nicht mög— lich ist. Ich bin auch der Ansicht, daß der Ausschuß in seiner ge— genwärtigen Gestalt nicht zweckmäßig ist; daher werde ich mich auch nur aus Nützlichkeits Gründen den Petitionen anschließen, die an bes Königs Majestät 6e werden sollen.

Abgeordn. Allnoch: Es ist bereits das, was ich sagen wollte, gJestern und heute besser gesagt worden, als ich es im Stande wäre Ich begebe mich daher meines Rechtes.

Marschall: Der Herr Abgeordnete Milde hat wegen Krank heit auf das Wort verzichtet; es folgt nun in der Reihe der Her Abgeordnete von Wuellenweber.

Abgeordn. Freiherr von Wuellenweber: Der eben vernom— inene Vortrag des Abgeordneten von Köln ist mir so aus dem Her— zen gesprochen und so ausführlich verhandelt, daß ich im Interesse der Zeit gern aufs Wort verzichte.

Abgeordn. Zimmermann: Der Wunsch nach Abstimmung ist so allgemein, daß ich jetzt das Wort nicht nehme, und sobald nicht mehrere Redner noch das Wort nehmen, will ich gern darauf Ver— zicht leisten. k

(Bravo Ruf.) Abgeordn. Winzler: Ich hatte für Seite 138 um das Wort gebeten. Abgeordn. Prüfer: Insofern die hohe Versammlung auf Ab— stimmung dringt, verzichte ich auf das Wort, behalte es mir aber für den Fall vor, wenn die Debatte fortgesetzt wird.

Abgeordn. Zychlinski: Ich begebe mich des Wortes und hoffe, daß meine Nachfolger auch verzichten wollen.

(Erneuerter Ruf zur Abstimmung.) Abgeordn. Bracht. (Wiederholter, heftiger Ruf zur Abstim⸗ mung): Ich wollte mit dem Antrage etwas verknüpfen, was noch nicht gesagt worden ist; (Der Lärm steigert sich immer mehr.) aber nach einer so langen, ermüdenden, abspannenden Ausmerksamkeit weiß ich recht gut, daß ich keine lange Geduld erwarten darf. Ich bedarf derselben auch nicht, indem ich nur wenige Worte zu sagen habe und nichts sagen werde, was hier schon vorgekommen ist. Ich werde nichts wiederholen. Die Verschiedenheit der Ansichten über den eigentlichen wahren Sinn einiger Stellen der früheren Ge— setze (Nicht lesen, abstimmen!) Ich werde meinen Platz behaupten, bis mir der Herr Marschall das Wort nimmt. Marschall: Sie dürfen das Wort behalten, aber nur unter der Bedingung, daß Sie nicht ablesen. Abgeordn. Bracht: Ich lese nicht, ich sehe nur hinein. (Gelächter. ) Diejenigen 138 Mitglieder dieser Versammlung, welche ihre Ueberzeugung schriftlich niederlegen wollten ; (Der Redner sieht in sein Manuskript, worauf sich der Ruf: „Nicht lesen“, wiederholt.) . lebten damals und leben noch. (Da, der Redner fortwährend in das Manuskript blickt, so wird das Gelächter und der Lärm überhaupt so arg, daß er die Rednerbühne verläßt, worauf ein vielstimmiger Bravoruf erschallt.) Abgeordn. Sattig: Ich verzichte auf das Wort im Interesse der Abstimmung. Abgeordn. Graf von Frankenberg: Ehe ich das Wort er— greife, frage ich die hohe Versammlung, ob sie mir noch 5 Minuten gönnen will oder nicht. (Einige. Stimmen: Abstimmung!) Ich enthalte mich jeder Einleitung und gehe zur Sache über. S. 13 des Gesetzes von 1820 heißt: Die Staatsschulden-Verwal= tung ist verpflichtet, der ständischen Kommission allsährlich Rechnung zu legen. Aus diesem Paragraphen ziehen nun diejenigen, dle den Rechtsboden betreten wollen, die Folgerung, daß, weil in diesem

Zweite Beilage

schalls mit der Glocke.

M lIö5.

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Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Sonntag den 6ün Juni.

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Paragraphen steht, daß alljährlich Rechnung gelegt werden solle, die landständische Versammlung auch alljährlich zusammenkommen müsse, und ziehen daraus den Schluß, daß die hohe Versammlung das Recht habe, jährlich zusammenzukommen. Dieser Schluß war eine Zeit lang richtig, aber seit dem Jahre 1847 ist er es nicht mehr. Als der höchstselige König den §8. 13 des Gesetzes von 1820 erlassen, hat er der Staatsschulden-Tilgungs-Kommission die Verpflichtung auferlegt, alljährlich Rechnung zu legen, und dem Staatsrathe und später den Ständen Vollmacht ertheilt, diese Rechnung abzunehmen, Notaten darüber zu machen und sie zur Decharge vorzulegen. Se. Majestät der jetzige König hat im Gesetze vom 3. Februar diese Vollmacht erneuert, aber mit einem Beifügen, welches also lautet: „Wenn der Vereinigte Landtag nicht versam⸗ melt ist, so wird dieses Geschäft durch eine ständische Kommis— sion besorgt“; also haben die ständischen Ausschüsse das Recht der alljährlichen Versammlung. Auf diesen Grund ist nur eine einzige Rechtsfrage möglich zu stellen; diese würde so lauten: ist dieses Mandat möglich zurückzunehmen, oder zu modifiziren, oder nicht? Ich erlaube mir nicht, diese Frage zu entscheiden, weil ich kein Jurist bin, ich glaube aber auch, daß es überhaupt keinen Ge— richtshof giebt, der diese Rechtsfrage entscheiden kann. Deshalb neige ich mich zum Votum des Ausschusses, daß der Antrag auf Periodizität mehr mit Gründen der Nützlichkeit und Nothwendigkeit belegt werden möchte. Ich vermisse aber darunter noch einen Grund, den ich für sehr wichtig halte. Durch diese Modifizirnng, daß der Ausschuß die Rechnung abnehmen solle, könnte eine Verwickelung entstehen, indem man an einem späteren Landtage, wenn er zusam— menkommt, eine Superrevision über diese Rechnung verlangen könnte. Wenn die Versammlung diese Superrevision verlangen sollte, so würde ich glauben, daß sie sich dann ganz auf dem Rechtsboden befände, denn das Gesetz von 1820 sagt:

„Wir sind nunmehr von dem gesammten Schuldenzustande des

Staats unterrichtet und haben daher beschlossen, selbigen zur öffent=

lichen Kenntniß zu bringen.

Wir hoffen dadurch und durch die von Uns beabsichtigte künf— tige, Unterordnung dieser Angelegenheit unker die Reichsstände das Vertrauen zum Staate und zu seiner Verwal— tung zu befestigen und Unseren aufrichtigen Willen, allen Staats— gläubigern gerecht zu werden, um so unzweideutiger an den Tag zu legen, als Wir zugleich wegen Sicherstellung, so wie wegen regelmäßiger Verzinsung und allmäliger Tilgung aller Staats- schulden, das Nöthige unwiderruflich hiermit festsetzen.“

Das Gesetz stellt die ganze Angelegenheit den Reichsständen unter, macht sie zum Wächter des ganzen Gesetzes, und in dieser Eigenschaft könnte mit vollem Rechte, wie ich der Meinung bin, die reichsständische Versammlung nochmals eine Superrevision der früher schon abgenommenen Rechnung verlangen, und wäre diese Rechnung bereits dechargirt, so würde das eine große Verwickelung hervor? bringen, weil eine Rechnung, die einmal äbgenommen ist, nicht mehr angegriffen werden kann, das ist der Grund, den ich noch anführen wollte.

(Erneuerter Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Hansemann: Dem vorigen Redner folgend, sage ich: gerade weil kein Gerichtshof besteht, um die vorliegende Frage zu entscheiden, bitten wir in aller Ehrfurcht, in aller Unterthänigkeit. Der Inhalt der Bitte ist nach meiner Meinung am besten im Amen— dement des Abgeordneten von Westfalen, Herrn von Vincke, ausge— drückt, und diesem Amendement stimme ich bei. Meine Herren! Man hat von mehreren Seiten gesagt, man wolle diesem Amendement nicht beistimmen, sondern wolle blos aus Nothwendigkeits- und Nützlich—⸗ keitsgründen um die Periodizität bitten. Ich behaupte aber, daß, indem wir dieses Amendement annehmen, daß wir gerade das Näm— liche thun, wir bitten dann um das, was auch nothwendig und nütz— lich ist; denn nichts ist nothwendiger und nützlicher, als daß die Zwei⸗ fel gehoben werden, die über den dermaligen Rechtszustand bestehen. Das Verhältniß ist, daß nach den auf der einen Seite bestehenden Ueberzeugungen die früheren Gesetze nicht vereinbar mit den späteren sind, daß von der anderen Seite diese Vereinbarkeit herbeizuführen ist. Dieser Zustand nun, meine Herren, ist, nach meiner Meinung, nothwendig bald zu heben. Wenn ich bald sage, so verstehe ich darunter nicht in den nächsten Wochen; aber ich meine, daß ein solcher Zustand nicht Jahre lang dauern dürfe. Seitdem unsere Versamm— lung vereinigt ist, haben die Verhältnisse sich wesentlich geändert. Verken—⸗ nen wir es nicht, ein anderer Geist, ein neuer Geist ist in das Volk getreten; es ist sich bewußt geworden von demjenigen, was es früher wohl gefühlt, was es aber nicht in dem Maße wie jetzt als Bedürf⸗ niß erkannte. Fortan wird jedes Gesetz, welches erlassen wird, ge— prüft werden, nicht nur wegen seiner Nützlichkeit; die Gebildeten des Volkes werden noch einen anderen Maßstab daran legen, den, ob es verfassungsmäßig, ob es mit dem Beirathe der Stände erlassen wor— den ist. Aus diesem Umstande allein geht schon hervor, wie noth— wendig, wie gesetzlich nothwendig eine Periodizität der reichsständi⸗ schen Versammlung oder des Vereinigten Landtages ist. Es ist nicht mehr die Zeit, wovon ein verehrter Abgeordneter aus Sachsen ge— sprochen hat; die Zeit des 30 jährigen Schlafens ist vorüber; be—⸗ wußt ist das Volk sich geworden, daß es weiterschreiten muß. Aber dieses Schlafen ist auch ein Unglück, und dieser 30 jährige Schlaf ist eine der Hauptursachen, weshalb eine so große Zahl Petitionen jetzt dem Landtage vorliegt, welche bekunden, daß wesentliche Bedürfnisse im Volke zu befriedigen sind. Nicht 30 Jahre, auch nicht 4 Jahre darf man schlafen, und nach meiner Ueberzeugung sind 2 Jahre schon zu viel.

(Große Heiterkeit.)

Aber wenn die reichsständische Versammlung nicht zusammen ist, wenn die Administration weiß, daß sie nicht in kurzen Zeiträumen wiederkehrt, so liegt es in der menschlichen Natur, daß mehr oder weniger, wenn auch nicht vollständiger Schlaf, doch ein Einschläfern seitens der Verwaltung eintritt. Wir, die parlamentarische Versamm— lung, sind nun berufen, die Regierungs-Organe wach zu halten.

Heiterkeit.) Das ist der wahre Nutzen unseres Zusammenkommens, dadurch wird der Organismus in der Verwaltung, der Fortschritt der materiellen und geistigen Interessen nicht nur gefördert, er wird nothwendig ge⸗ macht. Meine Herren! Man hat hier bemerkt, eine Bitte, wie die⸗ jenige, die wir wünschen, daß sie gestellt werde, würde uns dem Aus— lande gegenüber schwächen. Meine Ueberzeugung ist: eine ehrfurchts⸗ volle Bitte an den ö. wird uns nicht schwächen, im Gegentheil, daß Verhalten des Vereinigten Landtags kann nur den Staat in seinen Beziehungen zum Auslande stärken. Aber, was uns schwächen würde, das wäre, wenn, nachdem in Folge unserer jetzigen Versammlung neue Bedürfuisse des Rechts, neue Ich ef; in der Verwaltung, in den materiellen Interessen lebhaft empfunden worden sind und der Wunsch nach Befriedigung derselben 3 worden ist, die Befriedigung ver⸗ sagt werden würde. Das würbe aber geschehen, wenn nicht diese

Versammlung in kurzen Zeiträumen regelmäßig wiederkehrte. Ein Redner aus der Mark hat angeführt. ) (Der Redner wirft einen Blick auf das in seiner Hand befind— liche Gutachten. Eine Stimme: Nicht ablesen) ich lese nie ab! wie viel wir dem Könige verdanken durch die Gewährung des Steuerbewilligungsrechts in Beziehung auf direkte Steuern und durch die dem Landtage fast vollständig gewährte Oeffentlichkeit seiner Verhandlungen. Ueber den ersten Punkt werde ich mich später bei einem anderen Theile des Gutachtens zu äußern Gelegenheit haben. 3 . z

Was den zweiten Punkt betrifft, so kann Niemand lebhafter als ich mit Dank erfüllt sein fürn das große Geschenk der Oeffentlichkeit, für die große That, daß eine Versammlung, wie die gegenwärtige, hier zusammenberufen worden ist. Es ist eine wahrhaft große, Kö— nigliche That gewesen.

(Allgemeines Bravo!)

Sie beweist, daß Se. Majestät der König ein Vertrauen zu Sei— nem Volke habe. Ich hoffe, wir haben dieses Vertrauen gerechtfer⸗ tigt. Ich bin aber der Meinung, daß wir diesen Dank nicht verküm— mern, wenn wir des Königs Majestät die Bitte um Anerkennung un⸗ serer Rechte vorlegen. Se. Majestät der König haben gestern durch den Herrn Landtags-Kommissar uns eine gnädigste Botschaft zukom⸗ men lassen, die ich ebenfalls mit großem Tanke ehre. Sie besteht darin, daß eine Bitte um Anerkennung unserer Rechte von Sr. Ma— jestät dem Könige nicht ungern aufgenommen oder, um mich richtiger auszudrücken, zulässig erachtet werden würde. Es ist uns also ein Weg gewiesen, auf dem diejenigen, die nach ihrer Ueberzeugung fest an dem Rechte halten müssen, sich vereinigen können mit denjenigen, die in dieser Beziehung, oder in Beziehung auf das Maß der Rechte, oder in Rücksicht auf die Form des Festhaltens daran, andere Ansich⸗ ten haben können. Auch derjenige Theil des Amendements, wodurch Se. Majestät ehrfurchtsvoll gebeten wird, dem Vereinigten Landtage eventuell eine Proposition vorlegen zu lassen, ist, nach meiner Mei⸗ nung, sehr zweckmäßig. Es wird auf diese Weise vorbereitet, was ich so sehnlich im Inkeresse des Staats, im Interesse der Monarchie wünsche, daß Veränderungen von Verfassungs-Gesetzen nicht leicht ge— schehen können, daß ein Vertragen zwischen der Krone und den Stän⸗ den über Verfassungs-Gesetze stattsinde. Dieser Theil der Bitte zielt darauf hin, daß künftig dieser Weg hierfür eingeschlagen werden möge. Geschieht dies, so wird Preußen um so fester in seinen Ver— fassungs Prinzipien und die Monarchie wird um so fester begründet werden.

Dies sind die Gründe, weshalb ich aus voller Seele dem An— trage des Abgeordneten aus Westfalen beistimme. .

Landtags-Kommissar: Der geehrte Redner hat gestern einige meiner Worte als eine Königliche Botschaft bezeichnet, die ich von diesem Platze aus verkündet hätte. Ich muß mich gegen diese Bezeichnung meiner Worte bestens verwahren. Ich bin zwar der Kommissar Sr. Majestät des Königs. Ich bin Sr. Majestãt dem König für jedes Wort, was ich hier spreche, verantwortlich. Darum aber bitte ich, meine Worte nicht zu verwechseln mit einer Botschaft Sr. Majestät des Königs, die sie niemals ergänzen oder vertreten können. Ich muß aber auch in Beziehung auf jene meine Worte, nachdem sie heute schon zweimal angeführt worden sind, eine ander weitige Erläuterung geben. Der geehrte Redner, welcher zuletzt ge⸗ sprochen, hat zwar seine anfängliche Aeußerung, als hätte ich erklärt, ein Antrag auf Anerkennung der älteren Rechte werde Sr. Majestät nicht unangenehm sein, selbst zurückgenommen, weshalo ich mich der Widerlegung entheben kann. Ich habe weiter nichts gesagt und er— kläre dies nochmals, wenn ich mich nicht vollkommen deutlich ausge— drückt haben sollte, als daß ich einen Beschluß der hohen Versamm— lung darüber, daß ihr andere Rechte zustehen, als diejenigen, welche ihr durch die Gesetzgebung vom 3. Februar d. J. beigelegt sind, nicht zu⸗ lassen könne, daß ich aber in der Bitte um Gewährung anderweiti— ger Rechte der Berufung auf die Ansicht: daß dergleichen Rechte durch die ältere Gesetzgebung in Aussicht gestellt seien, nicht hinder— lich sein könne oder wolle, und daß ich selbst den Antrag auf An erkennung solcher Rechte nicht für ungesetzlich halten wolle.

Darüber hinaus glaube ich nichts erklärt zu haben und wieder— hole dieses zur Vermeidung jedes Mißverständnssses.

Abgeordn. Hansemann: Ich habe eine persönliche Bemer— kung zu machen. Ich habe schon selbst bemerkt, daß ich nur das Wort zulässig brauchen wollte, und mich in dieser Beziehung ge— nügend erklärt. Wenn ich von einer Botschaft Sr. Majestät des Königs gesprochen habe, so ist das gewiß nur figürlich von mir verstanden worden, denn es bezog sich auf eine Mittheilung, die der Herr Landtags-Kommissar uns im Allerhöchsten Auftrage gemacht hat. (Von vielen Seiten wird „Nein!“ gerufen, von anderen wieder

„a en . ö Ich muß aufrichtig gestehen, ich weiß nicht anders, als daß der Herr Landtags⸗-Kommissar gesagt hat, daß er im höchsten Auftrage eine Erklärung abgebe. . (Von vielen Seiten abermals „Nein!“ von anderen wieder „Ja!“!

Abgeordn. von Prondzinski: (es wird vielseitig zur Abstim—⸗ mung gerufen.) Ich bitte die hohe Versammlung, mir nur auf einige Augenblicke ihre Geduld zu schenken. Ich bin nicht gewohnt, viel zu sprechenh aber der Gegenstand ist von so hoher Wichtigkeit, daß ich es für meine Pflicht erachte, mein Votum zu motiviren. Was den Gegenstand selbst betrifft, so handelt es sich einstweilen nur um die Periodizität des Landtags. Ich bin auch der Meinung, daß nach Verhältnissen und Umständen die periodische Einberufung nicht abzu⸗ wenden ist. Ich glaube, daß sie eben so nützlich als nothwendig ist. Ob in den früheren Gesetzen ein rechtlicher Anspruch darauf begrün⸗ det sei, ist von diesem Platze aus vielfach besprochen worden. Ich enthalte mich jeder Auslegung der früheren Gesetze, weil sie von mancher Seite so, von anderer wieder anders ausgelegt worden sind. Darauf kommt es auch nicht an, sondern ich glaube, wenn wir nur die wir, g. erhalten, die gewünscht wird. Es wird diese dann einen großen Anklang nicht nur unter uns, sondern beim Volk im Allgemeinen finden, wenn man darüber beruhigt sein wird, daß unsere ständischen Verhältnisse sich allmälig zu entwickeln Gelegen—= heit sinden werden. Diese Erklärung gebe ich mit voller Ueberzeu⸗ gung und gehe davon aus, daß Jeder von uns ohne Rücksicht per⸗ sönlich nur das ganze Wohl des Volkes im Auge hat. Ich würde mich glücklich schätzen, meine Herren, wenn wir dem Volke gegenüber noch das Beispiel der Einstimmigkeit unseres Beschlusses geben könn ten. Ich bin überzeugt, daß wir uns gewiß des lebhaften Beifalls der ganzen Nation zu erfreuen haben werden.

Abgeordn. Möwes: Wenn schon der Gegenstand der Bera⸗ thung in der That vielfach besprochen und erschöpft worden ist, so bitte ich doch, mir einige Augenblicke Gehör zu schenken, indem ich versichere, daß ich nicht viele und wo möglich auch keine unnöthigen Worte machen werde. Ich werde mich nicht vertiefen in die Gesetze

von 13810 und 1811 und in die Tresorscheingesetze, ich halte mich an das Gesetz vom 17ten Januar 182, das mit dem Patente und den Verordnungen vom 3. Februar 1847 in Verbindung steht und durch diese zur Ausführung kommen soll. Aus diesem werde ich mir erlau— ben, meine rechtliche Ansicht über die in Frage stehenden Rechte her= zuleiten, und ist es mir dabei gleichgültig, ob Einer oder der Andere diese meine Ansicht für eine irrige hält und sich nicht damit einver— standen erklären kann. Ich maße mir auch nicht das Recht an, zu verlangen, daß ein Jeder eine Rechtsansicht hat, und daß, wenn er sie hat, sie mit der meinigen übereinstimmt. . . Zunächst erlaube ich mir die Bemerkung, daß ich zu denjenigen Mitgliedern der hohen Versammlung gehöre, welche jene mehr er wähnte Erklärung der 137er unterzeichnet, und daß ich dadurch schon glaube, deutlich an den Tag gelegt zu haben, welcher Ansicht ich in Beziehung auf die in Rede stehende Frage bin. Diese Ansicht ist die Folge einer reiflichen und gewissenhaften Ueberlegung, eine Ueberzeu⸗ gung, in der ich weder durch die geistreiche Zusammenstellung der ver—= schiedenen Ansichten des Herrn Ministers der Gesetzgebung, noch durch die hier ausgesprochenen entgegengesetzten Ansichten erschüttert worden bin. Ja, ich möchte behaupten, daß ich durch jene und durch die Art und Weise, wie das Gesetz von 1820 gedeutet wurde, in meiner Ansicht nur noch mehr gestärkt worden. . Wenn der hohen Versammlung aber angerathen worden ist, nicht nach dem Rechte zu fragen, so bitte ich die Versammlung, von dem Rechtsboden sich nicht zu entfernen, weil er die erste und sicherste Grundlage für die Beurtheilung des Gegenstandes bildet. Ich bitte, die Frage in Ueberlegung zu ziehen, ob der vorliegende Gegenstand, der die Verfassungs-Angelegenheit betrifft, aus einem anderen als aus einem rechtlichen Gesichtspunkt beurtheilt und entschieden werden kann. Gewiß um so weniger, als die aufgestellten Gründe der Nützlichkeit und r nl hee an und für sich betrachtet, meiner Ansicht nach, nicht ein solches Gewicht haben, daß sie eine vollständige Ueberzeu⸗ gung von der Nothwendigkeit der jährlichen Wiederkehr des Verei⸗ nigten Landtags hervorbringen. Den rechtlichen Standpunkt, von dem ich glaube ausgehen zu müssen, sinde ich lediglich und allein nur in dem Gesetz vom 17. Januar 1820, und ich darf ihn nicht, wie in dem vorliegenden gedruckten Ministerial-Vortrage geschehen, außerhalb dieses Gesetzes suchen. Ich finde diesen Standpunkt auch nicht allein in den 88. 13 und 14 des Gesetzes vom 17. Janugr 1820, sondern in dem ganzen Zusammenhange desselben, in dem Geiste und Sinne des Gesetzes. Ich bitte, das Gesetz von seinen Eingangs⸗Worten an bis zum Schluß-Paragraphen zu betrachten, und es muß sich einem Je⸗ den die Ueberzeugung aufdringen, daß das, was der Gesetzgeber gewollt hat, auf das vollständigste und deutlichste ausgesprochen worden ist- Nichts ist unbestimmt gelassen. Wenn im Eingange des Gesetzes mit bestimmten Worten gedacht ist, daß das Staats-Schuldenwesen den Reichsständen untergeordnet sein soll, um dadurch Vertrauen zum Staat und zu der Verwaltung zu erwecken, und aus dem folgenden Paragraphen hervorgeht, daß dieses Vertrauen nicht nur erweckt wer— den soll bei den Gläubigern, sondern auch bei allen denjenigen, welche die Verpflichteten sind, d. h. bei denjenigen, welche den Staats⸗-Ver⸗ band bilden und für die Schulden zu haften haben; wenn ferner gesagt worden ist, daß der Schulden⸗-Etat auf immer abgeschlossen sein soll, und einer bestimmten Behörde die Verpflichtung auferlegt worden ist, unter eigener Verantwortlichkeit auf das schärfste darüber zu wachen, daß von diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht abgewichen wird; wenn neue Schulden nur unter Zuziehung und Mitgarantie ber Reichsstände kontrahirt werden dürfen und auch eine Rechnungs- legung an die reichsständische Versammlung und dle Uebernahme, wie der Verschluß, der eingelösten Schuld⸗Dokumente, seitens der Reichs⸗ stände, vorgeschrieben, überhaupt allen Behörden die strengste Befol⸗= gung dieser Vorschriften zur Pflicht gemacht ist, so glaube ich, daß aus diesem Gesetze unzweideutig hervorgeht, daß der Gesetzgeber die Absicht gehabt hat, das gesammte Staats- Schuldenwesen, mit dessen Verwaltung, der Aufsicht und der Kontrolle der Reichsstände zu un⸗ terwerfen. Diese Absicht des Gesetzgebers scheint mir eine so un— zweifelhafte und klare zu sein, daß eine andere Auslegung fast gar nicht denkbar ist. Soll aber die reichsständische Versammlung diese Kontrolle und Aufsicht üben, so muß sie existiren, sie muß Leben ha— ben. Die Verfassung und regelmäßige Verwaltung erfordert es indeß, daß alljährlich Rechnung gelegt werden muß, daß alljährlich die ein- gelösten Schuld⸗Dokumente in Verschluß genommen werden, daher denn auch die Bestimmungen der Artikel 13 und 14 des Gesetzes von 182 unbedingt nöthig waren, indem sonst es der reichsständischen Versammlung nicht möglich, werden würde, die ihr übertragenen Pflichten vollständig zu erfüllen. Allerdings schreibt das Gesetz vor, daß bis zur Einberufung der Reichsstände dem Staats⸗Rathe die Rechnung gelegt werden soll, andererseits, daß der hiesige Magistrat die eingelösten Schuld Dokumente in Verbindung mit der Staats⸗ schulden⸗Tilgungs Kommission übernehmen und beim Kammergerichte deponiren soll. Diese Bestimmung aber ist nur für so lang? beste⸗ hend und gültig zu betrachten, als die reichsständische Versammlung nicht existirt. Sobald diese ins Leben getreten ist, hören, nach mei⸗ ner Ansicht, jene Functionen sowohl fur den Staats⸗-Rath als für den hiesigen Magistrat auf, sie gehen auf die reichsständische Ver⸗— sammlung selbst über. Hieraus folgt demnächst, nach meiner Ueber- zeugung, unzweifelhaft, daß nach dem Gesetze von 1820 es keines— weges die Absicht gewesen ist, die reichsständische Versammlung nur eine ephemere Erscheinung sein zu lassen. Aus diesen Gründen er— achte ich es denn auch für ein vergebliches Bemühen, den so klaren und deutlichen Sinn des Gesetzes von 1820 anders deuten zu wollen, ja, ich erachte es für ein, undankbares Unternehmen, dies zu thun. Weder die Krone noch die Nation kann dafür Dank wissen. Die Nation am wenigsten, weil durch eine solche Deutung so klarer und bestimmter Gesetze, wie schon früher ausgesprochen worden, eine Rechts⸗ Unsicherheit herbeigeführt wird, welche von den nachtheiligsten Folgen für die öffentlichen wie für die bürgerlichen, für die privatrechtlichen Hern itt f des Volkes überhaupt ist. Wenn nun sogar an dieser

Stelle gestern behauptet wurde, daß die Verordnungen vom 3. Fe⸗ 7

bruar 1347 das Gesetz von 1820 aufgehoben hätten, so haben hier schon hinreichende Widerlegungen und Aufklärungen dartiber 363 funden. Ich für meinen Theil erachte das Gesetz von 1820 in sei⸗ nem ganzen Umfange noch für gültig und nach seinem wortlichen In- halte für unwiderruflich. Wenn endlich das Abtheilungs⸗Gutachten in seiner rechtlichen Betrachtung des Gegenstandes indeß einen Nechtsgrund in dem 964 von 1820 gefunden hat für eine periodische Wiederkehr des Vereinigten Landtags, d. h. für eine solche, welche nach Zeiträu—⸗ men von mehreren Jahren stattfindet, und einen solchen Rechtsgrund in dem Gesetze nicht gefunden hat für dessen jährliche Wiederkehr, so erachte auch ich dies als einen großen Widerspruch. Das Recht für die jährliche Wiederkehr des Vereinigten Landtags an und für ich ist, wie gezeigt worden, aus dem Gesetze von 1826 unzweifelhaft herzuleiten. Was aber die. Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit der jähr- lichen Wiederkehr des Vereinigten Landtages betrifft, fo habe ich mich