1847 / 160 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

stimmen habe. Also, weil der Staatsanwalt, auch Verwaltungebe⸗ amter, vermuthet, daß er vielleicht Materialien zu einer Anklage fin⸗ den werde, darum also soll eine gesetzliche Vermuthung der Un schuld = AUnbescholtenhei über den Haufen fallen? Ich für meinen Theil bin völlig überzeugt, daß, wenn die bekannte Imme— diat - Untersuchungs. Kommüission in Pofen seit 16 Monaten, ihrer Thätigkeit und Wirksamkeit keinen Stoff zur Anklage und, Unter= suchung gegen den von Niemojewski gefunden, 2 in jeder Be⸗ zie 8 ein unbescholtener Mann sein? muß. Die bloße Vermuthung des Gegentheils feitens eines Verwaltungsbeamten, kann ihm kei- nesweges diese Eigenschaft entziehen, und wohin wiirde es führen, wenn ein Verwaltungsbenmter Jemanden um Ruf und Ehre bringen könnte, blos darum, weil ein anderer Verwaltungsbeamter Materia⸗ lien sammelt, um die Sache entweder fallen zu lassen oder eine förm⸗ liche Anklage zu erheben. Beides ist möglich; aber gerade darum, weil auch das Erstere das Fallenlassen möglich ist, ist. und bleibt

es Unrecht, eine Bescholtenheit zu präsimiren, wo nur üinbescholtenheit

vermuthet werden kann und muß. Was den am Schlusse des Gutach—⸗

ü Grund betrifft, daß die nachträgliche Einberufung , zur Zeit noch aus dem Grunde unzulässig sei, weil es Cen, sst, daß, wenn ein Stellvertreter einmal einberu⸗ fen worden, er Mitglied des Landtags für dessen ganze Dauer bleibe, so hat mich das Gutachten von der Gerechtigkeit dieses Grundsatzes nicht liberzeugt. Es gilt die Ehre eines von seinen Standesgenossen gewählten ständischen Mitgliedes! Der Landtag ist noch nicht am Ende; der Stellvertreter des Gewählten ist der Petent selbst, der durch seinen Antrag bereit ist, sein Recht aufzugeben. Der Verwal⸗ tungs Beamte hat meiner Ansicht nach die ihm gegebene Befugniß überschritten, indem er einen Mann als bescholten ansieht und aus—⸗ schließt, der rite gewählt und bestätigt worden, den die Immediat⸗ Rommission in Pofen und der Staatsanwalt allhier noch nicht in 3 zu versetzen für gut befunden haben.

ach allem diesen und in Erwägung 1) daß der v. Niemojewski förmlich gültig gewählt, ja wie das Gutachten bezeugt mit— telst Verfügung der betreffenden Behörde vom 19. Dezember bestä—⸗ tigt worden; 2) daß also die Verwaltungs⸗Behörde nicht mehr be⸗ f war, einem gewählten und bestätigten Mitgliede des Landtags eine aus der Wahl und der Bestätigung entsprungene Berechtigung zu entziehen, daß, wenn selbst der betreffende Verwaltungs- Beamte in 2 als befugt anzusehen wäre, nach geschehener Wahl und Be— stätigung die Eigenschaft des unbescholtenen Rufes zu prüfen, er bei dieser Prüfung nicht gehörig verfahren, er also auch die Verantwort⸗ lichkeit dafür übernehmen müsse, daß er nach Allem, was vorliegt, und insbesondere, da weder vom Staatsanwalt eine Anklage angebracht, noch eine Untersuchung gegen den von Niemojewski eingeleitet wor— den, dieser also allen Rechten nach als unbescholten dasteht, jener also seine Befugniß überschritten hat, wenn er dem von Niemojewski ein Recht entzog, um welches derselbe nur durch Urtel und Recht zu bringen ist, hiernach also die Petition als wohl begründet erscheint, trage ich daher ich daher darauf an: daß die hohe Versammlung die Anträge der Petition Allerhöchsten Orts befürworten möge. Abgeordn. Freiherr von Vincke: Ich kann mich dem Antrage, den der geehrte Redner gestellt hat, auch nur vollkommen anschließen. Ich erinnere an das, was ich mir erlaubt habe, bei der Angelegen⸗ heit des Grafen Reichenbach vorzutragen, daß mir eines Theils der betreffende Provinzial⸗Landtags-Kommissar nicht die Befugniß zu besitzen scheint, die Bescholtenheit festzustellen, die Eigenschaft der Bescholtenheit Jemanden beizulegen, sondern er hat nur die Be⸗ scholtenheit anzuerkennen, die bereits auf anderem Wege eingetreten ist. Auch bin ich keinesweges der Ansicht, daß eine bloße Untersu— chung schon die Bescholtenheit herbeiführt, sie könnte nur in Folge eines Gesetzes eintreten, und ein solches eristirt nicht. Es ist über⸗ dies der vorliegende Fall in zwei wesentlichen Beziehungen von dem des Grafen Reichenbach verschieden. Erstens darin, daß bereits eine Bestätigung erfolgt war. Wenn damals verschiedene geehrte Mitglie- der für das Verfähren des Oberpräsidenten von Schlesien sprachen und der Herr Kommissar uns vorgetragen hat, daß auf den damali— gen Gegenstand nicht einzugehen sei, weil die Wahl nicht perfekt gewesen sei, so muß dieser 1 hier umgekehrt auch richtig sein. Diese Wahl hier ist eben durch die Bestätigung perfekt geworden, und ich kenne kein ständisches Gesetz, wonach, wenn die Eigenschaften des Gewählten genügen und die Wahl richtig vollzogen worden ist, er dann doch nicht einberufen werden kann. In keiner Stelle unserer Gesetze ist dies gesagt. Es ist in dem ständischen Gesetze nur gesagt, daß die ständischen Rechte ruhen sollen, wenn Kuratel eingeleitet wird; es steht nicht da „Krim inal⸗Untersuchung“. Dies ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, daß gar keine Untersuchung einge— leitet worden ist. Es sind die Bestimmungen des neuen Geseßes vom 17. Juli 1846 von denen der Kriminal-Ordnung wesentlich verschieden. Erst wenn das Gericht erkannt, den Antrag des Staats- Anwalts für begründet befunden und die Einleitung der Untersuchung beschlossen hat, dann ist die Untersuchung da. Dies hier ist nur eine historische Erörterung, welche den Staats⸗Anwalt zum Antrage auf Einleitung der , vielleicht in den Stand setzt. Ich finde darin, daß man in dieser Weise die Bescholtenheit feststellen will, schon einen Uebergang der Gesetzgebung von den juristischen Grundsätzen in theologische. Denn wenn es juristischer Grundsatz ist, daß Jeder so lange als gut präsumirt werden soll, bis das Ge⸗ entheil erwiesen wird, so ist es bei den Theologen der umgekehrte 56. Und dergleichen theologische Maximen wünschte ich nicht in die Gesetzgebung hineingeführt zu sehen; ich bin vielmehr der Ansicht, daß Niemand bescholten ist, der nicht gesetzlich für bescholten erklärt worden ist. In gesetzlichem Sinne des Wortes kann aus einer Vor⸗ Untersuchung keine Bescholtenheit abgeleitet werden, und die Behör—⸗— den sind nicht autorisirt, Jemanden auszuschließen, der bereits rite bestätigt ist, da die ständischen Rechte in keinem Falle ruhen können, als bei eingeleiteter Kuratel. Deshalb bin ich der Ansicht, daß der Abgeordnete Niemojewski einberufen werden muß. Der Fall, daß die Einberufung des Stellvertreters den Abgeordneten ausschließt, findet nur dann Anwendung, wenn Jemand aus individuellen Grün⸗ den verhindert worden, den Landtag zu besuchen, wo dann der Stell⸗ vertreter für die ganze Zeit der Wahlperiode eintritt. Dies ist aber nirgends behauptet worden. Der Herr von Niemojewski ist durch einen Akt der Behörden an seinem Erscheinen verhin⸗ dert worden; deshalb muß er nachträglich einberufen werden. Landtags⸗⸗Kommissar: Der geehrte Redner hat her— vorgehoben, daß der Fall des Herrn von Niemoje wski ein an⸗ derer sei, als der des Grafen von Reichenbach. Einestheils sei die Wahl des von Reichenbach nicht rite bestätigt gewesen, wohl aber die des von Niemojewski; anderentheils sei gegen den von Reichen⸗ bach Kriminal- Untersuchung erkannt gewesen, gegen den von Niemo⸗ jeweli noch, nicht. Beides ist vollkommen richtig. Aber Herr von Niemojeweli ist auch ganz anders behandelt worden; ihm ist seine Eigenschaft als Deputirter nicht genommen, er ist nur nicht einberufen worden. Db in dieser Beziehung nach den b tehenden Geseßzen ver= fahren sei oder nicht, darauf braucht hier nicht iefer eingegangen zu werden. Vielmehr glaube ich mich nur darauf berufen zu durfen, daß derselbe Fall vorliegt, welcher bei dem letzten 6 664

hier eine Allerhöchste Entscheid bei ; ——2— es sich um einen rite 1 A 2 283 *

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geordneten, welcher sich nur in Voruntersuchung befand zu einer Zeit, wo von der Anklagekammer noch nicht gegen ihn erkannt worden war. In demselben Falle ist Herr von Niemojewski, da der Staatsanwalt, wie das Gutachten der Abtheilung ergiebt, allerdings eine gericht⸗ liche Voruntersuchung gegen ihn bei dem Kammergericht beantragt hat. Wenn nun bei jenem Falle des Königs Majestät entschieden haben, daß der Ober- Präsident den Deputirten bei schwebender Un⸗ tersuchung mit Recht nicht einzuberufen habe, wie hier ganz und gar derselbe Fall vorliegt, mit dem einzigen Unterschied, daß das Verbre⸗ chen, dessen der Herr von Niemoseiwski bezüchtigt wurde, ein viel schwereres ist, als dasjenige, dessen der Deputirte der Rheinprovinz angeklagt war, und die Koͤnigl. ständische Immediat-Kommissson un⸗ ter diesen Umständen dahin entschieden hat, daß, so lange die An— klage daure, Herr von Niemojewski nicht, einberufen werden dürfe, vielmehr sein Stellvertreter einzuberufen sei, so hat sich dieselbe ganz genau an die in dem rheinischen Landtags-Abschiede ertheinte Aller— höchste Entscheidung gehalten.

Abgeordn, von Bardeleben (om Platz zuerst): Ich will mir nur ein paar Worte in dieser Sache zu sagen erlauben. Ich erkläre mich nämlich mit dem geehrten Abgeordneten aus der Grafschaft Mark vollständig einverstanden und habe zur Sache selbst nichts hin zuzufügen.

. . (Stürmischer Ruf: Auf die Tribüne!) Die vorliegende Frage veranlaßt mich indessen, den Herrn Landtags⸗ Kommissarius um eine Aufklärung zu ersuchen. Es ist nämlich in der Rhein- Provinz vorgekommen, daß auch gegen einen Abgeordneten eine Untersuchung eingeleitet worden ist, bei welcher Gelegenheit aber die Standesgenossen befragt worden sind, ob sie dessen Ruf für be— scholten hielten? Und da diese erklärt haben, daß sie seinen Ruf nicht für bescholten hielten, ist dieser Abgeordnete zum Landtage ein⸗ berufen worden. Ich erlaube mir daher, die Anfrage an den Herrn Landtags-Kommissarius zu richten, warum in den beiden Fällen, be— treffend die Herren von Reichenbach und von Niemojewski, ein an— deres Verfahren beobachtet worden ist, ob vielleicht nur aus dem Grunde, weil sie wegen sogenannter politischer Vergehen zur Unter— suchung gezogen worden sind?

Landtags- Kommissar: Ich kann die verlangte Antwort sehr leicht geben. Der von dem letzten geehrten Redner angeführte Fall unterschied sich von den beiden anderen Fällen wesentlich da— durch, daß der rheinische Deputirte bereits einberufen war, daß er sich hier in Berlin zum Vereinigten Landtage befand, und daß es sich also nicht darum handeln konnte, seine Einberufung zu unterlassen, sondern ihn nach Hause zu schicken. Er unterschied sich aber auch dadurch, daß gegen die sen Deputirten keine Kriminal-Untersuchung, sondern eine fiskalische Untersuchung eingeleitet war. Wegen des Grafen von Reichenbach war gar kein Antrag hierhergelangt, sondern die Frage von dem Herrn Ober⸗-Präsidenten unmittelbar entschieden. Wegen des Herrn von Niemojeweki ist die Entscheidung allerdings hier getroffen, aber zu einer Zeit, wo die Einberufung noch nicht er—⸗ folgt war. Wenn übrigens in dem neuesten Falle die Standesge⸗— nossen mit ihrem Gutachten über die Bescholtenheit des Deputirten gehört worden sind, so ist dies in Folge besonderen Befehls Sr. Ma⸗ jestät des Königs mit Rllcksicht auf den der hohen Versammlung fast in demselben Augenblick übergebenen Gesetz⸗ Entwurf geschehen, nach welchem in Zukunft die Beurtheilung der Sten e g! den Stan⸗ desgenossen anvertraut werden soll.

Abgeordn. von Bardeleben: Ich hätte diese Frage nicht an den Herrn Landtags-Kommissarius gerichtet, wenn mir nicht von einem Mitgliede der . die Aeußerung gemacht worden wäre,

daß eine Kriminal-Untersuchung gegen den Abgeordneten der genann⸗ ten Provinz eingeleitet worden sei. Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht unbemerkt lassen, daß das Verfahren des Ober⸗Präsidenten der Provinz Posen ein ganz verschiedenes von dem Verfahren des Ober— Präsidenten der Provinz Schlesien gewesen ist, obwohl beide Fälle, den Herrn von Niemojewski und den Grafen von Reichenbach be⸗ treffend, völlig gleich sind. Der Ober⸗-Präsident von Posen hat, wie mir es scheint, allein gesetzlich gehandelt, indem er der Immediat⸗ Kommission die Sache zur Entscheidung vorlegte, in deren Folge die Wahl dieses Abgeordneten nicht annullirt, sondern die Einberufung desselben nur suspendirt worden ist, während der Ober-Präsident von Schlesien die geschehene Wahl des Grafen Reichenbach eigenmächtig aufgehoben hat. Ich muß bekennen, daß mir dieses Verfahren nicht gesetzmäßig erscheint. (Von mehreren Seiten der Ruf: Sehr richtig!)

Graf von Schwerin: Der Fall, der uns gegenwärtig zur Beurtheilung vorliegt, ist von dem des Grafen Reichenbach ganz ver⸗ schieden, wie von mehreren Seiten hervorgehoben und auch von dem Herrn Landtags-Kommissar anerkannt worden ist, und es ist daher die Lage, in der ich mich befinde, schon vollständig gerechtfertigt. Ich bin nämlich noch heute der Meinung, daß die Entscheidung der hohen Versammlung in Bezug auf den Gra'sen Reichenbach eine richtige war, aber trotzdzem bin ich der Meinung, daß der gegenwärtige Antrag vollständig gerechtfertigt erscheint. Es handelt sich hier nämlich von keinem Kandidaten, sondern von einem Abgeordneten, in Bezug auf welchen nicht der Ober-Präsident zu entscheiden hat, und wenn der Herr Landtags⸗Kommissar den Fall aus der Rhein⸗-Provinz anführte, so liegt dieser Fall wesentlich ganz anders, als jener, denn über den Fall am Rhein hat Se. Königl. Majestät Selbst entschieden, hier aber noch nicht, sondern es ist nur von der ständischen Immediat— Kommission erkannt worden, wir unsererseits wollen die gebetene In— tercession bei Sr. Majestät eintreten lassen, daß die gatse ng der Immediat⸗Kommission nicht für gerechtfertigt erachtet werde, sondern daß die Einberufung stattfinde. Ich würde aber der Meinung gewe⸗ sen sein, von der Petition für den Augenblick abzustehen, weil ich nicht glaube, daß sie von praftischem Effekt sein könnte, da wir uns dein Schlusse des Landtags nähern. Indessen hat mir ein Abgeordneter der Provinz Posen versichert, daß der Abgeordnete, um den es sich handelt, gleich eintreten könne, und daß auch der Stellvertreter kei⸗ nesweges abgeneigt sei, ihm seinen Platz einzuräumen. Steht die Sache so, so würde es um so weniger einer Petition bedürfen, da wohl der Herr Kommissar und auch die Immediat⸗Kom⸗ mission jetzt, da der betreffende Abgeordnete von der Anklage entbun⸗ den, wohl zugestehen werden, daß durchaus kein Grund mehr vorhan⸗ den ist, ihn nicht eintreten zu lassen. Ich glaube daher, daß der Wunsch des verehrten Abgeordneten, der die Petition gestellt hat, vielleicht in Erfüllung gehen könnte, ohne daß es deshalb einer Pe⸗ tition bedürfte.

Justiz-Minister Uhden: Er ist noch nicht von der Anklage entbunden! Ich darf mich nicht weiter über die Sache aussprechen und kann nur sagen, daß die Anklagekammer noch nicht darüber ent⸗ schieden, ob die Üntersuchung einzuleiten sei oder nicht.

Abgeordn. Graf von n= Dann bin ich allerdings im Irrthum; es ist jedoch noch keine Untersuchung eingeleitet.

Justiz⸗Minister Uh den: Die Untersuchung kann nach dem neuen Verfahren nur dann als eingeleitet erachtet werden, wenn dit Anklagekammer darauf erkannt hat.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Dann würden allerdings die Sachen so 34 daß ich den Grundsatz acceptiren müßte, daß ein Abgeordneter für 41 * nicht erachtet werden könne, sofern die Undbersuchung noch nicht eingelestet ist. Es ist dies ein wesentlicher

seren Zutritt zu dieser Versammlung zu verhindern.

Unterschied zwischen dem Fall des Grafen Reichenbach und dem jetzi⸗ gen; und wenn dies der Fall ist, 8 muß ich allerdings dahin stim⸗ men, daß im 2 der Petition Se. Majestät gebeten werde, die Einberufung des Niemojewski anzuerkennen.

Marschall: Verlangt Niemand das Wort?

Abgeordn. Schauß: Dieser eben entwickelten Ansicht, also ganz der des geehrten Abgeordneten aus der Mark, finde ich mich um so mehr veranlaßt, mich anzuschließen, als ich nicht blos einen speziellen Fall im Auge habe, sondern zugleich eine allgemeine Prin- zipienfrage damit verbinden möchte. Was soll daraus werden, frage ich mich, wenn allein ein Antrag des Staats-Anwalts auf Unter⸗ suchung schon Jemand von der Standschaft zurückweisen kann? Meine Herren! Ein solcher Fall könnte uns Allen sehr leicht begeg⸗ nen; es könnte uns begegnen, daß wir ausgeschlossen würden von unserer Standschaft, insofern dies oder jenes Moment, dem wir selbst uns ganz fremd wüßten, ergriffen und hervorgesucht würde, um un⸗ r Ich bin sehr dafür, daß eine Bitte an Se. Masestät gerichtet werde, den jetzt in Frage stehenden Abgeordneten aus Posen zuzulassen, und daß über⸗ haupt ein bloßer Antrag auf Voruntersuchung nie maßgebend sein könne, um Jemand von dem Zutritt in die ständische Bersammlung auszuschließen.

(Ruf zur Abstimmung.;) .

Marschall: Da n ee. das Wort verlangt, so schließe ich die Debatte und stelle die Frage, ob Se. Majestät allerunterthä= nigst gebeten werden solle, die Wahl des von Niemojeweli aufrecht zu erhalten und die Einberufung desselben zu dem Vereinigten Land— tage Allergnädigst befehlen zu wollen d

Eine Stimme: Die Wahl ist bestätigt, sie ruht blos.

Marschalt: Der Antrag geht wörtlich darauf hin, die Wahl aufrecht zu erhalten. .

Secretair von Bockum-Dolffs mals.)

Marschall: Diejenigen, welche dem Antrage beistimmen, bitte ich aufzustehen.

Da das Resultat der Abstimmung nicht ersichtlich, werden die Ordner ersucht, die Stimmen zu zählen.

Marschall: Das Ergebniß der Abstimmung ist folgendes: für den Antrag haben 267, dagegen 160 gestimmt, also hat der Antrag nicht die gesetzlichen zwei Drittel der Stimmen erhalten.

Das jetzt zur Berathung kommende Gutachten betrifft bie Pe⸗ tition hinsichtlich der Anstellung katholischer Militair-Geistlichen bei der Armee und katholischer Religions⸗-Lehrer bei den Kadettenhäu⸗ sern des Staats; ich ersuche den Referenten, Herrn Freiherrn von Mylius, seinen Platz einzunehmen.

Referent Frhr. von Mylius iest das betreffende Gutach— ten vor):

werliest die Frage noch⸗

Gutachten der

achten Abtheilung der Kurie der drei Stände des Ersten Vereinigten Landtages,

betreffend

die Petition des Abgeordneten Grafen von Fürstenberg hinsichtlich der Anstellung

) von katholischen Militair-Geistlichen bei der Armee, hb) katholischer Religionslehrer in den Kadettenhäusern des Staates.

Die Petition des Grafen von Fürstenberg umfaßt zwei An⸗ träge, von welchen der erste dahin geht, daß für die religibsen Be⸗ dürfnisse der Katholiken in der preußischen Militair Verfassung nach dem Prinzip der Parität Sorge getragen werde, so daß in derselben Weise, wie für das evangelische Militair, so auch für das katholische besondere katholische Militair-Geistliche mit gleicher Berechtigung als Pfarrbeamte für die Katholiken angestellt werden mögen, und von denen der zweite auf Zulassung von katholischen Geistlichen für den Religions- Unterricht und die religiöse Beaufsichtigung in den Kadet- tenhäusern der Monarchie gexichtet ist.

Der unterzeichneten Abtheilung ist bei ihrer Berathung durch die Königlichen Verwaltungs-Kommissarien eröffnet worden, daß die . rechthaltung des Grundsatzes der allerstrengsten Parität der Wille Sr. Majestät des Königs, und daß dieser Grundsatz in der baldigst zu erwartenden Militair-Kirchenordnung auf das entschiedenste durch—

eführt worden sei. Es hat sich daher die Abtheilung im Einver— e use mit dem Petenten für eine von dem hohen Vereinigten Landtage rücksichtlich dieses ersten Theils des Antrages an Se. Ma— jestät den König dahin zu richtende Bitte erklärt: Se. Majestät geruhe den baldigen Erlaß der in Aussicht gestellten Militair-Kirchenordnung befehlen zu wollen.

Marschall: Verlangt Jemand das Wort?

General von Reyher: Ich wollte mir erlauben, so wie ich es bereits in der Abtheilung gethan, auch hier der Versammlung einige Notizen über diese Sache mitzutheilen. In Folge eines Allerhöch— sten Befehls Sr. Majestät des Königs haben nämlich die Ministerien des Krieges und der geistlichen c. Angelegenheiten gemeinschaftlich einen Entwurf zu einer neuen Militair⸗Kirchen-⸗Ordnung ausgearbei⸗ tet; in diesem Entwurf ist der Grundsatz der Parität durchgeführt, so daß also in Zukunft auch katholische Militair⸗Geistliche unter den⸗ selben Besoldungs-Verhältnissen und mit denselben Aussichten auf Be⸗ förderung, wie sie die evangelisichen Militair-Geistlichen genießen, werden angestellt werden. Dieser Entwurf liegt Sr. Majestät dem Könige vor, und insofern nun zu erwarten steht, daß die Allerhöchste Sanctionirung desselben binnen nicht zu langer Zeit erfolgen wird, dürfte kein Grund vorliegen, der Petition um Beschleunigung dieser Angelegenheit eine weitere Folge zu geben.

Referent: Die Abtheilung it von der Ansicht ausgegangen, daß noch ein anderer Grund zu einem Antrage an Se. Majestät den König vorliege, der von dem Petenten ebenfalls geltend gemacht wor⸗ den ist und welchen die Abtheilung einstimmig zu befürworten be⸗ schlossen hat, und daß bei dieser Gelegenheit Sr. Majestät dem Kö⸗ nige der Wunsch auf baldige Emanirung der Bestimmungen, von denen jetzt die Rede, ausgesprochen werde.

General von Reyher: Ich muß allerdings der hohen Ver⸗ sammlung anheimgeben, was sie zu beschließen für gut findet. Ich habe es nur für nöthig gefunden, dies zu bemerken.

Marschall: Der Antrag geht dahin, Se. Majestät den Kö⸗

nig um baldige Erlassung der in Aussicht gestellten Militair⸗Kirchen⸗

Ordnung unterthänigst bitten. 26 Diejenigen, welche dem Antrage beistimmen, bitte ich aufzu⸗

stehen.

Er ist mit überwiegender Mehrheit angenommen.

Referent: Was den zweiten Theil des Antrages betrifft, so hatte der Petent zu dessen Begründung angeführt, daß es in den Kadettenhäusern vorgekommen, daß katholische Zöglinge ezwungen worden, an dem a der evangelischen teilzunehmen, daß in ande⸗ ren Fällen dem katholischen Pfarrer, welcher den Religions⸗-Unterricht zu ertheilen gehabt, im Widerspruche mit den kirchlichen Vorschriften, verwehrt worden, die kabel hel Zöglinge vor dem funfzehnten

Jahre an den Sakramenten der Buße und des Abendmahls theilneh⸗ men zu lassen. . ö Hinstchtlich dieser Beschwerdegründe ward von Seiten der Kö⸗ niglichen Kommissarien erklärt, daß sie bis jetzt nicht zur Kenntniß der Verwaltung gekommen, daß aber ihre Abstellung im Verwaltungs⸗ wege gewiß fi und es lag daher der Berathung der Abtheilung nur noch die Frage vor, ob aus allgemeinen Gründen die Anstellung von katholischen Religionslehrern in den Militair - Erziehungshäusern des Staates zu erbitten? Eine Frage, hinsichtlich deren der König⸗ liche Kommissarius bemerkte, daß bas Bedürfniß zu solchen Anstellun⸗ gen wegen der höchst geringen Zahl von katholischen Zöglingen sich noch nirgend herausgestellt habe. 3 Die Abtheilung ging von der Ansicht aus, daß es in keinem Falle dem Grundsatze der Parität entspreche, wenn in den Kadetten häusern, welche ja auch katholische Zöglinge aufnehmen, nur evange= lische und keine katholischen Lehrer e,. seien, daß ein solches Verhältniß auch deshalb nicht zweckmäßig, weilviele Aeltern durch dasselbe abgehalten würden, ihre Kinder, den. Kadettenhäusern anzu⸗ verkrauen, daß zwar mit Rücksicht auf die oft geringe Zahl katholi⸗ scher Zöglinge die Anstelluug eines besonderen katholischen Religions- lehrers in jedem Kadettenhause nicht befürwortet werden könne, daß es aber wünschenswerth sei, wenn in den Kadettenhäusern, in welchen katholische Zöglinge befindlich, dafür gesorgt werde, daß auch Lehrer ihrer Konfession, welche zugleich zur Ertheilung des religiösen Unter⸗ richts befähigt, angestellt würden. . Aus biesen Gründen war die achte Abtheilung einstimmig der Ansicht, daß der zweite Theil des Antrages des Petenten dahin zu befürworten sei, der hohe Vereinigte Landtag wolle an Se. Majestãät die Bitte richten: . Se. Masjestät geruhe zu befehlen, daß in den Kadettenhäusern, in denen sich katholische Zöglinge befinden, auch katholische Lehrer, und zwar solche, die zur Ertheilung des religiösen Unterrichts be⸗ fähigt sind, angestellt werden sollen.

General von Reyher: Ich muß zur Erläuterung bemerken, daß die Zahl aller katholischen Zöglinge in sämmtlichen Kadetten⸗ häusern jetzt 46 beträgt, und zwar in Berlin 12, in Kulm 7, in Potsdam l, in Wahlstadt 12 und in Bensberg 14. Ich füge hinzu, daß bei die Wahl der Lehrer an den Kadettenhäusern es nicht darauf ankommt, ob sie zur evangelischen oder zur katholischen Religion ge⸗ hören, es wird bei ihnen nur auf die Qualification gesehen, allerdings aber müssen sie das Ober-Lehrer-Examen abgelegt haben. Zur Be⸗ stätigung dessen, was ich hier sage, kann ich nur anführen, daß jetzt iu einigen Anstalten wirklich katholische Lehrer vorhanden sind, z. B. in Kulm und in Berlin. Ich muß also anheim geben, ob zes die hohe Versammlung angemessen findet, dieserhalb Se. Majestät noch mit einer Bitte zu behelligen.

Referent: Ich glaube, daß das, was eben von Sr. Excellenz gesagt worden ist, nur zur Unterstützung des Antrages der Abtheilung dienen kann, indem der Sinn des Antrages gerade dahin geht, daß dasjenige, was bei einzelnen Anstalten bereits eingeführt ist, jetzt auch zur allgemeinen Regel erhoben werde.

Kriegs-Minister: Um jede Folgerung, welche daraus ge⸗ zogen werden könnte, in ihr richtiges Geleise zu führen, so glaube ich, doch Folgendes vorherschicken zu müssen: Die Kadettenhäuser sind ursprünglich errichtet für Söhne von Offizieren, es sind keine Zwangsanstalten, sondern es steht einem Jeden frei, ob er diese An⸗ stalt benutzen will, oder nicht. Es ist aber eine so große Zahl, welche sich jährlich dazu meldet, daß es unmöglich ist, vielleicht nur die Hälfte zu befriedigen. Indessen glaube ich doch, wenn wir den Grundsatz so strikte annehmen, wir sollen uns nicht an die Lehrer⸗ fähigkeit, sondern au die Religion kehren, so entsteht daraus ein son⸗ derbares Verhältniß. Sollen wir in Potsdam, wo jetzt nur ein Zögling katholischer Konfession ist, auf einmal einen neuen Lehrer anstellen, der, wenn dieser Kadett in zwei Jahren in die Berliner Anstalt kommt, geradezu überflüssig ist. Ich würde mich selbst auch dafür erklären, wenn für den Rieligionsunterricht nicht schen durch einen Geistlichen gesorgt wäre. Also will man das beschließen, so muß man aussprechen, wir wollen fünf neue Lehrer katholischer Konfession anstellen. Wenn das die hohe Versammlung genehmigt, und wenn des Königs Masestät die Fonds anweist, so ist von meiner Seite auch nichts zu erinnern.

Referent: Das ist nicht der Sinn des Antrags der Abthei⸗ lung gewesen, sondern die Abtheilung hat gerade gedacht, daß, wenn in den Kadettenhäusern Lehrer von nur protestantischer Konfession angestellt seien, der Erfolg der sein müsse, daß die Eltern, welche das Recht haben, ihre Kinder in die Kadettenhäuser unterzubringen, das Vertrauen nicht haben, daß für die religiöse Erziehung der Kin der irgend ein Anhaltspunkt gegeben werde. Deshalb einen katho—⸗ lischen Lehrer in jedem Kadettenhause anzustellen, hat die Abtheilung aus Gründen der Zweckmäßigkeit nicht befürworten pollen, sondern nur, daß bei der Anstellung der Lehrer, welche ja doch nöthig wird, immer darauf gesehen werde, daß auch ein Lehrer katholischer Kon— fession in der Anstalt angestellt werde, und zwar ein solcher, der auch zur Ertheilung des Religionsunterrichts befähigt sei. Damit das Vertrauen auf die ungeschwächte Handhabung der Parität nicht leide.

Kriegs-Minister: Der Geistliche giebt ja den Religions unterricht.

Eine Stimme: In Wahlstadt giebt der katholische Lehrer den Religionsunterricht, ich weiß das, weil ich selbst zwei Söhne in der Anstalt hatte.

General von Reyher: Das Ministerium hat mit den katho— lischen Pfarrern der Orte, wo die Kadettenhäuser sich befinden, ein Uebereinkommen getroffen, in Folge dessen sie den Religionsunterricht ertheilen und dafür angemessen honorirt werden. ö

Referent: Der Sinn des Antrages war gerade, außer dem an, auch innerhalb der Anstalt selbst einen Lehrer zu

aben.

Abgeordn. von Massow: Meine Herren! Zur Begründung des Antrags der Abtheilung erlaube ich mir anzuführen, daß von dem Herrn Petenten, der bei der Berathung in der Abtheilung gegenwär— tig war, vorzugsweise darauf aufmerksam gemacht wurde, daß katho— . Aeltern abgehalten würden, ihre Söhne in die Kadetten - An⸗ stalten zu geben, weil sich dort keine katholischen Lehrer befänden. Es ist der Abtheilung keinesweges entgangen, daß für den eigentlichen Religions⸗Unterricht vollkommen gesorgt sei, indem in allen Kadetten⸗ Anstalten in der Regel durch die Orts-Pfarrer oder sonst in irgend einer genügenden Weise dieser Unterricht ertheilt werde. Der Herr

rn hat aber gewünscht, daß insbesondere in den Anstalten, die

ch in. Provinzen befänden, wo eine zahlreiche katholische Bewblke⸗ rung sei, man auch katholische Lehrer anstellen möge, weil die Aeltern ng er e g ö. . n gewinnen würden. Dieser

e eilun ĩ ĩ reichten die e Nufllut de 6 en gefunden, und ich halte mich Krieg s-Minister: Es ist noch eine Fra

, ; . Es ist ge zur Sprache zu bringen. Ist es denn ein Bedürfniß des Militairs, einen n e g * der Kadettenhäuser durch irgend eine Maßregel zu veranstal⸗ ten und geschieht, wenn dieses Erleichterungs- Mittel nicht folgt, wirklich ein Nachtheil für die verschiedenen Konfesstonstheile? Diefes

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würde vielleicht der Fall sein, wenn nur allein durch die Kadettenhäu⸗ ser der Eintritt in die Armee möglich wäre. Das ist aber nicht der Fall, sondern im Gegentheil, die Militair⸗Verwaltung hat es wohl verstanden, es ist ihr Interesse recht gern, daß so viel wie möglich junge Männer, die auf den Schnlen ihres Orts eizogen werden, aus dem Hause der Aeltern in die Arme eintreten, weil diese Zusam⸗ menstellung recht vortheilhaft auf die Bildung des Offizier-Corps wirkt. Dieses sind Punkte, welche ich bitte, im Auge zu behalten. Abgeordn. von Brünneck: Ich muß mich gegen den Antrag der Abtheilung erklären. Es scheint mir nur darauf anzukommen, daß dafür gesorgt sei, daß auch das religiöse Bedürfniß in den Ka⸗ dettenhüusern durch Geistliche befriedigt werden kann, die Zöglinge mögen angehören, welcher Konfession sie wollen. Ich muß mich des⸗ halb demjenigen anschließen, was der Herr Departements Direktor bes Kriegs Rinisteriums hervorgehoben hat. Die Qualification der Lehrer scheint mir das Wichtigste zu sein. Diese wird vor Allem berücksichtigt werden müssen. .

Für die Befriedigung der religiösen Bedürfnisse dürfte außerdem nur durch Geistliche der betreffenden Konfession zu sorgen sein. In der Provinz Preußen haben simultane Schulen in ähnlicher Weise bestanden, bei denen man keinerlei Nachtheile davon wahrgenom⸗ men hat.

Vielseitig wird die Abstimmung verlangt,)

Abgeordn. Hanfemann: Ich hoffe, daß der Geist der hohen Versammlung, der sich immer durch Berücksichtigung der verschiedenen in den Prosinzen herrschenden Ansichten bewährt hat, es auch jetzt thun werde, indem sie dem Antrage der Abtheilung beitritt. Ver⸗ gessen Sie es nicht, meine Herren, daß von Seiten der Katholiken ein Gefühl obwaltet, wonach sie sich in gewisser Beziehung zurück⸗ gesetzt betrachtet haben. Ich bin weit entfernt, in diesen Gegenstand hier weiter einzugehen, aber dieses Gefühl, hat bestanden. Es ist durch die weisen Maßregeln, die Se. Königl. Majestät angeordnet haben, sehr gelindert worden oder ganz verschwunden; allein gerade diese Wendung einer Ansicht beruht auf dem Vertrauen, das die Katholiken zu der Weisheit Sr. Majestät haben, und gerade deshalb bitte ich die Versammlung, der zu stellenden Bitte beizutreten, daß für das katholische Religions⸗Bedürfniß die Rücksichten genommen werden, daß auch katholische Lehrer sich in den Kadettenhäusern be— sinden mögen.

Es Hersteht sich von selbst dabei, daß die Qualification die Hauptsache sein muß, und gewiß ist es nicht der Sinn der Abthei⸗ lung gewesen, daß auf die Qualification nicht Rüchicht genommen werden soll. Ich bitte daher, diesem Antrage beizustimmen.

Abgeordn. Frhr. von Vincke: Ich muß offenherzig bekennen, daß sich meiner bei den ersten Worten des verehrten Abgeordneten eine gewisse Verwunderung bemächtigt hat, daß namentlich ein Ab⸗ geordneter der Rheinprovinz, die immer für die Einheit des Staates quand mème kämpft, von provinziellen Rücksichten gesprochen hat. Ich wünsche die provinziellen Rücksichten so weit beachtet, als es mit den allgemeinen Verhältnissen des Staates vereinbar ist, und bekenne mich daher ganz zu diesen Grundsätzen und freue mich, daß das ver— ehrte Mitglied wenigstens in einigen Beziehungen jetzt darauf eingeht. Im Uebrigen muß ich bemerken, daß es sich in Provinzen, wie West= falen und die Rheinprovinz, wo eine Verschiedenheit der Konfessionen tattfindet, von selbst finden wird, daß, wo eine überwiegende Zahl Katholiken sich wissenschaftlichen Bestrebungen widmen, die katholischen Lehrer, bei größerer wissenschaftlicher Bildung als die evangelischen, vor diesen den Vorzug haben müssen, und im anderen Falle wieder die anderen. Ich moͤchte in den Provinzen, wo konfessionelle Ver= schiedenheit besteht, keinen Zwiespalt in die Konfessionen werfen, auch nicht einmal scheinbar dadurch, daß wir den König darum bitten, die Parität zu beobachten und dadurch zu der Vermuthung. Veranlassung geben, als wenn wir irgendwie Mißtrauen in die Absicht des Gou⸗ vernements setzten. Nach dem, was der Herr Kriegs⸗ Minister und der verehrte Abtheilungs- Direktor des Kriegs⸗Ministeriums gesagt haben, und nach der Ucberzeugung, die mir beiwohnt, muß ich an⸗ nehmen, daß es nicht entfernt in der Idee des Ministeriums liegt, konfessionelle Rücksichten eintreten zu lassen, und daß das Ministerium bei Besetzung der Stellen nur die wissenschaftlich am meisten Befä= higten berücksichtigen wird. Es kann daher, glaube ich, gut sein, daß an den Kadetten-Anstalten, wo nur evangelische Kadetten sich befinden, mehr katholische Lehrer angestellt werden, und so umgekehrt. Ich möchte keine religiöse Fragen, keine konfessionellen Fragen da ein— mischen, wo sie, meiner innigen Ueberzeugung nach, gar nicht hinge⸗ hören. Daß das religiöse Bedürfniß auf das vollständigste durch das Ertheilen von Religion s-Unterricht befriedigt wird, scheint mir evident zu sein und nicht in Zweifel gezogen werden zu können, aber bei an deren wissenschaftlichen Lehrern das Maß der Anstellung der Lehrer von konfessionellen Rücksichten abhängig zu machen, scheint mir sehr bedenklich zu sein und ein Mißtrauen da auszusäen, wo sonst keines entstanden sein würde. . (Bravoruf.)

Referent Frhr. von Mylius: Ich bin mit den Gründen, die das verehrte Mitglied aus der Grafschast Mark ausgesprochen hat, ganz entschieden einverstanden; ganz entschieden einverstauden, daß die konfessionellen Dinge nicht in den Kreis der politischen Diskussion ge⸗ bracht werden, daß wir sie hier namentlich möglichst aus dem Spiele lassen. Ich komme aber doch zu einem ganz anderen Resultate, Es ist nämllch eine Militair-Kirchen-Ordnung in Berathung, wie wir von den Königlichen Kommissaren gehört haben, und es ist in dem Willen Sr. Majestät, daß Parität gehandhabt werden soll. Die Parität fordert die Berücsichtigung von bestimmten Formen, es ist also nur einem von Sr. Majestät ausgesprochenen Grundsatze gemäß, wenn wir wünschen, daß hier noch eine Form hinzugefügt werde, die man zum Besten der Sache und zur Befestigung des Grundsatzes nicht entbehren kann. .

. (Stürmischer Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Graf von Sch werin: Ich verzichte sehr gern auf das Wort, wenn die Versammlung Abstimmung wünscht; ich kann es um so mehr, als der geehrte Abgeordnete aus der Grafschaft Mark das im Wesentlichen ausgesprochen hat, was ich sagen wollte Ich wollte mich nur gegen die Konklusion verwahren, die der Abgeordnete aus der Rheinprovinz aufstellte, daß die Versammlung dann, wenn sie dem Antrage der Abtheilung nicht beistimmte, den Geist aufgeben würde, der sie bisher beseelt habe. Ich habe die Hoffnung, daß dieser Geist sie noch ferner beseelen wird, komme aber dadurch keines⸗ weges zu der Konklusion, daß wir deshalb den vorliegenden Antrag annehmen müßten.

(Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. von Saucken: Nur ein paar Worte will ich hin⸗ zufügen. Ich trete ganz den Ansichten des Abgeordneten aus West⸗ falen bei .

(Zeichen von Ungeduld.)

und will nur bemerken, daß die zu erwartende Kirchen- Ordnung sich rein auf das Religiöse des Militair-Gottesdienstes beschränkt, der Unterricht in den bete hf en. aber ein weiteres Feld hat, und wenn wir den Antrag der Abtheilung annehmen wollten, müßten wir konsequent auch bitten, daß r . Lehrer an jeder Militair⸗ Schule sein müßten. Ich habe das feste Vertrauen, daß in unserer Militair-Verwaltung kein konfessioneller Unterschied gemacht wird,

wie überhaupt jeder derartige Unterschied in jed bleiben . und, hoffentlich auch 2 er e nn r stehen, daß ich in dieser Beziehung für überflüssig hallen und 35 nicht wagen würde, zu sagen, so viel katholische Lehrer ollen in diefer Anstalt, und so viel in der anderen angestellt werden; man müßte dann das Gleiche auch für protestantische Lehrer thun. neber⸗ haupt sehe ich keine Konsequenz in dem Antrage und bitte, daß wir benselben zurückweisen und erklären, daß wir nur wünschen, daß die Befähigtsten überall angestellt werden möchten, gleichviel von welcher Konfessson. Ein bestimmtes Verhältniß ist weder zu stellen, noch zu befürworten, indem es bei der wechselnden Zahl der Zöglinge auch ewigen Schwankungen unterworfen bliebe, und fortwährende Ver⸗ setzungen der Lehrer wäre die nächste Folge. (Vielfacher Ruf zur Abstimmung.) Marschall: Der Herr Abgeordnete Graf Galen hat das

Wort. (Wiederholter Ruf zur Abstimmung.)

Ich glaube, es wird doch nothwendig sein, die Sache von allen Seiten beleuchtet zu sehen. .

Abgeorbn. Graf von Galen: Ich will nur wenige Worte sa— gen. Ich glaube, daß Alle einverstanden sind, daß die Kadettenhäuser nicht Unterrichts Anstalten allein, sondern auch Erziehungs⸗— Häuser sind. Nach meiner innigen Ueberzeugung kann keine Erziehung existiren ohne eine religiöse Grundlage, und diese darf nicht zwiefaltig gelegt werden, sondern kann nur auf einem Boden gelegt werden; deshalb, wenn wir Kadettenhäuser haben, die erziehen und auf religiöser Grundlage erziehen sollen, müssen wir auch solche haben, die katholi⸗ sche Lehrer haben. Wenn wir aber auf den Grundsatz der Parität zurückkommen, so glaube ich, daß unter fünf Kadettenhäusern unsere latholische Bevölkerung wohl auf eines Anspruch machen kann.

Abgeordn. von Bardeleben: Ich kann hierauf nur bemer⸗ ken, daß man, was die religiöse Erziehung betrifft, dadurch sicher ge⸗ stellt worden ist, daß in diesen Anstalten evangelische und katholische Geistliche angestellt sind. Außerdem würde ich mich dem Antrage an⸗ schließen, wenn mir bewiesen wird, daß es ein katholisches Einmaleins und ein protestantisches Einmaleins, daß es katholisches AB C und ein protestantisches A B C giebt. Bevor mir das nicht bewiesen wird, kann ich mich dem Antrage nicht anschließen.

(Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Graf von Galen: Es ist mir nicht eingefallen, irgend etwas Verletzendes sagen zu wollen; ich glaube nur, wenn man von der Parität überhaupt spricht, können wir dies nicht anders, als nach Zahlen berechnen. Nach der Zahl der Bevölkerung wird es sich herausstellen, wie groß die Zahl der Lehrer für diese Bevöl⸗ kerung sein soll.

Marschall: Ich schließe die Debatte und stelle zur Frage, ob der Antrag der Abtheilung angenommen werden soll?

(Der Antrag wird durch den Secretair verlesen.)

Die jenigen, welche diesem Antrage beislimmen, bitte ich aufzu⸗ stehen. 3. (Der Antrag findet keine hinreichende Majorität.)

Der jetzt zur Berathung kommende Gegenstand betrifft einen Antrag wegen Abänderung des Verfahrens bei der Wahl und An— stellun evangelischer Geistlicher. Der Abgeordnete Herr von Pritt⸗ witz ist Referent. .

Referent von Prittwitz: Ciest vor):

9 zer g aus

dem Sitzungs Protokolle der achten Abtheilung der Kurie der drei Stände, d. d. Berlin den 3. Mai 1847,

betreffend

Nr. 338. Antrag des Abgeordneten Krause, wegen Abän⸗ derung des Verfahrens bei der Wahl und Anstellung von evangelischen Geistlichen.

kö. Demnächst wurde die Petition des Abgeordneten Krause (Pr. Schlesien), welche dahin geht: ö die Wahl und Anstellung der evangelischen Geistlichen zum Predigt⸗ Amt und zur Seelsorge einer Abänderung zu unterwerfen und bie Wahlstimmen der Patrone und Kirchengemeinden pro rata der Abgaben und Leistungen zu Pfarr⸗ und Kirchen- Bauten anzubefehlen, zur Berathung gebracht. . ö Auf den' Vortrag des Referenten Abgeordneten von Prittwitz und in Erwägung, 39 t . daß bei der vorliegenden Petition nur die Provinz Schlesien be⸗ theiligt erscheine, indem Verhältnisse, wie die von dem Herrn Pe⸗ tenten dargestellten, in anderen Provinzen nicht angeregt worden wären und auch für die Provinz Schlesien von den anderen an⸗ wesenden Mitgliedern der Abtheilung, bestritten würden, ö. wurde einstimmig' beschlossen, daß die Petition von dem Vereinigten Landtage nicht anzunehmen, vielmehr an den Provinzial-Landtag zu verweisen sei, womit auch Herr Petent sich einverstanden erklärte. Berlin, den 26. Mai 1847. Die achte Abtheilung der Kurie der drei Stände.

Marschall: Die Abtheilung hat den Antrag nicht befürwortet ich frage, ob er in der Versammlung Unterstützung findet. (Wird nicht unterstützt.) Er kann also nicht zur Berathung kommen, und wir gehen zu einem anderen Antrag über. Referent von Prittwitz Ciest vor):

Extrakt aus

dem Sitzungs- Protokolle der achten Abtheilung der Kurit: der drei Stände, d. d. Berlin den 12. Mai 1847,

betreffend

Nr. 315. Antrag des Abgeordneten Herrn Krause, we⸗ gen Vereidigung der Schulzen und Gerichts⸗

männer auf dem Lande. . Nr. 313. Antrag . Abgeordneten, auf Anstellung

; zei Ort.

eines Polizei⸗-Verwalters an jedem

Nr. 337. Antrag desselben— mr geo rt neten, wegen Er⸗ bauung oder Errichtung 10u efängnissen in jedem Dorfe zur ersten Inhaftirung von VBaga—

bonden und Verbrechern.

Ad . fiihrt Reserent, Herr Abgeordnete von Prittwitz,

56 e der Petition aus, daß dieselbe bereits in der g. ir, gelte lle, Landrechts Thl. II. Tit. 7. S. 73 ihre Erledigun sinde, an welchem Ort bestimmt sei, 27 Schul⸗

it na mne stets vor der Gemeinde vereidigt werden

zen und Ge : ̃ , bem von einzelnen Gerichtsherrschaften entgegenge . ; e , bei der norge

handelt, so sei dieses Gegenstand der