1847 / 163 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

en ia eine Unehrlichkeit gegen den Staat auch eine Unehrlich⸗ i

Aber leider muß ich bemerken, daß das Gefühl und die Ueberzeu⸗ gung, daß der Staats⸗Ertrag bei der Mahl- und Schlachtstener auch Betrug sei, sich immer mehr verwischt hat durch die unaufhör—⸗ lichen Angriffe auf diese Steuer. Ich will nur Ein Beispiel an= führen statt Hundert. In einem Viertel Jahr, vom 1. Oktober bis zum letzten Dezember sind in Berlin allein 62 sogenannte Mehl⸗ Kürasse konfiszirt, mittelst deren Mehl, unter den Kleidern verborgen, eingeschwärzt wird; und das geschieht nicht des Hungers wegen, denn unter hundert Defrauden ist auch nicht eine, wo Roggenmehl einge⸗ führt wäre, Alle haben Weizenmehl eingeführt, welches doch eben nicht zur Stillung des Hungers verbraucht wird. Bei diesen Resul⸗ taten der Verwaltung, ganz abweichend gegen alle übrigen, hat ge⸗ wiß die Regierung hinreichende Veranlassüng gehabt, über die Auf⸗

ebung rie. Steuer nachzudenken; sie hat dabei auch auf die Zu—

immung der Vertreter der größeren Städte gerechnet, sie hat pro- vozirt auf diese Versammlung, ob sie sich nicht getäuscht habe, ob das Geschrei oder diese Neclamationen, die von Seiten der öffentli⸗ chen Blätter gegen die Mahl- und Schlachtsteuer erhoben sind, die wirkliche öffentliche Meinung bezeugen oder nur grundloses Ge— rede sind, und das wird die Frage sein, die hier vorliegt. Aber neben dieser Frage) und unmittelbar an dieselbe sich anknüpfend, ist die andere Frage wegen des Ersatzes für diese Steuer, und als solchen Ersatz hat die Regierung nur die Einkommensteuer vorschla⸗ en können, sobald eine direkte Steuer eingeführt werden soll, die ein erkleckliches Mehr aufzubringen hat wie die Klassensteuer, da läßt es sich nicht mehr durchführen, daß nach äußeren Merkmalen abge⸗ schätzt wird, da muß ein genaueres Eindringen in die Vermögens— Verhältnisse stattfindeu, und dieses Eindringen läßt sich gerade nur dadurch vermeiden, daß die Steuer auf den Selbstangaben der Be⸗ theiligten beruht, und daß die Frage, ob diese Angaben glaubhaft sind, in die Hände der Standesgenossen von unten bis oben hinauf gelegt wird. Das ist in kurzem der Plan, den die Regierung auf⸗ estellt hat, nach demselben wird in jedem Kreise eine von den Kreis⸗ ö gewählte Deputation ernannt, die bei der ersten Abschätzung assistirt, zu prüfen hat, ob jeder sein Einkommen richtig angegeben hat. Jedem Betheiligten ist es überlassen, sein Einkommen versiegelt zu deklariren, und die Standesgenossen müssen ihre Zustimmung geben, daß diese Specificationen eröffnet werden. Es soll alsdann für jeden Regie⸗ rungsbezirk eine Köommission gewählt werden von den Provinzialständen, und es soll der letzte Rekurs in der Cassations⸗Instanz (Central⸗Instanz) von derjenigen Versammlung gebildet werden, welche hier als Revi⸗ sions⸗-Deputation für das Staatsschuldenwesen niedergesetzt werden soll. Ueberall, im Kreise wie in dem Regierungs⸗-Bezirke, sind nur die Standesgenossen der Betheiligten die von ihnen erwählten Or— gane, welche festzusetzen haben, ob die Declaration des Einzelnen rich— tig ist. Dadurch sollen die Vexationen oder Gehässigkeiten vermieden, wenigstens nach Möglichkeit vermindert werden; und ich kann in die— ser Beziehung dreist auf das englische Einkommiensteuer⸗Gesetz provo—⸗ ziren, dasselbe liegt hier vor, und wer es nachlesen will, dem steht es kern zu Dienst, er wird daraus die Ueberzeugung gewinnen, daß in

em freien England strengere Formen für die Einkommen- steuer gelten als hier. Glaubt man, daß man diese Form nicht ertragen kann, so heißt das nichts weiter, als das Gesetz verwerfen, ohne diese Form es auszuführen, würde das Gouverne= ment nicht wagen dürfen; es würde nicht eine Steuer, die neben manchen Schattenseiten doch ihre großen Vortheile hat, wie die Mahl- und Schlachtsteuer aufheben, und es würde auch nicht die Klassen⸗ Steuer, die nun schon seit 27 Jahren bestanden hat, und deren Vor⸗ theile man jetzt erst recht einzusehen scheint (wie man die besten Freunbe erst dann erkennt, wenn man von ihnen scheiden soll), zur theilweisen Aufhebung vorschlagen, wenn an die Stelle derselben nicht etwas Besseres träte. Aber eine Einkommensteuer versuchen zu wollen, ohne eine bestimmte Form, durch welche das Einkommen ermittelt werden kann, das ist ein Versuch, den Niemand, der es ehrlich meint, unternehmen kann. Wenn also gesagt ist, und darauf glaube ich noch einmal hinweisen zu müssen, die Mahl- und Schlachtsteuer ist etwas Schlimmes, aber die Einkommensteuer ist wenigstens eben so schlimm; so heißt das, das Gesetz verwerfen und dafür stimmen, daß es wenigstens für jetzt bei dem Steuerzustande bleibe, der nach dem Fi— nanz⸗Haushalte dermalen besteht.

Abgeordn. Nöwes: Mit großem Danke muß auch ich bei der Vorlage dieser Proposition die wohlwollende Absicht der Krone an— erkennen, die dahin gerichtet ist, eine gleichartige Besteuerung aller Unterthanen eintreten und dabei den ärmeren Klassen eine Erleichte⸗ rung zu Theil werden zu lassen. Es ist aber nicht zu verkennen, daß bei der Verschiedenheit der Einnahmen- und der Gewerbsquellen der Unterthanen und bei der eigenthümlichen Gestaltung der Vermögens⸗ Verhältnisse in jetziger Zeit es eine gewiß schwiecrige Aufgabe ist, diese Absicht vollständig und glücklich durchzuführen. Wenn ich auch zugebe, daß durch deren Ausführung eine Gleichartigkeit der Besteue= rung herbeizuführen ist, so bezweifle ich doch, daß eine Gleichmäßig⸗ keit derselben erreicht werden wird. Jede Umwandlung einer Steuer führt auf Hindernisse und Schwierigkeiten, und was man auch gegen die Mahl- und Schlachtsteuer sagen mag, so wird deren Umwandlung in eine direkte Steuer doch nicht allen Wünschen entsprechen. Je mehr aber der Grundlage, welche eine neue Steuer-Einrichtung erfordert, eine vollständige und sichere Begründung fehlt, desto mehr wird man auch zu der Ueberzeugung kommen, 146 es im Allgemeinen zweck— mäßiger ist, eine alte, ö zu sagen im Volke eingebürgerte Steuer ferner bestehen zu lassen, als eine neue Steuer, und dies wird um . mehr dei Fall sein, wenn die neue Steuer-Einrichtung Aus fälle in Aussicht stellt, die Last der Steuer selbst eine drückendere wird und dadurch nur Unzufriedenheit im Volke erzeugt werden könnte.

Noch mehr und besonders dann wird sich diese Behauptung als richtig erweisen, wenn eine indirekte Steuer in eine direkte verwandelt werden soli, dann auch die Schwierigkeit der Umwandlung eine um so größere sein. Ich lasse mich nicht auf Theorieen ein, von direkten und indi⸗ reften Steuern, und will auch nicht von der Nützlichkeit der einen oder der anderen Steuerart 6 ich glaube aber behaupten zu können, daß bei einem Gegenstande dieser Art, wie bei allen Gegen—

ö x 9g stätnden, bie so tief in das Leben des Volkes eingreifen, es am zweck= e n ist, ihn nur von dem praktischen Gesichtspunkte aus aufzu⸗ fassen und zu behandeln. In dieser Beziehung iehrt uns die Erfaͤh⸗= rung, daß eine indirekte Steuer weniger fühldar ist als eine direkte und gewiß hat man auch bei unserer Steuer-Verwaltung gefunden, daß bie Bewohner der mahl- und schlachtsteuerpflichtigen? Städt . über Steuerbedrückungen geklagt haben werden, als die mit

lassensteuer belasteten Individuen. Jede Steuer, wenn sie auch

noch so gering ist, wird als eine drückende, als eine Last betrachtet, und es ö . die Aufgabe der Steuer⸗Verwaltung, bei einer jeden Steuer Einrichtung sowohl hinsichtlich des Systenis als hinsichtlich des , ,. jede mögliche Erleichterung und Rück 9 für die Steuerpflichtigen eintreten zu 673 Dies vorausgeschickt läre ich mich . die Aufhebung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer und gegen die fenen einer Einkommensteuer an deren Stelle, daß diese, ohne den Klassensteuerpflichtigen Vortheile

r die Bewohner der größeren und größten Städte eine

tung herbeiführen und sie auch selbst von dem nachthei⸗

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ligsten Einflusse auf die Kommunal⸗Verwaltungen sein würde. Dieser Uebelstand wird sich nicht allein für die Stadt Berlin, welche ich zu vertreten die Ehre habe, sondern auch für alle 3 Städte her⸗ ausstellen, ein Uebelstand, der in der That zu beherzigen sein wird. In dieser Beziehung muß ich unter Anderem bemerken, daß die grö⸗ ßeren Städte behufs der Deckung ihrer Bedürfnisse sogenannte Kom⸗ munal⸗Zuschläge mit der Mahl- und Schlachtsteuer erheben. Auch Berlin erhebt init der Mahl⸗ und Schlachtsteuer funfzig Prozent zur Deckung derjenigen Anforderungen, welche gegen die Stadt noch aus den Kriegsjahren bestehen, und besonders zur Tilgung der Stadt⸗ Schulden und zu deren Verzinsung. Würde nun die Mahl- und Schlachtsteuer, welche die Grundlage zur Einziehung dieses Kommu⸗ naljuschlags ist, in eine direkte Steuer verwandelt, so müßte auch dieser letztere auf direktem Wege erhoben werden. Im Jahre 18465 hat dieser Kommunalzuschlag für die Stadt Berlin betragen 370, 307Rthlr., und hiernach folglich die Mahl- und Schlachtsteuer, welche in Königl. Kassen geflossen ist, 740,914 Rthlr. Im Ganzen sind also auf indirektem Wege an solchen Steuern in hiesiger Stadt 1845 erhoben worden 110,921 Rthlr. Diese Summe ist größtentheils durch die hiesige Bevölkerung aufgebracht worden, welche schon im Jahre 1815 auf 100,000 Seelen angenommen werden konnte. Es kommen sonach auf jeden Kopf durchschnittlich 2 Rthlr. 13 Sgr. Erwägt man aber, daß auch die Fremden, welche sich hier längere oder kürzere Zeit auf⸗ halten, indirekt zur Aufbringung dieser Steuer beitragen, so wird diese Durchschnitts-Summie pro Kopf eine weit geringere werden. Soll nun aber dieser ganze Betrag von 1,110,921 Rthlr., welcher in der That doch nicht unbedeutend ist und auf der Stadt schwer lastet, auf direktem Wege eingebracht werden, so fragt sich, wer hat diese Steuer aufzubringen? Zur Beurtheilung dieser Frage liegt mir augenblicklich kein anderer Maßstab vor, als derjenige, der bei der stäbtischen Verwaltung behufs der Einziehung der direkten Steuer be⸗ nutzt wird, nämlich der Miethswerth der einzelnen Wohnungen. In Folge des Gesetzes vom 26. Juni 1816 zahlt jeder Einwohner hier einen bestimmten Prozentsatz von der von ihm zu zahlenden oder an— derweitig festgestellten Wohnungsmiethe, und dies ist die einzige all⸗ gemeine direkte persönliche Abgabe, welche die Stadt bezieht. Im Jahre 1845 befanden sich nun in dieser Stadt 70,752 Wohnungen, welche bewohnt wurden, und darunter 11,990 Wohnungen, welche von armen Leuten bewohnt waren, und nicht zur Steuer herangezogen werden konnten. Nimmt man nun mit Rücksicht auf den vorliegenden Ge⸗— setzentwurf an, daß, wie bei der Einkommensteuer, dann eine be⸗ stimmte Gränze gezogen sein muß, von welcher ab die Besteuerung eintritt, so wird sich fragen, welche Inhaber von Wohnungen können zur Steuer herangezogen werden? In der Regel hält man dafür, daß die Miethe den fünften Theil des Einkommens ausmacht; es würden also alle Inhaber von Wohnungen bis zu 80 Rthlrn. freige- lassen werden müssen. Wenn ich aber nun diejenigen Wohnungen anrechne, für welche 1845 eine Miethe bis zu 50) Nthlrn. gezahlt wurde, so beläuft sich deren Zahl schon auf 36,235, und diese Summe begreift auch diejenigen 11,190 Wohnungen in sich, welche von Armen bewohnt und nicht besteuert wurden. Es finden auch noch andere Exceptionen, die bei einer Einkommensteuer in Anspruch genommen werden würden, statt, so daß nach Abrechnung aller frei zu lassenden Wohnungen nur ungefähr 32,350 Wohnungen verblei= ben möchten, die eben so viel Skeuerpflichtige bei der Einkommen⸗ steuer repräfentiren. Hiernach würde durchschnittlich auf jede Fa⸗ milie in einer solchen Wohnung jährlich die Summe von 34 Rthlr. 10 Sgr. kommen, und wenn man festhält, daß in der Regel eine Familie aus 5 Köpfen besteht, auf jeden Kopf wenigstens der Be⸗ trag von 7 Rthlr. fallen, also fast mehr als das Dreifache von dem bezahlt werden müssen, was gegenwärtig an Mahl⸗ und Schlacht⸗ steuer und an Kommunalzuschlag durchschnittlich von dem Einzelnen aufgebracht werden muß. Hieraus folgt, nach- meiner Ansicht, daß die Einführung einer direkten Steuer und namentlich einer Einkom— mensteuer, für die Bewohner der größeren Städte außerordentlich drückend werden und gewiß zu sehr vielen Beschwerden gerechte Ver i n geben würde, und deshalb jene Steuer nicht anräth— lich ist.

Wenn aber behauptet wird, daß hauptsächlich und vielfach der Arme von der jetzigen Mahl- und Schlachtsteuer bedrückt wird, so möchte ich fragen, ob denn der Beweis dafür bereits geführt worden ist. Ich halte dies nur für eine oberflächliche Annahme, so lange nur durch Zahlen und nicht bestimmt durch Erfahrungen nachgewiesen wird, daß dies der Fall ist. Wenn ich hierbei wieder auf die Stadt Berlin zurückgehen darf, so kann ich behaupten, daß hier der Arme wenig Fleisch genießt, er sich aber den größten Theil des Jahres hindurch von Kartoffeln nährt. Ich gebe zu, daß den Armen eine jede mögliche Erleichterung geschaffen werden muß, und daß es auch gut ist, ihnen dadurch kräftigere Nahrungsmittel zu verschaffen; ich halte aber dafür, daß dies durch andere Mittel und Wege geschehen kann und muß, als durch Umwandlung der Mahl und Schlachtsteuer in eine Einkommensteuer. Das Gehässige der Einkommensteuer ist an diesem Orte schon ausführlich erörtert worden, eben so, wie schwierig es ist, die Anlagebücher festzustellen und richtig zu erhalten. Es ist auch berelts angeführt, welche Verwaltungs Koften und Umstände bei der Festsetzung der Besteuerungsnormen eintreten würden.

Wenn aber endlich aüf die Demoralisation hingewiesen wird, die durch die Schlacht- und Mahlsteuer unterhalten würde, so möchte ich eher behaupten, daß sie bei der Einkommensteuer in einem viel höhe⸗ ren Grade eintreten und genährt werden würde. Es ist nicht zu verkennen, daß gegen die Schlacht- und Mahlsteuer bedeutende De⸗ fraudationen stattfinden, und auch in hiesiger Stadt, wie der Herr General⸗Steuer⸗Direktor richtig bemerkt. Daß aber wirklich in Be⸗ ziehung auf die Einbringung von Weizenmehl die Defraudationen größer sind, als auf Noggenmehl, so mag dies seinen Grund darin haben, daß die Steuersätze in ersterer Beziehung bedeutend größer sind und die Defraudationen, die auf einen Gewinn ausgehen, des⸗ halb ein größeres Gelüste auf Weizenmehl haben. ;

Aus diesen Gründen erkläre ich mich nochmals . die Auf⸗ hebung der Schlacht- und Mahlsteuer und gegen die Einführung der Einkommmensteuer, erlaube mir aber schließlich die Bemerkung, daß ich mich durchweg zu dem Grundsatze bekenne, daß, wenn es sich darum handelt, eine Maßregel einzuführen, die allgemein nützlich ist und wahrlich zum allgemeinen Besten gereicht, alle Partikular-Interessen zurückstehen müssen, daß, wenn ich aber die Ueberzeugung habe, daß durch eine Maßregel, die vorgeschlagen wird, nichts Gutes, nichts Ersprießliches, sondern nur Nachtheiliges geschaffen wird, es gewiß als gerechtfertigt erscheint, wenn ich der Aufhebung der Schlacht- und Mahlsteuer und der Einführung einer Einkommensteuer hier nicht das Wort rede. =

Abgeordn. Sperling: Ich schließe meinen Vortrag den Wor— ten des Herrn General⸗Direktors der Steuern an, daß kein Steuer⸗ System eher in ein anderes verwandelt werden dürfe, als bis man ein anderes zweckmäßigeres in seiner Stelle hat. Nirgends zeigt sich die Verschiedenheit 3 Theorie und Praxis so groß, als gerade beim Steuer⸗Wesen. Die Theorie ist über die nothwendigen Eigen⸗ chaften einer jeden Steuer längst mit sich einig. Dessenungeachtet

nden wir noch keinen Staat, in welchem eine Steuer besteht, die allen Anforderungen der Theorie entspräche. Nach, den Steuern regeln sich alle Bie ed oer n se und se länger eine Steuer be⸗

. hat, desto bedenklicher ist es, eine Veränderung mit ihr vor⸗ zunehmen. Es ist der Schlacht- und Mahlsteuer der Krieg erklärt und soll ihr eine direkte Steuer substituirt werden. Ich will einstweilen über die letztere mich nicht speziell auslassen und es dahingestellt sein lassen, ob sie eine Klassensteuer oder eine Einkommensteuer sein soll. Ich beschränke mich darauf, zunächst nur die Schlacht⸗ und Mahl— steuer ins Auge zu fassen, und bekenne im vorgus, daß ich ihr das Wort reden muß. Man machte derselben den Vorwurf, daß sie auf ganz ungerechten Prinzipien beruhe, daß der Arme mehr durch sie zu den Staatslasten herangezogen würde, als der Bemittelte, der Reiche. Der Theorie nach mag dies richtig sein; in der Wirklichkeit ef sich die Sache anders. Denn zunächst ist schon von einem rüheren Redner auseinandergesetzt worden, auf welches Minimum dieser Steuerdruck sich bei der Schlacht und Mahlsteuer überhaupt reduzirt, und von einem anderen angedeutet, daß demselben der Arme sich insofern ganz entziehen könne, als ihm gestattet ist, kleine Quan— titäten seines Bedarfes an Mehl, Fleisch ꝛc. steuerfrei zu importiren. Wenn nun von einzelnen Provinzial-Landtagen, welche auf die Auf— hebung der Mahl- und Schlachtsteuer angetragen haben, hervorge— hoben worden, daß durch sie eine Vertheuerung des Arbeitslohnes sar— beigeführt werde und dieselbe insofern nachtheilig auf die Produckon wirke, so glaube ich, daß schon der geringe Betrag der Steuern da— für spreche, daß dieselbe auf die Erhöhung des Arbeitslohnes wor einwirken könne, daß dazu vielmehr andere Verhälinisse beitragen, und ich würde der Schlacht- und Mahlsteuer in dieser Be⸗ ziehung um so weniger ein Gewicht beilegen, als das Stei— gen und Fallen der Preise der Lebensmittel von weit höherem Belange sind und keinen merklichen Einfluß auf den Arbeitslohn äußern. Auch steht es, meines Erachtens, fest, daß der höhere Ar beitslohn der Industrie und den Gewerben nichts weniger als hinder⸗ lich ist, daß vielmehr gerade da, wo diese sich im Flor befinden, auch der Arbeitslohn sehr hoch ist. Man spricht von einem Druck dieser Steuer. Ich frage, sindet dieser Druck bei der direkten Steuer nicht auch statt? Der Unbegüterte, welcher nicht so viel Mittel besitzt, um den Anforderungen, die in Bezug auf die direkte Steuer an ihn ge—⸗ macht werden, in jedem Augenblicke genügen zu können, muß sparen, einen Theil seiner Einnahmen bei Seite legen, um die Steuer zu rechter Zeit bezahlen zu können. Inzwischen kommt er in Verlegen⸗ heit und muß das Ersparte angreifen. Der Termin zur Steuer Entrichtung rückt heran; er kenn nicht bezahlen. Der Exekutor kommt, und er muß sich der Auspfändung unterwerfen. Dadurch wird er vom unbemittelten Manne zum Bettler. ö. ö. Es wird gegen die Mahl- und Schlachtsteuer ferner angeführt, daß sie sehr große Kontroll-Maßregeln nothwendig mache, und inso—

fern durch sie viele Kräfte der Arbeit und Produckion entzogen wer⸗ den, als behufs der Kontrolle eine große Zahl von Beamten ange-

stellt werden müssen.

In dieser Beziehung, glaube ich, können wir uns beruhigen, seit dem die Denkschrift uns mitgetheilt hat, wie gering die Erhebungs⸗ kosten bei der Mahl und Schlachtsteuer überhaupt sind. Sie betra⸗ gen durchschnittlich nicht 12 pCt., bei großen Städten nicht 10 pCt., welcher der Mahl- und Schlacht⸗ steuer gemacht wird, anderswo hergenommen, namentlich von der Be⸗

und offenbar ist dieser Vorwurf,

Die Strenge der Bewachung der Gränzen—

wachung der Gränzen. z ö. ; ö. kann aber zu keinem Schlusse in

auf welchen Mauthlinien bestehen, Beziehung auf die Mahl- und Schlachtsteuer berechtigen. Ausstellung, die man öfter hört, ist die, daß die Mahl= und Schlacht= steuer ö hervorrufe, und daß die letzteren das Volk de⸗ moralisiren. Das Erstere gebe ich zu und bedingt auch das Letztere. Aber wo giebt es wohl ein Verhältniß, das irgend einen pecuniairen Vortheil darböte und nicht Defraudationen und unerlaubten Eigennutz erzeugte? So lange noch Besitz besteht, wird auch in dem weni⸗ ger r ierten das Verlangen nach demselben sich erzeugen. Wir sehen, daß gerade der Besitz die größten Verbrechen erzeugt hat, und deshalb wird doch wohl Niemand unter uns auf den Gedanken kom— men, sich seines Besitzes zu entschlagen.

Es wird ferner gesagt, die Mahl- und Schlachtsteuer sei mit ver— schiebenen Plackereien verbunden, sie trage zur Hemmung des Ver— kehrs bei. Ich glaube, es ist Niemand hier im Saale, der sich per⸗ sönlich über diese Plackereien zu beklagen hat, und gewiß ist auch die— ser Vorwurf, den man der in Rede stehenden Steuer macht, dem Gränzverkehre entlehnt.

So viel ich von der Stadt her weiß, der ich angehöre, hat in dieser Beziehung auch von dem handeltreibenden Publikum niemals eine Beschwerde staitgefunden.

Es ist endlich ein besonderer Vorwurf, welcher der Mahl- und Schlachtsteuer gemacht wird, der, daß diejenige Bevölkerung, welche

in der Nähe der mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Städte wohnt,

dem Nachtheile ausgesetzt sei, im Wege des Verkehrs mit zur Mahl— und Schlachtsteuer beitragen zu müssen, obgleich sie schon die Klassen⸗ steuer trifft. Dies ist wahr; indessen hat auf der anderen Seite die Denkschrift schon erwähnt, daß die Anwohner dieser Städte dennoch sich wohl befinden, daß sie manche Vortheile in der Nähe der Stadt genießen, welche diese Last aufwiegen. ! .

Ich gehe zu Gunsten der Linkämpfer gegen die Mahl- und Schlachtsteuer noch weiter und sage: nicht blos die Anwohner dieser

Städte, sondern die Inwohner der Provinz überhaupt und Jeder,

der Klassensteuer zahlt, leidet durch die Mahl- und Schlachtsteuer insofern, als er, wenn er in eine solche Stadt kommt, wo die Mahl

und Schlachtsteuer besteht, durch die Consumtion mit zu derselben

beitragen muß. Aber dieser Beschwerde über die Mahl- und Schlacht⸗ steuer habe ich, sofern sie von den Bewohnern des platten Landes

erhoben wird, viel erheblichere Klagen seitens der Städte entgegenzusezen.

Zunächst muß ich nämlich darauf aufmerksam machen, welche Einbuße

die Städte durch Einführung der allgemeinen Geweibefreiheit erlitten

haben. Fern sei es von mir, in dieser Beziehung gegen die Gesetz— gebung zu reklamiren.

Aber eine Wahrheit ist es, daß die Einführung der Gewerbe-

freiheit hauptsächlich dem platten Lande zu Gute gekommen ist, daß

die Stäbte dadurch verloren, daß einzelne Nahrungszweige in den Städten ganz und gar aufgehört haben und auf das platte Land

übergegangen sind.

Der zweite Punkt, der nicht minder wichtig ist, ist die Aufhe⸗ bung der ehemaligen städtischen Real- Gerechtigkeiten. Ich erinnere hierbei nur an ein Beispiel, an die Bier-⸗Fabrication. Es würde unter

den ersten Gesichtspunkt fallen, welcher die Gewerbefreiheit im Allge⸗ meinen betrifft, wenn nicht in Beziehung auf die ehemaligen Brau⸗ gerechtigkeiten das Gesetz die Bestimmung getroffen hätte, daß für die dieoͤfälligen Privilegien den früher Berechtigten eine Entschädi= gung gewährt und diese Entschädigung durch diejenigen aufgebracht werden müsse, welche das Gewerbe . betreiben. Da die Gesetz⸗ ebung diesen Grundsatz aufstellte, so wäre es, glaube ich, auch ihr Earn gewesen, eben diejenigen, die zur Ablösung der Privilegien beizutragen, die Entschädigung der ehemals Berechtigten zu leisten ha⸗ ben, in dem Stande zu erhalten, die Mittel dazu durch ihren Ge⸗ werbebetrieb aufbringen zu können. Dies ist aber von ihr nicht e. schehen. Es steht den Fabrikanten auf dem Lande frei, ihr Bier frei

Zweite Beilage

Eine dritte

M. 163.

n ä ringen. In dem Maße, als dies geschieht, . 26 è . i rer Nhe mil und vermindert, werden die Mittel zur Abfindung der ehemals Berechtigten von denen, die jetzt das Gewerbe in den Städten betreiben, zu minderem Betrage aufgebracht, und die Städte müssen mit ihren Kämmerei⸗Fonds hin- utreten. s ö . ( Endlich komme ich noch auf einen Punkt, bei dem zunächst frei⸗ lich die Stadt Königsberg interessirt erscheint, der aber eine ,. Beziehung auch auf andere Städte zuläßt und von besonderer Erhe

Ich meine die den Städten zur Last gebliebenen Kriegs—=

lichkeit ist. schulden. ; Nach der unglücklichen Schlacht von Friedland wurde von dem Feinde der Provinz Preußen eine Contribution von 20 Millionen Fr. auferlegt. Im Wege der Unterhandlung wurde diese Contribution auf 12 Mill. ermäßigt, und Napoleon bestimmte, daß davon 8 Millionen von der Provinz, 4 Millionen von der Stadt Königsberg aufgebracht werden sollten. Um sicherer zu dieser Summe zu gelangen, gewährte er der Stadt Königsberg die anscheinende Erleichterung, daß sie diese 4 Millionen in Kaufmannsgütern auf bringen dürfte. Später wurden von seinen Agenten die Preise beliebig ermäßigt, und nachdem die Stadt Königsberg den vollen Betragf ihrer Contribution nach dem Werthe der Waaren geliefert hatte, ih sie sich genöthigt, noch fast die Hälfte der Contribution baar zuzuzahlen. Nach beendigtem Freiheits⸗ Kriege erging ein Gesetz, durch welches die Kriegs⸗-Conkributionen der Provinzen auf Staats⸗Fonds übernommen wurden. Die Stadt Königs⸗ berg schmeicheste sich mit der Hoffnung, daß ihr ein Gleiches in Bezug auf ihre Kriegs⸗Contributionen zu Theil werden würde. Sie schmeichelte sich damit um so mehr, als sie im Jahre 1806 die Winter⸗Bekleidung der Armee aus ihren Mitteln besorgt, als sie während der Zeit, daß sie ihre Contribution mit aller möglichen Aufopferung aufgebracht, noch dem Staate ein sehr bedeutendes Darlehn gewährt hatte und des höchstseligen Königs Majestät sich über sie dahin wohlgefällig geäußert hatten, daß die Stadt Königsberg sich würdig gegen den Feind benommen habe, daß sie allen übrigen großen Städten zum Muster aufgestellt werden kann und Er das ihr nie vergessen werde. Die Stadt ö. wandte sich in dieser Beziehung zu wiederholtenmalen än die Krone,

zuletzt an Se. Majestät den jetzt regierenden König, und bat darum,

daß ihre Kriegsschulden ebenfalls auf Staatsfonds übernommen wür— den. Indeß erklärte der Königliche Staatsrath, daß dazu kein Rechts⸗ titel vorhanden sei, weil aus dem Staatsverbande keine andere Ver⸗ bindlichkeit für den Staat hervorgehe, als die Pflicht der Vertheidi⸗ gung, und es erging Allerhöchst abschlägiger Bescheid. Diese Ansicht des Königlichen Staatsraths, meine Herren, wurde von der Stadt Königsberg nicht für gültig anerkannt. Es mag richtig sein, daß, wenn Mehrere gelen m ha i eine Reise unternehmen und dabei . Ueberfall einen Verlust erleiden, der Verlust von der Art ist, da Jeder ihn selbst zu tragen hat. In einem Staatsverbande muß es aber anders sein. Der Staatsverband hat den höchsten Rechtsschutz

seiner einzelnen Mitglieder zum Zweck

(Viele Stimmen: Zur Sache.) erlauben Sie, meine Herren, Sie werden sich bald überzeugen, daß dies zu meiner Ausführung nothwendig ist, Sie können solches nicht eher beurtheilen, als bis Sie mich vollständig angehört haben. Der Staatsver⸗ band hat, sage ich, den höchsten Rechtsschutz seiner Mitglieder zum Zweck und garantirt ihnen insofern gleiche Theilnahme an den gemeinschaftlichen Vortheilen und Lasten. Dieser seiner Natur wäre es aber entgegen, wenn einzelne Mitglieder oder Kom]mmunen zum Besten des Staates Leistungen machen sollten und eine Ausgleichung derselhen überhaupt nicht oder nicht anders eintreten sollte, als wenn diese Leistungen wirk⸗ lich in den Vortheil des Staats geflossen wären. Der Krieg ist ein Mittel, wodurch ein Staat gegen einen anderen sich die Anerkennung seines Rechtes verschafft, er beruht auf völkerrechtlichen Grundsätzen. (Pochen mit den Füßen und wiederholter stürmischer Ruf: zur Sache.) Als Zwangsrecht gegen den Staat kann er nur gegen dessen Vermö⸗ gens⸗Objekte gerichtet sein, und ist es ein Grundsatz des Völkerrech⸗ tes, daß das Privat- Eigenthum gesichert bleibt. Wird eine Zwangs⸗ maßregel eines Staates gegen einen anderen, gegen das Privat⸗Ei⸗ genthum seiner Mitglieder gerichtet, so kann dies nur geschehen, weil das Staats-Vermögen überhaupt durch das Privat-Vermögen seiner Mitglieder gebildet wird. Dies ist der Fall bei den Kriegs- Contri⸗ butionen. ü x (Der Tumult in der Versammlung steigert sich, und ertönt von meh⸗ reren Seiten der . Keine Abschweifung.)

Die Contributionen gehören zu denjenigen Kriegs⸗-Leistungen, welche für den Staat gemacht sind. Sie haben eine andert Natur als die Requisitionen, die oft in der Willkür oder in der Noth eines einzel⸗ nen Armeetheiles ihren Grund haben. Die Contributionen beruhen auf einer Zwangsmaßregel eines Staates gegen den anderen;

(Der Redner wird durch den wiederholten * ; zur Sache, und durch

vermehrtes Pochen mit den Füßen unterbrochen.)

Marschall: Ich muß bemerken, daß ich schon seit einer be— deutenden Weile auf den Uebergang zur Sache warte. Daß er er⸗ folgen wird, bezweifle ich nicht; ich muß aber wünschen, daß er als⸗ bald erfolge.

Abgeordn. Sperling: Bei der Contribution, welche der Stadt Königsberg auferlegt wurde, kann es um so weniger bedenklich sein, als sie von dem Oberhaupte des feindlichen Staates diktirt und in den französischen Staatsschatz geflossen ist. Sie mußte unser Staat für eine Schuld, die ihn trifft, anerkennen, weil er dem Feinde durch seine Theilnahme an der Feststellung der völkerrechtlichen Grundsätze den Rechtstitel zu deren Auferlegung gewährt hat, in Beziehung auf seine Unterthanen das nicht für recht anerkennen wurde, was er da—⸗ kene i gelten lassen, wenn er sich in Stelle des Feindes befunden

ätte. (Große Unruhe in der Versammlung.)

Marschall: Kommen Sie zur Sache.

ö Abgeordn. Sperling: Die Stadt Königsberg hat nur auf as Kapital ihrer Kriegsschuld bereits mehr als 500, 00 Rthlr. ab= eh und muß jetzt noch zu deren Amortisation und Verzinsung sähr lich gegen 7. 0b0 Rthlr. aufbringen. Gewiß eine große Last, die n. Das Allgemeine trägt. ,,, Klagen gegenüber müssen wohl die Beschwerden ver⸗ . gien ihre Mahl⸗ und Schlachtsteuer erhebt. Nu . Unwille der Versammlung wird stürmischer.) ur noch einen Augenblick Geduld. Ich lomme jetzt zu meinem Schlusse. Ich will nur noch in wenigen Worten die Unmöglichkeit darlegen, in Königsberg die Mahl und Schlachtsteuer in eine di— rekte Steuer , Es besteht schon jetzt daselbst eine di⸗ relte Einkommensteuer, Durch dieselbe wird zum Stadthaushalte die Summe von etwa 70, 000 Rihlr. aufgebracht. Das, was durch die Nahl- und, Schlachtsteuer aufgebracht wird, beträgt etwa 189 000 NRthlr. Schon bei einer Einkommenstener von 7 bo0 Jithli, göebt es für einzelne Steuerpflichtige Steuerquoten von 500 Rthlr. Bund mehr. Sollte nun der Betrag, welcher an Mahl und Schlacht⸗

steuer aufkommt, der Einkommensteuer inzugeschlagen werden, so wůr⸗

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den diejenigen Einwohner, die schon jetz; 500 Rthlr. und mehr

Steuer zahlen, über 10600 und bis 1590 Rthlr. zahlen müssen, und dies wäre eine Summe, zu der sich Niemand verstehen würbe. Sie wäre geeignet, noch die wenigen Begüterten, welche in Königsberg sich . wegzutreiben.

Ich will dennoch, meine Herren, Ihr Mitleid für Königs⸗ berg nicht in Anspruch nehmen. Ich appellire aber an 5 Gerechtigkeit und an Ihre hohe Einsicht; Sie werden sich über— zeugen, daß es selbst im Interesse des Staats nicht liegen kann, ei⸗ nen beträchtlichen Theil seiner Einwohner außer Nahrungsstand zu setzen, Städte, welche den Centralpunkt des Verkehrs einer ganzen Provinz bilden, zu ruiniren. Daher erlaube ich mir vertrauensvoll die Bitte, einem Amendement sich gefälligst anzuschließen, welches dahin geht: „Daß Se. Majestät ehrfurchtsvoll gebeten werde, die Umwandlung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer in eine direkte Steuer nur insoweit Allerhöchst zu befehlen, als es von den einzelnen Städ— ten, in welchen die Mahl- und Schlachtsteuer besteht, selbst gewünscht und beantragt wird.“

Landtag s⸗Kommissar: Ich glaube, daß die hohe Versammlung durch die Art und Weise, wie sie die Episode des geehrten Redners in Beziehung auf die Beschwerbe der Stadt Königsberg gegen den preußischen Staat aufgenommen, hinlänglich angedeutet hat, daß sie meinerseits keine das Sachverhältniß erläuternde Erwiederung wünscht. Sollte aber dieser Wunsch dennoch ausgesprochen werden, so würde ich dazu nicht vollständig vorbereitet sein, sondern mir diese Antwort bis zur nächsten Sitzung vorbehalten müssen. Ich bitte, daß sich die hohe Versammlung ausspreche, ob sie eine Erwiderung erwarte oder

nicht? (Fast einstimmig: Nein!)

Abgeordn. Becker: Meine Herren! Die uns zur Berathung heute vorliegende Allerhöchste Proposition verlangt die Beseitigung der Mahl- und Schlachtsteuer und Umwandlung derselben in eine theilweise Klassensteuer und theilweise Einkommensteuer.

Wir würden demnach also zwei Arten von Besteuerung haben, Klassensteuer und die Einkommensteuer. Ich fühle mich so gedrungen wie genöthigt, gegen diese Verwandlung zu stimmen, und nehme Ver⸗ anlaffung, die hohe Versammlung zu bitten, bei des Königs Majestät meinen Antrag zu befürworten, der dahin geht, daß denjenigen Städten, welche die Mahl⸗ und Schlachtsteuer haben, dieselbe ge⸗ lassen wird, wenn sie nicht auf eine Umwandlung derselben in die Einkommensteuer antragen.

Als die Mahl⸗ und Schlachtsteuer eingeführt wurde, legte man die Klassenstener auf das platte Land und auf die kleineren Städte, namentlich die Ackerstädte, wogegen auf die größeren Städte die Mahl und Schlachtsteuer gelegt wurde. Ich will die Gründe nicht beleuchten, die den Gesetzgeber dabei geleilet haben, weil es nicht hierher gehört, und nur bemerken, daß späterhin den Städten, welche es wünschten und beantragten, die Umwandlung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer in eine Klassensteuer ,n. wurde. Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, daß, wie mir bekannt geworden ist, die einzelnen Städte, die diese Umwandlung erbaten, noch heutiges Tages bittere Reue darüber fühlen. In der Stadt, die ich zu vertreten die Ehre habe, machten sich namentlich in letzterer Zeit einige Stimmen laut, besonders derjenigen, die durch ein Gewerbe dabei betheiligt waren, gegen die Umwandlung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer in eine Klassen⸗ Steuer. Ich muß bei dieser Gelegenheit anführen, daß bei allen früheren Provinzial-Landtagen der Abgeordnete der Stadt Tilse dar⸗ auf hingewiesen wurde, gegen die Umwandlung der Mahl- und Schlachtsteuer zu sprechen und sich und die Stadt dafür zu be⸗ wahren.

Dieses ist nun heute um so mehr meine Absicht, als uns die Umwandlung der Mahl- und Schlachtsteuer in eine andere viel drückendere Steuer vorliegt. Diese greift in das innerste Mark des Lebens ein. Man macht allerdings der Mahl- und Schlachtsteuer den Vorwurf, daß sie auf die Entsittlichung des Volkes hinwirke und die Demoralisation befördere. Wenn das auch nicht ganz in Abrede

estellt werden kann, wenn sie auch noch andere Nachtheile haben 6a wie wir von der Ministerbank gehört haben, wobei ich aber nicht in Allem beipflichten kann, so frage ich aber nun, welche Folgen wird das neue Gesetz haben?

Wir haben in den verschiedenen Jahren, wo die Klassensteuer bestanden, oft und vielfältig Klagen über Bedrückungen durch die⸗ selbe gehört; etwas Aehnliches würde jetzt wieder vorkommen.

(Einige Stimmen: Wir verstehen kein Wort. Wir wissen nicht, ob der Redner dafür oder dagegen sprechen will.)

Wenn keine Stille im Saale ist, wird auch der ge⸗ übteste Redner nicht die Stinmen übertönen können. Ich habe aber noch ein Klagen und Beschwerden über Bedrückungen durch die Mahlsteuer gehört. Ich mache beson⸗ ders den Herrn Abgeordneten der Provinz Litthauen darauf aufmerk⸗ sam, welche Uebelstände, welche Klagen und Beschwerden die Erhö⸗ hung der Klassensteuer in dem Nothjahre 1845 hervorgerufen hat, während man über die Mahl- und Schlachtsteuer keine Klagen hörte. Es ist aber auch der größte Vortheil der indirekten Steuer der, daß sie nicht gefühlt wird. Sie wird allerdings getragen, und Jeder, wenn sie auch die ersten Lebensbedürfnisse vertheuert, muß sich dazu ent⸗ schließen; ich erlaube mir aber zu bemerken, daß der Nachtheil oder Vortheil, der für die armen Klassen darein gelegt wird, nicht so wich⸗ tig ist, wie man glaubt.

Es ist also das, was durch die Allerhöchste Gnade beabsichtigt wird, nicht in dem Maße erreicht, wie wir es uns gedacht haben. Wenn ich die Bitte ausgesprochen habe, daß den Städten die Mahl⸗ steuer im Falle ihres Wunsches gelassen werde, so führe ich den be⸗ sonderen Umstand noch von der Stadt Tilse an. Diese gehört zu den Städten, die ihre frühere Kriegs- Contribution ganz abgetragen haben, sie hat dazu ihre Kämmereigüter verwendet, ist aber jetzt in der Lage, daß ihre Bedürfnisse durch die Kommune aufgebracht werden müssen. Diese haben die Höhe von 10 Ct. erreicht, und es ist da⸗ 6 wünschenswerth für die Stadt, die Mahl⸗ und Schlachtsteuer zu ehalten, weil wir darin erhebliche Summen an Zuschlagsgeldern ha⸗ ben. Wenn die Einkommenstener nicht abgelehnt werden sollte, so gebe ich anheim ....

(Der Redner wird durch wachsenden Lärm unterbrochen.)

Marschall: Es ist die größte Ruhe erforderlich, wenn man den Redner verstehen soll. ̃ x

Abgeordn. Becker: Wenn wir die Einkommensteuer nicht abzu⸗ lehnen im Stande sein würden, so mache ich nur auf die Beeinträch⸗ tigung aufmerksam, welche die Erhebung mit siich fahr würde, und ich wage baher noch einmal die Bitte, daß die hohe Versammlung den Antrag, der schon früher gemacht worden ist, unterstütze.

Marfchall: Es ist ihn schon ein ähnlicher Antrag gemacht worden, die Mahl⸗ und Schlachtstener den Städten zu belassen, die nicht besonders um Aufhebung derselben rr, und es fragt sich,

ob er gegenwärtig wieder unkerstützt wird

(Er wird unterstůtzt.)

Montag den 141en Juni.

Graf Renard: Die Versammlung scheint sch zu sein von den Vorträgen, die wir muh e n is 26 e nf, wirklich einiger Muth dazu, noch in diesem Augenblick die ribüne zu betreten, und ich würde ihn nicht haben, wenn ich mich nicht in 2 entgegengesetzter Richtung äußern müßte, als es bei den bisherigen Nednern der Fall war. Bei Begutachtung des vorliegenden Gesez⸗ Entwurfes habe ich geglaubt, mir vier Fragen vorlegen zu müßsen, um den Gesetz⸗Entwurf nach allen Seiten 95 zu beleuchten. Die erste Frage ist diese: Soll die Mahl- und Schlachtsteuer ihrer ver⸗ schiedenen Uebelstände halber aufgehoben werden? Die zweite Frage ist die: Soll der hieraus entstehende Steuer⸗Ausfall von den Städten durch die Städte selbst gedeckt werden? Die dritte Frage: Soll der Steuer-Ausfall durch eine veränderte Veranlagung der Klassensteuer gedeckt werden? Und endlich die vierte: Soll diese Veränderung der Klassensteuer so radikal erfolgen, daß sie in ihren höheren Positlonen in eine Einkommensteuer übergeht? Was die erste Frage betrifft, so können wir diese erst dann beantworten, wenn wir über die folgende entschieden haben; denn es kann Niemand sein altes Haus einreißen, bevor er ein anderweitig schützendes Unterkommen gefunden hat; ich gehe daher sogleich zu der zweiten Frage über: Sollen die Städte den entstehenden Ausfall durch sich selbst decken?

Diese Frage, ganz isolirt aufgefaßt, überschreitet den Bereich der Rechte und Pflichten des Landtags. Preußens Städte sind selbst⸗ ständig organisirte Körperschaften, Staaten im Staate. Sollen sie den Steuer- Ausfall in sich selbst tragen und aufbringen, so mögen sie auch selbstständig jede einzelne für sich oder alle ei g n ; erwägen, ob und welche Aenderung ihrem Interesse entspricht. Schon die Motive weisen auf die große Verschiedenheit der Verhältnisse bei kleinen, größeren und den größten Städten hin. Ich vindizire daher für alle Städte das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu ordnen, selbst zu regeln.

Die Gesetzgebung und wir haben genug, wenn allen Städten, die einen Antrag auf Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer stellen, die volle Versicherung gegeben wird, daß dieser Antrag Gewährung sindet. So erreichen wir das, was der Zweck des Gesetzes ist, zwar auf langsamen Wege, wir haben aber die Beruhigung, keine Rechte von Corporationen, keine Privat⸗-Interessen verletzt zu haben.

Auf die beiden folgenden Fragen übergehend, muß ich voraus⸗ senden, daß jeder gesellschaftliche Verband keinen anderen Zweck haben kann, als durch gemeinsame Leistungen das zu erreichen, was dem Vereinzelten unmöglich. Je weiter verzweigt, je mehr organisch ent⸗ wickelt der große gesellige Verband, der Staat, ist, je 9. werden die Ansprüche jedes Einzelnen auf gemeinsame Leistungen, je mehr Steuern bedarf er. Niemand kann die Steuersätze eines Landes als zu hoch oder als höher gegen ein anderes Land bezeichnen, die Bür⸗ ger eines Landes als höher belastet, wie die des anderen, erklären, wenn blos die beiden Faktoren, die Volkszahl und der National⸗ Reichthum, in Betracht gezogen werden, und der große Faktor der Gegenleistungen, welche der Besteuerte vom Staate zurückempfängt, unberücksichtigt bleibt. So erscheinen Steuern als nothwendig zur Ernährung des Staatskörpers, als die gemeinsame Saat zu gemein⸗ schaftlicher Aerndte, als ein Vorschuß, eine Einlage, ein Actien⸗Bei⸗ trag, eine Assekuranz⸗Prämie zur Erreichung bestimmter Gegenleistun⸗ gen. Nichts ist mehr zu wünschen, als 3 diese Wahrheit allgemein thatsächlich anerkannt werde, dann würde alles Gehässige der Steuer wegfallen; ich glaube, die Gesetzgebung und wir sind jetzt auf dem richtigen Wege, dies schöne versöhnende Ziel zu erreichen. Die offene Darlegung des Staatshaushaltes, kennt keine geheimen Ausgaben mehr. Dies ist die große Königliche Gabe, aber eben so, wie die Staats⸗Ausgaben klar nnn! eben so muß auch dies mit Staats⸗ Einnahmen der Fall sein. enn das frühere Bestreben der Finanz⸗ künstler nothwendig dahin ging, durch die Erhebungsart der Steuer diese selbst möglichst zu verstecken, so ist ihre Aufgabe gegenwärtig eine weit edlere, weit leichtere. Sie beruht auf Wahrheit und Offenheit, wo⸗ durch auch dem vom Schicksal minder Begünstigten, minder intelligent ausgebildeten Staatsbürger die Ueberzeugung werden wird und muß, daß der Staatskörper der Ernährung inn wie jeder andere, 3 Steuern, gut angewendet, gewinnbringende Geschäfte sind, und da die Erhöhung der Steuern so lange wünschenswerth ist, als Bedürf⸗ uisse vorhanden sind, welche durch den Staat selbst zweckmäßiger und wohlfeiler befriedigt werden können, als dies der Einzelne vermag. Die Erhebungsarten der Steuern mögen aber sein, wie sie wollen, geheim oder offen, sogenannte direkte oder indirekte, ich glaube, das Ergebniß bleibt dasselbe. Nicht der Branntweinbrenner zahlt die Maischsteuer, sondern der, der den Branntwein trinkt, nicht der Ge⸗ werbtreibende zahlt die Gewerbesteuer, sondern der Käufer seiner Fabrikate, nicht der Grundbesitzer zahlt die Grundsteuer, sondern der Verzehrer seiner Produkte, nicht der Fuhrmann oder der Schiffer zahlt Straßen- und Schleusen⸗Zölle, ja sogar der Versender der Waare nur vorschußweise, nicht der Arbeiter oder der Tagelöhner, diese gro⸗ ßen Hebel jeder Bewegung, jeder Kraft, zahlt die Kopfsteuer, die Salzsteuer, sondern der, der seiner Arbeiten, seiner Leistungen bedarf. So erscheint jede Steuer als eine Verzehrungs-Steuer. Der Unter⸗ schied aber zwischen der Vermögens der Einkommen- oder der Ver⸗ zehrungs-Steuner fällt nicht in die Wage, Die Vermögens- Steuer will etwas Unmögliches, sie will das nicht Sichtbare, nicht in Be⸗ wegung tretende Vermögen besteuern, die Einkommen⸗Steuer will ein sehr schwieriges Problem lösen, sie will, auch die Ersparnisse eines weniger in Bewegung tretenden Vermögens mit zur Besteue⸗ rung ziehen. .

Zur dritten Frage übergehend:

Wollen wir den Ausfall der Mahl- und Schlachtsteuer durch eine veränderte 8 der Klassensteuer decken? ö muß ich mich dagegen erklären, weil dies eine halbe ,, wäre, und ich bin vorweg gegen alle halbe Maßregeln; halbe Maßregeln wollen alle Interessen schonen, weshalb ihnen die Erreichung des Zweckes stets mißlingen muß, und das Erstere doch selten gelingt. Wenn ich aber erwiesen zu haben glaube, daß doch jede Steuer eine Verzehrungssteuer oder k ist, fo glaube ich gegen das Prinzip einer Einkommensteuer die Einwürfe aller deter beseitigt zu haben, . , die , höher belastet zu werden

ürchten, als dies bisher der Fall war. ;

! hi das . der Ein kommen seuer spricht ferner daß auch dem minder intelligenten Theile der Bevölkerung jeder Verdacht be- nommen wird, als? sei der ohnedem vom Zufall begünstigte Staats- bürger auch noch bel Tragung der Steuerlast bevorzugt, Es spricht ferner für die Einkommensteurr, daß es dadurch möglich wird, die Klassensteuer in den untersten Posttionen ganz zu erlassen. Es spricht dafür, daß die Anbahnung des Prinzips alle direkten Steuern mit der Zeit 6 macht. Es wird endlich durch eine richtig ver- theille Einkommensteuer der Maßstab gefunden, bei ungewöhnlichen Ereignissen auch ungewohnliche Opfer und n , zu ermöglichen. Wenn eine große Majorität der , . ch fortwährend fi die Freiheit ünd Rechte des Volkes erklärt hat, wenn Majorita in poetischen Bildern, in blühender Sprache und beg

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