1847 / 168 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Gesetz enthalten ist. Er bezeichnet eine Idee, die im Gesetz⸗ Ent⸗ wurf nur . ist, die in der Rede des Herrn Ministers der Kultus-Angelegenheiten näher entwickelt worden, aber im Gesetz. Ent wurf leider nicht vollständig genug ausgeführt ist; Diese Idee scheint mir uur halb durchzublicken, Und gerade diese Halbheit hat zu Folge gehabt, daß die Betheiligten mit Mißtrauen die einzelnen, auf die⸗ r bezüglichen Paragraphen betrachtet haben. Ich bin der Ansicht, daß man korporative . dankbar anzunehmen habe, wenn sie von der Regierung angeboten werden, und ich werde die Regierung über⸗ all unterstützen, wo sie es angemessen findet, aus, dem bis jetzt beob⸗ achteten bevormundenden! Gründsatz herauszutreten und in verschie⸗ denen Beziehungen mehr die. Selbstregierung, eine größere autonomische Freiheit zu begünstigen. Ich würde in dieser Richtung für die Organisation einer jüdischen Gemeinde ge⸗ stimmt haben, wenn sie m Gesetze ausführlicher und reiner atwickelt worden wäre. Ich gaube, daß bei solcher Organi— sation den Juden in bürgerlicher Beziehung im Staate mehr Frei⸗ heit gegeben werden könnte, als sie bis jetzt gehabt, und das unbe⸗ schadet der allgemeinen Verhältnisse des Staates. Ich habe darum im Allgemeinen für den Ausdruck Judenschaft“ gestimmt; es wird sich übrigens zur Bezeichnung der Richtung, wie ich mir die Juden⸗ schaft gedacht habe, noch Gelegenheit geben, besonders im S. 15, meine Ansicht zu entwickeln.

Minister Eichhorn: Ich habe nur eine kleine Bemerkung zu machen. Das Gesetz will nichts Anderes, als was sich bereits vor⸗ sindet, aufnehmen und das korporative Leben sich entwickeln lassen, ohne daß es irgend der bestehenden politischen und bürgerlichen Ordnung nachtheilig werden könnte. Es inden sich jetzt in den Vereinen, welche man Judenschaft nennt, Thätigkeits⸗ Aeußerungen hauptsächlich für den Kultus. Das bildet den Kern des ganzen korporativen Bestandes, und daran hat sich, wie von selbst, naturgemäß angeschlossen auch eine Fürsorge für das Schulwesen der Juden und für die Armenpflege. Das sindet sich bereits vor und soll mehr Leben gewinnen; es mag auch noch mancherlie in sich tragen, das einer Ausbildung fähig ist, und diese gewinnen soll, aber keinesweges um das Indenthum selbst, um die Abfonderung den Juden zu erhalten, sondern um diejenigen Kräfte, welche den Juden selbst innewohnen, zu ihrer Verbesserung, zu ihrer Veredelung nutzbarer zu machen. Dies beabsichtigt das Gesetz. Es wollte dabei der Erfahrung nicht vorgreifen. Nur die Fürsorge für die aus der Schule entlassenen jüdischen Knaben ist aus dem Ge⸗ setze für das Großherzogthum Posen übernommen. Es ist wenn man will, eine Bevormundung; die Bevormundung soll aber der Corporation selbst in die Hand gegeben werden, weil man voraussetzt, sie selbst hätte das größte Inkeresse dabei, daß diese jüdischen Knaben wirklich veredeit werden, und daß diese Veredelung eher zu Stande kommt, als wenn Christen sich dieser Aufgabe unter— ziehen. Sodann ist im Gesetz weiter nichts hinzugefügt, als daß, nachdem jetzt schon die Juden durch freie Wahl Stadtverordnete werden können, im Interesse der Juden unter allen Umständen, nach Verhältniß der jüdischen Bevölkerung, Juden in die Zahl der Stadt— verordneten aufgenommen werden können.

Referent Graf von Itzenplitz: Was der Herr Minister zu⸗ letzt bemerkte, bezieht sich zunächst auf den s. 34 des Gesetzes, der von der Einwirkung der Synagogen-Vereine auf die jüdischen Kna⸗ ben, nachdem sie die Schule verlassen haben, handelt. Die Ansichten sind auch über diesen Paragraphen getheilt gewesen, und die Mino⸗ rüär Hat beantragt, ihn ganz zu streichen, die Majorität hat aber die diesen Paragraphen mit einer geringen Modification stehen zu lasstr Ich erlaube mir aber nur darauf aufmerfsam zu machen, vat, wenr auch bas Wort Synagogen - Verein statt Jur enschaft oder eine andert Bezeichnung gebraucht wird, dit wohlthätige Absicht, daß nämlich der Verein durch Rath und Belehrung auf Besserung der uv enknaben einwirken soll, nicht abgeschnitten wird. Es sind von zwei Seiten Vorschläge belebt worden, einer, vaß man sagen soll mosaischer Ver ein, und ein anbertt, statt Synagogen Vereine Synagogen-Bezirke. Ich muß gestehen, daß bieser letzte Vorschlag min annehmbar erscheint, penn es läßt sich nicht leugnen, ganz freiwillige Vereine können es uicht sein, sonbern bie Juden sollen gehalten sein, sich zu irgend einem Vereine zu halten. Synagogen-Bezirk möchte am Ende doch das

Peste seln, und ich möchte baher ben Herrn Marschall bitten, ob die

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wohlthätige Absicht der Regierung anerkannt und auch befürwortet, ö

m n g nicht vielleicht bahin gehen sollte, ob nicht diese Bezeich nung gewählt werden solle.

Fomprobst von Kro sigk: Da die Ansichten liber die Fassung bes Gesetzes so sehr von einander abweichen und aus der Verschieden⸗ heit der gemachten PVorschläge ziehe ich die Folgerung, daß die Fas- sung des Gesetzes die beste sst; ich werbe mich also unbedingt für den Gesetz⸗Vorschlag aussprechen.

Minister Eichhorn: Ich erlaube mir nur eine kurze Hemerkung in Beziehung auf den vom Herrn Referenten gemachten Norschlag, bie Vereine „Bezirke“ zu nennen. Es kommt wesent⸗ lich darauf an, daß die Vereine nnoöralische Personen werden, daß sie Corporations Rechte erhalten. Einen Bezirk kann man nicht gut zu einer Person machen, eben so wenig wie eine Parochie.

Graf sork! Ildbische Kirche!

Graf Pohrn: Synagogen-Gemeinde würde ich vorschlagen.

Graf von Burghanß— Mir scheint, daß, je mehr man be— näht ist, ben Juben allgemein bürgerliche Rechte zu geben, je weni⸗ * haben sie nöthig, Priivat-Einrichtungen für sich zu behalten, Das sch eint mir die ganz natürliche Konsequenz, und ich sehe nicht ein, Doran diese Synagogen Vereine oder, wie man sie immer nennen wl, anzere Rechte haben sollen, wie unsere Parochicen. Es scheint, e , frrabe nur dazu da, um den Kirchspielverband zu ersetzen. Darum bn ich der geehrten Abtheilung besonders dankbar gewesen, e , bel dem Namen dieser Verbände, als bei dem Gesetz⸗ Vor lch e ele überall bemüht gewesen ist, Alles zu entfernen, was diesen Verbanct geen eine politische Richtung geben könnte, und sich lediglich ur a'f me egese Prinzip bei der estaltung dieser Ver⸗ bände heschränkt hat. We nun immer diese Verbände mögen ge⸗ nannt werben, scheint are gleichgültig, wenn nur dieser Grundsatz eben ige , wirt un d eee nich unbedingt dem anschließen, daß sie Synagogen ⸗Venrt⸗ channe werden, weil das ganz gleichbe⸗ Tertent ist mit ünseren KRirchspiele werbänden.

Neferent Graf von Ibs npligz:- Tie Majorität der Abtheilung hut es, wie der letzte Herr Redner, ale eine sehr große Woblthat erkannt, welche das Gesetz den Jie mme , re unter dem Edikt von 1542 leben, daß sie in Beziehung auf ihre Kirchlichen und Schul⸗ verhältwifse Corporationgrechte befommen, rwelcht fe bisher gar nicht gehabt haben, namentlich in Bezithun auf die Schællen, und das ist . die Juden nachtheilig gewestn, rauben Sie mir einen einzel⸗ nen Vall onzuflchren. 3. B. die hieß Juhenschaft will eine jüdische Etemeutarschule errichten, das lan sie jekt mu im Wege der Pri= vat Subseriptlon, unt wenn denn fpäter irgend ein Sub sfribent i. oer verzieht, dann muß immer m Wege Rechtene geklagt werden, ban Las sst nicht durch zuflehren. Niesem Urh and soll dadurch ab⸗

gehelfen werden, Kaß ker Staat shnen von außen her eine zu Recht

zeste ens Gemeinde Sieb für us und werhältnisse, und das wirz auch von allen uber, welche 1 gesyt habe, dankbar an- 4 mat wäuscheä se, ve fre Beraschung vos zollt ischen Rec= rn zb sanberungen ver michen werbtn, Allem, was wi

gehört haben, und da der Einwurf, welchen des Herrn Ministers Ercellenz gegen den Ausdruck „Bezirke“ gemacht hat, . von Gewicht 3 so möchte ich doch nun vorschlagen, daß wir uns bei dem Antrage der Majorität der Abtheilung beruhigen und zunächst dar⸗ über abstimmen, ob das Wort „Synagogen⸗Verein beliebt werde.

Marschall: Ueber diesen Vorschlag der Abtheilung können wir zur Abstimmung kommen.

Frhr. Senfft von Pilsäch: Ich bitte nur darüber um Be⸗ lehrung, ob die Abtheilung die Sorge für die Armen in das poli⸗ tische oder kirchliche Gebiet zu ziehen wünscht.

Referent Graf von Itz enplitz: Die Abtheilung hat die An⸗ sicht, daß die Fonds, welche eine Judenschaft, z. B. die jetzt beste— hende berliner, schon gehabt und verwaltet hat, ihr nicht entzogen werden sollen, und daß ebenfalls die Verwaltung solcher Fonds ihr nicht entzogen werden soll, wo der Geschenkgeber es ausdrücklich festsetzt und anordnet, daß der Synagogenverein sie verwalten soll; bie Majorität ist aber, abweichend von dem Gesetzesvorschlag, der Ansicht, daß, wenn von dem Geschenk eber nicht ausdrücklich die Verwaltung durch den Synagogenverein bestimmt wird, dies Sache der Kommune sein soll.

Marschall: Wir kommen also zur Abstimmung über den An— trag, welchen die Abtheilung gestellt hat.

Ein Mitglied Ich will mir nur die Frage erlauben, warum bleiben wir nicht dei dem Gesetzes⸗Vorschlage, wie bei §8. 17

Marschall: Die Abtheilung hat zum 8. 1 den Antrag ge⸗ stellt, dem Gesetze beizutreten, den Paragraphen, wie er vorliegt, an⸗ zunehmen. Darum war die Frage zu jenem Paragraphen allerdings auf den Antrag der Abtheilung gerichtet, Es ist dies ein Verfahren, das, wie ich schon bei anderen Helegenheiten erklärt habe, in allen Fällen, die dem gleich sind, in welchem wir uns eben befinden, ge⸗ wöhnlich und nothwendig ist.

Wir kommen also jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Abtheilung, welcher dahin geht, in diesem und in den Paragraphen, wo der Ausdruck „Judenschaft“ fernerweit noch vorkommt, an dessen Stelle den Ausdruck „Synagogen⸗Verein“ zu setzen, und diejenigen, welche diesem Vorschlage der Abtheilung beitreten, werden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Das Resultat der Abstimmung ist zweifelhaft.) Die Herren Secretaire werden die Zählung vornehmen. (Geschieht.)

Die Majorität von 33 Stimmen hat sich für die Annahme des Vorschlags der Abtheilung erklärt. Derselbe ist also angenommen. Wir kommen zum 8§. 3.

Referent Graf von Itzenplitz: Ich erlaube mir, zur Voll= ständigkeit noch auf etwas aufmerksam zu machen; ich habe es zwar schon vorhin verlesen, es möchte aber überhört worden sein. Bei §. 2 ist außer dem Namen noch der Hauptpunkt erwähnt, daß jeder Jude verpflichtet sei, sich zu einem Vereine zu halten. Dies scheint durchaus nothwendig, da sonst leicht manche einzeln wohnende Juden übrig bleiben, welche zu gar keiner Synagoge gehören.

Marschall: S. 2 ist mit den von der Abtheilung beantragten Abänderungen angenommen.

Referent Graf von Itzenplitz (liest vor):

„5. 3. ö ö

Die Bildung dieser Judenschaften erfolgt durch die Regierun= gen nach Anhörung der Betheiligten in der, Art, daß jede Ju⸗ denschaft eine Stadt zum Mittelpunkt erhält, nach welcher sie benannt wird, und mit der die jüdischen Einwohner der umlie⸗ genden Städte und Dörfer oder anderer ländlichen Besitzungen ver⸗ bunden werden.

In Jewer Weise sind die Regierungen ermächtigt, nach dem Bedürfniß Abänderungen der Judenschasts Bezirke vorzunehmen Ind die hierauf bezüglichen Verhältnisse unter Zuziehung der Retheiligten, einschließlich der etwa vorhandenen Gläubiger, zu ordnen.“

Die Abtheilung hat bei diesem Paragraphen nichts zu bemerken und glaubt auch, daß er pure anzunehmen sei.

Marschall: Ich erwarte, ob eine Bemerkung zu 8§. 3 zu machen ist. Da das nicht geschieht, so ist der Paragraph angenom- men. Wir kommen zu §. 4.

Referent Graf von Itzenplitz (iest vor):

„S. 1. ö Die einzelnen Judenschaften erhalten in Bezug auf ihre Vermögens ⸗Verhältnisse die Rechte juristischer Personen,. Ver Verband der Judenschaften bezieht sich lediglich auf die ihnen durch diese Verordnung ausdrücklich überwiesenen Angelegen⸗ heiten.“ Die Abtheilung befürwortet die unveränderte Annahme des

lj.

Marschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, so ist 8. 4 an⸗ genommen. ; .

Referent Graf von Itz enplitz (liest vor):

„S. 2. t 4

Jede Judenschaft erhält einen Vorstand und eine angemessene

Zahl von Repräsentanten.“ )

Die Abtheilung beantragt die Paragraphen.

Marschall:

unveränderte Annahme dieses

Der Paragraph ist angenommen. Wir kommen

zu

§. 6. . Referent Graf von Ihen (liest vor):

Der Vorstand besteht aus mindestens 3, höchstens 7 Mitgliedern, welche ihr Amt unentgeltlich verwalten.“ Die Abtheilung beuntragt die unveränderte Annahme. Marschall:; 8. 71 , Referent Graf Itzenplitz (liest vor): „S.˖ 7. Die Zahl der Repräsentanten der Judenschaft soll mindestens 9 und höchstens 21 betragen.“ Die Abtheilung beantragt die unveränderte Annahme des Para⸗ graphen. Marschall: 8§. 8! Referent Graf Itzenplitz gli vor): „8. . 8. Sämmtliche männliche, volljährige, unbescholtene Mitglieder der Judenschaft, welche entweder ein Grundstück besitzen, oder ein Bewerbe selbstständig betreiben, oder sich sonst ohne fremde Un⸗ terstützung selbstständig ernähren und mit Entrichtung der Abgaben für die Judenschaft während der letzten 3 Jahre nicht in Rückstand geblieben sind, wahlen die Repräsentanten und diese den Vorstand der Judenschaft auf 6 Jahre. Die Wahl ist überall zugleich auf eine entsprechende Zahl von Stellvertretern zu richten.“ Hierzu hat die Abtheilung nur folgende formelle ee, e, , Bei §. 8. fand sich nur eine Bemerkung rüchsichtlich der künf⸗ tigen Fassung seitens der Königlichen Behörde zu machen. Es ist nämlich nicht wohl abzusehen, weshalb in diesem 5. so viele Kategorien neben einander mit: oder aufgeführt sind, da sich solche einander nicht aneschließen. Die Abtheilung war der Ansicht, daß hinter: „welche“ die Worte:

„entweder ein Grundstück besitzen, oder ein Gewerbe selbst⸗ ständig betreiben, oder —“ und ferner: „sonst ohne fremde Unterstützung“ ganz entbehrlich sein dürften. Danach würde der Paragraph nach Antrag der Abtheilung so auten: „Sämmtliche männliche, volljährige, unbescholtene Mitglieder der Zudenschaft, welche sich selbstständig ernähren, und mit Entrichtung der Abgaben für die Judenschaft während der letzten 3 Jahre nicht in Rückstand geblieben sind, wählen die Repräsentanten und diese den Vorstand der Judenschaft auf 6 Jahre. Die Wahl ist überall zugleich auf eine entsprechende Zahl von Stellvertretern zu richten.“ Ich bemerke, daß in dem Sinne nichts verändert wird. Es ist eigentlich eine Fassungssache. von Quast: Ich wollte mir die Bemerkung erlauben, daß wir uns nach §. 17 des Geschäfts-Reglements nicht auf die Fassung einlassen dürfen, und daß wir dieses daher nicht beantragen dürfen. Marschall: Um dies zu erledigen, wird es hinreichend sein, auf die erklärende Bemerkung hinzuweisen, welche die Abtheilung ihrem Gutachten vorausgeschickt hat. Wenn keine weitere Bemerkung emacht wird, so ist der Paragraph nach dem Antrage der Abthei⸗ ung angenommen. Referent Graf Itzenplitz 6 vor):

Das Wahlgeschäft, wird durch einen Abgeordneten der Regie⸗ rung geleitet. Nach Ablauf der ersten 3 Jahre scheidet die Hälfte der Vorstands⸗ Mitglieder und der Reprãsentanten nach dem Loose, demnächst jedesmal die ältere Hälfte aus.“ . .

Mit em Inhalte des §. 8 so wie des 8. 9, ist die Abtheilung ganz einverstanden, empfiehlt daher solchen zur Annahme. Marschall: 5. 10 .

Referent Graf von rn (liest vor):

„F. *

Die Wahlen der Vorsteher unterliegen der Genehmigung der Ne—

gierung, welche die ganze Wirksamkeit des Vorstandes zu beaufsich⸗

tigen hat und befugt ist, einzelne Mitglieder wegen vorsätzlicher

Pllichtwidrigkeit oder wiederholter Dienstvernachlässigungen durch

Beschluß zu entlassen.“

Ad §. 10.

hat die Abtheilung erwogen, ob der Schluß-Passus, welcher von ber Befugniß der Entfernung einzelner Mitglieder handelt, neben dem §. 145 des Gesetzes vom 29. März 1844 Gesetz Sammlung S. 86 §. 14 noch erforderlich sei, sich aber für unbedingte Beibehaltung dieses Passus und resp. Paragraphen entschieden. Die darin enthal⸗— tene Befugniß der Königlichen Regierung ist gewiß nützlich und noth wendig, und da der Vorstand des Synagogen⸗-Vereins nach der An⸗ sicht der Abtheilung nicht als der Vorstand einer politischen Ge⸗ meinde, sondern als Kultus- und Schul-Beamte anzusehen sein wer⸗ den, so erscheint es deutlicher und besser, den Paragraph unverändert beizubehalten.

Fürst Radziwill: Ich wollte nur bemerken, daß ich nach dem Prinzip, welches ich heute vorausgestellt habe, nicht dafür gestimmt hätte, daß aber die Juden, die sich theils schriftlich über die Gesetzes⸗ Vorlage ausgelassen haben und mit denen ich theils mündlich sprach, sämmtlich diese Einmischung der Behörden wünschen und ich deshalb dafür gestimmt habe.

Marschall: 5. 11! z ö

Referent Graf Itzenplitz: 8. 11 des Gesetz⸗Entwurfs lautet:

„Der Vorstand hat die gemeinsamen Angelegenheiten der Juden— schaft zu leiten und die Beschlüsse der Repräsentanten zur Ausfüh⸗ rung zu bringen. Er vertritt die Judenschaft überall gegen dritte Perfonen, insbesondere in allen Nechtsgeschäften sie mögen die Er werbung von Rechten oder die Eingehung von Verbindlichkeiten be⸗ treffen. Das Verhältniß der Vorsteher und Repräsentanten gegen einander und gegen die Judenschaft ist, so lange und so weit nicht das Statut (§. 13) ein Anderes festsetzt, nach den Bestimmungen der revidirten Städteordnung vom 17. März 1831 über die Rechte und Pflichten des Magistrats und der Stadtverordneten zu be— urtheilen.

Das Gutachten sagt zu S. 11.

Gegen 8. 11 sindet die Abtheilung um so weniger etwas zu er—⸗ innern, als die revidirte Städte- Ordnung von 1831 in den Provin⸗ zen Posen, Sachsen und Westfalen gilt, also wohl die Mehrzahl der Juden in Städten wohnt, wo dies Gesetz angewendet wird, und da außerdem dies sehr gut gefaßte Gesetz auch in den Provinzen, wo die Städte⸗-Orbnung von 1808 gilt, wohlbekannt ist. Es erscheint daher angemessen, daß, wie in dem Gesetz Entwurf geschehen, auf die revidirte Städte Ordnung von 1831 und nicht auf die von 1808 Bezug genommen werde.

Rücksichtlich des materiellen Inhalts dieses Paragraphens bean- tragt die Abtheilung einstimmig, um mehrerer Deutlichkeit willen noch einen Zusatz.

Rach der allgemeinen preußischen Gesetzgebung über Corporatio= nen (8. 133 Thl. II. Tit. 6. des Allgememen Landrechts) können die sämmtlichen Mitglieder einer Corporation die Beschlüsse ihrer Ver⸗ treter. hier der Repräsentanten, wieder aufheben. Daß dies nicht. die Absicht des Gesetzgebers ist, ergiebt sich aus der Beziehung quf die Städte- Ordnung; nach dieser sind die Bürger nicht befugt, die Beschlüsse der Stadtverordneten wieder aufzuheben; da aber der 8. 75 der revidirten Städte- Ordnung, der diesen Grundsatz enthält, sich auf die weiteren Bestimmungen der Städte⸗-Ordnung bezieht, welche auf die Synagogen⸗Vereine nicht überall und unbedingt pas⸗ sen möchten: so erscheint es nützlich, ja nothwendig, auszusprechen, daß die Mitglieder eines solchen Vereins an die Beschlisse ihrer Repräsentanten und Vorsteher nach Analogie der ,. gebunden und nicht befugt sind, solche auf Grund des §. 113 Thl. JJ. Tit. 6 des Allgemeinen Landrechts anzufechten oder aufzuheben.

Dieser Zusatz könnte bei §. 11 eingeschaltet und möglicherweise so gefaßt werden: ;

„Die Mitglieder des Vereins sind daher nicht befugt, die Be⸗ schlüsse der Repräsentanten und Vorsteher aufzuheben, und die An⸗ wendung des 5. 113 Thl. II. Tit. 6 des Allgemeinen Landrechts bleibt ausgeschlossen.“

Kultus Minister Eichhorn: Der vorgeschlagene Zusatz ist, ganz in der Intention des Gesetzes, die Regierung hielt jedoch bei Ab⸗ fassung des betreffenden Paragraphen es für überflüssig, dies beson⸗ bers duszusprechen. Man nahm nämlich an, daß, wenn die betreffen⸗ den Paragraphen des Landrechts über die inneren Verhältnisse der Corporationen und moralischen Personen im Zusammenhange aufge⸗ faßt und . die in Frage stehenden Vereine richtig angewendet würden, ts sich ven selbst versteht, daß, was die Organe der einen Corpora⸗ tion beschlossen haben, d. h. die Repräsentanten mit dem Vorstande, von der Gemeinde im Ganzen nicht wieder aufgehoben werden könne, denn der Vorstand und die Repräsentanten ständen nicht in dem Ver— hältniß, wie bloße Bevollmächtigte zu ihren , . Blos aus bem Grunde, weil sie überflüssig erschien, ist die Beziehung auf die

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Dritte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

betreffenden Paragraphen des Landrechts nicht ausgesprochen worden. Ich will übrigens die hohe Versammlung hier nicht mit einer juri⸗ dischen Deduction aufhalten.

Referent Graf von Itzenplitz: So ist es auch von der Ab⸗ theilung aufgefaßt worden, und sie hat nur aus 2 Gründen diesen Zusatz um der Deutlichkeit willen beschlossen. Der erste Grund ist der, daß die Abtheilrug darauf angetragen hatte, nicht „Judenschaft“ zu sagen, sondern „Synagogen-Verein“, um diesen Verein aus dem Gebiete der politischen Gesellschaften in das der kirchlichen zu schie⸗ ben, und daß dadurch die Analogie der Städte- Ordnung weniger treffend wird. Der zweite Grund ist der, daß der §. 75 der Städte⸗ Ordnung sagt: „Die Stadtverordneten vertreten die Bürger⸗ schaft ꝛc. c.; nach der weiteren Anordnung dieser Städte ⸗Ord⸗ nung“, und dann folgt später in der Städte Ordnung ein vollkom⸗ menes Geschäfts⸗Reglement. Damit nun durch diese Bestimmung des 5. 75 der Städte- Ordnung, wo es heißt: „Nach der weiteren Anordnung der Städte⸗-Ordnung“, nicht eine Undeutlichkeit entstehe, hat sich die Abtheilung erlaubt, diesen Zusatz aufzunehmen. Die Ab⸗ sicht des Gesetzes ist nicht verkannt worden.

Marschall: Wenn weiter keine Bemerknug gemacht wird, so ist der Antrag der Abtheilung und somit der Paragraph mit dem vorgeschlagenen Zusatze angenommen. ;

Referent Graf von Itzenplitz (iest vor):

„8. 12.

Ueber die Verwaltung des Vermögens der Judenschaften steht den Regierungen das Recht der Ober- Aufsicht in demselben Maße zu, wie nach der revidirten Städte-Ordnung vom . 6 1831 über die Vermögens-Verwaltung der Stadtgemein⸗

en.“ ;

Die Abtheilung empfiehlt die unveränderte Annahme des Pa— ragraphen.

Marschall: 5. 13!

Referent Graf von Itzenplitz (liest vor):

„8. 13.

Ueber die Wahl des Vorsitzenden in dem Vorstande und des

Vorstehers der Repräsentanten⸗Versammlung, so wie über deren Befugnisse, ferner über die Zahl der Mitglieder des Vorstandes und der Repräsentanten-Versammlung, der Stellvertreter dersel⸗ ben, so wie darüber, ob die Wahl in den Vorstand auf jüdische Einwohner der zum Mittelpunkt der Judenschaft bestimmten Stadt beschränkt bleiben, und welche Reisekosten⸗Entschädigung im an⸗ deren Falle den Gewählten gewährt werden soll, endlich über das Verhältniß der Vorsteher und Repräsentanten gegen einander und gegen die Judenschaft sind die erforderlichen Bestimmungen in ein besonderes, der Bestätigung des Ober- Präsidenten unterliegendes Statut aufzunehmen. . ö Die erste Wahl des Vorstandes und der Repräsentanten er— folgt nach Vorschrift der Regierungen. Diese haben auch nach stattgefundener Wahl wegen Äbfassung der Statuten binnen einer sestzusetzenden Frist das Erforderliche anzuordnen. Sofern die Ab— fassung innerhalb der gesetzten Frist nicht erfolgt, ist von den Re⸗ gierungen über die dem Statute vorbehaltenen Bestimmungen ein die Judenschaft bindendes Reglement zu erlassen.“

Bei 5. 13 ist zwar zur Sprache gekommen, wie es angemessen sei, die Stellvertreter nicht besonders zu wählen, sondern die Per⸗ sonen as solche zu proklamiren, welche bei der Wahl der Nepräsen—⸗ anten nach diesen die meisten Stimmen haben. Die Abtheilung theilt diese Ansicht, die darauf bezügliche Bestimmung wird aber mehr in das Statut als in das Gesetz gehören und kann daher jenem überlassen bleiben.

Die Abtheilung empfiehlt daher die unveränderte Annahme des Paragraphen.

Graf Nork: Die Ansicht der Abtheilung ist gewesen, zu Stell⸗ vertretern diejenigen zu ernennen, welche nach den gewähllen Vor⸗ stehern die meisten Stimmen haben, und dadurch die Wahl zu ver— einfachen.

Referent Graf von Itzenplitz: So ist es auch wirklich be⸗ fürwortet worden. Die Abtheilung ist allerdings der Ansicht gewe⸗ sen, daß es, anstatt einen Stellvertreter besonders zu wählen, am besten sei, daß diejenigen als Stellvertreter proklamirt würden, die zu Vorstehern gewählt sind, aber die zunächst wenigeren Stimmen er⸗ hielten, indessen gehört das nach der Ansicht der Abtheilung in das Statut', und sie hat sich daher nur auf eine historische Notiz be⸗ schränkt.

Marschall: Da keine Bemerkung weiter erfolgt, so ist der Antrag der Abtheilung angenommen.

Es wird erforderlich sein, die weitere Fortsetzung zur nächsten Sitzung aufzuschieben. Die nächste Sitzung würde morgen 12 Uhr stattfinden, damit die Abtheilungen nicht verhindert sind, vorher ihre Sitzungen zu halten.

(Schluß der Sitzung nach 44 Uhr.)

Außer der vorstehenden Sitzung, ist gegenwärtig noch das Ma⸗ nuskript zu der Sitzung der Kurie der drei Stände vom 15. Juni, 2590 Folioblätter, in Unseren Händen. Es ging uns bereits gestern, Donnerstag, den 17. Juni, Abends gegen 8 Uhr, zu. Da wir in⸗ dessen, bei der Länge der obigen Sitzung, in das heutige Blatt von dieser zuletzt erhaltenen nur einen kleinen Theil aufnehmen könnten, so dürfte es angemessener sein, daß wir dieselbe in dem morgen aus⸗ zugebenden Blakte im Zusammenhange vollständig erscheinen lassen.

Die Red. d. Allg. Pr. Ztg.

In dem gestrigen Blatte der Allg. Pr. Ztg., Nr. 167, zweite Beilage, S. 1153, Spalte 2, ist in der unter der Berichtigung befindlichen Unterschrift statt J

Direkt oöriat zu lesen: „Sekretariat“. Die Red. d. Allg. Pr. Ztg.

Jnhalt.

Amtlicher Theil.

Inland. Berlin. Erwerbung von Grundstücken im preußischen Staat seitens der gothaer bre Ben ich? ungz Bann. Termin für die Wahl eines Ehrenraths für Justiz-Kommissarien und Notarien. Falsche Tha⸗ lerstücke. Merse burg. Bevölkerung des Regierungs-Bezirks im Jahre 1849.

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Hannover. Einführung des Zoll-Centners. Großherzogthum Baden. Auflösung des mannheimer Turn- Vereins. Gr her me isn n Mecklenburg⸗ Schwerin. Verordnung wegen der Feuer-Versicherung. Der Verein zur Beförderung der Handwerke unter den Juden. Großherzog- th 6 e , 6 1 . der Juden -Schutzgelder. an,. ern e n. 49 am XJ i 4. i⸗ will K*ulchr pfbost „Washington Frei

Sonnabend den 19 nn Juni.

/// mmm mm

Rußland und Polen. St. Peters bung. Emennungen. Publi⸗ cation des Handelsvertrages mit Frankreich.

Frankreich. Paris. Das Medizinalgesetz in der Pairs Kammer. . Die diplomatischen Attenstücke über die portugiesische

ntervention. Vermischtes. Schreiben aus Paris. (Interpella=

sion über die portugiesische Frage; Erneuerung der Deputirten⸗Büreaus;

die n Jerome Bonaparte's.)

Großbritanien und Irland. Lon don. Bevorstehende Installation des Prinzen Albrecht als Kanzler von Cambridge. Günstiger Beschluß für die ice ng in der portugiesischen Interventions Ang elegenheit. Die Auflösung des Parlaments und die allgemeinen Wahlen.

Belgien. Brüssel. Befinden des Königs. Das Ministerium.

Spanien. Schreiben, aus Madrid. (Einrücken der spanischen Truppen in Portugal. Beginn der Feindseligkeiten.)

Griechenland. Erledigung der griekisch tüirtischen Differenz;

Wiffenschaftliche und Kunst⸗Nachrichten. Jur Literatur der Staats Wirthschaft.

Eifenbahnen. Schreiben aus Düsseldorf. (Bericht der Direction der Düsseldorf⸗Elberfelder Eisenbahn.

in, . und Börsen⸗Nachrichten. Berlin. Borsen⸗ und Marlt⸗ bericht.

; . 2 Amtlicher Theil. Potsdam, den 17. Juni. Ihre Königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Frie⸗ drich der Niederlande nebst Höchstderen Töchtern, den Prinzes—

sinnen Luise und Marie Königl. Hoheiten, sind, vom Haag kommend, auf Schloß Sanssouci eingetroffen.

Uichtamtlicher cheil. Inland.

Berlin, 18. Juni. Das Amtsblatt der Königlichen Re⸗ gierung zu Potsdam und der Stadt Berlin enthält die folgenden Bekanntmachungen:

„Des Königs Majestät haben Allergnädigst geruht, durch die Aller— höchste Kabinetsordre vom 13. April d. J. der in Gotha bestehenden Lebensversicherungs⸗-Bank für Deutschland, unter dem Vorbehalte künftiger

Zurücknahme dieser Erlaubniß, zu gestatten, solche in preußischen Staaten belegene Grundstücke, auf welche sie Kapitalien ausgeliehen hat, im Fall dieselben zur nothwendigen Subhastation gestellt werden, eigenthümlich er⸗ werben zu dürfen, jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung, daß die Bank verpflichtet ist, die erworbenen Grundstücke innerhalb eines Zeitraums von Fünf Jahren, vom Tage der Rechtskraft des Adjudications-Bescheides, durch welches sie ein solches Grundstück erworben hat, wieder zu veräußern. Die sämmtlichen Untergerichte im Departement des Königlichen Kammerge— richts werden hiervon mit dem Bemerken in Kenntniß gesetzt, daß es der gedachten Lebensversicherungs-Bank überlassen bleiht, sich in den vorkom⸗ menden einzelnen Fällen durch Beibringung der ihr ertheilten Erlaubniß über ihre Befähigung zur Erwerbung von Grundstücken auszuweisen. Berlin, den 3. Juni 1847. Königl. preuß. Kammergericht.“

„In Gemäßheit der Bestimmungen der Ferorbnung vom 30. April d. J. über die Bildung eines Ehrenraths bei jedem Landes⸗Justizkollegium aus der Mitte der im Bezirke desselben angestellten Justiz Kommissarien und Rotarien, ist von mit ein Termin zur Wahl der Mitglieder dieses Ehrenraths 2. 2.

auf Dienstag den 29. Juni d. J.

im Kammergericht angesetzt worden, zu welchem sämmtliche Justiz⸗Kom⸗ missarien und Notarien des kammergerichtlichen Departements eingeladen ind.

n Demzufolge werden die Untergerichte im Departement des Kammer⸗ gerichts hierdurch veranlaßt, an dem gedachten Tage und, während der zur Reise der Justiz-Kommissarien und RNotarien nach Berlin und nach ihrer Heimat erforderlichen Zeit keine Termine anzuberaumen, bei welchen Justiz- Kommissarien betheiligt sind.

Berlin, den 3. Juni 1847. Der Kammergerichts-Präsident. von Strampff.“

„Es sind in der letzten Zeit nicht blos in hiesiger Gegend, sondern auch, wie verlautet, von hier aus in Berlin, Posen und Breslau eine Menge Thalerstücke mit dem Geprage von 1816 verbreitet worden, welche als unecht befunden worden sind. Dieselben lassen sich insbesondere durch eine eiwas blässere Farbe, durch eine in der Mitte befindliche kleine Uneben⸗ heit und durch einen Strich, der sich über dem DO im Worte „Priedrieli“ befindet, erkennen.

Indem wir das Publikum unter Hinweisung auf das Gesetz vom 8. April 1823, wonach derjenige, welcher wissentlich und aus gewinnsüchtiger Absicht falsche Münzen weiter verbreitet, mit vier- bis zehnjähriger Festungs— strafe bedroht wird, aufmerksam machen, fordern wir alle diejenigen, welche dergleichen Thalerstücke noch, besitzen, auf, solche sofort, unter Vorbehalt ihrer Rechte, an uns abzuliefern.

Birnbaum, den 8. Juni 1347.

Königl. Land- und Stadtgericht.“

Merseburg, im Juni. Der General- Uebersicht der Civil⸗ Bevölkerung des Regierungs- Bezirks Merseburg, nach dem Ergeb⸗ niß der statistischen Tabelle für das Jahr 1846, entnehmen wir Fol⸗

endes:

Die Einwohnerzahl des Regierungs⸗Bezirks stellte sich nach der⸗ ben im Jahre 1846 auf 716,338, von denen 352,521 männlichen und 363,817 weiblichen Geschlechts waren. Der Flächen-Inhalt des Regierungs⸗-Bezirks beträgt ungefähr 187 geographische Quadrat⸗ Meilen, so daß mithin im Durchschnitt 3831 Seelen auf die Qua— brat Meile kommen. Es fanden im Jahre 1846 überhaupt 27,365 Geburten und 19,366 Sterbefälle statt, es sind mithin 7999 mehr geboren, als gestorben. Im Jahre 1845 sind 27,941 geboren und 18,87 gestorben, es hat sich hiernach in den beiden letzten Jahren die Bevölkerung um 17,553 Seelen vermehrt.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Hannover. Der neuesten Nummer der Ge⸗ setz Sammlung zufolge, wird der sogenannte Zoll-Centner der Zoll⸗ Vereins Staaken zu 100 Zollpfunden, gleich 50 französischen Kilo—⸗ grammen oder fast 107 Pfunden hannoverschen Gewichts, das han⸗ noversche Eisenbahn-Gewicht bilden.

Großherzogthum Baden. (Karls: Ztg.) Die dem Bunde gegenüber bestehende Verpflichtung der Regierung, keinerlei politische Vereine zu dulden, haben das Ministerium des Innern be⸗ wogen, durch Beschluß vom 11ten d. M., nach Maßgabe des Ge⸗ setzös vom 26. Oktober 1833, den mannheimer Turnverein aufzu= lösen und die fernere Theilnahme daran, bei Vermeidung der in jenem Gesetze gedrohten Strafen, zu verbieten. In Anerkennung des Wer⸗ thes des Turnens an sich hat jedoch das Ministerium des Innern, dem Antrage der Kreis Regierung gemäß, zugleich ausgesprochen, daß der neuen Bildung eines Turnvereins nichts in den Weg zu legen sei, wenn derselbe ausreichende Garantieen biete, daß er wirklich nur

. 6 sich beschäftige und sich von politischem Treiben

Großherzogthum Mecklenburg⸗ j

den Nachtheilen, zu welchen möglich erweise & , * Anstalten Veranlassung geben könnten, vorzubeugen, hat die . herzogliche Regierung am 15. Juni eine von den Ständen ** migte Verordnung erlassen, wonach Versicherungen von Mobiliar⸗ Gegenständen (mit Ausnahme ven, Schiffen und Schiffs ladungen) fortan nur durch Vermittelung einheimischer konzessionirter Agenten oder Bevollmächtigter stattfinden können. E sind verpflichtet, über sämmtliche, das Feuer⸗Versicherungswesen betreffende ea,. besondere Bücher zu führen und dieselben auf Verlangen der Obrig⸗ keit ihres Wohnortes zu jeder Zeit vorzulegen. Eben so ist jede neue Versicherung, so wie jede Erneuerung einer bereits bestehenden Versicherung, der Obrigkeit des Versicherten binnen 14 Tagen anzu⸗ zeigen, wo es dann letzterer gestattet und überlassen wird, in Fällen, wo solche Versicherungen ihr Veranlassung zu Bedenklichkeiten und Zweifel darbieten, nähere Ermittelungen eintreten zu lassen und nach Umständen dabei einzuschreiten. Auf Versicherung bei auswärtigen Agenten, Betreibung von Agenturen ohne obrigkeitliche Konzession, schlechte Buchführung ꝛc. sind namhafte Geld⸗ oder Gefãängnißstrafen gesetzt worden.

Nach dem Rechenschaftsbericht über die Wirksamkeit des Vereins zur Beförderung von Handwerken unter den Israeliten des Großher⸗ zogthunis Mecklenburg-Schwerin während des Zeitraumes von Jo- hannis 1839 bis dahin 1846 sind von demselben 38 Lehrlinge aus⸗ geschrieben und 23 in die Lehre gegeben worden, Die Einnahme be⸗ trug 2409 Rthlr. 73 Sch. die Ausgabe 2139 Rthlr. 313 Sch. Der Verein, welcher in die Distrikte Schwerin und Güstrow zerfällt, wird nicht blos von Israeliten, sondern auch von Christen unterstützt und richtet sein Augenmerk auch auf diejenigen jüdischen Glaubens genossen, die, ohne den Schutz des Vereins in Anspruch zu nehmen, sich dem Handwerksstande widmen.

Großherzogthum M ecklenburg⸗Strelitz. Die Groß⸗ herzogliche Regierung hat ein Mandat erlassen, wodurch die bisher für die dortige Renterei erhobenen Judenschutzgelder von Ostern d. J. an nicht ferner erhoben, vielmehr die von den Kontribuenten seither unter dem Namen Schutzgeld geleistete Abgabe den betreffenden Ge⸗ meindekassen der Juden als neu hinzukommende Beiträge zugewiesen werden sollen. Dagegen soll die seither aus dem Regierungs⸗Fiskus gezahlte jährliche Beihülfe von 150 Rthlr. Gold zur Erhaltung der jüdischen Schule in Strelitz, so wie eine den Juden für die Zukunft bereits zugesicherte jährliche Beihülfe zur Besoldung des neuanzustel⸗ lenden Landes- Rabbiners, künftig von den betreffenden Judengemein⸗ den selbst getragen werden, auch die Heranziehung der bisher mili= tairfreien Juden zur Erfüllung der Mllitairpflicht gleich den übrigen Landes- Unterthanen vorbehalten bleiben.

Freie Stadt Bremen. Die Hannoversche Zeitung melde aus Bremerhaven vom 13. Juni: „Die Vorkehrungen zum festlichen Empfange des Dampfbootes „Washington“ sind heute be⸗ werkstelligt worden. Zwei Flaggenstangen von 60 Fuß Höhe stehen da auf beiden Seiten des Pfahlhoofte, an ihnen wad eine bremer Staatsflagge und die große amerikanische Flagge aufgehißt; auf der Stelle, wo künftig die neue Schleuse sein wird, hat man eine kleine Batterie aufgeworfen und dieselbe mit 9 Stück Geschütz bepflanzt; auch dort sind zwei Flaggenstangen von 60 Fuß Höhe aufgerichtet, woran die genannten Flaggen wehen sellen. Auf den vielen anderen Stangen werden die Flaggen der deutschen Staaten und vieler an⸗ eren? Länder wehen; im Vordergrunde sind sogenannte Maryats⸗ Signalflaggen mit den Worten: „Willkommen Washington“, man wird diese' schon auf beinahe dreiviertel Stunden Entsernung zu er⸗ kennen vermögen. Wenn der „Washington“ Anker wirft, giebt die Batterie 27 Salutschüsse.“

Die Versammlung des Senats und der Bürgerschaft am 11. Juni war der Berathung über Anschaffung von Geldmitteln zur Bestrei⸗ tung der durch die von Stagts wegen unternommenen großen Bau⸗ Anlagen herbeigeführten außerordentlichen Ausgaben gewidmet. Es wurde dieser Aufgabe durch ein gemeinschaftliches Vertrauens Votum entsprochen, welches die aus Mitgliedern des Senats und der Bür⸗ gerschaft bestehende Finanz⸗Deputation unter gewissen Modificationen zur Kontrahirung einer freiwilligen Anleihe von einer Million Thaler ermächtigt.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 12. Juni. Mittelst Tagesbefehls vom hten d. ist der General-Major Nordenstamm zum Gouverneur von Nyland ernannt, an Stelle des General-Lieutenant Grafen Armfeldt, welcher zum Mitgliede des Kaiserlich finnländischen Senats ernannt wird.

Die Senats-Zeitung enthält jetzt den zwischen Rußland und Frankreich am 16. September 1816 abgeschlossenen und am 20. Ok⸗ tober ratifizirten Handels- und Schifffahrts⸗Traktat.

Frankreich.

Paris, 14. Juni. Ein Amendement des Grafen Flou⸗ rens zu dem Gesetz⸗ Entwurf über die ärztliche Studien⸗ Carrie und Praxis, welches zwei Klassen von Aerzten, für Stadt und Land, einführen wollte, ist von der Paite⸗ Kammer mit 78 gegen 58 Stimmen verworfen worden. Vorgestern wurden noch ein paar andere Amendements ebenfalls verworfen und endlich die drei ersten Paragraphen des ersten Artikels, welcher deren vier hat, angenommen, der vierte aber noch einmal an die Kem- mission zurückverwlesen. „Wenn die Berathung in diesem Schritt fort geht“, fragt das Journal des Débats, „wird man dann wohl in die- sem Jahr damit zu Ende kommen?“ Der erste Artikel spricht als Grund sitz aus, daß der medizinische Unterricht von den medizinischen Fakultäten und Vorbereitungs⸗Schulen ertherlt werden solle, und be⸗ stimmt dann den Studienkursus für diese beiden Arten von Anstalten. Der Marquis von Barth élemw, der sich eben so wenig dem Joch rer Fakultäten wie dem der Königl. Colleges unterwerfen will bean⸗ tragke die Beifügung des Wortes sofstziell, zu Unterricht!“ Graf Mön tale m blen't ünterstüͤßte dies Amendement, und auch Herr Cousin, als Vertheidiger der Privat- Vorlesungen, schloß sich dem⸗ selben an. Die Kammer verwarf aber auch dieses Amendement.

Die Deputirten⸗Kammer beschästig!e sich vorgestern unter Anderem mit einem Geseß - Entwurf, der die Stadt Angouleme ermächtigen soli, eine Summe von 30h r- äh Herabsetzung der Brodtaxe im Interesse der Armen anzuleihen. Es handelte sich hauptsächlich darum, ob für diese Anleihe 5 oder 13 pCt. als Maximum des Zin⸗ fes angenommen werden solle. Em Amendement, welches nicht mehr als 4* pCt. gestatten wollte, wurde auf die Bemerkung des Finanz. Ministers, daß der öffentliche Kredit noch nicht wieder hinreichend