kann. Ich weiß wohl, daß sede Emnennung zum Offzier nur ein Ausfluß der Königlichen Rachtvolllommenheit und Gnade ist, und es kann sich also nicht darum handeln, irgend in die Ausübung dieser Machtvollkommenheit und. Gnade beschränkend eingreifen zu wollen, sondern ich will nur ansühren, daß ich auch für die Juden das Recht in Anspruch nehme, der Gnade Seiner Majestät des Königs em⸗ pfohlen zu werden. — ;
Wenn eg sich nun aber darum handelt, daß der Jude gar nicht zum Offizier vorgeschlagen werden darf, so ist das ein Makel, der auf ihm haftel. Wenn nun aber in den großen dri ahren nicht ei, nige, sondern verhältnißmäßig viele Juden sich zu Sfspieren ge net zeigten und es wirklich geworden sind, so muß ich daraus schließen. kaß, wer im Kriege Sfshhier wörden konnte. anch die Möglichkeit haben muß, es im . zu werden, und daß also das Necht 4 bleiben muß, was er früher mit den christlichen unterthanen theilte, unt dessen tt sich sehr windig erwiesen hat. Von iesem Stand punkte aus habe ich auch die Di n ung zu, Civil Aemtern angesehen, ich habe mich bei einer früheren elegenheit dahin aus esprochen, daß ich eine Gleichstellung der we , zwischen Militair und Civil in Anspruch nehme, hal aber zugleich ausdrüdklich erklärt, daß ich es anerkenne Und nothwendig finde, daß der preußische Offizierstand als ein besonders äußerlich ö. dastehe. Daher werde ich mich auch dafür aussprechen, daß ich den Juden, wie ich ihnen die militairische Auszeichnung ertheilt wünsche, auch die unbedingte Anstellunge⸗Fähig⸗ leit für Civil⸗Aemter zuerkenne. Es handelt sich nur noch dar⸗ um, ob Jemand zu einer ö über Christen gemacht werden fönne, der selbst nicht Christ ist? und ich sage ja, denn es handelt sich hierbei nicht um den Glauben, sondern um rechtliche Staats⸗ Verhältnisse, und insofern kann der Jude wohl obrigkeitliche Person sein, denn er hat dieselben sittlichen und Rechts⸗Ansichten vom Staate, bie die Christen haben. Nur da, wo es sich um das eigentliche Re⸗ ligiöse oder Kirchliche handelt, und so weit dieses nach außen hervor⸗ tritt, wird ein christliches Glaubens-Bekenntniß erforderlich sein, und Niemand wird auch nur entfernt daran denken, daß dazu Juden berufen werden könnten.
Es handelt sich bei dem in Rede stehenden Punkte also nicht darum, etwas ganz Neues für sie von der Gnade Sr. Majestät zu erbitten, sondern vielmehr nur darum, die bestehenden Rechte noch weiter auszudehnen; wie weit diese Ausdehnung möglich erscheinen wird, das kann ich von meinem Standpunkt aus nicht beurtheilen. Aber ich kann nur von meinem Standpunkt aus das Recht, wie ich es erkenne, für die Juden in Anspruch nehmen und dies der höheren Beachtung empfehlen.
Staats- Minister Eichhorn: Ich habe gestern allerdings ge⸗ sagt, daß es die Absicht des Gouvernements * den Zustand 9. Juden immer mehr zu verbessern. Diese, Tendenz hat das Gouver⸗ nement schon vor dem Jahre 1812 gehabt, wenngleich es früher seine Absicht nur unvollkommen erreichen konnte. Bei Abfassung des jetzt vorliegenden Gesetz⸗Entwurfs ist die Tendenz gewesen, wo mög= lich über die Zugeständnisse hinguszu ehen, die das Gesetz von 1812 wirklich hat ins Leben treten lassen. Ich habe gestern vergessen, her⸗ vorzuheben, worin die Erweiterungen bestehen, welche der Gesetz= Entwurf enthält; sie betreffen einmal eine Aufhebung der Beschrän— lung, welche für die Juden noch hinsichtlich eur Gewerbe beste⸗ hen; ferner die Kraft der von Juden geleisteten Zeugeneide; endlich auch die Zulassung zu ne Kategorieen des Staatsdienstes.
Das Edikt von 1312 hatte in Beziehung auf ihre Anstellungs⸗ fähigkeit im Staatsdienste gar nichts Bestimmtes verheißen. Indem es das Prinzip aussprach, sie sollten der christlichen Bevölkerung in Beziehung auf die bürgerlichen Rechte gleichgestellt sein, hat es zu⸗ gleich ausdrücklich im 8. 9 hinzugefügt: „Inwiefern die Juden zu anderen öffentlichen Bedienungen und Staatsämtern 6 , werden können, behaltsn Wir Uns vor, in der Folge der Zeit gesetzlich zu best im men.“ Es ist also keine Verheißung gegeben, daß sie zu den Staatsämtern zugelassen werden sollen, sondern diese Frage ist im Gesetz ganz schwebend gehalten.
Der geehrte Redner hat von neuem darauf aufmerksam gemacht, daß der Staat. indem er nur auf einem sittlichen Prinzip beruhe, scharf zu trennen sei von der Kirche, die ein ganz anderes Prinzip zum Fundament hat. Während er, in Beziehung auf den Glauben fast mtolerant sei, wolle er in Beziehung auf, den Staat, weil dieser eben nur auf dem sittlichen Prinzip beruhe, die freieste Toleranz zulassen. Dagegen glaube ich von neuem darauf aufmerksam machen zu dür⸗ fen, daß der Staat bei der geg in , Berathung nur so in Be⸗ tracht zu ziehen sei, wie er sich im Leben finde, und wie dies sein Leben fich gebildet hat, also in seinem geschichtlichen Zusammenhange. Betrachten wir nun den Staat, worin wir leben, wie er ist und wie er geworden, so stellt es sich uns klar dar, daß der germanische, von seiner ersten Entstehung an, hauptsächlich unter stetiger Einwirkung des Christenthums sich gebildet hat und in allen seinen Theilen vom Christenthum durchdrungen ist.
Als neue Volksgenossenschaften sich vorfanden, trat das Christen⸗ thum unter sie und half so den Staat bilden. Die zunächst sich bildenden Momente und Kräfte traten mit dem Christenthum in un⸗ zertrennliche Verbindung, empfingen von diesem Geist und Richtung, und diese in einer weit zurückgehenden geschichtlichen Entwickelung wurzelnde Gemeinschaft zwischen Staat und Christenthum hat nicht aufgehört, so daß der Staat, worin wir leben, nicht anders aufzu⸗ fassen ist, als ein christlicher Staat.
Das Gouvernement hat nicht die Absicht, absolute Gränzen für die Verbesserung des Zustandes der Juden zu setzen. Es ist aber für e . noch nicht der Zeitpunkt gekommen, wo es sich sagen könnte;: . n ich dem Juden die politischen Rechte gebe, so handle ich in . mit dem Geiste des ganzen Volkes.“ 2A ie Königliche Regierung würde vielleicht etwas thun, was der
uff urn einzelner, vortrefflicher Männer entspricht, die sich auf die⸗ . ;. ebiete 96 besondere Ansicht gebildet haben. Sie würde aber
auben im Widerspruch mit dem zu handeln, was das Volk will und
d 2 ĩ ĩ j z. z. * . ö. Sie würde glauben, ihm etwas aufzudringen, was es nicht
k kr — — 20
Graf von Kielmannsegg e: Ich wollte mir nur die Freiheit nehmen, auf das, was von den verehrten Mitgliedern aus Schlesten bemerkt worben ist, zu erwiedern, daß wir uns, meines Erachtens, lieber nicht in Erörterungen über Lauheit in lirchlichen Dingen, über Toleranz oder Intoleranz einlassen wollen; dies würde uns in theo⸗ lee fn, und dogmatische Streitigkeiten verwickeln, vielleicht selbst auf den Talmud zurũ en, worauf einzugehen ich mich wenigstens nicht gewachsen finde. Jm mir ist die eberzeugung zu tief gewurzelt, daß nur die christliche Lehre dem christlichen Staate eine ban Stütze geben kann, und es würde für mich, ich leugne es nicht, ein unan⸗
enehmes Gefühl sein, eisem nicht dem Ee ren th! angehörigen ichler oder Beamten gegenüberzustehen; sonst bin ich gewiß gern gegen die Juden tolerant, und will sie gern in ihren bürgerlichen BVerhältnissen mit den anderen Staatsbürgern gleichgestellt wissen, aber sie zu höheren Beamten ernannt und obrigkeitliche Functionen ausübend zu sehen, ist ein Gefühl, mit dem ich mich nicht vertraut machen kann.
Referent: Ich höre die Reden des Herrn . von Dyhrn besonders gern, mich erfreut der Geist und die edle Gesinnung, die darin vorwalten, und der geehrte Redner wolle mir glauben, daß ich beide auch heute in seiner Rede mit Vergnügen durchgefühlt und wahrgenommen habe. — Ich glaube aber, daß der geehrte Redner heute theilweis gegen Feinde gekämpft hat, wesche ich nicht habe ent⸗ decken können, indem er von Gegenständen gesprochen hat, von wel⸗ chen vorher in der Versammlung gat nicht die Rede war. Wenn der geehrte Kedner nämlich bemerkte, daß 15 Millionen Christen sich nicht zor den 2600, g00 Juden zu fürchten haben, so muß ich bemerken, daß ich weder in dem Vortrage der Abtheilung, noch in den früheren Reden, etwas von dieser Furcht gehört habe. Ich glaube aber, daß es bei dieser Frage zunächst darauf ankommen möchte, die Dinge und Ver⸗ hältnisse im Staate so aufzufassen, wie sie wirklich liegen. Es ist eine Thatsache die sich nicht leugnen läßt, daß der n, Staat in enger Verbindung mit der Kirche — sowohl der katholischen als der ebangelischen — steht. Ich weiß wohl, daß die Ansichten darüber weit auseinander gehen, ob diese Verbindung fester zu ziehen, oder zu lösen ist. Es sind Viele, die davon ausgehen, daß es gut sei, diese Verbindung zu lösen und den Staat möglicht wenig mit der Kirche in Verbindung zu bringen. Auch ich kann mich mit diesem Gedanken sehr wohl vertraut machen. — Wenn es sich aber um ein zu erlas⸗ sendes Gesetz handelt, so müßte der Zustand doch anderer Art ge⸗ worden sein, bevor die Juden in den höheren Staats⸗Dienst auf⸗ genommen werden können. Für jetzt ist aber unser Staat nicht so gestaltet wie in Amerika, wo Staat und Kirche getrennt sind, und wenn man es hier ebendahin bringen wollte, so würde doch dazu noch eine bedeutende Zeit erforderlich sein. So lange dies aber nicht geschehen ist, sind die Gesinnungen der 15 Millionen Lhristen bei den Gesetzen die wir berathen, wohl zu beachten, und ich glaube, daß sie sich in ihrer Majorität nicht damit zufrieden erklären werden, unter einer jüdischen Obrigkeit zu stehen. Der preußische Staatsdienst, nament⸗ lich in Civil⸗Verhältnissen, hat bei der ir nf überdies bisher eine liberale Observanz beobachtet. Nach dieser ist eine eigentliche Ge⸗ nehmigung, ob Jemand angestellt werden soll oder nicht, nicht nöthig; wenn Jemand seine Studien vollbracht und das Examen gemacht und bestanden hat, so kann er eine, Anstellung erhalten, und wird auch in Folge dessen gewöhnlich angestellt. Will man nun die Juden gefetzlich zu allen Aemtern zulassen, so kann man nicht sagen (wie ein geehrter Redner angedeutet hat), daß man es in jedem einzelnen Falle erwägen und entscheiden möge, ob man sie anstellen will oder nicht, oder man müßte die bisherige liberale Obserdanz verändern, dadurch, daß man auch bei Leuten, die sich gut geführt und ihre Studien mit Erfolg gemacht haben, noch erst überlegen soll, ob man sie in Dienst nehmen will oder nicht. Dies ist der bisherigen Observanz, bei welcher sich der Staat wohlbefun⸗ den hat, fremd. Wenn ferner das verehrte Mitglied aus Schlesien von Exefutiv-Aemtern gesprochen, und es getadelt hat, daß die Ju⸗ den dergleichen nicht erhalten sollen, so will ich auf das exekutivste aller exekutiven Aemter zurückgehen, nämlich das eines Exekutors, und ba möchte ich einem Juden nicht wünschen, daß er als Exekutor an- gestellt würde. Der Exekutor ist nirgend ein erwünschter Gast, und es ist nicht in Abrede zu stellen, daß vielfach noch gegen die Juden Vorurthelle bestehen, — welche ich meinerseits tadle und beklage, welche aber doch einmal noch vorhanden sind. — Wenn demnach ein Jude als Exekutor in ein Dorf käme, so möchte er schwerlich die Auf⸗ nahme finden, die er nach dem Gesetze verlangen kann, Ich kann also aus diesen Gründen nur dem Vorschlage der Abtheilung inhä⸗ riren. — Wenn es sich endlich um die höheren Staats ⸗Aemter handelt, so ist wohl zu berücksichtigen, zu welcher Religion die große Mehrzahl der Einwohner sich bekennt. Wollte man dies ganz außer Acht lassen, so könnte man auch fragen, warum nicht der Kultus⸗ Minister ein Jude sein kann, und es giebt Meinungen, die dies ernst⸗ haft aussprechen. Will man einmal den Juden alle Staats⸗Aemter eröffnen, so muß auch zugegeben werden, daß dies, da der Kultus⸗ Minister nicht Geistlicher sst, — weder evdangelischer noch katholischer — an sich nicht als unthunlich bezeichnet werden kann. Ich glaube aber doch, daß unter den 15 Millionen christlichen Einwohnern die Mehrzahl eine solche Amts- Uebertragung sehr übel aufnehmen und daß es allgemein einen sehr ungünstigen Eindruck machen würde, 6 wir vielleicht bald einmal einen jüdischen K ultus⸗Minister
ätten. (Heiterkeit in der Versammlung.)
Graf von Zieten: Um mich kurz zu fassen, will ich den kirch⸗ lichen und sittlichen Boden verlassen und mich nur auf den praktischen Standpunkt stellen, und da sehe ich nicht ab, warum die Juden zu nnmittelbaren Staats? Aemtern zugelassen werden sollen, so lange sich unter den I5 Millionen Christen noch hinlänglich taugliche Sub⸗ jekte zur Besetzung dieser Aemter vorfinden.
Graf Jork: Es ist mir der Vorwurf gemacht worden, als hätte ich einen dialektischen Scherz mit der Verordnung treiben wol⸗ len; dies ist aber nicht der Fall. Ich gehe ganz auf das Praktische, und wenn ich zugebe, daß nicht allem unser Staat, sondern alle euro⸗
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äischen, mit Augna me ber Türkei, burch das Christenthum gewach⸗
en sind, so muß ich doch sagen, daß sich aus der Vermischung, die nothwendig war, sehr traurige Resultate er eben . 2 is sogar bis dahin gekommen, zu sagen: ein Fern soll erst durch ein konfessionelles Bekenntniß nachweisen, ob er Mitglied des Staates werden kann, Es ist das Produkt der neuen ildung, zu einer höheren geistigen Freiheit gelangt zu sein und dergleichen beengende Schranken niederzuwerfen. Ich muß mich also dagegen verwahren, daß ich eine Abstraction aussprechen wollte, vielmehr kommt diese so⸗ genannte Theorie jetzt mehr und mehr zu praktischer Geltung. Ich will hierbei nicht einmal Frankreich erwähnen, wo die Juden Mit⸗ glieder der Deputirten⸗ Kammer werden können, sondern nur von Desterreich sprechen, einem Staate, dem man gerechter Weise nicht den Le ul machen kann, daß er dem Forischritt in zu großen Sprüngen huldige, und doch sind dort Juden Offiziere, und ich möchte die Schlußfolgerung wohl ziehen, daß sie auch zu anderen Staats⸗ Aemtern befähigt sind.
Regierungs Fommissar Schröner: Daß in Oesterreich Juden in Offizler⸗Stellen vorkommen, ist mir als Thatsache bekannt, aber nicht, daß sie gesetzlich zu öffentlichen Aemtern zugelassen sind. Hin⸗ sichtlich der praktischen Ausführung bei Zulassung der Juden zum Richter ⸗Amte möchte noch darauf aufmerksam zu machen ein, daß es eine nicht wohl zu beseitigende Schwierigkeit haben k wenn ein Richter jüdischen Glaubens einem christlichen Zeugen den Eid mit der christlichen Bekräftigungs Formel abnehmen sollte.
Graf von Mork: Es ist von dem Referenten bemerkt worden, daß, wenn wir den Juden große Rechte ertheilen würden, dies nicht allgemein gebilligt werden würde, es ist mir aber erinnerlich, daß von mehreren Provinzial-Landtagen des Jahres 1845 bereits auf vbllige Emancipatlon angetragen wurde, und ich glaube, daß, wenn ein Prö= vinzial⸗Landtag auf dergleichen entscheidende esetzliche Maßregeln an⸗ trägt, er sich auch vorher genau unterrichtet haben und der allgemei⸗ nen Meinung versichert halten muß, um nichts zu thun, was gegen die allgemeine Ansicht und den allgemeinen Wunsch spricht.
Prinz Biron von Kurland: Da die Zeit schon so vorge= rückt ist und die Versammlung eine Vertagung zu, wünschen scheint, so will ich die hohe Kurie nicht mit einer weitläuftigen , n. meiner Ansichten aufhalten, sondern begnüge mich, zu erklären, da ich mich in dem Ausschusse in der Minorität befunden und mit den Gründen meines verehrten Freundes übereingestimmt habe. Was je⸗ doch die Erklärung des Herrn Ministers des Kultus im Laufe der heutigen Debatte über seine Ansichten von einem christlichen Staat betrifft, so bedaure ich recht sehr, daß ich denselben nicht beistimmen kann und behalte mir bei einer anderen Gelegenheit meine Erwiede⸗ rung vor.
g3e*rrschall: Der Antrag der Abtheilung geht dahin, daß der
§. 35 angenommen werde mit der Abänderung, daß statt der Worte
„obrigkeitlichen Autorität“ gesagt werde: „richterlichen, polizeilichen oder exekutiven Gewalt“.
(Der Referent verliest die Fassung noch einmal.)
Es würden alfo diejenigen, die dem Antrage der Abtheilung bei⸗
stimmen, dies durch Aufstehen zu erkennen geben.
(Der Antrag wird durch Majorität angenommen.
Die Fortsetzung der Berathung wird, zur nächsten Sitzung zu verschieben sein, , , . um 10 Uhr stattfinden wird. Die heutige Sitzung ist geschlossen. . in s eg der Sitzung 4 Uhr.)
Heute, Sonntag, den 20. Juni, sind uns folgende Manuskripte
zugegangen: ; ö
1) Däs zur Sitzung der Kurie der drei Stände vom 17. Juni,
198 Folioblätter, Morgens 8 Uhr. 50 Minuten; .
2 Das Zur Sitzung der Herren-Kurie vom 16. Juni, 274 Folioblätter, Morgens 19 Uhr.
Wir werden von diesen 472 Blättern Manuskript in der morgen
erscheinenden Nummer der Allg. Preuß. Zeitung erledigen, was
irgend möglich sst. D. Red. d. Allg. Pr. Ztg.
Berichtigung.
In dem stenographischen Bericht über die Sitzung der Drei— Stände Kurie vom 9. Juni c. Nr. 164 der Allg. Preuß. Ztg. S. 1099 1ste Spalte findet sich in der Bemerkung des Abgeordneten von Leipziger in der 6ten Zeile ein Druckfehler, indem es nicht „unwesentliche“ sondern „wesentliche“ Erinnerungen heißen soll; desgleichen in dem stenographischen Bericht über die Sitzung derselben Kurie vom 14. Juni c. Nr. 167 der Allg. Preußischen Zeitung, S. 1149 3te Spalte, Ste Zeile in dem Vortrage des Ab⸗ geordneten von Beckerath, wo es statt „des Staatsbürgers“ „des Staatskörpers“ heißen muß.
Berlin, den 18. Juni 1817.
Das Sekretariat des Landtags. Naumann. Frhr. von Patow. Dittrich. Siegfried. von Leipziger.
, Im gestrigen Blatte der Allg. Preuß. Zeitung ist S. 1172, Sp. 2, 3. 28 v. u. zu lesen: Nun kann ich nicht glauben, daß ein Blut (statt: daß „nie“ Blut) vergebens geflossen ist, welches u. s. w.
Die Red. d. Allg. Pr. Ztg.
Vierte Beilage
M 170.
Anhalt.
Inland. Berlin. Wollmarkt. — Die Börsen-Nachrich ten der Sstsee und die Veröffentlichung der Tandtags Verhandlungen durch, die Äilg. Pr. Zig. — Provinz Preußen. Festungsbau bei Königs berg. Briefe aus Münster und Duͤsseldorf. (Aerndte⸗ Aus sichten.)
Deutsche Bundesstaaten. Großherzogthum Hessen und bei Rhesln. Ankunft des Großfürsten Thronfolgers von Rußland in Darmstadt. . ;
Rußland und Polen. Warsch au. Steigen der Weichsel.
Frankreich. Paris. Herzog on Nemours und Prinz Joinville. . Marschall Bugtaud und, seine Abschieds Adresse an die algerische Civil Bevölkerung. — Nachrichten aus Otaheiti. — Vermischtes. — Schreiben aus Paris. (Die Salzsteuer; das medizinische Studium.) 3
Großbritanien und Arland. London. Sofnachricht. — Par⸗ laments Verhandlungen: Fortsetzung und Schluß der Debatte über die portugiesische Interventions = Angelegenheit; Verwerfung des Humeschen Antrags. — Briefe aus London. (Die portugiesische Interventions⸗- Angelegenheit; Denkmal zum Andenken an die Einführung der Buch druckerkunst in England.) ; . 1
Belgien. Schreiben aus Brüssel, (Der Rücktritt des katholischen Ministeriums und die Aussichten auf ein neues Kabinet; Steigen der Brodpreise.) *
Spanien. Schreiben aus Madrid. (Verpachtung der Quecksilber⸗ Minen von Almaden. — Dir Intervention in Portugal. — Die Politik Frankreichs und die Thronfolge in Spanien.)
Tödtung durch Blitzstrahl.
Wissenschaftliche und Kunst⸗Nachrichten. Poetische Akademie. — Gesellschaft naturforschender Freunde.
112 —
Uichtamtlicher Theil.
3 nlan d.
Berlin, 20. Juni. Se. Majestät der König haben Allergnä⸗ digst geruht, dem Vice-Ober-Ceremonienmeister, Freiherrn von Stillfried, die Anlegung des ihm verliehenen Commandeur-Kreuzes des Königlich hannoverschen Guelphen-Ordens zu gestatten.
Berlin, 20. Juni. Die Börsen -Nachrichten der Ost— see enthalten in einem Aufsatze über die Veröffentlichung der Land— tags-Verhandlungen unter Anderem Folgendes;
„In der That zeigt sich auch in diesem Falle, wie wenig über⸗ einstimmend die bundesgesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Presse in Deutschland fortwährend gehandhabt werden. Nach eben spolchen sollen die Landtags- Verhandlungen eines Staats in anderen Staaten nicht eher publizirt werden, als bis sie in jenem erschienen sind, was aber in Bezug auf unseren gegenwärtigen Landtag, wie auch die Allg. Preuß. Ztg. wenigstens gegen die Au gsb. Allgz. Zig. geltend gemacht hat, nur sehr wenig befolgt worden ist. Daß sie zuerst im⸗ ner in einer vom Gouvernement dazu designirten Zeitung gestanden haben müssen und demnächst erst in andere Blätter des eigenen Staats übergehen dürfen, besagt das Bundesgesetz keinesweges, da⸗ her das Monopol, was sich die Allg. Preuß. Ztg. dafür beilegt, um so weniger haltbar und begründet ist.“
Wir glauben der Redaction der Börsen-Nachrichten der Ostsee nicht mehr zuzumuthen, als ihr gebührt, wenn wir sie ersuchen, uns vor den Lesern ihres Blattes von dem Vorwurf, welchen sie uns in jenen Worten macht, dadurch zu reinigen, daß sie den 5. 24 des au⸗ ßer ihr wohl Wenigen unbekannt gebliebenen Reglements über den Geschäftsgang bei dem Vereinigten Landtage vom 9. April d. J. abdrucke. Dieser 5. 24 besagt nämlich:
„Die (nach den stenographischen Aufzeichnungen über die Verhand— lungen abgefaßten) Berichte gelangen an den Marschall zur Ge⸗ nehmigung, worauf sie, wenn der Vereinigte Landtag die Veröf⸗ fentlichung seiner Verhandlungen wünscht, ohne weitere Censur mit Rennung der Namen durch vollständigen Abdruck in der Allͤge⸗ meinen Preußischen Zeitung zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden.“
Berlin, 20. Juni. Seit dem 15ten d. M. waren die Zu⸗ fuhren von Wolle zum diesjährigen hiesigen Wollmarkte, welche in be5' Häusern abgelagert wurde, nicht unbedeutend. Am 18ten und 19ien war das sowohl in den Häusern, als auch auf freien Plätzen placirte Quantum von Wolle verhältnißmäßig schon bei weitem be⸗ deutender. Die Zufuhren dauern noch fort. Das bis 19ten Abends auf den Markt gebrachte Quantum Wolle beträgt, incl. des vom vorigen Jahre verbliebenen Bestandes von eirca 5000 Ctrn., circa „06h Etr. Vom 16ten ab wurden bereits auf. den Lägern in den Häusern anhaltend Geschäfte abgeschlossen, so daß bis gestern Abend überhaupt hier cirea 30,00 Etr. Wolle verkauft sind. Die dafür eingehaltenen Preise stellten sich theilweise mit 2 bis 5 Rthlr. Pro Centner höher, als im vorigen Jahre. Ueber Wäsche und sonstige gute Behandlung der Wolle, scheint sich bis jetzt keine Klage erhoben zu haben; an Käufern fehlt es nicht und beim größten Theil auh nicht an Rauflust.
Provinz Preussen. (Königsb. Ztg.) Bei Königsberg ist der Festungsbau auf Herzogsacher, wie zwischen dem litthauer Baum und der Sternwarte, wiederum mit verstärkten Mitteln und Kräften in Angriff genommen worden. Mehrere Hunderte von Erd⸗, Steln? und Maüer-Arbeitern, Ziegelbrennern und Fuhrleuten sind dabei ununterbrochen beschäftigt. Arbeiter-Verdienst und Tagelohn stehen im Verhältniß zu den gegenwärtigon Preisen der Lebensmittel. Ungeheure Vorräthe von Ziegeln, Steinen, Steinfliesen, Balken, Planken, Kalk, Grand, Mörtel bedecken die Bauplätze. Zu einem Mauerwerk, dessen Front nach dem Pregel- Ufer am litthauer Baume gerichtet wird, ist qiier über den Wallweg ein breiter Pfahl-Rost gelegt: Eine große Anzahl von Arbeitern ist mit dem Einrammen von Pfählen auf dem Theil, des Ober-Teiches beschäftigt, welcher von den Rennerschen Windmühlen, die nunmehr fortgebrochen sind, nach den gegenüberliegenden Wiesen zu abgedämmt wird. Das Königs⸗Thor mit dem dasselbe umgebenden Mauer⸗Schleusenwerk und Brücke wird noch in diesem Sommer vollendet. Zu der letzteren sind die aus ebrannten Ziegeln und runden Steinen errichteten acht Brücken-Pfeiler bereits vollendet. Das neue Exerzierhaüs ist nun— mehr fertig, die Mauerwerke des Festungs-Grabens, der großen Ka⸗ serne, des Mittel · Reduits, mehrere Aus fallthore und Pulverhäuser ö. in Arbeit. Der 8 Theil der Erdwälle ist planirt und mit
ferneres Zurückweichen der
asenstücken bedeckt. Ber Weg vom Roßgärter bis zum Sackheimer
X
Vierte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.
1 ist vollkommen chaussirt und an den Seiten mit Bäumen be⸗ pflanzt.
X Münster, 8. Juni. Mit Ausnahme des Rapses stehen die Wintersaaten im Allgemeinen sehr günstig. Die Sommerstüchte zeigen durchweg einen erwünschten Stand. Dem Bedarf an Pflanz- Kartoffeln für die geringen Leute wurde besondere Fürsorge gewidmet, und ist es über Erwarten gelungen, dieses Bedürfniß zu befriedigen, so daß im Allgemeinen die Auspflanzung gegen frühere Jahre nicht zurückgeblieben ist. Hiernach ist bis dahin alle Auosicht auf eine reich⸗
liche Aerndte vorhanden. Wenn die günstigen Aerndte Aussichten sich erhalten, steht ein Preise um so mehr zu eiwarten, als an Kartoffeln nach beendigter Säͤat⸗Bestellung sich häusig noch ein Ueber— schuß gefunden hat und diejenigen Landwirthe, welche noch Korn⸗
Vorräthe besitzen, nicht mehr länger damit zurückhalten werden.
* Düsseldorf, im Juni. Die Witterung hat den ganzen Monat Mai hindurch sür eine üppige Vegetation bis jrtzt alle Er⸗ wartungen übertroffen. Alles praugt in Feldern und Gärten in der herrlichsten Blüthe, mit Fülle und Segen sind die Fluren überschüttet, und was man noch vor mehreren Wochen, bei dem allgemeinen Noth— stande, kaum zu hoffen wagte, ist bei dem gegenwärtigen Stande der Feld⸗ und Gartenfrüchte, in einer reichen, gesegneten Aerndie binnen wenigen Wochen in erfreuliche und beruhigende Aue sicht gestellt; wohl⸗ thätig wirkt diese schon jetzt auf das Sinken der Preise der ersten Lebensbedürfuisse, Brod und Kartoffeln. Uebrigens zeichnete sich der Mai- Monat durch mehrere starke Gewitter mit sruchtbarem Rege und in der zweiten Hälfte durch eine ungewöhnliche Hitze bis zu 20 — 26 Grad Reaumur aus.
Deutsche Bundesstaaten.
Großherzogthum Hessen und bei Rhein. Ihre Ka serl. Hoheiten der Großfürst Thronfolger von Rußland, seine Gemahlin, die Großfürstin Eäsarewna und deren Tochter, die Groß⸗ fürstin Alexandra, sind am 17. Juni Nachmittag um 2 Uhr von St. Petersburg zum Besuche am Großherzog. Hofe in Darmstadt an⸗ gekommen und im Großherzoglichen Palais abgestiegen. Se. Königl. Hoheit det Erbgroßherzog war Ihren Kaiserl. Hoheiten nach Frank furt entgegengereist und empfing die hohen Reisenden im Großher— zoglichen Palais daselbst.
Uußland und Polen.
Warschau, 16. Juni. Der hiesige Magistrat zeigt an, daß nach einer mit Estafette von Zawichost eingegangenen Nachricht die Weichsel dort vom 13ten um 8 Uhr Abends bis zum 11Iten halb 4 Uhr Morgens von 7 Fuß 11 Zoll auf 9 Fuß über Null gestiegen war. Die Anwohner der hiesigen Weichselufer werden daher ermahnt, auf ihrer Hut zu sein. ;
Frankreich.
Paris, 16. Juni. Der Herzog von Nemours wird gegen Ende dieses Monats nach dem Pyrenäenbade Bareges reisen und vorher noch einem militairischeu Feste beiwohnen, welches unter seinen Offizieren auf dem Marsfelde stattfinden soll. Prinz Joinville hat an ten d. von Algier einen Ausflug nach dem Süden der Kolonie unternommen. Die Kolonne, welche von der Garnison der Stadt Algier an der Expedition nach Kabylien Theil genommen hatte, wurde am 10ten dort znrück erwartet.
Man glaubt, daß Marschall Bugeaud ohne Aufenthalt nach Paris kommen wirb. Bei dem Befsuch des Prinzen von Joinville in Algier soll zwischen diesem und dem Marschall eine sehr heftige Scene statt⸗ gefunden haben und nach derselben der Prinz sichtlich verstimmt an Bord seines Schiffes zurückgekehrt, der Marschall aber in der aufge⸗ regtesten Stimmung zurückgeblieben sein. Marschall Bugeaud hat auch an die Civilbevölkerung Algeriens eine Abschiedsproclamation er⸗ lassen, in welcher er sagt:
„Das Programm, das ich mir bei Antritt meines Amtes vorgezeichnet habe, und das euch durch meine Proclamation vom Februar 1841 bekannt wurde, ist weit überschritten. Frankreichs Banner flattert, nachdem der Emir zweimal nach Marrokko zurückgedrängt worden, über ganz Algerien. Neue Städte sind gegründet, alte haben sich aus ihren Ruinen erhoben, Wege sind gebahnt, Brücken gebaut, Dörfer errichtet, und mit vollkommenster Sicherheit durchzieht ihr das Land mit euren Produkten und Wagaren und findet großherzige Gastfreundschaft in den Duars der Araber. Meine Ge⸗ fundhest und die Stellung, welche mir durch den Widerstand gegen meine Ideen bereitet ist, gestatten mir nicht länger, mich mit der Sorge für euer Geschick zu belasten. Ich habe den König um einen Nachfolger gebeten und will in Frankreich seine Entscheidung abwarten. Aber dem Werle, dem ich seit mehr als 6 Jahren alle meine Kräfte, des Körpers wie des Geistes, gewidmet habe, werde ich treu bleiben und eure Interessen bei der Regierung und in der Kammer vertreten.“ Dann solgen einige Rathschläge, zu deren Ertheilung er sich durch seine geleisteten Dienste und durch seine Erfahrung berechtigt hält. Diese gehen darauf, daß man nicht ungeduldig dem Gang der Zeit vorauszueilen sich bestreben und nicht von den nächsten Jahren erwarten solle, was erst das Werk der nächsten Jahrhunderte sein könne. Das mache ungerecht gegen die Negierung, deren Schwierigkeiten der ein zelne Privatmann in ihrem Zusamnienhange nicht zu überschauen vermöge. Vor Allem aber dürften sie das Heil nicht von der völligen Verschmelzung mit Frankreich, nicht von der Einführung aller seiner bürgerlichen und poli⸗ tischen Institutionen erwarten, wie man ihnen das so oft vorsage, da sie kaum den vierzigsten Theil der Bevölkerung ausmachten und kaum den hundertsten Theil des Landes innehätten. Der Glaube, daß man mit einem politischen Gesetz in 3 Artikeln allein die Wohlfahrt Algeriens sichern könne, lenke die Aufmerksamkeit von ihren wirklichen und materiellen Bedürfnissen ab. Die Schwierigkeiten, die zu überwinden wären, lägen in den Arabern, in dem Klima, in dem Elend, das immer die ersten Schritte des Ackerbaues begleite. Dagegen helfe die ausgedehnteste Freiheit nichts, wohl aber eine Achtung gebickende Armee, ein ausgedehntes Ststem von Civil⸗ und Mili— tair⸗Colonisation, reichliche Geldmittel für öffentliche Arbeiten und Beschrän⸗ kung der überall hemmenden Centralisation der Verwaltungs ⸗Geschäfte in Paris. Erst wenn ihre Gesellschaft auf breiter Unterlage ruhr und sie wohlhabend genug seien, Steuern zu bezahlen, erst dann dürften sie um Institutionen bitten, die mit ihrem sozialen Zustand üͤbereinstimmten. „Diese Rathschläge“, so schließt die Proclamation, „euthalten nichts, was euch beleidigen könnte; im Gegentheil sind sie der Beweis des lebhaften Inter⸗ esses, das ich für euch hege. Ihr wißt, daß ich während der sechs Jahre nieeiner Verwaltung es immer vorgezogen habe, euren Interessen zu dienen, statt euren Leidenschaften und eurer Len nf. zu schmeicheln. ollte i jetzt beim Abschiede weniger freimüthig sein, so müßte meine Liebe für eu abgenommen haben. Das ist aber nicht der Fall, die Zukunst wird es beweisen.“
Durch das amerikanische Paketboot hat man Nachrichten aus
Otaheiti, welche etwas neuer als die zuleßt von der Regierung
Montag den Alsten Juni
mitgetheillen sind. Die Königin Pomareh war na iti . gekehrt. Die Hauptbedingung ihrer Rückkehr war, 2. r . Regierung ihr eine Civilliste von 25900 Fr. jährlich aussetzt, die von Beginn des Protelktorats an läust, und von der ihr aiso der dreijährige Rückstand jetzt ausgezahlt wird. Die Fregatte „Sirene“ mit 'bemd'nenen Gouverneur von Sceanien, Lavaud, am Börd, war von Callao nach Otaheiti abgesegelt; sie war von mehreren Trang⸗ portschiffen begleitet, auf denen sich die 1600 Mann Truppen befan⸗ den, die von Frankreich als Verstärkung nach Otaheiti gesandt worden. Die englische Fregatte „Grampus“ liegt noch immer vor Papeiri.
Gestern wurde der, Bericht des Herrn Bignon über das Aus⸗ gabe⸗ Budget von 1848 im Namen der Kommission an die Mitglieder der Depulirten⸗Kammer vertheilt. Das gewöhnliche Budget beläuft sich auf 1,54, 072, 627 Fr., worauf die Kommission eine Ersparung don ? Millionen vorschlägt. Die in den außerordentlichen Krediten beantragten Neductionen sind weit bedeutender und betragen zusam⸗ men 2,768,000 Fr. Sie betreffen die Departements der öffentlichen Arbeiten, des Krieges und der Marine. Die Regierung hatte 472,288,939 Fr. verlangt.
Der Bey von Tunis soll die Vermittelung Desterreichs in zwei ernsten Differenzen zwischen ihm und der türkischen Regierung nachge⸗ sucht haben; die eine bezieht sich auf die streitige Gränze zwischen Tunis und Tripolis, die andere auf eine Geldforderung der Türkei an den Bey, welche auf eine Schuld seines Vaters begründet wird.
X Paris, 16. Juni. Für die heutige Sitzung der Depu⸗ tirtén-Kamm er war die Fortsetzung der Verhandlung über den Antrag des Herrn Demesmay in Betreff der Herabsetzung der Auf⸗ lage auf das Salz an der Tagesordnung.
Hen Delongrais sprach zuerst gegen den Kommissions⸗Bericht. Er habe nach erschöpfender Prüfung der ganzen Figge die Ueberzeugung er⸗ langt, daß die vorgeschlagene Herabsetzung der Salz⸗Auflage eine . un⸗ bedtutende Sache sei für die Landwirthschast und die Ernährung des Viehs. Der Redner untersucht die Frage, ob die Herabsetzung des Salzpreises den arbeitenden Klassen zu gut käme, und enischeidet sich in seiner Beantwor⸗ tung derselben für die Negative. Herr Durand von Remorantin spricht zu Gunsten des Antrages. Er glaubt, schon von Seiten Napoleon's sei es kein großer Fehler gewesen, die Auflage, auf das Salz nicht vermin⸗ dert zu haben. Er wolle der neuen Dynastie in dem Bestreben, sich zu opularisiten, zu Hülfe kommen, und in diesem Sinne unterstütze ei den Antrag. Herr Talgbot glaubt nicht. an die Wirk⸗ samkeit der Ersatzmittel im Dingern, wo es sich um Auflagen handelt. Die Kommissien sei der Ansicht, die Herabsetzung der Auflage werde sich ausgleichen durch vermehrten Verbrauch des alzes. Das sei ein Inihum. Man dürfe nur die Berechnungen der Kommission selbst genauer durchsehen, um sogleich zu erkennen, daß sie auf einer falschen Grundlage beruhen. Die Auflage auf, das Salz sei nicht elastischer Na⸗ tur, so daß der Verbrauch des Salzes einen unendlichen Zuwachs erfahren könnte. Selbst wenn man die Auflage gänzlich abschaffte, würde der Ver⸗ brauch des Salzes darum nicht sehr junchmen. Dasselbe würde der . sein in Betreff des Verbrauchs von Salz für die Landwirthschaft. er Redner führt zur Unterstüßung seiner Ansicht die Wechsel der Salz-⸗Auflage zu verschiedenen Epochen in Frankreich sowohl, als in England an und beweist, daß der Verbrauch keinesweges diesen Wechseln entsprechend sich verändert habe. Der Verbrauch habe sich in einem mitileren Maße erhalten, das sich fast nicht verändert habe. Die Kommission schlage das aus der Herabsetzung der Salz-Auflage erwachsende Defizit nur auf 26 Mill. an. Sie sei der Ansicht, die Vermehrung des Verbrauchs von Salz fürden landwirthschaftlichen Gebrauch würde hinreichen, dieses Defizit zu decken. Um dieses Resultat zu erlangen, müßte eine Zunahme des Verbrauchs um 100 Millionen Kilogrammen mit der Auflage von 10 Fr. stattfinden. Der Redner weist aus der Quantität Ochsen. und Schaf⸗Fleisch, die in Frankreich verzehrt wird, nach, daß es unmöglich wäre, diese Junahme von 109 Millionen Kilogrammen im Ver⸗ brauche zu erhalten. Er hält es unmöglich, daß die Landwirthschaft einen beträchtlichen Verbrauch des Salzes mache, wenn die Auflage darauf mehr als 10 Fr. betrage. Eine theilweise Reform der Auflage könne nicht auf eine wirtsame Weise aus der parlamentarischen Initiative hervorgehen. Er werde nicht die Reform der Briefposttaxe, oder die der Salzauflage, oder die Rentenumwandlung getrennt von einander verlangen. Er werde eine allgemeine Umschmelzung unseres ganzen Finanzsystems verlangen. Und zu solchen Unternehmen könne nur die Negierung selbst mit Aussicht auf Er= folg schreiten. (Daß die Kammer sich am Schluß ihrer heutigen Sitzun mit großer Masorität für den Antrag ausgesprochen, ist gestern schon e. telegraphischem Wege gemeldet.)
In der Pairs⸗-Kammer verlangte Herr Daumont, daß die Geseß- Entwürfe, über welche die Berichte bereits vorliegen, auf die Tagesordnung gesetzt würden. . w
Der Marquis von Boissy trägt darauf an, man solle, wie dies in der Teputirten⸗Kammer geschehe, eine besondere Arbeit dieses Betreffs an- sertigen und der Kammer vorlegen, damit die Kammer genau wisse, was sie gethan habe, thue, und was ihr noch zu thun übrig bleibe. Endlich wird zur Tagesordnung geschritten, Fortsetzung der Verhandlung des Ge⸗ setz⸗ Entwurfs in Vetreff des Unterrichts und der Ausübung der Medizin und Pharmgeie, Der Artitel 3 wird ohne Distussion angenommen. Der Artikel 4 betrifft die Aggreges. Die Kom- mission beantragt, die Dienstzeit derselben auf 6 Jahre zu beschränken. Len Minister bes öffentlichen, Unterrichts verlangt aber, diese Zeit auf 10 Jahre zu erhöhen, um diesen Dienst solider und wirlsamer, zu machen. Graf Beugnot belämpft diese Ziffer, weil das Resultat einer so langen Dauer sein würde, den Wetteifer zu ertödten und die jungen Leute abzuschrecken, wenn sie eine so lange Zeit vor sich sähen. Baron Thenard und Herr Cousin theilen diese Ansicht nicht und sprechen sich zu Gunsten des Vorschlags des Ministers aus, Das Amendement der Kom⸗ missson wird darauf von der Kammer verworfen und der Artikel 4 der Re⸗ gierung angenommen.
Großbritanien und Irland.
London, 15. Juni. Der Herzog von Wellington gab gestern der Königin und dem Prinzen Albrecht in seiner Wohnung Apsley⸗ Honse ein glänzendes Fest zur Feier der Taufe seiner Enkelin, der süngst geborenen Tochter Lord Charles Wellesley's, bei welcher Ihre Masestaͤt die Königin nebst ihrem Gemahl Pathenstelle vertreten hatten.
Nach den gestrigen Verhandlungen des Unterhauses über die am Freitag vertagté Angelegenheit der portugiesischen Intervention läßt sich abnehmen, daß für die Regierung die Sache nicht weiter gefähr⸗ lich werden dürfte. Herr Dun com be stellte zu dem Antrag des Herrn Hume ein Amendement, demzufolge die Frage wegen der In⸗ tervention selbst auf sich beruhen bleiben und das Haus nur, die An= sicht aussprechen sollte, daß die britische Regierung verpflichtet sei, nach Herstellung der Ruhe in Portugal durch alle in ihrer Macht be⸗ findlichen Mittel a zu wirken, daß dem portugiesischen Volke der Genuß der ihm verfassungsmäßig zustehenden Rechte gesichert bleibe. Nachdem die arg ihre karlistischen Sympathieen bekannten Mitglie⸗ der, Lord John Manners und Herr Borthwick, das Verfahren angegriffen hatten, begründete Herr Duncom be sein Amendement dadurch, daß er erklärte, die Lesung der dem Parlamente vorge⸗ legten Attenstücke habe ihn überzeugt, daß das Ministerium nicht