1847 / 172 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

selben, will:

„An denjenigen Universitäten, auf denen nicht die Ausübung des

Lehramts statutenmäßig an das Bekenntniß einer bestimmten christ⸗

lichen Konfession geknüpft ist, können Juden als Privat- Dozenten

und außerordentliche Professoren der mathematischen, natur⸗ wissenschaftlichen und medizinischen Lehrfächer zugelassen werden.“

Aber nicht blos als außerordentliche, sondern auch als ordent⸗ liche Professoren, das ist die Ansicht der Minorität. ‚.

Marschall: So ist es. Der Unterschied ist der, daß nach dem Vorschlag, der jetzt zur Abstimmung kommt und von dem Fürsten Radziwill gestellt worden ist, beantragt werden soll, daß die Juden auch ordenkliche Professoren der mathematischen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Lehrfächer werden können. Es hesteht also blos der Unterschied, daß beantragt worden ist, die Juden in diesen Lehrfächern nicht blos zur außerordentlichen Professur, wie das Gesetz will, son— dern auch zur ordentlichen zuzulassen, Hierauf ist die Frage zu stel= len, und sie wird lauten: Tritt die Versammlung dem Vorschlage des Fürsten Radziwill bei? k

Graf Mork: Nachdem aber der Antrag der Majorität gefallen ist, würde ich mir den Vorschlag erlauben, zu beantragen, daß ihre Anstellungsfähigkeit für den philologischen Lehrstuhl zuerkannt würde.

Fürst Wilhelm Radziwill: Ich kann der Aufnahme dieses Punktes in dem von mir gestellten Amendement aus dem Grunde nicht nachgeben, weil die philologischen Disziplinen gerade diejenigen Disziplinen sind, die auch von den katholischen Theologen auf parie⸗ tätischen Universitäten gehört werden müssen. Es werden also die philologischen Disziplinen den Juden wenigstens auf paritätischen Universitäten entzogen bleiben müssen, damit nicht die Rechte der katholischen Kirche auf paritätischen Universitäten darunter leiden.

Marschall: Nun, wir kommen zur Abstimmung. Was Graf Nork beantragt hat, könnte Gegenstand einer späteren Abstimmung sein. Die Frage lautet:

„Tritt die Versammlung dem Vorschlage bei, daß Juden zu ordent— lichen Professoren der mathematischen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Lehrfächer zuzulassen seien?“ Und diejenigen, welche diese Frage bejahen, würden das durch Auf— stehen zu erkennen geben. (Die Mehrzahl der Mitglieder erhebt sich.)

Der Antrag ist angenommen.

Graf Nork: Ich würde mir nun den Antrag erlauben, daß unter den speziell angeführten Lehrfächern noch die alten Sprachen aufgeführt würden. Es ist mir doch nicht recht erklärlich, wie man die römischen und griechischen Schriftsteller gerade von einer christ— lichen Weltanschauung aus ansehen müsse, um sie richtig vortragen zu können. Ich würde also darauf antragen, daß die hohe Kurie noch das Wort „linguistische“ hinzusetze.

Marschall: Es kommt zunächst darauf an, ob dieser Vor— schlaz die gesetzliche Unterstützung von 6 Mitgliedern findet?

(Es erheben sich mehr als 6 Mitglieder.!

Der Vorschlag wird also zur Abstimmung kommen.

von Krosigk: Auf dem Standpunkte, auf dem die gelehrten Schulen heutzutage stehen, beschränkt sich der Unterricht in den alten Sprachen nicht auf Grammatik und Syntar. Wenn der Sprach— lehrer sich darauf beschränken dürfte, dann würde ich den Juden und Muhamedaner eben so besähigt für den Sprachunterricht halten als den Christen; aber an denselben knüpft sich Alles an, was Verstand, Derz, Phantasie, Urtheilskraft und Kritik bildet, und dazu glaube ich, ist für junge Leute, die in der christlichen Religion erzogen werden, ein christlicher Lehrer erforderlich. Ich meinerseits würde Bedenken tragen, meine Söhne Gymnasien oder Universitäten anzuvertrauen, wo diese Fächer in den Händen von Männern nichtchristlichen Glau— bens wären. Ich wünsche meine Söhne in den Sprachen und in der . alter Schriftsteller von christlichen Lehrern unterrichtet zu

ehen.

. Graf Nork: Ich will dagegen mir erlauben, das historische Faktum anzuführen, daß wir die Erhaltung und Kenntniß eines großen Theils der alten Literatur den Arabern und Juden verdanken, und namentlich sind des Aristoteles Schriften, wie den hohen Herren zweifelsohne bekannt ist, durch die Juden uns erhalten worden. Man hat selbst in der Zeit, wo man am meisten darauf bedacht war, die Juden einzuschränken, sie abzuschließen und zu unterdrücken, doch an— erkennen müssen, daß sie für die alten Sprachen, für das Studium der alten Literatur Außerordentliches geleistet haben, und ich glaube, daß, wenn dieses Anerkenntniß ihnen schon im Mittelalter gezollt worden ist, wir wohl jetzt das Recht dahin ausdehnen dürfen, daß sie in diesen Fächern auch gegenwärtig lehren können. Für mich würde dies, abgesehen vom Recht, ein nur schwacher Beweis von Dankbarkeit sein.

Graf von Zieten: Auch ist einer der größten gegenwärtigen Professoren der Geschichte ein Jude, und mehrere durchlauchtige Mit—⸗ glieder der hohen Kurie sogar haben sich Jahre lang an seinen inter— essanten und pikanten Vorträgen gelabt; derselbe ward zwar später Christ, nichtsdestoweniger ist fein ihm inwohnender scharfer Verstand Eigenthum des Juden und nicht des Christenthums.

(Ungemein große Heiterkeit in der Versammlung.)

Marschall: Wenn keine weitere Bemerkung erfolgt, so werden wir zur Abstimmung kommen, und die Frage würde also heißen: Beantragt die Versammlung, daß die Juden als ordentliche Pro— fessoren in dem philologischen Lehrfache zuzulassen seien?“

Und diejenigen, die diesem Vorschlage beitreten, würden das durch Aufstehen zu , geben.

(Nach einer Pause:)

Dem Vorschlage ist von der Majorität beigestimmt.

(1. Fürst Lich nowsty: Beigestimmt? Ich bftte Euer Durchlaucht, zählen zu lassen. Von diesen Plätzen aus kann man nicht unter⸗ scheiden, ob der Vorschlag angenommen ist.

Marschall: Wir werden also zählen. Ich bitte nochmals, daß diejenigen aufstehen, welche die Frage bejahen wollten.

9 i r i,, welcher die Secretaire zählen:)

1 1, mit Nein 2 ĩ Der Vors— i also bensn f. 3 gestimmt. Der Vorschlag ist

Wir kommen nun zu dem letzten Absatze des 58. 35

nn, i 1. .

„5) Rücksichtlich der Anstellung der Jud Sul. ö ten endlich sagt das Edikt von Ml , Schul-⸗Aemter zu, und das Publikandum von . hat (ungeachtet der Bundes⸗-Akte) auch diese Bestim⸗ mung aufgehoben. 3

Die vorentwickelten Gründe, und Rücksichten walten auch hier

die der Gesetz⸗Entwurf enthält, und die ich gleich vorlesen

. vom Amte eines Direktors solcher Anstalten, wegen der mit diesem verbundenen erheblicheren Strafgewalt über christliche Schüler, auszuschließen.

2) Die Anstellung der Juden bei Elementarschulen auf die

jüdischen Schulen zu beschränken.

Der Grund dieser Vorschläge liegt darin, daß die Elementar⸗ schulen fast immer einen konfessionellen, wenigstens christlichen Cha⸗ rakter haben, und daß die Elementarlehrer sehr häufig auch den vorbereitenden Religions Unterricht ertheilen müssen. Eben um in dieser Beziehung auch den Juden das Mögliche zu gewähren, sind denselben wo es ausführbar ist eigene Elementarschulen gestattet worden.

Wenn gegen die Ansicht der Majorität der Abtheilung ange⸗ führt wird, daß auch die Gymnasien einen bestimmten konfessionel⸗ len Charakter theils hätten, theils haben sollten, so ist dies eine noch im Streit befangene Materie, und muß wohl wenigstens so viel zugestanden werden, daß der konfessionelle Charakter der Ele⸗ mentarschulen viel stärkere Berechtigung für sich hat, als der hö⸗ herer wissenschaftlicher Schul-Anstalten, bei welchen immer eine ganze Anzahl von Lehrern angestellt ist, und deren Schüler wohl fast nie in preußischen Staaten nur einer Konfession angehören.

Die Minorität der Abtheilung ist dagegen der Meinung, daß aus dem Prinzip einer christlichen Jugenderziehung sie die Zulas⸗ sung der Juden zu Lehrern an christlichen Gymnasien überhaupt nicht und eben so wenig zu Lehrern in den philosophischen Diszipli⸗ nen an Universitäten für statthaft erachten könne.“

Graf Botho zu Stolberg: Ich will mich gegen die Fassung des Antrages, wie er hier steht, erklären. Als Lehrer für Gymna— sien und andere Schulen scheinen mir die Juden im Allgemeinen nicht ganz geeignet. Ich habe nichts dawider, daß sie sich zu Lehrern in der Mathematik, Physik und was dergleichen ist, namentlich aber auch als Lehrer von neuen Sprachen und im Zeichnen-Unterricht qualifiziren mögen; ob sie aber als Religionslehrer fungiren könnten, wenn sie im Allgemeinen als Lehrer anerkannt sind, dem muß ich widersprechen. Ich glaube auch nicht einmal, daß sie überhaupt als Lehrer angenom— men werden können, weil wir im Wesentlichen auf dem Standpunkte der christlichen Jugenderziehung stehen und dann dem Juden Gelegen— heit gegeben würde, ganz der christlichen Gesinnung entgegen zu wir ken, und dagegen muß ich mich auf das entschiedenste aussprechen.

Fürst Wied: Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß hier in dem Gesetzvorschlage, den die Abtheilung angenommen hat, der Vorschlag gemacht worden ist, eigene jüdische Schulen mit jüdischen Lehrern zu errichten, wenn die Juden es wünschen und sich ein Be⸗ dürfniß dafür ergiebt. Dem trete ich vollkommen bei, nur muß ich auf einen Umstand noch aufmerksam machen, der mir nicht erörtert zu sein scheint. Wird den Juden überlassen, sich die Lehrer selbst zu wählen, wird aber dabei nicht berücksichtigt, ob sie irgend eine Bil⸗ dung genossen, eine Prüfung bestanden haben? Denn wenn man sich, so wie für die Erziehung christlicher Kinder, für Juden interessirte, so müßte doch eine Prüfung der Lehrer vorangehen. Dies liegt im Interesse der allgemeinen Erziehung. Ich möchte daher an das Mi— nisterium des Kultus die Frage stellen, ob darüber Bestimmungen vorliegen, in welcher Art die Prüfung jüdischer Lehrer erfolgen soll, und wann sie für anstellungsfähig erklärt werden. Es ist dies ein Bedenken, welches mir selbst vorgekommen.

Referent Graf Itzenplitz: An sich ist der Paragraph gestern zur Diskussion gekommen und angenommen worden, und ich glaube voraussetzen zu dürfen, daß, so wie es meines Wissens in Posen schon geschieht, wenn der Staat die Anlage einer jüdischen Elemen⸗ tarschule bestätigt, auch die Elementarlehrer in Bezug auf das Schul⸗ fach sich prüfen lassen, wie andere Lehrer. Ich bitte den Herrn Mi⸗ nister, das Bemerkte zu bestätigen.

Minister Eichhorn: Ich kann dies nur bestätigen. In Bezie⸗

ob, und eine bestimmte allgemeine Gesetzgebung, welche gern das Mögliche gewährt, aber das in einem sehr überwiegend von Chri= 3 bewohnten Lande Unthunliche abschneidet, ist auch hier wün— chenswerth. Diesen Ansichten und Grundsätzen folgend, schlägt die Abthei⸗ lung mit 6 gegen 1 Stimme vor: 1) die Juden, abweichend vom Gesetz⸗Entwurf, als Lehrer bei Gymnasien, n n höheren Bürgerschulen und Ge⸗ werbeschulen für anstellungs fähig zu erklären; sie dagegen

hung auf die jüdischen Religionslehrer fordert auch der Staat, daß sie wenigstens die allgemeine Qualification haben, wie sie über— haupt von Elementarlehrern verlangt wird. In Beziehung auf die Fähigkeit, jüdischen Religions- Unterricht zu geben, so ist dieser Punkt in der gestrigen Berathung in Erwägung gezogen worden. Die verehrliche Abtheilung hat den Antrag gemacht, daß die Prüfung jüdischer Elementarlehrer, insofern sie Religions⸗Unterricht geben sollen, der im Gesetz-Entwurf vorgeschlagenen jüdischen Kommission zur Er— ledigung der über innere Kultus-Verhältnisse entstehenden Konflikte aufgetragen werden möchte.

Fürst Wied: Mein Wunsch ging dahin, zu erfahren, da doch jüdische Lehrer in Elementarschulen angestellt werden sollen und sie nicht in den Seminarien, welche der Staat zur Bildung von Lehrern bestimmt hat, gebildet werden können, ob eine Prüfung vorangegan⸗— gen ist, wenn sie für anstellungsfähig erklärt worden.

Minister Eichhorn: Die jüdischen Lehrer, die bei jüdi⸗ schen Schulen angestellt werden, müssen zur Zeit ihre Bildung auf einem anderen Wege als auf den Seminarien gewinnen. Die christ⸗ lichen Schullehrer-Seminarien in unserem Vaterlande sind bekanntlich kein altes Institut, sie existiren meist erst seit 20 bis 30 Jahren; es giebt daher auch noch viele Lehrer an christlichen Elementar-Schu— len, die nicht in Seminarien gebildet sind. Es ist von den Juden neuerlich das Vedürfniß einer besonderen Seminar-⸗Einrichtung auch für sie in Anregung gebracht worden. Eine solche Einrichtung wird keine Schwierigkeit haben, wenn die Anlegung öffentlicher jüdi⸗ scher Schulen größere Ausdehnung gewinnen sollte, als jetzt; man wird dann wohl darauf Bedacht nehmen, die Anlegung eines Semi nars zur Bildung jüdischer Lehrer von Staats wegen zu autorisiren. Von der anderen Seite hegt man aber den Wunsch, daß die Juden nicht zur Anlegung besonderer jüdischer Schulen gedrängt, daß sie vielmehr auch ferner die christlichen Schulen besuchen möchten. So lange dies vorzugsweise von ihnen geschieht, erscheint ein Bedürfniß der Bildung jüdischer Lehrer durch Seminare wenigstens nicht drin⸗ end.

; Fürst Boguslaw Radziwill: Wenn ich mich schon bei den Universitäten gegen die Zulassung von Juden zu Lehrstühlen erklärt habe, so muß ich dies bei den Schulen auf das entschiedenste thun. Bei der Universüsät ist die Gefahr nicht so groß, denn es kommen junge Männer hin, deren Charakter bereits eine gewisse Festigkeit er⸗ langt hat, und die schon mehr oder minder entschiedene Meinungen in verschiedenen Richtungen haben. Das ist bei den Schulen nicht der Fall. Auf die Gymnasien und Progymnasien kommen junge Leute, deren Charakter erst der Bildung bedarf und so weich ist, daß die geringsten Eindrücke darauf für das ganze Leben eine entschiedene Richtung geben können. Bei der Besetzung der Lehrerstellen kommt es nicht immer auf die einzelnen Fächer an, sondern auf die Haupt Richtung, nicht allein den Geist der jungen Leute, sondern auch ihren Charakter zu bilden, und da üben verschiedene Fächer auf die Bil— dung des Charakters den entschiedensten Einfluß aus. Dieser Einfluß auf Charakter und Bildung geht bei allen Gymnasien und Progym⸗— nasien von christlicher Grundlage aus und diese Grundlage muß be⸗ stehen bleiben, es ist ein christlicher Boden, eine christliche Grundlage, auf der alle Disziplinen emporwachsen. Wie kann man nun von ei⸗ nem. Juden, verlangen, daß er sich auf christlichen Boden stelle. Das jüdische Prinzip leugnet gerade das, was den Kern des ganzen Chri⸗ stenthums ausmacht, und man kann daher von einem solchen Manne, der dem christlichen Prinzipe auf das feindseligste entgegensteht, nicht

verlangen, daß er sich auf christlichen Boden stelle. Das bitte ich mir zuvörderst zu beweisen, wie man verlangen könne, daß ein Jude von christlichem Boden aus auf christliche Kinder einwirken soll.

Dom⸗Kapitular von Brandt: Ich stimme ganz für den Vor— schlag der Abtheilung, um so mehr, als ich gerade aus Erfahrung weiß, daß es wohl möglich ist, daß ein wd ß ! Lehrer auch bei christlichen Kindern ein guter und moralischer Lehrer sein kann. Aus meinem eigenen Wahrnehmen weiß ich dies und fühle mich daher veranlaßt, es hier zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.

Graf zu Dohna-Lauck: Ich muß hier dem Antrage der Minorität beitreten. Auch ich glaube, das Prinzip der christlichen Jugenderziehung gestatte nicht, daß bei Gymmnasien jüdische Lehrer angestellt werden können. Es könnte als zulässig erscheinen, daß in den höheren Klassen der Gymnasien für den mathematischen und phy— sikalischen Unterricht jüdische Lehrer eintreten dürften; nur im Allge—⸗ meinen glaube ich doch nicht, daß man mit Rücssicht auf die christ⸗ liche Kindererziehung dieses Prinzip anerkennen könne, da besonders in den unteren Klassen der Gymnasien die Kinder oft von sehr zartem Alter sind. Diese würde man durch die Zulassung jüdischer Lehrer möglicherweise in religiöser Beziehung einer ganz entgegengesetzten Leitung, als sie im älterlichen Hause empfangen, aussetzen. Also hier schließe ich mich dem Antrage der Minorität der Abtheilung an, und stimme dafür, daß Lehrerstellen an den Gymnasien den Juden nicht ertheilt werden mögen. . .

Domprobst von Krosigk: Ich möchte mir eine ehrerbictige Frage an den Herrn Regierungs-Kommissar erlauben, die für Liese Entscheidung von Einfluß ist. Auf den Gymnasien haben rücksicht⸗ lich der Wahl und Beschäftigung der Lehrer die Systeme, gewech⸗ selt; man hat das sogenannte Klassen⸗System und dann wieder das Fach-Systein verfolgt. Mit dem Klassen⸗System würde die Anstel⸗ lung von Juden als Lehrer, sei es für welche Klasse es wolle, schon an fich nicht vereinbar sein, weil nach diesem System ein Lehrer (der Klassen-Ordinarius) in seiner Klasse den Unterricht wenigstens in den Hauptfächern ertheilt. ö. . . .

Staats-Minister r. Eichhorn: Es ist allerdings richtig, daß gegenwärtig auf unseren Gymnasien das Klassen⸗System besteht. Jeder Klaffe ist ein fogenannter Ordinarius vorgesetzt, und die Leh⸗ rer, die nicht Ordinarien sind, avanciren in der Regel zu diesen Stel⸗ len. Alle Lehrer, auch diejenigen, die nicht Ordinarien sind, bilden an jedem Gymnasium eine Art Kollegium, die Lehrer⸗ Konferenz, wo gemeinsame Angelegenheiten des Gymnasiums, besonders was sich auf Disziplin bezieht, berathen und Beschlüsse darüber gefaßt wer⸗ den. Das ist allerdings ein Haupt⸗-Gesichtspunkt gewesen, weshalb auch das Unterrichts Ministerium bisher es für unzulässig gefunden hat, andere als christliche Lehrer bei einem Gymnasium anzustellen oder deren Anstellung zu genehmigen.

Fürst zu Lynar: Ich werde mir nur wenige Worte erlauben in Erwieberung auf eine Bemerkung des sehr geehrten Mitgliedes aus Posen. ;

Ich kann mich nicht überzeugen, daß das Judenthum zu dem Christenthume in einem so diametralen Widerspruche stehe, als vor— ausgesetzt wird. Die jüdische Religion hat auch nach unserem Glau⸗ ben ebenfalls den Ursprung göttlicher Einsetzung; sie ist die Un⸗ terlage, worauf der herrliche Bau des Christenthums gegründet wurde unser Heiland sagt selbst, er sei nicht gekommen, um das Gesetz auf⸗ zulösen, sondern um es zu erfüllen. ; . .

Das Judenthum enthält Verheißungen, und jede Verheißung. ist der Keim, ist der Anfang einer Erfüllung, die Erfüllung der alttesta⸗ mentarischen Verheißungen ist aber die Erlösung in der Liebe und durch die Liebe, deren Anfänge mit ihren sittlichen Aeußerungen bereits in den' Geboten lagen. Der Christianismus ist daher von dem Judaismus nicht qualitativ, sondern nur quantitativ verschieden.

Ich mache ferner darauf aufmerksam, daß das alte Testament mit seinen ehrwürdigen Büchern und Gesängen auch bei uns als hei⸗ lige Schrift gilt, in der wir uns erbauen, und aus welcher (in der Lähre von den Geboten) unsere Jugend noch, heute die erste Beleh— rung schöpft. Es kommt mir nicht in den Sinn, daß jüdische Lehrer auch Disziplinen vortragen sollen, welche mit dem christlichen Unter richte im Zusammenhange stehen, wenn auch auf das entfernteste; allein ich glaube, wir würden zu weit gehen, wenn wir im Allgemei⸗ nen den Grundsatz aussprächen, daß ein Jude nicht Lehrer sein könne, da es viele Wissenschaften giebt, in welchen er nützlich wirken kann, ohne dem christlichen Lehrbegriffe irgendwie zu nahe zu treten.

Referent Graf von Itzenplitz: Die Ansichten, die jetzt gel— tend gemacht worden sind, sind auch bei der Abtheilung zur Erwä⸗ gung gekommen und haben eben dahin geführt, die Juden von dem Amte eines Direktors einer solchen höheren Schule auszuschließen. Die Abtheilung ist aber von der Ansicht ausgegangen, daß das er⸗ ziehende Element bei jedem jüdischen Lehrer doch wohl nicht so emi— nent hervortritt, und hat geglaubt, daß manche Disziplinen, wie

. B. die Mathematik und dergleichen, wohl eben so gut von Juden wie von Christen gelehrt werden könnten. Ich möchte die geehrten Herren an ihre Jugendzeit erinnern, ob wohl die Lehrer der Gym— nasien, welche sie besucht haben, alle auf Sie eine wirkliche Erzie⸗ hung ausgeübt haben; ich glaube, daß das wohl nur von den Di— rektorien zu sagen ist. Daß ein jeder Lehrer, der irgend eine Doktrin vorträgt, deshalb auch Erzieher aller Gymnasiasten würde, scheint mir doch fast zu viel behauptet. Außerdem aber ist die Abtheilung auch von der Ansicht geleitet worden, daß rücksichtlich der Lehr- und Schul -Aemter den Juden durch das Edikt von 1812 Zusagen ge— macht sind, die durch die Bundesakte bestätigt sind, deren Ausfüh- rung aber auf Schwierigkeiten gestoßen ist und anderweite Anordnun— gen nothwendig gemacht hat. Auch die Zeiten haben sich seitdem wieder geändert, namentlich sind die Vorurtheile, die früher noch un— ter den Christen weit verbreitet waren, theilweise verschwunden. Die Abtheilung hat daher geglaubt, in ihren Anträgen so weit gehen zu müssen, als es irgend der Zustand der jetzigen Welt gestatten möchte. Deshalb ist sie auf den Antrag gekommen, die Juden als Lehrer anstellungsfähig zu erllären, als Direktoren aber auszuschließen. Fürst Boguslaw Radziwill: Ich verzichte auf das Wort. Ich müßte mich sonst in theologische Erörterungen einlassen, und das würde uns zu weit führen.

Graf von Kiel mannsegge: Ich wollte nur wenige Worte bem durchlauchtigsten Redner zu erwiedern mir erlauben, der, wenn ich ihn recht verftanden habe, gesagt hat, er könne den Unterschied des Christenthums von dem Judenthume nicht für so bedeutend er⸗ kennen. Ich glaube, daß diese Acußerung nur auf einem Mißver— ständnisse beruhen kann. Der große Unterschied besteht wohl eben darin, daß wir die Erscheinung Ehristi auf Erden anerkennen und als Basis und Grundlage unseres Handelns betrachten, während das Judenthum die Erscheinung Christi als eines von Gott Gesandten verleugnen. Also dünkt mich, daß der Unterschied, ohue deshalb dem einen oder dem anderen Theile zu nahe zu treten, ein so bedeutender, so tief in unser ganzes Wesen eingreifender ist, daß ich es wohl in einer christlichen Stände ⸗-Versammlung nicht unerwähnt lassen darf, daß jene Aeußerung wohl nur auf einem zufälligen Mißverständnisse beruht; denn ich glaube, wir müssen es als ein e Prinzip erhal⸗ ten, daß wir den Unterschied des Christenthums und Judenthums als etwas Unumstößliches und Festbestehendes gelten lassen, und worüber

wir keinen Augenblick im Zweifel sind.

Marschall Ich glaube, daß diese gelegentlich herbeigeführte Diskussion über n Meinungen als jetzt geschlossen angesehen werden kann. Fürst zu Lynar hat das Wort.

Fürst W. Radziwill: Auch ich möchte mir erlauben, noch um das Wort zu bitten; ich habe als Vertreter der Minorität meine Ansicht noch nicht entwickelt.

Marschall: Ich habe nicht gemeint, daß die Berathung ge⸗ schlossen sei, sondern blos, daß die Diskussion, welche so eben herbeige⸗ führt wurde, sich von der dem Gegenstand Berathung entfernt habe.

Fürst zu Loynar: Um das vielleicht veranlaßte Mißverständniß aufzuklären, müßte ich allerdings auf diesen ehrwürdigen Gegenstand tief eingehen und meine Ansichten über das innerste Fundament des Christenthums und über die Verschiedenheit der Auffassungen seiner Erscheinung entwickeln. Ich würde aber hierdurch wahischeinlich eine dogmatische Debatte hervorrufen, was Zeit und Ort nicht wün— schenswerth machen; ich verzichte daher auf das Wort.

Marschall: Es fragt sich, welche Bemerkungen über den Ge— genstand noch zu machen sind.

Graf Jork: Ich würde mir die Frage erlauben, welche Dis— ziplinen es noch geben könnte, die von jüdischen Lehrern an Gymna— sien vorgetragen werden können, außer denen, auf die man sie schon bei den Universitäten verwiesen hat, und die auf den niederen Schu— len um so viel unbedeutender sind. Was die Sprachen betrifft, so kann hier das Ziel nur ein grammatikalisches sein. Man wird bei einem Quartaner nicht eben ausdrücklich auf den Geist eines Schrift stellers eingehen, sondern ihm nur die Regeln der Sprache, etwa die anomalen Verben u. dgl., einprägen, und was die Mathematik betrifft, so wird es sich auch von selbst verstehen, daß diese vorgetragen wer— den kann, ohne irgendwelche Beziehtng auf das Christenthum zu nehmen. Wenn gesagt wird, daß das erziehende Element von Wich— tigkeit wäre, so ist eben bei einem Knaben hauptsächlich von Wich— tigkeit, daß man ihn auf das sittliche Prinzip zurückweise, denn die religiöse Erziehung, sofern sie nicht in der Familie und in der Ge— fühlsrichtung begründet wird, fängt erst an recht bedeutend zu wer— den, wenn der Knabe schon herangewachsen, ein junger Mann und urtheilsfähig geworden ist. .

Fürst Wilhelm von Radziwill: Ich erlaube mir in der Kürze noch einmal die Ansicht zu entwickeln, auf die hin ich, allein in der Minorität befindlich, gegen die Zulassung der Juden zu Lehr— ämtern an Gymnasien mich ausgesprochen habe. Ich stütze mich auf dieselben Gründe, die ich in Bezug auf die Universitäten näher ent— wickelt habe und, auf die weiter einzugehen ich mich enthalte. In Bezug auf das, was Herr Referent angeführt hat, daß er sich beson⸗ ders und die Majorität der Abtheilung dadurch habe leiten lassen, die Juden als Lehrer bei Gymnasien zuzulassen, weil ihnen dies durch das Gesetz von 1812 zugestanden worden sei, so habe ich darauf zu erwiedern, daß seit dem Gesetze des Jahres 18123 wesentliche Aenderungen in das preußische Staatsleben eingeführt worden sind, ich brauche nur auf die Erwerbung in Folge des wiener Kongresses, auf die mit den neuen Landestheilen übernommenen Verpflichtungen hinzuweisen. Ich

stimme also entschieden gegen die Zulassung der Juden zu Lehrämtern auf Gymnasien und hebe besonders hervor, daß ich davon geleitet worden bin, daß auf Gymnasien nicht das Wissenschaftliche die allei⸗ nige Richtung der Disziplinen ist, die gelehrt werden, sondern daß eben auch das erziehende Prinzip mit die Hauptsache ist. Denn be— trachten wir, einen wie großen Theil des Tages, in welcher vielleicht übermäßigen Proportion unsere Jugend ihre Zeit auf dem Gymna— sium zubringt, so kann ich nicht zugeben, daß das älterliche Haus al⸗ lein hinreichend wäre, religiöse Grundsätze auszubilden, wenn nicht eben auch in sämmtlichen Lehrfächern die ganze Einwirkung des Leh— rerpersonals auf den Gymnasien darauf gerichtet ist, daß das christ⸗ liche Prinzip im weichen Gemüth des Knaben aufrecht erhalten und gepflegt werde. Ich muß es also durchaus in Abrede stellen, daß es gleichgültig wäre, wenn in einigen Disziplinen Juden als Lehrer zu— gelassen würden, namentlich in Bezug auf die philologischen Disci⸗ plinen, die als Humaniora einen so großen Theil des Unterrichts auf Gymnasien, ja sogar den hauptsächlichsten, ausmachen.

Sie nehmen auf den Gymnasien die allerwichtigste Bedeutung in Anspruch. Es handelt sich nämlich um die Entwickelung des Gei— stes, der Einbildungskraft, sie sind eine lebende Logik. Den Einfluß, den diese Einwirkung auf das Gemüth, den Verstand der Jugend ausüben muß, könnte ich nicht mit Vertrauen in den Händen von jü— dischen Lehrern sehen. ⸗.

Das ist der allgemeine Gesichtspunkt; ich komme auf den beson⸗ deren zurück. Ich glaube, daß das Christenthum das Fundament für die Gymnasial-Bildung ist. In dieser Beziehung sind die Gymna sien größtentheils konfessionelle (Gymnasien. Ich muß der Ansicht des Referats von meiner Stellung aus entgegentreten. Ich glaube nicht, daß die Gymuasien keinen bestimmten konfessionellen Charakter haben sol⸗ len. In dieser Beziehunz werde ich mir die Erlaubniß nehmen, an den Herrn Kultus-Minister die Frage zu stellen, ob ich in dem, was ich über die konfessionelle Behandlung der Gymnasien gesagt habe, mich in Widerspruch mit seinen Ansichten, mit denen des Staats be⸗ sinde.

Kultus-Minister: Auf diese Frage habe ich Folgendes zu äußern. Ich thue es, nicht um von der jetzigen Zeit blos zu reden, welche Behandlung der Gymnasien etwa in dieser erst eingetreten ist. Denn was die Behandlung der Gymnasien in dieser Hinsicht betrifft, so ist sie nie eine andere gewesen, als jetzt. Was ich mittheile, faßt die ganze Zeit zusammen, als ein preußisches Unterrichtswesen besteht.

Die Gymnasien, die wir haben, sind meistens Stiftungen aus einer älteren Zeit her. Wenige sind erst in neuerer Zeit gegründet worden. Diejenigen Gymnasien, die auf alten Stiftungen beruhen, haben wesentlich den Charakter behalten, den sie stiftungsmäßig haben sollen. Im Allgemeinen war dieser Charakter ein durchaus christli cher. Manche Gymnasien, die auf speziellen urkundlichen Stiftungen beruhen, haben diesen Charakter buchstäblich vorgeschrieben erhalten. Andere Gymnasien, deren christlicher Charakter nicht ausdrücklich durch die Stiftungsurkunde vorgeschrieben war, traten doch unter Voraus— setzung derselben, wie die Zeit und der Ort der Gründung sie natür lich machten, ins Leben. Bei Gymnasien, die gegründet worden sind in einem rein katholischen Lande, ist die Voraussetzung gewesen, und faktisch ist es auch so gehalten worden, daß katholische Lehrer dabei angestellt wurden. Wo ein Gymnasium gegründet worden ist in einer evangelischen Bevölkerung, da hat man auch, entweder in Erfüllung stiftungsmäßiger Vorschrift, oder den Voraussetzungen zur Zeit der Gründung sich anschlie end, darauf Bedacht genommen, dem Gynina— sium den Charakter der evangelischen Konfession zu geben. Dieses Verhältniß hat sich faktisch wesentlich fortgesetzt. In der Regel ha— ben sich bei katholischen Ghmnasien keine vangelischen, und umgekehrt bei evangelischen Gymnasien keine katholischen Lehrer gemeldet. Die die Aufsicht führende Unterrichts Behörde hatte stets auf die Stim— mung der Aeltern, deren Kinder die Gymnasien besuchen, Rücksicht genemmen. Wenn früher katholische Gymnasien ausschließend von Katholiken und evangelische in gleicher Weise von evangelischen Kon— fessions⸗ Verwandten besucht wurden, so hat sich dies in neuerer Zeit vielfach geändert. Wo ausschließlich in einem Ort die Bevölkerung katholisch oder evangelisch ist, da hat die Frage wenig Bedeutung: Soll in dem Zustande der Gymnasien eine Aenderung eintreten? Ohne ein Bedürfniß hat man natürlich unterlassen, ex officio eine

1227 Aenderung einzuleiten. An anderen Orten haben sich katholische und evangelische Gymnasien neben einander gebildet, und zwar in der Art, daß wohl der Direktor, aber nicht gerade die übrigen Lehrer, aus⸗ schließend der einen Konfession angehören. Ueberall bestand völlige Freihelt, welches Gymnasium man besuchen wollte.

Wenn ich also Alles zusammeufasse, so steht die Sache so: Wo stiftungsgemäß ein Gymnasium einen bestimmten Charakter haben soll, ist dieser Charakter festgehalten worden, weil man sich keine willkür⸗ liche Abänderung des Willens des Stifters erlauben zu dürfen glaubte. In neuerer Zeik hat man überall, wo ein freundliches Verhältniß in einer gemischten Bevölkerung sich kundgab, dieses Verhältniß eben so beachtet, um ohne gezwungene Festhaltung eines Unterschiedes der Kon essionen, katholische Lehrer bei evangelischen, als evangelische Leh⸗ rer bei katholischen Gymnasien anzustellen, als man vermieden hat, durch ein voreiliges einseitiges Eingreifen das freundliche Verhältniß zu stören. Der christliche Charakter der Gymnasten überhaupt ist aber fortwährend bis auf die neueste Zeit festgehalten. Hat man unter den christlichen Gymnasien die konfessionelle Richtung durch po⸗ sitive Eingriffe nicht gestört, so hat man von der anderen Seite, wo eine Geneigtheit sich zeigte, von der konfessionellen Sonderuug abzu— gehen, diese Richtung stets begünstigt, statt zu hemmen.

Flrst Wilhelm Radziwill: Ich kann dem Herrn Minister des Kultus für seine Erklärung nur meinen besten Dank aussprechen. Ich will mich nicht einlassen auf die Gründe, die im einzelnen Lokal Interesse die Errichtung von paritätischen Gymnasien befürwortet haben. Der Herr Minister hat kundgegeben, daß es die entschiedene Absicht des Staates ist, den bisherigen Charakter der Gymnasien, überall, wo wohlerworbene Rechte der anerkannten Kirchen bestehen, auf das streugste festzuhalten. Nach der Richtung, die von dem Herrn Minister anerkannt worden ist, ist die Zulassung der Juden auf katholischen Gymnasien gar nicht möglich. Ih muß hier auf etwas zurückkommen, was ich mir bei meinem Votum über die Uni— versitäten zu berühren erlaubt habe. Es bezieht sich auf die bischöf⸗ liche Behörde, die in Beziehung auf die katholischen Gymnasien ihre Rechte geltend machen würde, wenn, man Juden daselbst anstellen sollte. Die Bischöfe würden denjenigen Theil der Jugend, welcher sich dem Priesterstande auf diesen Gymnasien vorbildet, veranlassen, sich jedensalls zurückzuziehen, und sich auf einen Standpunkt stellen, auf den sie sich zu stellen bisher nicht im Falle gewesen sind. Ihr Augenmerk wird sich dann auf Organisirung von besonderen Anstal⸗ ten zu vorgenanntem Zwecke richten müssen, sie würden volles Recht haben, die Errichtung sogenannter petils seminaires zu fordern, eine Forderung, die sie bei ber Achtung, die bis jetzt der Staat für die Rechte der katholischen Gymnasien bethätigt, zu stellen nicht nöthig gehabt, da sie denselben Zweck durch die mit diesen Gymnasien in Verbindung gebrachten Alumnate und Konvikte haben erreichen können.

Ich überlasse meinen geehrten Kollegen, die der evangelischen Kirche angehören, diejenigen Grundsätze zu vertreten, die sie in Be⸗

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ziehung auf die Gymnasial-Erziehung der Jugend und in Beziehung auf die Zulassung der Juden zum Lehramte in derselben anzuführen für gut sinden werden. Ich habe die Ueberzeugung, daß sehr viele unter ihnen auch rücksichtlich der evangelischen Gymnasien sich mit den von mir entwickelten Grundsätzen einverstanden erklären und ihnen dieselben Rechte vindiziren werden.

Domherr von Rabenau: Wir haben in unserem Vaterlande Gymnasien, wo die Lehrer nicht blos Lehrer, sondern auch Erzieher, z. B. die Landesschule Pforte, in der ich meine Schulzeit verlebt habe. Aus dieser Zeit ist mir erinnerlich, daß fast jeder Schüler sich aus der Zahl der Lehrer ein Musterbild herauswählte, dem er in jeder Beziehung ähnlich zu werden strebte. Wenn nun diese Muster⸗ bilder Juden sein sollten, so glaube ich nicht, daß dies einen wohl⸗ thätigen Einfluß auf die Schüler haben wird. .

Herzog von Ratibor: Im Wesentlichen stimme ich der An— sicht des geehrten Mitgliedes mir gegenüber dahin bei, daß die Fas⸗ sung des Vorschlages der Abtheilung wohl, etwas zu allgemein ge⸗ nommen ist, wenn darin gesagt ist, daß überhaupt die Juden als Lehrer bei Gymnasten, Progymnasien, höheren Bürgerschulen und Gewerbeschulen zugelassen werden sollen. Daher würde ich vorschla⸗ gen, die Fassung des Vorschlags der Abtheilung dahin zu ändern, daß nur die Fächer auf Gymnasien von Juden gelehrt werden könn— ten, in Beziehung auf die wir vorhin beschlossen haben, daß bei Uni⸗ versitäten Juden zugelassen werden sollen. Ich kann mich nicht über⸗ zeugen, daß ein Lehrer die Mathematik z. B. aus einem anderen als eben aus dem rein wissenschaftlichen Standpunkte auffassen und seinen Schülern vortragen kann. Ich wünsche, die jüdischen Lehrer auch nicht zu den Schulen zuzulassen, welche besonders als Erziehungs— Anstalten gegründet sind, und von denen mein geehrter Kollege zur Linken eben gesprochen hat, sondern ich rede blos von Gymnasien, wie sie in Städten bestehen. Dort können diese Lehrer nur vom rein wissenschaftlichen Standpunkte aus auf die Schüler einwirken und keinen anderen Einfluß auf sie ausüben; darum wäre ich dafür, daß man die Fassung etwas restringirte und bestimmt ausspräche, welche Fächer die Juden auf Gymnasien zc. lehren können, und wenn dies geschieht, so kann ich nicht einsehen, wie irgend ein Nachtheil daraus entstehen soll.

Fürst Lichnowsky: Ich kann mich nur mit allem dem, was mein verehrter fürstlicher Kollege aus Posen gesprochen hat, vollkom— men einverstanden erklären und bitte die hohe Kurie, das, was von der Abtheilung hier ad a. vorgeschlagen ist, vollständig zu verwerfen. Ich finde auch das Vorgeschlagene nicht logisch. Am Schlusse steht: „sie dagegen vom Amte eines Direktors solcher Anstalten, wegen der mit diesem verbundenen erheblicheren Strafgewalt über christliche Schüler, auszuschließen.“ Warum denn nur wegen dieser? Es ist vorhin mit sehr viel Geschick von dem Herrn Kultus -Minister entwickelt worden, daß nicht nur die Strafgewalt über die Schüler der erhebliche Punkt ist, sondern die ganze Stellung der Lehrer zu ihren Direktoren. Die Direktoren aber nehmen in den Gymnasien dieselbe Stellung ein, wie die Dekane bei den Universitäten. Es handelt sich also nicht sowohl um die damit verbundene erhebliche Strafgewalt über die christlichen Schüler, sondern von der ganzen Stellung der übrigen christlichen Professoren, die einem jüdischen Di⸗ rektor gegenüber unhaltbar wäre. Aber nicht nur, was die Direk⸗ toren anbetrifft, sondern auch die Zulassung der jüdischen Professoren auf unseren Gymnasien halte ich für unmbglich. Ich sehe nicht ein, wie man nur daran denken kann, jüdische Lehrer bei christlichen Gym⸗ nasien anzustellen; ihrer Zulassung zu einzelnen Lehrstühlen unserer Hochschulen habe ich mich nicht widersetzt. Ein Gymnasium aber besindet sich viel mehr in dem Verhältnisse einer Erziehungsanstalt, was bei den Universitäten nicht der Fall ist. Was namentlich die Stellung der katholischen Gymnasien betrifft, so ist es ganz unzuläs⸗ sig, daß je ein katholischer Schüler, der sich dem theologischen Fach später widmen will auf einem Gymnasium, wo ein jüdischer Lehrer Vorträge hält, dazu vorbereitet werde. Auch glaube ich, ist dies nicht blos in katholischen, sondern auch in evangelischen Gymnasien unzulässig, da jüdische Lehrer wohl schwerlich geeignet sein dürften, Kandidaten evangelischer Theologie heranzubilden. Ich bitte daher, diese Bestimmung zu streichen.

Referent: Ich erkenne das, was der Herr Herzog von Ra⸗ tibor gesprochen hat, meinerseits als eine i . des Antrags der Abtheilung an und glaube, daß es nur im Sinne der Mehrheit

ber Abtheilsng Legen aun, rie Anstellungs-ähägkeit ker Juden bei den Gomnastem auf, Tie sen igen Die zrlinen zu beschränken, weiche be= reits bei den Universitäten von der hohen Kurie angenommen wurden. Ich habe dies blos darum nicht früher hervorgehoben, weil ich eben mit dem gesperrt gedruckten Worte: „an stellungs fähig“ dasselbe angebeutet zu haben glaubte. Es wird ja überhaupt burch den Antrag der Abtheilung nicht das Recht zur Anstellung gegeben

sonbern mir die Fähigkeit, und es wird also derjenige, welcher pi? Lehrer anstellt, auch eventualiterbei solchen Gymnasien, wie 3. B. von Schulforte, wo nach der besonderen Berfassung der Gymnasien über- haupt eine solche Anstellung nicht redlich erscheint, sie nicht vornehmen. Wie gesagt, ich erkenne das, was der Herzog von Ratibor sagte, als eine Verbesserung an und würde also den Vorschlag der Ablhellung meinerseits dahin ändern, die Juden abweichend vom Gesetz⸗· Entwurfe als Lehrer bei Gymnasien, Progymnasien, höheren Bürgerschulen und Gewerbeschulen iCn den Disziplinen nun kommt dasselbe, was der Herr Fürst von Radziwill für die Universitäten vorgeschlagen hat für anstellungsfähig zu erklären. (

Herzog von Ratibor: Ich erlaube mir zu bemerken, daß natürlich nur die Rede sein kann von den Disziplinen, welche auf Gymnasien gelehrt werden. 3 .

Referent: Das Wort „medizinische“ würde wegfallen, und es würde also nur heißen: in den mathematischen, naturwissenschaft⸗ lichen und philosophischen Disziplinen. .

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen: Ich will mir nur an den Herrn Minister des Kultus die Frage erlauben: Sind bei den jüdischen Schulen, welche in Berlin errichtet wurden, christ⸗ liche Lehrer angestellt? .

Minister Eichhorn: Nein, blos jüdische. . .

Fürst W. Radziwill: Ich wollte mir noch eine persönliche Bemerkung erlauben. Der Herr Referent hat mein Votum in Be⸗ ziehung aüf die Universitäten auch auf die Gymnasien aus zudehnen gesucht. Das ist etwas, was meiner Absicht ganz diametral entgegen⸗ steht. Ich habe mich auf das entschiedenste dagegen erklärt, Juden als Goymnastallehrer zuzulassen, und möchte mir die Frage erlauben, was, wenn man ihnen die lingiustischen, mathematischen und na⸗ turwissenschaftlichen Disziplinen eröffnen wollte, noch übrig bleiben würde? ö

Referent: Zunächst werde ich mir erlauben zu bemerken, daß ich das Gutachten in Gegenwart Ew. Durchlaucht vorgelesen habe und Ew. Durchlaucht es, so viel ich weiß, genehmigt und unterschrie⸗ ben haben. .

Fürst W. Radziwill: Ich habe es so verstanden, daß der Herr Referent das, was in Beziehung auf Universitäten votirt habe, auch auf die Gymnasien hat ausdehnen wollen.

Marschall: Nein, der Fall liegt anders. Der Herr Refe⸗ rent hat sich dem Vorschlage des Herzogs von Ratibor angeschlossen, dieser Vorschlag ist ein neuer und daher vor allen, Dingen erforder⸗ lich, zu entnehmen, ob er die gesetzliche Unterstützung von 6 Mit⸗ gliedern sindet.

Er hat sie gefunden.

Graf Botho zu Stolberg: Ich werde mich nach meiner früheren Erklärung dem Vorschlage des Herzogs von Natibor an⸗= schließen, aber ich muß dabei doch noch einige Beschränkungen mir erlauben, namentlich, daß ein solcher Lehrer nicht als Ordinarius an⸗ gestellt werden kann, eben so auch, daß der Ausdruck für philologische Disziplinen zu beschränken sein möchte auf neuere Sprachen,; denn die Hauptdisziplinen des Unterrichts bestehen ja zum großen Theile in den alten Sprachen, also können die alten Sprachen nur mit dem Ordinarius zusammentreffen.

Herzog von Ratibor: Ich stimme dem, was eben der geehrte Redner vor mir gesagt hat, volllommen bei, daß ein jüdischer Lehrer als Ordinarius nicht angestellt werden könne, und da gewöhnlich der Or⸗ dinarius die alten Sprachen in seiner Klasse lehrt, so würde ein jü— discher Lehrer nur für die neueren Sprachen zuzulassen sein; wenn⸗ gleich ich nicht einzusehen vermag, wie z. B. Oried's Metamorphosen aus christlichem Standpunkte vorgetragen werden soll.

Graf E. zu Stolberg-Wernigerode: Ich kann mich der Meinung gar nicht anschließen, die vorhin ausgesprochen worden ist. Ih habe zu denjenigen gehört, die dafür gestimmt haben, daß unter gewissen Bedingungen jüdische Professoren angestellt werden können. Wenn es sich aber darum handelt, Juden auch bei den Gymnasien anzustellen, so bin ich ganz dagegen. Man hat zwar gesagt, daß sie in den neueren Sprachen recht gut Unterricht geben könnten; es würde mir aber nicht angenehm sein, wenn Jemand von meinen Bekannten bei einem Juden Ünterricht in diesen Sprachen nähme und dann mit dem jüdischen Dialekte nach Frankreich oder England käme, wo er selbst für einen Juden gehalten würde.

(Gelächter. )

Fürst Boguslaus von Radziwill: Es wurde gesagt, daß der Ovid nicht aus dem christlichen Standpunkte vorgetragen werden fönnte. Das ist gewiß; aber aus dem antichristlichen Stand punkte könnte Vieles darüber gesagt werden. Dann muß ich jedoch darauf etwas erwiedern, wenn man sagt, daß bei vielen Disziplinen von dem christlichen Standpunkte gar nicht die Rede sei, indem der Lehrer mit der Erziehung nichts zu thun hätte. Ich habe aber bei einem Gym⸗ nasium, das ich nicht nennen will, die traurige Erfahrung gesehen, daß Lehrer, welche die ganz vom christlichen Standpunkte getrennten neueren Szrachen lehrten, jedoch eine entschieden antilirchliche. Nich⸗ tung hatten, einen so üblen Einfluß durch ihr bloßes Beispiel auf ihre' Schüler äußerten, daß diese Richtung und Gesinnung sich einem großen Theile der Schüler des Gymnasiums mittheilte, obgleich die Lehrer in christlichen Disziplinen kein Wort zu sprechen hatten.

Graf von Kielmannsegge: Ich würde mich der Ansicht des früheren geehrten Redners anschließen und glaube, daß man ei⸗ nen Unterschied zwischen der Anstellung jüdischer Lehrer in bestimmten Fächern auf der Universität und zwischen der Anstellung derselben auf den' Schulen machen muß. Die Entwickelung und Ausbildung des Knaben, in Bezug auf sein jugendliches Gemüth, auf der Schule ist sehr verschieden von dem Standpunkte, den. bereits auf der Uni— versität der junge Mann eingenommen hat. Von diesem muß man erwarten, daß er die Grundsätze in sich so festgestellt und entwickelt hat, daß die Fälle mir nicht ganz analog zu sein scheinen, ob Juden als Lehrer auf Gymnasien oder Schulen, oder ob sie auf der Universität zuzulassen seien. Höchstens könnten die Fälle ausgenommen werden, wo jüdische Lehrer an Elementarschulen eder auf Gymnasien Unter⸗ richt in solchen Fächern geben, welche sich mehr, ich möchte sagen, auf das Mechanische beschränken, körperliche Uebungen und dergl. Da aber wahrscheinlich ein System schwer darin gefunden würde, wenn man dieses gestattete, so würde ich mich entschieden dafür er⸗ klären, daß es besser, wenn jidische Lehrer weder, auf Gymnasien, noch an Elementarschulen angestellt werden, weil die Anstellung von nichtchristsichen Lehrern auf das Gemüth des Knaben also leicht einen besser zu vermeidenden Eindruck machen könnte.

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preuß en: Ich wollte bemerken, daß die hohe Kurie in der bisherigen Diskussion so viele Beweise von Toleranz gegeben hat, daß es uns nicht zum Vorwurfe gereichen wird, wenn wir Juden als Lehrer von den Anstalten aus-

schließen, welche zur Erziehung der Jugend dienen, und ich stimme