1847 / 173 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Vorpommern und ein großer Theil von Sachsen. In Beziehung auf die Freizügigkeit der poösener Juden im Speziellen befinden sich sämmt. liche übrigen Provinzen der Monarchie in ganz gleicher Lage. Es ist außerdem von demselben Redner die Ansicht ausgesprochen worden, daß die Juden, welche auf einen so unfreisinnigen Kreis oder einen solchen Landrath stoßen würden, diesen zu vermeiden wissen würden. Dem muß ich insofern begegnen, als ich schon bisher immer zu käm⸗ pfen gehabt habe gegen die Niederlassung derartiger Juden in mei⸗ nem Kreise, wobei ich gutachtlich befragt worden bin, und obgleich ich diesen Juden gesagt habe, daß sie sich nicht einer günstigen Aufnahme zu erfreuen haben würden, sind sie doch mit großem Ungestüm auf diesen unfreisinnigen Landrath eingedrungen.

Referent Sperling: In Sachen, in denen man ein Urtheil abzugeben hat, ist es immer zweckmäßig, wenn man von den Erfah⸗ rungen, die man für seine Person gemacht hat, abstrahirt.

Widerspruch.) ;

Es ist hier öfters des mangelhaften sittlichen Zustandes der Ju⸗ den gedacht worden, in welchem sich die selben in der Provinz Posen befinden sollen. Ich erlaube mir die hohe Versammlung auf den Band J. der Denkschrift aufmerksam zu machen, in welchem es Seite 22 heißt: „Die Regierung zu Bromberg erachtete in ihrem allgemei—⸗ nen Berichte im Jahre 1812 die dortigen Juden in der Bildung bis zu der Stufe vorgeschritten, auf welcher sich dieselben in anderen Provinzen befinden.“ Nach diesem amtli hen Berichte ist durchaus feine Gefahr zu besorgen. Wenn aber der sittliche Zustand der dor tigen Juden auch wirklich so wäre, wie er hier geschildert wurde, möchte es dann nicht der Gerechtigkeit gegen unsere christlichen Mit bürger der Provinz Posen entsprechen, sie diese Last nicht allein tra— gen zu lassen, vielmehr solche, wie alle Lasten, mit ihnen zu theilen?

(Beifall und Widerspruch.)

Marschall: Der Herr Abgeordnete Neumann hat noch das Wort.

Vielfacher Ruf nach Abstimmung.)

Wenn der Herr Abgeordnete Neumann verzichtet, so will ich die hohe Versammlung fragen, ob sie den Schluß der Debatte wünscht?

Diese Frage wird bejaht.

Geheimer Regierungs Rath noch erlauben, mit wenigen Worten

ü auf dem sich die Königliche Re; Theils des Gesetz⸗-Entwurfes befunden

dem Herrn Minister bemerkt worden, daß e Wichtigkeit sein werde, die Ansicht der hohe Abstimmung über diesen Theil des Gesetzes zu erfahren. Die Grund lagen des Entwurfs, die Voraussetzungen, welche seinen Bestimmun— gen zum Grunde liegen, sind wesentlich faftischer Natur. Die Ver— ltnisse der posener Juden sind im Jahre 1833 geregelt worden, zwar geregelt auf Grund derjenigen Vorschläge, welche der po—

ö 27 gemacht hatte; es sind die jenigen Beschränkungen das Gesetz aufgenommen worden, welche

einer Unterscheidune unter der für die

und die ande e n Daß sich das Gesetz im Allgemeinen als wohlthätig bewährt habe, darüber haben die Provinzial inde in ihrer letzten Petition, welche auf ein weiteres Fortgehen im l Lmancipation unter Einfüh⸗— rung des Edikts von Zeugniß gegehen. Nicht

wollte mir nur unkt aufmerksam bei der Redaction Es ist schon von em Gouvernement von zersammlung durch die

6

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hätte, sie Auf den Standpunkt zu führen, auf dem iden, so darf daran erinnert werden, daß jenes Gesetz in der Hauptsache auf den Anträgen ngeführt hat. Es sin nun einen vor dem hranken vorzugs

. 1 ü 2 Esten 5

naturalisirten

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ogthums Posen ohne

vor 9* 2 eil geworden,

naturalistrten gleichzustellen. In dem vorliegenden Gesetz-Entwurfe ach en

her a ess -* beigelegt

Kommission,

Juden im Großher Prüfung zu unterwerfen dung zwischen naturalisirt werden möge; der

k beibehalten

ö ö 2. 5 n e oziale u moralische Zustand eines großen Themes

7 der jüdischen Bevölkerung in der Provinz sei noch mangelhaft, als daß, ohne Nachthell für hris Bevölkerung, die bisher den naturalisirten Juden eingeraumten Rech anz allgemein allen Juden Ege standen werden könnten. Es Ansicht gewesen, daß die Beibehaltung jenes Unterfchied ez un ar den Vortheil darbiete, daß er die nichtnaturalisirten Juden zu größerer moralischer geistiger und gewerblicher Auebäsang antreiben würde. Tie zle= fir zu Posen, welche sich in Jahre 1815 nochmals aus führlich, ausgesprochen bat, ist dieser Ansicht ebenfalls gewesen. Die General⸗KKommission klagt nachdrücklich darüber daß ; ländliche Bevölkerung noch jeßt durch die uren au eins verderbliche Weise ausgebeutet werte.“ 5 ** i, e, ven, ob und wie burch beschränkende Gefetze vielen Nachteilen abz helfen ist, handelt es sich hier nur ĩ 23 ; daction des Gesetz⸗Entwurfa. Die po Sande ba⸗ ben, Lbereinstimmend mit jener Wahrnehmung, noch im Jahre 19815 wegen dea verderblichen Einflusses der jüdischen Schänker ausdrücklich darauf angetragen, daß neue Beschränkungen bei diesem Gewerbe hin- sichtlich der Juden eingeflihrt werden möchten, ohne daß indessen Lar= auf einge gangen ist, weil nach der Verordnung vom 1. Juni 1833 bereits gewisse Beschrankungen für die nicht naturalisirten Juden be—⸗ stehen, über welche hinauszugetzen nicht räthlich erschien. Tie Regie— rungen der übrigen Provinzen haben in ihren gutachtlichen Aeußerun— * bei einer meistentheils beantragten, möglichst gleichmäßigen Ge⸗ etzgebung dennoch vielfach ae NReservat gemacht, daß die Freizügig⸗ keit der Juden aus Posen in rie übrigen Provinzen einer ferneren Beschränkung unterworfen bleiben möge. habe ich geglaubt den Erörterungen in der hohen Versammluung hin— zufügen zu müssen. Es muß unter den angedeuteten Umständen dem

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Gouvernement von dem größten Interesse sein, zu vernehmen, wohin überwiegend die Ansicht der hohen Versammlung geht, und wie der Beschluß über die vorliegende Frage ausfällt.

Marschall: Ich bitte diejenigen, welche den Schluß der De⸗ batte wünschen, außustehen.

(Viele erheben sich.) g

Er ist mit überwiegender Majorität gewünscht. ;

Die Abtheilung hat darauf angetragen, daß dieser ganze Ab⸗— schnitt wegfallen solle und sonach die Juden des Großherzogthums Posen denen der übrigen Monarchie gleichgestellt werden. Diese Frage werde ich aber nicht eher stellen können, als bis wir die einzelnen Paragraphen dieses Abschnittts durchgegangen sind und die hohe Ver— sammlung über jeden einzelnen berafhen hat. Diese Berathung wird nur eine eventuelle sein, und schließlich wird gefragt werden, ob der ganze Abschnitt wegfallen soll.

Neferent (liest):

„§. 145.

Desgleichen finden die Vorschriften der S8. 16 bis 34 Abschnitt!. über das Nultuswesen, über die Armen und Krankenpflege, so wie über die Schul-Angelegenheiten und wegen der Vorbereitung jüdischer Knaben zu einem nützlichen Berufe, auch hier Anwendung. Diejeni gen jüdischen Schulen, welche nach S. 10 der Verordnung vom J. Juni 1833 als öffentliche jüdische Schulen errichtet worden sind, bleiben als solche bestehen, so lange nicht eine anderweitige Einrich tung von den Regierungen für nothwendig erachtet wird.

§. 45 des Gutachtens.

Wenn es nach der Ausführung zu §. 30 allgemeinen Prinzipien nicht entsprechend ist, die Juden dahin zu drängen, daß sie eigene öffentliche Schulen anlegen, so läßt sich noch weniger die Bestimmung rechtfertigen, durch welche sie da, wo sie solche Schulen eingerichtet haben, dieselben fortbestehen zu lassen und aus ihren besonderen Mit— teln ferner zu erhalten verpflichtet sein sollen. Die Abtheilung stimmte in dieser Hinsicht einstimmig für die Weglassung des zweiten Satzes, welcher mit den Worten anhebt: diejent üdischen Schulen, welche .

Marschall: Ergreift Niemand das Wort?

Eine Stimme: Ich habe nur ein Wort vom Platze aus zu Die Christen haben die Pflicht, die Schule zu unterhalten.

Referent: Die Kommune, nicht die Einzelnen.

Marschall: Da Niemand weiter das Wort verlangt, so stelle ich die Frage, ob der Antrag der Abtheilung angenommen wer— den soll.

Regierungs- ommissar Brüggemann: Der Schluß ⸗Satz im 5. 45 dat keine andere Bedentung haben sollen, als zu verhüten, daß die Ausdehnung der in dem ersten Abschnitte des Gesetzes be gründeten neuen Corporations-Verhältnisse auf die Provinz, Posen nicht nothwendig auch eine Aufhebung der hier bestehenden öffentli chen Judenschulen in sich schließen, sondern diese auch nach der Ein führung jener Corporationen fortbestehen sollten, insofern nicht in Folge der in den Corporations Verbänden eingetretenen. Verän derungen eben auch eine andere Schul-Eintheilung nothwendig würde. Deshalb allein ist dieser Satz hinzugefügt worden.

Marschall: Ich wiederhole die Frage:

Soll der Autrag der Abtheilung angenommen werden? Diejenigen, welche fr die Bejahung der Frage sind, bitte ich, auf— zustehen.

Er ist mit Mehrheit angenommen.

Referent (iest vor):

agen.

„§. 4106.

Die bisberige Unterscheidung der jüdischen Bevölkerung des Großherzogtbums Posen in naturalisirte und nichtnaturalisirte Juden, so wie die daraus hervorgehende Verschiedenheit der Rechte beider Rlassen, bleibt zur Zeit noch bestehen.

F§. 16 des Gutachtens.

Unterlag keiner Ausstellung.“

Marschall: Wenn nichts bemerkt wird, ist der Paragraph eventuell angenommen.

Referent (liest vor):

.

Zu den allgemeinen Erfordernissen der Naturalisation gehört: [ein fester Wohnsitz innerhalb des Großherzogthums Posen,

2) völlige Unbescholtenheit des Lebenswandels,

3) die Fähigkeit und Verpflichtung, sich in allen öffentlichen Ange— legenheiten, Willens Erklärungen, Rechnungen und dergleichen ausschließlich der deutschen Sprache zu bedienen. Von diesem erforderniß kann der Ober-Präsident auf den Antrag der Re— gierung dispensiren, ie Annahme eines bestimmten Familien-Namens.

c von Brodowski: Bei Nummer 3 halte ich für eine Bemerkung zu machen. Die Provinz Posen hat zwei

die polnische und die deutsche. Ich muß also bitten, beide men.

Referent: Ich stelle anheim, einzuschalten: deutschen oder polnischen Sprache.“ Marschall: Ist das Amendement unterstütztẽ- Verlangt Je⸗

mand das Wort?

Referent: Der Absatz 3 des §. 47 würde also heißen:

ie Fähigkeit und Verpflichtung, sich in allen öffentlichen Angele

senbeiten, Willens -Erklärungen, Rechnungen und dergleichen aus— ö zu bedienen. Von diesem Erfor⸗

ö.

fzu el , ö „Ausschließlich

Marschall: Die Abstimmung erfolgt über den Antrag; wer ihn annehmen will, beliebe aufzustehen. Geschieht.)

Die einfache Majorität ist dafür.

Abgeordn. Naumann: Ich muß mir die Bemerkung erlauben, daß es mir, wie mehreren Herren in meiner Umgebung, ergeht. Wir besinden uns in der Lage, nicht zu wissen, wie wir uns bei der Be— rathung über die einzelnen Artikel verhalten sollen. Der Wunsch ist, die spezielle Gesetzgebung wegfallen zu lassen. Nun kann ich nicht wünschen, daß die spezielle Berathung und eine Abstimmung darüber stattfnde. Ich bin gegen jede Spezial-Gesetzgebung und darum ge gen alle Bestinmmungen des Entwurfs. Ich fühle mich bewogen, mit Jiuwendungen gegen einzelne Bestimmungen nicht hervorzutreten, weil es zu unnöthigen Debatten führen würde, wenn man jeden einzelnen Punkt berathen wollte. Meines Dafürhaltens kommen wir am besten darüber hinweg, weil der Herr Marschall die Gewogenheit haben wollte, vorerst die Prinzipal- Frage zur Abstimmung zu bringen, ob die Proposition angenommen werde oder nicht. Erklärt sich die hohe Versammlung dafür, daß sie gar keine spezielle Gesetzgebung für Po len für nützlich ober nothwendig erkennt, so ist die spezielle Berathung

Diese kurzen Bemerkungen

überflissig. . Matschall: Zu Anfang der gegenwärtigen Berathung ist der Antrag gestellt worben, das ganze Gesetz zu verwerfen. Ich habe auf den Schluß verweisen müssen, weil die hohe Versammlung sich nicht entbrechen kann, Über eine Königliche Proposstion abzusprechen, ohne sie vorerst durchzugehen. Was von dem Ganzen gilt, gilt auch vön einzelnen Abschnitten der Proposition. Die hohe Versammlung wird die einzelnen Paragraphen begutachten müssen, weil sie nicht

wissen kann, ob Se. Majestät das Gesetz will fallen lassen, und weil

es dem Gouvernement jedenfalls wünschenswerth sein muß, zu ver— nehmen, welches die Wünsche und Ansichten der Versammlung über die einzelnen Bestimmungen desselben sind. Ob die Frage auf gänz-— liche Verwerfung jetzt oder später gestellt wird, und ob die event. Berathung vorher oder nachher stattfindet, ist gleich. Ich muß also bei dein bereits begonnenen Verfahren bleiben.

Referent (liest vor):

„§. 8.

Unter diesen Voraussetzungen sollen in die Klasse der naturali— sirten Juden nur diejenigen aufgenommen werden, welche den Nach— weis führen, daß sie entweder

einer Wissenschaft oder Kunst sich gewidmet haben und solche der— gestalt betreiben, daß sie von ihrem Ertrage sich erhalten können; oder ein ländliches Grundstück von dem Umfange besitzen und selbst bewirthschaften, daß dasselbe ihnen und ihrer Familie den hinreichenden Unterhalt sichert, in einer Stadt ein nahrhaftes stehendes Gewerbe mit einiger Auszeichnung betreiben, in einer Stadt ein Grundstück von wenigstens 2000 Rthlr. an Werth schuldenfrei und eigenthümlich besitzen, daß ihnen ein Kapital Vermögen von wenigstens 50600 Rthlr. eigenthümlich gehört, 35 ; daß sie ihrer Heerespflicht als einjährige Freiwillige, resp. durch dreijährigen Dienst wirklich genügt und gute Führungs- Atteste erhalten, ; . oder durch patriotische Handlungen ein besonderes Verdienst um den Staat sich erworben haben, ; oder endlich diejenigen, welche aus anderen Provinzen Unserer Monarchie ihren Wohnsitz in das Großherzogthum Posen verlegen. §. 18 des Gutachtens.

Da es jedenfalls wünschenswerth ist, daß der Unterschied zwischen naturalisirten und nichtnaturalisirten Juden, so bald es möglich, auf⸗ höre und außer den aufgeführten Spezial- Fällen noch viele andere vorkommen können, in welchen die nichtnaturalisirten Juden der Na— turalisation würdig sind, so schien es der Abtheilung angemessen, dem Ermessen der Orts-Polizei⸗Behörden größeren Spielraum zu geben, und dies um so weniger bedenklich, als die Naturalisations-Patente nach vorgängiger Prüfung der obwaltenden Verhältnisse durch die Regierungen ertheilt werden. Es wünscht also die Abtheilung, daß am Schluͤsse dieses Paragraphen noch der Zusatz gemacht werde:

„oder von den Orts Polizei Behörden als geeignet dazu erachtet werden“. ⸗—

Abgeordn. Schauß: Ich muß mir hier eine kleine Bemerkung erlauben. Ich weiß nicht recht, was unter dem Ausdruck verstanden sein soll: „wenn er ein nahrhaftes, stehendes Gewerbe mit einiger Auszeichnung betseibt.“ Ich sollte meinen, wenn Jemand ein nahr— haftes Gewerbe betreibt, so könne und müsse das genügen, und man habe nicht weiter danach zu fragen, ob es mit Auszeichnung betrie ben werde. Auszeichnung, so allgemein hingestellt als Bedingung, ist einer sehr relativen Ansicht unterworfen. Was das Gouvernement dabei gedacht hat, muß ich gestehen, ist mir nicht faßlich. Ich muß wünschen, daß, für den Fall, daß dieser Zusatz nicht wegfallen sollte, von dem Herrn Regierungs- Kommissar uns wenigstens eine Erläute⸗ rung gegeben werde, was unter dem Ausdruch: „mit einiger Aus zeichnung“ verstanden sein soll. Ich will nicht glauben, daß man darunter verstanden hat, ein Gewerbe müsse fünstlerisch oder mittelst Maschinenkraft betrieben werden. Ist der Ausdruck aber über flüssig, so würde ich vorschlagen, daß er ausgestrichen werde.

Geheimer Regierungs-Rath Schroener: Nach der Praris, die dem Ministerium des Junern bekannt geworden ist, prüfen die Regierungen, nach den Vorschlägen der Landräthe, welche ihrerseits die Ortsbehörden zuvor vernommen haben, ob der jüdische Gewerb⸗ treibende das Gewerbe in geringerem Umfange und mit gewöhnlicher Geschicklichkeit oder über dies Maß hinaus mit einer gewissen Aus— zeichnung betreibt, und je nachdem das Urtheil darüber ausfällt, wird das Nakuralisationspatent versagt eder ertheilt. Wenn auch feine bestimmten Gränzen zu ziehen sind, so kann es doch nicht an erkenn— baren Merkmalen und äußeren Wahrnehmungen fehlen, welche für die Beurtheilung einen Anhalt darbieten.

Eine Stimme: Es wird das ins Auge gefaßt werden, ob der Gewerbtreibende Gehülfen hat und wie viele. Beim Ackerbau Treibenden kommt es darauf an, daß er die Mittelklasse bezahlt; allein die Bestimmung kann sehr leicht umgangen werden, ern läßt sich nur in die Gewerbesteuer Litt. A. einführen, und die Be stimmung sehr leicht zu umgehen ist, so scheint sie mir zwecklos.

Marschall: Es fragt sich, ob das Amendement, die Worte: „mit Auszeichnung“ zu streichen, unterstützt wird?

Abgeordn. Schauß: Da Sie die Güte gehabt haben, meine

Bemerkung zu unterstützen, so wollte anzuführen ich mir nur erlau— ben, daß die Auseinandersetzung, die uns der Königliche Herr Kom— missar gegeben hat, mir nicht genügen kann. Ich glaube, daß in den Wor— ten: „nahrhaft“ und „bestehendes Gewerbe“ Alles ausgedrückt ist, was verlangt werden kann. Der Zusatz „mit einiger Auszeichnung“ ist da—⸗ her unnöthig. Eben so kann es nicht darauf ankomnien, ob Jemand mit 1, 2 oder 3 Gehülfen ein Geschäft betreibt; es kommt blos und allein darauf an, daß er es betreibe und damit seine Familie ernähre. Unbescholten soll der Gewerbtreibende sein, dies stipulirt der vorher gehende Paragraph. Einen mehreren Ausweis halte ich nicht für nöthig, also nicht für nöthig, daß zum Ueberfluß nun noch die sub— jektive Ansicht eines Landrathes darüber abgegeben werden soll, was Auszeichnung ist, was nicht. Es will mir scheinen, hieraus gehe eine Beschränkung für das Individuum hervor, und ich bin des Dafür⸗ haltens, daß der Zusatz „mit einiger Auszeichnung“ wegbleibe, da, wie ich glaube, kein Nachtheil für das Allgemeine daraus erwachsen kann. Abgeordn. Graf von Finkenstein: Dem ehrenwerthen De⸗ putirten aus Berlin muß ich mit ein paar Worten sagen, daß ich nicht dafür stimme, daß die Worte: „mit einiger Auszeichnung“ weg- bleiben, und zwar aus dem Grunde, weil die Gesellschaften, welche sich Mühe gegeben, die Juden zu Handwerkern zu machen und sie in ihrem Handwerke zu unterstützen, sehr oft die traurige Erfahrung ge⸗ macht haben, daß Juden zwar ein Handwerk erlernen, aber zugleich Handel treiben, also ihr Gewerbe „nicht mit Auszeichnung“ führen, sondern handeln. So nährt der Jude zwar sich und die Sein igen ehrlich damit, aber das Handwerk ist doch nur ein Deckmantel für den Handel. Es ist daher nothwendig, daß die Polizeibehörde be⸗ scheinige, daß der Jude das Gewerbe „mit Auszeichnung“ be— treibe. 3 . ö

Ministerial⸗·Kommissar Geh. Regierungs- Rath Schroenen: Ich glaube der hohen Versanmlung die Bemerkung schuldig zu sein, daß, wenn die Worte: „mit einiger Auszeichnung“ aus dem Gesetze weg⸗ fallen, alsdann die nichtnaturalisirten Juden, da nach 8. 54 des Gesetz⸗Entwurfs ihnen das Gewerbe des Ein- und Verkaufs im Um—⸗ herziehen abgeschnitten ist ziemlich Alle in die Klasse der Natura. lisirten übertreten würden, und was die Bemerkung betrifft, daß es

näch dem Euntwurfe denjenigen, welche weder Handwerker noch Hans

eltreihende seien, also nanientlich den jüdischen Handarbeitern, nicht

möglich sei, in die Klasse der Naturalisirten Üherzutreten, so ist darauf aufmerksani zu machen, daß nach 8. 48 des Entwurfs unter Anderem der Dienst im stehenden Heere diese Berechtigung ertheilt.

Marschall: Juerst muß ich fragen, ob der Antrag der Ab theilung angenommen werden soll, der dahin geht, daß den Bedin⸗ gungen, unter denen die Naturalisation erfolgen kann, hinzugefügt werde: „Wenn die Ortspolizei Behörde den Inden als geeignet dazu findet.“ Diejenigen, welche diesem Antrage beitreten, bitte ich aufzustehen.

(Wird von der Mehrheit angenommen.)

Nunmehr werde ich das Amendement zur Abstimmung stellen, welches dahin geht, daß die Worte: „mit einiger Auszeichnung“ weg- zulassen seien. Diejenigen, welche die Frage bejahen wollen, bitte ich aufzustehen.

(Da das Nesultat der Abstimmung sich nicht klar zu Tage legt, wird durch die Ordner die Zählung vorgenommen.)

Das Ergebniß der Abstimmung ist folgendes: Das Amendement ist mit 242 gegen 124 Stimmen angenommen. Da nicht ganz zwei Brittel vorhanden sind, so müssen die Gründe der Minorität ange geben werden. . Abgeordn. von Gottberg: Ich wollte mir nur eine kurze Bemerkung erlauben. Es heißt nämlich hier im letzten Passus des S. 18: „oder endlich diejenigen, welche aus anderen Provinzen Un serer Monarchie ihren Wohnsitz in das Großherzogthum Posen ver— legen.“ Ich denke, das kann nur in der Voraussetzung Geltung haben, daß die Juden, welche aus anderen Provinzen hereinkommen, dasselbe nachweisen, was die posenschen Juden nachzuweisen haben, sonst würde dem Gedanken Raum gegeben werden müssen, daß die schlechtesten Subjekte, welche nach Posen hereinkommen, besser gestellt sein würden, als die besten posenschen Juden. Ich erlaube mir daher das Amendement zu stellen, daß die Juden, welche aus anderen Pro— vinzen hereinkommen, dieselben Nachweise liefern müssen, welche die Juden der posenschen Provinz zu liefern verbunden sind.“

Marschall: Findet das Amendement Unterstützung?

(Wird hinreichend unterstützt;;.

Geh. Regierungs-Rath Schroener: Wenn bei Uebersiedlung von Juden aus anderen Provinzen, deren Eintritt in die Nlasse der Naturalisirten erfolgt, ohne daß sie die Bedingungen des Gesetzes für die Provinz Posen nachzuweisen haben, so beruht dies darauf, daß sie schon in einer anderen Provinz naturalisirt sind und die Rechte der Naturalisation besitzen, welche ihnen nicht füglich wieder entzogen werden können. Anderenfalls würde man die Juden anderer Provinzen abschrecken, sich in der Provinz Posen niederzulassen. Um dies zu vermeiden, ist jene Bestimmung in den Gesetz- Entwurf auf genommen.

Marschall: Amendements?

Verlangt noch Jemand das Wort wegen des

(Es meldet sich Niemand.) So bitte ich diejenigen, welche es annehmen wollen, auszustehen.

(Es erhebt sich eine nicht ausreichende Anzahl.)

Das Amendement ist nicht angenommen.

Eine Stimme: Die Frage ist hier nicht verstanden worden.

Marschall: Ich muß doch bitten, daß immer, ehe zur Ab— stimmung verschritten wird, gesagt wird, ob man die Frage nicht ver— standen habe, in welchem Falle ich sie nochmals stelle. Nach der Ab stimmung kann ich diesen Einwand nicht mehr gelten lassen; denn zwei Abstimmungen über eine Frage dürfen nicht stattsinden. Ich halte nach der Frage immer eine Zeit lang inne, ehe ich zur Abstimmung auffordere.

Hiernach wäre nun die Frage, ob der Paragraph mit den be— schlossenen Abänderungen angenommen werde?

(Der Paragraph wird angenommen.)

Referent Sperling liest:

„S. 19.

Die Juden, welche den im §. 48 verlangten Nachweis führen, sollen von der Regierung des Bezirks, in welchem sie wohnen, mit Naturalisations-Patenten versehen werden.“

Von der Abtheilung wurde er gebilligt.

Marschall: Ist gegen den Paragraphen etwas zu bemerken? Wenn nichts bemerkt wird, so ist er angenommen.

Referent Sperling (iest vor):

.

Ehefrauen nehmen an den Rechten, welche ihre Ehemänner durch die Naturalisation erlangt haben, Theil. Diese Rechte verbleiben jhnen auch nach Auflösung der Ehe bis zur etwa eintretenden Ver— heirathung mit einem nichtnaturalisirten Juden. Geschiedene, für den schuldigen Theil erklärte Ehefrauen verlieren die lediglich durch ihre Verhelrathung erworbenen Rechte der Naturalisation.“

§. 50 des Gutachtens.

„Die Gründe, welche die Auflösung eines ehelichen Verhält- nisses motiviren und herbeiführen, find zu sehr persönlicher Natur, als daß sie auf andere Verhältnisse, namentlich die Beziehungen der Ehe— gatten zum Staats-Verbande, unmittelbar Anwendung leiden können. Hat der Staat einer nicht naturalisirten Jüdin die Naturalisation einmal deshalb bewilligt, weil sie einen naturalisirten Juden gehei rathet hat, so müssen nothwendig auch für ihn besondere Gründe ein⸗ treten, welche ihn zur Entziehung dieses einmal zugestandenen Rechts veranlassen können. Daher stinimt die Abtheilung mit zwölf Stim men gegen vier für den Wegfall des Schluß⸗Satzes: „Geschiedene, für den schuldigen Theil erklärte Ehefrauen verlieren die lediglich durch ihre Verheirathung erworbenen Rechte der Naturalisation.“

Marschall: Verlangt Jemand hierüber das Wortẽs Wenn Niemand das Wort verlangt, so frage ich, ob der Antrag der Ab theilung angenommen werden soll? Die ihn annehmen wollen, bitte ich, aufzustehen.

(Viele erheben sich.) Majorität ist vorhanden. rent Sperling (iest vor): 8 51.

Die mit der Naturalisation verbundenen Rechte gehen ohne Weiteres verloren, wenn der Richter gegen einen naturalisirten Juden auf Verlust der National- Kokarde erkannt hat. Außerdem können jene Rechte der Naturalisation durch Plenarbeschluß der Regierung entzogen werden, sobald das Naturalisations-Patent auf Grund wi der besseres Wissen gemachter unrichtiger Angaben erlaugt ist, des⸗ gleichen in allen densenigen Fällen, in welchen nach S§. 16 und 20 der revidirten Städte⸗Ordnung vom 17. März 1831 das Bürgerrecht entzogen werden muß oder von den Stadtbehörden entzogen werden kann. Gegen das die Entziehung festsetzende Resolut der Regierung ist der Rekurs an den Minister des Innern zulässig, derselbe muß jedoch binnen einer 19tägigen präklustwischen Frist nach Eröffnung des Resoluts bei der Regierung angemeldet werden.“

8. 51 des Gutachtens.

. zZ3Zwei Mitglieder fanden, da die Naturalisation keine besonderen Vorzüge, sondern nur allgemeine Rechte der christlichen Staatsbürger und auch diese nur zum Theil verleiht, ihrem Rechtsgefühle es nicht entsprechend, daß ein der National- Kokarde oder des Ehrenbürger⸗ rechts verlustig erklärter Jude härter bestraft werde und auch solcher allgemeinen Rechte , ehen soll, deren die christlichen Staats— bürger in gleichen Fällen theilhaftig bleiben. Indeß wurde ihnen

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von den übrigen Mitgliedern nicht beigetreten, und erklärte sich dem— nach die Abtheilung in ihrer Majorität für die unveränderte Beibe— haltung des Paragraphen.“

Marschall: Ist zu diesem Paragraphen etwas zu bemerken? Da nichts bemerkt wird, so ist der Paragraph angenommen.

Referent Sperling (liest vor);

M.

Ueber diejenigen jüdischen Einwohner der Provinz Posen, welche sich zur Aufnahme in die Klasse der Naturalisirten noch nicht eignen, sind, wie bisher, vollständige Verzeichnisse zu führen.“ ö.

Erlitt durch die Abtheilung keinen Angriff.

Marschall: Ist gegen den Paragraphen etwas zu bemerken? Es wird nichts bemerkt, also ist der Paragraph angenommen.

Referent Sperling (iest vor): ö

X.

Auf den Grund derselben ist von der Orts Polizeibehörde jedem Familien-Vater oder einzelnen volljährigen und selbstständigen Juden ein mit der Nummer des Verzeichnisses versehenes Certifikat zu er— theilen, welches, insofern es Familien umfaßt, die Namen der sämmt⸗ lichen Mitglieder derselben enthalten muß und nach der jährlichen Re vision mit einem Bisa versehen oder berichtigt wird.“

Erlitt ebenfalls keinen Angriff durch die Abtheilung.

Marschall: Es ist nichts bemerkt worden. ö.

Referent Sperling (liest vor):

1

Alle noch nicht naturalisirten, mit Certisikaten versehenen Juden sind solgenden besonderen Beschränkungen unterworfen:

a) Vor zurückgelegtem 24sten Jahre ist ihnen die Schließung einer Ehe, wenn nicht der Ober Präsident in dringenden Fällen dazu besondere Erlaubniß ertheilt hat, nicht zu gestatten.

b) Sie sollen ihren Wohnsitz in der Regel und, mit Ausnahme der weiter unten unter (. angegebenen Fälle, nur in Städten nehmen. Zu Gewinnung des städtischen Bürgerrechts sind sie nicht fähig.

Auf dem Lande dürfen sie nur dann ihren Wohnsitz nehmen,

wenn sie entweder einen Bauerhof erwerben oder pachten und

denselben selbst bewirthschasten, oder wenn sie sich bei ländlichen

Grundbesitzern als Dienstboten oder zum Betriebe einzelner

Zweige des landwirthschaftlichen Gewerbes, z. B. als Brenner

oder Brauer, vermiethen;

das Schankgewerbe dars ihnen nur auf den Grund eines be—

sonderen Gutachtens der Orts- Polizeibehörde hinsichts ihrer

persönlichen Qualisication von der Regierung, jedoch niemals auf dem Lande, gestattet werden. Der Einkauf und Verkauf

im Umherziehen ist ihnen unbedingt untersagt.

e) Darlehnsgeschäfte dürfen sie nur gegen gerichtlich aufgenommene Schuld Urfunde, bei Strafe der Ungültigkeit, abschließen.

[) Schuldansprüche derselben für verkaufte berauschende Getränke haben keine rechtliche Gültigkeit.“

„§. 514 des Gutachtens.

Die Bestimmung, daß Darlehnsgeschäfte der Juden nur dann rechtsverbindlich sein sollen, wenn sie durch gerichtliche Urkunden ver— brieft sind, wurde nicht nur in Beziehung auf die Juden, denen von Christen oft Darlehne abgenöthigt werden, a's hart, sondern auch in Beziehung auf die Christen, so weit es dabei auf deren Schutz abge sehen ist, als demoralisirend erachtet, und erklärten sich neun Mitglie— der gegen sieben für den Wegfall des Punkts e.“

Marschall: Verlangt Jemand das Wort?

Eine Stimme: Ich wollte mir nur erlauben, bei Punkt a eine Bemerkung zu machen.

Marschall: sprechen will? Der Antrag der Abtheilung geht dahin, daß der Punkt e. wegfallen solle; späterhin wird der andere Punkt zur Be rathung gezogen werden. Wenn Niemand das Wort verlangt, so werde ich fragen, ob der Antrag der Abtheilung, der dahin geht, daß Punkt e. wegfalle, angenommen wird. Diejenigen, welche da für stimmen, bitte ich, aufzustehen. Es ist Masorität dafür vor handen.

Eine Stimme (vom Platze aus): Ich habe zu Punkt 4. zu bemerken, daß, weil es schon in der Praxis angenommen ist, daß den weiblichen Juden die Verheirathung vor dem 2ästen Jahre verboten ist, sie nicht hier besonders erwähnt zu werden brauchen.

Marschall: Der Vorschlag geht dahin, daß die Jüdinnen von der Bestimmung, welche der Paragraph enthält, ausgenommen werden sollen?

Referent Sperling: Es wird also statt „Jüdinnen“ gesagt werden müssen: „Juden männlichen Geschlechts.“

Marschall; Wird dem beigetreten? Ich bitte die, welche beitreten, aufzustehen. Ist mit einfacher Majorität angenommen. Ist sonst gegen den Paragraphen etwas zu erinnern? (Es meldet sich Niemand.) Also angenommen.

Referent Sperling (liest vor):

S. 558.

Zu ihrer Verheirathung bedürfen nichtnaturalisirte Juden eines Trauscheins, der ihnen von Seiten des Landraths stempel⸗ und kosten frei ertheilt werden soll, so bald sie sich darüber ausweisen, daß sie das 24ste Lebensjahr erreicht haben oder die Dispensation des Ober— Präsidenten von dieser Beschränkung beibringen.

(Eine Stimme in der Versammlung bemerkt, daß der bei S. 31 angenommene Vorschlag auch hier Anwendung sinden miisse.)

Marschall: Ist etwas dagegen einzuwenden, daß auch hier nur männliche Juden gemeint sein sollen?

Referent Sperling: Diese Bestimmung würde nur in Be ziehung auf den letzten Satz Platz greifen können; denn einen Trau schein, denke ich, müssen auch die Jüdinnen beibringen.

Abgeordn. Möwes: Es kommt darauf an, wer nachsucht.

Abgeordn. Naumann: Ich muß bemerken, die Veranlassung zu dieser Bestimmung liegt nur darin, zu konstatiren, daß der Jude 24 Jahre alt. Ich weiß deshalb nicht, warum man hier Schwie rigkeiten machen will.

Referent Sperling (liest vor):

„5. 56

Von den im Abschnitt J. in Betreff der bürgerlichen Verhältnisse der Juden getroffenen Bestimmungen sinden diejenigen des

§. 35 wegen Zulassung zu unmittelbaren und mittelbaren Staats-,

Kommunal- und akademischen Lehr-Aemtern ze. und des

§S. 37 wegen des Gewerbe-Betriebes

auf die naturalisirten Juden des Großherzogthums Posen, dagegen die Bestimmungen der

§. 36 wegen der ständischen Rechte, des Patronats c.,

§. 38 wegen der Familien-Namen, Führung der Handelsbücher c.,

§. 39 wegen der südischen Zeugen⸗Eide,

F. 10 wegen der bei Trauungen unter den Juden zu beobachten⸗

den Vorschriften,

8. 41 wegen der Ehen zwischen inländischen und fremden Juden,

§. 42 wegen der Niederlassung und des Aufenthaltes fremder

Juden auf alle dortigen Juden Anwendung.“

Das Gutachten lautet:

Erst will ich fragen, ob Jemand über Punkt é.

. 28. 56.

Wie das Gouvernement kein Bedenken gefunden hat, die Be⸗ stimmungen wegen, der öffentlichen Aemter, welche für die Juden der . Landesktheile gelten sollen, auf die naturalssirten Juden des Großherzogthums Posen in Anwendung zu bringen, eben so weni konnte die Abtheilung Bedenken tragen, ihre Vorschläge zu 8. 7 wegen der ständischen Rechte, der Jurisdiction und des Patronats auf eben dieselben auszudehnen, und geht ihr Wunsch dahin, daß, was in dieser Beziehung von dem Plenum zu 8. Ib beschlossen wer den sollte, auch in Betreff der naturalisirten Juden des Großherzog thums Posen für geltend erklärt werde.“

Abgeordn. Brust: Meine Herren! Ich wollte gestern über 8. 38 sprechen, meine Bemerkungen kamen aber zu spät; wenn nun dieser Paragraph heute in Beziehung auf die Juden, die in dem Großherzogthume Posen ihren Wohnsitz haben, wieder zur Sprache kommt, fo erlaube ich mir, dasjenige, was ich gestem sagen wollte, hier nachträglich vorzubringen. Dieser Paragraph sagt in dem ersten Abschnitte, daß die Juden zu Führung fest bestimmter und erblicher Familiennamen gehalten sein sollen. Dagegen ist nichts zu erinnern; gut wäre es aber vielleicht gewesen, wenn man auch die Bestimmung gegeben hätte, daß, so wie in Frankreich, die Juden verpflichtet wür⸗ den, ihre Vornamen aus der alten jüdischen Geschichte oder aus dem Kalender zu nehmen. Zweitens sagt der Paragraph, daß die Juden ihre Handelsbücher in der deutschen oder in der Landessprache führen und sich dabei der deutschen oder der lateinischen Schriftzeichen bedienen müssen. Dagegen ist auch nichts zu erinnern. Drittens sagt der Paragraph, daß bei Abfassung von Verträgen und rechtlichen Willens⸗ erklärungen, so wie bei allen vorkommenden schriftlichen Verhandlungen, sie sich nur der deutschen oder einer anderen lebenden Sprache be⸗ rienen dürfen, eben so auch der deutschen und lateinischen Schrift⸗ züge. Ich bemerke nun erstens, daß der Ausdruck schriftliche Ver= handlungen“ sehr unbestimmt ist. Dieser Ausdruck könnte leicht zu sehr bedenklichen Auslegungen Veranlassung geben, und das wäre schlimm, da für jede Zuwiderhandlung eine hohe Strafe fest⸗ gesetzt ist. Ich würde daher vorschlagen, die Worte eschriftliche Ver⸗ handlungen“ aus dem Paragraphen ganz wegzulassen, da sie nicht nothwendig sind.

(Eine Stimme: Es ist schon über den Paragraphen gestern ab⸗ gestimmt worden.)

Erlauben Sie, in Bezug auf die heutige Verhandlung ist noch nicht darüber abgestimmt worden; wir sind an den Bestimmungen für bas Großherzogihum Posen, und es kommt darauf an, ob der Para⸗ graph hier in Anwendung gebracht werden soll, und daher kann lber den Paragraphen immer noch verhandelt werden. ;

(Eine Stimme: Wir können doch für das Großherzogthum Posen

Marschall: Man darf den Reduer nicht unterbrechen. Ich bitte ihn, fortzufahren. s

Abgeordn. Brust: Nun bemerke ich ferner, daß im letzten Absatz des Paragraphen gesagt ist, jeder Uebertretungs fall solle mit einer Strafe von 50 Rthlr. oder von 4 wöchentlichem Gefängniß geahndet werden; hier erhellt nicht deutlich, ob sich diese Strafe auch auf den Fall erstreckt, wenn die Handelebücher nicht in deutscher Sprache ge⸗ führt werden. Es scheint nicht der Fall zu sein, weil der dritte Absatz schon die Strafe verhängt, daß solche Handelsbücher keine Beweiskraft haben; es wäre aber doch gut, wenn das deutlicher aus—⸗ gedrückt würde. Davon aber abgesehen, scheint die Strafe von 4 Wochen Gefängniß oder von 50 Rthlr. für eine solche polizeiliche Uebetretung äußerst hart und viel zu hoch zu sein. Wenn unn sagt: Die Ver⸗ träge, welche die Juden in einer anderen Sprache machen, gelten

nichts, oder wenn man sagt: Handelsbücher, welche in einer fremden Sprache geführt werden, haben keine Beweiskraft, so scheint mir dies wohl hinreichend zu sein. Will man durchaus noch eine Strafe fest⸗ setzen, so wäre, meiner Meinung nach, selbst die höchste nur auf 5 Rthlr. anzunehmen. Ich muß hierbei noch bemerken, daß, wenn man diese Bestimmung ausführen wollte, dies ein Unrecht wäre gegen die älteren Juden, die in einer früheren Zeit ihre Bildung erlangt haben. Sie können aber ihren Bildungs-Zustand nicht so plötzlich verändern, und man kann daher auf diese Leute die hohen Strafen durchaus nicht anwenden.

Marschall: Die Abtheitung hat den Vorschlag gemacht, bei diesem Paragraph für die natisnalisirten Juden in Posen alles das zu beschließen, was im 8. 6 angenommen worden ist; der Herr Redner stimmt dem nicht bei, es fragt sich also, ob die hohe Ver⸗ sammlung diesen Vorschlag der Abtheilung annehmen will.

(Einige Stimmen: Ja!)

Wenn sie den Vorschlag annimmt, so fällt das weg, was der Herr Redner vorgeschlagen hat; nimmt sie ihn nicht an, so könnten die Ausnahmen, die der Herr Redner gemacht wissen will, in Betracht genommen werden. Die Hauptfrage ist also: Sollen alle diejenigen Bestimmungen, welche zu §. 36 beschlossen worden sind, für die natis⸗ nalisirten Juden des Großherzogthums Posen angenommen werden?

Diejenigen, die diesem Vorschlag beitreten, bitte ich, aufzustehen.

(Wird mit großer Majorität angenommen.)

Referent Sperling (liest vor?: .

Die naturalisirten Juden bedürfen aus in eine andere

91 542 behuss

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Ministers des Innern. Dagegen bleiben die

gen in Betreff des Umzugs der nicht naturalisirten

Provinzen und ihres zeitweisen Aufenthalts si Marschall: Findet sich etwas zu Abgeordn. Krause aus Chalup

trete nur aus dem Grunde die Rednerbübne,

Mitgliedern, namentlich aus dem Stande der

mein Urtheil zu hören, angenehm sein konnte.

ndelt,

daß ich zwischen den Juden in der Provinz Posen den in anderen Provinzen, namentlich in Westrre und groß geworden bin, auch nicht den m ndesten

(Aufregung. Im Gegentheil finde ich, daß in dem Juden in den kleineren Städten es si Kinder auf eine höhere Bildun einer kleinen Stadt jüdische Kna Es schwebt vielleicht bei mancher vor, daß die Juden im Großberzogthum 11 Bauernstand durch ren Wucher un b. 34 kann ich durchaus nicht zugeben; ich he 28e Juden ** stens nicht in größerem Maße, n euern . Es tri sich wohl, daß bin und wieder Ju mit ihrem Sacke auf dem Tande herumaeben, es sind aber meistens Handwerker, wie z B. Schneĩd er. die bin und wieder auch etwas von den Landleuten kaufen. Weiter weiß ich zum Nachtheile der Juden in der Provinz Posen durchan nichts anzufübren. Mein Antrag geht alse dahin, den Jaden, aach den Nichtnationalisirten, die Freizügigkeit zu gestatten.

Marschall: Findet dieser Antrag Unterstüßung?

88. *** roß herzogtꝰ 2 s

e gin

(Wird unterstüßt.)