jestät der König mit Hülfe Seiner Getreuen von Ihm geliebten Stände das Wohl, nicht nur der Krone, sondern des ganzen Volkes vor Augen hat. Ich vergleiche ferner das Allerhöchste Patent vom 3. Februar d. J. mit dem Grundstein dieses Gebäudes, Es fehlt ihm aber der Weiterbau und das Dach. Ist stelle mir einfach die Frage so vor; was ein Gebäude nützen soll. welches wohl einen sesten uten Grundstein hat, dem aber der Weiterbau und das Dach feh⸗ en? Dies ist das Gleichniß, das ich mir zur Beantwortung dieser Frage vorgelegt habe. Ich beantworte sie kurz. Ein Gebäude, dem ber Weiterbau und das Dach fehlen, stürzt mit der Zeit zusammen. Ich giaube, der hochherzige Wille Sr. Majestät des Königs ist der sdelste Wille, der je in Europa, ja, der je über dem, Weltall gewal⸗ tet hat. Ich glaube aber, bemerken zu müssen, n, . hochher⸗ zige Wille des Königs allein nicht das, Wohl es Vaterlandes be= zwecken kann, sondern daß das Zuthun seiner getreuen Stände, seiner Vasallen dazu gehört. Ich glaube darum nicht, daß Se, Majestãt der König irgendwie glauben könnte, daß wir die ihm schuldige Treue und Gehorsam verletzen, wenn wir mit geziemender Bitte: die Pe⸗ riodizitäts Frage in gnädigste Erwägung ziehen zu, wollen, uns an Ihn wenden. Vom Rechtsstandpunkte aus dürfen wir die Sache nicht derathen. Nicht Juristen hat Se. Majestät der König um sich ge⸗ schaart, die mit angstlicher Gewissenhaftigkeit jedes Wort erwägen und pro et contra hin und her deduziren, sondern Seine getreuen Stände, die nach ihrem besten Wissen und Gewissen Ihm rathen sollen. Ich verlasse daher den Rechtsboden und bewege mich auf dem ber Bitte, und hiernach kann ich mir unmöglich die Bitte versagen: die hohe Kurie wolle dem Antrage der Aten Abtheilung unserer Ku⸗ rie und deren Schlußfassung beitreten, welche heißt: (BVerliest dieselbe.) . Graf von Sierstorp ff: Ich halte das Gesetz von 1820 für einen Gnaden⸗-Akt Sr. Masjestät des verstorbenen Königs, weil der⸗ selbe anerkannt hat, daß Ströme von Blut um seinen Thron ge⸗ flossen sind; ich halte das Gesetz vom 3. Februar (é. für einen Gna⸗ ben Akt Sr. Majestät des jetzt lebenden Königs, weil selbe erkannt haben, daß eine gewisse Selbsiständigkeit in einem tapferen und ehren⸗ haften Volke wohnen müsse und Se. Majestät nur über ein solches regieren wolle. Es steht mir demnach nicht zu, mit einem Königli⸗ chen Gnadenspender zu rechten. Wenn ich aber gefragt werde, was ich für recht halte, so ist es unsere Pflicht, offen zu reden. Wenn das Prinzip bei Zusammensetzung dieser Kurie im Publikum oft an⸗ gegriffen worden ist, so frage ich, warum ist der Grund und Boden gewählt worden, der nicht schwankt? — damit die Rechte der Krone eben so wenig schwanken, als die Rechte des Volkes, welches sich baran kettet. Diese Rechte stehen nur da fest, wo kein Zweifel in der Auslegung der wichtigsten ständischen Gesetze waltet. Der Zwei⸗ fel liegt vor. Glauben wir nun, denselben zu lösen, wenn wir mit möglichster Zurückhaltung diese Petition abweisen? Ich glaube nein. Durch die Jurückweisung wird nicht die Partei gestärkt, welche voll Vertrauen ihre Zukunft in die Hände Sr. Majestät legt, sondern vielmehr die Partei, welche aus einmal emanirten Gesetzen ein festes Recht herleitet. So lange verschiedene Interessen in einem Staate vertreten werden, wird es Parteien geben, und es muß der Krone on gleichgültig sein, welche Partei siegt, ob die liberale oder die onserdativs. Die Krone ist mächtig genug, jede von beiden in ihr Gleis zurückzuwelsen, wenn eine dasselbe überschreiten sollte. Um aber so mächtig zu bleiben, muß jede dieser Parteien ihren gesonderten Boden behalten. Hier tritt aber die liberale auf den Boden der
fonservativen, auf den historischen Boden von 1820, und das ist die Gefahr.
Was nun die Periodizität betrifft, so behalte ich mir fernere Gründe für die spätere Debatte über dieselben vor und hebe nur einen heraus: Werden, wenn die Krone willkürlich die Stände ein⸗ beruft, nicht jederzeit Gerüchte wiederkehren, wie sie diesmal schon schwer zu berichtigen waren, als; die Krone will ein Darlehn auf⸗ nehmen, sie braucht Geld, die Krone will eine Eisenbahn bauen zu bloßen Gouvernementszwecken u. dgl. m. Wahrlich, diese Gerüchte werden leicht zu einem Apfel des Zwiespaltes, der rasch ausgeworfen, aber nicht so schnell wieder aufgehoben wird. Die Krone wird also durch die Periodizität, nach meiner Ansicht, gestärkt. Und am Ende, was soll sie besorgen? Ein Eingriff in jeden Königlichen Willen ist un— möglich. Durch die Periodizität werden die Rechte des Landes ge⸗ sichert. Wo diese gesichert sind, da stehen auch die Rechte der Krone fest, und dafür haftet dann, wie ich hoffe, das Blut von uns Allen.
Fürst zu Wied: Ich nehme ein schönes Gleichniß auf, was der zweite geehrte Redner vor mir gebraucht hat. Se. Masestät der König habe einen schönen, prachtvollen Königlichen Bau in der Ver⸗ fassung vom 3. Februar aufführen lassen. Ich stimme aber darin nicht ganz mit ihm überein, daß er sagt, die Bedachung fehle. Ich sage: Der Grundstein fehlt. Der Grundstein, der dem Verfassungswerke gegeben werden muß, ist eben die Periodizität. Darauf werden alle anderen Rechte gebaut werden. Ich habe mich schon bei Gelegenheit der Adreßberathung über den Gegenstand kurz ausgesprochen, und ich sehe es daher für nöthig an, dieses Votum näher zu erläutern. Es liegt uns ein Beschluß der Kurie der drei Stände vor, welcher sich theils auf Rechtsgründe, theils auf Gründe der Nützlichkeit und inneren Nothwendigkeit stützt, wie oft schon erwähnt worden ist. Ich möchte nicht weiter darauf eingehen, diese Frage näher zu entwickeln, sondern mir nur eine Zusammenstellung mit dem Inhalte der Adresse erlauben. Die Rechtsgründe kann ich nicht in dem vollen Maße anerkennen, wie dies eine Fraction der anderen Kurie gethan hat. Ich wage auch nicht, darüber zu urtheilen, nachdem die Rechtsgelehrten unserer Versammlung in einen ungelösten Kampf darüber verwickelt sind, und bis jetzt sich noch keine kläre Meinung darüber gebildet hat. Allein diejenigen, die aus dem Gesetze vom 17. Januar 1829 einen Rechts—⸗ Anspruch auf die alljährliche Einberufung des Vereinigten Landtages zu begründen glauben, hätten der 336 — wie sie gefaßt ist, nicht beistimmen können, sondern Se. Majestät bitten müssen, das Gesetz vom 3. Februar zurückzunehmen. Das hat Niemand gethan, das konnte auch Niemand thun; im Gegentheil, es ist eine Adresse von der großen überwiegenden Mehrheit berathen worden, worin zu allererst Sr. Majestät dem Könige der allerunterthänigste Dank von Seiten des ganzen Landes für die verliehenen ständischen Institutionen dargebracht wird. Man ist darauf weiter gegangen, und es heißt: „Nachdein Ew. Königliche Majestät den in dem Gesege oom 5. Juni 1823 ausgedrückten Vorbehalt verwirklicht und der Versammlung, welche in jenem Gesetze eine allgemeine ständische, in demjenigen von 17. Ja⸗ nuar eine reichsständische Versammlung genannt wird, den Namen des Vereinigten Landtages beigelegt haben, sind dadurch dem letzteren die in den angeführten und in früheren Gesetzen begründeten Rechte erworben.“ Weiter unten heißt es: „Gehorsam dem Rufe Ew. Majestät und im Begriff, unsere Wirksamkeit zu beginnen, fühlen wir uns in unserem Gewissen gedrungen, zur Wahrung der ständischen Rechte die gegenwärtige ehrfurchtsvolle Erklärung am Throne nie⸗ derzulegen.“ Dieser Adresse hat eine große Masorität beigestimmt, und ich glaube, es ist auch die Majorität dieser Versammlung, die derselben beigestimmt hat. Diejenigen nun, welche diese Adresse vo⸗ tirt haben, haben zugleich mit dem allerunterthänigsten Danke die Nützlichkeit derjenigen Rechte anerkannt, die dem Vereinigten Landtage durch die Gnade ͤ
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übung dieser Rechte ist indessen an die Zufälligkeit der Einberufung gebunden, und es könnte der benkbare Fall eintreten, daß der Ver⸗ einigte Landtag nicht wieder einberufen würde. Deshalb haben die, die für die Nützlichkeit der Rechte sich ausgesprochen haben, noth⸗ wendigerweise auch die Periodizität als unumgãngliches Bedürfniß an⸗ erkannt. Sie würden indirekt in Widerspruch mit ihrer früheren Ab⸗ stimmung stehen, wenn sie dies leugnen wollten. Es liegt uns nun der Beschluß der Kurie der drei Stände vor; es haben 500 Männer, die von allen Theilen des ganzen Landes zusammenberufen sind, um das Juteresse des Vaterlandes zu vertreten, mit ungeheurer Majorität den Beschluß gefaßt; und ich frage, meine Herren, mit welchem Rechte wollen wir dieser imposanten Majorität entgegentreten und sagen: Ihr habt Unrecht. — Ich glaube, man würde ein trauriges Bei⸗ spiel einer Aristokratie in uns erblicken, welche die geheiligten Inter⸗ essen des Vaterlandes nicht, kennt und nicht achtet, die den Thron nicht stützt, sondern untergräbt, weil sie nicht in dem Volke wurzelt. Was die Schicksale einer solchen Aristokratie sein würden, das ist in der neuesten französischen Geschichte zu lesen. Ich könnte viele Gründe zur Unterstützung des Antrages anführen, doch ich beschränke mich darauf, nur noch einen hervorzuheben, der nach meiner Meinung durchaus nicht übersehen werden darf. Es ist der Hinblick auf die deutschen Bundesstaaten. Diese eng verbrüderten deutschen Stämme haben mit ängstlicher Spannung auf die Entwickelung unserer Ver⸗ fassungsfrage hingeblickt, sie haben darin ihr eigenes Schicksal vor Augen gesehen. Ich glaube nun nicht, daß diese deutschen Völker irgend ein Vertrauen auf die Solidität unserer staatsrechtlichen Zu⸗ stände haben würden, wenn sie sähen, daß die Haupt⸗-Elemente der ständischen Gewalt unter sich über die Grund- Prinzipien ihres Be⸗ stehens uneinig wären. Ich glaube, sie würden dieses Vertrauen nicht haben, sie würden sich trennen von Preußen und seinem Wege und allein gehen, und es ist Niemand in der Versammlung, der nicht für ein großes Unglück halten würde, wenn Preußen ohne Deutsch⸗ land und Deutschland ohne Preußen ginge. Endlich liegt mir der Gedanke fern, daß Se. Majestaͤt durch einen solchen Antrag Sich irgendwie verletzt fühlen könnten. Se. Majestät der König hat durch Eilaß vom 22. April uns jetzt aufgefordert, diejenigen Punkte her— vorzuheben, die wir nicht im Einklange mit der früheren ständischen Gesetzgebung finden würden. Diese Aufgabe sind wir zu erfüllen im Begriffe, und wenn wir nicht darüber schweigen können, wenn wir sprechen müssen, so können wir nur unsere pflichtmäßige Ueberzeugung vor ben Stufen des Thrones niederlegen. Darum fordre ich Sie auf, ein deutsches Wort an einen deutschen König zu richten und mit vollem Vertrauen ihm die Wahrheit zu sagen, Er mag entscheiden, was demnächst unser Schicksal sein wird. Ich trete dem Antrage der Abtheilung mit vollem Herzen bei. Referent von Kelt sch: Ich glaube, daß es jetzt an der Zeit ist, die hohe Versammlung darauf aufmerksam zu machen, daß der von dem durchlauchtigen Redner zuletzt berührte Gegenstand auch bei der Berathung der Abtheilung zur Sprache gekommen ist. Es ist namentlich der Majorität mehrfach eingewendet worden, man könne sich keiner Petition der Art anschließen, weil darin ein Drängen läge. Dle Majorität der Abtheilung hat daher geglaubt, sich über diesen Gegenstand bereits in dem Gutachten aussprechen zu müssen, und hat es durch den Schluß des Gutachtens gethan, den ich in diesem Augenblicke verlesen werde:
„Die Abtheilung kann dieses Gutachten nicht schließen, ohne durch ihre Masoritäten auszusprechen, daß sie weit davon entfernt sei, durch den Beitritt zu denjenigen Bitten, für welche sie sich erllärt hat, Se. Majestät irgendwie zu einer baldigen Entschlie⸗ ßung darüber drängen zu wollen, vielmehr ganz und gar es der Weisheit Sr. Majestät zu ermessen anheimgebe, wann und wie Allerhöchstdieselben den Vereinigten Landtag zu bescheiden geru⸗ hen wollen.
Mit Benutzung der reichen Erfahrungen, welche sich in die Zeit des jetzigen Vereinigten Landtages zusammengedrängt haben, und da ihr bis zu dem Zusammentritt der verheißenen nächsten Versammlung keine Gelegenheit geboten wird, diese Erfahrungen zu ergänzen, betrachtet sie diese Bitten aus dem Standpunkte eines ehrfurchtsvollen Rathes, welchen Sr, Königlichen Majestät nach bester Ueberzeugung auf das gewissenhafteste auszusprechen sie sich durch das le eindige Bewußtsein heiligster Verpflichtung gedrungen gefühlt hat. .
Graf Botho zu Stolberg: Ich muß sagen, daß ich mich gerade durch diesen Umstand, daß das Anschließen an den Antrag der anderen Kurie als ein Drängen gedeutet werden könne, hauptsächlich bewogen finde, gegen, den Antrag der anderen Kurie zu stimmen. Denn“ wenn wir uns in die Verhandlungen der Vereinigten Kurien, die wir erlebt haben, zurückversetzen, so sehen wir, welche Konsequen⸗ zen an die Erfüllung dieser eben vorgetragenen Bitte gehängt worden sind. Nach meiner Ueberzeugung kann das nicht in anderer Weise gedeutet werden, als ein Brängen, ein Kompelle, was dadurch be⸗ beckt werden sollte. Es kann mich dabei nicht leiten, daß der ande⸗ ren Kurie sich nicht anzuschließen eine Unmöglichkeit sei. Ich gebe zu, daß man es nur mit Widerstreben, thun kann, Das thue ich auch; denn ich wünsche unter allen Umständen die Einigkeit unter den beiden Kurien; aber es giebt Momente, Momente, die für uns alle höchst wichtig sind. Gerade für einen solchen Moment halte ich die⸗ sen Augenblick, wo ich mich verpflichtet halte, Sr. Majestät nicht ge⸗ genüberzutreten. Ich kann daher nur wünschen, daß wir uns in ei⸗ ner Art' mit Wünschen Sr. Masestät nahen, wie hier in dem entwil⸗ kelten Amendement dargestellt worden, aber nicht im unbedingten Bei⸗ tritt zu der Erklärung der anderen Kurie. Ich thue dies um so mehr, als ich auch nicht dem Antrage der Abtheilung beitreten kann. weil daraus die Ansicht hervorgehen könnte, als wenn wir hauptsãächlich durch den Rechtspunkt zu diesem Antrage kämen; denn es heißt, daß wir dem Beschlusse der Kurie der drei Stände beitreten sollen, welche bei ihrer Bitte die Beziehung auf die frühere Gesetzgebung in den Vordergrund gestellt hat, und diesen Grund in Bezug auf die frühere Gesetzgebung sinde ich auch in dem Gutachten der Abtheilung wieder in den Vordergrund gesetzt, und dies ist etwas, was meinen Gfühlen widerspricht.
Fürst Lynar: das Wort.
Marschall: von neuem melden.
Graf York: Diejenigen Gegenstände, welche der Kurie zur Berathung vorliegen, müssen entweder Königliche Propositionen, oder Petitionen, oder Beschwerden sein; wir können also in dem vorlie⸗ genden Falle über den Gegenstand nur berathen, weil er eine Peti⸗ lion ist, und von diesem Standpunkte, aus muß ich in die weitere Berathung eingehen. Diese Petition, die an Se. Majestät den Kö⸗
Ich verzichte für den Augenblick noch auf
Ich werde Sie später notiren, sobald Sie sich
nig gerichtet werden soll, ist eine allerunterthänigste Bitte. Allein 6ᷣ veimöchte nicht, eine Bitte im Allgemeinen auszusprechen, wenn i sie nicht fest zu motiviren wüßte, und dabei glaubt die Minorität der Abtheilung! berechtigt zu sein, da Se. Majestät der König selbst in der Thron-Rede auszusprechen geruht haben, daß es in dem Hesetze vom 17. Januar 1820 in dem 2
Rechte und Pflichten für die Stände giebt; da Se. Majestät der König selbst ausgesprochen haben, daß es die edle Verpflichtung der Stände sei,
r. Majestät des Königs beigelegt sind. Die Aus⸗
ständische Rechte zu wahren, so glaube ich in der Bitte an Se. Ma⸗
unausge führten Theile die ses Gesetzes
jestät den König um Verleihung der Periodizität, der ich mich aus vollem Herzen anschließe, die Bezugnahme auf die frühere Gesetzge⸗ bung nicht unbeachtet lassen zu 22 Ich würde dem Vertrauen Sr. Majestät nicht zu entsprechen glauben, ich würde nicht im vollen Umfange die schuldige Treue und Ehrfurcht Sr. Majestät zu bewei⸗ sen glauben, wenn ich von meinem Standpunkte aus nicht ausspräche, baß mich auch Rechtsgründe zu dieser Bitte bewegen. Ich muß da⸗ hingestellt sein lassen, wie weit ein Jeder glaubt, diese Rechte, welche Se Majestät der König selbst für noch bestehend erklärt haben, ver⸗ stehen zu müssen, allein daß sie ganz und gar nicht in Betracht ge⸗ gozen werden, dem muß ich mich auf das entschiedenste widersetzen.
Graf Eberhardt Stolberg: Ich habe mich in der Minorität der Abtheilung befunden; es ist vorher davon die Rede gewesen, und zwar von unserem Herrn Referenten, daß die Minorität hervorgeho⸗ ben habe, sie glaube eine Art von Drängen in dieser Bitte zu sehen und habe sich auch deswegen dem Aussprechen derselben widersetzt. Hierüber ist von dem geehrten Mitgliede aus Sachsen das Nähere schon gesagt worden, wie das Drängen von Seiten der Minorität verstanden wurde, und ich glaube, ihm in dem Meisten beipflichten zu müssen. Es ist aber hier noch dessen zu erwähnen, was die Mi⸗ norität zu ihrem Beschlusse bestimmt hat, und es ist dies in die Fas⸗ sung des Gutachtens aufgenommen worden, wo es heißt: .
„Die Minorität mit 3 Stimmen hat dieselbe verneint, weil sie nicht nur keinen Rechtsgrund hierfür erkennt, sondern auch diese Petition nicht für zeitgemäß hält, obschon auch sie es als win schenswerth betrachtet, daß dem von St. Majestãt eingeseßten Vereinigten Landtage regelmäßige Wiederkehr bewilligt werde.
Das verehrte Mitglied vom Rhein hat vorhin davon geredet, wie die Rechtsgründe und der Rechtspunkt zwar erörtert worden, wie sie ihm aber nicht gelöst schienen. Ich kann ihm nur erwiedern, daß mir der Rechtspunkt vollkommen gelöst und erledigt erscheint. Der zweite Punkt ist der, daß die Minorität der Abtheilung diese Pe⸗ lition auch nicht für zeitgemäß hält. Ich will nur einen ganz kurzen Beweis darüber geben, weshalb die Minorität nicht glaubt, daß der jetzige Zeitpunkt zu der vorllegenden Petition geeignet sei. Se. Ma⸗ jestaͤt der König hat uns unter dem 22. April d. J. eine Zuschrift überschickt; darin lese ich, ich kann wenigstens nichts Anderes heraus—= lesen, und zwar im letzten Paragraphen: 33 ᷣ
„Auch wollen Wir, da den von dem ersten Vereinigten Landtage ausgehenden Anträgen und Wünschen der vorgedachten Art die Grundlage reiflicher Erfahrung sehlen würde, für diesen Zweck aber, nach Voischrift des §. 12 der ersten Verordnung vom 3. Februar d. J., die Thätigkeit des Vereinigten Landtages erforderlich ist, Unferen getreuen Ständen hiermit gern die Zusicherung ertheilen, daß Wir dieselben das nächstemal innerhalb der durch S. 2 Ter zweiiten Verordnung vom 3. Februar d. ö periodische Zusammenberufung centralständischer Versammlungen vorgesehenen Frist von 4 Jahren, auch wenn keine durch das Gesetz selbst ge⸗ botene Veranlassung dazu vorliegen sollte, vollzählig um Uus ver- sammeln werden, damit die Früchte besserer Erfahrung nicht unbe⸗ nutzt bleiben.“ . . ⸗
Ich lese und sehe hieraus ganz deutlich, daß Se. Majestät uns gesagt hat, daß er diese Wünsche und Anträge annehmen wolle, daß wir diese Wünsche aber erst bei dem durch die eben derlesene An. ordnung befohlenen innerhalb 4 Jahren zu berufenden Landtag aus⸗ sprechen sollen, da er erwarte, daß wir sie reiflich überlegen würden. Se. Masestät hält also dafür, daß wir sie in 10 Wochen noch nicht so reiflich überlegt haben können. Wenn ich auch zugeben wein . wir Erfahrungen gemacht haben, reiche, vielleicht reichere als ö geglaubt und Mancher gehofft hat, so kann ich doch nicht zuge Ie. daß wir in allen denjenigen Fällen, welche in dem Gesetze vorausgesehen sind, reifliche Erfahrungen gemacht hätten. Ich gelbst kann nicht wünschen, daß die von Sr. Majestät angeordneten Ausschüsse so zu⸗ sammentreten und so organisirt werden, wie es im Gesetze steht sie sind aber bisher noch nicht zusammengetreten . ich kann daher jetzt lber die Nothwendigkeit oder über das Nichtwünschenswerthe dersel⸗ ben noch kein so gegründetes Urtheil haben, um hierauf gegründete Bitten bauen zu können. . .
Mir scheint also, um nochmals darauf zurückzukommen, doch durch Se. Majestät gesagt, zu werden; . ;
„Erfüllt bie Gefetze, wie Ich sie Zegeben habe, und hernach sagt Mir, wo Ihr glaubt, daß Abänderungen zu treffen wünschens⸗ werth ist.“ . .
Ich glaube, das ist der hauptsächlichste Grund gewesen, weshalb die Minorität dem Wunsche nicht beigetreten ist; ich wenigstens muß erklären, daß dasjenige, was ich eben verlesen habe, diesem Wunsche zum Grunde gelegen hat und ich dabei auch heute bleibe.
Graf Bürghaus: Ich wollte, mir zuvörderst die Frage an den Herrn Referenten erlauben, ob die hohe Abtheilung gemeint ist, daß die hier ausgesprochene Bitte, wie sie im Referate enthalten ist, ohne Anführung von Gründen Sr. Majestät vorgetragen werden soll. Es ist mir aus dem Referate nicht klar geworden, ob eine solche Bitte ohne Anführung von Gründen vorgetragen werden soll; sollte dies der Fall sein, dann schließe ich mich dem Vortrage unbe⸗ dingt an.
ö Referent von Keltsch: Die Abtheilung hat speziell sich diese Frage nicht vorgelegt. Ihrer Ansicht nach, wie sich diese in der Vorbe⸗ rathung gezeigt hat, ist dies erst von dem Beschlusse der Kurie ab⸗ hängig, ob Gründe gegen Se. Majestät den König auszusprechen sind; ich halte aber dafür, daß das Reglement bereits ausspricht, baß Gründe auszusprechen sind. Wenn aber die an mich gestellte Frage vielleicht dahin zweckt, zu erklären, wie die Abtheilung sich ge⸗ dacht hat, in welcher Weise der Beschluß des Beitrittes zu formu⸗ liren sei, so kann ich das auf das bestimmteste beantworten. Tie Masorität der Abtheilung glaubt, daß ihre positive Erklärung, die äußere That, so zu formuliren sei, . .
baß wir dem Beschlusse der Kurie der drei Stände dahin beitreten
wollten, Se. Majestät allerunterthänigst zu bitten, die periodische
Einberufung des Vereinigten Landtages in einer von Allerhöchst⸗
demselben zu bestimmenden Frist Allergnädigst aussprechen zu
wollen. .
Die Majorität hat es sich aber nicht so gedacht, daß, sie über jeden einzelnen Grund, der in der anderen Kurie aufgestellt worden ist, eine einzelne Erklärung abgebe, ob sie dem einen Grunde oder dem anderen Grunde beitrete, ob sie einem nicht beitrete u. s. w. Sie hat geglaubt, in ihre positis abzugebende Erklärung über den Beitritt zu dem Beschlusse der anderen Rurie nichts mit aufzuneh— men, was eben nur Motiv sei.
Graf Burgh aus: Ich glaube vereint mit dem Herrn Refe⸗ renten, daß nach der Bestimmung des Reglements zu jeder Bitte, die Sr. Majestät vorgetragen wird, Motive hinzugefügt werden müssen. Und ich ir. daß es für die Abstimmung höchst wichtig ist, zu wissen, welche Gründe die Abtheilung die Absicht hat, zu Motivirung des Antrages vorzuschlagen. Sind es blos Gründe der inneren Nothwendigkeit und der Nützlichkeit, so schließe ich mich die⸗ sem Antrage vollkommen an; wird aber auf frühere Rechte Bezug genommen, so muß ich meinerseits mich gänzlich dan eeklären, ünd zwar aus dem einfachen Grunde, weil meine politische Stimme erst an dem 3. Februar ins Leben gerufen worden ist, und in dem Augenblicke, wo ich hier meinen Sitz in diesem Saale eingenommen,
habe ich die Bestimmung des 3. Februar anerkannt. Ich wüßte nicht, wie meine politische Stimme, die eben erst mit dem 3. Fe⸗ bruar geschaffen worden ist, das Recht haben könnte, sich auf eine frühere Gesetzgebung zu berufen und Rechte aus jener Bestimmung herzuleiten. Es ist mir gänzlich unerklärlich, wie dies zu vertheidi⸗ gen wäre, und demnach schließe ich mich den ersten Gründen, die ich angeführt, nämlich den Gründen der inneren Nothwendigkeit und Nützlichkeit, gern an; aber gegen eine Beziehung auf Rechte aus einer früheren Gesetzgebung muß ich mich von meinem Standpunkte aus gänzlich verwahren.
Referent von Keltsch: Im Namen der Abtheilung und bezie⸗ hungsweise der Majorität bin ich in diesem Augenblicke nur im Stande, zu erklären, daß die Majorität im Gutachten selbst erklärt hat, welche Gründe sie bewogen haben, der Bitte sich anzuschließen, die eben vorangestellt sind; inwieweit jedes einzelne Mitglied alle diese Gründe oder einige davon, andere aber nicht zu den seinigen gemacht hat, durch welche es sich hier bestimmen läßt, den Beitritt zu erklä⸗ ren, ist eben freies Eigenthum jedes Einzelnen. Ich für meine Per⸗ son werde im späteren Verlaufe der Debatte auf den Gegenstand nochmals zurückkommen. Es scheint mir geeignet, daß ich erst später, vielleicht gegen Ende der Debatte, dies thue, und bemerke, daß ich auf diesen Punkt für meine Person ausdrücklich später zurückkommen werde.
Graf von Dyhrn: Ich muß in dieser hochwichtigen Sache..
(Graf von Arnim bittet ums Wort zu einer Bemerkung hinsicht⸗
lich des Geschäfts-Reglements, und der Sprecher verzichtet zu dessen Gunsten einstweilen auf das Wort.) — Graf von Arnim: Ich glaube, daß die Frage: ob und welche Gründe anzuführen sind, eine solche ist, die lediglich die Kurie be⸗ trifft; die Abtheilung hat darüber kein Urtheil zu fällen und hat auch keines gefällt. Es kann immer nur Sache der Kurie sein, zu entschei⸗ den, ob und welche Gründe sie geben will. Diese Aufklärung wollte ich nur als meine Ansicht über die Frage geben, die das geehrte Mit⸗ glied aus Schlesien gestellt hat. 5
Graf von Burghaus: Ich habe auch nur die Abtheilung
gefragt, welche Gründe sie gemeint hätte, der Kurie vorzuschlagen.
Graf Dyhrn: Mich auf die eben beendete Debatte bezlehend, beginne ich so. Auch ich bin der Meinung des geehrten Mitgliedes aus der Mark, daß die offiziell anzuführenden Grüude Sache der Kurie sind, daß die Kurie über dieselben künftig zu entscheiden haben wird. Darin aber stimme ich mit dem Referenten vollkommen über⸗ ein, daß die Beweggründe das innere Eigenthum jedes Einzelnen sind, daß jedem Einzelnen erlaubt sein muß, diese seine Gründe hier auszusprechen, und daß es mich durchaus nicht abhalten wird, meine Gründe offen hier auszusprechen, wenn ich auch vielleicht nicht die Freude habe, mit Allen, die mit mir stimmen werden, auch in den Gründen übereinzustimmen. Zu dieser offenen Aussprache muß ich das Recht haben, so wie ich es jedem Anderen lasse und gewiß auch die meinen entgegenstehenden auf das allerhöchste achte. Was diese meine Gründe nun anbetrifft, so muß ich zuvörderst in Bezug auf das, was mein verehrter Freund aus Schlesien, der vorletzt gespro⸗ chen, gesagt hat, dagegen erwiedern, daß allerdings auch meine Stimme erst mit dem 3. Februar geschaffen worden ist, Es giebt gewiß kein Mitglied in der ganzen, Versammlung, welches so durchglüht von Dank für Se. Majestät ist, daß sie mich berufen hat, hier in diesem Königssaale meine Stimme erschallen zu lassen. Meine Herren! Ich befinde mich hier inmitten der größten Grundbesitzer meines Vater⸗ landes, ja vielleicht Deutschlands, ich befinde mich in Mitten von Häuptern, welche in der früheren deutschen Geschichte eine ganz an⸗ dere Stellung einnahmen, als meine Ahnen sich je rühmen konnten; aber, meine Herren, je mehr ich mir bewußt bin, daß die Größe meines Besitzthums mir vielleicht diesen ehrenvollen Sitz nicht geschafft hätte, sondern allein die Gnade Sr. Masjestät, und diese, wie ich stolz sprechen darf, im Andenken an meinen Vater, im Andenken an die Verdienste seines mir heiligen Hauptes, so können Sie überzeugt sein, und ich kann Sie versichern, daß gewiß Niemand tiefer und in⸗ niger von Dank durchglüht ist für die Gnade, daß mir die Ehre ge⸗ woͤrden ist heut hier sprechen zu dürfen, aber eben weil ich von die⸗ sem Danke so durchglüht bin, weil ich es für eine heilige Pflicht halte, das zu erfüllen, um was ich hierher berufen worden bin, darum glaube ich, nicht herzlicher, nicht inniger, nicht wahrer danken zu kön— nen, als mit der vollkommensten Wahrheit, der vollsten öffent= lichen Darlegung meiner Gefühle, meiner Ansichten. Ob sie die rechten sind, das wird die Zeit entscheiden. Und wenn ich diese Gefühle, wenn ich diese Ansichten nun hier darle— gen soll, so muß ich mich ganz einverstanden mit dem er⸗ klären, was mein edler Freund, Graf Nork aus Schlesien, über die Rechtsbegründung ausgesprochen hat. Ich wüßte nicht, wenn ich Alles überdenke, wenn mir Alles vor die Seele tritt, was darüber schon gesagt worden ist, was ich dem noch hinzufügen könnte; und ich bin so durchglüht von diesen Gründen, daß, wenn ich blos meinen politischen Ansichten starr folgen, wenn ich allein dem folgen wollte, was mir im Innern lebt, ohne rechts und links zu sehen, ich vielleicht gezwungen würde, selbst gegen den Antrag der Abtheilung zu stimmen. Meine Herren! Reben der Wahrheit, glaube ich, sind wir aber auch hier schuldig, uns in der Geschichte, im gegenwärtigen Standpunkte umzusehen, und darum meine Herren spreche ich hier von den Rechts— gründen nicht ferner, ich stelle mich heute auf einen höheren Stand⸗ punkt. An diesen höheren Standpunkt mahnt mich der heutige Tag und ich verlasse daher den juristischen Grund und stelle mich auf den welthistorischen. Denn schon einmal, meine Herren, waren alle Blicke Europas am 18. Juni auf Preußen gerichtet. Damals war es das Preußen in den Ebenen von Belgien, heute meine Herren, ist es das Preußen, im goldenen Königssaale, es sind die preußischen Ritter im Ritkersaale; damals waren es Tausenden von Rit= tern, heute sind wir eine kleinere Gesellschaft; aber so hoch ich auch die Entscheidung halte, die damals am 18. Juni erfochten wurde, so kann ich doch den heutigen Augenblick nur für die Erfül= lung dieser Entscheidung halten. Meine Herren! Ich darf nicht wei⸗ ter darauf eingehen; es sind sehr viele unter Ihnen, denen ganz an— dere Gefühle, denen die lebendige Gegenwart entgegentreten wird, wenn ich die Uhr herausnehme und sage, es ist jetzt J Uhr am 18. Juni. Wo waren Sie da, meine Herren, vor 32 Jahren? Welcher Entscheidung eilten Sie damals entgegen? Meine, Herren! Lassen Sie unsere heutige Entscheidung nicht ganz unwürdig der sein, welche Preußen heute vor 32 Jahren im Angesichte von Europa gab. Es ist der Tag des schönen Bundes! Lassen Sie uns diesen schönen Bund heuke um uns und unsere Mitbrüder in der anderen Kurie, um das ganze Volk schlingen. Darum, meine Herren, beuge ich meine eigensten politischen Ansichten, die ich sonst gewiß immer und überall aufrecht erhalten werde, insoweit und sofern, als dieses nothwendig wird, mich mit der Mehrheit dieser hohen Versammlung in Einklang zu setzen, und ich glaube nicht, meine Herren, daß Sie mich deswe⸗ gen einer Feigheit zeihen werden. Um eben den Tag des schönen Bundes zu feiern, werde ich mit dem Antrage der Abtheilung stimmen.
Prinz zu Hohenlohe; Ich glaube, wir sind über die Noth= wendigkeit der . des Vereinigten Landtages in unserem Innern beinahe Alle einig; es bewegt uͤns aber Etwas, das ist die
Frage, sollen wir diesen Wunsch aussprechen? Es ist nicht zu leug⸗ nen, daß diese Frage uns auf Schwierigkeiten geführt hat, die wir er—
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gründen, die wir prüfen mußten, und sie sind zum Theil von einem geehrten Mitgliede mir gegenüber schon angeführt worden. Ich habe die Schwierigkeiten darin gefunden, weil Se. Majestät in der Thron⸗ Nede vom ö April jede sofortige Mitwirkung zu einer Aenderung des Gesetzes vom 3. Februar versagt haben. Verlangen wir eine so⸗ fortige Mitwirkung? Ich glaube nein; ich glaube, es ist sogar am Schlusse des Gutächtens der Abtheilung ausgesprochen worden, wir überlassen es Sr. Majestät dem Könige; die so fortige Mitwir⸗ kung sprechen wir gar nicht an. Einen zweiten Grund habe ich darin gefunden, weil Se. Majestät in der Allerhöchsten Botschaft vom 22. April erklärt haben, nur von Zeit und Erfahrung die Motive zu einer Aenderung annehmen zu wollen. Ich frage, kann eine Zeit in dieser Hinsicht lehrreicher für uns gewesen sein, als wie die letzten 10 Wochen? Ich frage ferner, wenn diese 10 Wochen uns nicht lehrreich waren, welche Wochen bis zum nächsten Vereinigten Land⸗ tage sollen uns belehren? Ich muß sagen, ich finde mich darin be⸗ ruhigt, indem die Erfahrung in diesen 10 Wochen gesprochen hat und nicht auf eine andere Weise wird sprechen können, bis wir wieder vereinigt sind. Ein dritter Grund ist der, weil binnen 4 Jahren wenigstens Se. Majestät den Landtag wieder berufen wollen. Wir könnten nun sagen: Bis dahin sei es ausgesetzt; ich gestehe aber, wenn diese Bitte heute nicht ausgesprochen wird, so ruht sie bis zum nächsten Landtage, das wären 4 Jahre, wir könnten sie dann aus⸗ sprechen, aber sie ruhte dann möglicherweise noch länger, und die Periodizität wäre vielleicht am dritten Landtage noch nicht ausgespro⸗ chen. Ich halte mich daher verpflichtet, mich jetzt der Bitte um Pe⸗ riodizität anzuschließen. Aber ich finde auch selbst in der Thron-Rede Widerlegung. Des Königs Majestät sagt: „Wie im Feldlager ohne die allerdringlichste Gefahr und größte Thorheit nur Ein Wille gebieten darf, so könne dieses Landes Geschicke, solle es nicht augenblicklich von sei⸗ ner Höhe fallen, nur von Einem Willen geleitet werden.“ Das ist aus dem Grunde meines Herzens gesprochen, und ich werde mich dem anschließen, so lange wie ich lebe, denn in diesem Grundsatze bin ich auferzogen, bin 50 Jahre darin alt geworden. Damit aber der König diesen Willen aussprechen kann, muß er auch als Feldherr und König von Allem benachrichtigt sein, von allen Verhältnissen, die ihn bestimmen können, seinen Willen zu leiten, zu regieren, Meine Herren! Ich wende mich an die hohen Führer, wenn sie im Feldla⸗ ger stehen und bekommen nicht die gehörigen Nachrichten von denen, die verpflichtet sind, ihnen Nachrichten zu geben, was würde dann geschehen? Ich frage, meine Herren, sind wir verpflichtet, dem Kö⸗ nige Nachricht zu geben von dem, was wir überzeugt sind, das Alle durchdringt, von dem wir überzeugt sind, es ist der allgemeine Wunsch? Der König sagt weiter unten: „Zwischen uns sei Wahrheit.“ Ich halte mich deshalo verpflichtet, ganz dem Gutachten beizutreten, wie es von der vierten Abtheilung ausgesprochen worden ist.
Fürst Lichnowsky: Ich danke den beiden verehrten Rednern, welche zuletzt das Work ergriffen haben; sie haben diese große De⸗ batte auf den hohen Standpunkt geführt, sie haben ihr jene Wich⸗ tigkeit beigemessen, die unbezweifelt uns Alle durchdringt.
Ich habe bei Gelegenheit einer anderen Debatte geglaubt, auf die leeren Räume in diesem Saale aufmerksam machen zu müssen; wie vollzählig sind wir dagegen heute hier versammelt! Ein Be— weiß, daß es uns Alle vollkommen durchdringt, wie wichtig der heu⸗ tige Tag ist. Es ist nicht diese Tribüne, nicht die zweite Kurie, es ist das ganze Land, das auf dieses Votum blickt, und dieses Votum ist um so wichtiger in dieser Versammlung, als diese Versammlung hier nicht in alten Institutionen wurzelt, nicht auf dem ständischen Prinzip, das von unserem heimgegangenen Heldenkönig festgestellt worden ist. Es ist eine Emanation unseres jetzigen Königlichen Ge⸗ setzgebers. Sein souverainer Wille allein hat uns hier berufen, nicht ein 'altes Recht; und bei Gott, Jeder wird dies im Gedächtiniß be⸗ halten. Ich habe sehr oft die Ehre gehabt, in dieser hohen Ver sammlung das Wort zu ergreifen; ich bin oft mit Aufmerksamkeit gehört worden; ich habe aber nie mit so innigem Bewußtsein der Bedeutung des Moments, nie so ergriffen wie heute gesprochen, und ich bitte die hohe Kurie meine Bewegung mir zu Gute zu halten.
Es liegt uns eine Petition der Kurie der drei Stände, vor, sie theilt sich in verschiedene Abschnitte. Einer ist es, der uns in diesem Augenblicke beschäftigt; doch alle Anderen kommen auf diesen einen zurlick, er ist die Lebensfrage unserer parlamentarischen Existenz, die Grundlage der Verfassung, die uns hier vereinigt. Man sage mir nicht — ich wiederhole, was von mehreren verehrten Mitgliedern ge⸗ äußert worden, — man sage mir nicht, daß unsere Erfahrung zu gering, daß die Zeit zu kurz ist. Seit dem 3. Februar und dem 11. April bis heute hat Preußen ein politisches Jahrhundert durchlebt, und es ist nicht der letzte Grund, der uns zur Bewunderung des weisen Blickes unseres großen Königs hinreißt, daß er es eingesehen hat, sein Volk sei für eine politische Entwickelung reif und empfänglich. Es sind dies Worte, deren Wahrheit ganz gewiß eben so auf der Ministerbank gefühlt wird, als sie in dieser und in der anderen Ku— rie jedem Vertreter des preußischen Volks durchdringen, und als die gespannte Aufmerksamkeit, das ängstliche Lauschen und sehnliche Harren daflir Bürge ist, das von der Weichsel bis zum Rhein jedem Wort in diesen Hallen folgt. Aber eben, je mehr wir von der Wichtigkeit unseres politischen Lebens durchdrungen sind, desto mehr müssen wir auf jene Punkte zurückkommen, die in der Allerhöchsten Botschaft vom 22. April so herrlich und treffend als bildungsfähig und unantastbar bezeichnet worden sind. Jeder von uns kann in seinem Gewissen vor Gott und seinem König sich das Zeugniß geben, daß er in diesem Willen des Königlichen Gesetzgebers durch diese denkwürdigen zehn Wochen fortgelebt hat. Keiner von uns hat daran gedacht, es zu wagen, eine frevelnde Hand an diesen Grundstein unserer Verfassung anzulegen. Bildungsfähig hat der Königliche Gesetzgeber sie genannt, nicht abgeschlossen, nicht durchaus ausgebildet, und so wollen wir denn in diesem Sinne des Königlichen Wortes zu bilden trachten; wir wollen in diesem Sinne rathen, das gebildet werde, damit dasjenige, 6 rng n war, auch unantastbar bleibe durch alle Stürme er Zeit.
Es ist von meinem ehrenwerthen Freunde, dem Referenten, vor= trefflich entwickelt worden, weshalb wir in der Abtheilung auf die Gründe, welche die zweite Kurie geleitet haben, nicht eingegangen sind. Die Gründe sind unbedingt das innere Eigenthum jedes Cin. zelnen; die gemeinsame Bitte, wo sich Alle in demselben Wunsche, mit denselben Worten vereinigen, das ist das Gemeingut Aller. Dessen⸗ ungeachtet möge es mir gestattet sein, auf dasjenige zurückzukommen, was unter dem Namen Rechts gründe bezeichnet worden ist, und ich thue dies hauptsächlich deshalb, weil es eben diese Rechts gründe sind, welche die Abtheilung bewogen haben, die Worte „alle zwei Jahre“ zum Wegfall hier vorzuschlagen. Ich habe nicht die Absicht, näher erörtern oder beleuchten zu wollen, was von großen Autoritä⸗ ten und bedeutenden Männern in der anderen Kurie in langen De⸗ batten bereits zur Genüge verhandelt und erschöpft worden ist. Ich so wenig als irgend ein Anderer könnte diesen Rechtspunkt, diese ju⸗ ristische Streitfrage bereichern. Es will mir aber bedünken, als wenn dieser Rechtspunkt der Grund zu Meinungen gewesen wäre, die sich über dessen Citation gebildet haben, als ob die Anführung dieses Rechtspunktes vor Sr. Majestät dem König — ich will nicht sagen,
als verletzend,
aber als eine Art unehrerbietiges Pochen bezeichnet
worden wäre, ein Etwas in sich bedin ü ᷣ ĩ ehrfurchts vollen Bitte hee g l. I . ö. diefe Ansicht leine Anknüpfüngspunkie gefunden habe. Wenn Se. Majestät, anderen Königen gleich, aus souverainer Macht⸗ vollkommenheit, als Erbe einer ungeschwächten Krone, das Pa⸗ tent vom 3. Februar erlassen hätte, ohne sich in diesem Patente au eine frühere Gesetzgebung zu beziehen, wenn Se. Majestät in die sem Patente unsere Rechte und Pflichten klar ausgesprochen und uns be⸗ ohlen hätte, in Folge dieses Patents uns hier zu vereinigen, — wir hätten, meine Herren, weder in dieser noch in der anderen Kurie in das Königliche Wort einen Sinn hineingelegt, den der Königliche Gesetzgeber nicht selbst diesem Worte gegeben hat; wir wären hier⸗ her gekommen in Folge dieses Königlichen Patents, ohne Bezug auf eine frühere Gesetzgebung zu nehmen. Dies hat aber unser König⸗ licher Gesetzgeber nicht gewollt; er hat ein hohes Werk der Pietät gegen den dahingeschiedenen Herrn erfüllt, indem er seine Gesetz⸗ gebung angereiht hat an die großen gesetzgebenden Momente des verklärten Königs. Es heißt deutlich im Patente vom 3. Februar: „in Hinblick hierauf haben Wir fortbauend,“
Se. Majestät haben also die jetzige Gesetzgebung als den Fort⸗ bau der früheren Gesetze und zwar als den Fortbau von Gesetzen erklärt, die ausdrücklich und namentlich in , . Königlichen Patente angeführt sind. Wenn nun in Folge dieses Königlichen Patents mit Hinblick auf die Königliche Botschaft vom 22. April, in der die von mir bereits erwähnten Worte „unantastbar, aber bildungsfähig“ ent⸗ halten sind, wenn nun in Folge dessen der Weg, den der Königliche Gesetzgeber uns selbst vorgezeichnet hat, verfolgend, nicht antastend, sondern fortbildend, d. h. in Einklang bringend, wo dieser Einklang nicht klar erscheint, wenn, sage ich, Mancher von uns in dieser oder jener Versammlung geglaubt hat, in seinem Gewissen aufrichtig und ehrlich zu finden, daß diese früheren Gesetze mit dem neueren Gesetze in einzelnen Punkten sich nicht vereinigen ließen, so ist es nach mei⸗ ner Ansicht feine Pflicht, als treuer Unterthan und loyaler Stand dem Königlichen Gefetzgeber vorzutragen, wie diese Punkte in Ein⸗ klang zu bringen wären, und auszusprechen, was sein Gewissen drückt. Ich gehe — und ich bitte um die Erlaubniß, hierauf einen Accent zu legen — ich gehe nicht auf die Rechtsgründe selbst ein, sondern ich erwähne nur, daß ich die Bezugnahme als einen vollkommen loyalen Akt und nicht als einen Mangel an Ehrfurcht bezeichne. Wir haben auch diese Bezugnahme auf frühere Gesetze insofern aufgenommen; als wir aus dieser Bezugnahme das Recht für die Abtheilung vindi⸗ zirt haben, der hohen Kurie vorzuschlagen, die Worte zwei Jahre aus dieser Petition wegzulassen; denn in allen früheren Gesetzen und selbst nach der Ansicht derer unserer Kollegen in der anderen Kurie, welche nur auf dem Rechtsboden fußen, ist für die Worte zwei Jahre“ keine rechtsgültige Andeutung enthalten. Wenn also auf der einen Seite ihr Gewissen in dieser Beziehung verwahrt ist, und wenn auf der an⸗ deren Site wir hierdurch eine Verständigung herbeiführen können, so hat keiner von uns gezweifelt, diese zwei Jahre zu streichen, und wir
waren der Ueberzeugung, daß eine Verständigung, die nach unserer Ansicht eine Haupt⸗-Aufgabe der Herren-Kurie ist, dadurch erzielt und dies nicht als ein Opfer, sondern als eine Gabe in der anderen Ku⸗ rie interpretirt werden wird. Wir haben ferner, unserem Gewissen folgend, erwogen, was ehrfurchtsvoll erscheinen kann, und wir haben uns sagen müssen, daß ein festes Bestimmen der Frist auf keinen Fall fo ehrfurchtsvoll erscheinen kann, als wenn die Frist weggelassen und blos das Wort „periodisch“ ausgesprochen wird. Das ist der Grund, weshalb das Wort periodisch hier steht; denn wir hegen die innere Ueberzeugung, daß Se. Majestät über unseren Wunsch auf eine in kurzen Fristen bestehende Periodizität keinen Zweifel mehr hegen kann, daß wir also diese Fristen selbst nicht noch auszusprechen brauchen, indem Se. Majestät sehr klar sehen, was wir durch den allgemein gehaltenen Ausdruck haben sagen wollen. Aber gerade weil wir diesen Wunsch Sr. Majestät in dem Antrage ausgesprochen haben, den wir hier der hohen Kurie vorlegen, muß ich mich gegen das Amendement meines verehrten Kollegen aus Westfalen erklären. Ich finde in diesem Amendement zuerst einen formellen Fehler, eine Ueberschreitung des Gesetzes. Der §. 13 der ersten Verordnung nach dem Patent vom 3. Februar fagt- „Dem Vereinigten Landtage steht das Recht zu, uns Bitten und Beschwerden vorzutragen,“ Was uns hier vor⸗ geschlagen wird, ist keine Bitte und keine Beschwerde. Ich kann nicht leugnen und habe es mit großer Freude bemerkt, daß sich bei⸗ nahe jedes Wort, wenn auch nicht wörtlich, doch dem Sinne nach, welches wir in unserem Vorschlage aufgenommen haben, in dem ge— nannten Amendement wiederfindet; ich sehe dieses als ein Zeichen der Verständigung an und vermisse nur das Einzige, das Nothwendigste, nämlich die gehorsame Erfüllung dessen, wozu uns Se. Majestät hier⸗ hergerufen hat. Wir haben in Bitten und Beschwerden einzukleiden, was wir Sr. Majestät dem König unterthänigst vortragen, nicht aber im Gutachten Ansichten, oder wie ich diese Erklärung bezeichnen soll. Das ist der Fehler, den ich dem Amendement vorwerfe.
Ich habe mir erlaubt, auf die Wichtigkeit dieser heutigen De⸗ batte die hohe Kurie, ich darf nicht sagen, aufmerksam zu machen, sondern nur darauf hinzudeuten. Es sei mir gestattet, auf die hohe Wichtigkeit unseres Votums hier noch einmal einen Accent zu legen. Die Herren-Kurie ist ein aristokratischer Körper; sie beruht auf dem Prinzip der Erblichkeit, und auf. diese Art steht die Herren⸗Kurie zwischen der Krone und der anderen Kurie, welche auf einem Wahl- Prinzip beruht und die drei Stände repräsentirt, in welche nach un⸗ serer Gesetzgebung das preußische Volk getheilt wird.
Der Königliche Gesetzgeber, der, ohne dazu weder verpflichtet zu sein, noch in irgend einem Akte der Gesetzgebung einen Anlaß dazu zu finden, diese Herren- Kurie ins Leben gerufen hat, hat sie ohne Zwejfel als ein vereinigendes, verständigendes Band zwischen der Krone und der anderen Kammer hingestellt. Das ist, nach unserer Ansicht, unsere wahre Aufgabe; und das ist es, was uns nie so deut⸗ lich vorschweben muß, als gerade am heutigen Tage. Ich habe mir bereits anzuführen erlaubt, daß ich mir nicht denken kann, daß der König im Zweifel sein könne darüber, um was wir bitten. Aber wenn wir Much durch unsere Bitte der Krone etwas Unerwartetes vortragen sollten, so wäre es doch unsere Pflicht, nach dem Aus⸗ druck eines berühmten Mannes, den unser König auf die Universität Bonn berief: „Unsere Treue eben so gut durch Nein, als durch Ja zu bewähren.“ Ich sehe die Treue in der Wahrheit und, stimme darin meinem verehrten Kollegen aus Schlesien bei. Die Wahrheit zu sagen, sind wir dem Könige schuldig. Ich schliße diesen Vortrag, indem ich auf die Worte meines verehrten fürstlichen Kollegen aus der Rhein-Provinz zurückkomme. Ich will nicht zu weit zurückge⸗ hen in der Geschichte, sondern nur auf eine Periode, die wir Alle erlebt haben, auf die Zeit vor dem Jahre 1815— 39. Ich frage Sie, meine Herren, hat damals der höhe französische Adel seine wahren Pflichten gegen das Königthum erfüllt? Er hatte es sich ge⸗ wissermassen zur Aufgabe gestellt, der Krone gegenüber die Wünsche und die Lage des Landes wegzuleugnen. — Wir wollen gewiß nicht, daß man auch auf die preußifche Herren- Kurie anwenden könne — sie hat nichts gelernt und nichts vergessen.
Graf von Landsberg: Wollen mir, Ew. Durchlaucht nicht erlauben, mit einer kurzen Bemerkung auf diese Rede zu erwiedern.
Marschall: Wenn durch diese Erwiederung auf die Sache