1847 / 175 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

eingegangen werden soll, so werde ich das Anmelden zum Wort noti— ren. 3. hat der Fürst zu Lynar das Wort.

Fürst zu Lyn ar: Wie es im Privatleben Augenblicke giebt, worin sich gleichsam der ganze Inhalt desselben zusanmmendrängt, so er⸗ scheinen auch im Staatsleben Momente, welche, in ihrer Bedeutung, ein Jahrhundert aufwiegen. Ein solcher Moment ist der gegenwär⸗ tige für diese hohe Kurie. k

In tiefem Ernste betrete ich die Höhe desselben, eine Höhe, von der hinab alle anderen Lebens⸗ Beziehungen meinem Auge entschwinden, und, so gestellt auf dem erhabenen Standpunkte der politischen Bedeutung und des Pflichtgefühls, greife ich in meine Brust und gebe aus der tiefsten Tiefe des Gewissens mein Votum ab. Ich gebe es dahin ab, daß ich mit voller Ueberzeugung dem Antrage der Majorität un⸗ serer Abtheilung beistinme. .

Es sei mit vergönnt, dieses Votum zu motiviren,.

Auf den Rechtspunkt werde ich nicht eingehen, ich wünsche nicht, daß es von dieser erlauchten Nurie geschehen möge; Alle die ein. schlagenden Fragen sind bereits in der hohen Drei⸗Stände Kurie mit demjenigen Schaärfsinn erörtert worden, welcher derselben so eigen⸗ thümlich ist; mit demselben Scharfsinn hat man von der verehrten Ministerbank darauf geantwortet; ich vermöchte nicht, diesen dialekti⸗ schen Deductionen zu felgen, und würde solches Bestreben in diesem Augenblicke auch für überflüssig halten. Die Akten scheinen schluß—⸗ reif und ich glaube, daß wir sie für geschlossen erachten müssen. Mö⸗ gen sie nun abgehen an den erhabenen Richterstuhl, vor den sie ge⸗ kören, ich meinerseits sehe dem Richterspruche mit Vertrauen und hoffnungsvoll entgegen, denn meine Herren! dieser höchste Richter ist das große Herz des besten Königs!

Ich werde mir dagegen erlauben, die Bitte um Periodizität der allgemeinen Stände Versammlung aus Gründen einer inneren Noth wendigkeit und der Nützlichkeit zu unterstützen. Es sei mir aber ge⸗ stattet, meinen Betrachtungen eine kurze historische Einleitung voran— zuschicken.

Sie kennen, meine Herren, die kleinen Anfänge unserer gro— ßen Monarchie. Die Regenten dieses Landes waren anfänglich nur in dem Besitze vereinzelter Provinzen, in denen ständische Verfassun gen bestanden, welche den verschiedenen ständischen Corporationen aus- gedehnte Reihte verbürgten. Nirgends war Einheit und Kraft, kleine Fehden und innere Zerwürfnisse beschäftigten und lähmten die That⸗ kraft der Regenten.

Aber die Vorsehung hatte Preußen ersehen zu einer welthistori⸗ schen Bestimmung. Es sollte inmitten der europäischen Staats⸗ Sosteme auch eine edle Mitte halten zwischen widersprechenden poli⸗ tischen, geistigen und sozialen Richtungen; es sollte Führer werden einer eigenthümlichen Richtung: der einer kraftvollen, aber friedlichen und vernunftgemäßen Fortbildung. Deshalb schenkte sie diesem Lande eine Dynastie, wie sie kein anderes Land der Welt aufzuweisen hat, das glorreiche Haus der Hohenzollern, aus dem ein jeder De— scendent ein Königreich aufwiegt⸗— In dieser Donastie lebte in fort⸗ erdender Tradition der unerschütterliche Wille, einen großen und wahr⸗

haft christlichen Staat zu bilden, der die höchsten Staatszwecke er⸗ füllen sollte:

„Rechtsbegründung und Wohlfahrt des Volks im In⸗ nern, Unabhängigkeit und politische Größe nach außen.“

Die Riesen dieses Geschlechts wollten die mächtige Hand nicht

länger gebunden sehen durch kleinliche Fäden ständischer Beschrän— kung, und der große Kurfürst und sein erhabener Nachfolger zer⸗ sprengten diese Fesseln, indem sie die ständischen Rechte unterdrückten, und fie thaten Recht daran; denn ständische Corporationen, welche, in kleinlichem Egoismus befangen, sich nicht erheben können über den beschränkten Horizont provinzieller Interessen, welche sich nicht aufzu⸗ schwingen vermögen auf die Höhe der Staats-Ider, welche sich für bas Ganze nicht' aufzuopfern wissen, meine Herren! solche Stände sind unwerth, Rechte zu besitzen! Nun waren die Herrscher frei und bildeten um sich, um ihre großen Persönlichkeiten den preußischen Staat. Umgeben von einer vortrefflichen Verwaltung, regierten sie unumschränkt nach systemati⸗ schen, unabänderlichen Regeln, und so ward der Staat nach und näch ein mechanischer. Im Mittelpunkte dieses Mechanismus waltete, als bewegende Kraft, der unumschränkte, unerschütterliche Wille und die Intelligenz der Monarchen, und auf solche Weise entwickelte dieses kunstvolle Räderwerk in seinem Umschwunge eine Kraft, die Europa in Erstaunen setzte. Die glorreiche Zeit Friedrich's des Großen und der Anfang dieses Jahrhunderts waren die Höhepunkte jener welthistorischen Zeit.

——

Da bildete sich im Westen von Europa, gegenüber diesem me chankschen Staate ein anderer Staat organisch aus, durchdrun⸗ gen von einer neuen gewaltigen Lebens-Idee, welche jeden Einzelnen, und somit das Ganze durchglühte; es war anfänglich die Idee der Menschenrechte und der Freiheit und später die des Ruhmes und der National-⸗Größe.

Ein Konflikt beider Systeme war unvermeidlich und das Re⸗ sultat nicht zweifelhaft; denn ein Mechanismus wird einem lebendi— gen Organismus niemals zu widerstehen vermögen! Der fürch terliche Zusammenstoß veranlaßte die Katastrophe von 1806 und schleuderte Preußen an den Abgrund des Verderbens.

Wer erinnert sich nicht der trauervollen Jahre, die darauf folg⸗ ten? Allein die göttliche Vorsehung wollte das preußische Volk nur prüsen, nicht verderben, denn sie hatte ihm einen Retter vorbehalten, und dieser Erretter war sein König!

Friedrich Wilhelm der Dritte mit inniger dankbarer Rüh— rung und Pietät, nenne ich diesen geheiligten Namen =— Friedrich Wilhelm der Dritte blieb unerschütterlich im Unglück, sein großes Herz verlor nicht den Muth, verlor nicht das Vertrauen auf Gott,

zu sich selbst und zu seinem Volke. Mit klarem Verstande erkannte daß er seinen Staat neu

er die Bedürfnisse der Zeit, er fühlte, schaf fen, daß er ibn organisch lebendig umbilden müsse, wenn er wieder groß und lebensträftig werden sollte.

Da eiließ er die, bewundernswürdigen agrarischen Gesetze, die das platte Land aufrüttelten aus seiner Lethärgie; da gab er uns die Städteordnung und senkte den Funken des Lebens in das Cor porations⸗Wesen, da gründete er das Tandwehr-System, welches jedem Preußen das edle Recht verleiht, wenn es gilt, sein Blut zu verspritzen für die geheiligte Sache des Königs und des Vater— landes. . .

So gerüstet, wartete er den günstigen Zeitpunkt ab, und als er gekommen war, als über die schneebedeckten Gefilde Rußlands der erste Frühlingshauch der Freiheit zu uns herüber wehte, da rief er mit dem allmächtigen Worte des Entschlusses sein Voll zum Kampfe auf: Aus Hütten und Pallästen strömte es zusammen, es schaarte sich um seinen ritterlichen König, und, von ihm geführt, schlug es nieder den Üübermüthigen Unterdrücker.

Run athmete Preußen, nun athmete Deutschland entlastet auf in dem Gefühle errungener Freiheit; aber die Flamme eines neu er⸗ wachten Daseins war allerwärts angefacht und manifestirte sich in einem jugendlichen Freiheitsrausche und in einem mächtigen Drange nach polüischer Biltung. Der König erkannte, daß dieses vereinzelte

Leben, dieses Bildungsstreben sollte es in siche re Bahnen gelei

tet werden zu einem organischen Staatsleben vereinigt werden mässe. In dieser Absicht erließ er die Edikte von 1815 und 1820

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und gab, um stufenweis fortzuschreiten, die provinzial⸗ ständische Ge⸗

setgebung von 1823. ;

Als die Vorsehung diesen großen Monarchen abberief von der er⸗ habenen, treu bewachten Stelle seines Königlichen Berufes, als er die irdische Krone mit der himmlischen vertauschte, überließ er es sei⸗ nem weisen Nachfolger, sein großes Werk zu beenden. Unser jetziger erhabener Königlicher Herr erkannte mit seinem Adlerblich, daß Lie Zeit hierzu reif sei, und vollendete die von ihm immer gepflegte stän dische Bildung durch die geniale centralisirende Gesetzgebung vom 3. Februar d. J. . .

So steht nun die deutsche Eiche unserer Verfassung vor uns, ihre Wurzeln tief im Lande verbreitend und ihren Gipfel erhebend bis in dieses Königliche Schloß, wo er ausläuft in die Spitzen der beiden Kurien. 1

Dieser Schöpfung, so großartig sie ist, fehlt aber noch eine Be⸗ dingung, um sie zu einem vollendeten, selbstbewußten Organismus zu erheben: die Bedingung ihrer Fortdauer!

Hier muß ich mir erlauben, auf das Wesen des Organismus zurückzugehen.

Jeder Organismus ist ein Jubegriff von Werkzeugen, die sich ge⸗ genseitig Zweck und Mittel sind und der in seiner Totalität von einer Tebens Idee durchdrungen wird, mit dem Sireben nach Erhaltung und Fortbildung. Die unermüdliche Thätigkeit der Natur scheint nur darauf gerichtet, Organisationen hervorzubringen, immer edlere und edlere, und an der Spitze dieser Pyramide steht der Mensch, das Ebenbild Gottes, mit dem göttlichen Funken des Selbstbewußt⸗ seins. In demselben liegt aber einmal das Gottbewußtsein, als Quelle der Religion, und ferner der Anspruch und die Hoffnung auf Fortdauer, als der mächtigste Antrieb zur Sittlich keit. Was würde, wenigstens für die Massen, aus der Sittlichkeit werden, wem der Mensch nicht die Ueberzeugung hätte, daß er das, was er sich in diesem Bereiche mühsam erkämpft hat, als ein unverletzbares Eigen thum mit sich hinauftragen werde durch die Nacht des Todes? Nun aber soll unser centralständischer Körper ebenfalls die Spitze eines großen Organismus sein; er ist gebildet aus den bedeutdnesten In⸗ telligenzen des Landes, er ist von einem edlen Selbstbewußtsein durch⸗ drungen, und somit darf ihm die Gewißheit seiner Fortdauer nicht mangeln, wenn er sich fühlen soll als eine geistig vollendete Orga—⸗ nisatilon.

Meine Herren! Wir haben hier zwar eine ehrenvolle Stellung, wir bilden eine glänzende Erscheinung am politischen Horizonte, aber leider bis jetzt nur noch eine fometenartige, deren regelmäßige Wiederkehr nicht zu berechnen ist. .

Wie soll die Freudigkeit in unserem Wirken, die Freudigkeit bei persönliicher Aufopferung, das Bewußtsein unserer dauernden Nütz⸗ lichkeit in uns lebendig werden, wenn wir fürchten müssen, unsere Thätigkeit durch den todtenartigen Schlaf einiger Decennien unter⸗ brochen zu sehen, wenn das, was wir hier gepflanzt haben, durch uns nicht fortgepflanzt werden kann, wenn wir unsere Erfahrungen nicht benutzen dürfen und nach vier Jahren aus diesen Räumen schei⸗ den müßten, mit dem Gedanken, daß auf dem folgenden Landtage vielleicht eine andere Generation unsere Plätze einnehmen dürfte? Ja, meine Herren, sollen wir einen vollendeten, selbstbewußten Orga⸗ nismus bilden, mit Allem ausgestattet zur segens vollen Erreichung seiner sittlichen Zwecke, soll die Thätigkeit des Landtages fortdauernd eine organische Natur behalten und vor der vu kanischen ge⸗ schützt bleiben, so würde unser Allergnädigster Königlicher Herr die Gnade haben müssen, seinem fosibaren Verfassungsgeschenke noch das vollendende Geschenk der Periodieität hinzuzufügen. Die ehrfurchts— volle Bitte um dieselbe scheint daher aus dem Grunde einer inneren Nothwendigkeit gerechtsertigt.

Aber auch die Nätzlichkeit der Periodizität ist unverkennbar! Wir wollen uns darüber nicht täuschen, meine Herren!

Die Periodizitätsrage ist in ihrer gehofften Lösung bereits in das Rechisbewußtsein des Volkes übergegangen. Was aber ein⸗ mal darin lebendig ist, sucht sich immer Geltung zu verschaffen, wäre es auch nur in dem heißen Wunsche darnach, in einer dadurch erzug= ten Aufregung, die so wenig wünschenswerth sein würde. Ich habe die Ueberzeugung, daß das Volk die gegenwärtige Verfassung nur dann als eine abgeschlossene und befriedigende erachten werde, wenn

es mit Gewißheit weiß, daß seine Vertreter in regelmäßigen Zeit⸗ abschnitten vor ihren König beschieden werden, um Hot seinem erha⸗ benen Blicke das lebendige Bild des Landes zu entrollen und ihm die Wünsche und Bedürfnisse desselben mit ehrfurchtsvoller Offenheit vortragen dürfen. / .

Sollte diese regelmäßige Wiederkehr nicht in die stä ndische Verfassung gelegt werden, so dürfte das Volk sich von ihr ab und einem anderen nahe liegenden Systeme in seinen Wünschen zuwenden, nämlich dem Systeme der sogenannten Volksrepräsent ation. Dieses, auf den Census basirt, führt immer das Kapital und seine Besitzer an die Stufen des Thrones; das Kapital aber ist mobil und gewährt nicht die Garantieen in der Stabilitat, wie die Vertretung der Grundbesitzer. Tie Grundbesitzer fühlen es tief und innig, wie sie nicht nur mit ihren traditionellen Sympathien, sondern auch mit allen ihren materiellen Interessen dem Throne angehören, daß sie mit. demselben stehen und fällen, und, wenn sie der Krone gegenüber auf die ihnen verliehenen Rechte einen so hohen Werth legen, so geben sie dadurch Bürgschaft, daß ihnen auch die Rechte der Rrone hei⸗ lig sind, und daß alles Blut in ihren Adern der Vertheidigung der— selben, wenn es erforderlich, gewidmet ein würde.

Um nun bei uns auch für die Zukunft, schon den bloßen Wunsch

nach einer anderen Landesvertretung, als die ständische, auf dem Grund besitz basirte, fern zu halten, müßte dieselbe durch die Periodizität des Landtages zur Vollendung gebracht werden. Periodische Wiederkehr aud Unabhängigkeit der Vertreter werden dem Volke für alle Zeiten verbürgen, daß es keiner modernen Verfassung bedarf, um seine In— teressen wahrzunehmen. . .

Die Bitte um Periodizität scheint mir mithin auch aus Gründen der Nützlichkeit, selbst aus dem fonservativen Gesichtspu nkte, gerechtfertigt. . .

Graf Königsmark: Die so beredten und begeisterten Redner aus Schlesien haben uns aufgefordert, unsere Gründe mitzutheilen, welche die Motive zu unserer Abstimmung oder, unserem Votum ge—= ben. Des Königs Majestät hat uns Allergnädigst wissen lassen, daß er unsere Anträge als lovale entgegennehmen werde.. Ich kann also darnach keinen Änstand nehmen, mich dieser Bitte der Abtheilung, die uns hier vorliegt, anzuschließen, in der festen Zuversicht, daß eine hohe Kurie den Allerhöchsten Bescheid hieraus, mege er genehmigend oder ablehnend ausfallen, in tiefstem unterthänigsten Dank und Er⸗ gebenheit vernehmen werbe. Ein geehrter Redner hat uns an den 18. Juni und unsere glorreichen Regenten erinnert. Ja die Erfah⸗ rung lehrt uns, daß wir unter unseren Regenten groß und mächtig geworden sind und unser Vaterland als ein gesegnetes zu betrachten Ft. Vertrauen wir also unserem Könige und Herrn, Allerhöchst Er wird uns auch fernerhin führen. ö. . .

von Quast: Ich glaube, daß jedes hohe Mitglied dieser ho⸗ hen Versammlung, ehe es diesen Saal heute betreten hat, sein Votum schon bei sich hatte, daß es schon genau wußte, wie es votiren müßte, und daß ö die beredtesten Redner nicht im Stande sein würden, den schon gefaßten Entschluß zu ändern. Ich kann daher in keiner

Weise weiter darauf einzuwirken suchen, irgend ein hohes Mitglied zu derjenigen Meinung hinüberziehen zu wollen, die ich selbst habe; ich glaube aber, daß der Moment ein' solcher sei, wo ein offenes Be⸗ kenntniß nothwendig ist, und ich bekenne daher, daß ich zur Minori⸗ tät der Abtheilung gehört, und daß die im Abtheilungsgutachten niedergelegten Minoritätsgründe mich bewogen haben, der Bitte nicht beizustimmen. Aus diesen Gründen glaube ich jedoch einen besonders hervorheben zu dürfen, den Rechtsgrund. Der Rechtsgrund ist zwar in der Bitte unserer Abtheilung nicht ausgesprochen, aber er hängt sich an eine andere Bitte an, welche auf dem Fundamente des Rechts⸗ grundes steht, und ich kann es nicht über mein Herz bringen, mich kinem derartigen Antrage anzuschließen, welcher sich an diesen soge— nannten Rechtsboden auch nur anlehnt, wenn dieser auch nicht mehr sichtbar ist. Es hat ein geehrter Redner aus Schlesien den 18. Juni genannt. Es ist dies stets einer der verhängnißvollsten Tage für Preußen gewesen, aber er ist nicht blos ein Tag des Glanzes gewesen, sondern auch der Tag, an welchem Preußen zum erstenmale geschlagen wäarde, zum erstenmale eine Nlederlage erlitt, es ist auch der Tag der Schlacht bei Kollin. Zwar ist es eine Niederlage gewesen, aus der Preußen später um so glänzender hervorging, und deshalb bin ich weit entfernt, ein ungünstiges Prognostikon aus dem heutigen Tage für unser Vaterland stellen zu wollen. Es ist noch ein anderer Tag, ber Schlachttag bei Fehrbellin, wo Brandenburg vor zweihundert Jahren zum erstenmale in der Weltgeschichte seine hohe Stellung er zberte und wie ein Blitz glänzend hervortrat. Es scheint das Schick⸗ sal unseres Vaterlandes zu sein, daß seine Siege allemal erst nach tiefen Niederlagen erfolgen. Der dreißigjährige Krieg hatte uns erst niedergetreten, die Schlacht bel Kollin hatte üns niedergeworfen, die wälsche Fremdherrschaft hatte uns Jahre lang nieder gedrückt, und erst dann erfolgte der Sieg. So mag auch aus der Niederlage, die hier vielleicht dem, was ich für Recht halte, beschieden ist, einst dennoch der Sieg folgen. Und so vertraue ich ferner zu unserem hohen König in voller Zuversicht; aber noch mehr vertraue ich einem Könige und

Herrn, der über uns Allen ist, der uns schirmt und schützt und mein und unser Aller theures Vaterland nicht wird zu Grunde gehen las— sen, vielmehr dereinst dasselbe neu kräftigen und erheben.

Graf von Schaffgotsch auf, Warmbrunn; Ich stelle dem heutigen Tage nur günstige, erfreuliche Prognoslika. An, die schon angeführten kann ich die Bedeutung wohl anreihen, daß wir an die sem Tage das Geburtsfest einer Prinzessin des Königlichen Hauses selern, einer Prinzessin, die als ein erlauchtes Muster der Frauen des Vaterlandes sich darstellt. Auch ich feiere heute meine geistige Wie⸗ dergeburt als treuer Unterthan, als Vasall, als Patriot. Heraus getreten aus den heimatlichen Thälern, wo ich, fern von Staats⸗ geschäften, für das Volk und mit dem Volke lebte, stehe ich hier, um eine große Aufgabe zu lösen, die Aufgabe, an der Bildsamkeit der ständischen Verfassung mitzuwirken. e. Masjestät der König reicht n unüberschwenglicher Huld und Gnade mir die Hand und sagt: Konmme und folge mir mit deinem Beirath auf dem Wege, der zum großen Ziele führt; was Wunder, wenn ich mir erlaube, die Hand stärker zu drücken, als ich es mir sonst wohl zu thun erlaubt haben würde; was Wunder, wenn ich mich unterfange, den Arm des König lichen Herrn zu fassen, um bei den Hindernissen auf diesem Wege auch meine schwachen Kräfte ihm anzubieten. In diesem Sinne werde ich stets nach meiner Pflicht und nach meinem Gewissen handeln und stimme zunächst für die Periodizität der Wiederkehr des Landtags. . .

Graf von Landsberg⸗ Gehmen: Ein hochverehrtes Mit⸗ glied aus Schlesien hat gegen mein Amendement sich erklärt und tabe zunächst bemerklich gemacht, daß es Au uns sei, die Wahrheit zu reden. Eben das glaube ich sowohl in den wenigen Worten, womit ich mein Amendement eingeleitet habe, als auch in dem Amendement selbst in vollstem Maße gethan zu haben. Ich habe darin nur den Wunsch ausgesprochen, daß die verehrte Versammlung der hohen Kurie sich dahin aussprechen möge, daß lie statt der periodischen Wiederkehr der Ausschüsse vielmehr eine periodische Wiederkehr des Vereinigten Land= tages für entsprechend halte. Ich glaube, daß ich dann der Wahr heit so nahe gekommen bin, wie es möglich ist indem alle verehrten Herren Redner, welche ich bis jetzt gehört, in dieser Weise sich ge außert haben. Ein anderer Vorwurf ist dahin gegangen, daß das Amendement keine Bitte enthalte. In dieser Beziehung möchte ich mir erlauben, dem geehrten Mitgliede zu bemerken, daß die Art, wie man Bitten stellt, doch verschieden sein kann, und daß Bitten in sol⸗ cher Art gestellt werden können, daß sie, ohne Bitten zu heißen, noch mehr als Bitten sind.

Fürst Lichnowsky— fung zu machen

NMarschall: Ich werde in der Reihe fortfahren, die Redner aufzurufen, wie ich sie notirt habe, und da ist der nächste Graf

von Arnim. . 9

Graf von Arnim; Ich habe bereits in der ersten Sitzung des Landtags meine Ansicht dahin ausgesprochen, daß ich eine Perio⸗ dizität des Vereinigten Landtags für wünschenswerth. halte. Ich habe die Erfüllung dieses Wunsches von ganzem Herzen ersehnt, und ich glaube, es wird keiner ausdrücklichen Erklärung meinerseits mehr be⸗ dürfen, um meine Ansicht dahin bekannt werden zu lassen, daß ich nach wie vor das Gedeihen unserer ständischen Jnstitutionen, wie sie gegenwärtig einmal liegen, nur in der Periodizität des Vereinigten Landtags erkennen kann. Es ist von den Gründen die Rede gewesen, die hierfür sprechen, und es will mir fast scheinen, als wenn man Wasser in das Meer trüge, wenn man die Gründe, die dafür sprechen, wiederholen oder durch Darlegung neuer Gründe vermehren wollte. Ich gebe aber vollkommen zu, daß man sie. finden könne in den il⸗ feren Gesetzen, ich gebe zu, daß man sie sinden könne in der Nütz⸗ lichkeit. ö

Die ältere Gesetzgebung und das Gesetz von 1823, als das zu⸗ nächstliegende, stellt die Bildung allgemeiner vandstäude in Aussicht. Se,. Maͤsestät der jetzt regierende König hat die periodische Wieder⸗ fehr der Provinzial-Landtage verfügt, es bestehen also, es bestanden bis zu den Verordnungen vom 3. Februar periodische Stände Ver⸗ sammlungen. Se. Majestät hat jetzt die periodische Wiederle r er Vereinigien Ausschüsse verfügt, und es kann daher allerdingẽ mit Be⸗ zugnahme auf, die ältere Gesetzgebung sich fragen, ob der ,. . rechtfertigt sei, die periodische Wiederkehr der Pie bin zial genf tg nicht durch die periodische Wiederkehr der Aussch üsse in. Beziehung auf die eigentlichen allgemeinen landstãndischen , zu se⸗ hen; es känn sich fragen, ob der 2WBunsch , . Bezug auf diese ältere Gesetzgebung die Verfügung . Majestãt über die periodische Wiederkehr allgemeiner stündischer Versammlungen in dem Vereinigten Lant tage. verwirklicht zu sehen. Ich glaube, daß diese Bezugnahme eine solche ist, die vollkommen begründet er. scheint; ich hege wenigstenẽ die Ansicht, daß in der periodischen Wiederkehr der Ausschsse allein ein Ersatz für die xeriodische Beru⸗ fung der Provinzial- Landtage nicht zu sinden ist. Ich würde, wenn nicht der Vereini te Landtag da wäre, in der periodischen Wiederkehr der Ausschüsse keinen Ersatz sinden, ich würde daun vorziehen, eine periodische Wiederkehr der Provinzial Landtage in der bisherigen Weise beizubehalten. Bei dem Hinzutritt des Vereinigten Landtags aber wird man

Erste Beilage

Dagegen habe ich nur die einzige Bemer—

1271 Erste Beilage zur Allgemeinen Preufischen Zeitung.

66 die .. sche Wiederkehr der Provinzial-Landtage in Hinsicht ihrer disherigen lan ständischen Wirksamkeit, wie sie ihnen durch den Bei⸗ , en , Gesetzen, durch die, wenn auch nicht förm⸗ h J 2 drücklich gewährte, doch materiell und faktisch nicht be⸗ hränkte Befugniß, allgemeine Petitionen vorzutragen, gegeben war, gern dahin geben. Ich glaube also, es ist der Hinzutritt des Ver—= u e g n gf eigentlich das je nige, was die bisher bestehenden h rsammlungen der Provinzial Landtage in dieser Be— ziehung (denn in anderer sollen sie ja fortbestehen) ersetzt. Der Hin—⸗ ,, Vereinigten Landtages kann aber selbstredend von Einwir⸗ 3 en, ,, n ,,, seine Existenz eine gesicherte ist. n e en; D ,,, ist sie aber von Ereignissen, 2 . ze gig, deren Eintritt wir nicht einmal wünschen önnen. Es zwar nicht ausgeschlossen, daß auch in anderen Fällen die Zusamme nberufung erfolgt, aber gesichert, verheißen ist sie nicht. Eine Versammlung also, deren Zusammentritt nur von Umständen abhängig ist, die wir nicht einmal wünschen sollen, kann jenen Ersatz nicht gewähren. Wenn also diese jetzt bestehende periodische Einbe⸗ rufung einer ständischen Versammlung, der Provinzial Landtage die das Recht des vollständigen Beiraths in allen Gesetzen hatten, die eine materiell nicht beschränkte PetitionsBefugniß libten, wenn dieses, sage, ich, ersetzt werden soll, so kann sie meiner Meinung nach nur durch die periodische Wiederkehr einer Versammlung ersetzt werden, die, wie der Vereinigte Landtag, alle jene Befugnisse in sich begreift und insofern einen vollständigen Ersatz bietet. Das ist der Gesichtspunkt, weswegen ganz im Sinne, den Se. Majestät selbst in dem Patent niedergelegt ha⸗ ben, indem Sie dieses an die ältere Gesetzgebung anknüpfen, die Ab⸗ theilung den Wunsch in dieser Beziehung wohl begründet erachtete. Ob man weiter gehen, ob man sagen will, es seien dem Lande Ver⸗ heißungen gegeben, die sich nach der Ansicht Einzelner nicht vollstän—⸗ dig in dem Patente erfüllt finden, worüber, bei dem uns bekannten ersten Entwürfe der Adresse, vielfach debattirt wurde, oder ob man diese Ansicht nicht gelten lassen und lediglich sagen will, daß die pe⸗ riodische Wiederkehr des Vereinigten Landtages nützlich sei, das sind Fragen, deren Beantwortung, wie sehr richtig bemerkt worden ist Eigenthum jedes Einzelnen ist. Es kann nicht darauf ankommen daß man, indem man sich zu einer Bitte vereinigt, sich auch in allen Punkten über deren Gründe vereinige. Am wenigsten ist dies vor— ssegenden Falls für unsere Kurie nöthig, denn es ist nicht erforderlich, daß dieselbe Gründe in dieser Beziehung anführe. Hier komme ich auf das, was von einer Seite schon hervorgehoben worden ist, ob nämlich die Kurie überhaupt Gründe anzuführen habe. Gesetzlich liegt nach meiner Meinung die Sache so, daß die Kurie, von der die Bitte ausgeht, nach S5. 26 des Reglements Gründe hierfür anzufüh⸗ ren hat; dies sind die ausdrücklichen Worte des Reglements. Die andere Kurie aber, an welche diese Bitte zur Erklärung gelangt, hat ihrerseits das sind wiederum die Worte des Reglements sich nur liber den Beschluß der anderen Kurie dahin zu erklären, ob sie ihrer Bitte beitritt oder nicht, oder ob sie ihr mit Modificationen beitritt; über die Gründe hat sie nur eine Aeußerung abzugeben. Ich glaube also, daß wir nach dem Gesetze in Beziehung auf die Gründe, die in der Petition der Kurie der drei Stände für ihre Bitten angegeben sind, vollkommen in der Lage sind, zu sagen: Wir beschränken die uns vor— geschriebene Aeußerung in dieser Beziehung darauf, daß wir ohne näheres Eingehen in diese Gründe, da dort die Zustimmung zu der zu stellenden Bitte aus verschiedenen Motiven erfolgt ist, vollkommen vertrauen, daß Se. Majestät am besten diejenigen Gründe erwägen und erkennen werden, aus denen Sie, die von uns verhoffte Gewäh⸗ rung der Bitte eintreten zu lassen Sich bewogen finden. (Bravoruf.)

Wenn aber die hohe Kurie in der Lage sein sollte, der jensei⸗ tigen Bitte nur mit Modificationen beizutreten, so glaube ich, ist sie gewissermaßen verbunden, diese Modificationen, und weshalb sie die⸗ selben für angemessen hält, zu begründen, und das wird auch, glaube ich, wie es sich bereits im Gutachten findet, sehr füglich geschehen können. Es ist bereits von mehreren geehrten Rednern, die sich für das Abtheilungs- Gutachten ausgesprochen haben, in dieser Hinsicht gesagt, man sinde feine Veranlassung, Se. Majestät gerade um die Einberufung in ein oder zwei Jahren zu bitten, weder in den frü⸗ heren Gesetzen, noch sei die Rützlichkeit einer zweijährigen Einberu⸗ fung unzweifelhaft. Deshalb vereinigen wir uns dahin, unseren Beitritt an die Modification zu knüpfen, daß es Sr. Majestät über⸗

*

lassen bleibe, zu bestimmen, welche Frist Ihnen die geeignetste scheine.

Ob die in der zweiten Verordnung vom 3. Februar, auf welche Se. Majestät in der Botschaft selbst Bezug nimmt, vorgeschriebene Pe⸗ riodizität der Vereinigten Ausschüsse von vier zu vier Jahren ange ordnet werden soll, oder ob die Zusammenberufung alle zwei oder drei Jahre die zweckmäßigste sein wird, das ist eine Frage, Über die so verschiedene Ansichten in der Versammlung laut geworden sind, welche einer so sorgfältigen und reiflichen Erwägung bedarf, daß die Entscheidung über diese Frage füglich dem Gesetzgeber anheimzustellen sein wird. Das ist ein Grund und, wie ich meine, ein vollwichtiger Grund für die Modification, welche die Abtheilung der hohen Kurie vorgeschlagen hat, und ich glaube, daß dieses wohl ein solcher wäre, her' diejenigen Herren, welche dem Antrage der Abtheilung in. Bezie⸗ dung auf die Bitte sich anschließen, auch bestimmen könnte, sich dem Antrage in Beziehung auf die Gründe anzuschließen.

Ich wende mich nun zu der Frage, die eben, wie mir scheint, streitig, ja, vielleicht allein streitig ist, weil, wie bereits ein geehrtes Mitglied aus Schlesien mir gegenliber erklärt hat, wohl Keiner unter uns ist, der, wenn er sich in das Herz greift, nicht sagte: ich bin auch überzeugt, eine gedeihliche Entwickelung, ein gedeihliches Fortgehen ist, wie die Sache liegt, nur von der perlodischen Wiederkehr des Ver⸗ einigten Landtages zu hoffen. Ich wende mich also zu der Frage:

ob es an der Zeit, ob es angemessen sei, eine Bitte an Se. Masestät deshalb zu richten? Es liegt diefe Frage zunächst so, ob es angemessen sei, einer Bitte, die deshalb von der Kurie der drei Stände gestellt ist, sich anzuschließen. Ein verehrtes Mitglied, von diesem Standpunkte die Frage richtig auffassend, hat ausgeführt, es würde dagegen gestimmt haben, wenn die Bitte von dieser Kurie ausgegangen wäre; etwas Anderes wäre es aber, da die Bitte von der Kurie der drei Stände herübergekommen sei und es sich also nur von dem Beitritt handle. Ein verehrtes Mitglied aus der Rhein⸗ Provinz hat dagegen auf die . a überaus große Masorität in jener Kurie hingewiesen. Es könnte diese letztere Aeußerung so ge— deutet werden, obwohl ich sie nicht so deute= daß dadurch gleich⸗ sam der Selbstständigleit der Herren-Kurie zu nahe getreten werde. Ich glaube, diese Rücksicht wird nicht für unseren Beschluß leitend fein, mag er ausfallen, wie er will, Ich nehme für die Herren⸗Kurie bie Stellung in Anspruch, daß sie, und jedes Mitglied in ihr die vol lste Unabhängigkeit behaupte, die sich in ständischen und bürger⸗ lichen Beziehungen überhaupt behaupten läßt; das halte ich für die rechte Stellung, die jedes Mitglied hier einzunehmen hat. Ich setze voraus, daß jedes Mitglied jeder Kurie als solches die persönliche Unabhängigkeit im Herzen trägt; aber allerdings haben die Mitglie⸗

der einer Versammlung, die gewählt wird, sich in einem gewissen Ein⸗ klange mit einem engeren oder weiteren Kreise von Personen zu erhalten, die sie als Vertreter in diese Versammlung gesendet haben. Jedes Mitglied jeder Kurie hat ferner die Rücksicht zu nehmen, welche die Ehrfurcht, die Unterthanentreue gegen Se. Majestät den König gebietet. Indem aber jene Rücksicht auf die Kommittenten bei den Mitgliedern unserer Kurie nicht obwaltet, ist ihre Stellung eine eigenthümliche, dadurch, daß sie nur jene letztere Rücksicht zu nehmen hat, jene Rücksicht der Ehrfurcht gegen Se. Majestät und der Unterthanentreue, daß sie übrigens Niemanden Rechenschaft schuldig ist, als dem eigenen Gewissen, daß ihre Mitglieder aus eigenem Rechte hier sind, daß sie auch nicht zunächst als Vertreter einer Körperschaft, sondern nur als Veitreter des Landes, als eines Ganzen, hier stehen. Wir haben also vorzugsweise die Pflicht, hier das, was das Land wünscht, in der Wesse auszusprechen, wie jeder Einzelne von uns es aufgefaßt hat, und dabei uns von keinem äußeren Einfluß leiten zu lassen, keine Rück sicht weder auf andere Versammlungen noch auf Kommittenten zu neh— men, sondern nur und allein unserem unabhängigen, ehrlichen Gewissen zu folgen, und wir haben in diesen Aeußerungen nur die Rücksicht zu beobachten, daß wir die angestammte, die eingewurzelte Ehrfurcht gegen Se. Majestät den König nicht verletzen.

Es fragt sich also, verletzt denn eine Bitte, wie die Abtheilung sie vorschlägt, diese Ehrfurcht? Ich brauche wohl nicht erst Nein zu

sagen. Ich frage Jeden von den Herren, die anwesend sind, wo darin

etwas Unehrerbietiges liegt? Ich frage, ob Jemand sagen kann,

wenn wir Se. Masestät unterthänigst bitten, das Prinzip, welches

Sie ausgesprochen haben für die Provinzial-Landtage, für die Aus⸗

schüsse, das Prinzip der Periodizität auch auf diesen centralständischen

Körper zu übertragen, den Sie, ich glaube nicht unbescheiden zu

sein, wenn ich dies vermuthe als die Schöpfung betrachtet haben,

die aus Ihrem selbsteigensten Willen hervorgegangen ist; ich frage,

ob Jemand sagen kann, daß es etwas Unehrerbietiges ist, wenn wir

darum bitten' und die Frage, ob die periodische Wiederkehr in 2,

3 oder 4 Jahren stattfinden solle, vertrauensvoll Sr. Majestät über⸗

lassen. Wenn Jemand ganz unbefangen und unvorbereitet in

diese Versammlung träte und man legte ihm die Frage vor; ist

dies wohl eine ehrerbietige Bitte? Wenn Jemand käme und sähe,

daß darüber noch eine große Spaltung zwischen Mitgliedern der

Versanmlung besteht, wie wir heute verlommen haben, daß Einige

eine Art Unehrerbietigkeit in dieser Bitte sehen: ich glaube fast, es

wäre ihm unbegreiflich. ;

ECEine Stimme: Sehr gut, sehr richtig.)

Ich frage nun ferner, ob denn die Grlnde, mit denen man das

Unzeitgemäße solcher Petition behauptet hat, stichhaltig sind, und

ob nicht viele Gründe dafür sprechen, daß es gerade im Interesse der Krone höchst wünschenswerth! ist, daß die Petition ausgesprochen werde. Man hat davon gesprochen, es könnte darin eine Art Kompelle gefunden werden; es liege namentlich nach den Erfahrungen, die wir auf diesem Landtage gemacht hätten, in dieser Bitte ein Kompelle.

Aber gerade, wenn man auf die, Erfahrungen dieses Landtages hin⸗ weist, möchte darin eine Unterstützung dafür liegen, daß wir diese Bitte offen aussprechen. In ihr liegt das Kompelle gewiß nicht. Ist ferner die Erfahrung als eine solche hingestellt worden, die erst nach 4 Jahren eintreten könne, weil in der Allerhöchsten Bot⸗ schaft dies als Motiv dafür angedeutet sei, daß in 4 Jahren der Vereinigte Landtag wieder einberufen werden solle, so frage ich, ob es denn? noch eines Landtages bedürfen wird, um die Erfahrung in uns festzustellen, daß die Periodizität nothwendig sei? Ich glaube wahrlich nicht, daß es hierzu der Erfahrung eines neuen Landtages bedarf. Ich glaube, der diesmalige Landtag hat uns diese Erfah— rung in vollem Maße gegeben, ja, ich möchte sogar sagen, es be⸗ durfte kaum dieses Landtages dazu, denn ehe er zusammentrat, war schon in allen Mitgliedern der Wunsch rege, daß die periodische Wiederkehr ausgesprochen werden möchte, und ich zweifle nicht, wenn die Regierung sie für nützlich und rathsam hält, daß sie eben so wenig die Erfahrung eines zweiten Landtages bedürfen wird, um sich über die Frage der Periodizität bestimmen zu lassen. Ich glaube, wenn Se. Majestät die Periodizität an sich nützlich halten und ge⸗ währen wollen, daß Se. Majestät dann nicht erst die Erfahrung eines zweiten Landtages bedürfen werden; wenn Sie aber die Perio⸗ dizität an sich nicht gewähren wollen, glaube ich, daß Sie eben sof wenig werden abwarten wollen, welche Erfahrungen der zweite Land-

tag in dieser Beziehung biete. Deshalb glaube ich, daß wir mit

vollem Grunde schon setzt sagen können, die Periodizität des Land-

tages halten wir für höchst, wünschenswerth und nothwendig zum

Gedeihen der ständischen Institutionen.

Es fragt sich nun, könne denn auf einem Wege, der vorhin von einem geehrten Mitgliede aus Westfalen vorgeschlagen worden ist, derselbe Zweck erreicht werden?, Könnte die Sache anders, als als Petition behandelt werden? Mir scheint außer Zweifel, daß es nur zweierlei giebt, entweder eine Bitte an Se. Masestät zu richten, oder überhaupt keine Aeußerung hierüber an Se. Majestät zu richten; ein Drittes giebt es nicht. Sb es nun im Interesse liegt, diese Bitte in, ich möchte sagen, undeutliche Formen zu kleiden, oder in deutliche, das ist eine Frage, die ich der Beurtheilung der hohen Versammlung anheimgebe. Ich kann in dem, was dort vorgeschla⸗= gen worden, der Form noch keine Bitte erkennen; es ist die Aeuße⸗ rung einer Ansicht, aber kein Antrag, keine Bitte. Es ist aber wie ich vorhin bemerkte, nach meiner Meinung im Interesse der Reqie⸗ rung, daß eine Bitte in dieser Beziehung an sie gelange, weil Se, Masestät gesagt haben, das ständische Justitut sei bildungsfähig, weil Se. Majestät uns auf den Weg der Petition verwiesen haben, weil wir gesehen haben, daß von verschiedenen Seiten man von dem ersten Tage an die Ansicht gefaßt hat, es handle sich hier nicht von Petitio— nen, sondern von Verwahrungen, von Inanspruchnahmen der Rechte, und weil die Bemühung derer, die, wenn ich so sagen soll, ge⸗ mäßigtere Ansichten hegen, derjenigen, die bei jedem Punkte sich auch das Mögliche vor Augen halten, dahin gerichtet gewesen sind, die Wünsche und Ansichten, die sich in jener Form geltend machen wollten, in den Weg der Petition zu lenken. Und Se. Masjestät haben sie durch die Allerhöchste Botschaft in den Weg der Petition gewiesen, und, Se. Masestät Kommissarius hat in den Verhandlungen der drei Stände⸗ Kurie sie wiederholt in den Weg der Petitionen gewiesen und er— klärt, daß Petitionen der Weg sei, den derselbe als den der Ver⸗ ständigung angerathen habe; ja, der Herr Landtags-Kommissar hat selbst eine Bitte für loyal erklärt, welche dahin gerichtet würde, daß jene Rechte nicht gegeben, sondern anerkannt werden möchten. Ste. Majestät Kommissarius haben also erkannt, daß selbst in einer Bitte dieser Art nichts illoyales liege. Ich frage also, ob nach die⸗ sem Vorgange in der anderen Kurie das Verfahren der Herren⸗Kurie für ein illoyales gehalten werden könnte, welches diese Bitte reduzirt

auf die ehrerbietigste, Sr. Majestät Ermessen am wenigsten vorgrei⸗ fende Form! Ich glaube hiermit, ein- für allemal jede Möglichkeit der Beschuldigung einer Illoyalität zurückweisen zu kö8nnen. Eine solcht Bitte ist aber in emser Weise zu stellen, die zu der Entwicke⸗

Sonnabend den 26sen Juni.

lung und Fortbildung, die von Sr. Majestät in Aussicht gestellt ist, führt, und was ich hier sage, gilt von allen den Bitten, die ihren Grundgedanken nach in der vorliegenden Petition auszusprechen sind. Es ist nach meiner Meinung von hoher Wichtigkeit für die Krone, daß sie bei dem Geschäfte der Fortbildung dieser Institution, wenn ich so sagen soll, klare, bündige Erklärungen des Landtags vor sich liegen habe, wodurch sie in der Lage ist, ohne weitere neue Diskus⸗ sionen über diesen Gegenstand einfach dasjenige zu wählen, dasjenige zu thun, dasjenige zu entscheiden, was sie für heilsam hält, um fort⸗ zubilden. Ich halte die Sicherheit der ständischen Institutionen, die Feststellung derselben, so daß nicht fortwährend daran gerüttelt und wiederum umgeworfen und wiederum verändert werde, für ein Ziel, das je eher, je lieber erreicht werden muß. Se. Majestät haben eine Fortbildung in Aussicht gestellt, haben von ferneren Rechten ge⸗ sprochen, die dem Landtage im verfassungsmäßigen Wege gegeben werden könnten, und es ist also nach meiner Ueberzeugung im In⸗ teresse der Krone, wenn die Stände ihre Bitten in dieser Beziehung in einer offenen, deutlichen, bestimmten Erklärung aussprechen, wo nun Se. Majestät entscheiden kann, was Sie thun und ent⸗ scheiden mögen. Dann wird das bald vollendet sein, was sonst erst durch weitläufige Erörterungen und Tiskussionen vielleicht in weiter, weiter Ferne könnte festgestellt werden. Und wenn ein geehrtes Mit- glied gegenüber den Rechtsboden als etwas betrachtet hat, was es perhorreszirt, wovon es meint, daß dies nicht der Grund wäre, auf dem wir uns zu bewegen hätten, so hat Se. Masestät Selbst gerade den Acker des Rechts als den der Könige bezeichnet, und ich glaube, ich täusche mich nicht, wenn ich sage, daß bei der ganzen vorliegen den Legislation Ihnen der Gedanke vorgeschwebt hat, daß es gerade darauf ankomme, der Ungewißheit ein Ende zu machen, die seit 23 Jahren in Bezug auf die Bildung unserer ständischen Institutio⸗ nen das Land bewegt. Jetzt gilt es nun eine neue, letzte Phase, nämlich diejenigen Wünsche laut werden zu lassen, die auf die Voll⸗ endung dieser Bildung gerichtet sind, und dazu halte ich es für den nätzlichsten Weg, wenn die Stände mit bestimmten Anträgen vortre= ten, damit die Krone nicht erst ihrerseits mit Vorschlägen zu kommen habe, über die sie den Beirath der Stände vernimmt. Denn, täusche ich mich nicht, wenn es auch das Patent nicht klar ausspricht, so wird doch keine wesentliche Aenderung seitens der Krone in der ständischen Gesetzgebung vorgenommen werden, ohne den Beirath der Stände zu hören, abgesehen von der Bitte, die später von uns dar⸗ auf gerichtet werden soll; das wird nicht geschehen, den Glauben habe ich. Und nimmt man das an, so frage ich, ist es vortheilhafter für den Entwickelungsgang, für die rasche Beendigung des unsicheren Zustandes, daß die Krone am nächsten Landtage mit Vorschlägen und am übernächsten Landtage mit ihrer Entscheidung hervortritt, oder daß gegenwärtig bestimmte Anträge formulirt werden? Ich muß mich entschieden für das Letztere erklären, und das ist der Grund, den ich stets geltend gemacht habe, daß eine Petition über diese Punkte nicht nur nicht unehrerbietig, nicht nur nicht unzeitgemäß, sondern daß sie eine wahre Nothwendigkeit unter den gegenwärtigen Umständen sei. Die Annahme des Abtheilungs- Gutachtens also habe ich aus diesem Gesichtspunkte gerade befürwortet, weil sie diesen letzten Punkt so deutlich ins Auge faßt, „Se. Majestät allerunterthänigst zu bitten, die periodische Einberufung des Vereinigten Landtags in einer von Allerhöchstdemselben zu bestimmenden Frist Allergnädigst aussprechen zu wollen.“ Gerade dieser Punkt dient dazu, um diese wichtige Frage durch eine Bestimmung Sr. Majestät zur Sicherheit, zur desi— nitiven Entscheidung zu bringen, und deshalb muß ich mich dem Amendement, welches eingebracht wurde, entgegen erklären. Dasselbe würde dahin führen, daß keine Bitte ausgesprochen würde; es be⸗ wegt sich auf dem Gebiete dessen, was die Kurie für wünschenswerth, was fie für nützlich hält, aber nicht auf dem Gebiete einer Bitte. Es sagt, die Kurie stelle die Erledigung anheim; das nenne ich keine Bitte, das ist nach meiner Meinung etwas, was sich von selbst ver⸗ steht. Denn daß die Frage wichtig ist, ob der Vereinigte Landtag oder die Ausschüsse periodisch zusammen kommen, darüber bedarf es keiner Erörterung. Indem also dieser wichtige Gegenstand Sr. Majestät zur Erledigung anheimgestellt wird, wird etwas angeregt, was Se. Majestät von selbst thun werden,. Gerade an das, was hierin von selbst geschehen wird, sei mir schließlich erlaubt, noch eine Bemerkung zu knüpfen, Es ist gewiß bei Manchen, die Bedenken tragen, der Petition beizustimmen, die Ansicht vorwaltend: es wird ja von selbst geschehen, es ist ja der allgemeine Wunsch des Landes, es wird geschehen, ohne daß wir darum bitten. Nun, da frage ich dann, sollen wir denn etwa nur Bitten an Se. Majestät richten, von denen wir bezweifeln, daß sie erfüllt werden, von denen wir nicht gewiß wissen, ob ihnen der allgemeine Wunsch des Landes zur Seite steht? Ich glaube, daß es gerade sehr schön ist,

dann eine Bitte an Se. Masestät zu richten, wenn wir wissen, daß wir sie fichten im Namen des ganzen Landes, und daß wir fast die Zuver⸗ sicht hegen können, daß Se. Majestät sie erfüllen werde.

Graf von Landsberg: Ich erlaube mir kurz zu berichtigen, daß ich weder von einem Eompelle, noch von einer Illoyalität der Fassung des Ausschusses gesprochen habe, wie, man leicht aus den Worten des letzten geehrten Redners schließen könnte.

(Es melden sich einige Mitglieder zum Wort.)

Marschall: Wir werden in der Ordnung fortfahren.

Fürst zu Wied: Ich bin dem geehrten Mitgliede, das eben geendet hat, sehr dankbar dafür, daß es mich auf eine Stelle in mei⸗ nem Vortrage aufmerksam gemacht hat, die verschiedener Deutung fähig ist; ich bin ihm dankbar dafür, daß es dieser Stelle diejenige Deutung gegeben hat, die sie haben soll. Ich fürchte mich allerdings nicht vor dem numerischen Uebergewicht in jener Kammer, sondern ich beuge mich nur vor den überzeugenden Gründen, die sie vorgetra⸗ gen hat.

von Quast: der Mark ist bemerkt worden, daß ein Mitglied gesagt hätte es perhorreszire den Rechtsboden. Wenn sich das auf meine Worte beziehen sollte, so glaube ich dies nicht ausgesprochen zu haben, in- dem ich im Gegentheil den Rechtsboden für den sichersten halte, der existirt. Ich perhorreszire nur, daß eine Petition an Se. Majestãt in dieser Angelegenheit zu richten sei auf Grund, eines vermeinten Rechtsbodens. Ich kann nicht zugeben, daß in dieser beregten An⸗ gelegenheit irgend ein Rechtsboden existirt,

um darauf hin eine Bitte an Se. Masestät richten zu dürfen.

Von dem vorigen geehrten Herrn Redner aus

Ich bescheide mich in jeder Weise, die Gründe anzuführen, welche ich anführen könnte; ich glaube, daß es vielfach und hinreichend von allen Seiten geschehen ist, und wenn selbst der höchste Gerichtshof in der Welt einen solchen Ausspruch thun möchte, so glaube ich, könnte man keinen besseren Gegenbeweis anführen, als daß derjenige Mann, der als Rechtslehrer die höchste Stelle in Europa einnimmt, bereits ein gerade entgegengesetztes Ur-

theil ausgesprochen hat, was für alle diesenigen vollig maßgebend ist, die meiner Ansicht beistimmen.

Fürst Lich now sko: Die Gründe, welche mein verehrter Kollege aus der Mark Brandenburg gegen den verehrten Redner aus .