vertheidigen und vorzutragen, was sein Vorgänger bereite vorgebracht hat, sondern es würde 5 gemüßigt sehen, nur dann sich zu erheben, wenn seine Ansicht und seine Gründe noch nicht vorgetragen sind. Dann würde auch die Lebhaftigkeit der Diskussion erhalten werden, welche das geehrte Mitglied wünscht, und es würde die parlamenta⸗ rische Regel eintreten, die auch in England beobachtet wird.
weiß zwar, daß bei uns in Bezug auf diese Regel einige Schwierig. keit eintreten würde, weil eine beiin Parteisonderung bei uns nicht eristirt, wie in England. In England ist es sehr leicht, weil der Sprecher des Hauses nur auf die eine und dann auf die andere Seite des Hauses seinen Blick zu richten hat, während es für den Herrn Marschall schwer ist, auf die ganze Versammlung seinen Blick zu richten, um zu sehen, wer zuerst aufgestanden ist. Ich halte es aber jedenfalls nicht für gut, wie es jetzt geschieht, daß man sich beliebig während der Diskussion zu melden hat, und daß danach die ene fe on der Anmeldung stattfindet, sondern halte es für besser, daß erst dann anfgestanden wird, wenn ein Mitglied sprechen will. Allerdings befindet man sich gegenwärtig in der Lage, sogleich um das Wort bitten zu können, wenn man andere Mitglieder sich melden sieht, welche gewöhnlich von entgegengesetzter Meinung sind. So be⸗
.
merke ich z. B. daß ich in der Regel, wenn das geehrte Mitglied aus der Nlederlausitz sich um das Wort gemeldet hat, sogleich vor⸗ aussetzte, daß es die entgegengesetzte Meinung vertheidigen werde, und! deshalb auch meistens bei dem Herrn Marschall sofort um das Wort mich gemeldet habe.
(Gelächter. )
Aber man kann doch aus Versehen hinter einen entschiedenen politischen Meinungsgenossen kommen und sich in der Lage befinden, dasselbe wiederholen zu müssen, was dieser gesagt hat. Ich glaube, von einem Mitgliede der Provinz Westfalen ist schon ein ähnlicher Antrag gestellt worden, der dasselbe bezweckt hat, aber nur usuell an⸗ ders aufgefaßt worden ist, nämlich dahin, daß man sich nicht vor, sondern während der Diskussion melden soll. Das erreicht aber den Zweck nur unvollständig. Es fann natürlich nicht die Absicht sein, am Schlusse unserer Versammlung noch ein neues Reglement für die Berathung aufzustellen; ich glaube aber sedenfalls, daß der Vorschlag der Herren- Kurie nicht anzunehmen ist, und ich möchte mich deshalb dem Abtheilungs-Gutachten anschließen, zumal es unendlich schwierig ist, zu sagen, ob man für oder gegen eine Sache sei; denn es stellt sich oft heraus, daß man für eine Sache im Allgemeinen ist, jedoch br nur unter Modisticationen beitreten kann; deshalb ist es oft schwer, zu sagen, ob man zu denen sich zählt, die für, oder zu denen, die gegen die Sache sind.
Marschall: Ich will mich nicht in die Diskussion mischen, wie ich auch nie gethan habe. Ist aber behauptet worden, daß, wenn das Reglement strikte befolgt würde, nicht so leicht vorkommen könne, daß mehrere Redner von derselben Farbe, wenn ich so sagen darf, hinter einander sprächen, so glaube ich doch, dagegen bemerken zu müssen, daß ich seit der Zeit, wo sich hierüber eine bestimmte Ansicht der Versammlung ausgesprochen hat, das Reglement strikte befolgt habe, insofern als die Redner, wie sie sich der Reihe nach erhoben haben, notirt worden sind und zwar nicht früher, als bis die Dis kusston eröffnet war. Aber dies hat leinesweges verhindert, daß oft eine ganze Reihe von Rednern derselben Ansicht das Wort erhalten haben. Es lag dies also nicht darin, daß das Reglement nicht be⸗ folgt worden wäre.
Abgeordn. von Puttkammer aus Stettin: Ich glaube, daß der Vorschlag, den die Herren-Kurie uns hat zugehen lassen, in Zu⸗ kunft Berückichtigung finden dürfte; denn es würde dazu dienen, die Verhandlungen abzukürzen. Wenn Parteien sich sinden, wie nicht ausbleiben kann, da die Meinungen sich immer mehr feststellen wer⸗ den, so werden nicht so oft mehrere Reden von Genossen derselben Meinung vorgetragen werden; nachher werden in der Berathung selbst nur noch kurze Bemerkungen beigefügt werden, und wir werden ge⸗ waltig viel Zeit ersparen. Ich habe die Ueberzeugung, daß, wenn wir Lies jetzt schon beobachtet hätten, wir alle Arbeiten schon in der uns gegebenen Frist vollendet haben würden. Deshalb möchte ich der Herren- Kurie beistimmen, weil es eine Annäherung zu dem ist, was ich für nothwendig halte. —
Abgeordn. von Manteuffel II.: Ich bitte zunächst um Ent⸗ schuldigung, daß ich schon probeweise die von dem geehrten Redner der Grafschaft Mark erwähnte und von demselben nicht beliebte Ab—⸗ wechselung eintreten lasse. Ich möchte aber nur noch auf ein Mo⸗ ment hinweisen, was ich vorhin hervorzuheben vergessen habe. Dies finde ich darin, daß nach dem Geschäfts- Reglement der Schluß der Debatte, der Antrag auf Abstimmung in die Befugniß der hohen Versammlung selbst gelegt worden ist. Die hohe Versammlung hat aber nicht einmal die Uebersicht derjenigen Redner, welche sich gemel⸗ det haben, sie kann also nicht wissen, ob nicht, nachdem vielleicht schon zehn Redner gesprochen haben, welche dieselbe Ansicht vertheidigen, ein Elfter käme, der eine andere Ansicht entwickelte. Wenn so viele Redner gesprochen haben, so hat sich gewöhnlich der Wunsch geltend gemacht, daß zur Abstimmung geschritten werde, was ich auch nicht tadeln kann; aber ich habe oft die Voraussetzung und den Wunsch gehegt, daß unter den Rednern, die noch zurück waren, ein solcher sich befunden hätte, der eine entgegengesetzte Ansicht auszusprechen beabsichtigte, und daß dieser noch zum Wort gekommen wäre. Ich glaube daher, daß, wenn ein solcher Wechsel der Redner stattfindet, die Versammlung sich im Bewußtsein der Gerechtigleit und mit der Beruhigung, alle Ansichten gehört zu haben, zum Schlusse der De⸗ batte entschließen könne.
Marschall: Ich muß darauf bemerken, daß ich zwar in Be⸗ ziehung auf den Schluß der Debatte die Wünsche der Versammlung immer möglichst berücksichtigt habe, daß ich mir aber das Urtheil darüber, ob derselbe erfolgen könne, vorbehalten und immer darauf gesehen habe, denselben nicht eher eintreten zu lassen, als bis von beiden Seiten Redner gespröchen hatten.
Eine Stimme: Ber Beschluß der Herren-Kurie ist fast ge⸗ nau derselbe Antrag, den ich schon hier gemacht habe. Nein Antrag war auf der Voraussetzung bassrt, daß sich die Redner schon längere Zeit volher melden könnten und da hielt ich den Antrag, für hiziich. Seitdem ist beschlossen worden, daß nur bei der Diskussion Anmel⸗ dungen angenommen werden können, und da halte ich den Antrag für unpraktisch und unausführbar, weshalb ich dem Gutachten der Ab— theilung beitreten muß.
Abgeordn. Graf von Zech ⸗Burkersrode;: Meine Herren! Ich muß mich recht dringend dafür verwenden, daß der Antrag der Derren⸗Kurie angeuommen werde. Es ist schon erwähnt worden, daß in allen großen parlamentarischen Versammlungen anderer Länder ein solcher Usus stattfindet. In Frankreich lassen sich die Redner hour Und' contre einschreiben, und in England ist es parlamentarischer Kriegsgebrauch, daß der Sprecher einen von der ministeriellen und kinen don der entgegengesetzten Partei alternirend aufruft. wahr, wir brauchen uns Frankreich nicht allenthalben zum Vorbilde zu nehmen, wir können aber wohl das von dort entlehnen, was sich praktisch bewährt hat. Unsere geehrte Abtheilung hat gesagt, daß die Parteien * bei uns noch nicht so genau geschieden hätten und bie Redner ost nicht wüßten, ob sie für oder gegen eine Sache spre⸗ chen wollten.
Das Letztere scheint mir nicht richtig.
Es ist.
Es ist gewiß sehr wün⸗
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schenswerth, daß nicht jedes Mitglied mit einer vorgesaßten Meinung in die Berathung hineinkommt und Viele erst aus der Debatte ihre Ansicht entnehmen, aber solche Mitglieder werden nicht sprechen. Diejenigen aber, welche sprechen, müssen doch vorher wissen, ob sie für oder gegen den zur Berathung gestellten Gegenstand sprechen wollen. Nach dem Verfahren, welches bisher nach unserem Geschäfts⸗ Reglement stattgefunden hat, geht unserer Diskussion das dramatische Inderesse, wenn ich so sagen i gänzlich ab, und wenn vorher zehn oder mehrere Redner hinter einander sich in demselben Sinne aus⸗ sprechen und eine andere Meinung sich gar nicht äußern kann, so kommt das „audiatur et altera pars“ gar nicht zur Geltung. Ich muß mich daher entschieden für den Antrag der Herren- Kurie erklären.
Abgeordn. von Gaffron: Ich kann mich ebenfalls nur dem anschließen, was der geehrte Redner vor mir gesagt hat. Ich finde es dem parlamentarischen Wesen am angemessensten, wenn die entgegen⸗ gesetzten Meinungen sich gewissermaßen austauschen können. Ich kann ebenfalls nur anerkennen, daß wir dann zu bestimmteren Auffassungen gelangen werden, auch wird jeder Redner wohl über den Grundton seiner Meinung und deren etwanige Schattirungen im Klaren sein.
Vielfacher Ruf zur Abstimmung.
Abgeordn. Hansemann: So wie der Vorschlag von der Herren- Kurie zu uns gekommen ist, wird er gar nicht anzunehmen sein, weil er auf der Voraussetzung beruht, daß sich die Redner vor Beginn der Berathung zu melden haben, eine Voraussetzung, die in Beziehung auf unsere Kurie und auch nach dem Wortlaute des Re⸗ glements nicht richtig ist. Würde es sich nur davon handeln, den Antrag der Herren- Kurie mit einem Amendement anzunehmen, so würde dies zulässig sein, weil nicht ein Antrag unserer Kurie vorliegt, den die Herren-Kurie amendirt hat, sondern ein besonderer Antrag der Herren-Kurie. Ich glaube also, daß wir in diesem Falle das Recht der Amendirung haben.
Marfchall: Bieser Meinung muß ich widersprechen. Wir haben nur zu erklären, ob wir dem Antrage beitreten oder nicht; treten wir demselben nicht bei, so ist er todt.
Abgeordn. Han semann: Meine Ansicht beruht darauf, daß dieser Antrag zwar bei Gelegenheit unserer Anträge von der Herren⸗ Kurie gestellt worden ist, er sich aber auf einen ganz anderen Para⸗ graphen bezieht und also als von der Herren-Kurie ursprünglich aus⸗ gegangen zu betrachten ist, so daß wir in dieser Hinsicht das Recht zu Amendements haben würden. Ein derartiges Amendement nun dermalen zu machen, scheint mir nicht zeitgemäß zu sein, und dies reicht für mich hin, dem Abtheilungs-Gutachten beizutreten.
(Der Ruf zur Abstimmung vermehrt sich.)
Abgeordn. Dittrich: Was der geehrte Redner vor mir ge— sagt hat, ist auch meine Meinung, weil das Reglement sagt: „Jedes Mitglied, welches zu reden verlangt, zeigt dies durch Aufstehen an.“ Dort ist also nicht bestimmt, daß sich die Redner vor Beginn der Be⸗ rathung melden können. An sich halte ich es aber der Gerechtigkeit
gemäß, daß der Antrag der Herren-Kurie angenommen werden möge, weil setzt sehr oft der Fall vorgekommen ist, daß nur Redner, welche der einen Meinung angehören, gehört worden sind. Anderentheils scheint aber auch eine Schwierigkeit darin zu liegen, weil doch auch der Fall denkbar ist, daß sich nur Redner melden, welche für oder gegen einen Gegenstand sprechen wollen. J
Marschall: Die hohe Versammlung scheint den Schluß der Debatte zu wünschen, ich bitte, daß diejenigen, welche dieser Meinung sind, die Güte haben, aufzustehen.
(Sehr viele Mitglieder erheben sich.)
Der Antrag der Herren⸗-Kurie geht dahin, daß die Redner, je nachdem sie für oder Fe gen den Gegenstand der Diskussion sprechen wollen, abwechselnd das Wort erhalten follen. Diejenigen, welche dem Antrage beitreten, bitte ich, aufzustehen. Es ist mit Bestimmt-⸗ heit zu übersehen, daß nicht zwei Drittel vorhanden sind.
Referent von Katte: Nr. 3.
3) ad No. 9 der Anträge der Drei-Stände-Kurie in Betreff §. 154 des Reglements,
„daß es den der deutschen Sprache nicht vollkommen mäch⸗ tigen Landtags- Abgeordneten gestattet werden möge, ihre Reden abzulesen“, welches vorzugsweise in Rücksicht der Provinz Posen ausge⸗ sprochen wurde, befürwortete die Herren-Knrie, wie nach ihrer Meinung die Absicht der ausgesprochenen Bitte nur dahin ge⸗ richtet sei, daß nur mit Rücksicht auf diejenigen, welche der deutschen Sprache in der That nicht hinreichend mächtig sind, von der Versammlung das Ablesen gestattet werden könne, um solchen Mitgliedern nicht die Möglichkeit abzuschneiden, ihre Meinung zu äußern, daß aber damit nicht beliebig jedem Be⸗ wohner eines Landestheiles, in welchem nicht ausschließlich die deutsche Sprache geredet wird, die Berechtigung ertheilt werde, geschriebene Reden mitzubringen und in der Versammlung zu verlesen. . Die Abtheilung glaubt, daß die Auslegung des gedachten Be⸗ schlusses dem Sinne entspreche, in welchem derselbe gefaßt worden, und daher hinsichtlich desselben das Einverständniß beider Kurien an—= zunehmen sei. Marschall: Ist dagegen etwas zu bemerken? (Nein!) Er ist also angenommen. Referent von Katte; 4. Abermals ein neuer Antrag,
4 ad §. 156 erkennt die Herren⸗-Kurie zwar die Nothwendigkeit einer Bestimmung darüber, daß die Reden nicht an einzelne Mitglieder gerichtet werden dürfen, findet aber die Vorschrift, wonach solche nur an den Marschall gerichtet werden sollen, praktisch nicht streng aus⸗ führbar, wie sie auch schon auf dem gegenwärtigen Landtage nicht immer beobachtet worden sei. Die Herren-Kurie findet sich da— her zu dem Antrage bewogen:
zu bestimmen, daß die Reden nur an den Marschall oder
Aan die Versammlung gerichtet werden dürfen. . Die Abtheilung ist der Meinung, daß die Angemessenheit dieses
Antrages anzuerkennen und demselben daher beizutreten sei. Rarschall: Ist dagegen etwas zu bemerken? (Nein!)
Also angenommen. Referent von Katte; .
5) ad 8§. 158. des Reglements tritt die Herren⸗Kurie dem Petitum Nr. 10, daß am Ende des gedachten Paragraphen die Worte hinzugefügt werden möchten; . .
„und ist dazu verpflichtet, wenn die Majorität der Versamm⸗ lung es verlangt“, zwar bei, beantragt jedoch den ferneren Zusatz: „es muß aber auch in diesen Fällen der Verbesserungs⸗Vor⸗ schlag, ehe er zur Unterstützung und Berathung gestellt wird, schriftlich formulirt und vorgelesen werden. . DBVie Abtheilung hält diesen Zusatz, als unnöthig beengend, nicht für angemessen, vielmehr erscheint es ihr zweckmäßiger, die Entschei⸗ dung darüber, ob ein Verbesserungs⸗ Vorschlag schristlich formulirt werden soll, dem Marschall zu überlassen. t Marschall: Ist etwas zu bemerken. Da nichts bemerkt ist, kann angenommen werden, daß der Abtheilung beigetreten wird.
Abgeordn. von Auerswald: Ich will mir nur zwei Worte gegen das Abtheilungs- Gutachten erlauben, weil, wenn dasselbe an⸗ nommen wird, gar zu viel von der Person des Marschalls abhängt. s kann aber nicht mit voller Bestimmtheit angenommen werden, daß der jedesmalige Marschall neben den anderen Eigenschaften, welche zu diesem Posten befähigen, denselben hohen Grad der Unparteilich- keit besitzen wird, den wir bei dem gegenwärtigen Herrn Marschall verehren. Ich halte aus diesem Grunde den Antrag der Herren— Kurie für bedenklich.
Abgeordn. Frhr. von Vincke; Ich bin dieser Ansicht nicht, aber ich will mir die Bemerkung erlauben, daß der Zusatz der Her— ren- Kurie zwei wesentliche Modificationen unseres Beschlusses zu ent⸗ halten scheint. Wenn wir nun den Antrag der Abtheilung annehmen und auf den Vorschlag der Herren-Kurie nicht eingehen, so fällt un⸗ ser ursprünglicher Antrag zu Boden; ich möchte mir aber lieber einen unzweckmäßigen Zusatz gefallen lassen, als ihn nicht annehmen und damit unseren Hauptantrag gestürzt sehen.
Referent von Katte; Ich erlaube mir die Einwendung dage⸗— gen, daß der Passus des Referates der Herren-Kurie, welches ich zu meinem! Schrecken in den Akten vermisse, aber gleich herbeischaffen werde, nur dahin zu interpretiren ist, daß er sagt:
„Die Herren-Kurie tritt dem Antrage bei“,
und fügt dann noch das Uebrige hinzu. Also wird dadurch nicht unser Hauptantrag abgelehnt.
Abgeordn. Fihr. von Vincke: Ich bin der Ansicht daß wir dem Referenten das vollste Vertrauen schenken können, Laß also der Passus, wie er ihn vorgetragen hat, wirklich so in dem Referate der Herren- Kurie steht. Ist dies also der Fall, so erledigt sich mein Bedenken vollständig; das ließ sich aber aus diesem Referate nicht entnehmen.
(Es tritt eine Pause ein, da die von dem Referenten erwähnten
Akten geholt werden.)
Marsch all: Wir können indessen weiter gehen.
Referent von Katte: 6. 8. 16. des Reglements.
6) ad S. 16 des Reglements sieht die Herren-Kurie sich veran⸗ laßt, Se. Majestäͤt ehrfurchtsvoll zu bitten, Allergnädigst eine feste Reihefolge bestimmen zu wollen, in der die zu stellenden
Fragen, nach einem Prinzip normirt, vorgetragen werden sollen. Mit geringen Modificationen begründet die Herren⸗-Kurie diesen Antrag auf dieselben Motive, wie die Abtheilung in ihrem ersten Gutachten vom 26. April d. J., und glaubt, außer der dort gesche⸗ henen Hinweisung auf den Usus des englischen Parlaments, die Er⸗ fahrung des gegenwärtigen Landtags zur Unterstützung desselben anführen zu müssen, indem solche eine derartige Normirung als durch⸗ aus wünschenswerth, ja nothwendig erscheinen lasse. Sie schlägt in dieser Beziehung folgende bestimmt normirte Fassung des Regle⸗ ments vor:
Jedes Mitglied kann Verbesserungen der gestellten Anträge in Vor⸗
schlag bringen, über welche Verbesserungs-Anträge zuerst also ab⸗
gestimmt wird, daß die Frage, ob der ganze Antrag genehmigt werden soll, unentschieden bleibt, bis er durch alle angenommenen
Verbesserungs⸗-Anträge so modifizirt worden, als die Stimmenmehr⸗
heit bestimmt hat.
Eben so wird über einen Hauptantrag nur erst dann abge⸗ stimmt, wenn über alle zu demse ben gemachten Verbesserungen entschieden worden. Ausgenommen siud Verbesserungs Anträge, welche nicht auf den Antrag der Abtheilung gerichtet sind; diese kommen nicht vor diesem Antrage, sondern nach demselben zur Abstimmung. Die einzelnen Verbesserungen werden nach der Zeitfolge, worin sie bei der Berathung selbst vom Proponenten vorgetragen worden, zur Abstimmung gebracht.
Wenn über alle vorgeschlagenen Verbesserungen entschieden ist, so wird über den ganzen Antrag mit Ja und Nein abge⸗ stimmt. Die Behauptung, man habe die gestellte Frage oder ihren Umfang mißverstanden, berechtigt nicht zur Wiederauf— nahme der Sache, nachdem bereits abgestimmt worden.
Läßt der ursprüngliche Proponent seinen Antrag vor der Abstimmung fallen, und wird derselbe von einem Anderen auf⸗ genommen, so kommt er nichtsdestoweniger in der ursprünglichen Reihefolge zur Abstimmung.
Ergiebt sich im Laufe der Debatte, daß die Anwendung dieser Vorschrift in einem einzelnen Falle Schwierigkeiten oder Zweifeln unterliegen dürfte, so hat der Marschall, wenn er bei deren Lösung der Uebereinstimmung der Versammlung nicht gewiß ist, die Entscheidung des einzelnen Falles von dem Aus⸗
spruche der Majorität abhängig zu machen.
Tie Abtheilung sindet sich nicht veranlaßt, diesen Antrag wie⸗ derholt bei der hohen Versammlung zu befürworten, da selbige die vom Marschall im der Sitzung am 7. Mai d. J. nach gründlicher Diskussion gestellte Frage:
„ob überhaupt eine Aenderung des §. 16 des Reglements erbeten
werden solle?“
mit großer Majorität verneint hat.
Referent von Katte: Ich erlaube mir in Bezug hierauf die Stelle des Protokolls der eben citirten Sitzung wörtlich vorzulesen. Es war kurz nachdem der Abgeordnete der Grafschaft Mark einen besonderen Zusatz in Vorschlag gebracht hatte, der so lautete:
„Ueberall, wo es um Zeit⸗ oder Zahlenbestimmungen sich handelt,
muß, falls es auf einen lerminus ad quem ankommt, zuerst über
das Maximum, falls es auf einen terminus a quo ankommt, zu⸗ erst über das Minimum der verschiedenen Vorschläge abgestimmt werden.“
Darauf heißt es dann ferner: ; „Nachdem die Sache von mehreren Seiten besprochen worden ist, stellt der Marschall der Versammlung anheim:
ob überhaupt eine Aenderung des Reglements erbeten wer— den solle?
was sie jedoch mit großer Majorität verneint.“ ö Die Frage des Marschalls war also ganz allgemein gestellt. Marsch all:; Ist etwas zu bemerken bei diefem Vorschlage? Abgeordn. Frhr. von Manteuffel II.: Ich würde kaum die
wenigen Worte, die ich anführen will, hier bemerken, wenn ich mit Gewißheit voraussetzen könnte, daß unsere Kurie bei den früheren Beschlüssen stehen bleiben werde; wenn aber den Beschlüssen der Herren-Kurie beigetreten werden sollte, dann halte ich, dafür, daß die hier vorgeschlagenen Modalitäten jedenfalls einer weitläufigen Dis⸗ kussion und Erwägung unterworfen werden müssen. Denn gleich mit einemmale diese Veränderungen der Herren⸗Kurie anzunehmen, dazu würde ich mich kaum verstehen können. Ich bitte daher, daß zunãchst barüber ein Beschluß festgestellt werden möge, ob bei der früheren Ansicht der Drel⸗Stände⸗Kurie stehen geblieben wird.
Marsch all: Ich muß hierbei meine Ueberzeugung aussprechen, daß es sich nun nicht mehr von Modificationen handeln kann, sondern un' die einfache Frage der Annahme oder Ablehnung. .
Abgeordn. Frhr. von Manteuffel II.: Um zu dem Beschlusse der Annahme oder Ablehnung zu kommen, würde es erforderlich sein, diese einzelnen Bestimmungen der Herren-Kurie einer speziellen Kritil zu unterwerfen. Ich enthalte mich einer Aeußerung bierüber, weil ich glaube, hoffen zu dürfen, daß die Drei⸗ Stande. Kurie bei ihrem ersten Beschlusse stehen bleiben wird; ich wollte aber ausgesprochen
haben, daß ich meinerseits den geschehenen Ausführungen der Herren⸗ Kurie nicht beitreten kann.
Marschall: Es fragt sich hiernach, ob die hohe Versamm⸗ lung den Antrag der Herren⸗Kurie annehmen will? Diejenigen, die ihn annehmen wollen, bitte ich aufzustehen.
Wird einstimmig abgelehnt.)
Referent von Katte: Die Recherchen, die über Punkt 5 in der Registratur angestellt worden sind, haben zu keinem Resultat ge⸗ führt. Es scheint, daß das Referat der Herren-Kurie, welches nun in einem Exemplare vorhanden, vielleicht bei dem Herrn Marschall zu finden ist.
Heiterkeit.)
Abgeordn. Frhr. von Manteuffel J.. Ich glaube, in der That bedarf es dieser Recherchen nicht einmal; entweder hat der Zu⸗ satz eine Bedeutung oder er hat keine; die Abtheilung selbst hat ihm eine Bedeutung beigelegt, denn sie hat ihn für zu beengend erklärt. Ich glaube also, daß man sich entweder für den ganzen Vorschlag der Herren-Kurie erklären muß, oder man muß ihn ganz zurückweisen.
Eine Stimme: Es scheint mir auch die verehrte Abtheilung von dieser Ansicht ausgegangen zu sein, indem sie sagt, daß die Ent⸗ scheidung darüber, ob ein Veränderungs⸗-Vorschlag schriftlich einzurei⸗ chen sei, dem . zu überlassen sei.
Abgeordn. Frhr. von Vincke: Ich glaube umgekehrt, die Ab⸗ theilung hat deshalb, weil sie es dem Marschall hat überlassen wol⸗ len, den Zusatz nicht annehmen wollen. Da der Zusatz eine Modi— fication unseres Antrags enthält, so müssen wir, wie vorhin richtig bemerkt worden ist, uns entweder über diese Modification einigen oder unseren Antrag fallen lassen.
Abgeordn. Sattig:; Ich erlaube mir zu bemerken, daß nach meiner Ansicht zu unterscheiden ist, ob die Herren⸗Kurie nur eine Mo⸗ dification des Antrags der Drei-⸗Stände-Kurie beschlossen, oder ob sie einen ganz neuen Antrag formulirt hat. Wenn der Antrag der Her⸗ ren Furie, wie sie ihn bei Punkt 4 gemacht hat, ein ganz neuer An⸗ trag ist, so ist S. 2b des Reglements dahin anzuwenden, daß die Drei⸗ Stände Kurie Aenderungen dieses neuen Antrages beschließen kann. Dann geht ein solcher Antrag wieder zurück an die Herren-Knrie und wird erst, wenn sie ihre Zustimmung zu den Aenderungen erklärt, gültig. Ich glaube, man muß unkerscheiden, ob das Petitum zuerst von der Drei⸗ Stände Kurie ausgegangen ist und dann in der Herren⸗-Kurie eine Modi⸗ fication erhalten hat. Ist blos eine solche Modification wieder hierher gelangt, so steht der DreisStände-Kurie nur zu, ihren Beitritt oder ihre Ablehnung zu erklären; ist aber ein ganz neues Petitum in der Herren- Kurie zum Vortrag gebracht worden bei der Berathung des Reglements, so würde dieses als ein Novum an die Drei-Stände⸗ Kurie gelangen und diese sich darüber zu erklären haben, ob sie es unverändert oder mit einer Modification annimmt. Nimmt sie es mit einer Modification an, so geht es wieder an die Herren⸗Kurie zurück. So, glaube ich, läßt sich nur S. 26 e. des Reglements verstehen, welcher sagt:
„Wenn ein von der einen Kurie beschlossener Petitions-Antrag bei der
Plenar⸗-Berathung in der anderen Kurie durch eine Majorität von
zwei Dritteln der Stimmen nur unter Modificationen angenommen
wird, so ist auch hierüber ein motivirter Beschluß in der §. 22
vorgeschriebenen Form auszufertigen, welcher sodann unmittelbar
dem' Marschall derjenigen Kurie, von welcher der Petitions⸗Antrag ausgegangen ist, übersandt und hierauf in letzterer zur Berathung und Abstimmung gebracht wird.“
Da nun der Forliegende Antrag in der Herren-Kurie als ein neuer Petitions-Antrag gestellt, worden ist, so kommt er hier ganz neu zur Berathung und kann nicht hier so zur Abstimmung gebracht werden, daß, wenn die Modification nicht angenommen wird, der An⸗ trag als gefallen anzusehen ist.
Abgeordn. Freih. von Manteuffel J.. Ich kann mich da⸗ mit nich einverstanden erklären. Wenn hier die Herren -Kurie ge⸗ sagt, wir sind einverstanden, es muß aber auch das und das gesche— hen, so nenne ich das eine Bedingung; sie hat also den Antrag mit (iner Bedingung angenommen, und es fragt sich, ob wir mit dieser Bedingung einverstanden sind oder nicht.
Harschall: Das gesuchte Stück hat sich gefunden.
Referent von Katte; Ich glaube, daß es lediglich auf die wörtliche Fassung des Beschlusses der Herren-Kurie ankommt. Sie lautet so: .
„der Petitions-Antrag der Kurie der drei Stände, am Ende des
§. 15 Litt. g. die Worte hinzufügen zu lassen:
„„und ist dazu verpflichtet, wenn die Majorität der Ver— sammlung es verlangt“,
wird von der Herren⸗-Kurie befürwortet. — Dieselbe erbittet aber
auch den weiteren Zusatz, ꝛc.“
Abgeordn. von Vincke: Durch diese Fassung sind meine Be⸗ denken erledigt, weil es hiernach nur eine Art Addition zum An⸗ trage ist und nicht als eine Bedingung hingestellt wird.
Marschall: Hiernach fragt es sich, ob der Vorschlag der Herren-Kurie angenommen werden soll? Die ihn annehmen wollen, bitte ich aufzustehen.
(Die erforderlichen zwei Drittel sind nicht vorhanden,.)
Abgeordn. von Manteuffel J.. Nach diesem Prinzip müßte das nun wieder an die Herren Kurie zurückgehen.
(Einige Stimmen: Nein!)
Referent von Katte: EGiest vor):
7 w Ir. 14 ad §. 26a.
„Allergnädigst es der Versammlung zu überlassen, auch na Ablauf der Präklusis⸗-Frist K ö nehmen“,
tritt die Herren-Kurie mit der Modification bei, daß, um den
ausnahmsweisen Charakter der erbetenen Bestimmung noch ent—
schiedener hervortreten zu lassen, die Bitte dahin gerichtet werde Allergnädigst es der Versammlung zu überlassen, auch nach Ablauf der Präklusiv⸗-Frist in besonders wichtigen oder durch den Augenblick gebotenen Fällen ausnahmsweise Petitionen anzunehmen.
Die Abtheilung glaubt, daß dieser Fassung, als dem Sinne des , n. der Kurie der drei Stände entsprechend, beizutreten sein möchte.
Marschall: Ist gegen die Annahme dieses Vorschlages etwas einzuwenden? . (Mehrere Stimmen: Nein:)
Dies geschieht nicht, der Vorschlag ist also angenommen.
Referent von Katte: Eiest vor): ;
8) Um das Eigenthumsrecht der einzelnen Mitglieder an den von ihnen verfaßten Petitionen zu sichern und die Modalitäten für das Verfahren bei dem Zurückziehen von Petitionen näher zu bestimmen, erscheint der Herren- Kurie ad S. 262. eine regle⸗ mentarische Festsetzung nothwendig, und beantragt selbige, daher die Bitte bei Sr. Majestät dem Köni ,
Ale gn ed igfir ei b dem Könige zu stellen:
gnädigst eine, Bestimmung dahin zu erlassen, demjeni= gen . . Petition eingebracht hat, steht in jedem Sta⸗ ö . erhandlung die Befugniß zu, den Antrag zurück⸗
Jede Petition wird aber auch, sobald ĩ ĩ dergestalt Eigenthum der n, daß fe e n gr
1317
die in Anregung gebrachte Sache zu debattiren, durch das Zu⸗ rückziehen von Seiten des Antragstellers nicht genommen wer⸗ ben kann. Wenn daher der Antragsteller eine Petition zurück⸗ nimmt, so kommt es darauf an, ob der Antrag demnächst die erforderliche Unterstützung durch 6 oder 24 Mitglieder findet.
st dies der Fall, so erfolgt die Fortsetzung der Debatte und am Schlusse die Abstimmung der Versammlung. Wird dem Antrageé die Unterstützung nicht zu Theil, so findet eine weitere . und Abstimmung darüber nicht statt.
Da ein dem entsprechender Gebrauch in der Versammlung sich bereits gebildet hat, so sindet die Abtheilung sich veranlaßt, den Bei⸗ tritt zu dem oberwähnten Antrag zu befürworten.
Marschall: Tritt die hohe Versammlung bei? — Da das Gegentheil nicht ersichtlich ist, so nehme ich an, daß der Vorschlag angenommen worden ist. 2
Referent von Katte: Eiest vor):
9) Dem sub Nr. 17 von der Stände⸗Kurie zu §. 26 e. des Regle⸗
ments gestellten Antrage, ein Bestimmung zu erlassen, nach welcher, wenn sich eine wefsentliche Meinungs⸗Verschiedenheit herausgestellt hat und beide Kurien es wünschen, die betreffenden Abtheilungen zur Vorbereitung einer Einigung beider Kurien zusammentreten dürfen,
ist die Herren-Kurie mit einer wörtlich also lautenden Erklä⸗
rung resp. Interpretation beigetreten: Nach den Worten dieses Antrages könnte es zwar scheinen, als solle ein solcher Verständigungs-Versuch auch in dem Falle eintreten, wenn eine Kurie ihren Beitritt zu einer von der anderen beschlossenen Petition ganz versagt. Die Her⸗ ren- Kurie hat sich jedoch überzeugt, daß eine solche Aus⸗ dehnung, welche die zu wahrende Selbstständigkeit jeder ein⸗ zelnen Kurie beeinträchtigen würde, nicht in der Absicht der Nurie der drei Stände liegt, da der Antrag ausdrücklich nur bezüglich auf 8. 26 e. gemacht ist. Die Tendenz des Antrages wird daher von der Herren-Kurie dahin aufge⸗ faßt, daß — damit nicht ein an sich guter und im Wesent⸗ lichen von beiden Kurien gebilligter Petitions⸗Antrag fallen müßte, weil eine oder die andere vielleicht nicht sehr erheb⸗ liche Modification von der Kurie, die zuerst den Antrag beschlossen hat, nicht angenommen wäre, dann die betreffen⸗ den' Abtheilungen beider Kurien zusammentreten und ver⸗ suchen sollen, ob zunächst sie sich entweder über die An⸗ nahme ohne Modification oder über die anzubringenden Modificatlonen einigen können. Werden die beiden Abthei⸗ lungen nicht einig, so ist dann nichts weiter zu veranlassen, vielmehr die Petltion als verworfen zu betrachten. Einigen sich beide Abtheilungen, so wird die Sache nochmals, und zwar, je nachdem von beiden Seiten nachzugeben ist, gleich⸗ zeitig an beide Kurien oder, wenn es nur auf ein Nach⸗ geben von Seiten einer Kurie ankommt, nur an diese Kurie gebracht. Fällt dann der Beschluß im Sinne der zwischen den beiden Abtheilungen zu Stande gekommenen Einigung aus, so wird der nunmehr übereinstimmende Beschluß, durch Vermittelung des Königl. Kommissars, Sr. Majestät über⸗ reicht. Fällt der Beschluß einer oder beider Kurien nicht im Sinne der Einigung aus, so ist die Petition als ver⸗ worfen zu betrachten.
Die Abtheilung ist der Meinung, daß diese Deutung vollkommen dem Sinne des Beschlusses der Kurie der drei Stände entspreche, und schlägt daher vor, sich mit derselben einverstanden zu erklären.
Marschall: Wird dem hier entgegengetreten? Da kein Wider⸗ spruch erfolgt, so ist anzunehmen, daß es genehmigt ist.
Referent von Katte: (Liest vor):
10) ad §. 26f. findet sich die Herren-Kurie zu dem Antrage ver— anlaßt: Se. Majestät den König zu bitten, in der Regel die erste Alternatlve des §. 26 2M Litt. f. des Reglements eintreten zu lassen und in diesem Falle das Gutachten der Kurie, welche die Allerhöchste Proposition zuerst berathen hat, durch den Landtags⸗-Kommissarius der anderen Kurie zur Benutzung mittheilen zu lassen. t
Zur Unterstützung dieses Antrags,
Königliche Propositionen in der Regel zum Theil zuerst der
einen, zum Theil zuerst der anderen Kurie, nicht aber sie
gleichzeitig beiden Kurien vorlegen zu lassen, hebt die Herren⸗Kurie den Umstand hervor, daß dies in vielen Fällen eine bedeutende Zeit und Arbeitsersparniß herbeiführe und es dann zweckmäßig sein würde, das Gutachten derjenigen Kurie, welcher die Proposition zuerst vorgelegt ist, der anderen zur Benutzung mitzuthei⸗ len und insoweit eine Ausnahme von der Bestimmung des S§. 26 siltr. f. eintreten zu lassen.
Da in der Sitzung der Kurie der drei Stände vom 8. Mai d. J. bereits der Vorschlag, im ersten Satze des citirten §. 266. die Worte:
„oder beiden Kurlen gleichzeitig.“ in Wegfall zu bringen, diskutirt, hei der Abstimmung aber abgelehnt worden, so findet die Abtheilung sich nicht veranlaßt, die Zustimmung zu dem obgedachten Antrage der Herren-Kurie zu befürworten.
Abgeordn. von Vincke: Ich bekenne mich allerdings zu dem An⸗ trage und freue mich, daß er wenigstens in der Herren-Kurie einigen An⸗ klang gefunden hat. Es scheint mir aus den Gründen, welche hier im Refe⸗ rat entwickelt sind, doch in manchen Fällen wesentlich zur Erleichterung der Verhandlungen zu dienen, wenn eine Kurie aus dem Gutachten der anderen Kurie einige Momente für die Debatte schöpfen kann, und ich glaube, wir haben, wenn wir zurückgehen auf die Berathung der Al⸗ lerhöchsten Propositionen, bereits einige Motive für diese Ansicht aus der Erfahrung entnehmen können. Wenn wir namentlich die Diskussion über das Bescholtenheitsgesetz annehmen, so würde es doch vielleicht für die Herren-Kurie ganz nützlich gewesen sein, daß ihr unser Gut⸗ achten und unsere Verhandlungen darüber vorlagen, und so mag es in anderen Fällen auch für uns denselben entsprechenden Nutzen ha⸗ ben. Jedenfalls scheint es mir mit dem Gebrauche anderer parla⸗ mentarischer Versammlungen zu harmoniren, und es hat sich dort praktisch bewährt. Ich glaube auch, daß die Verwerfung des An⸗ trages früher nur darum erfolgt ist, weil das Amendement, das ich vorschlug, die Sache nicht vollständig erledigte. Wenn blos die Worte „oder beide Kurien gleichzeitig“ wegfallen, so würde damit die Sache nicht vollständig erledigt worden sein, während der Vor⸗ schlag der Herren-Kurie mir die Sache zu erschöpfen und alle Be— denken zu beseitigen scheint. Darum bin ich der Ansicht, daß aller— dings der Antrag um so mehr Unterstützung verdient, als er nicht von einem Mitgliede der Versammlung ausgeht, sondern ein Antrag der anderen Kurie ist, dem wenigstens sehr viele Billigkeitsgründe zur Seite stehen, und wenn namentlich die andere Kurie üns den Wunsch vorträgt, durch unsere Berathungen besser informirt zu werden, so haben wir das nur sehr dankbar zu acceptiren. Es liegt ja namentlich in unserem Interesse, daß die Herren⸗-Kurie unsere Berathungen benutzt, und wenn sie den Wunsch dazu dur Beschlüsse zu erkennen giebt, so haben wir das als einen Beweis sehr freundlichen Entgegenkommens anzunehmen.
Abgeordn. von Manteuffel: Ich kann dem Vorschlage der
Herren- Kurie, mithin auch dem Vortrage des geehrten Herrn Ab- ere, der GHrafschast Mark, nicht ure, ö ich halte vielmehr
r höchst wünschenswerth, daß jede Kurie ihren Gang besonders gehe; ich halte für höchst wünschenswerth, daß eine Einwirkung des Hutachtens der einen Kurie auf Tas der anderen Kurie und eben so eine Kritik des Gutachtens, das eine Kurie abgegeben hat, nicht statt⸗ finde; ich halte es für vie! ersprießlicher, wenn beide Kurien abge⸗ sondert berathen, und glaube, daß wir hierdurch viel mehr einer Ten- denz unserer ständischen Einrichtungen uns nähern, welche für die Berathungen und für die Förderung, des ständischen Instituts im All⸗ gemeinen höchst zweckmäßig sein dürfte; ich meine, daß wir hierdurch uns dem Systeme zweier Kammern oder zweier abgesonderter stän⸗ discher Körperschaften annähern, und ein solches System halte ich jetzt für das allein zweckmäßige und heilsame.
Abgeordn. Dittrich: Burch den Beschluß nach Berathung des Reglements ist vorbehalten worden, die Erfahrungen noch zu ö zu ziehen, welche im Laufe des jetzigen Landtags gemacht werden, und da uns jetzt dieser Gegenstand abermals vorliegt, so kann der Be⸗ schluß, den wir hierüber früher gefaßt haben, dem nicht entgegen- stehen. Außerdem glaube ich nicht, daß durch Annahme dieses Be⸗ schlusses eine Kritik der einen oder anderen Kurie herbeigeführt wird, sondern daß gerade dadurch die Gründe um so reiflicher erwogen werden und wesentliche Vortheile für die Berathuug entstehen.
Abgeordn. von Vincke: Ich glaube, daß das verehrte Mitglied für die Niederlausitz durch den Wunsch, verschiedene Ansichten hier von der Rednerbühne vorgetragen zu hören, doch diesmal zu weit ge⸗ führt ist, so daß es mich gänzlich mißverstanden hat. Ich habe mich noch am heutigen Tage entschieden dagegen erklärt, daß eine Kurie eine Kritik des Verfahrens der anderen sich erlaube, ich habe mich da= hin erklärt, daß ich es sogar für unparlamentarisch halte, daß eine Aeußerung, die hier gefallen ist, in der anderen Kurie, sei es in wel⸗ her Weist' es wolle, auch nur angeführt wird. Wenn die Veröffent⸗ lichung unserer Verhandlungen einen Zweck hat, so ist es wohl beson⸗ ders der, daß sich beide Kurien, namentlich die Referenten, informiren und die Motive sich aneignen können, ohne daß dadurch eine Kritik der anderen Kurie irgend bedingt zu sein braucht. Ich bin also hier vollständig mißverstanden worden, während ich, was das Zweikammer⸗ System betrifft, dem verehrten Mitgliede beipflichte. Gerade die Idee des Zweikammer⸗Systems, zu der ich mich auch bekenne, bedingt, daß eben eine Kammer von den Erfahrungen der anderen Nutzen zieht. In allen Staaten, wo zwei Kammern existiren, wird nie ein Gegen- stand gleichzeitig verhandelt, eben weil dadurch die Selbstständigkeit in beiden Kammern wesentlich zur Geltung gebracht wird, daß eine Kurie beipflichtet oder widerspricht, während, wenn beide neben einan- der herlaufen, wenn ich mich so ausdrücken darf, jede verhandelt, ohne nur zu wissen, daß die andere existirt.
Abgeordn. NAumann: Ich will in wenigen Worten nur er klären, daß ich die Ansicht des geehrten Redners vor mir ganz theile. Ich sehe durchaus keinen Nachtheil, wenn eine Kurie nach der ande⸗ Ten denfelben Gegenstand vornimmt; ich kann es auch nicht eine Kri⸗ tik nennen, wenn eine Versammlung das, was in der anderen vor⸗ gekommen ist, zur Information benutzt, ja, ich gehe so weit, daß ich behaupte, wenn alle Gegenstände in getrennten Kurien behandelt wer⸗ den sollen, so daß die eine von der anderen gar keine Notiz nimmt, so wird nicht blos aller Nutzen des Zwei Kammer⸗Systems aufgeho⸗ ben, sondern noch der Nachtheil hervorgebracht, daß dem Gouverne⸗ ment statt einer Stimme von Seiten der Vertreter des Landes ge— wöhnlich ganz divergirende Ansichten manifestirt werden würden. Die Regierung würde nie recht wissen, woran sie ist, weil eine Ausglei⸗ hung der verschiedenen Ansichten nicht stattfinden könnte. — Ich er- kläre mich deshalb dafür, dem Antrage der Herren-Kurie beizutreten.
Abgeordn. von Puttkammer aus Stettin: Ich stimme dem Antrage der Herren- Kurie auch bei, namentlich darum, weil ich glaube, daß es zur Einigung sehr viel beitragen kann, wenn eine Versamm—⸗— lung sieht, was die andere gethan hat, und aus welchen Gründen.
Märschall: Wenn Riemand mehr das Wort verlangt, so schließe ich die Debatte und stelle die Frage:; Soll, dem Antrage der Herren-Kurie, daß die Königlichen Propositionen in der Regel nicht beiden Kurien gleichzeitig vorgelegt werden möchten, beigetreten wer⸗ den? Diejenigen, welche den Antrag annehmen, bitte ich, aufzu⸗ stehen.
Es haben sich mehr als zwei Drittel für den Antrag erhoben, er ist also angenommen.
Referent von Katte (liest):
11) Dem sub Nr. 18 ad §. 28 des Reglements gestellten Petitum endlich, zur Wahl der Kandidaten für die bei der Hauptverwaltung der
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Staatsschulden erledigten Stellen die absolute Stimmenmehrheit für erforderlich erachten zu wollen, tritt die Herren-Kurie mit der Modification bei, daß, um die Zweifel zu beseitigen, unter welcher Form gewählt werden solle, und um die wünschenswerth erscheinende Bestimmung aufzunehmen, daß die Stimm= zettel unterschrieben sein müssen, Se. Majestät allerunterthänigst ge⸗ beten werde, den §. 28 des Reglements dahin zu fassen: Wenn bei der Haupt -Verwaltung der Staatsschulden eine Stelle erledigt ist, so werden die Uns für dieselbe von dem Vereinigten Landtage vorzuschlagenden drei Kandidaten, auf die dieserhalb von Uns ergangene Aufforderung, nach Vor⸗ schrift des Reglements über das Verfahren bei ständischen Wahlen vom 22. Juni 1842 gewählt. Die mit den Na- men' der Stimmgeber unterschriebenen Stimmzettel sind sind von den Ordnern (8. 5.) einzusammeln und von den Marschällen beider Kurien des Vereinigten Landtags, unter Zuziehung der Secretaire, zu eröffnen. ö Wenngleich die Abtheilung diese Modification nicht für angemes⸗ sen hält, so glaubt sie dennoch die Zustimmung zu derselben aus dem Grunde befürworten zu müssen, weil der Hauptantrag ihr zu wichtig erscheint, um ihn einer nicht wesentlichen Abänderung wegen fallen zu lassen. Abgeordn. von Vincke: Ich bin mit der Ansicht der Abthei⸗ lung vollkommen einverstanden, daß die von der Herren- Kurie vor- geschlagene Modification ungeeignet ist, ja, die Modification scheint mir so ungeeignet zu sein, daß ich in diesem Fall lieber darauf ver- zichten möchte, unseren Antrag an den Thron zZelangen zu sehen, um nicht dieser höchst ungeeigneten Mobisication beipflichten zu müssen; denn wenn die Namen unter dem Stimmzettel unterschrieben sein sollen, so ist das eine solche vollständige Kaptivirung der Stimmfrei⸗ heit, daß ich dann als einfacher vorziehen würde, durch den Namens-⸗ aufruf festzustellen, für wen Jeder stimmen will. Ich halte die Mo⸗ dification deshalb für, durchaus unzweckmäßig und würde mir lieber eine relative Masorität gefallen lassen, in der Ueberzeugung, daß Se. Majestät, wenn Sie eine absolute Mehrheit überhaupt für zweckmäßig finden, Sie in dem Beschlusse unserer Kurie genügenden Anlaß er⸗ kennen werden, eine so geeignete Bestimmung zu erlassen. Da es sich namentlich um Persönlichkeiten handelt, welche in der Regel in Berlin anwesend sein und demnach erfahren werden, wer ihnen die Stimme gegeben hat, so scheint mir die Modification der Herren- Kurie, wie gesagt, unpassend und auch der Würde der Versammlung
nicht recht zu entsprechen.