1847 / 178 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Referent von Katte: Es ist mir durch einen geehrten Ab⸗ eordneten die Frage vorgelegt worden, ob vielleicht die Fassung des Veh ufa der Berren-Kurie eben so gestellt sei, wie bei dem ad 5. Dem muß ich aber widersprechen; es sst hier durchaus eine conditio sine qua non durch diese Unterschrift der Stimmzettel gestellt. 22 die hohe Versammlung will, werde ich den Passus wörtlich vorlesen.

Den §. 28 des Reglements dahin zu fassen: . „Wenn bei der Haupt⸗Verwaltung der Staatsschulden eine Stelle erledigt ist, so werden die Uns für dieselbe von dem Vereinigten Landtage vorzuschlagenden drei Kandidaten, auf die dieserhalb von Uns ergangene Aufforderung, nach Vorschrift des Reglements über

. * * 8 . CO 2 191 ö das Verfahren bei ständischen Wahlen vom 22. Juni 1842 ge⸗ wählt. Die mit den Namen der Stimmgeber unterschriebenen Stimmzettel sind von den Srdnern (§. 5) einzusammeln und von

den Marschällen beider Kurien des Vereinigten Landtags, unter Zuziehung der Secretaire, zu eröffnen.“ . Marschall Wird das Wort noch verlangt? (Alles schweigt.)

Ich frage also, ob die hohe Versammlung der von der Herren⸗ Kurie vorgeschlagenen Modification beitreten will? Wer beitreten will, beliebe sich zu erheben.

(Niemand erhebt sich.)

Die hohe Versammlung ist also diesen Modificationen nicht bei- getreten.

t Das Gutachten, betreffend die Bitte der drei Stände auf Ab⸗ änderung mehrerer Bestimmungen vom 3. Februar, ist bereits gedruckt und wird innerhalb einer Viertelstunde hier vertheilt werden. Ich habe bereits ein Exemplar erhalten. Die übrigen werden nur noch geheftet. Wenn die Herren so lange hier verweilen wollen, so kön⸗ nen sie die Exemplare in Empfang üehmen. Ich bitte ganz erge⸗ benst, sich morgen früh 19 Uhr hier wieder versammeln zu wollen. Die heutige Sitzung ist geschlossen.

(Schluß der Sitzung Nachmittags 3 Uhr 20 Minuten.)

Sitzung der Vereinigten Kurien am 22 Jun i.

Die Sitzung beginnt um 105 Uhr unter dem Vorsitz des Mar— schalls, Fürsten zu Solms.

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ge⸗ nehmigt.

Marschall: Wir kommen zur Verlesung des Gutachtens über die Königliche Proposition, die Vollendung des Eisenbahnnetzes in Preußen betreffend. Ich bitte den Referenten von Manteuffel, das Gutachten zu verlesen.

Referent Freiherr von Manteuffel!l.:

Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König, Allergnädigster König und Herr! .

Ew. Königliche Majestät haben in der Allerhöchsten Botschaft vom 28. März d. J. befohlen, daß Allerhöchstdero zum Vereinigten Landtage versammelten getreuen Stände sich über die nach S. 5 der Verordnung vom 3. Februar 1847 erforderliche Zustimmung zu einer Staatsanleihe erklären sollen, welche behufs Herstellung der großen preußischen Ostbahn und der damit in Verbindung stehenden Brücken⸗ bauten und sonstigen Anlagen verwandt und die aus dem durch den Allerhöchsten Erlaß vom 22. November 1842 bis zum Betrage von jährlich 2 Millionen Thalern ausgesetzten Eisenbahn - Fonds verzinst und getilgt werden soll.

Wir haben die hohe Wichtigkeit dieser Allerhöchsten Vorlage vollkommen erkannt, und wir haben ganz besonders dankbar und freu⸗ dig die Weisheit Ew. Königlichen Majestät verehrt, welche, die Be= dürfnisse der einzelnen Landéstheile würdigend, diesen eine Abhülfe zu gewähren bereit ist, aus welcher für das gesammte Vaterland die se⸗ gensreichsten Folgen zu erwarten sind.

Diesem erhabenen Beispiele folgend, haben wir einmüthig. in dem Unternehmen, welches durch die Aufnahme der gedachten Anleihe be⸗ sonders beschleunigt werden soll, eine einseitige Angelegenheit der zu— nächst betheiligten Provinzen nicht erblickt, wir haben vielmehr in der östlichen Eisenbahn ein neues Bindungsmittel für das gemeinschaftliche Vaterland erkannt. Es ist uns zum Bewußtsein geworden, daß an eine nähere und gesicherte Verbindung der östlichen Provinzen die wichtigsten Momente sich knüpfen für die äußere und innere politische Stellung, für das Gedeihen und die Wohlfahrt des gesammten Staates.

Wenn wir aus diesem allgemeinen Gesichtspunkte die hohe Wich⸗ tigkeit der östlichen Eisenbahn und alle die Rücksichten auffaßten, welche für deren schleunige Herstellung sprechen, so mußten wir an⸗ dererseits auch dahin geführt werden, die Gesammtlage aller konkur— rirenden Verhältnisse zu berücksichtigen und zu prüfen, ob und inwie⸗ weit aus diesen sich Bedenken ergeben, gegen die Art, in welcher die beschleunigte Herstellung erreicht werden soll. ö

Wir halten es für unsere Pflicht, diese Bedenken Ew. Königl. Majestät mit der Offenheit auszusprechen, welche Allerhöchstdieselben von uns zu fordern berechtigt sind.

Die Beschleunigung soll durch die Aufnahme einer Staatsan— leihe bewirkt werden.

Einem Theile der Versammlung drängten sich hierbei alle die Bedenten auf, welche derselbe zur Zeit gegen die Bewilligung einer jeden Staatsanleihe hegen zu müssen sich für verpflichtet erachtet. Es wurde namentlich hervorgehoben, daß eine detaillirte Vorlage, mithin eine gründliche Kenntniß des gesammten Staatshaushalts dem Ver— einigten Landtage noch fehle, eben so wie eine Kontrolle der gesamm⸗ ten Einnahmen und Ausgaben des Staats, es wurde um deshalb die Möglichkeit vermißt, ein Urtheil darüber zu gewinnen, ob die beab⸗ sichtigte Anleihe überhaupt erforderlich sei, so wie nach der Gewißheit gefragt, ob dem Vereinigten Landtage eine Kontrolle über die Ver— wenduͤng dieser Anleihe nicht allein eingeräumt, sondern durch eine periodische Wiederkehr. auch werde ermöglicht werden.

Eine fernere Ansicht Einzelner verwies darauf, daß aus der zur Berathung stehenden Vorlage Ew, Äönigl. Majestät der Bau der Fisenbahn durch den Staat selbst folge, und fnüpfte hieran das Be⸗ deuten, daß hierdurch nicht allein don dem bisher beobachteten Ver⸗ fahren bei Förderung des Eisenbahnwesens abgewichen, sondern auch ben industriellen Regungen und Undͤternehmungen der Privaten entge⸗ gengetreten werde, während es vielmehr in der Pflicht des Staates liege, diese anzuregen und zu fördern, sich selbst aber von solchen Bauausführungen um so mehr fern zu halten, als diese in der Regel viel kostspieliger sich gestalteten, da es an einer Kontrolle aus Privat⸗ interesse fehle.

Selbst hiervon abgesehen, sprach sich die Meinung aus, daß die Ausführung des Unternehmens, wenigstens nach der uns gewordenen Vorlage, nicht für so fundamentirt zu erachten sei, um die Verwendung einer höchst bedeutenden Summe hiernach für gerechtfertigt halten zu können. Die Beschaffung der Geldmittel beruhe auf ber Voraussetzung, daß der in Ew. Königl— Majestät Allerhöchstem Erlasse vom 22. No⸗ vember 1842 geschaffene jährliche Eisenbahnfonds die normalmäßige Höhe von 2 Millionen Thalern erreiche, was wenigstens zur Zeit noch nicht ein⸗ getreten sei. Es könne selbst, wenn das Bebürfniß nur für die Strecke

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von Königsberg bis Driesen solle beschafft werden, dies nur dadurch erzielt werden, daß der gesammte Rest der von dem je , Eisen⸗ bahn. Fonds noch zur Disposition stehenden Mittel in apital umge⸗ setzt werde, so ga auch nur die geringste Ueberschreitung der veran⸗ schlagten Kostensumme oder eine sede Störung in den Voraussetzun⸗ gen, unter welchen die Kontrahirung der Anleihe berechnet sei, ein Mißverhältniß zwischen den vorhandenen und den erforderlichen baa= ren! Mitteln herbeiführen müsse.

Dieses Verhältniß ward von demjenigen Theile der Versamm⸗ lung um so schmerzhafter empfunden, welcher glaubte, daß die hohen Vortheile der östlichen Eisenbahn nur dann vollständig erreicht werden würden, wenn dieselbe ihrer vollen Länge nach von Berlin bis Kö⸗ nigsberg und in möglichst gerader Richtung hergestellt werde, während von anderer Seite selbst gegen die Zweckmäßigkeit der projektirten Linie Zweifel erhoben wurden. ;

Endlich richteten sich besorgte Blicke ganz besonders auf die zur Zeit bestehende Lage des öffentlichen Geldmarktes. Es ward für jetzt die Aufnahme einer Anleihe, welche unter allen Umständen zwischen 20 und 36 Millionen Thalern sich bewegen müsse, für höchst bedenk— lich erachtet; es ward darauf hingewiesen, wie sehr der Begehr nach baarem Gelde hierdurch werde vermehrt werden, und welchem erheb⸗ lichen Einflusse selbst die schon vorhandenen Staats⸗-Papiere durch die Kontrahirung einer neuen Staats-Anleihe ausgesetzt würden.

Ew. Königl. Majestät wollen aus dieser freimüthigen Darlegung der vorstehend angedeuteten Bedenken Allergnädigst zu entnehmen ge⸗ ruhen, daß wir der befohlenen Berathung uns mit dem entschiedenen Willen zugewandt haben, ein Urtheil abzugeben, welches das Gesammt⸗ wohl des Vaterlandes im Auge behalte. . J .

Wir vermögen nicht anzugeben, inwieweit bei den sämmtlichen einzelnen Mitgliedern bald das eine, bald das andere dieser Bedenken vorherrschend gewesen oder selbst zur ausschließlichen Geltung gelommen st, wir halten sogar für unsere Pflicht, anzuführen, daß hierin eine große Divergenz der Ansichten stattgefunden hat, wir bitten aber, Ew. RWö⸗ nigliche Majestät allerunterthänigst versichern zu dürfen, daß alle Mit⸗ glieder in dem Einen Gedanken sich zusammgefunden haben, wie die Pflicht gebiete, der gewonnenen Ueberzeugung, dieselbe beruhe auf dem einen oder dem anderen dieser Bedenken, allein und selbst mit schmerz⸗ haftem Gefühle zu folgen und diese Bedenken Ew. Königl. Majestät eben so ehrfurchtsvoll als offen darzulegen. .

Hiernach verfehlen wir nicht, Ew. Königl. Majestät allerunter⸗ thänigst anzuzeigen: .

daß der Vereinigte Landtag (s sich versagen zu müssen geglaubt hat, die in der Allerhöchsten Botschaft vom 28. März 1847 erfor⸗ derte ständische Zustimmung zu einer Staats-Anleihe, zu ertheilen, welche zum Behufe der Herstellung der großen preußischen Ostbahn und der damit in Verbindung stehenden Brückenbauten und sonsti⸗ gen Anlagen aufzunehmen und aus dem durch die Allerhöchste Rabinets- Ordre vom 22. November 1842 bis zum Betrage von jährlich zwei Millionen Rthlr. ausgesetzten Eisenbahn-Fonds zu verzinsen und zu tilgen sei. . 5

Wenn wir jedoch bei Fassung dieses Beschlusses die hohe Wich⸗ tigkeit der östlichen Eisenbahn keinesweges verkannt haben, vielmehr die Mehrheit nur von denjenigen Bedenken hauptsächlich bestimmt ward, welche dieselbe aus den jetzigen Verhältnissen herleitet, so wandte sich der Blick vertrauungsvoll der Zukunft zu, und es ward die Hoff⸗ nung ausgesprochen, daß Ew. Rönigl. Majestät die Mitwirkung Allerhöchstdero getreuen Stände für dieses große Unternehmen auch ferner zu erfordern geruhen wollen,. ö

In Folge eines desfallsigen Beschlusses tragen wir daher Ew. Königl. Masjestät die allerunterthänigste Bitte vor: .

Allerhöchstdieselben wollen Zeruhen, behufs der Ausführung, der großen östlichen Eisenbahn nach Preußen dem nächsten Vereinigten Landtage eine Allerhöchste Proposition vorlegen und bis dahin die an derselben begonnenen Arbelten in geeigneter Weise fortsetzen zu lassen. ,

Abgeordn. von Auerswald: Darf ich eine kurze Bemerkung vom Platz machen? Es ist bei dem zweiten Grunde, der für die Ab⸗ lehnung angegeben ist, daß nämlich von einem Theil der Versamm lung es für bedenklich gehalten wurde, den Bau für Rechnung des Staates zu führen, so dargestellt, als wäre dieser Grund als ein all⸗ gemeiner von der Versammlung aufgestellt. Es ist nicht ausgedrückt, daß er nicht allgemein getheilt wurde; ich kann mich verhört haben, aber ich bin der Meinung, daß, wenn man den Bericht in seiner jetzigen Fassung liest, es den Eindruck machen kann, als wäre die Majorität be⸗ denklich gewesen, den Bau dem Staate zu überlassen, während ich der Ansicht bin, daß es nicht die Majorität der Versammlung war, die sich dafür entschieden hat. ö

Referent von Manteuffel II.: Darf ich den Passus noch ein⸗ mal verlesen?

(verliest den betreffenden Passus nochmals.) ;

Ich habe es also aufgestellt als eine Ansicht, die in der Ver⸗ sammlung laut geworden ist, und ich glaube, daß die Würdigung der einzelnen Ansichten auf den Schlußsatz zurückgeführt werden muß in welchem ich gesagt habe, daß von diesen verschiedenen divergirenden Mei⸗ nungen in Summa das Resultat abzuleiten sei, daß aber nicht eine einzelne Ansicht für die Ablehnung ausschließliche Geltung gefunden habe. Ich bitte den letzten Satz nochmals verlesen zu dürfen.

Abgeordn. von Auerswald: Der ist mir vollkommen gegen= wärtig, und ich schließe mich dem Referenten darin au, daß man es so verstehen kann. Er ist vollkommen berechtigt zu sordern, daß man es bei genauer Beachtung des Zusammenhanges so verstehe. Ich glaube aber, mir den Vorschlag erlauben zu dürfen, daß, wenn der Referent beitritt und die Versammlung ihre Zustimmung gi bt, zur größeren Deutlichkeit gesagt werde: „einem Theil der Versamm⸗ lung.“

einem Theile der Versammlung“. Ich werde hier hinschreiben: „eine ernere Ansicht Einzelner.“ . .

. be ee Freiherr von Vincke: Wenn ich recht verstanden habe, so ist bei der allgemeinen Erwähnung, daß der Landtag nicht die Zustimmung zur Anleihe habe ertheilen können, gesagt, „mit einer Stimmenmehrheit von mehr als zwei Drittel“, und an einer anderen Stelle, wo es sich um das Amendement handelt, heißt es: „mit Stimmenmehrheit wurde der Beschluß gefaßt.“ Ich glaube, das Letztere versteht sich von selbst, denn wir können St— Majestät

nichts Anderes vortragen, als was mit Stimmenmehrheit beschlossen

worden ist, und in Bezug auf das Erstere scheint mir die Nelation über die Stimmenzahl überflüssig, weil es bei der , der An⸗ leihe keiner Masorität von zwei Drittel bedurft hat und also die Er⸗ wähnung der Stimmenzahl nicht dahin, gehört. Ich wäre daher der Meinung, daß beide Punkte ganz gestrichen werden, nämlich die Er⸗ wähnung der Stimmenmehrheit von zwei Dritteln und dann, daß überhaupt eine Stimmenmehrheit stattgefunden,.

Referent von Manteuffel II.‘ IJ habe, was den ersten Punkt betrifft, in welchem gesagt ist, daß die Mehrheit geglaubt hat, es sich versagen zu müssen, die Zustimmung zu ertheilen, die Angabe wegen der Rehrheit in dem S reiben aufgenommen, weil es au einer ausdrücklichen Gesetzes⸗Vor chrift, namentlich dem §. 16 der

Verordnung vom 3. Februar 1847, beruht, insofern als dort angege⸗

ben ist, daß, wenn bei Königlichen Propositionen nicht volle zwei

Drittel der Versammlung die Ablehnung beschließen, dann auch die Gründe der Minorität aufgeführt werden müssen. Die Majorität hat jedoch zwei Drittel überstiegen, ich habe daher die Gründe der Minbrität nicht angegeben, aber geglaubt, daß die obengedachte fal- tische Anführung nothwendig sei. Was den zweiten Punkt, wo von der Stimmenmehrheit gesprochen ist, betrifft, so wüßte ich nicht, wie ich diesen Beschluß anders ausdrücken soll. Denn wenn ich blos sage, in Folge des gefaßten Beschlusses der Versamnlung, so liegt darin, daß der Beschluß einhellig gefaßt ist, und er ist blos von einer Ma⸗ jorität gefaßt worden, die nicht einmal zwei Drittel betrug. Abgeordn. Freiherr von Vincke: In beiden Beziehungen, glaube ich, befindet sich der Herr Referent im Irrthum, denn wenn es nach dem Gesetze in einzelnen Fällen einer Stinimenmehrheit von zwei Dritteln bedarf, um Sr. Majestät dem Könige nur die Ansicht der Majorität vorzutragen, so sst nicht dieser Fall gemeint; sondern der Fall, wo es sich um die Begutachtung einer Königlichen Proposition handelt. Hier handelt es sich aber um eine ständische Zu stimm ung, und da ist die einfache Masorität genügend, und es ist überflüssig, anzuführen, wie zahlreich diese Majoritãt ausgefallen ist, da es bei dem vorliegenden Zweck nicht darauf ankommt. Wenn aber der Herr Referent Recht hätte, so müßten ja dann im zweiten Falle auch die Gründe der Minorität angeführt werden. Der Herr Referent irrt sich aber; denn die von ihm angeführte Bestimmung gilt für die Begutachtung der Königlichen Propositionen, wo der Bei⸗ rath der Stände erfordert wird, aber nicht für den Fall der Zustim⸗ mung zu einer Steuer oder Anleihe. . Referent von Manteuffel II.. Wenn wir eine Aufforderung von St! Majestät dem Könige erhalten, unsere Zustimmung zu einer Anleihe zu ertheilen, so ist dies eine Allerhöchste Proposition (Mehrere Stimmen: Nein, es ist eine Botschaft ; und im Gesetze steht ausdrücklich, daß die Gründe der Minorität in dem bezeichneten Fall angegeben werden sollen. Ich bemerke aber, daß ich an dem von mir gewählten Ausdrucke nicht hänge, sondern blos durch meine Erwiederung dem mir untergelegten gänzlichen Irr⸗ thum entgegentreten wollte.. . . Eine Stimme: Ich finde es ganz nothwendig und der Na⸗ tur der Sache gemäß, daß die Stimmenmehrheit angeführt wird, im Gegensatz zur Einhelligkeit des Beschlusses. ̃ . Abgeordn. Frhr. von V incke: Es scheint mir, daß in den Fällen, wo die einfache Majorität entscheidet, die Ansicht der Majo⸗ rität als die der ganzen Versammlung vorgetragen werden muß. Lie Angabe der Gründe der Minorität ist durch keine gesetzliche Vor⸗ schrift bedingt, sondern, wie vorhin schon bemerkt, ist nur bei Propo⸗ sitionen, wo es auf den Beirat, der Stände ankommt, vorgeschrie⸗ ben, daß die Gründe der Minorität angegeben werden sollen wenn eine Majorität von nicht zwei Dritteln sich gegen die Proposition er⸗ klärt. Ich muß mich daher dagegen erklären, daß hier die Gründe der Minorität angegeben werden. J Referent Frhr. von Manteuffel II.: Früher ha hofft, den Redner dadurch zufriedenzustellen, wenn ich den gefaßt hätte:

hatte ich ge⸗ Passus so

Verliest den betreffenden Passus.) J und ich stelle es der Versammlung anheim, ob sie damit einverstan⸗ den ist. Ja Jan . Abgeordn. Naum ann (vom Platz): Ich schließe mich dem Antrage an, daß von einer Masoritãt oder Minorität der , . lung nicht die Rede sein darf. Was die Majorität beschlossen

hat, ist der Beschluß der Versammlung, und nur von diesem kann die

ö z ee. ! Rede sein. Es kann nicht darauf ankommen, öh . . 966 ‚: , k 9. * Maisrität vorhanden sei, denn es liegt hier nicht der, einfache Majorität vorhe sei, nhl nig fen en

vor, wo, wenn nicht zwei Drittel der Stimmen; 5 gewesen' sind, auch bie Ansicht der Minoritãt 1 gemacht . müßte. Dies Erforderniß tritt nur bei der ,, 9 . Entwürfen vor, nicht aber bei einer Illlerhöchsten Botschaft, ö ö. den Vereinigten Landtag gehen . . es sich um die Bewil= ͤ on . 1d Anleihen handelt. . J . (vom Platz): Ich erlaube mir die Bitte, daß wir Se— Majestät nicht anders mit Notizen ö Mehrheit und Minderzahl belästigen wollen, als in xen vorgeschrie . Fällen, und zu diesen gehört der vorliegende Fall nicht. Der. . ; sagt: „Die Beschlüsse werden durch Stimmenmehrheit gefaßt“, un

schreibt vor, in welchem besonderen Falle bei dem Gutachten eines

Gesetzes, wenn dasselbe von einer geringeren Stimmenzahl . Drittel angenommen oder abgelehnt wird, auch die Ansicht 3. . rität zur Kenntniß Sr. Majestät, gebracht werden soll, also nur t dem Fall ist der Angabe der Minoritaät gedacht worden, wenn . Gründe derselben Sr. Majestät vorzulegen sind. Das ist hier 36 der Fall, und ich wir nicht anders als in der ersten derfon Son uns sprechen könntn. J

23 r. . Manteuffel II.: Ich glaube meinerseits,

Majestät dem Könige gegenüber das Richtige Referent von Manteuffel II.. Der Satz fängt so an: „daß

daß die Anführung, wie sie jetzt hier steht, nicht vorschristswidrig

oder verboten ist. Es kommt also nur darauf an, daß die Versammlung sich darüber ausspreche, ob es heißen solle, „eine Mehrhei

t oder ini ö it später nicht noch der Vereinigte Landtag, Ich halte mich, damit später nicht n

snnehr divergirt wird, nicht für berechtigt, auf den Wunsch ö .

nen Mitgliedern Aenderungen zu treffen. Ich richte daher ai .

Herrn Marschall die Bitte, die Versammlung im . zer

ihre Ansicht zu befragen. Auf diese Weise werden wir über diesen

Punkt am kürzesten hinwegkommen. . ö

ö. i. ö ö Auerswald (vom Platz): Dann . ich

den Heyn Marschall bitten, sich zunächst selbst darüber auezuspsechen

wie er das Gesetz auffaßt; wenn . hier , , . 1

i inoritã führen sollten, so glaube ich mm ht, daß wir Se.

tät und Minorität anfüh . , ö

Graf von Schwer! vom Platz : Ich schließe mich der sicht des Abgeordneten von Auerswald an. .

6 (Das rere war nicht im Zusammenhange hörbar.) Marschall: Ich möchte, ehe wir zur Abstimmung kommen, Fassung festgestellt sehen, von welcher wahrscheinlich ist, daß sie

die ustimmung der Versammlung finden wird, damit wir keine zwei⸗

felhafte Abstimmung erhalten, während doch ein großer Theil von

bem, was erinnert worden ist, blos Sache der Redaction ist.. . Fürst von Lichnowsky: Man könnte sagen, der Vereinigte

ö Frhr. von Manteuffel II.:. Ich entspreche dem

Wunsche gern, ich habe nur eine kleine Andeutung im Interesse der / Minorität gemacht.

ie Ver ob der

Mar II: In den Worten: „die Versammlung oder „de

ͤ ann , liegt durchaus nicht, daß eine Einstimmigkeit

stattgefunden hat, sondern es ist vollständig die Unterstellung begrün⸗

an 5 eine Einstimmigkeit 6 erte , habe. Wir können di Ausdruck mit in die Fassung einführen. ö.

29 . Frhr. von Manteuffel II.: Ich würde die Fassung

dabin machen: liest)

.

Erste Beilage

AM 178.

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Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Dienstag den 29sen Juni.

—— —— ———

Nun würde das zweite Monitum des Mitgliedes aus der Graf⸗ schaft Mark kommen. Ich glaube, es wird genügen, wenn die beiden Worte wegfallen.

Abgeordn. von Vincke: Daß ein Beschluß gefaßt wurde, ver⸗ steht sich von selbst.

Marschall: Es muß aber ausgedrückt sein. Wenn keine wei⸗ tere Bemerkung erfolgt, wird in dieser Fassung das Gutachten zur Genehmigung gestellt werden. Diejenigen Mitglieder, welche dieser Fassung beitreten und das verlesene Gutachten annehmen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Eine große Masjorität erhebt sich.)

Das Gutachten ist angenommen.

Wir kommen nun zur Verlesung des Gutachtens über die Aller— höchste Proposition, die Aufhebung der Mahl- und Schlacht⸗Steuer betreffend. Ich ersuche den Abgeordneten von der Marwitz das Gut⸗ achten zu verlesen.

Referent von der Marwitz (verliest diesen Entwurf).

Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster Köntg und Herr!

Ew. Königl. Majestät Allerhöchste Pro osition wegen Au

der Mahl- und Schlachtsteuer, , . der ke f e enn Erhebung einer Einkommensteuer, deren Vorlage in der huldreichen Absicht erfolgt ist, eine gleichmäßigere Besteuerung eintreten zu lassen und den ärmeren Volksklassen eine Erleichterung zu gewähren, erkennt der Landtag mit dem aufrichtigsten und allerunterthänigsten Danke den derselbe einstimmig auszusprechen für seine erste Pflicht hält. .

So vollständig der Landtag nun auch dem Prinzipe des Gesetzes huldigt, so weit es das Maß der Besteuerung möglichst nach der Steuerfähigkeit regeln will, so hat die überwiegende Masorität dage⸗ gen, bei vollständiger Erwägung aller in der Denkschrift Ew. Königl. Majestät Finanz⸗Ministers entwickelten, jedoch auch von manchen Sei⸗ fen noch bezweifelten Vortheile, welche die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer mit sich führen möchte, sehr erhebliche, in der gedachten Denkschrift ebenfalls schon angeregte Bedenken gegen die Einführung der pröponirten Einkommensteuer hegen zu müssen geglaubt, welche vorzugsweise in dem von einer solchen Steuer unzertrennlichen, sicher⸗ lich große Unzufriedenheit erregenden und inquisitorischen Verfahren zur Ermittelung des Einkommens bestehen, indem dadurch neben der nicht in allen Fällen genügenden Berücksichtigung der Steuerfähig⸗ keit die innersten und wefentlichsten Verhältnisse manches Haus⸗ standes störend berührt werden, während die gefahrvolle Verleitung zu unrichtigen Fassionen und die besorgliche Untergrabung des als ein wesentliches Betriebsmittel zu erachtenden Kredits nahe liegt, so daß der von der gesetzlichen und allgemeinen Abschaffung der einmal be⸗ stehenden Mahl- und Schlachtsteuer zu erwartende Vortheil, für das Ganze in keiner Weise im Verhältniß steht zu den von einer liber das ganze Land neu einzuführenden Einkommensteuer mit Sicher- heit vorherzusehenden Na chtheilen.

Unter diesen Umständen und in Berücksichtigung, daß auch von den meisten Vertretern der größeren und von vielen der mittleren Städte die Abschaffung der gewissermaßen eingebürgerten Mahl- und Schlachtsteuer nicht einmal gewünscht, diese Steuer theilweise viel⸗ mehr als höchst zweckmäßig bezeichnet wird, trägt der Landtag Be— denken, schon jetzt seine Zustimmung zu einem Gesetze zu ertheilen, welches durch die Einführung einer Einkommensteuer nur die Abschaf⸗ fung der Mahl- und Schlachtsteuer erreichen würde. Derselbe er⸗ kennt indeß an, daß im Wege der Gesetzgebung zur Verwirklichung des Grundsatzes einer der Steuerfähigkeit verhältnißmäßig entspre⸗ chenden Besteuerung der verschiedenen Klassen der Einwohner auf eine Erleichterung der Abgaben der ärmsten Klasse nicht allein in den mahl? und schlachtsteuer⸗, sondern in gleicher Weise in den klassen⸗

steuerpflichtigen Orten hinzuwirken sein wird, und daß die wohlhaben⸗ ben Klassen den hierdurch entstehenden Ausfall, so weit es nöthig, zu decken im Stande sein dürften. . Ew. Königliche Majestät bittet derselbe daher allerunterthänigst: die Erreichung dieses Zweckes huldreichst in anderweitige Erwägung nehmen und? dem nächsten Vereinigten Landtage deren Ergebnisse Allergnädigst vorlegen lassen zu wollen. Ehrfurchtsvoll ersterben wir als Ew. Königlichen Majestät allerunterthänigst treu gehorsamste zum Vereinigten Landtage versammelten Stände.

Eine Stimme (vom Platz): Es ist gesagt worden, daß die Einkommensteuer ein Mittel wäre, die politische Bildung des Volkes zu heben. Hiervon ist nichts bemerkt worden. .

Referent von der Marwitz: Daß dies gesagt worden ist, ist allerdings richtig. Es ist wörtlich gesagt worden, ich will es aus den stenographischen Berichten nachweisen.

Eine Stimme wom Platz): Ich muß dem Herrn Referenten beipflichten. Die Bemerkung wurde von einem Abgeordneten der Rhein⸗Provinz gemacht.

Abgeordn. Naumann: Es ist, in der verlesenen Erklä⸗ rung die Ansicht der Minorität hingestellt worden, obgleich diese zu keinem Beschluß geführt hat. Ich glaube, diese Bemerkung ist ent⸗ ehrlich, ud ich würde vorschlagen, den ganzen Passus, der nach der Einleitung folgt, wegzulassen. Der gefaßte Beschluß beruht auf der Ansicht der Majorität, die später vom Herrn Referenten ganz richtig motivirt worden ist.

Referent von der Marwitz: Das ist der erste Satz. Es heißt hier:

Verliest die betreffende Stelle.)

Abgeordn. von Vincke: Ich glaube, daß diese Fassung sogar noch welter geht, als die bes früheren Referenten; fruher war nur angeführt, daß eine Majorität gewesen sei; jetzt aber ist sogar die Ansicht der Yinorität, ausgesprochen, was überhaupt nur nuf ist, wenn nicht die Minorität über ein Drittel hinausreicht, und dann auch nur in dem Fall, wo der Beirath der Stände verlangt wird.

Reserent von der Marwitz: Wenn die Versammlung es wünscht, so versteht sich von selbst, daß es we— bleiben kann. Ich habe nir geglaubt, daß es, ein Resumé sein ö in wenigen Wor— len von den Vorkommenheiten bei der Berathung. !

Eine Stimme (vom Platz: Wenn diefer Passus gestrichen wird, wogegen ich nichts zu erinnern habe, so würde ich doch darum bitten, daß mit Weglassung desselben die Fassung nochmals verlesen wird. Ich besorge sonst, daß aus dem zweiten Theile blos die Fassung nicht so deutlich hervorgeht. Es ist zwar möglich, aber wir sind nicht davon überzeugt,

Referent von der Marwitz: Die Bemerkung ist richtig; es stellt sich die Fassung schärfer heraus.

Eine Stimme (vom Platz): Ich wünschte eine nochmalige Verlefung mit Weglassung des ersten Passus, um ermessen zu kön— nen, ob wir noch ein vollständiges Bild in der Fassung haben.

Referent von der Marwitz. Verliest die gewünschte Fassung.)

Eine Stimme (vom Platz): Ich sinde Alles vollkommen rich⸗ tig und verständlich.

Jürst Radziwill: Ich habe eine Bemerkung in Beziehung auf die Fassung zu machen. Es ist gesagt, daß die siskalischen Maß⸗ regeln, die mit der Ermittelung der Einkommensteuer verbunden sind, ein Eingreifen in die heiligsten Interessen der Familien wäre. Die⸗ sen Ausdruck finde ich in Bezug auf Geld-Interessen, die doch jeden⸗ falls den religiösen und moralischen nachstehen, nicht angemessen und würde es der hohen Versammlung anheimstellen, ob nicht eine andere zu wählen sein möchte.

Fürst von Lichnowsky: Sehr richtig.

Referent von der Marwitz: Ich bin der Meinung, daß es sich nicht um Geld-Interessen handelt. In der Art, wie man hier die heiligsten Interessen berührt hat, scheint die Sache anders zu liegen. Wenn man von unrichtigen Fassionen spricht, so kann man dahin gelangen, daß gerade in den Familien etwas erzeugt wird, was die heiligsten Interessen angreift. Es können falsche Eide zum Vorschein kommen, und in diesem Betracht die heiligsten Interessen auf die Verhältnisse der Familien einwirken. In dieser Rücksicht ist der Ausdruck gebraucht worden.

(Mehrere Stimmen sprechen von ihren Plätzen aus zu gleicher Zeit bei großer Unruhe in der Versammlung. Es äußert hierauf der)

Mar schall: Auch dieses Wort ist aufgenommen; es heißt nun: „Die wesentlichsten Interessen. 3.

Wir können nun zur Abstimmung kommen.

Abgeordn. Möwes: Ich erlaube mir doch die Bemerkung, daß der Eingang, wie er von dem Herrn Referenten verlesen worden ist, nach meinem Dafürhalten der Diskussion und der Beschlußnahme nicht entspricht, wenn darin gesagt wird, daß die Versammlung vollständig dem Prinzipe der Einkoͤmmensteuer huldige. Ein solches Prinzip ist von der hohen Versammlung nicht festgestellt, und dies daher in dem Berichte nicht ausgesprochen worden.

Referent von der Marwitz: Der Nachsatz, der hier folgt, drückt das doch einigermaßen anders aus.

(Liest die betreffende Stelle vor. Eine Stimme: Ganz richtig.)

Marschall: In der fraglichen Stelle ist keinesweges von dem Prinzip der Einkommensteuer die Rede, sondern von dem Prinzip des Gesetz⸗ Entwurfs, insofern er dem Grundsatz einer gleichmäßigen Be⸗ steuerung huldigt. Damit wird die gemachte Erinnerung erle— digt sein.

Abgeordn. Möwes: Das Prinzip der Einkommensteuer ist von dem einer gleichmäßigen Besteuerung sehr wesentlich verschieden. Es heißt: So vollständig auch dem Prinzip der Einkommensteuer ge⸗ huldigt wird, und wird dadurch Annahme des Prinzips ausgedrück.

Marschall: Es wird auf der gemachten Bemerkung von Sei⸗ ten des Abgeordneten Möwes nicht beharrt werden, und so kommen wir darüber hinaus. Es ist nun die Frage zu stellen, ob die Ver⸗ sammlung das verlesene Gutachten in seiner jetzigen Fassung annimmt, und diejenigen, welche dies thun, würden das duͤrch Aufstehen zu er⸗ kennen geben.

(Es ist angenommen.) Die Gegenstände unserer heutigen Berathung sind hiermit er⸗ schöpft, und es bleibt nur noch übrig, die Sitzung zu schließen. (Schluß der Sitzung 20 Minuten nach 11 Uhr.)

Sitzung der Herren-Kurie am 22. Juni.

Die Sitzung beginnt um 115 Uhr unter Vorsitz des Marschalls Fürsten zu Solms.

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ge— nehmigt.

Marschall: Wir kommen zuerst zur Verlesung mehrerer Mit- theilungen an die andere Kurie. Zuerst über den Antrag auf Oeffent⸗ lichkeit der Stadtverordneten Versammlungen. Ich bitte den Herrn von Rabenau, die Mittheilung zu verlesen,

von Rabenau werliest diese Mittheilung).

Marschall: Eine weitere Mittheilung betrifft den Antrag auf Aufhebung der Gebühren für Aufenthaltskarten. ;

von? Rabenau Gerliest diese Mittheilung).

Marschall: Beide Schreiben sind genehmigt. Wir kommen zur weiteren Verlesung einer Mittheilung an die andere Kurie, in Bezug auf die Verweisung der Uebersicht des Haupt-Finanz⸗Etats und der Finanz⸗Verwaltung an eine Abtheilung.

Ich bitte den Grafen Eberhard zu Stolberg, die Mittheilung zu verlesen.

Graf Eberhard zu Stolberg (verliest die Mittheilung).

Marschall: Die Mittheilung ist genehmigt. Eine weitere Mittheilung betrifft den Antrag wegen Vertagung des Vereinigten Landtags. .

Graf Eberhard zu Stolberg: Es ist ein, Schreiben an den Marschall der Kurie der drei Stande des Vereinigten Landtags, Herrn von Rochow.

(Verliest dies Schreiben.)

Marschall: Auch diese Mittheilung ist genehmigt. Wir kommen nun zur Berichterstattung über die Mittheilung

Graf von Burghaus: Darf ich vorher noch ums Wort bitten?

Es ist von mir und einen sehr geehrten Kollegen dieser Ver⸗ sammlung, so wie von zwei Abgeordneten der anderen Kurie, ein An⸗ trag auf Aufhebung des Salz⸗Monopols und Einführung einer Salzsteuer eingereicht und ein Beschluß darüber in dieser hohen Kurie gefaßt worden. Es ist aber der desfallsige Beschluß noch nicht zum Vortrage gediehen; der Herr, welcher den Vortrag hatte, ist nicht mehr in hieß Versammlung anwesend, und ich würde daher darauf aufmerksam machen und mir die Bitte erlauben, ob Ew. Durchlaucht Veranlassung treffen wollte, daß dieser Gegenstand bald⸗ möglichst zum Vortrage und zur Erledigung komme.

Graf Dohrn: Der Herr Referent über die Petition, welche ich die Ehre hatte, mit meinem Kollegen einzureichen, ist aus der Versammlung geschieden, und auf die Aufforderung seines durchlauch⸗ tigen Machtgebers, des Herrn Herzogs von Aremberg, habe ich die Verlesung, wie sie nach dem Beschlusse der hohen Kurie verfaßt wor⸗ den ist, übernommen. Sie ist mir aber erst heute um 8 Uhr von dem Herrn Senfft von Pilsach zugeschickt worden. Ich hätte dies gewiß Ew. Durchlaucht schon angezeigt, habe aber seit 9 Uhr in dem dlusschusse gesessen, und als ich herauskam, präsidirten Ew. Durch⸗ laucht schon in dem allgemeinen Landtage, so daß ich mir vorgenom⸗

men hatte, die Anzeige in dieser Sitzung zu machen und den Befehl abzuwarten, wann sie vorgelegt werden foll. Es würde dies schon morgen geschehen können.

Marschall: Zu morgen ist weiter kein Stoff für eine Siz= zung vorhanden, und es wird ba der Gegenstand sehr einfach ist

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unde der Beschluß der Versammlung ganz unzweideutig vorliegt, der

Abtheilung überlassen bleiben können, di itthei sir nit vorn i. ü die Mittheilung zu fassen und

Wenn Niemand hiergegen etwas zu erir fi ü dadurch vermieden werden, daß für diet . . 2 Sitzung 71 * werden müßte.

Graf Dyhrn:, Ich weiß nicht, ob es nicht noch bei den Aus⸗ schuß⸗Akten liegt, die ich hier habe. Wenn dies der Fall ist, kann ich den Beschluß noch in der heutigen Sitzung vorlesen. ;

Marschall: So wäre dies vor der Hand abzuwarten.

Wir kommen nun zur Berichterstattung über den Antrag auf Ertheilung der ständischen Rechte, an Alle, die sich zur christlichen Re⸗ ligion bekennen.

Ich bitte den Grafen von Itzenplitz, den Bericht zu erstatten.

Reserent Graf von Itzenplitz! Der Gegenstand, welcher hier vorliegt, ist an Umfang nicht sehr umfassend, nichtsdestoweniger aber von nicht geringer Wichtigkeit, Die Abtheilung ist der Ansicht gewe⸗ sen, daß das Protokoll der Abtheilungs-Sitzung als Gutachten ge⸗ druckt werden könne.

Dies ist geschehen, und ich werde mich beehren, es vorzu⸗ ragen.

Ich glaube, daß der Inhalt genügen dürfte, um die Versamm⸗ lung Über den Gegenstand, welcher vorliegt, zu informiren.

„Der dritten Abtheilung der Herren-Kurie des Vereinigten Land⸗ tags ist ein Petitions⸗-Antrag der Rurie der drei Stände zur Vorbe⸗ rathung überwiesen worden, welcher dahin gerichtet ist:

Sr. Majestät dem Könige die allerunterthänigste Bitte vorzutra⸗ gen, Allergnädigst befehlen zu wollen, daß allen denen, welche sich zur christlichen Religion bekennen, die Ausübung der ständischeu Rechte zugesichert und eine auf diesen Zweck ge⸗ richtete Proposition zur Abänderung des §. 5 ub 2 der Gesetze über die Anordnung der Provinzialstände vom 4. Juli 1823 und 27. März 1824 den Provinzial-Landtagen zur Begutachtung vor⸗ gelegt werde.

Graf von Itzenplitz, als Referent, beleuchtete den Standpunkt der gegenwärtigen Gesetzgebung über den angeregten Gegenstand und entwickelte die für den Beschluß der Kurie der drei Stände sprechen⸗ den Gründe.

Mit Rücksicht darauf:

daß die Wahlfähigkeit und die Wählbarkeit zu ständischen Versamm⸗ lungen jeder Art im preußischen Staate gesetzlich durch die Ge⸗ meinschaft mit einer der christlichen Kirchen bedingt ist, diese Be⸗ dingung auch auf den Vereinigten Landtag, welcher durch sämmt⸗ liche Provinzial-Landtage gebildet wird, Anwendung finden muß, dieser daher auch den angeregten Gegenstand in Berathung zu ziehen kompetent ist; ; und in Erwägung, daß in dem Allg. preuß. Landrecht eine Aufzählung der anerkann⸗ ten christlichen Religionsgesellschaften nicht gegeben ist, nach der bisherigen Praxis aber mit Berufung auf die Bestimmungen des westfälischen Friedens angenommen worden ist, daß zu solchen nut! dit Bekenner des lklatholischen und evangelischen Glaubens zu rechnen seie n; diese Annahme jedoch mit sdem in der preußi⸗ schen Gesetzgebung anerkannten Grundsatze der größtmöglichsten Wahrung der Glaubens⸗ und Gewissensfreiheit, insbesondere aber mit der in dem Patente, betreffend die Bildung neuer Religions⸗ gesellschaften, vom 30. März d. J. und der unter demselben Tage an das Staats- Ministerium erlassenen und in der Allgemeinen Preußischen Zeitung Nr, 98 veröffentlichten Allerhöchsten Kabi⸗ nets⸗Ordre von des Königs Majestät ausgesprochenen Willens-— meinung, wonach den Unterthanen die im Allgemeinen Landrecht aus—⸗ gesprochene Glaubens⸗ und Gewissensfreiheit unverkümmert aufrecht erhalten werden soll, und wonach diejenigen, welche in ihrem Gewissen mit dem Glauben und Bekenntniß ihrer Kirche nicht in Uebereinstimmung zu bleiben vermögen und sich demzufolge zu einer besonderen Religions ⸗Gesellschaft vereinigen oder einer solchen anschließen, nicht nur volle Freiheit des Austritts genießen, sondern auch im Genusse fhrer bürgerlichen Rechte und Ehren jedoch un- ter Berücksichtigung der §8. 5, 6, 27 31, 112 des Allg. Landr. Theil IJ. Titel 1 verbleiben sollen und diese Allerhöchste Willensmeinung nicht blos auf die vom Staate genehmigten derartigen Religionsgesellschaften, sondern auch auf die noch nicht genehmigten bezogen werden soll; auch kein Militair- oder Civilbeamter blos deshalb, weil er sich von seiner Kirche getrennt und einer bisher noch nicht ge⸗ nehmigten Religionsgesellschaft angeschlossen hat, in den mit seinem Amte verbundenen Rechten, sofern nicht das Amt selbst durch eine bestimmte Konfession, z. B. bei Schul- lehrern c. bedingt ist, eine Schmälerung erleiden soll, . nicht im Einklange steht, indem hiernach ein Dissident zu den höch— sten Staatsämtern würde gelangen können, aber von der Theil⸗ nahme an ständischen Versammlungen ausgeschlossen werden müßte, beschließt die Abtheilung mit einer Majorität von 5 gegen 2 Stimmen, daß dem Petitions-Antrage der Kurie der drei Stände einfach bei- zutreten, jedoch mit der Maßgabe, daß durch diesen Beschluß die Berathung des von der Regierung vorgelegten Entwurss, betreffend die Verhältnisse der Juden in Rüctsicht der Befugniß derselben zur Theilnahme an ständischen Rechten, nicht präkludirt werde.

Tie Minorität von 2 Stimmen, welche die Gründe der Majo⸗ rität im Allgemeinen zwar anerkennt, erachtet es jedoch im Interesse des Staats für nothwendig, daß zur Beurtheilung, ob Jemand sich zur christlichen Religion bekenne, nicht die bloße Versicherung ausrei⸗ chen dürfe, sondern ein bestimmterer Beweis erfordert werden müsse, weshalb nur die Mitglieder solcher christlichen Religionsgesellschaften zur Ausübung ständischer Rechte für befähigt zu erachten, welche ein bestimmtes, öffentlich dokumentirtes Glaubensbekenntniß angenommen haben und vom Staate genehmigt worden sind.

Deshalb glaubt diese Minorität dem Antrage der Kurie der drei Stände nicht unbedingt, sondern nur insoweit beitreten zu können,

als sie nur den Mitgliedern der im Staate als geduldeter an⸗ erkannten christlichen Religionsgesellschaften das Recht der Wahl fähigkeit und Wählbarkeit zu ständischen Versammlungen zugesichert und eine dem entsprechende Bitte an des Königs Majestät gerichtet

wissen will. ; z Die Majorität ist dagegen der Meinung, daß es für die Beur= theilung der inneren religiösen Ueberzeugung eines Individuums keinen Maßstab giebt und deshalb Jeder, der sich für einen Bekenner der ef en i gion ausgiebt, so lange dafür angenommen werden muß, als seine Handlungen nicht in augenscheinlichen Widerspruch mit den Grundsätzen des Christenthums treten; auch nicht früher dem

Staate eine Befugniß zustehe, Jemanden wegen seiner Religions-

meinungen zur Rechenschaft zu ziehen, und das Gesetz selb eine