1847 / 237 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Deutsche Gundestaghen.

K.) Aus sehr guter Quelle ö gonigreich * . 2, 2. , , . rh desinitiv beschlossen sei. Der Tag ö i, NMlerboch en I6. September oder 4. Oftober ist 4 2 2 nd. aber hierüber in den nächsten Tagen der anschl. n. . . 4 . 3 wird. Se. Majestät der König Tertembers die Pfalz besuchen. Se. Ma Er freue sich, seine lieben, frohen und

rotestantische Gemeinde zu an Se. Majestät * it folge Aufhebung der gegen Pfarrer . Amtssuspension, oder 2) um Verweisung der Sache an die im Jahre 1819 abzuhaltende General⸗Synede, unter N. Ver⸗ fügung, daß die Pfarrei inzwischen durch die Diözesan⸗ Geistlichen versehen werde; oder 3) Se. Majestät möge Allergnädigst sonst einen Weg zu bezeichnen geruhen, wie die Gemeinde ihre religiösen Be⸗ du gift befriedigen könne, was bei einem orthodoxen Pfarrer nicht möglich sei; oder h endlich, wenn keine andere Anordnung thunlich, möge Se. Majestät genehmigen, daß die Gemeinde bis zur nächsten General Synode sich von der protestantischen kirchlichen Administration trenne und einstweilen als freie Gemeinde ihren Gottesdienst besorge.

Es ist nachstehende Königliche Verordnung wegen des Maschinen⸗ Papiers ergangen; 1) Daß vorläufig und bis das Maschinen-Papier besser und bezüglich des darauf Geschriebenen haltbarer gefertigt wird, lein solches Papier gestempelt werde; 2) daß kein Maschinen- Papier, o lange dasselbe in der Haltbarkeit der Masse und der Dinte nicht durch . der Bleiche mit Säuren und durch vollkommene Wa⸗ schung dem geschöpften Papier gleichkommt, zu den Akten, Verhand— lungen und Ausfertigungen verwaedet werde, welche für einen länge—⸗ ren Gebrauch bestimmt sind; daß 3) die Behörden wiederholt beauf⸗ kragt werden, überhaupt bei Ankauf von Maschinen⸗-Papier, wenn sie solches zu minder wichtigen Verhandlungen, Vorladungen u. dergl. verwenden wollen, sich vor dem Ankaufe durch eine Prüfung zu über— zeugen haben, daß es möglichst frei von Chlor sei.

Aus der Pfalz wird gemeldet, daß bereits 28 30,9000 Fl. zum Ankauf von Saamen⸗Kartoffeln zusammengebracht worden, um eine Regeneration der Kartoffeln zu erleichtern. Die Actien⸗Gesell— schaft, welche sich hierzu mit 50 Fl. p. Actie zusammengethan hat, will bei ihrem Unternehmen weniger auf ihren eigenen Vortheil se— hen, als auf den des Landes und des Volkes. Viele Kartoffelfelder stehen sehr schön und versprechen eine bedeutende Aerndte.

Königreich Sachsen. (C. 3.) Am 29. August reiste Se. Majestät der König nach beendeter Tafel von Marienberg ab, wäh- rend Ihre Majestät die Königin noch daselbst zurückblieb und die un— ter der Benennung „Lutherstift“ daselbst neuerrichtete Erziehungs— Anstalt und das Waisenhaus besuchte. Gegen vier Uhr Nachmittags verließ auch die Königin Marienberg und traf zwei Stunden später in Wolkenberg ein, wo auch um acht Uhr Abends der König ankam. Am Alsten früh um sechs Uhr brach der König zu Pferde auf, um Über Burkersdorf, Geyer, Ehrenfriedersdorf, Schlettau und Buchholz nach Annaberg zu reisen. Die Königin reiste gegen 11 Uhr ab und kam gegen zwölf Uhr, der König aber gegen fünf Uhr Abends in Annaberg an.

Königreich Württemberg. (A. 3.) Die Regierung hat eine Maßregel ergriffen, welche im ganzen Lande mit Beifall und Theilnahme begrüßt worden ist; es ist dies die Einberufung von wan erfahrenen Landwirthen, aus den verschiedenen Landesbezir- en und in den verschiedenen Klassen der Gutsbesitzer gewählt. Diese Sachverständigen sind am 18. August in Stuttgart eingetroffen.

hre in Gemeinschaft mit der Centralstelle des landwirthschaft⸗ lichen Vereines zu pflegenden Verhandlungen sollen den 19ten, 20sten und 21sten d. dauern und sich über die nachfolgenden Gegenstände erstrecken:

s J. Erste Abtheilung, betreffend die Hauptmängel, wo ran der Betrieb un serer Landwirthschaft leidet. 1) Wenn auch das Düngerwesen an vielen Orten sich verbessert hat, so ist doch auch notorisch, daß noch viel mehr hierin 16 sollte. Welche Mittel sind hierzu in Vorschlag zu bringen? 2) Welches sind die Hauptgebrechen hinsichtlich der Beackerung und sonstigen Bearbeitung des Feldes, woran unser Ackerbau leidet, und was könnte zu deren Abhülfe geschehen? 3) Welche Kultur-Gegenstände sollten in größerer Ausdehnung gebaut, und welche Verbesserungen in den wichtigeren Kultur -Methoden könnten in Auf— nahme gebracht werden? 4) Ist die Ausdehnung der Spatenkultur, die Anwendung des Legens des Getraide⸗ Samens mit der Hand oder mit Maschinen in Verbindung mit Handhackfultur in den stärker bevölkerten Gegenden zu befördern? 5) Was läßt sich, mit Rücksicht auf das bisher hehren: zur Verbesserung der Viehzucht weiter thun? 6) Durch welche Mittel kann der Gemüsebau und ländliche Gartenbau mehr gehoben werden? 7) Fehlt es den intelligenteren Bauern in der That häufig an Betriebs- Kapital und an Kredit? Welches wären die Ursachen der Kreditlosigkeit? Ist etwa der bestehenden Gesetzgebung über die eheliche Errungenschaft und über die Prioritäts-Ordnung u. s. w. ein Einfluß darauf zuzuschreiben? Wie kann der Kredit des kleineren Gutsbesitzets und Gewerbtreibenden ge—

oben werden? Würden Leih oder Kredit -Kassen in den Oberamts-Bezir—

en Abhülse gewähren? und wie milßten sie organisirt werden, um ihrem Zwecke zu enisprechen?

Zweite hf elan Thätigkeit und Wirksamkeit der landwinthschaftlichen Vereine. 15 Was fann zur Belebung der Thätigkeit der landwirthschaftlichen Vereine weiter geschchen? 2) Haben die Gau Versammlungen sich nützlich erwiesen, und inwieweit haben sie die Wirksamkeit der Bezirksvereine gesteigert? Läßt sich von der ereini= gung mehrerer Bezirks-Vereine zu Gau⸗-Vereinen mit festerem Verband, als solcher bei den Gau, Persammlungen besteht, ein günstiger Erfolg erwarten? 3) Kann es wesentlich nützen, wenn von Seiten des ö mehrere land⸗ wirthschaftliche Techniker (Oekonomie Kommisfarien) engagirt und bezahlt würden, um zur Förderung der landwirthschaftlichen Kultur auf verschicdene Weise wirksam zu sein, namentlich als Geschäftsführer der Gaus und an— derer größerer Vereine zur Entwerfung und Einsichtnahme neuer Kulturpläne oder zur Förderung ihrer Ausführung, zur Uniersuchung von Gegenständen einer , , Experten bei verschiedenen anderen Anlässen 2c.

Dritte Abtheilung. Sonstige Mittel gegen die Roth— stände, die in Folge Mangels an Nahrungsmitteln eintre? ten. , würden zu rechnen sein; 1) Ist die Anlegung von Getraide⸗ oder ehl⸗Magazinen für die Zukunft rathsam, und welche Einrichtungen könnten 46 getroffen werden? 2) Ist auf das Fortbestehen von Suppen Anstalten hinzuwirken? 3) Wodurch kann auf vermehrte Bereitung von Dauerspeisen (mittelst Trocknen, Dörren 2c.) gewirft werden? 4) Was ist davon zu halten, wenn bei dem Müller- und Irn, Gee, vorbehaltlich der Taxen, eine allgemeine Freigebung von Konzessions- und Zunftzwang

eingeleitet würde? 1) Welche Mittel könn⸗

in er n jestat soll gea⸗ treuen Pfälzer Demselben Ingenheim diese

Vierte Abtheilung. Verschiedenes. ten zur Bildung des Landmanns noch zur Ausführung kommen; inwieweit nien Sonntags. und, sogengnnte Joribildungsschulen für bie aus der Schule entlassene Landjugend recht nüßlich und ,, HY Wie läßt sich am sichersten jährlich im Herbst elne ng

Rebersicht uͤber das Ergebniß der Aerndie zu Stande . zuverlässige

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 20. Aug. Se. Majestät der Kaiser hat an den wirklichen Geheimerath Baron Nicolai, vormaligen außer-

merfsamkrit auf sich gezogen.

1696

orbentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am dänischen Hofe, folgendes Reskript gerichtet. . „Baron Paul Andrejewitsch! Ihr vieljähriges Wirken und die aus- gezeichneten Dienste, welche Sie geleistet, haben stets Meine besondere Auf Ohne des Erfolges zu erwähnen, mit welchem Sie so viele wichtige, Ihnen durch das Zutrauen Ihres Monarchen gewor= dene diplomatische Aufträge erfüllt, haben Sie zug nh während der dreißig Jahre, wo Sie der Repräsentant Rußlands am Königlich dänischen Hofe waren, unter allen Umständen sowohl die Würde des Reiches zu vertreten, als auch die zwischen beiden Reichen bestehenden freundschaftlichen Verhält= nisse immer mehr auszudehnen und zu befestigen gewußt. Jetzt, wo Ich Ihre Bitte um Ihre Entlassung angenommen, nachdem Sie ein halbes Jahrhundert lang Ihre Dienste dem Throne und dem Vaterlande gewidmet, setzt liegt es Mir ani Herzen, Ihnen für Ihre nützlichen Bemühungen, so wie für Ihre Ergebenheit und stete Selbstverleugnung, Meine Zufriedenheit und Meinen aufrichtigen Dank zu bezeugen. Ich verbleibe Ihnen für im— mer wohlgewogen. (gez) Nikolaus.“

Frankreich.

Paris, 22. Aug. In einigen Tagen sollte auf dem Schlosse von Eu ein großes Fest statthaben. Unter den Eingeladenen war auch der Herzog von Praslin, der jetzt des Mordes seiner Gattin angeschuldigt ist. Die Nachricht von dem schrecklichen Ereigniß im Hotel Sebastiani soll den König und die Königliche Familie aufs tiefste erschüttert haben. Das sechste der Kinder des Herzogs von Praslin und der älteste seiner Söhne, Gaston und Louis Philipp von Praslin, waren von dem Könige der Franzosen über die Taufe gehoben worden. Die Herzo⸗ gin von Praslin war die einzige Tochter des Marschalls Sebastiani und durch ihre vortrefflichen Eigenschaften des Geistes und Herzens der Trost und die Freude seines Alters. Sie wurde in Konstan⸗ tinopel geboren, während der Marschall Sebastiani, ihr Vater, sich als französischer Botschafter daselbst befand, und zwar zu der Zeit, als derselbe, an der Spitze der Türken, die britische Flotte nöthigte, die Dardanellen zu verlassen. Der Graf Sebastiani hatte den Schmerz, inmitten so wichtiger Beschäftigungen, welche seine Auf— merksamkeit in hohem Grade in Anspruch nahmen, seine Gemahlin den Folgen dieser Entbindung erliegen zu sehen. Es war dem Gra— fen Sebastiani nicht möglich, das Kind, welches ihm doppelt theuer war, bei sich zu behalten, und er mußte sich dazu entschließen, es nach Frankreich zu schicken. Da der Seeweg versperrt war und auch das russische Gebiet nicht berührt werden konnte, weil Frankreich damals auch mit Rußland im Kriegszustande war, so mußte das Kind, blos von einer Amme und einigen Dienern begleitet, zu Land auf großen Umwegen nach Frankreich gebracht werden. Die sterblichen Ueberreste der Gräfin Sebastiani wurden nach Korsika gebracht und zu Olmeta, auf den Gütern des Marschalls Sebastiani, beerdigt, wo sie sich noch befinden. Man glaubt, daß die Leiche der ermordeten Herzogin von Praslin ebenfalls zu Olmeta werde beerdigt werden. Man erwartet die Ankunft des Marschalls in Paris, um dann definitive Maßnahmen zu treffen. Unter den ersten Verdachtszeichen, welche sich gegen den Herzog von Praslin, als Mörder seiner Gattin, erhoben, wird auch angeführt, daß er am ganzen Vormittag nach dem blutigen Ereigniß Handschuhe trug, was sonst seine Gewohnheit nicht war. Man nö— thigte ihn, sie auszuziehen, und bemerkte nun die Verletzungen an den Händen. Man hält es jetzt für wahrscheinlich, daß er nach seiner Rück⸗ kehr von Fräulein von Luzy etwa zwei Stunden in seinem Schlaf⸗ zimmer zugebracht, dann zu seiner Gemahlin sich begeben und diese im tiefsten Schlafe mit seinem Jagdmesser überfallen habe. Das Pistol, welches man in der Blutlache fand, in welcher die Ermordete auf dem Fußboden des Schlafzimmers lag, war noch geladen. Der Mörder scheint dessen im äußersten Falle sich haben bedienen zu wol— len. Die allgemeine Entrüstung über dies Verbrechen äußert sich so laut, daß das Journal des Débats es für nöthig hält, es als eine Ungerechtigkeit zu bezeichnen, wenn man, wie schon Organe der äußersten Parteien zu thun anfingen, die Verbrechen, deren sich seit einiger Zelt einzelne Mitglieder der ersten Staatskörperschaft schuldig gemacht, zu Angriffen gegen das gegenwärtige System benutzen und . Frankreich von 1847 eine Art moralischer Mitschuld aufbürden wollte.

Die Gazette de France, die Reforme und der Chari⸗ vari sind gestern wegen der Betrachtungen, die sie über die Ermor— dung der Herzogin von Praslin anstellten, mit Beschlag belegt worden.

Ein großes Wahlreform-Bankett wird am nächsten 20. Septem— ber in St. Quentin stattfinden. Die Herren Odilon-Barrot, Vivien, Cambaceres, Deputirte des Aisne-Departements, werden dem Ban⸗— kette beiwohnen. Auch vernimmt man, daß eine Kundgebung dersel— ben Art demnächst in Lille statthaben wird, und die Deputirten dieser Stadt, die Herren Delespaul und Lestibondois, dazu eingeladen wer— den sollen. Ein Oppositions-Journal bemerkt, die reformistische Or⸗ ganisation organisire sich, wie man sehe, friedlich, regelmäßig und in einer Weise, aus der man wahrnehme, daß Frankreich nicht seine Ent— lassung gegeben habe. In Bordeaux cirkuliren, wie der dort erschei⸗ nende Indicateur mittheilt, ebenfalls Subscriptionslisten für ein Reform-Bankett. Bordeaux zählte sich seither zu den sogenannten ministeriellen Städten.

Der General-Zolldirektor hat das folgende Runbschreiben er— lassen: „Paris, 18. August. Aus den Nachrichten, welche der Kö— niglichen Regierung zugegangen, ergiebt sich, daß die französischen Fahrzeuge, welche nothgedrungen in die preußischen Häfen einlaufen, dort, wie die einheimischen Schiffe, von allen Schifffahrtszöllen, die auf dem Rumpf des Schiffes lasten, befreit sind, sobald nachgewiesen wird, daß das Einlaufen wirklich unerläßlich und zur Erhaltung des Schiffes oder seiner Ladung nothwendig war, und wenn es außerdem feine Geschäfte macht. Der Finanz- Minister hat auf meinen Antrag unterm 11ten d. M. entschieden, daß die preußischen Schiffe, welche nothgedrungen in unsere Häfen einlaufen, dort in Ausübung der Ge— genseitigkeit und unter denselben Bedingungen von allen Tonnengel⸗ dern durchaus befreit sein sollen.“ ö

Im Monate Juli sind in Frankreich an fremdem Getraide ein= geführt worden 1,024,330 Hektoliter. Der Durchschnittspreis des Hektoliter Weizen, der am 30. Juni 32 Fr. 52 Cent. war, ist auf 28 Fr. 27 Cent. gefallen. . 86

Die Runkelrübenzucker⸗-Erzeugung hebt sich. Die Zölle vom Juli 1846 bis Ende Juli 1847 betrugen 12, 56,671 Fr. Eine Vermeh— rung von 2 Milllonen gegen das Jahr vorher. .

Herr Rouget St. Pierre, Arzt bei der Kammer der Pairs, Herr Curvilhier, Professor an der hiesigen medizinischen Fakultät, und Herr Filhot, Arzt für die Conciergerie, haben über, die Gesund⸗ heit des Herrn Teste ein Zeugniß ausgestellt, worin sie empfehlen, denselben aus seinem . in der Conciergerie nach einem Krankenhause bringen zu lassen.

In derselben Nacht, wo die Herzogin von Praslin ermordet wurde, fand in demselben Stadtviertel ein anderes e, . statt, das nicht wenig dazu beitrug, den Schrecken der dortigen Einwohner zu erhöhen. In der Straße Ferme des Mathurins Nr. 11 sieht die Köchin der Frau von Maupas, die mit ihrem Manne im sechsten Stockwerke schläft, durch Las Dachfenster zwei Menschen auf dem Dache vorüberschlejchen; fie weckt ihren Mann; dieser, sark und 6 thig, klettert zum Fenster hinaus und verfolgt die , n n . der Eine flieht über die Dächer, der Andere macht einen falschen

Tritt, stürzt auf den Balkon des Schlafzimmers der Frau von Ver⸗

nail, von da auf das Pflaster und bleibt todt. Ein Dritter eudlich wird von dem Portier des Hauses Nr. 9 ergriffen, während der Vierte ebenfalls entflieht. Bei polizeilicher Nachsuchung sindet man die Stiefeln dieser vier Uebelthäter, Dolche und . Schlüssel. Der Verhaftete ist der Justiz übergeben, der Getödtete auf der Morgue ausgestellt worden. .

Vorgestern erregte wieder ein Mord⸗Anfall, der in einer der be— lebtesten Straßen der Hauptstadt am hellen Tage verübt wurde, un⸗ gemeines Aufsehen. Um 17 Uhr Nachmittags trat in das Comtoir des Geldwechslers Meyer Selmann, in der Rue Neuve⸗-Vivienne 26, ein etwa 25 30sähriger Mann, unter dem Vorwande, einen Kassen— schein zu wechseln. Während der junge Ladendiener den angeblichen Schein betrachtete, ergriff der andere zwei Kästchen, wovon das eine mit Goldstücken, das andere mit Papiergeld gefüllt war, und ver⸗ suchte, damit zu entspringen. Der Commis warf sich ihm in den Weg, erhielt jedoch zwei Messerstiche, bewältigte dessenungeachtet den Mörder und verwundete ihn seinerseits an der rechten Hand und am Beine. Während des fortgesetzten Kampfes um die Waffe schrie der junge Mann um Hülfe; bevor diese aber erschien, hatte der Andere noch Jeit, ihm den Leib von unten bis zur Brust aufzuschlitzen. Der Unglückliche starb auf dem Wege nach dem Hotel-Dien, wohin er getragen wurde. Sein Mörder ist ein Dieb von Profession.

In Folge einer vom Kriegs-Minister beim Justiz-Minister ein⸗ gereichten Klage ist wegen sehr ernster Vergehen, deren ein Beamter des Kriegs-Ministeriums bezüchtigt wird, gegen Letzteren die Krimis nal-Untersuchung eröffnet worden. .

Als ein Beispiel der Verschleuderungen, die bei der Armee-Ver— waltung vorkämen, führt der Courrier fran gais an, daß bei der letzten Fourage⸗-Lieferung in Algerien der Bedarf von 906,000 Cent⸗ ner Heu zu 4 Fr. von dortigen Kolonisten angeboten worden sei. Man habe von ihnen aber nur 180,900 Centner genommen und das Andere zu 8 Fr. pro Centner aus Italien und selbst Holland bezo⸗ gen. Einem Verzeichnisse von dabei vorkommenden Unterschleifen fũgt der Courrier fran gais die Aufforderung bei, man möge nur kla— gen, er werde beweisen. . l

An der Börse bei Tortoni unbedeutendes Geschäft und keine Veränderung im Preis.

X Paris, 22. Aug. Unmittelbar nach dem Schlusse der gestrigen Sitzung des Pairshofes begaben sich der Kanzler Herzog Pasquuier, die Pairs, welche der Kanzler sich beigeordnet hatte, um mit ihm die Instructions-Kommission zu bilden, und Herr Eugene Cauchy, erster Greffier des Pairshofes, nach dem Gefängnisse des Luxembourg und begannen das Verhör des Herzogs von Choiseul— Praslin. Alle Aktenstücke der begonnenen Instruction, so wie die UÜeberführungsstücke, welche im Hotel der Rue du Faubourg Saint Honoré mit Beschlag belegt worden sind, waren bereits nach der Kanzlei des Pairshofes gebracht worden. Die Kommission des Pairs⸗ hofes nahm sofort von den schon vorhandenen Akten Einsicht, um zu sehen, wie weit die Instruction bereits vorgeschritten war, und ord⸗ nete dann eine eigene Verhör-Kommission aus ihrer Mitte an den Instructions-Richter Broussais ab, der die bisher nöthig besundenen Nachsuchungen hatte vornehmen lassen. Die Journale geben die Zeit der Abführung des Herzogs aus seinem Hotel nach dem Gefänguisse des Luxembourg, so wie die begleitenden Umstände, sehr widersprechend an. Ich glaube Ihnen daher die Thatsachen mit der Genauigkeit mittheilen zu müssen, welche zu erlangen möglich war, indem ich zu⸗ gleich die anderen neuerdings bekannt gewordenen Umstände mit ein= flechte. Zuerst das Nähere über den Versuch des, Herzogs, sich zu vergiften. Obgleich sich nicht genau die Zeit ermitteln läßt, wann dieser Versuch gemacht wurde, ist er doch eine kaum zu be⸗ zweifelnde Thatfache. Es scheint, daß ein solcher stattfand, als des Herzogs Antworten auf die Fragen der Justiz-Beamten und mehrere Entdeckungen, die man an seiner Person selbst machte, den bereits auf ihm lastenden Verdacht bestärkten. Man soll nãmlich au⸗ ßer den gekratzten Verletzungen an seiner Hand noch andere Spuren des Kampfes, den er mit seinem Opfer zu hesteh en hatte, auf seinem Körper gefunden haben, besonders mehrere Bisse auf seiner Schulter, deren Ursprung nicht leicht von ihm in Abrede gestellt werden kann. Man hat diese Spuren bei einer an seinem ganzen Körper vorge— nommenen Besichtigung entdeckt. So wird wenigstens versichert. Ge⸗3 rade durch diese Entdeckungen soll der Herzog besonders erschreckt und zu dem Selbstmord⸗-Versuche getrieben worden sein. Alsdann trank er ein ganzes Fläschchen Laudanum aus. Allein die Quantität des genommenen Giftes soll zu stark gewesen sein, um lange im Körper bleiben zu können, es trat schnell Erbrechen und heftiger Durchfall ein, und vorzüglich eine Folge davon wäre dann auch die außerordentliche Schwäche und Schlafsucht gewesen, in welcher er verblieb, seit er unter die spezielle Bewachung der Polizei⸗Agenten gestellt ist. Auch hatte man, als die heftigen Entleerungen eintraten und alle Symptome eines Vergiftungs= versuchs zeigten, sogleich die wirksamsten Gegenmittel angewendet und so wirklich die gefährlichen Wirkungen des daudanum beseitigt, ohne jedoch es ganz neutralisiren zu können. Sobald er sich von dem heftigen Anfalle wieder etwas erholt hatte, dachte man an seine Uebersiebelung nach dem Gefängnisse des Lurembourg, und da inzwischen die Koͤnigliche Verordnung eingetroffen war, welche wegen schwerer Verdachtsgründe gegen den Herzog den Pairshof zu⸗ sammenberief, so entschloß sich endlich, um der unhaltbaren Lage ein Ende zu machen, in welcher der Herzog als Pair zwar nicht amtlich verhaftet, aber bewacht war, der Kanzler Herzog Pasquier, auf seine Verantwortlichkeit hin, den nöthigen Befehl zur Gefangensetzung des Herzogs im Gefängnisse des Lurembourg zu erlassen. Dieser Schritt des Kanzlers wird vielfach angefochten, indem man einwendet, daß er nicht auf eigene Machtvollkommenheit hin diesen Befehl habe, er lassen können, indem er nicht die Kammer sei und, nur dieser das Recht dazu zustehe, obgleich jedoch anerkannt wird, daß am Ende nichts Anderes übrig blieb. Die Verhandlung des Pro⸗ zesses selbst wird, wenn sie anders öffentlich vor sich geht, was Manche schon bezweifeln wollen, zeigen, ob auch von Seiten der Pairs selbst Einwendungen gegen das Verfahren des Kanzlers, das allerdings weder mit dem Büchstaben der Eharte, noch mit dem bestimmten kla⸗ ren Text des Strafgesetzes in Uebereinstimmung ist, werden erhoben werden, oder ob, wie es wahrscheinlicher ist, die nöthige Indemnitäts- Bill für ihn votirt werden wird. Wie dem auch sei, die Abführung erfolgte Morgens halb 5 Uhr. Um halb 4 Uhr erschien ein Huissier der Pairs-Kammer mit dem Arzte der Nammer (dessen Name aber verschieden angegeben wird, die Einen sagen, es sei Herr Rouget

St. Pierre gewesen, die Anderen nennen Herrn Andrah) im Hotel bei, dem Herzog, Der Arzt wurde dem . vorgestellt, und nachdem die Ueberzeugung erlangt war, da der? Transport nach, dem Luxembourg vor sich gehen könne, verlas sofort der Huissier vor dem Herzog das betreffende Mandat des Kanzlers, so wie die Verordnung, welche den Pairshof zusam⸗ menberief. Der Herzog lag zu Bette. Als er aber vernahm, daß der Kanzler und der Gorßreferendar dem Doktor den Auftrag ge⸗ geben hatten, ihm zu versichern, daß er im Gefängnisse des Luxem— bourg dieselbe Pflege finden werde, wie in seinem Hotel, verlangte er seine Kleider und zog sich mit Hülfe des herbeigerufenen Kammer- dieners an. Doch war er so schwach, daß er während des Anklei= dens mehrmals ohnmächtig wurde. Sein Gesicht war todtenblaß,

seine Züge ganz eingefallen und zerstört. Mit Hülfe zweier Per⸗ sonen stieg er dann aus seinem Hotel herab bis zur Treppe vor dem- selben im Hofe, wo der Wagen des Großreferendars, Herzog De⸗ cazes, ihn erwartete. In diesen Wagen wurde er gehoben, und nach ihm stiegen noch ein: der vom Polizei⸗Präfekten abgeordnete Chef der Municipal⸗-Polizei, Herr Elouin, der Arzt der Pairskammer, und der Kammerdiener des Herzogs, der keinen Augenblick seinen Herrn verließ. In einen zweiten Wagen stiegen Herr Allard, Chef der Si⸗ cherheitspolizei, der während der ganzen Sequestration des Herzogs in seinem Hotel die schärfste Ueberwachung desselben selbst geführt hatte, die zwei Polizei- Commissaire Truy und Bruzelin, die an den ersten Untersuchungen der Justiz den thätigsten Antheil genommen hatten, endlich der Huissier der Pairsfammer, der das Mandat über— bracht hatte und nun in Vollzug setzte. Im dritten Wagen endlich nah⸗ men die Polizei-Agenten Platz, welche an der Ueberwachung des Her⸗ zogs Theil genommen haften. Hinter den drei Wagen folgte eine Bri— gade von Stadt-Sergeanten, und zu beiden Seiten des Zuges mußten aus Vorsicht Polizei⸗Agenten in bürgerlicher Kleidung Wache halten. Was man von persönlicher Anwesenheit des Herzogs Decaʒes dabei in den Journalen erzählt, ist ungegründet. Andere Vorsichts-Maß⸗ regeln waren auf dem ganzen Wege getroffen, den der Zug zurück zulegen hatte, um jeder Störung desselben vorzubeugen. Der Zug bewegte sich so in der frühen Morgenstunde, wo die Straßen noch still und leer waren, zuerst nach den Champs Elysees und durch die große Allee derselben, über den Konkordienplatz nach den Quais und durch die Rue de Seine langsam vorwärts, so daß man zu dem gan— zen Wege nach dem Luxembourg über eine Stunde brauchte. Hier, in der Rue Vaugirard, wo der Eingang zu dem Gefängnisse sich befindet, kam er gegen 6 Uhr an. Die Angaben über den physischen Zustand des Herzogs während der Fahrt und bei der Ankunft lauten widersprechend. Tie Einen sagen, er sei fast ununterbrochen außerordentlich schwach und nicht im Stande gewesen, selbst aus dem Wagen zu steigen, so daß man ihn herausheben und in das für ihn bestimmte Zimmer, dasselbe, welches kürzlich nach einander Teste und Pellapra eingenommen, hätte tragen müssen, wo er sofort von seinem Kammerdiener ausgekleidet und zu Bette gebracht worden wäre. Die Anderen dagegen sagen, sein Zustand habe sich während der Fahrt wieder etwas gebessert, bei der Ankunft am Lurembourg habe er ohne Schwierigkeit bis nach dem Gefängnißzimmer zu gehen vermocht, und jetzt solle er sich minder leidend befinden. Die Thore des Hotels des Herzogs wa— ren unmittelbar nach Abfahrt der Wagen aus dem Hofe wieder geschlossen worden. Aber um 9 Uhr früh sollen sie wieder geöffnet worden sein; die irdischen Ueberreste der unglücklichen Herzogin wurden, wie ich höre, ohne irgend einen Pomp und ohne Gepränge nach den Grüften der nahen Madelaine Kirche, welche die Pfarrkirche des betreffen en Stadtviertels ist, gebracht und ssollen dort bleiben bis zu dem Augenblicke, wo das feierliche Leichenbegäng- niß stattfinden wird. Nicht weniger als dreißig Wunden sollen den Leichnam der unglücklichen Frau bedecken. Die frühere Gouvernante, welche verhaftet ist, und die anfangs für eine Engländerin, später für eine Italienerin mit den Namen de Luzy, dann de Luzyi aus— gegeben wurde, soll nach den Ergebnissen der Verhöre, die sie bestan— den hat, weder das Eine, noch das Andere, sondern eine Französin sein und in der That Laura Desportes heißen. Einstimmig ist man über ihre Schönheit, ihr Talent und ihre ausgezeichnete Bildung. Alle ihre Antworten auf die an sie gerichteten Fragen sollen sehr bestimmt und anständig gewesen sein. Daß sie ebenfalls nach dem Gefängnisse des Luxembourg werde gebracht werden, ist nicht wahrscheinlich. Man spricht auch von einer zweiten Frauensperson, welche die Maitresse des Herzogs gewesen und in der Rue de Varennes aufgesucht, aber nicht gefunden worden sein soll. Doch läßt sich darüber nichts Ge— wisses sagen. Fortwährend beschäftigt dieses Ereigniß ausschließlich die allgemeine Aufmerksamkeit.

Großbritanien und Irland.

London, 21. Aug. Ueber die vorgestrige weitere Fahrt Ihrer Majestät der Königin nach den Inseln Staffa und Jona sind noch keine Nachrichten eingegangen. Wie es hieß, sollte das Königliche Geschwader die Nacht vom Donnerstag auf den Freitag im Jurä— Sund vor Anker gehen und dort bleiben, bis die Königin von In— verlochy-Castle zurückkommen würde. Ihre Majestät wollte dann nach Ardverelin sich begeben, wo der Marquis von Abercorn in sei— ner schottischen Clans-Tracht mit 2000 Hochländern die Herrscherin empfangen wird.

Das Ergebniß der Wahlen für England und Wales stellt sich nach dem Globe auf 251 Liberale, 91 Peeliten und 165 Protectio⸗ nisten, im Ganzen also 507 Wahlen. Schottland und Irland kom- men noch hinzu, und da ist nur noch eine Wahl übrig, die der bei⸗ den Mitglieder für Orkney.

Die Times, welche vor einigen Tagen so entschieden gegen die Navigations⸗Gesetze auftrat, enthält jetzt einen Artikel, welcher nach— zuweisen sucht, daß eine gleichmäßige Berücksichtigung der Rhederei— Interessen und der mit der Marine unzertrennlich verknüpften In— teressen des Staates sich nur auf dem Wege einer sehr allmäligen Modifizirung jener Gesetze erreichen lasse. Tas Blatt erklärt es zu— nächst für wünschenswerth, in Erfahrung zu bringen, inwieweit sich die Vereinigten Staaten durch Konzessionen Englands zu entsprechen— den Vergünstigungen veranlaßt finden möchten, und resumiren zum Schlusse ihre Meinung in folgenden Worten: „Einige Theile der Navigations⸗-Gesetze werden vermuthlich lange aufrecht erhalten wer— den; einige Theile, und besonders Alles, was die Einregistrirung der Matrosen betrifft, sind großer Verbesserung zu unterziehen; aber an— dere Bestimmungen giebt es, welche der Vernunft und der Erfahrung widerstreben. Unter diesen Reformen würden die wichtigsten sein die Freigebung des Kolonigl-Handels, welcher noch theilweisen Beschränkungen unterworfen ist, und das Zugeständniß des in direkten Handels nach unseren Häfen an diejenigen Nationen, welche unseren Schiffen dasselbe Recht zugestehen.“

Das Post⸗Dampfschiff „Severn“, welches St. Thomas am 30. Juli verlassen hat und gestern in Southampton mit der westindischen Post angekommen ist, bringt keine Nachrichten von politischer Bedeu⸗ tung. Die Kolonial-Versammlung von Jamaika war bis zum 20. August vertagt worden. Auf den westindischen Inseln im Allgemei⸗ nen klagt man über große Dürre. .

Ans Lissabon hat die Times Nachrichten vom 10ten d. M., d. h. um einen Tag neuer. Sie deuten indeß in der Hauptsache 4 an, daß sich für die demokratische Partei bei den bevorstehenden r n e Aussichten zu eröffnen scheinen, da man eines Theils gan . Palmirston werde auf die ausweichende Antwort der per gh . ae n in Betreff des neuen Ministeriums mit der znr ung . e. Flotte antworten, und da andererseits ernster Zwiespalt unter den Cabralisten und Chartisten herrscht, indem der Chef der Letzteren, Saldanha (der nicht, wie Terceira, u d Cabralisten übergegangen ish, sich weigert, die ,, den er Verschmelzung der beiderseitigtn Wahl-Comftäs geschehen zu

Nach dem Börsenberichte der Ti ; e. Gebrüder und Comp. für ö auf 6 n, . .

ö us Giles, Son und Comp. von den Herren Prime, Ward und Comp. in New-gNork gezogenen oder von den Letzteren indossirten Wechsel interveniren'

1697

Heute Morgen erzählte man sich an der Börse von einer neuen Zahlungs⸗-Einstellung eines höchst angesehenen Hauses, das durch sei= nen großen Einfluß als einer der Theilnehmer der Bank von Eng⸗ land bekannt ist. Der Sturz der genannten Kornhäuser und unge⸗ heure Berluste in Roggenmehl werden als Ursache angegeben.

8 8elgien.

Brüssel, 23. Aug. Die liberale Presse, mit Ausnahme der ganz ministeriellen, ist sehr unzufrieden damit, daß das neue Ministe⸗ rium die beiden zur klerikalischen Partei gehörenden Provinzial⸗-Gou⸗ verneure Muelenaere und Huart auf ihren Posten belassen hat. Der Observateur erklärt in einem leitenden Artikel, daß man eine solche Feigheit von Seiten der neuen Minister unmöglich habe erwar— ten können, und das Echo du Luxembourg bemerkt unter Ande— rem: „Das Ministerium hat drei Gouverneure beseitigt; es hat die kompromittirtesten entfernt; allein gerade die einflußreichsten und ge— fährlichsten hat es auf ihrem Platze gelassen.“

Griechenland.

. Athen, 10. Aug. (Oest. Beob.) Gestern hat Se. Maje⸗ stät die Kammern mit folgender Rede eröffnet:

„Meine Herren Deputirie! Meine Henen Senatoren! Beim Beginn einer neuen Legislatur berufen, das schwierige Werk der Gründung einer freien Regierung fortzusetzen, sind unsere ersten Worte an den Allmaͤchtigen gerichtet, um seinen göttlichen Schutz anzuflehen. Der Kampf der Mei—= nungen, aus dem wir alle möglichen Lehren geschöpft haben, drohte in die— ser Versammlung einen gefährlichen Zwiespalt unter den Staatsgewalten herbeizuführen; Ich mußte die Gesinnung des Landes zu Nathe' ziehen. Sie, Meine Herren, (die Nepräsentanten dieses Landes, werden antworten, ob das Land Meiner Regierung Recht gegeben hat. Die Prüfung der Thatsachen wird beweisen, daß Meine Regierung, nicht einmal auf die Schwierigkeiten der Lage sich stützend, mit gebührender Rücksicht für die Interessen des Schatzes und der öffentlichen Ordnung, die Rechte der Na— tion gewissenhast respeftirt hat. Die zu diesem Ende ergriffenen Maßregeln werden Ihrer Sanction unterzogen werden. ;

„Ich würde Mich glücklich schätzen, Ihnen anzukündigen, daß eine be- llagenswerthe Differenz zwischen Meiner Regierung und der einer benach— barten Macht die Lösung, die Ich so sehnlich wünsche und nach allen Meinen Kräften herbeizuführen strebe, erhalten hat; Ich habe jedoch Grund, zu hoffen, daß diese Lösung bald erfolgen und der Würde beider Staaten, deren Interessen sich mit jedem Tage mehr verschmelzen, angemessen sein wind. ; Dit Verbesserung unseres Finanz-Sostems, der Gegenstand der unab— lässigen Bemühungen Meiner Regierung, erheischt Ihre volle Aufmerlsam keit; unsere Verpflichtungen gegen die aüswärtigen Mächte fordern uns auf, Gesetz- Entwürfen eine ernste Aufmerksamkeit zu widmen, welche, indem sie die Interessen des Schatzes, des Ackerbaues und der Schifffahrt fördern, uns endlich in den Stand setzen werden, die Zinsen der Anleihe zu bezah— len und diese Anleihe selbst zu tilgen, wie es die Ehre und der Kredit des Landes erheischen. Treu diesem Gedanken, hat Meine Regierung den wie⸗ derholten Reclamationen einer dieser drei Mächte hinsichtlich der im März verfallenen halbjährigen Zinszahlung und Tilgung Genüge geleistet. „Verschiedene Gesetz-⸗ Entwürfe werden zu Ihrer Genehmigung vorgelegt

werden. Ich verlangte im verflossenen Jahre von der Kaminer, daß das Budget vor Anfang des Jahres, dem es gewidmet ist, votirt werden möge; von neuem empfehle ich Ihrem Eifer, gleich beim Beginn Ihrer Arbeiten das zu thun, was unsere Institutionen vollends befestigen wird. Ich wie— derhole es, Meine Herren, die Aufgabe, die Sie mit Mir zu lösen haben, ist groß und schwierig; sie übersteigt nicht unseren Muth und unseren Pa⸗ triotismus. Wir fühlen zu lebhaft, was wir der Wohlfahrt und der Ehre des Landes schuldig sind, als daß Gott in seiner unendlichen Huld uns nicht beistehen sollte.“

Gerichts⸗Verhandlungen wegen der polnischen Verschwörung.

Berlin, 25. Aug. In der heutigen Sitzung, welche um 8 Uhr ihren Anfang nahm, sprachen die Vertheidiger der Angeklagten von Poninski, von Sokolnicki, Thadäus und Anastasius von Radonski und von Bialkowski.

Zuerst nahm der Vertheidiger Poninski's, Justiz-Kommissar Lü⸗— decke, das Wort. Der Angeklagte habe seine Mitwirkung für den Fall des Ausbruches einer revolutionairen Bewegung eingestanden, sonst erscheine derselbe als ein untergeordnetes Werkzeug Anderer, und es sei ihm nicht nachgewiesen, daß er von den Plänen der Verschwö⸗ rung in ihrem ganzen Umfange unterrichtet gewesen. Der eigentliche Leiter der Verbindung sei Mieroslawski, und dieser habe wiederholt erklärt, daß in Preußen nur Mannschaften hätten ausgehoben wer— den sollen, das Unternehmen aber gegen Rußland gerichtet gewesen sei. Daher liege das Verbrechen des Hochverraths bei seinem Klien⸗ ten nicht vor, und wenn derselbe überhaupt bestraft werden solle, so trage er darauf an, den §. 5 des Edikts vom 20. Oktober 1798 we—⸗ gen geheimer Verbindungen anzuwenden.

Für den Angeklagten Sololnicki sprach der Ober-Landesgerichts⸗ Assessor Herzberg. Er fühle das ganze Gewicht der Anklage, gegen die er seinen Klienten zu vertheidigen habe. Sokolnicki habe in der Voruntersuchung umfassende Geständnisse abgelegt; nun habe er sie theilweise widerrufen. Dieser Widerruf erscheine auffallend; es lasse sich aber nachweisen, erstens: daß derselbe motivirt war, und zwei— tens: daß, wenn auch die Geständnisse wahr wären, die Anklage auf Hochverrath dennoch ungegründet sei. Was den ersteren Punkt be— treffe, so sei der Angeklagte in einem Zustande der Geistes Abge⸗ stumpftheit gewesen, der ihn, bei Aufnahme der Protokolle, unwahre Thatsachen als wahr habe zugeben lassen. Dieser Zustand des An— geklagten im Monat Juni des vorigen Jahres sei durch ärztliche Atteste hinreichend nachgewiesen. Die Geständnisse also seien nicht als Anklage gegen ihn zu benutzen, und es bleibe nur noch die Be— züchtigung des Mitangeklagten Poninski. Aber auch diese habe keine Geltung, da die Protokolle Poninski's und Sokolnicki's bis in die größ⸗ ten Kleinigkeiten übereinstimmten, also eine Mittheilung der Protokolle erfolgt sein müsse; und eine solche Mittheilung sei ungesetzlich. Um nun auf die näheren Punkte der Anschuldigung zu kommen, so sei es richtig, daß sein Klient am Aten und 14. Februar in Posen gewesen; dafür habe er jedoch einen hinlänglich plausiblen Grund angegeben. Aber es sei auch an sich unwahrscheinlich, daß sich die ser Mann in eine politische Verbindung eingelassen habe. Im Jahre 1831, wo er nicht verheirathet gewesen, sei er nicht mitgegangen, und 1846 sei er verheirathet gewesen. Um auf den zweiten Punkt zu kommen: zugegeben, die Geständnisse seien wahr, so liege doch kein Grund vor zu der Anklage auf Hochverrath. Es solle seinem Klienten aufge⸗ tragen worden sein, statistische Notizen zu sammeln. Das sei richtig, aber ein Handschlag an Eidesstatt habe dabei nicht stattgefunden. Er solle Mitglied der Verschwörung gewesen sein; die Anklage aber behaupte den ausdrücklichen, bestimmten Beitritt nicht. Eben so verhalte es sich mit den übrigen Punkten. Deshalb müsse sich die Anklage bei dem Antrag auf Hochverrath geirrt haben, oder der Be⸗ weis dafür könne nicht geführt werden. Hochverrath sei eine Ver— letzung der Verfassung, Verfassung aber sei nur etwas Formelles, und Formen seien nicht verletzt worden. Höchstens sei sein Klient der Mitwissenschaft schuldig, und danach sei er zu bestrafen; von der Anklage auf Hochverrath trage er an, denselben freizusprechen.

Demnaͤchst sprach der Justiz-Kommissarius Lewald für die übri⸗ gen drei Angeklagten. Man beschuldige sie der Theilnahme an den agronomischen Vereinen. Aber was seien diese? Sie seien von der

Regierung angeregt und genehmigt; in ihren Statuten finde man unter anderen Zwecken auch die Sammlung einer landwirthschaftlichen Statistik angegeben; ferner sei statutarisch bestimmt gewesen, daß die Vorträge in ge hel oder in polnischer . sollten gehalten werden, und als Bedingung der Aufnahme habe man nur Ehrbarkeit, unbescholtenen Ruf und Annahme der Statuten verlangt. Nach die⸗ sen Grundsätzen hätten die agronomischen Vereine ihre Aufgabe ver⸗ folgt; zur Verfolgung politischer Zwecke hätten sie sich nicht . ben. Daher stelle er den Antrag: Der Gerichtshof möge nicht ferner darauf ein Gewicht legen, ob einer der Angeklagten zu den agronomischen Vereinen gehöre oder nicht. Um nun zu den einzelnen Angeklagten über⸗ zugehen, so habe Thadäus von Radonski früher Geständnisse abge⸗ legt, jetzt widerrufen. Er fühle das Gewicht des Vorwurfs, den man dieses Widerrufs wegen seinem Klienten und überhaupt allen Ange⸗ klagten, welche widerrufen hätten, mache; auch der Vertheidigung werde vorgeworfen, daß sie diesen Widerruf begünstige. Was nun speziell den Widerruf Thadäus von Radonski's anlange, so könne er denselben nicht anders begründen, als durch die Anklage seines In⸗ quirenten. Einestheils halte er nämlich überhaupt die ganze Unter⸗ suchung nicht für gesetzmäßig geführt, da sie nach Bekanntwerdung des Edikts vom 17. Jull 18146 mit Zugrundelegung dieses Edikts hätte geführt werden müssen, dessen 8. 18 Zwangsmittel jeder Art bei der protokollarischen Vernehmung . Dann aber auch habe der Untersuchungsrichter mehrmals ohne Protokoll- führer vernommen, was ebenfalls gegen das Gesetz sei; und ferner klage er denselben an, im Protokoll Anderes nieder geschrieben zu haben, als mit dem Klienten verhandelt worden. Deshalb stelle er den Antrag: daß derselbe hierüber zur Untersuchung gezogen werde. Der Präsident entgegnet: der Inquirent müsse doch erst vernommen werden, was bisher noch nicht hätte geschehen können. Der Verthei— diger, welcher demnächst zum Faktischen der Anklage zurückkehrt, sucht nunmehr hervorzuheben, daß die Angabe seines Klienten, er sei wegen der Lutomskischen Angelegenheit am 4. Februar nach Posen 6. men, auf Wahrheit beruhe; und was seine Anwesenheit in Posen am 11. Februar betreffe, so sei diese durch die Aufnahme der notariellen Vollmacht hinlänglich gerechtfeitigt. Er trage deshalb darauf an, denselben freizusprechen. Seinem Rlienten Bialkowski mache man die Theilnahme an der Hetzjagd-Gesellschaft zum Vorwurf, diese sei aber eben so unschuldig, wie die agronomischen Vereine. Man beschuldige diesen seinen Klienten ferner, daß er am 4. Februar in Posen ge⸗ wesen und an der daselbst stattgehabten Zusammenkunft, wo die In⸗ structionen erläutert wurden, Theil genommen habe; es sei aber durch Zeugen hinlänglich festgestelt, daß er an diesem Tage sehr viel beschäftigt gewesen und unmöglich lange bei jener Zusammenkunft hätte zugegen sein können. Der gravirendste Punkt sei das Bauern-Schießen; ohne diesen würde eine völlige Freisprechung schon früher erfolgt sein. Aber die angeblichen Aufreizungen seien nicht bei dieser Gelegenheit vorgekommen, sondern später, und aus dem Bauernschießen an sich lasse sich gewiß nichts Verdächtiges herleiten. Außerdem fänden sich in den verschiedenen Aussagen mehrfache Widersprüche. Er trage daher auf Entvindung von der Anklage an. Was seinen dritten Klienten, Anastasius von Radonski, betreffe, so sei die Anklage hauptsächlich auf dessen Zusam⸗ menkunft mit Mieroslaweki begründet. Die fragliche Reise habe er blos als Bevollmächtigter seiner Schwiegermutter unternommen. Er trage deshalb darauf an, denselben nicht nur freizusprechen, sondern sofort der Haft zu entlassen. Hieran knüpft der Vertheidiger noch eine Erörterung über den Begriff des Hochverraths und über den Begriff der Verfassung, indem er nachzuweisen sucht, daß die Ver— fassung des preußischen Staats das reine, unumschränkte Königthum sei; da dieses nicht verleizt worden, so trage er darauf an: nicht nur seinen Klienten, sondern alle Angeklagten des Hochverraths für nicht schuldig zu erklären.

Hierauf erhebt sich zur Erwiederung der Staats-Anwalt. Er wolle sich nur einige kurze Bemerkungen erlauben. Erstens habe die Vertheidigung in den Aussagen der verschiedenen Angeschuldigten Wi- dersprüche finden wollen und deshalb die ganzen Geständnisse als un— richtig darzustellen gesucht. Wenn man aber berücksichtige, daß diese Geständnisse nach Verlauf kürzerer oder längerer Zeit abgelegt wor⸗ den, und daß die Widersprüche nur ganz unbedeutend seien, so werde man der Ansicht der Vertheidigung nicht beitreten können. Zweitens habe die Vertheidigung nachzuweisen gesucht und in manchen Fällen auch nachgewiesen, daß erlaubte Veranlassungen einzelne Angeklagte veranlaßt hätten, an diesem und jenem Tage da und dort hinzukom⸗ men. Diese Beweise seien unerheblich. Sie würden erheblich sein, wenn die Vertheidigung nachweisen könnte, daß das, was von den Angeklagten an jenen Tagen geschehen, etwas gewesen sei, was mit der Anklage durchaus nicht zu bestehen vermöge.

„„ Diesen allgemeinen Bemerkungen wolle er noch zwei spezielle hinzufügen. Die Vertheidigung habe die agronomischen Vereine als etwas Erlaubtes und ganz Unschuldiges hingestellt. Die Anklage habe auch keinesweges bestritten, daß dieselben von der Regierung ge⸗ nehmigt worden; aber sie, behaupte, daß dieselben gebraucht worden, um für die revolutionairen Zwecke zu wirken. Der Beleg dazu finde sich in dem speziellen Theil bei jedem einzelnen An— geklagten. Was ferner die Anschuldigung gegen den Untersuchungs⸗ Richter betreffe, so glaube er, daß dieselbe auf einer petitio prin-= cipit beruhe. Ihm seien keine Verhandlungen ohne Protokoll be⸗ kannt; zwar habe der Untersuchungsrichter in den Registraturen Ver⸗ merke gemacht, dies und jenes mit dem Angeklagten gesprochen zu haben; das werde man aber doch keine, ohne Protokollführung auf— genommenen Verhandlungen nennen wollen. Was den Vorwurf an⸗ lange: der Untersuchungsrichter habe in den Protokollen Anderes nie⸗— dergeschrieben, als verhandelt worden, so frage er: wie noch eine richterliche Autorität bestehen könne, wenn ein Angeschuldigter dem Inquirenten ohne Beweis Ungesetzlichkeit vorwerfen wolle? Was die Sache betreffe, so bleibe er bei seinem ersten Antrage stehen. Demnächst tritt eine halbstündige Pause ein. Rach Verlauf der— selben wird Apollinar Stephan von Furnatowski vorgerufen. Derselbe ist am 17. Februar 1802 geboren und bekennt sich zur evangelischen Konfession. 1830 31 machte er, zuletzt als Rittmeister und Eska⸗ drons-Chef, den polnischen Revolutionskrieg mit; kam dann nach been⸗ digtem Kriege in das Großherzogthum Posen zurück und verheirathete sich mit der Schwester des Mitangeklagten Poninski. Er war Mit⸗ glied des Jockey-Klubs und der aus demselben entstandenen Jagd⸗ Gesellschaft. An der bereits erwähnten Jagd zu Ezewojsewo nahm der Angeklagte Theil, leitete hier bei der Aufnahme mehrerer Mit- glieder die Abstimmung und führte das Kommando bei den von den Theilnehmern der Jagd ausgeführten militairischen Reiterübungen. Als Mitglied der Verschwörung entwickelte er für dieselbe 22 Thätigkeit. Als Mieroslawski im Winter 1815 45 in das Gro herzogthum Posen als militairischer Führer der Insurrection zurück= kehrte, berichtete ihm der Angeklagte über den Stand der Angelegen= heiten in der Provinz, und Mieroslawski übertrug ihm die —— der Infurgenten, welche bei Pleschen vereinigt werden solltenz, au die nöthigen Karten und Instructionen erhielt er, be dieser Gelegen heit. Der Angeklagte übernahm den ihm ert eilten Auftrag und ver⸗ sprach zugleich, die Kommissarien der südöst me, des Groß- herzogthums zu einer Verfammlung nach Twardowo zu berufen. 2 Er war es ferner, welcher Ende Jannar 185 seinen Schwager Po-