1847 / 352 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

unteis ati j Angaben. Der Gräfin Mortier, die aus

1 —— * noch einmal umarmen zu e n

n müssen, sei das ehe gr. 94 , y

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een * s mers en r . in Der Gegner habe den angeblich

un nl. glucht beweisenden Brief, den man im Bette aufgefunden,

Pie Gräfin habe aber darin gesagt: auss Aenßerste ge⸗

nicht vorg eschen, sich zu der Gouvernante zu slüchten

2 , , , n .

; leich an die Baronin Mortier und an die P

anne ene e nl. —— 2 deren Bruder zu Ulm lebt), um

2. äber ihre Kinder zu 1 ; * 27. 33. 2 12 sah 4 . 5 iedigend mit, sagt aber zugleich, der e

Schmide solche han , ö *. in seiner Gegenwart dürfe sie

n ßerordentl n ; ö nicht von ihrer Mutter sprechen. Auch in dem Schei=

ing die Gräsin mit größter Zurückhaltung zu Werke, weil er, nr, n, 2 * Sie berieth sich mit den bedeutendsten Per= sonen und bat den Grafen Rumigny, Verwandten der Familie, um Vermit⸗ sesung bel ihrem Mannt. Graf Rumigny hatte diesem auch zugeredet, sich mit Mãßigung und als Mann von Ehre zu benehmen: im äußersten Falle solle er eine gütliche Trennung bewerkstelligen. Aber der Graf Mortier blieb er ih Herr Chair-d'Est- Ange geht nun in genaue Details, um die abscheuliche Machination zu enthüllen, zu welcher Graf Mortier seine Zuflucht genemmen, um seine Frau zu ruiniren. Graf Mortier, Pair don Frandreich, der über den Herzog von Praslin zu Gericht gesessen, der am 7. November zwölf Rasirmesser um sich gehabt, den kalten Stahl an den Hals seines Kindes gesetzt hatte, dieser Mann habe den traurigen Muth, an die blutige Mordscene im Hotel Sebastiani zu erinnern, zu sa— gen, die Gräsin Mortier habe die Herzogin von Praslin spielen wollen. Hier erzählt nun Herr Chaix d'Est-Ange den Vorgang vom 7. November im Hotel Chatam, rechtfertigt das von den Behörden, dem Kanzler und dem Polizei- Präfelten eingeschlagene Verfahren und sucht nachzuweisen, daß der Graf Mortier an jenem Tage vollkommen verrückt gewesen. Auf den Einwurf des Gegners, daß der Graf, einige Stunden mit seinen zwölf Rasirmessern allein gelassen, doch nicht Hand an sich legte, was als Beweis der nicht vorhanden gewesenen Absicht zum Selbstmord gelten solle, erwiedert Herr Chair d'Est-⸗Ange, allerdings habe der Graf sich nicht ge— tödtet, aber man habe es entschieden befürchtet und darüber be— rathschlagt. Alle Verwandten des Grafen, der Herzog von Treviso an der Spitze, hätten denselben stets für verrückt erklärt. Die Familie selbst habe zuerst verlangt, daß man ihn in ein Irrenhaus sperre, damit er seine Freiheit nicht mißbrauchen könne. Am nächsten Tage erst habe die Familie ihre Meinung geändert. Unter solchen Umstäuden verliere aber ein Familienrath den größten Theil seiner Autorität. Die Familie habe nur in übel verstandener Weise die Würde des Namens zu retten esucht. Ge⸗ rade diese aber erheische, daß der Graf in einem Ine uf eingesperrt bleibe, damit er in Zukunft nicht zurechnungsfähig werde für neue Atte der Tollheit und Raserei. (Bewegung im Auditorium.) Die Klarhrit, Ruhe und Bestimmtheit des Grafen Mortier will Herr Chair d'Est-Ange nur als

scheinbar gelten lassen. Am Eingang des Schreibens vom 7. November an seine Frau sage er:

„Wenn dieser Brief Ihnen zukämmt, sind Ihr Sohn, Ihre Tochter und ich nicht mehr am Leben.“ Habe er sich und seine Kinder nun ernstlich tödten wollen, so möge das Gericht erklären, ob er bei gesundem Verstande sei: habe er aber sich nicht zu töd- ten beabsichtigt, so habe er alle Welt täuschen und eine Komödie spielen wollen! (Sensation.) Auch das sei falsch, als habe der Zraf mit jenem furchtbaren Briefe vom 7ten nur seine Frau zu sich zurück- führen wollen; dazu hatte ein zärtliches Wort des Vergessens hingereicht; statt sie anzuziehen, stößt er sie vielmehr zurück, statt ihr zu vergeben, flucht er ihr. Als sie aber doch kömmt, beharrt er bei seinem rasenden Verfah- ren. Das kleine Töchterchen trug, als man es ihm entriß, die Spuren der Angst und des Schreckes noch im Gesicht und hatte vier Nächte hindurch ärztliche Pflege nöthig, weil sie sieberte und phantasirte. Auch seine ande⸗ ren Briese vom Tten, an seinen Vetter, an seine Mutter, saglen alle, daß er sich und seine Kinder tödten wollte. Habe er eiwa mit diesen Personen auch Komödie spielen wollen? Die gewichtigsten Autoritäten, wie der Kauz ler d'Aguesseau, Pniel, Esquiros, stimmten überein, daß ein Mensch, der

das Theuerste, was er habe, seine Kinder, ermorden wolle, nicht für ver

nünftig gelten könne. Auch daß er diese Idee nur als cine vorüber= gehende gehabt, sucht Herr Chair d'Est-⸗Ange aus den Briefen des Grasen zu widerlegen. Wenn dieser Mann nicht verrückt sei, so gebe es gar keinen Verrückten mehr in der Welt; sei er aber nicht verrückt, so sei er der er= bärmlichste unter allen Menschen. Wenn das Gericht den Grafen für nicht verrückt erkläre, so werde die Gräfin ihm doch niemals ihre Kinder zurück⸗ geben, das könne man von einer Mutter nicht verlangen. (Bewegung.) Graf Moxtier sei aber geistesfranker als je: Der schlagendste Beweis liege in der abscheulichen Verleumdung gegen seine Frau, durch welche er sie mo—= ralisch zu tödten gedenke, diese Frau, über welcher nie der geringste Ver- dacht geschwebt, von der nie Jemand auch nur das geringste Schlimme habe sagen können. Für seine Anklagen gegen dieselbe liege auch nicht der mindeste Beweis vor. Der Redner erzählt nun noch verschiedene andere Vorgänge, um frühere Ausbrüche der Tollheit des Grafen Mortier zu be⸗ zeugen. Nach der Rückkehr von einer Reise konnte man ihn nicht von der fixen Idee abbringen, er habe einen Mönch mitgebracht in seinem Wagen. Die Gräfin suchte das Uebel, möglichst vor der Welt zu verhüllen, und man that Alles, ihn zu heilen. Ein Brief des Grafen an seine Frau aus Bern vom 7. April 1844 (im September oder Oltober 1813 wollte er die Beweise von der Schande seiner Frau er— halten haben) ist in den liebevollsten Ausdrücken für sie geschrieben und eben so für ihren Vater, den er dagegen in der Nachschrift zum Briefe vom J. November 1847 als den schlechten Rathgeber und Unglücksstifter ver= wünscht. Ein zweiter Brief an die Gräfin vom 17. Dezember 1845 zeigt, daß er ihr die ganze Sorge für die Erziehung der Kinder überläßt. Er sagt darin unter Anderem auch: „Erinnere Dich, daß Du in meinen Au—⸗ en das Edelste, Erhabenste und Ausgezeichnetste bist, was es giebt.“ Die rn mögen nun entscheiden; auf der einen Seite handle es sich um Ehre, Singen und Leben eines Bürgers; auf der anderen um ein nicht minder kostbares Interesse, um das der öffentlichen Sicherheit, welches wolle, daß ein Bürger, wenn er an einer gewissen Krankheit leide, cher in seiner Freiheit leide, als daß er die öffentliche Ruhe und das Leben Anderer be— drohen könne.

Herr Baroche, der Advokat des Grafen Mortier, entgegnete auf die Rede des Herrn Chaix d'Est-Ange im Wesentlichen wie folgt: Bei Anhö— rung des glänzenden und energischen Plaidoyers seines Gegners habe sich ihm und wohl auch den Richtern die Frage aufgedrängt, welches der ab= zuurtheilende Prozeß sei. Ob man Mundtodt- Erklärung, ob man Schei= dung verlange? Die Gräsm Mortier, die von ihrem Veriangen auf Rund— iodt⸗ Erklärung abgestanden, habe zahlreiche Thatfachen angeführt, um zu beweisen, daß a nn des Grafin Mortier nicht blos vorübergehend sei, sondern noch jeßt sortbestehe. Was solle man daraus schließen? Man a. den Grafen Mortier für den unsinnigsten Verrückten erklären wollen, eine Mundtodt-⸗Erklärung verlangt, aber Sor den Schranken des Gerichts habe man inne gehalten, und Graf Mortier erscheine davor, um die Gräfin zum Sprechen zu zwingen. Oder handle es sich um einen Prozeß auf Schei- bung? Die Natur der dom Gegnef vorgebrachten Thatsachen und Ankiagen ließe beinahe dies glauben. Graf Mortier sei, habe inan gesagt, der ver⸗ worsenste der Menschen, wenn er nicht der verrückieste sei. Es 'sei also in der That ein Prozeß um Scheidung, der verhandelt werde. Man habe den Grafen Mortier in eine sonderbare Lage verfetz. Der Hegner habe sich auf zwei Briefe berufen, die er aus einer großen Linzahl ausgewählt. Ob man aber ihm (Herrn Baroche) diese Briefe zur Verfügun gestellt, ob er Mit- , der Papiere der Frau Gräfin Mortier habe erlangen lönnen? Rein.

iese Papiere befänden sich bei Herrn Cordier, dem Vater der Gräfin. So habe er (Baroche) in der Wirklichkeit weder Klienten, noch Atten-Fascifel. Denn Graf Mortier sitze . Schloß und Riegel, und der Ver ehr mit ihm sei sehr schwer, so daß es unmöglich, dessen Vertheidigung vorzuberei⸗ ten, geschweige eine Untersuchung anzustellen, wie die Gräfin Mortier. Man plaidire also vorzeitig eine Scheidung vor den Richtern. ie er schon esagt, eine sehr wichtige ea sei in diesem Prozeß zu lösen. r fen 9 die vom Pr. Mitivie in 6 letzten Zeugnisse aufgestellte. Sie müsse eist entschleden werden, bevor über das Scheidungs⸗Verlangen ein Beschluß ge⸗ faßt werden lönne. Zuerst müsse ausgesprochen werden, ob Graf Mor er noch länger seiner Freiheit beraubt bleiben solle? Habe er diese wieder er- langt, die ihm entwendeten Papiere in seinem Besitze, die Beweise für die

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Klagen gegen seine Frau gesammelt, dann erst, wenn die Lage beider Theile

23 ie . man zur Verhandlung der wichtigen Fragen dieses Prozesses chreiten. Der Gegner habe erklärt, die Gräsin Mortier werde je nach Umstän-= den den Prozeß weiter betreiben oder innehalten. Darüber habe sie aber keine Macht, sie lönne nicht das Haupt ihres Mannes beständig mit der Mund= tobt-Erflärung bedrohen. Man habe gesagt, Graf Mortier habe sich in sei⸗ nen sozialen und diplomatischen Bezieungen als feiner Weltmann zu zeigen ge⸗ wußt, sei aber beim geringsten Anlaß in Raserei ausgebrochen, und seine Frau, sesne Dienstleute, selbst seine Kinder, diese jedoch nur selten, seien die Opfer da⸗ von geworden. Man habe viele Aneldoten vorgebracht, aber keine Doku- mente, keine Beweise. Solche Angaben reichten nicht hin, einen Bürger, einen Pair von Frankreich, der Freiheit zu berauben. Die Briefe der Her= len de Vernois und Cretineau-Jely seien ohne gerichtlichen Werth. Die Art, wie die Administrativ- Behörde in der Hast eine Untersuchung vorge- nommen, sei zu tadeln, und diese JZeugnisse seien daher zu beseitigen. An— ders sei es mit einer gerichtlichen Üntersuchung, die ihre schützenden For= men, Garantien, ihre Feierlichkeit habe. Graf Mortier selbst wünsche, daß diese an die Stelle der administrativen trete, als Beschützerin seines Rechts und seiner Freiheit. Bestehe Zweifel, ob die Angaben des Mannes eder der Frau die richtigen seien, so könne dieser Zweifel nicht zum Nachtheil der Freiheit des Grasen furzweg abgeschnitten werden. Das Zeng⸗ niß des Botschasts Secretairs Herin d' Andree fönne nicht An- nahme finden, denn es würde daraus hervorgehen, daß Graf Mortier schon seit 5 bis 6 Jahren im Zustande rasender Narr⸗ heit sich befunden, von welcher zahlreiche Zeugen die Opfer oder Zu— schauer gewesen wären. Das sei unmöglich. Vor kurzem erst habe Graf Mortier auf das Gerücht seiner Entsetzung zu Turin den Conseils-Präsiden= ten um Aufschluß darüber gebeten. Hätse Herr Gnizot gewußt, daß der Graf verrückt sei, so hätte er gewiß die Gelegenheit ergriffen, ihn zu ersetzen. Aber Herr Guizot aniwortete ihm aufs verbindlichste in einem Briefe vom 23. Oltober 1817, nie sei bis dahin die Nede von der Ernennung des Herrn von Bacourt für Turin gewesen. Hätte der Botschafts-Sectetair Hern d' Andrée wirklich nöthig gehabt, stets eine Vertheidigungswaffe bei sich zu führen, wenn er mit dem Grafen Mortier sprach, fo hätte er dessen Verrücktheit doch ohne Zweifel längst zu Paris erzählt. Graf Mortier habe stets also seinen diplomatischen Posten mik Würde eingenommen, das Ver— trauen der Regierung verdient und genossen. Das sei um so wichtiger, als er nicht immer den Herrn Minister des Auswärtigen vollkommen geschont, stets als Diplomat eine unerschütterliche Festigkeit und Entschlos⸗ senheit nach allen Seiten hin bethätigt habe. Die Geschichte mit dem einQ gebildeten Mönch zu Bern und dergl. erachtet Herr Baroche der Besprechung gar nicht werth. Die angebliche Furcht der Gräsin Mortier vor den Dro- hungen des Grafen nach der Flucht aus Brügge sei nicht so groß gewesen, als sie sage. Sie sei allerdings mit ihrem Vater nach Orleans gegangen, habe sich aber dort keinesweges versteckt und eingeschlossen gehalten, sondern an einem öffentlichen Orte daselbst eine Konferenz mit einem ihrer Räthe gehabt, sei nach dieser kleinen Komödie hierher zurückgekommen und zu Auteuil und Paris überall öffentlich erschienen. Die Geschichte mit den zwölf Rasirmessern des Grasen sei ganz einfach und natürlich: er besitze ein Reise-Necessaire für diese Zahl. Hätte die Gräfin wirklich so große Furcht vor dem Rasirmesser ihres Gatten gehabt, so hätte sie gewiß nicht ihre zwei Kinder verlassen, ohne sie gegen dasselbe zu schützen. Die Krank— heit des Grafen zu Ostende, sage der Gegner, rühre von einem früheren Sturz vom Pferde her. Dieser erfolgte 1829, und am Tage darauf schrieb Graf Mortier eine lange diplomatische Depesche an seine Regierung. Daß das QOhrenübel des Grafen von einer Gehirnerweichung henühre, müsse energisch in Abrede gestellt werden; die Zeugnisse des Arztes sagten kein Wort davon. Der Redner kömmt nun an die zu Paris vorgegangenen Thatsachen. Allerdings habe sich der Graf dem Grafen Rumiguy gegenüber unbeugsam gezeigt. Das beweise aber nur, daß der Graf Mottier seine Kinder nicht aus der Hand geben wollte; man habe dem Briefe des Gra— fen Rumigno einen Sinn unterstellt, den derselbe nicht habe. Der Herzog von Treviso aber würde, wäre er nicht zufällig heute vom Erscheinen abge— halten, laut gegen die von der Gegenpartei ihm beigemessene Rolle protesti—⸗ ren. Das Gutachten des Familienraths bestehe in voller Kraft aufrecht. Was den Brief und die Scene vom 7. November betreffe, so sei Graf Mortier voll Leidenschaft aus Liebe gewesen, und seine Handlungsweise nur der Schrei einer tief verwundeten Sele. Die Leidenschaft aber habe nicht die Ruhe und Kaltblütigkeit der Vernunft. Es liege weder Selbstmord noch Todschlag vor, lein Tropfen Bluts sei geflossen; man müsse den Men— schen menschlich richten, und es liege also kein Grund vor zu Verlängerung der Haft des Grafen in einem Irrenhause. Dessen unverzügliche Freilassung müsse erfolgen; das Argument, daß er von seiner Freiheit Mißbrauch ma⸗ chen könnte, erinnere allzu lebhaft an die lettres de cacliet, von denen Frankreich 1789 befreit worden zu sein glaubte. Herr Baroche giebt am Ende zu befürchten, daß eine längere Haft des Grafen durch den Tod desselben abgekürzt werden könnte, und spricht die Erwartung aus, daß die Richter die beiden Punkte der Mundtodt-Erklärung und Scheidung trennen und die Freilassung des Grafen befehlen würden.

Herr Chaix d'Est Ange verzichtet darauf, noch einmal das Wort zu nehmen, und der die Stelle eines Advokaten des Königs vertretende Sub— stitut des Staats- Prokurators, Herr Thevenin, erhebt sich sofort. Ihm scheint das Bedenken des Herrn Chaix d'Est-⸗Ange über die Nothwendigkeit des Gesetzes von 1835 nicht begründet. Die Sache sei einmal zur öffent— lichen Verhandlung gebracht, könne daher sofort ihre Lösung erhalten. Ohne sich blos auf die Scheidung bezüglicher Thaisachen einzulassen, könne das Gericht das Mundtodt-Erklärungsgesuch als wohl oder übel begründet fin= den. Die Thatsachen des Ereignisses vom 7. November glaubt der Redner nur einem von rasender Narrheit befallenen Menschen zuschreiben zu können. Ständen diese allein da, so könnte man glauben, dessen Manie sei besänf— tigt, habe aufgehört; aber die früheren Thatsachen ließen keinen Zweifel über den für gewöhnlich heftigen und zum Zorn geneigten Cha— rakter des Grafen. Schon ein Arzt, der zu Brüssel denselben behandeln sollte, sagte, seine einzige Krankheit sei Bös willigkeit und Narrheit, und er wollte lieber alle Kranken von ganz Bel⸗ gien, als den Grafen, Mortier, behandeln. Indessen könne die Sache nicht auf Dokumente hin, die nicht von der gerichtlichen Behörde ausgeflos⸗ sen seien, abgeurtheilt werden. Eine Ergänzungs-Instruction sei nöthig. Man könne neue Aerzte hören. In der Thgt . im Mundtodt⸗-Erklaͤ⸗ rungs- Gesuche der Gräfin keine bestimmten Thatsachen vorgebracht, wohl aber im Scheidungs-Gesuche. Ueber diese könne das Tribunal und das öffentliche Ministerium die Veinehmung von Zeugen hervorrufen. Ein er— stes Verhör sei bereits in der Rathskammer bestanden; nichts stehe aber im Wege, daß das Tribunal kraft Artikel 497 des Civil-Gesetzbuchs einen Richter als Commissair beaustrage, mit dem Grafen Mortier ein zweites Verhör vorzunehmen. Demgemäß beantragt der Advokat des Königs, das Tribunal möge die Einleitung einer Ergänzungs-Instruction befehlen. ,

Hierauf trat der Präsident mit dem Tribunal ab, und nach ei— ner Viertel Stunde erschienen beide wieder mit der Ankündigung des Ersteren, daß heute, Mittwoch, das Urtheil verkündet werden solle. Als die Verhandlung schloß, war es fa stvolllommen dunkel geworden nnd Alles verließ eilig den Saal. Beim Abgang ber heutigen Post war der Urtheilsspruch noch nicht bekannt.

Großbritanien und Irland

London, 13. Dez. Gegen die kürzliche Ernennung kes Dr. Hampden zum Bischof von Seese, haben zwölf g ft der angli⸗ kanischen Kirche einen Protest an Lord John Russell eingereicht. Derselbe lautet: t

„Molord, wir, die unterzeichneten Bischöfe der Kirche von England, fühlen uns verpflichtet, Cw. Herrlichkeit, als dem Haupte der Neglerung Ihrer Majestät, von der Besorgniß und Bestürzung in Kenntniß zu setzen, welche das Gerücht, daß der Br. Hampden, gegen dessen Rechtgläubigkeit (soundness of doctrine) die Universität Orford durch ein feierliches Dekret ihr Mißtrauen ausgesproͤchen hat, zum Sitze von Hereford ernannt worden sei, in den Gemüthern der Geistlichkeit erregt hat. Wir sind überzeugt, daß Ew. Herrlichkeit nicht weiß, welches tiefe und allgemeine Gefühl über die sen Gegenstand vorherrschi, und wir glauben nur im Auftrage unserer Pflicht een die Krone ünd gegen die Kirche zu handeln, wenn wir Ew. Herrlichkeit chrfurchts voll, aber ernst unsere biber, aussprechen, daß, wenn diese zinstellung wirklich vollzogen wird, die größte Gefahr da ist, daß der Friede der Kirche unterbrochen und das Vertrauen gestört werden

wird, von welchem Geistlichleit und Laienschast der Kirche bei jeder Aug übung des Königlichen Supremats, besonders bei einem so zarten und wich= tigen Gegenstande, der Ernennung zu erledigten Bischofäsitzen, jederzelt durchdrungen sein sollten. Wir haben die Ehre zu sein, Myjord, Ew. Herrlichkeit gehorsame und aufrichtige Diener. E. J. London, C. inton, J Lincoln, Chr. Bangor, Hugh Carlisle, G. Rochester, Rich. Bath and Wells, JP. H. Glocester and Bristol, E. Saram, A. T. Chichester, J. Eity, Sanct. Dron.“

Die Antwort Lord J. Russell's auf diese Vorstellung wird gleich— falls von den Blättern mitgetheilt. Sie ist vom 8. Dezember datirt und der Minister macht darin bemerklich, wie die Protestirenden von ihrer Seite eigentlich keinen Mangel an Vertrauen gegen die Recht⸗ gläubigkeit des De. Hampden kundgeben. Was das Dekret der Uni⸗ dersität Orford betrifft, das gegen den Dr. Hampden spricht, so meint Lord J. Nussell, dasselbe sei schon vor 11 Jahren erlassen, und zwar wegen einiger Vorlesungen, die Dr. Hampden vor 15 Jahren gehalten habe. „Seit dem Datum dieses Dekretes“, fährt der Minister weiter fort, „hat Dr. Hampden als Regius Professor der Theologie gewirkt. Die Universität Oxford und viele Bischöfe haben, wie mir gesagt wor= den ist, Zeugnisse über den Besuch seiner Vorlesungen eingefordert, ehe sie Kandidaten, die ihre Bildung in Oxford erhalten hatten, die Ordination ertheilten. Er hat zugleich Predigten gehalten, für welche er mit der Billigung verschiedener Prälaten unserer Kirche beehrt worden ist. Mehrere Monate vorher, ehe ich der Königin den Br. Hampden zum Sitz von Hereford vorschlug, theilte ich meine Absicht dem Erzbischof von Canterbury mit und erhielt von ihm keine mißbilli⸗ gende Antwort. Wenn ich unter diesen Umständen meine von der Königin genehmigte Empfehlung des Pr. Hampden zurückzöge, so würde ich thatsächlich der Lehre huldigen, daß ein Dekret der Üniver⸗ sität Orford einem dauernden Kirchenbanne gegen einen Geistlichen von ausgezeichneter Gelehrsamkeit und untadelhaftem Lebenswandel gleich sei, und daß das Supremat, mit welchem jetzt nach dem Geseß die Krone bekleidet ist, in der Wirklichkeit auf die Mehrheit der Mit glieder einer unserer Universitäten übergehen müßte. Auch sollte man dabei nicht vergessen, daß viele der Ausgezeichnelsten in jener Majo—⸗ rität seitdem zur Gemeinschaft der römischen Kirche e, sind. Das Gefühl, das allgemein, wie man sagt, unter den Geistlichen über diesen Gegenstand herrschen soll, beklage ich tief. Allein ich kann den guten Namen des Dr. Hampden, die Rechte der Krone und das, was nach meinem Dafürhalten das wahre Interesse der Kirche ist, nicht einem Gefühl opfern, das, wie ich glaube, auf einem J n. beruht und vom Vorurtheile genährt wird. Zu gleicher Zeit danke ich Ew. Herrlichkeiten für eine Dazwischenkunft, die, wie ich glaube, das allgemeine Wohl beabsichtigt. Ich habe u. s. w. John Russell.“

Ei Times ist mit dieser Antwort des Ministers nicht unzufrie— den. Sie findet dieselbe allerdings etwas zu rund, aber indem sie im Allgemeinen diesen freien Austgusch der Ansichten zwischen den obersten geistlichen und weltlichen Autoritäten für beide Theile für ehrenvoll erklärt und darin einen Beweis von dem Muth der einen und der Milde der anderen sieht, zeigt sie, wie nothwendig eine Nach⸗ giebigkeit der Kirche und ein Vergleich dieser beiden Gewalten im Staate sei. „Die neuen, in stetem Wechsel begriffenen Zeitumstände“, sagt die Times, „dürften ähnliche Konfliite bald häufiger herbeiführen, die Kirche von England ist gezwungen, Schritt vor Schritt aus einer Ehrenstellung und einem formellen Uebergewicht, die sie jedoch in der Wirklichkeit niemals einnahm und benutzte, und welche daher mehr zu ihrem äußeren Glanz, als zu ihrer Macht beitrug, zurückzuweichen. Es werden täglich Konzessionen gefordert, deren Motiv nicht sowohl aus früheren constitutionellen Vorgängen, als aus dem Drange der Nothwendigkeit hergenommen wird. Während aber die Gränzen der geistlichen und weltlichen Gerichtsbarkeit eine fort= währende Wiederumbildung erleiden, müssen natürlich Besprechungen und Ausgleichungen stattfinden. So haben in den letzten Jahren mehrere freie Konferenzen zwischen den ausgezeichnetsten Repräsen— tanten in Staat und Kirche stattgefunden. Wir erinnern z. B. an die kirchlichen Anstalten in, den Kolonieen und die Erziehungs-Frage in England selbst. Glücklicherweise haben diese Konferenzen mit ei⸗ nem Vergleich geendigt, welcher die Rechte beider Parteien schonte.“

ABtalien

Florenz, J. Dez. Die (hereits erwähnten) Aktenstüclke in Bezug auf die Ausgleichung der Abtresung Fizzano's lauten fol— gendermaßen:

„Wir Leopold II. von Gottes Gnaden, Kaiserl. Prinz von Oesterreich, Königl. Prinz von Ungarn und Böhmen, Erzherzog von Sesterreich, Groß—Q herzog von Toscana ꝛc. 2c. 2c. Nachdem unter Dazwischenkunft des päpst= lichen und sardinischen Abgeordneten jede Differenz mit der Herzoglichen Regierung von Modena über die Vollziehung der Traktate, kraft deren das Gebiet von Fivizzano an jenen Staat übergehen soll, ausgeglichen ist, so gereicht es Uns, Fivizzaner, zu tiefem Leidwesen, der Nothwendigkeit weichen und euch, kraft der bereits vor langer Zeit abgeschlossen Verträge, von je⸗ ner toscanischen Familie getrennt sehen zu müssen, zu deren Regierung Wir von der Huld der Vorsehung berufen worden sind.

„Ihr werdet von nun an unter die Regierung eines anderen Fürsten kommen, der euch, Wir sind davon überzeugt, eben so lieben wird, wie Wir euch geliebt haben; aber Unsere Zuneigung zu euch, die euch bis zu seinem Throne gefolgt ist, wird unauslöschlich bleiben.

„Indem wir euch des Eides der Treue und der Unterthanenpflicht

entbinden, ermahnen Wir euch, eurem neuen Souverain, Sr, Königl. Ho heit dem Herzog von Modena, zu dem Wir euch mit den lebhaftesten Em- pfehlungen des Herzens begleitet haben, eben so gute und treue Unterthanen zu sein, wie ihr es stets für Uns waret, und in der That zu zeigen, daß Unsere Regierung für euch eine Schule der Liebe und Eintracht und ein Antrieb zum Gehorsam gegen die Behörden und die Gesetze gewesen ist. Florenz, den 4. Dezember 1847. Leopold.“

Franz V, Erzherzog von Oesterreich, Königlicher Prinz von Ungarn

und Böhmen, von Gottes Gnaden, Herzog von Modena, Reggio, Miran

dola, Massa, Carrara 2c. 2c. 2c. Nachdem jede vorübergehende Differenz mit der toscanischen Regierung beigelegt ist, haben Wir Unseren Commis- sair, Dr. Carlo Galeotti, beauftragt, in Unserem Namen den Eid der Treue von Unseren neuen Unterthanen in den uns durch die Traktate zugefallenen Ländern entgegen zu nehmen. ; „Einwohner Ünserer neuen Besitzungen in der Lunigiana! Indem Wir die euch ertheilte Zusicherung bestätigen, über euch mit Gerechtigkeit zu re= gieren und über euer Wohl zu wachen, versichern Wir euch ferner, mit In- begriff derjenigen unter euch, die sich nach dem 5. November von Fivizzano enifernt haben, daß euch wegen der in der Zwischenzeit stattgefundenen De- monstrationen nicht die mindeste Belästigung widerfahren wird; und Wir hegen die feste Zuversicht, daß Wir in dieser ganzen Bevölkerung stets treue und ergebene Unterthanen finden werden. YfFeren , den 2. Dezember 1847. Fran gz!“

hereinigte Staaten von Nord-Amerika.

London, 13. Dez. Das in Havre eingetroffene Dampsschiff „New⸗Nork“ bringt newyorker Nachrichten vom 27. November. Der dreißigste Kongreß der Vereinigten Staaten sollte am 6. De⸗ zember eröffnet werden, und man rechnete darauf, daß, da die Par⸗ teien in dem Repräsentantenhause so ziemlich gleich abgewogen sind, wenigstens alle Mitglieder dieses Hauses sich ü möglichst in Wa⸗ shington einfinden werden, um bei den bevorste enden Wahlen des Sprechers und des Secretairs das Gewicht ihres Potums zu Gun⸗ sten ihrer Partei in die Waage zu legen. Die Mitglieder des Se⸗

nats werben wohl geringere Pünktlichkeit zeigen, da die Partei der Negierung im Senate das Uebergewicht hat, die Beamten des Hau⸗ ses schon' gewählt sind und in den . 11 Tagen keine Geschäfte don Bedeutung vorkommen werden. Unter den 32 Mitgliedern des Senats befinden sich nach der Angabe eines Whigblattes 20 Whigs, Il Locofocos (Demokraten) und 1 Independenter; im Repräsentan⸗ a ene zählt man 116 Whigs, 108 Locofocos und 4 Indepen—

n.

Vom Kriegs⸗Schauplatze reichen die Nachrichten nicht weiter,

als die zuletzt eingegangenen, nämlich aus Veracruz bis zum 7. No⸗ vember. Die Guerillas scheinen noch immer arg im Lande zu hau⸗ sen und weder Freund noch Feind zu schonen, so daß in Tamaulipas der mexikanische Gouverneur selbst die National- Garde gegen diese Räuberhorden aufgeboten hatte. General Lane war am 23. Olto= ber von einem Zuge nach Atlisco, welches er hart mitgenommen ha— ben soll, nach Puebla zurückgekehrt. Er hatte den mexikanischen Gouverneur von Puebla wieder eingesetzt und sowehl ihm, wie den Einwohnern der Stadt, welche in ihre Heimat zurückzukehren geneigt seien, seinen kräftigen Schuß zugesagt, so lange sie sich ruhig ver⸗ halten würden. Die Bermuda Gazette vom 19. November, welche einige ältere Berichte über den Kongreß in Queretaro und die angeblich von Herrn Trist wieder eingeleiteten Friedens Unterhandlungen ent hält, zählt folgende Parteien unter den Mexikanern auf: die jetzt am Ruder befindlichen Moderados, mit Peña y Pena an der Spitze, eine friedliebende, aber kraftlose Partei; die Monarchisten unter Paredes; die Federalisten oder Exaltados unter Gomez Fa⸗ rias; die Coalitions- Partei der nördlichen Staaten unter Busta⸗ mente, und die Militair-Partei unter Santana. Daß die Modera—⸗ dos bald von der Herrschaft werden verdrängt werden, scheint ziem⸗ lich gewiß. ; z

Privatberichten aus New⸗Nork zufol e, haben Motz und Pollitz daselbst, Commissionaire, ihre 3 . ; .

Zur vaterländischen Agrikultur⸗Statistik.

Beiträge zur landwirthschaftlichen Statistit des preu⸗ ßischen Staates. Vom Professor Or. Alexander von Lengerke, Königlich preußischem Landes⸗Oefonomie⸗Rathe, ordentlichem Mitgliede und General-Secretair des Königlichen Landes Oelonomie- Kollegiums, Rstter 2c. Zweiter Band. Erste Abtheilung: Entwurf einer Agrikultur⸗Statistik des preußischen Staates, Zweite Abtheflu ng: Beiträge zur Kenntniß der westfälischen Landwirthfchaft. Berlin, Verlag don Veit und Comp. i847. Vorrebe und Angabe des In? halts 1— XII und XIII XX. Erste Abth. Seite 1— 2302. Zweite Abth. Seite 203 516.

In der Vorrede zu dem vorliegenden Werke bezeichnet der Herr Ver— fasser dasselbe als einen Abriß, dessen nächster Zweck es sei, eine allge- meine kurze und übersichtliche Kunde don dem Standpunkte der Landwirthschaft in der preußischen Monarchie zur Zeit der Gründung des Königlichen Landes-Oekonomicgdolle⸗ giLums zu geben. Wohl hätte Letzteres, wird hinzugefügt, namentlich in den eigentlich landwirthschaftlichen Abschnitten, auf erschöpfendere Weise, mittelst reichlicherer Benutzung einschlagender und zum Theil ausgezeich⸗ neter Druckschriften es dürfe nur an „Koppe's Darstellung der land wirthschaftlichen Verhältnisse der Markt Brandenburg“ (Berlin, 1839) er— innert werden ausgeführt werden können; aber dadurch möchte von dem ursprünglichen Plane und Zwecke der Arbeit zu weit abgegangen sein; es wäre außerdem eine beiden nicht entsprechende Ungleichmäßigkeit in anderer Weise wieder hineingebracht und die Eigenthümlichkeit derfelben stärfer ver⸗= mischt worden, als die an das Ganze zu stellenden Anforderungen der Voll— ständigkeit, Korrektheit und Klarheit wirklich erheischen. )

Das Gute, was im Ganzen und Einzelnen die vorliegende Skizze an sich trage, verdanke sie wesenilich der berichtigenden, glättenden und vielfach ergänzenden Hand des Herrn Geheimen Ober-Regierungs-Raths, Direftors Dieterici, und im Besonderen, was die Provinz Pommern betreffe, der Gewogenheit des Herrn Präsidenten von Beckedorff, und was die west⸗ lichen Provinzen anlange, dem Herrn Geheimen Ober- Finanzrath von Viebahn. Die Abtheilung Schlesien hat vor ihrem Drucke der Herr i h von Görtz in Breslau einer Revision zu unterwerfen die Güte gehabt.

Da bei Benutzung der gedruckten Quellen möglichst die Authenticität derselben berücksichtigt worden sei, so hofft der Herausgeber mindestens kein wesentlich unrichtiges Bild zusammengestellt zu haben. Gleichwohl verkennt er nicht, daß 36 Bild, der Natur der Sache nach, in Zeichnung und Farbe dem urtheilsfähigen Leser noch ungleichartig genug erscheinen dürfe; diesem aber traue er auch die Billigkeit der Erwägung zu, daß die hinge—⸗ zeichnete Agrikultur⸗-Statistik nur ein Vorentwurf, nur ein Umriß sein solle, zu dessen Ausführung sich jetzß in den landwirihschaftlichen Vereinen der Monarchie so geeignete Mittel und Kräfte befänden.

Gewiß darf man den Worten des Herrn Verfassers beistimmen, daß eine mit so ausgezeichneter Unterstützung vollbrachte Arbeit den Vorwurf der Unglaubwürdigkeit in ihren Angaben nicht zu besorgen habe, sondern als ein wirklich nützlicher Beitrag zur landwirthschaftlichen Statistik unseres Vaterlandes von Männern der Praxis sowohl als der, Wissenschaft begrüßt werden möge.

Die Erste Abtheilung liefert den Entwurf einer Agrikultur-Stati⸗ stik der acht Provinzen des preußischen Staates.

So wünscheuswerth es auch sein mag, hier über die landwirthschaft⸗ lichen Verhältnisse sämmtlicher Provinzen zu referiren, so würde sich ein solches Referat doch zu weite Gränzen stecken. Darum wollen wir uns hier, um das Wesen der vorliegenden Arbeit näher bezeichnen zu dürsen, auf das Referat über die landwirthschastlichen Verhältnisse von vier Pro⸗ vinzen beschränzen, d. h. der Provinz Preußen, welche unter sämmtlichen acht Hauptgebieten der Monarchie das umfan reichste ist: der Provinz Posen wegen ihrer polnischen und deutschen Bevölkerung: der Provinz Brandenburg als Central - Provinz, welche in hydrographischer Beziehung den Charakter der, ganzen Monarchie repräfentirt, als Trägerin der Haupt- stadt, welche mit ihren Bedürfnissen und Verkehrs- Verhältnissen nicht allein die ganze Provinz beherrscht, sondern auch weit über deren Gränzen hinaus auf die gesammte Monarchie um so mehr ihren Einfluß äußert, je mehr sie 1 zum Mittelpunkte des über die ganze Monarchie ausgespannten Eisen⸗

ahnnetzes erhebt, um von hier aus auch in die wirthschaftlichen Kreise des übrigen Deutschlands einzugreifen: endlich der Rhein ⸗Provinz, welche der Dichtigkeit der Bevölkerung nach, mit 5500 Scelen auf der Quadrat? Meile, den ersten Rang einnimmt, unter allen Provinzen des Staates die stärlste ka tholische Bevölkerung zählt, indem sie die evangelische um mehr als das Dreifache überwiegt, die verarbeitenden Gewerbe und die eigentlichen Fabriken seit lange in einem alle anderen Gegenden Deutschlands übertreffenden Umfange besitzt und als Haupteigenthümlichfeit ihres lsandwirthschaftlichen Gewer bes unter allen Provinzen der Monarchie die stärkste . des Bodens ausweist.

Die zweite Abtheilung des Werkes, welche „die Beiträge zur Kennt- 1 der westfälischen Landwirthschaft“ enthält, möge späterhin ausführlicher be prochen werden. Zunächst ein Referat über die landwirthschaftlichen Ver⸗ hältnisse der erwähnten Provinzen.

J. Pro vinz Preußen.

In der Provinz Preußen werden besprochen? die allgemeinen Areal-, physilglischen und Populgtions. Verhälmmisst, die Absatz, Communications-⸗ und. Betriebsmittel, die. Verhältniss, des landwirthschaftlich benutzten Bo— dens, die Art und Größe der ländlichen Besitzungen, der Zustand der Land- wirthschaft im Allgemeinen, der Ackerbau und die Viehzucht im Besonderen, die , E eri fer en ff Landwirthschast.

nm erk. Dieselben Verhältnisse werden auch in übri so= vinzen behandelt. Fw

2413 Von dem gesammten Flachen Inhalte der Provinz Preußen werden be—

nutzt als: Ackerland 9. 20M 00 Morgen. Gartenland 160009 * Waldung . 5,700 009 Wiesen 3, 600, 009. Weide 4.470 0909

Auf die Gewässer kommen 1,700,000 Morgen und das Unland wird aus 670, 0900 Morgen berechnet.

Bei ausgedehnten Strecken des trefflichsten Weizenbodens, nament= lich längs der Memel, des Pregels und des Weichselstromes, herrscht doch auch in ganzen weiten Distrilten, besonders im westlichen Preußen, Sand⸗ boden vor. .

Der Landbau bildet die Hauptbeschästigung der Bevöllerung. Im großen Durchschnitt wohnen auf dem platten Lande bald viermal so viel Menschen, als in den Städten. Die allergrößeste ländliche Bevölkerung in der ganzen Monarchie hat der Regierungs-Bezirk Gumbinnen. Nach ihm folgt merkwürdigerweise, wie hier im Ssten, so der im äußersten We⸗ sten gelegene Negierungs-Bezirk Trier.

Indeß findet der Aufschwung des Ackerbaucs und des ländlichen Wohl- standes der Provinz ein großes Hinderniß in klimatischen Verhälmmssen, welche den Zeitraum vom Pflügen bis zur Aerndte meistens nur auf fünf Monate beschränken und, die Bestellungszeit zu sehr verkürzend, einen um so größeren Auswand an Arbeitskrast in dieser Periode verlangen, in dem Mangel an Communicationsmitteln und Kapitalien, in der zu weit verbrei= teien Unkunde eines rationellen, landwirthschaftlichen Betriebes und in dem Mangel an Absatz, welchen namentlich die russische Gränzsperre und die weite Entfernung gröferer Comsumtions-Distrifte veranlaßt.

Während in Litthauen der Ackerbau einen gewissen Höhestand ein⸗ nimmt, besindet er sich in Masuren, mindestens bel den Baneru, in einem weniger entwickelten Justande, nicht allein zusolge eines Mangels an Kunst- straßen und ausreichenden Wasserwegen, sondern auch wegen einer sehr dün⸗ nen und dürftigen Bevölkerung und wegen einer unverhältnißmäßigen Größe der bäuerlichen Besitzungen, durch welche eine vollständige Zersplitterung der Arbeitskräfte und Betriebsmittel herbeigeführt wird.

Wie in Brandenburg, besitzen in Preußen die größeren Güter nur die Hälfte des Antheils an der nußzbaren Bodenfläche gegen Posen und Pom— mern; denn unter allen Provinzen der Monarchie sinden sich in Preußen die meisten größeren Bauergüter, und zwar am zahlreichsten in dem Re⸗ gierungs - Bezirk Gumbinnen.

Im großen Ganzen soll namentlich den Seperationen auch in der Provinz ein Aufschwung der Landwirthschaft gefolgt sein; die Hinneigung zu rationelleren Prinzipien soll sich auf den besseren Bodenarten selbst bei den kleineren Grundbesitzern bethätigen.

Als hervorstechende, zum Theil eigenthümliche Prodnctionen werden ge—⸗ nannt: die in den dem Strande näher liegenden Kreisen Ostpreußens vor- herrschende, in Litthauen fast überall sehr bedeutende Weizen-Kultur, der Bau der grauen Erbse, der Gewinn vorzüglichen Leinsaamens, welcher von Tilsit nach Riga schwimmt, um von hier als russische Leinsaat in deutsche Häfen wieder zurückzuwandern.

2 II. Provinz Posen.

Wie in Preußen, bildet auch für die Bevölkerung der Provinz Posen die Landwirthschaft den Hauptgegenstand ihrer Thätigkeit. Die Bevölkerung ist dem klar ausgesprochenen Winke der Natur gefolgt; denn bei dem durch⸗ aus vorherrschenden Charakter der ebenen Fläche ist das ganze Land recht eigentlich ein Agrikulturland. Sein Aufschwung wird jedoch vielfach gehemmt durch die auffallend schnell wechselnde, die Gesundheit der Menschen und Thiere gefährdende Temperatur der Luft, durch eine nur dünne Bevölkerung, den Mangel an Fabriken und innerer Confumtion, durch den hier unter allen Provinzen der Monarchie am schroffsten hervortretenden Mangel an Com- municationsmitteln, durch äußerst unvollkommene Ackerwerkzeuge und wenig rationelle Wirthschaftsarten, durch den Mangel an tüchtigen Wirthschafts⸗ beamten, besonders an brauchbaren Aufsehern', Vögten, endlich durch eine weniger allgemeine oder nicht tief genug begründete innere und volkawirth⸗ schaftliche Bildung der Gesammtheit, und durch den Mangel an Anstalten, welche unmittelbar eine allgemeine volls- und landwirthschasftliche Bildung wecken, begründen und verbreiten.

Als ein bedeutendes Hinderniß für die Aufnahme der Landwirthschaft möchte noch ein in manchen Gegenden, wie Kujavien, selbst sehr drückender Mangel an Waldung hinzuzufügen sein. Er verhindert den Alufban von Wohnun⸗ gen und Wirthschaftsgebäuden, die Ansiedelung der so nothwendigen landwirth⸗ schaftlichen Arbeiter, erhöht den Arbeitslohn und verspätet die Aussaat und Ein⸗ bringung der Aerndte, indem diese in der betreffenden Gegend nicht früher vor sich gehen kann, als nach Vollendung der Aerndte in anderen Gegenden. Bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinein muß eine förmliche Aus⸗ rodewuih geherrscht haben, indem die größeren Gutsbesitzer glauben mochten, im Einzelgerkauf des Bodens seinen höchsten Ertrag zu finden. Diefe Er= scheinung soll auch in der neueren Zeit eingetreten sein. Nicht allein haben manche Gutsbesitzer ihre Waldungen vielfach vernachlässigt oder eine äußerst ungeregelte Wirthschafts⸗ und Benutzungsart verfolgt, sondern auch, statt nach der Sicherung einer nachhaltigen Forstrente, nach der höheren Ackerbau⸗ rente gestrebt, oder ihren Wald niedergeschlagen, um desto rascher Geldmittel für Erreichung politischer Zwecke, namentlich für den Zurückkauf der in deut- schen Händen befindlichen Güter zu erlangen. Da! die Erhaltung eines Waldbestandes im Staatsgebiete nicht blos auf die Befriedigung des wirth⸗ schaftlichen Bedürfnisses an Holz gerichtet ist, sondern auch auf den Land— bau und das Klimg einwirlt: so ist es zwar die Aufgabe, den Waldbestand, mit Sparung des für gewinnreichere Erträge geeignelen Bodens, in gehö- riger Menge und Beschaffenheit an der gehörigen Stelle zu erhalten, aber auch die Behandlung des Waldbestandes nicht unbedingt dem Interesse der Einzelwirthschaften zu vertrauen. Es bedarf, wenn auch nicht der Selbst- bewirthschaftung des Staates, doch seiner leitenden Einwirkung auf das Sostem der Bewirthschaftung sowohl der Einzelnen, als auch den Gemein= den. Dieses Bedürfniß ist in dem Referenten bei seinem mehrjährigen Aufenthalt in der Provinz Posen in Bezug auf sie nicht selten rege ge⸗= worden.

Von der ganzen Fläche der Provinz sollen benutzt werden zu:

Ackerbau 4,700, 060 Morgen. Wiesen 1, 650, 009 5 Weiden 2,350, 000 Gärten 50,000 . Wald 2, 100, 9000 y

Hunderttausend Morgen fallen auf die Gewässer und 450,000 Morgen auf das Unland. ;

Unter allen Provinzen der Monarchie hat Posen neben Pommern ver— hältnißmäßig nicht nur die meisten, sondern auch, ihrem Flaͤchen Inhalte nach, die größesten Rittergüter. ü .

Die eigentlichen Landbauern zerfallen in verschiedene, der Provinz ei= genthümliche Klassen, deren Aufzählung nur dankbar anzuerkennen ist; je⸗ doch mag es bedauert werden, daß die vielgestaltigen Verhältnisse der soge⸗ nannten Komorniks, neben den Knechten der eigentlichen Träger des land- wirthschastlichen Betriebes, nicht, wenn auch nicht ausführlich, doch in be— stimmten Zügen gezeichnet worden sind. Nur erfreuen konnte den Referen⸗ ten, welcher lein Pole ist, das unparteiische Urtheil des Herrn Verfassers über das geistige Wesen des polnischen Bauers. In Wahrheit ist derselbe, wo ihm zur . Anreiz geboten wird und die Ueberzeugung hinzu- kommt, daß seine Mühe sich belohnen werde, feinesweges indolent oder ar= beitsscheu. Er ist ein frischer, regsamer Sohn der Natur und besitzt eben so, wie der polnische Magnat, wenn auch nicht viele positive Kenninisse, doch fast durchweg einen gesunden, oft überraschenden und praktischen Ver= stand. Möge ihm nur hinreichende und wahrhaft nützliche Nahrung gebo⸗ ten werden! „Nachahmüngstrieb, Anstelligkeit, Gewandtheil und Aufmerk= samleit zeichnen ihn aus.“ (Seite 46.) Deshalb um so wünschenswerther die Anlegung von bäuerlichen Musterwirthfchaften und die Be—= gaündung höherer und nie derer volks- und landwirthschaft« lichen Lehr-Anstalten, deren unmittelbare Verbindung sich in Hoh en . m, trotz der anfangs gegen sie vielfach ausgesprochenen Besorgnisse, im

aufe der Zeit äußerst wohlthätig erwiesen hat.

Das früher patriarchalische Verhältniß zwischen dem gegenwärtig sepa= rirten Bauer und seinem früheren Grundherrn ist, wenn auch materiell, geistig aber noch nicht gänzlich aufgelöst worden. Der Bauer folgt gern dem Pfade des ihm vorangehenden und benachbarten größeren Guts besitzers, welcher bessere Wirthschaftsmelhoden einführt.

Diese personlichen Eigenschaften, wie die Anregung, welche ihm durch

Veränderung seiner frührren Verhältnisse zu erhöhter Thätigleim g worden ist, wecken die nicht ungewisse Hoffnu daß in der Provinz - ein äußerst kräftiger Bauernstand erblühen wird, sobald den vornehmsten Bedürfnissen der dortigen Landwirthschast zeitig und genügend begegnet wird. Zwar hat sich nicht jeder einzelne Bauer nach 8 gutsherrlichen Verhältnisse auf seiner Wirthschaft zu behaupten gewu , weil der Plflichtige seine Ablösung nicht immer vermittelst eigener Ersparnisse be= wirkte, über fein Kapital für eine nachhaltige Bewirthschaftung seines freie ren Eigenthums gebot und für einen selbstständigen Betrieb zu wenig wirth—⸗ schaftliche und siütliche Vorbildung besaß; allein solche . sind im Ganzen doch isolirt. Wie auch der größere Gutsbesitzer über die Ab- lösungen denken möge, dennoch Referent ist cinmal keiner politischen Sette zugethan Dank der Regierung, welche der Previnz eine solche Wohlthat erwies. Denn der Landbau ist die Wurzel der Monarchie, „das beste Volt ist das, welches den Ackerbau treibt“ (Aristot. Polit. VI, 4), der Einzelne hat wohl an einem Handwerke, der Staat selber in dem Acker⸗= bau einen goldenen Boden. Das Eigenthum am vaterländischen Boden littet den Menschen an denselben, und im Bauernstande schlägt der Staat seine tiessten Wurzeln.

Möchte nur nicht die vom Herrn Verfasser ausgesprochene Rüge zu sehr begründet sein, daß die größeren Besitzungen der Provinz in zu kurzen Perioden verpachtet werden. „Es giebt große Magnaten, denen man einen hohen Grad Intelligenz und allgemeine Bildung nicht absprechen kann, welche aber dennoch ihre zahlreichen Güter nicht anders, als auf drei Jahre verpachten.“ S. 47. Dem Vernehmen nach sollen sogar hier und da noch kürzere Pachtperioden gewählt worden sein.

Nicht minder begründet ist die Ansicht, daß der zahlreichen, „eben so armseligen, als sich überhebenden Volksklasse der Ackerbürger eine Wohl- that erwiesen sein würde, wenn sie dem Bauernstande einverleibt und da⸗- durch zugleich von den Ansprüchen und Lasten des städtischen Lebens be— freit werden könnte.“ S. 52.

Eben so wahr mag es sein, daß die Wirthschasts-Zustände auf den größeren Gütern gewiß mancher wesentlichen Verbesserungen bedürstig und sähig sind. Auch mancher Grundeigenthümer des bäuerlichen Standes mag nicht im Stande sein, sich aus den Fesseln althergebrachter Gewohn⸗ heit emporzuheben, die ihn au ein nicht immer auf Erzielung des höchst möglichsten Ertrages aus dem Betriebe des landwirthschaftlichen Gewerbes gestelltes Kultur ⸗-System binden. Darum mögen sich die Landwirthe der . beeilen, auf der schon beiretenen Bahn des auch vom Herrn Ver- asser anerkannten Fortschrittes auch fernerhin fortzuschreiten, um den in ih⸗ rem Boden und der Regsamkeit ihrer Bevölkerung niedergelegten Reichthum zu erringen: mögen sich, was freilich nur unter Fernhaltung aller politischen Elemente aus ihnen möglich wäre, die dortigen landwirthschastlichen Ver-= eine unter größeren und kleineren Besitzern vervielfachen, um ihre Intelli-= genz in verschiedenartigen Wirthschaftskreisen zu verbreiten.

III. Provinz Brandenburg. Von der gegen 15,800,000 Morgen betragenden Gefammtfläche der Provinz Brandenburg vertheilen sich auf die Bewässer 300,000 Morgen, Wälder 3,500,000 Aecker 6, 700, 000 Gärten 65, 000 Wiesen 1,435,000 Weiden 3,250, 000 Unland 550,000

Wenngleich dieser Landestheil durchweg eine oft sandige Ebene ist, so weist er doch schon mehr, als Pommern, Posen und Preußen, Höhen und bergmännische Productionen auf, besitzt namentlich viele Scen, Flüsse, Bäche, welche auf das Klima nicht minder, als auf die Landwirthschaft und den Verkehr einen namhaften Einfluß äußern. Neben diesen natürlichen Straßen stellen sich auch in den Eisenbahnen künstliche Communications- mittel auf, die in der Haupt- und Residenzstadt ihren Knotenpunkt finden. Sie befördern in leichter und schneller Weise die Erzeugnisse der Landwirth⸗ schaft theils auf den Markt der großen Verzehrung in Berlin, theils nach Hamburg, Magdeburg u. s. w.

Diese vielen natürlichen und künstlichen Straßen sind sür die r um so wichtiger, als auch in ihr, bei einer vielseitigen industriellen hätig⸗ leit, die Landwirthschaft das Hauptgewerbe bildet. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, daß auf jene Wirthschaft die Verhältnisse der Gewerls- und Handels-Industrie vielfach und wesentlich einwirken.

Nach Schätzungen, welche mindestens bis dahin durch keine sichereren ersetzt worden sind, soll diese Provinz unter allen Landestheilen der Mo- narchie mit Wiesen und Hütungslaͤndern am reichlichsten bedacht sein. Und sollte in der That zwischen den natürlichen Grasländern und dem eigentlichen Ackerlande ein starkes Mißverhältniß bestehen, so hat sich dem nachtheiligen Einflusse desselben der brandenburger Wirth im Allge⸗— meinen mittelst Ueberganges von der alten Dreifelder⸗Wirthschaft zu ratlo- nelleren Anbau- Sostemen glücklich zu entziehen gewußt.

Auf die Einführung dieser Spsteme hat vor Allen Albrecht Tha er hingewirkt. Dem besseren Ackerbau⸗Systeme folgten die Anwendung des Mergels zur Düngung und Melioration des Bodens, die Veredlung der Schafzucht, die Ausdehnung des Kartoffelbaues, die Anlegung von Bren—⸗ nereien u. s. w. Namentlich wird „jetzt der Kartoffelbau' in so aus- gedehntem Umfange betrieben, daß man denselben mit Recht als das eigen- thümlich Charakteristische der märkischen Landwirthschaft bezeichnen kann.“ S. 6b. Der Tabacksbau, durch französische Refügie's entstanden, beherrscht in manchen Strecken die Gegend und giebt den Landwirthen einen gu⸗ ten Ertrag.

Die Folge, in welcher, in dem größeren, namentlich nördlichen Theile der Provinz und speziell auf den Riltergütern und Domainen, die Feld- früchte gebaut werden, Lunterliegt keinem allgemein durchgreifenden Prin- zipe, wird vielmehr mit Rückicht auf Bodenbeschaffenheit, Düngervorrath u. s. w. den sehr von einander abweichenden Verhältnissen der verschiede⸗ nen Güter angepaßt. Sogar für die verschiedenen Theile der Feldmark werden hier und da verschiedene Fruchtfolgen beobachtet. Die verschiede⸗ nen Richtungen der einzelnen Wirthschaften werden wesentlich durch die größere Nähe und Ferne der Residenz bedingt: die nahe gelegenen Güter neigen sich entschieden zur Milcherzeugung und Viehmästerei hin.“ S. b8 69. In der Viehzucht hat die Schafzucht unendliche Fortschritte gemacht, seitdem das Verbot der Wollausfuhr 1869 aufgeh o- ben und durch den Mergel künstliche Weideschläge geschaffen waren. Die Zahl der Schafe hat sich seit dem Jahre ist, beinahe verdoppelt und ihre Qualität so sehr verbessert, daß die märkische Wolle die Konkurrenz der Nachbarländer nicht länger zu scheuen hat. Aber auf den eigentlichen Bauernwirthschaften fh die Landwirthschaft im Allgemeinen noch auf einer niedrigen Stufe, da ihnen nicht nur die Vortheile entgehen, welche die Combination der verschiedenen ländlichen Industriezweige ge⸗= währt, sondern auch die Bauern, mehr am Alten klebend, nicht leicht zu neuen Wirthschafts⸗-Methoden übergehen mögen. Herr Landes⸗Oekonomie- Rath Koppe bezeichnet als Hauptgebrechen des bäuerlichen Ackerbau -⸗Be⸗— triebes „Ueberschätzung der natürlichen Weiden und Wiesen; das darauf begründete Feldwirthschafts⸗System, nach welchem der Getraidebau fast das einzige Ziel der Thätigkeit ist.“ S. 73.

1V. 2 ro vinz. Gleich Westfalen, ist die Rhein- Provinz größtentheils ein Berg⸗ und Hügelland, mit Landseen nür dürftig ausgestattet, obwohl reich an fließenden, schiffbaren Gewässern und Kunssstraßen, Dampfschifffahrten und Eisenbahnen, welche durch Vermittelung des Handels Getraide, y . Hopfen, Karden, Wolle, Häute, Schlachtvieh u. s. w. der Provinz zuführen. Nach den Ergebnissen des Katasters wurden von dem kultivirten Areal 1840 benutzt, als: Ackerland 4, 37,946 Magd. Morgen Gartenland und Gemüsefelder... 196, 660 * . Wiesen, Weiden und Hütung.. . 1,026, 997 x Heiden⸗, Wild⸗ und Schiffelland 1.480, 295 . Waldung Weinberge Sonstige Kulturarten Wege, Flüsse, Bäche ..

Im Ganzen kommen auf 100 Stabtbewo ren Betrieb durch den im Vergleiche gegen an

orgen.