1848 / 21 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Königreich Sachsen. (2pzg. Ztg.) Die auf dem letz⸗ ten odentlichen Landtage zur Vorberathung des Entwurfs eines Ge— setzes über die Benutzung der fließenden Gewässer erwählten Zwi⸗ schendeputationen sind heute zusammengetreten und werden, da der Gesetz⸗ Entwurf schon der vorigen ordentlichen Stände⸗Versammlung vorgelegt worden ist, auch die Referenten ihre Vorbereitung bereits dollendet haben, alsbald mit den Berathungen beginnen können. Zu Königlichen Kommissarien für die Berathung sind der Wirkliche Ge= heime Rath und Ober⸗Appellationsgerichts-Präsident Dr. von Lan— . und der Geheime Regierungs- Rath Dr. Weinlig ernannt

orden.

Königreich Hannover. Hannoversche Blätter geben fol⸗ gende Uebersicht über die Wahlen, wobei für die noch rückständigen vier Wahlen die Abgeordneten der vorigen Diät und drei vom nig noch zu ernennende Königliche Beamte eingeschlossen sind. Von den 88 Mitgliedern der nächsten Kammer werden die Grundbesitzer der Zahl nach die stärferen sein: 30 der Gewählten gehören vor— zugsweise diesem Stande an. Der eigentliche Bürgerstand (die städ= tischen Beamten mitgezählt) wird 22 Vertreter Faben, nämlich 9 Bürgermeister, 2 Syndici, 2 Stadt- Secretaire und 9Riaufleute und Fabrikanten, die zugleich großentheils bürgerliche Ehrenämter in ihren Gemeinden bekleiden. Dann folgen die Königlichen Beamten 13 an der Zahl (die vorige zweite Kammer hatte deren 2). Außerdem zöühlen wir 7 Advokaten; 1 protestantische und einen katholischen Geistlichen; die 3 Schatzräthe; 3 Justizbeamte, wovon einer qußer Dienst; 1 Mediziner (eine zweiter, Dr. Vagedes, ist zugleich Bür⸗ germeister und als solcher unter den städtischen Beamten aufgezählt), 1 Lehrer, 1 Postbeamten außer Dienst, 1 standesherrlichen Beamten und 1 Landrath (Besecke, der, obwohl zu den Vertretern des Grundbesitzes gehörend, doch nicht eigentlich diesen zugezählt werden kann).

Das Lyceum der Stadt Hannover wird am 2. Februar d. J. die seltene Feier des 500jährigen Jubiläums begehen.

Großherzogthum Hessen und bei Nhein. Am 16.

Januar fand in Darmstadt die Verlobung Sr. Erlaucht des Grafen von Schlitz, genannt von Görtz, mit der Prinzessin Anna von Sayn— Vittgenstein- Berleburg Durchlaucht, Tochter des Großherzoglichen General- Lientenants und General-Adjutanten, Prinzen August von Wittgenstein Durchlaucht, statt.

Freie Stadt Hamburg. (H. C.) Die Arbeits -Nach⸗ weisungs⸗Anstalt wird am 19. Januar eröffnet werden. Ihr Zweck ist, zwischen der zahlreichen Klasse solcher, die ihre Arbeitskraft nicht zu jeder Zeit verwerthen können, und andererseits derer, die nicht im— mer die Gelegenheit haben, für einzelne, selbst vorübergehende Lei—⸗ stungen die passenden Personen zu sinden, eine Vermittelung zu bil⸗ den. Die Anstalt, durch Privatkräfte hervorgerufen, will zunächst das Bedürfniß und die Zahl der Arbeitsuchenden näher prüfen und hat dafür einen vierwöchentlichen Zeitraum festgesetzt; sie will ferner nur solche Gesuche berücksichtigen, welche geeignet sind, das Vertrauen des Publikums zu erwerben und zu sichern. Jede Dienstleistung der Anstalt ist für beide Theile unentgeltlich, und hat sie sich hierin, wie in anderen Punkten ähnliche, schon vorhandene Institute, namentlich die in Dresden und Leipzig errichteten, zum Muster genommen.

Oesterreichische Monarchie. Mailand, 11. Jan. (A. Z.) Neuere Demonstrationen n

die öffentliche Ordnung und Sicherheit haben nicht stattgefunden. Die

öffentlichen Erlasse, besonders der zweite des Vice-Königs vom 9. Ja— nuar, brachten die beste Wirkung hervor. Tages darauf wurde an den Straßenecken ein Anschlag gefunden: „Es lebe der Vice-König und der mailändische Adel, die für Italien und die Armen sorgen.“

Die Mailänder wollen von jetzt an sich nur noch in einheimische Seide kleiden und alle außer Italien erzeugten Schaf- und Baum— wollenstoffe aufgeben.

Man hat den öffentlichen Corso nun in ben Corso porta ro- mann zu verlegen angefangen und diesen Corso Pio Nond getauft.

rare n gh.

Pairs-Kammer. Sitzung vom 15. Januar. Auf die Bemerkung des Grafen Pontois, daß er, als französischer Ge— sandter in der Schweiz, dem Ministerium in Paris Alles, was in der letzten Zeit geschehen sei, vorhergesagt und demselben stets zur Mäßigung und Nichteinmischung gerathen habe, verlas Herr Guizot einige Bruchstücke aus mehreren Depeschen des Grafen Pontois, um zu beweisen, daß dieser in der Schweizerfrage oft seine Ansichten ge— wechselt habe. Der, Minister schloß mit den Worten, daß er jetzt abermals einsehe, wie Recht er gehabt habe, den Grafen Pontois von seinem Posten abzuberufen. Graf Pontois protestirte gegen Entstellung seiner Depeschen durch Vorlefüͤng von Bruchstückln, Die aus ihrem Zusammenhange gerissen seien. Dieser Zwischenfall zwi⸗ schen dem Minister und? dein ehemaligen Gesandken versetzte) die Kammer in einige Aufregung. Dann bestieg Graf Mathleu de la Redorte die Tribüne und hielt eine lange Rede über die Tag⸗ satzung und die Kantonal-Souverainetät. Er behauptete, daß die Tag⸗ satzung vollkommöen in ihrem Rechte gewesen sei, und daß kein Punkt in den wiener Verträgen Europa das Recht gebe, sich in die inneren Angelegenheiten der Schweiz zu mischen. Aus einer Menge von Ak— tenstücken wollte er darthun, daß alle Vorwürfe und Klagen gegen die Tagsatzung unbegründet seien, und daß man keinen Anlaß zur Ein⸗ mischung habe. Graf Porta lis veriheidigte vom Holitischen und staatsrechtlichen Standpunkte in ähnlicher Weise, wie der Herzog von Broglie in einer der vorhergehenden Sitzungen, das Recht ir, fran⸗ zösischen Regierung, sich, wie sie es gethan, in die Angelegenheiten der Schweiz zu mischen. Nachdem hierauf Graf Peler de la Lozere sich veranlaßt gefunden hatte, die Medialions-Akte Napo⸗ leon's dem Verhalten der jetzigen franzöfischen Regierung in den An- gelegenheiten der Schweiz gegenüberzustellen, um die Behauptung durchzuführen, daß jene Akte mit dem damaligen Negierungs⸗ Prinzip Frankreichs in Einklang gewesen, während das gegenwärtige Verfah⸗ ren, der Schweiz gegenüber, ganz und gar dem een der jetzigen Regierung entgegen sei, ergriff Herr Guizot zur Rechtfertigung seiner Politik das Wort. Ehe er, sagte der Minister, auf die Dis- kussion eingehe, müsse er Aufschluß über eine Thatsache geben und die Kommission so wie die Kammer selbst über den Gebrauch des Ausdrucks „die schweizer Kantone“ in ihrem Adreß⸗ Entwurf beruhi⸗ gen; es sei dies der gesetzliche, amtliche Ausdruck, der in den Be— glaubigungs-Schreiben der französischen Gesandten gebraucht werde. Was nun die von ihm (Herrn Guijot) in Bezug auf die Schweiz beobachtete Politik anbelange, so sehe er sich den widersprechend= sten Vorwürfen ausgesetzt: man werfe ihm vor, zu viel oder zu wenig gethan, zu früh oder zu spät, zu rasch oder zu langsam gehandelt zu haben; man erkenne an, daß er gute Absichten gehabt, daß er nach guten Grundsätzen verfahren, behaupte aber, daß er nicht Hinreichendes gethan. Warum? Weil er niemals an einer siren Idee gehaftet, weil er alle Rechte und Interessen habe berücksichtigen wollen, stets das Ganze der Frage vor Augen gehabt. Allerdings seien daraus Unannehmlichkeiten, Opfer und Verlegenhei⸗ ten hervorgegangen, aber nichtsdestoweniger glaube er seine Pflicht

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gethan zu haben. Die Rechtspunkte seien übrigens schon vom Her zog von Broglie (s. Rr. I95 der Allg. Preuß. Ztg.) so 1. lich auseinandergesetzt worden, daß er in ieser dis sigzt k vorliegende Frage für erledigt ansehe; die 61 8 en Auseinandersetzungen jenes Redners eben solchen Beifa . wie den weisen Grundsätzen, welche der Herzog von 14 16 1 hohen und besonnenen Einsicht ausgesprechen, und, wie Len edlen un hochherzigen Gesinnungen, welche Graf von Montalembert mit seiner ausgezeichneten Beredtsamkeit kundgegeben. Er seinerseits habe frei⸗ lich eine Sache zu vertheidigen, die nicht so lebhafte Sympathieen zu erregen geeignet, er habe die Sache der Staate weis heit in dem Verhalten der Regierung zu vertheidigen. Die bestehende Regierung Frankreichs fei stels voli Sympathie für die Völker gewesen, welche die Bahn der Freiheit betreten; Beweis davon sei der Beistand, den sie den Revolutionen geliehen, die der französischen gefolgt. Auch ihr Ver⸗ halten gegen die Schweiz habe immer mit diesem Grundsatz im Ein— klang gestanden, und in ihren Beziehungen zu den Kantonen habe sie ihnen stets ihre Bereitwilligkeit gezeigt, ihnen bei der Vollbrin— gung weiser Reformen behülflich zu sein, so in den Jahren 1832 und 1833, als es sich um Nevision des Bundes-Vertrages gehandelt, und auch in der neuesten Zeit glaube sie dieser Politit nicht untreu geworden zu sein; leider aber hätten sich seit jenen früheren Jahren die Zustände in der Schweiz sehr geändert; damals habe man sich gegenüber eine gemäßigte, eine freisinnige und gouvernementale Partei gehabt, welche die Revolutionen nicht habe erneuern und verlängern wollen, sondern sie beendigen und das Land regelmäßig regieren. Später sei ein eifriger religiöser Geist in der Schweiz erwacht, den er nicht tadeln wolle, denn religiöser Sinn, wenn er auch Extravaganzen in seinem Geleit habe, verursache doch, besonders in Zeiten wie die unsrige, immer mehr Gutes, als er Ge— fahren mit sich bringe. Dieser Religionseifer habe sich bei Protestan⸗ ten und Katholiken gezeigt, bei Ersteren in religissen Streitigkeiten, bei Letzteren in Thätigkeit der geistlichen Corporationen. Hierzu seien die Fortschritte des Nadikalismus gekommen, einer vermöge ihrer Na- tur nothwendig anarchischen, tyrannischen, streitsüchtigen ünd in unse— ren Tagen auch irreligiösen Partei. So habe sich denn bald der Krieg zwischen den religiösen Sekten und der radikalen Partei erklärt, und diesem Zustande der Dinge gegenüber habe die französische Regierung ihre Politik modifiziren müssen. Sie habe sich radikalen Regierun⸗ gen gegenüber gefunden, die ihre Feindseligkeit gegen das Königthum Frankreichs, gegen die Politik der Juli⸗ Regierung nicht verhehlt habe, und dies hätte man französischer Seits ganz gleichgültig mit ansehen sollen! Nein, es habe hieraus nothwendiger Weise eine Veränderung in der Politik Frankreichs gegen die Schweiz hervor— gehen müssen. Man habe aber nicht etwa der Schweiz gedroht, son⸗ dern, während man ihr gegenüber eine beobachtende Haltung ange⸗ nommen, doch stets den großen Grundsatz der Unabhängigkeit der Völker proklamirt und mit freundschaftlichen, wohlwollenden Rathschlä— gen begonnen, in deren Gränzen man sich von 1844 bis 1847 gehalten, so lange noch Aussicht dagewesen, daß die Schweizer ihre Angelegen⸗ heiten selbst friedlich zur Ordnung bringen würden. Unter der Hand nur habe man die europäische Mitwirkung vorgeschlagen, sei aber nicht öffentlich mit einem solchen Vorschlag aufgetreten, weil man ohne Noth keine Einmischung für gerechtfertigt gehalten. Als aber der Ausbruch offener Feindseligkeiten in der Schweiz stattgefunden, da habe man keinen Tag länger verlieren dürfen und sofort zu gemein⸗ samem Handeln der Mächte aufgefordert, habe es sich aber stets an— gelegen sein lassen, jede Zwangsmaßregel zu verhüten und nur moralischen Einfluß in Bewegung zu setzen. Deshalb habe man, im Interesse der Schweiz wie Frankreichs, darauf gesehen, den Beitritt aller Mächte zu erlangen, und er wolle zwar Niemanden einen Vorwurf machen, aber er müsse doch sagen, daß man, nach den Opfern, die man gebracht, um Englands Mitwir- kung zu erhalten, zu einigem Erstaunen über den von Lord Palmerston gefaßten Beschluß berechtigt sei. (Bewegung.) Herr Guizot ent⸗ warf dann nochmals ein Bild von den gegenwärtigen Zuständen in der Schweiz, übereinstimmend mit der Schilderung, welche Graf Montalembert davon gegeben, und fragte, ob man unter solchen Verhältnissen von Freiheit sprechen könne. Diese Lage der Dinge mache es nothwendig, schloß der Minister, daß die europäischen Mächte, welche die Neutralität und Unverletzlichkeit der Schweiz ga— rantirt, sich auch ferner unter einander verständigten und eine feste und entschiedene Sprache an dieselbe zu richten fortführen. Eine Er— oberung habe die Schweiz nicht zu fürchten, denn ihre Neutralität und Unabhängigkeit seien nothwendig für Europa. Uebrigens vertraue er, daß sie von selbst, durch das Bemühen aller Redlichen und Gutgesinn⸗ ten, zu der guten Ordnung und Achtung vor der Freiheit zurückkehren werde, die für ihre Wohlfahrt so nöthig seien. Die Kammer nahm hierauf den siebenten Paragraphen der Adresse in der von der Kommission vorgeschlagenen Fassung an und schaltete nach demselben, auf Antrag des Grafen von Tascher, folgendes Amendement zu Gunsten Po- lens ein: „Sire, die Sympathie edelmüthiger Nationen bleibt einem Rechte treu, welches nicht untergehen kann. Ew. Majestät werden, im Einklang mit Frankreichs Gefühlen, eine Nation nicht vergessen, zu deren Gunsten Sie bereits Ihren Protest eingelegt haben.“

Paris, 16. Jan. Der König hat, wie heute der Constitu— tionnel berichtet, gestern früh Niemanden empfangen und am Tage vorher in seinen eigenen Zimmern gespeist. Die Patrie spricht wieder von bedenklichen Gerüchten über das Befinden Sr. Majestät, fügt aber wenigstens hinzu, daß sie es mit allem Vorbehalt thue und derselben nur erwähne, weil viele Gemüther dadurch beunruhigt wor— den. (Man vergl. das heutige Schreiben aus Paris.)

Graf Murat, Neffe des ehemaligen Königs von Neapel, früher Deputirte der Opposition, ist, 148 Jahre alt, auf seinem Schlosse La Bastide gestorben. Er hinterläßt einen einzigen Sohn, Achille Murat, dem er den Säbel seines Oheims Joachim Murat vermacht hat.

Der Pair und Ordonnanz⸗Ofsizier des Königs, Herr Bertin de Vaux, der in die mehrerwähnte Petitsche Sache verwickelt sein soll, ist auf lirlaub nach Italien gegangen. . .

Ueber die Ausführung des Befehls, wongch Abd el Kader am 10. Januar, wie schon gemeldet, mit seinem Gefolge aus der Qua— rantaine⸗Anstalt zu Toulon, in welcher er bisher verweilt hatte, vor— läufig in das dortige Fort Lamalgue gebracht wurde, erfährt man von dort folgendes Nähere: Der Emir vernahm die betreffende Ordre mit sichtlicher Niedergeschlagenheit, und erst auf der kurzen Fahrt an den Ort seiner Bestimmung gelang es ihm, seine gewöhnliche ernste Sammmlung wieder anzunehmen. Seine alte Mutter weinte laut, als sie den kalten und düsteren inneren Hof des Forts betrat und die

matt erleuchtete Treppe hinaufstieg, die zu den Gemächern der Ge— fangenen führt. Der Oberst-Lieutenant Cheurenx empfing den Emir am Eingangsthor mit der Versicherung, daß sein Aufenthalt hier ihn nicht heunruhigen dürfe; die Marine hübe die „Gäste Frankreichs“ nur deshalb hierher geliefert, weil Algerien von dem Pepartement des Krieges ressortire; der König hat ihn (Cheureur) hierher gesandt, um über sein und der Seinigen Wohlergehen zu wachen, und die französische Großmuth sei ihm Bürge für die edle Behandlung, welche er zu gewärtigen habe. „Ich bin? ohne Besorgniß“, entgegnete Abd el Kader mit einem Ton und' einer Haltung, die nicht so fest waren,

wie gewöhnlich, und etwas Emphatisches hätten, „ich vertraue Frank-

reich, dieser edeln und großen Nation, die mich an ihren Heerd auf— nimmt. Uebrigens hat die Welt die Augen auf mich gerichtet, und sie wird richten, ob man mich behandelt, wie ich das Recht habe, be= handelt zu werden. Es wird mit mir geschehen, wie es Gott' gefüllt?

Es heißt, die Nordbahn ⸗Actiengesellschaft wolle bei der Regie⸗ rung um eine Verlängerung der Konzessionszeit ansuchen und sich da⸗ gegen bereit erklären, die Bahn von St. Quentin nach Manbena— und die belgische Gränze nach Charleroi hin auf 99 Jahre zu br nehmen. Am 11ten d. M. fand der Juschlag der Eisenb'hn von Chartres zu Versailles statt. Die Regierung hat den Betrieb gere selben auf 5 Jahre der Gesellschaft des rechten Ufers der Versalller Eisenbahn bewilligt und der Actiengesellschast für die linke Bahn 1 Monate Zeit gegeben, sich jener anzuschließen.

Die Franzosen, welche sich in Mexiko befinden, haben bei den Kammern eine Petition eingereicht, worin sie sich über das Ministe rium beklagen. Frankreich habe in Mexiko, wo jetzt 10,009 Frauzo= sen wären, keinen einzigen Agenten und sie entbehrten, sagen sie, den ernsten Verhältnissen, worin sich das Land befände, alles Schutzes.

Der erste Band der Memoiren des Herrn Teste wird, wie heißt, dieser Tage erscheinen.

. Paris, 16. Jan. Gestern, im Laufe der Diskussion der Pairs - Kammer, nachdem Graf Portalis seine Rede zu Gunsten der Politik des Kabinets der Schweiz gegenüber und den Nachweis des Rechtes der Mächte zur Intervention in diesem Laude geendet hatte, hatte man den Herzog von Nemours und gleich darauf auch den Conseils Präsidenten, Herrn Guizot, plötzlich den Saal verlassen sehen. Gleich darauf hatte auch der den Vorsitz führende Kanzler seinen Prästden tenstuhl verlassen, und zwar in solcher Eile, daß er darüber vergaß, die Sitzung als für einen Augenblick unterbrochen zu erklären, und schon auf dem Wege war, ebenfalls den Saal zu verlassen, als er sich seines Versehens erinnerte und den Grafen Portalis, einen der Vice Präsidenten der Kammer, ersuchte, einige Augenblicke seine Stelle zu vertreten, was dieser denn auch that. Endlich nach ungefähr zehn Minuten kam Herr Guizot wieder zurück und wurde sogleich von einer Anzahl von Pairs umgeben, die ihn zu sra— gen schienen, was die Ursache zu seiner und des Kanzlers plötzlicher Entfernung gewesen sei. Endlich kam auch der Kanzler zurück, und die Sitzung nahm ihren ungestörten Fortgang. Inzwischen verbreitete sich das Gerücht, es seien dem Herzog von Nemours Mittheilungen aus den Tuilericen zugekommen, nach denen der König ernstlich krankt wäre. Niemand vermochte aber etwas Bestimmtes anzugeben. Doch glaubten Viele wirklich, dies sei der Anlaß zu der Entfernung des Königlichen Prinzen aus der Sitzung gewesen. Da meldete Abends noch ein hiesiges Blatt, der König, welcher schon seit einigen Tagen unwohl gewesen, habe plötzlich, wo nicht beunruhigende, doch sehr ernstliche Symptome an sich bemerkt, und, ohne dies als authentisch behaupten zu wollen, hatte dasselbe beigefügt, der König habe gestern im Minister-⸗Rathe den Vorsitz nicht führen können und sich keiner der Königlichen Familie fremden Person gezeigt. Das Blatt setzte bei, es veröffentliche diese Gerüchte wegen der Beängstigung, welche sie in vielen Gemüthern verursacht hätten, jedoch unter allen Vorbe halten. Das Wahre an der Sache ist nun, daß der Herzog von Nemours durchaus keine Mittheilung der erwähnten Art erhalten hatte, die seinen zufällig etwas früheren Abgang aus der Sitzung ver— anlaßt hätte, daß ihm Herr Guizot und der Kanzler nur das Geleit geben wollten, dabei aber noch einige Minuten mit ihm sprachen, und was das Befinden des Königs betrifft, so ist derselbe seit einigen Tagen schon allerdings in Folge der in den letzten Tagen eingetre— tenen raschen Witterungswechsel wieder von ziemlich starkem Schnupfen mit Katarrh befallen. Deshalb haben seine Aerzte für rathsam befunden, ihm anzuempfehlen, sich so viel als möglich des Sprechens zu enthalten. In Folge davon empfing er einige Tage Niemand außer den Mitgliedern seiner Familie. Aber er arbeitete, wie ge— wöhnlich, und führte heute um 11 Uhr auch wieder den Vorsitz in der Versammlung der Minister in seinem Kabinette. Man darf also vollkommen beruhigt sein über den Gesundheitszustand des Mo— narchen.

Morgen wird der Adreß-Entwurf der Kommission der Deputirten— Kammer in der Kammer selbst verlesen werden, während die Dis— kussion erst beginnen kann, wenn die Pairs-Kammer mit der ihrigen zu Ende ist. Wahrscheinlich wird dies erst übermorgen der Fall sein. Der Entwurf der Deputirten- Kammer schließt sich dem Gedanken— gange nach gauz dem der Pairs-Kammer an.

Großbritanien und Arland. London, 15. Jan. Der heute veröffentlichte Status der

Bank von England zeigt wiederum eine Vermehrung des Bullion um

174,111 Pfd. St. gegen vorige Woche. Die Circulation ist gestie⸗

gen um 677,395 Pfd., die Privat-Deposits um 2,33.

die Reserve hat abgenommen um 462,284 Pfd. und die

ten um 714,332 Pfd.

Die Regierung hat die offizielle Meldung erhalten, daß das Sanitäts⸗-Amt von Neapel das ganze vereinigte Königreich England, Schottland und Irlaud unter Quaraͤntaine gestellt hat, weil im verflossenen November zwei Fälle der asiatischen Cholera in London vorgekommen seien. Demzufolge sollen keine Schiffe im Hafen von Neapel zugelassen werden, welche seit dem 3. Dezember den Hafen von London verlassen haben, und die Schiffe aus den übrigen Häfen des Königreichs sollen 14 bis 21 Tage in Quarantaine liegen. „Man hofft“, schreibt d Times, „daß Lord Palmerston keine Zeit verlieren wird, gegen eine so unmotivirte und nachtheilige Maßregel die geeigneten Schritte zu thun. Es sind allerdings zwei Fälle vorgekommen, wobei sich Symptome der astatischen Cholera zeigten, diese Fälle blieben jedoch durchaus isolirt, und von Ansteckung oder gar von Epidemie war keine Spur. Dies ist jedoch nicht das erstemal, daß wir uns über das neapolitanische Sanitäts- Amt zu beklagen haben. Vor einigen Jahren wurden wer weiß wie viele britische Häfen unter denselben Bann gelegt, weil eine Zeitung berichtet hatte, daß der Typhus in Glasgow herrsche. Die Ursache dieser seltsamen Maßregeln soll in der persönlichen Habsucht einiger Beamten liegen; Andere bringen sie mit politischer Besorgniß in Verbindung.“ ; 4

Bei der Admiralität sind Briefe aus Malta eingetroffen, nach denen man jede Hoffnung aufgeben mußte, daß von der Dampffre— gatte „Avenger“ (welches das schönste Dampfschiff der euglischen Flotte gewesen sein soll) irgend Jemand weiter gerettet sei, als Lieu⸗ senant Rook und seine drei Gefährten, welche im Kutter die Küste der Barbarei erreichten. Das ausgesandte Königliche Dampfschiff „Hekate“ ist nach Malta zurückgekehrt und hat die Nachricht über— bracht, daß auf allen dem Orte des Schiffbruchs benachbarten Klip⸗ pen und Inseln . eine Spur von dem verunglückten Schiffe u entdecken gewesen sei. .

. Die ö Ear ln Headlam . Comp. in Neweastle upon Tyne haben ihre Zahlungen eingestellt. Das Haus trieb Maklergeschäfte, galt für sehr achtbar, und obgleich die Passiva bedeutend sind (circa 200, 000 Pfd.), so soll doch alle Aussicht zur völligen Befriedigung der Gläubiger vorhanden sein. In seinem Eirculair schreibt das Haus seine Stockung dem Umstande zu, daß die Deckung für Tratten

die

des Hauses Wm. Haworth, Hardmann u. Comp. in Kalkutta, welche es im vorigen Jahre acceptirt habe, ausgeblieben sei. Mit der Firma Cargill, Meunsey u. Comp. in Neweastle steht das Haus nicht in Verbindung.

Ueber die Massen der insolventen hiesigen Häuser Lesley, Alexan⸗ der u. Comp. und Coates, Hilliard u. Comp. ist jetzt der formelle Konkurs erkannt worden, und man glaubt, daß noch mehrere Massen lauch Reid Irving u. Comp.) dasseibe Schicksal treffen werde. In Betreff der Masse von Lesley, Alexander ü. Comp. soll es, nach dem Globe, jetzt zweifelhaft sein, ob dieselbe eine Dividende von mehr als 127 pCt. liefern wird.

X London, 14. Jan. Es heißt allgemein, die Regierung habe in Betracht des heruntergekommenen Zustandes der westindischen Kolonieen und der Zuckerpflanzungen den Beschluß gefaßt, in eine Modification der Zuckerbill von 18146 einzuwilligen, den Schutz, wel⸗ cher durch diese Maßregel auf 5 Jahre beschränkt wurde, bis in die Ewigkeit zu verlängern und selbst einen Differenzialzoll von einigen Shillingen für fremden Sflavenzucker aufzulegen. An sich ist diese Maßregel von keiner großen Bedeutung, und sie wird auch von der traurigen Lage der Westindier, die in der That als Opfer der Phi⸗ lanthropie und des freien Handels dastehen, während doch beide ihre wahren Zwecke auf Kosten der unglücklichen Pflauzer verfehlten, laut gefordert. Aber die politischen Folgen des Vorschlags können wichtig werden; mit Triumphgeschrei werden die Protectionisten denselben als ein offenes Zugeständniß der Regierung begrüßen, daß das ab⸗ solute Prinzip des freien Handels nicht allgemein anwendbar sei, als ein Anzeichen, daß selbst die ausgebeutete Theorie des Schutzes nicht über das Reich der Erfahrung hinausgehe. Auf der anderen Seite werden natürlich die Freetraders sagen: „Eher mögen die Kolonieen als die Prinzipien untergehen“, und Herr Cobden wird veranlaßt werden, seinen Einfluß gegen die Regierung aufzubieten.

Die Protectionisten haben an Lord George Bentinck ein Schrei—⸗ ben gerichtet, worin erklärt wird, daß sie wegen ihrer beiderseitigen Meinungsverschiedenheit über die Juden- und Katholiken Fragen es ablehnen müssen, länger unter seiner Führung zu bleiben. Lord George's glänzende politische Laufbahn muß demnach als beendet an— gesehen werden, denn er erhielt seine Bedeutung allein von der Klasse von Männern, die ihn unterstützte. Man vermuthet, Herr Goulburn und Herr Herries werden die Leiterschaft der Protectionisten über- nehmen.

Der Hampden-Streit ist noch nicht zu Ende. Bekanntlich wei— gerte sich der General-Vikar des Erzbischofs von Canterbury, auf die Einsprüche einzugehen, welche gegen Dr. Hampden öffentlich er— hoben wurden, und konsirmirte ohne Weiteres den gewählten Bischof, dem Patente der Krone gehorsam. Heute ist nun bei dem Gerichts⸗ hofe der Queens-Bench, welcher die allgemeine Kontrolle über alle öffentliche Beamte des Königreichs nach dem Writ „Mandamus'“ hat, ein Gesuch eingebracht worden, den General-Vikar zu zwingen, seine Zurückweisung der Einspruchthuenden zu rechtfertigen oder die Confirmation des Bischofs zu annulliren. Dieses Gesuch ist von dem Gerichtshofe angenommen worden, und folglich wird die legale Frage der Befugniß, solche Einsprüche gegen einen Bischof zu erheben, nach kanonischem Rechte vollständig erörtert und richterlich entschieden wer= den. Der Streit wird sonach mit aller seiner Leidenschaftlichkeit noch einige Wochen länger dauern.

Die neapolitanische Regierung, welche auch sonst nicht eben sehr gute Sanitäts-Bestimmungen erläßt, hat das ganze vereinigte König⸗ reich von Großbritanien und Irland unter Quarantaine gestellt, und zwar auf das Gerücht hin, daß in London vor sechs Wochen ein Cholera-Krankheitsfall vorgekommen sei. Zwei solcher Fälle sind allerdings vorgekommen, aber sie waren weder tödtlich, noch an— steckend. Die britische Regierung wird wahrscheinlich sofort Maßre⸗ geln treffen, um die Ausführung dieser außerordentlichen Bestimmung zu hindern, und das Erscheinen der britischen Flotte in der Bai von Neapel dürfte in diesem Augenblick der neapolitanischen Regierung nicht sehr erwünscht sein.

HN

Brüssel, 17. Jan. Morgen wird die Repräsentanten⸗Kammer ihre Arbeiten wieger aufnehmen; an der Tagesordnung sind folgende Gegenstände: Erneuerung der Sectionen; die Maßregel in Betreff des Zuckers; die Budgets der Justiz und der öffentlichen Arbeiten. Der König führte gestern den Vorsitz in einem Minister-Rath, in welchem über einige den Kammern noch vorzuschlagende Maßregeln, namentlich verschiedene auszuführende öffentliche Arbeiten, berathen worden sein soll. Die Independance widerlegt abermals die Gerüchte von einem bevorstehenden Ministerwechsel, welche die Oppo— sitions-Zeitungen zu verbreiten sich bestreben. Eine derselben, der Nouvelliste de Bruges, hat sogar behauptet, Herr Rogier gehe mit dem Gedanken um, Herrn Veydt durch Herrn Malou, Mitglied der vorigen Verwaltung, zu ersetzen. Dies Ministerium hat übrigens in den Wahlen von Leeuw St. Pierre, trotz der eifrigen Bemühun⸗ gen der Opposition, abermals einen Sieg errungen, und die ministe— riellen Kandidaten sind mit einer beträchtlichen Stimmen-Mehrheit gewählt worden.

In der Stadt Gent und Umgegend übertraf die Zahl der Sterbefälle im vorigen Jahre die der Geburten um ein Bedeutendes.

Aus einer Bekanntmachung der Direktoren der Namür-Lütticher Bahn geht hervor, daß der Minister der öffentiichen Arbeiten ver— sprochen hat, die anglo-belgische Gesellschaft würde eine Verlängerung der Bau-Fristen erhalten uud man wolle den Kammern einen des fall⸗

*

sigen allgemeinen Vorschlag machen.

Schweden und Norwegen.

Stockholm, 11. Dez. (B. H.) Das Befinden des Frei= herrn von Berzelius hat sich in den letzten Tagen wieder sehr ver— schlechtert. Die Wirkungen der angewandten Moxen besserten eine kurze Zeit den Zustand des Kranken, der vor dem Brennen Chloro— form genommen hatte.

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Tagsatzung. Sitzung vom 14. Januar. (Frkf. Bl.) Fol— gendes ist das Nähere der Verhandlungen über die Note des Papstes:

Dr. Kern stattet im Namen der Siebner- oder jetzigen Neuner-Kom— mission über dieselbe Bericht ab. Derselbe bemerkt, daß die Tagsatzung diese Zuschrist benutzen könnte, um die Uebertreibungen zu berichtigen, die über die Ereignisse in der Schweiz nach Rom gemeldet worden. Ferner könnte bei dem Anlaß darauf hingewiesen werden, daß namentlich solche Institute und Personen, für welche sich der Vertreter des heiligen Vaters verwendet, schuld daran seien, wie in der ersten Aufregung und Er— bitterung Thatsachen vorgekommen sein möchten, die geruͤgt werden könnten und auch gerügt worden. Die Tagsatzung könnte auch bedauern, daß von hoher geistlicher Seite durchaus nichts geschehen sei, um die Geistlichen, die den konfessionellen Haß heraufbeschworen, alles Einstes abzumahnen und an ihre Pflichten zu erinnern. Endlich könnte die Tagsatzung auf die Stellung hinweifen, die der Nuntius bei dem Wider- stande der sieben Kantone gegen die Eidgenossenschaft eingenommen. In⸗ dessen habe die Kommission es nicht für angemessen von Seiten der Tag satzung gehalten, überhaupt auf die Zuschrift zu erwiedern. Die Note fi vom Nuntius nicht als Vertreter einer weltlichen Macht in Bezug auf in⸗ ternationale Verhältnisse an die Tagsatzung gerichtet worden, fondern als Vertreter der katholischen Kirche in Bezug auf kirchliche Verhälinisse. Die

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Tagsatzung sei aber nun nicht im Falle, in dieser Beziehung eintreten zu können. Insofern in der Zuschrift auf Klöster und geistliche Institute hin= gewiesen werde, müsse der Hrundsaß festgehalten werden, daß der Bundes ver⸗= trag nur solche Rechte fesistelle, welche die kontrahirenden Theile sich gegensei= tig zugestanden, daß dagegen keine auswärtige Macht oder geistliche Be—⸗ hörde aus dem Vertrag Rechte für sich in Anspruch nehmen lönne. Die Kommission trägt daher darauf an, in die Zuschrift nicht einzutreten. Zü— rich uniterstützt den Antrag der Kommission und geht gleichfalls von dem Grundsaßz aus, daß die Tagsatzung nur von politischer zu politischer Be—⸗ hörde unterhandeln und sich nicht in Beschwerden des Papstes als kirchli- ches Oberhaupt einlassen könne. Die katholische Hierarchie habe in dieser Beziehung von oben bis unten Organe genug, um sich direkt an die Kan tonal-Regierungen zu wenden. Zürich geht im Uebrigen näher auf den Inhalt der Zuschrist ein und zeigt, daß diese durchaus keinen Stoff für die Tagsatzung biete, um von sich aus etwas zu ver— fügen. Was habe zunächst die Zuschrift unter religiösen Corpora- tionen und frommen Instituten gemeints Die Jesuiten und ihre Affiliirte?! Man dürfe dem Nuntius doch die Klugheit zutrauen, daß er nicht verlangen werde, man solle jetzt die Jesuiten wieder herstellen. Andere geistliche Corporationen seien aber noch nicht aufgehoben gewesen, anch heiße es in der Zuschrist selbst blos: „on a voulu supprimer.“ Man müsse doch erst bestimmte Thatsachen behaupten, ehe man protestire. Wenn ferner von Pfarrern die Rede sei, die von ihren Pfarmpfründen vertrieben worden seien, so sei es unerhört, der Tagsatzung zuzumuthen, sich in Händel zu mischen, in die Pfarrer mit Kantonal-Regierungen gerathen. Zurich findet es ganz begreiflich, daß gegen Pfarrer eingeschritten werde, die sich Wühle— reien, selbst Betrügereien zu Schulden kommen ließen, und Zürich erwartet, daß, wo solche Wühlereien vorkommen, die Regierungen auch ferner energisch da= gegen auftreten. Endlich sei es eben so unerhört, Vergehen einzelner Per— sonen, die übrigens untersucht und bestraft würden, zum Gegenstand einer diplomatischen Note zu machen und gegenüber der Bundes-Behörde zu pro— testiren, als wenn diese dafür hafte. Was würde man sagen, wenn eiwa Frankreich im Falle, daß ein französischer Bürger in der Schweiz beraubt würde, eine Note an die Tagsatzung schicken und gegen den Raub protesti- en wollte? Zürich dringt daher auf Tagesordnung. Luzern (Pl. Meier) stimmt gleichfalls für Tagesordnung und berührt dabei eine andere Frage, ob es nicht am Orte sei, auf Abberufung des Nuntius zu dringen. Er faßt zi dem Ende die Stellung etwas näher ins Auge, die der gegenwärtige schon durch Gregor XVI. in die Schweiz geschickte Nuntius eingenommen. Derselbe sei die Seele der Jesuiten-Partei gewesen; er habe nicht eher geruht und gerastet, bis die Jesuiten in Luzern eingezogen. Er habe sich später an die Spitze der Sonderbunds Partei gestellt, die er bis auf den Punkt getrieben, wo die Tagsatzung mit den Waffen habe einschreiten müssen. Auch in diesem Augenblick habe er noch nicht zum Frieden gemahnt, sondern das Volk in dem Glauben bestärkt, es handle sich um die Religion; er habe seine Freude gezeigt über die Rüstungen der Sonderstände und die Soldaten öffentlich zum Widerstand angefeuert, obgleich er durch ein besonderes Schreiben des Papstes angewiesen worden, alles Mögliche zu thun, um den Krieg zu verhindern. Nachdem der Nuntius den Krieg herauf— beschworen und dieser gegen den Sonderbund ausgefallen, sei er erschrocken davongeeilt. Indeß habe das Militair - Kommando ihm allen möglichen Schutz gewährt; als er nach Luzern zurückgekehrt, habe man ihm einen Ordonnanz⸗Offizier gegeben, der ihn überall begleitet. Zum Dank dafür trete er jetzt mit einer solchen Note auf. Der Redner setzt schließlich die Note in Verbindung mit den Schreiben und Protestatio- nen an die Regierungen von Wallis und Freiburg. Es sei klar, was man mit diesen Demonstrationen beabsichtige. Der Lärm über Religionsgefahr solle wieder angefangen und das Volk, das man ins Elend gestürzt, wieder geängstigt werden. In der weiteren Diskussion wünschen Uri, Schwyz, Ünterwalden und Appenzell J. Rh., daß auf die Zuschrift irgend eine, wenn auch nicht einläßliche Antwort gegeben werde. Freiburg stimmt zur Tagesordnung, indem es auch die Zumuthungen zurückweist, die der Bischof in Freiburg gegen die Regierung gemacht habe. Erst habe man Ruin über den Kanton gebracht, und jetzt protestire man gegen die Maß— regeln, die zur Abhülfe der Uebel ergriffen würden. Der Redner erwähnt das durch Zeugen bekräftigte Faktum, daß der Bischof Marilley in Waadt von der Kanzel herab seine Zuhörer damit zu fanatisiren gesucht. Schaff⸗ hausen trägt darauf an, daß die von Luzern angeregte Frage in Bezug auf den Nuntius der Kommission zur Begutachtung überwiesen werde. Graubündten verspricht sich wenig Ersprießliches von einer Abberufung des Nuntius; man könnte leicht vom Regen in die Traufe kommen. In kirchlicher Beziehung sei von Pius 18. nichts Gutes zu erwarten. Bekanntlich hatte das Corpus catholicum das Gesuch an den Papst gerichtet, zur Verhinderung des Krieges in der Schweiz, die Je- suiten abzuberufen. Pius habe nicht nur nicht entsprochen, son— dern erst nach Vollendung des Krieges auf das Gesuch geantwortet. Die Antwort selbst sei das wahre Muster eines Hofbescheides. Man müßte da— her wirksamere Maßregeln ergreifen. Aargau hält es aus verschiedenen Rücksichten für unschicklich und unzweckmäßig, die Zuschrist einfach ad acta zu legen und die Beschuldigungen nicht zuruͤckzuweisen; das Stillschweigen könnte leicht mißdeutet werden. In Bezug auf die von Luzern angeregte Frage ist Aargau der Ansicht, daß nicht der Nuntius, sondern die Nuntla— tur gefährlich sei; die vorgehenden Nuntien seien nicht im mindesten besser gewesen, als der gegenwärtige. Thungau dringt darauf, daß sich die Tagsatzung nicht durch, die, Konvenienzen des Augenblicks leiten lasse, sondern grundsätzlich die Stellung behaupte, die sie immer in, Bezug auf solche Eingaben des Papstes in Rücksicht auf kirchliche Fragen eingenommen, habe. Bern glaubt, daß es an der Zeit sei, zu untersuchen, ob nicht auch die Gesandten der anderen auswärtigen Mächte, gleich dem Nuntius, zu entfernen seien. In der zweiten Umfrage scheiden sich die Meinungen schärfer in Bezug auf den von Schaffhausen näher erörterten Antrag, die Kommission mit der näheren Untersuchung der Verhältnisse in Bezug auf den Nuntius zu be⸗ auftragen. Es erheben sich besonders Zürich und Thurgau dagegen, indem sie die Sache nicht übereilen wollen. Die Kommission, die sich nächstens auflösen werde, finde nicht die nöthige Zeit, um den Gegenstand allseitig zu prüfen und die nöthigen aktenmäßigen Nachweise herbeizuschaffen. Solothurn warnt wiederholt davor, sich nicht in theologische Streitigkeiten einzulgssen. Bei der Abstimmung wird der Antrag der Kommission, in die Zuschrift des Nuntius nicht einzutreten, mit 155 Stimmen angenommen. Der Antrag von Schaffhausen, daß die Kommission die Verhältnisse in Bezug auf den Nuntius in Untersuchung ziehe, bleibt mit 63 Stimmen in der Minderheit. Es stimmten dafür: Schaffhausen, Aargau, Genf, Waadt, Appenzell A. Rh., Baselland, Luzern, Bern.

Kanton Bern. (Eidgenössische Zeitung.) Der Gesetz⸗ Entwurf über Außerkraftsetzung des bürgerlichen Bastar⸗ den⸗Reglements der Stadt Bern vom 2. April 1788, wonach eine Anzahl unehelicher Nachkommen von Angehörigen der Bürger Corporationen von ihren landesgesetzlichen Personen⸗, Famillen⸗ und gemeindebürgerlichen Rechten verdrängt wurden, kam am 12. Januar im Großen Rath in Behandlung. Als von den all⸗ gemeinen Landesgesetzen abweichend, zum Nachtheil einzelner Indivi⸗ duen wider die Grundsätze des modernen Rechts verstoßend, wird, da zudem es Pflicht der obersten Staats-Behörde sei, das von früheren Verwaltnngen verübte Unrecht so weit als möglich wieder gut zu machen, auf dessen Aufhebung und auf die Herstellung in den früheren Zustand für solche Personen angetragen. Fürsprech Stettler will diesem Reglement in Bezug auf Hu⸗ manität nicht das Wort reden, macht aber doch aufmerksam auf die damaligen Verhältnisse, die viel des Gehässigen daraus ver⸗ schwinden machten und, weit entfernt, der Bürgerschaft Vortheile, dem Staate Nachtheile zu bewirken, gerade das Gegentheil verursacht hät⸗ ten. Nach einer langen Diskussion, die besonders Fürsprech Stetter durch eine theilweise Vertheidigung jenes Gesetzes und Beantragung von Unterhandlungen mit der bürgerlichen Corporation hervorgerufen, wird der neue Gesetz⸗ Entwurf mit 121 gegen 4 Stimmen ange— nommen. .

Im verflossenen Jahre hat, das Obergericht in 119 Sitzungen 204 ECivil-Prozeduren, 583 Kriminal-Prozeduren und 315 Justiz- und Polizeifälle beurtheilt, ungerechnet die Korrespondenzen mit den

verschiedenen Behörden, die Advokaten⸗ und Rechtsagenten⸗Examen und die Freilassungs⸗Begehren.

Kanton Luzern. Mit Hinsicht auf die Motion des Groß— raths Mitgliedes Anton Schneider von Sursee, die dahin geht, „ge⸗ gen Klöster, Geistliche und Beamtete, welche durch falsches, trügeri⸗ sches Vorgeben das Volk täuschten, so wie gegen die Mitglieder des Haupt⸗Comitéè 's und des Kreis- Comit“'s des rußwyler Vereins, ein= zuschreiten“, hat Kasimir Pfffer von Zürich her dem Großen Rathe von Luzern eine Meinungs⸗Aeußerung eingesandt, worin er von Ver⸗ folgungen abmahnt und Milde empfiehlt. ; r

In der Sitzung vom 12. Januar hat der Große Rath als we⸗ sentliches Erforderniß zur Stimmfähigkeit die „römisch⸗christtatholische Religion“ des Stimmenden angenommen, „so daß“, wie die Berner Zeitung bemerkt, „alle reformirten Schweizer in Luzern unter kei⸗ nen Umständen stimmfähig sind, auch das luzerner Bürgerrecht nicht erwerben können.“ In der Sitzung vom 13ten entspann sich eine sehr lebhafte Diskussion über Beibehaltung oder Entfernung des durch die Verfassung von 1841 eingeführten Veto des Volks. Es sprachen mehr als 15 Redner, und nach vierstündiger Debatte wurde mit ei⸗ ner Mehrheit von 12 Stimmen beschlossen, das Veto abzuschaffen.

(Eidg. Ztg.) Die weiteren Vorschläge der Verfassungs-Revi⸗ sions-Kommission (s. das gestrige Blatt) lauten:

S§. 56. Ein Regierungs-Rath von elf Mitgliedern ist mit der Vollzie⸗ hung der Gesetze, Verordnungen und Beschlüsse und mit der Staats-Ver= waltung in allen ihren Theilen beauftragt. Dabei ist Rücksicht zu tragen, daß, wenn thunlich, aus jedem der fünf Aemter des Landes wenigstens ein Mitglied genommen werde. S. 57. Zur Wählbarkeit in den Negierungs⸗ Rath werden die gleichen Eigenschaften erfordert, wie für die Mitglieder des Großen Rathes. Alle zwei Jahre befindet sich annäherungsweise ein Drit- tel des Regierungs-Rathes im Austritt. Die ausgetretenen Mitglieder sind wieder wählbar. Das Loos bestimmt die Reihenfolge des Austrittes. Der nächste Austritt findet auf den 1. August 1850 statt. Wird eine Stelle im Regierungs-Rath in der Zwischenzeit erledigt, so soll der Große Rath in seiner nächsten Sitzung die erledigte Stelle wieder besetzen. S. 63. Es wird ein Erziehungs-Rath von sieben Mitgliedern aufgestellt. Ihm ist un= ter Ober-Aussicht des Regierungs-Nathes die Aufsicht und Leitung des Er- ziehungswesens übertragen. Der Erziehungs-Rath wird aus vier Mitglie= dern des weltlichen und aus drei Mitgliedern des geistlichen Standes ge⸗ bildet. Der Große Rath wählt die vier Mitglieder des weltlichen Standes frei. Die vier Landkapitel wählen jedes drei Kandidaten ans der gesamm⸗ ten Kantons-Geistlichkeit. Aus dieser Kandidaten⸗Liste wählt der Große Rath die drei Mitglieder des geistlichen Standes in den Erziehungs-Rath. Der Große Rath bezeichnet aus den weltlichen Mitgliedern den Präsidenten des Erziehungs-Rathes. Die Mitglieder bleiben vier Jahre im Amte, worauf sie alle gemeinschaftlich austreten, aber sogleich wieder wählbar sind. Der nächste Austritt sindet auf den 1. August 1850 statt. 8. 66. Zur Handhabung der Geseße und Verordnungen und zur Erhaltung de offent. lichen Ordnung und Sicherheit wählt der Große Rath, auf den Vorschlag des Regierungs⸗-Rathes, für jedes Amt einen Amts. Etat halter Aus 6 stimmfähigen Bürgern des betreffenden Amtes auf vier Jahrt.. Der. Se wählte hat alle zur Wählbarkeit in den Großen Rath erforderlichen Nequi⸗ site auf sich zu vereinigen. Das Gesetz bestimmt seine Amts befugnisse,

Pflichten, die Organisation seiner Kanzlei und seinen Gehalt.

Kanton Schwyz. (Eidg. Ztg.) Die mit so vieler Spannung erwartete Gebiets- Eintheilung des Kantons Schwyz ist nun vom Verfassungs⸗Rath erledigt worden. (S. das vorgestrige Blatt der Allg. Pr. Ztg.) Die Mehrheit glaubt, den gordisch Knoten gelöst zu haben, uns aber drängt sich nichts auf, als das rein Thatsächliche, daß sie den Bezirk Schwyz zerschnitten hat. Bi her war der Kanton in sieben höchst ungleiche Bezirke eingetheilt. Die Verfassungs -Kommission, von der Ansicht ausgehend, der Bezirk Schwyz mit seinen beinahe 17,000 Seelen habe ein zu großes Ueber⸗ gewicht, proponirte die Bildung eines neuen Bezirks, bestehend aus den schwyzerischen Gemeinden jenseits der Platte, und ferner die Ver— schmelzung der kleinen Bezirke Wollerau und Pfäffikon; die Bezirke March, Einsiedeln, Küßnacht und Gersau blieben in ihren alten Grän— zen. Diese Eintheilung befriedigte Niemanden, und es ward daher eine Kommission niedergesetzt, um einen neuen Antrag zu hinterhrin— gen. Die Veranlassung dazu gab Kantons⸗-Statthalter Benziger, der in einer ausführlichen schriftlichen Rede eine Gebiets- Eintheilung in vier Bezirke vorgeschlagen hatte. Man versprach sich von dieser Idee um so mehr guten Erfolg, als sie von den Repräsentanten des Bezirks Schwyz unterstützt war. Allein die Kommission ging rathlos aus ein⸗ ander, und es wurde nun nach kurzer Debatte der erste Kommissional⸗ Antrag dahin verschlimmert, daß der Bezirk Schwoz in zwei Theile (Bezirk Arth, jenseits der Platte, und das alte Schwyz) zerspalten, die librigen Bezirke aber bei ihren vorigen Gränzen belassen wurden. Somit haben wir nun statt sieben Bezirke acht, und das in einer Zeit, wo man allgemein Beschränkung der untergeordneten Souverai— netäten und Centralisation anstrebt. Wir sprechen es mit der innig⸗ sten Ueberzeugung aus, daß diese Schöpfung eine höchst unselige ist. Allgemein ließ man sich im Verfassungs- Rath mit schönen Phrasen vernehmen, eine Gebiets⸗Eintheilung in vier gleich große, historisch und rechtlich assimilirbare Bezirke, wie sie Herr Benziger vorgeschla—⸗ gen, sei das Höchste, was man anstreben könne; aber, meinten einige Redner, es sei auch nur ein Traumbild, eine unerreichbare Ausgeburt der Phantasie, eine sire Idee. Bei diesem Thema verharrten sie, während die Repräsentanten des Bezirks Schwyz wiederholt erklärten, sie böten zu der vorgeschlagenen Eintheilung, die Zersetzung des alten Landes mit sich bringend, Hand, und sie wollten in diesem Sinne die Verfassung dem Volke empfehlen. Umsonst: Einsiedeln und March wollten nicht beitreten, um Schwyz eine freisinnige Schöpfung durch— führen zu helfen. Warum? Man entschuldigte sich mit dem Wider— stand der kleinen zu verschmelzenden Bezirke Wollerau, Pfäffikon, Küßnacht und Gersau, man ehrte die Thränen, welche Egoismus und politische Kurzsichtigkeit den Repräsentanten der Bezirke Wollerau und Pfäffikon bei der ersten projektirten Verschmelzung abgedrungen hatte, aber man ging kalt weg über die handgreifliche Demonstration, daß die bloße Zerspaltung des Bezirks Schwyz nur ein Att der Er⸗ niedrigung sei, ohne dem Kanton zu frommen. Man war liberal ge— nug, dem alten Lande zu Leibe zu gehen, aber zu wenig liberal, um die Krähwinklerei der kleinen Bezirks- Souverainetäten zu zügeln, während das angegriffene Schwyz sich als Opfer anerbot, als Lpfer für den Kanton, nicht aber für die Rache von Männern, die that⸗ sächlich gezeigt haben, daß sie sich zu einem großen freisinnigen Ge⸗ danken nicht zu erheben vermögen. ö

Der Große Rath hat ein Dekret angenommen, vermittelst dessen für die noch restirenden 226,000 Franken Kriegekosten Caution ge⸗ leistet wird. Für ein Drittel cautionirt das Kloster Einsiedeln, ge⸗ mäß dem in der noch heste henden er ng mg mm men,, fuß, und für zwei Drittel die sämmtlichen Bezirke, was innerhalb 8 Tagen zu geschehen hat.

Kanton Basel. Die Bas. Ztg. sagt: „Eine kuriose Er scheinung ist es, daß die Jesuiten⸗- Bewegung, nachdem sie ihr Ziel erreicht hat, in Bezug auf Verfassungsformen eine gerade entgegen= gesetzte Richtung als früher einschlägt. Man erinnert sich, daß die Hevolutionen in Waadt, Bern und Genf im Namen vollständigerer Durchführung demokratischer Grundsätze gemacht wurden. Dem Volke wurde in Bezug auf Gesetzgebung eine . Initiative einge⸗ räumt, die Abberufung des Großen Rathes möglich gemacht, indirekte Wahlen beseitigt, kurze Amtsdauer festgesetzt. Im geraden Gegen⸗