1848 / 22 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Staats und MünzVerbrechen bezeichne, oder daß irgend eine andere

bestimmte Bezeichnung gegeben werde, woraus deutlich zu erkennen,

was ein Verbrechen gegen den Staat sei.

Abgeordn. Sperling: Für den Grundsatz, daß die Ver— brechen, die im Auslande begangen werden, nur nach den Gesetzen des Ortes der That beurtheilt werden, spricht außer seiner inneren

Natur gerade der Umstand, daß diefer Grundsatz schon von dem Allg.

Landrechte anerkannt und über 50 Jahre in Anwendung gewesen ist, ohne daß für die Justiz daraus Verlegenheiten und Schwierigkeiten hervorgegangen sind. Der Einwand, daß es im Auslande Strafen geben könne, die bei uns nicht in Ausführung kommen können, läßt sich durch die Gesetzgebung beseitigen, und es darf deshalb ein Haupt- Grundsatz des Rechts nicht aufgegeben werden. Außerdem erlaube ich mir, die hohe Versammlung darauf aufmerksam zu machen, daß im 8. 2 nur eines Falles gedacht ist, der fast niemals vorkommen wird, da alle in völkerrechtlichen Beziehungen stehende Staaten auf dem Standpunkte der Gesittung und des Rechts stehen, daß wohl angenommen werden kann, daß diejenige Handlung, welche ein Staat für ein Verbrechen ansieht, auch von dem anderen ebenfalls dafür anerkannt werden wird. Der einzige Unterschied zwischen den einzelnen Gesetzgebungen wird hauptsächlich darin bestehen, daß die Strafen verschieden bestimmt worden. Es würde also durch unveränderte Annahme des 5§. 2 gerade über die größere Zahl von Fällen, die zur Cognition gelangen, hinweggegan⸗ gen und die allgemeinen Prinzipien des Rechts verletzt werden.

Justiz⸗Minister Uh den: Es muß als richtig zugegeben werden, daß, wenn man den Grundsatz der Territorialität streng festhält, dann stets die mildere Gesetzgebung als solche in Anwendung kommen mußte. Der Grundsatz ist in der Bestimmung anerkannt, daß, wenn eine Handlung nach der auswärtigen Gesetzgebung nicht straf bar ist, dann in der Regel keine Strafe eintreten soll. Die Regierung hat das sehr wohl gefühlt und hat sich zu dem Vorschlage nur aus der Rücksicht entschlossen, weil es Fälle giebt, wo eine Gleichstellung der verschiedenen Strafen nicht ausführbar ist, wie dergleichen wirklich in der Praxis vorgekommen sind. Außerdem läßt sich aber auch das Strafmaß nicht immer mit Sicherheit ermitteln. Ich will nur auf die Schwierigkeit aufmerksam machen, da, wo die Carolina noch Ge⸗ setzestraft hat. Diese hat die härtesten Strafen; sie droht mit Feuer⸗ tod, Säcken und dergl. Die Wissenschaft und die Praxis haben diese harten Strafen gemildert, aber das Maß dieser Milderung läßt sich nicht so genau bestimmen, da Praxis und Rechtslehrer in dieser Be? ziehung nicht immer in Einklang sind. Hierzu kommt ein anderer Grundsatz, daß das Gouvernement dem Richter nicht die Verpflichtung auferlegen will, nach ausländischen Gesetzen zu entscheiden, vielmehr hat er nur nach den heimischen zu urtheilen, wie dies auch in ande⸗ ren Staaten der Fall ist. Es ist ferner gesagt worden, im Civil⸗ rechte müßten sich die Richter doch um die fremden Gesetze kümmern. Das ist in einer Beziehung richtig und hängt mit dem Rechtsgrund⸗ satze zusammen, nämlich locus regit actum. Aber das Gesetz zwingt den Richter nicht, das ausländische Gesetz zu kennen, sondern es muß von der betreffenden Partei der Beweis lber die Existenz und Rechts⸗ gültigkeit der behaupteten gesetzlichen Bestimmung beigebracht wer— den. Es ist sodann von der Abtheilung in Antrag gebracht, die Be⸗ stimmung fortzulassen, wonach auch auf die in der Absicht, das preu— ßische Gesetz zu umgehen, im Auslande vorgenommene Handlung das preußische Strafgesetz angewendet werden soll. Ich will mir für jetzt nur die Bemerkung erlauben, daß diese Bestimmung keine unpraktische ist, da Fälle der Art nicht zu den seltenen gehören, sondern sowohl in der Rhein-Provinz, wie in den alten Provinzen vorgekom⸗ men sind.

Abgeordn. Freiherr von Wolff⸗Metternich: Obwohl es im Allgemeinen nicht ohne Bedenken erscheint, von dem Grundsatze locus regit actum, wie solches auch der Abgeordnete für Königsberg be— merkt hat, abzugehen und von dem Prinzipe der Territorialität eine Ausnahme zu gestatten, so scheint mir doch die Ausnahme, die in dem Entwurfe von dem Prinzipe der Territorialität gemacht worden ist, wohl gerechtfertigt. Man könnte allerdings sagen, wenn das im Auslande begangene Verbrechen nach dessen Strafgesetzen straflos oder minder strafbar ist, so könne des Verbrechers zufällige Rückkehr ins Inland kein höheres Strafmaß begründen, man könnte sagen, die dafür geltend gemachten Gegengründe seien nicht haltbar, man könnte meinen, es habe die Rechtsauffindung keine große Schwierig⸗ keit, weil mit wenigen Ausnahmen im Auslande doch überall Rechts⸗ bücher existiren, und, das maßgebende Recht selbst da durch Korrespon— denz leicht zu ermitteln möglich sei, wo nach Novellen, nach der Praxis und Rechtscoutumen im Auslande gesprochen werde. Allein es muß nicht außer Erwägung bleiben, daß eine solche Korrespondenz für das Strafverfahren, welches wir in Aussicht haben, seine großen Schwierigkeiten hat, indem bei dem öffentlichen und mündlichen Ver— fahren das Urtel sogleich gefunden werben muß, und also eine Korrespondenz nicht füglich mit dem Auslande erst stattfinden kann. Schon aus diesem Grunde und nach dem, was vom Ministertische da= für geltend gemacht ist, halte ich die Ausnahme von dem Prinzipe der Terxitorialität, wie der §. 2 solche enthält, für vollkommen ge— rechtfertigt. Wenn aber nach dem Gutachten bes vorberathenden Ausschusses noch darüber hinausgegangen und auch Handlungen, ge—⸗ gen einen preußischen Unterthan verübt, zur Ahndung sollen gezo zen werden, so scheint mir dies dech in keiner Weife gerechtfertigt. In der Fassung, es Entwurfes kann, ich nur eine gerechte Würdigung und Berücksichtigung der internationalen Verhältnisse erkennen, denn schwere Verbrechen, wodurch Private verletzt werden, finden überall in den Rechtsbüchern, welche doch allen civilisirten Völkern nicht feh⸗ len können, ihre Strafen, wogegen auf geringfügige Vergehen und bei unbeteuten den Verle kungen ein Strafveifahren zintreten lassen zu weit führen würde und der Würde der preußischen Gesetzgebing nicht zu entsprechen scheint. Ich, werde deshalb für unveränderte Beibehaltung des Paragraphen mich erklären.

Abgeordn. von Uechtnißz: Ich, will mir nur zwei kurze Be⸗ merkungen erlauben, bezüglich der Bestimmung des Entwurfs: „Eben so sind die preußischen Strafgesetze anzuwenden auf die im Auslante ven preußischen Unterthanen begangenen Verbrechen.“ Ich glaube mich ganz dem Gutachten der Abtheilung einestheils aus den von ihr angeführten Gründen, anderentheils aus den vollkommen überzeu= genden Gründen des Herrn Kommissars anschließen zu müssen. Es ist aber für die , ,. der Vorschläge des Entwurfes besonders die Ansicht geltend gemacht worden, das Prinzip der Milde erfordere, die Modisicationen eintreten zu lassen, welche das Allgemeine Land- recht in dieser Beziehung enthält. Ich glaube aber, daß dieses Prinzip für jedes Untersuchungs- Verfahren die größtmöglichste Beschleunigung erfordert, und e. wie ich aus den angeführten Hründen entnommen habe, daß nach den Prinzipien des Ländrechts das Untersuchungs⸗Perfahren ungeheuer ausgedeht werden könne, dürfte sich das Prinzip der Milde in das entgegengesetzte verwandeln und die praftische Schwierigkeit sich ungemein vergrößern. In aaderer Veziehung erlaube ich mir der Ansscht beizutreten, welche das geehrte Mitglied hier geäußert hat. Wenn ich mich auf dem volks⸗ thümlichen Standpunkt stelle, so muß ich gestehen, baß ich die Be—= stimmung für zu allgemein halte, und daß es wünschenswerth er— scheint, für diese Fassung eine andere zu finden.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich habe nur bemerken wollen, daß ich den Grundsatz, welcher in diefem Paragraphen liegt,

128 für vollkommen gerechtfertigt halten muß, und zwar aus dem Ge— sichtspunkte, daß ich es für den größten Vorzug des preußischen Un— terthanen halte, daß er überall, wo er ist, 14 preußischen Gesetzen beurtheilt wird. Wenn mit dem Volksbewußtsein die Gesetzgebung fortschreitet, und wir hoffen und erwarten dürfen, daß fernerhin nur Gesetze gegeben werden, die berathen sind durch die Vertretung des Landes, so können wir annehmen, daß für jeden preußischen Unter— than das preußische Strafgesetzbuch dasjenige sein wird, was seinem Rechtsbewußtsein das adäquateste ist, dann muß es für einen Vorzug erachtet werden, wenn er nach diesen Gesetzen beurtheilt wird, überall. wo er sich befindet, und ich glaube daher, gegen diesen Grundsatz dürfen wir um so weniger etwas erinnern, als wir Alle nur wünschen müssen, daß auch die Strafgesetzgebung einmal den Boden der Volks⸗ thümlichkeit verlasse. Was aber die Abänderung des Aus nahmefalles betrifft, welche die Abtheilung vorgeschlagen hat, so muß ich bemer- ken, daß ich mich nicht in der Masjorität, sondern in der Minorität der Abtheilung befunden habe. Ich habe nicht für nothwendig ge⸗ halten, diese Ausnahme, die ich an sich für gerechtfertigt erachte, wei⸗ ter auszudehnen, als die Sicherheit des Staates unumgänglich erfor—= dert. Gerade hier in einem Falle, wie in der zweiten Linie bemerkt worden ist, dürfte es nicht mit dem Rechtsbewußtsein adäquat sein,

einen preußischen Unterthan nach preußischen Gesetzen zu bestrafen, und in dem Fall, wenn ein preußischer Unterthan sich lange im Auslande aufgehalten hat, wo eine Handlung straflos ist, und er doch nach preußischem Gesetz für diese Handlung bestraft werden soll. Es kommt gar nicht darauf an, daß man auf die Motiven der That ein—⸗ gehe, wie der Herr Korreferent gesagt hat. Der Fall liegt nicht vor; ich weiche von seiner Ansicht ab, daß man immer nur auf die äußere That und nicht auf die Motiven zu sehen habe. Es giebt mehrere Rechtsmomente, wo es nach dem Rechtsbewußtsein eine Un= gerechtigkeit sein würde, das Gesetz im vollen Maße anzuwenden. r , g J! : . Das ist ein solcher Ausnahmefall, wie er hier gegeben ist, und hier muß der Staat dem Rechtsbewußtsein so weit nachgeben, wie er es ohne Gefährdung der Gerechtigkeit thun kann. Er darf nur dann strafen, wenn es seine eigene Sicherheit fordert, wenn es gegen den preußischen Staat ist. Ich halte also den Grundsatz des“ 8. 2 für vollkommen gerechtfertigt, ich bin gegen die Meinung der Majorität, der Abtheilung, bin aber mit der Bemerkung der geehrten Abgeordneten von der Rhein- Provinz und Schlesien einverstanden, daß es wün— schenswerthsei, den Ausdruck: „Gegen den preußischen Staat“, zu präzisiren, in⸗dem man die einzelnen Verbrechen nennt. Abgeordn. Dittrich: Im Interesse der Beschleunigung spreche ich mich ebenfalls gegen die landrechtliche Vorschrift aus, eben so gegen den ersten Antrag, weil ich darin eine Schärfung gegen die Bestimmung des Entwurfs finde und nicht glaube, daß es zweckmäßig sei, wenn die erste Abänderung, welche die Versammlung gegen den Entwurf vornimmt, eine Schärfung sein sollte, denn nach dem Ent- wurfe soll im vorliegenden Falle Straflosigkeit eintreten, nach dem Antrage der Abtheilung aber der Thäter gestraft werden. Dagegen spreche ich mich für den zweiten Antrag der Abtheilung aus, weil erhebliche Verbrechen überall, also auch im Auslande gestraft werden. Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich glaube, mich schon früher, vor dem Abgeordneten der Rhein⸗Provinz, gemeldet zu haben. Ich glaubte auch, daß Se. Durchlaucht der Herr Landtags- Marschall durch ein freundliches Zunicken solches anerkannt habe. Ich habe mich wohl in Beiden geirrt. Es ist nun das, was ich sa⸗ gen wollte, größtentheils durch den Abgeordneten aus der Rhein⸗Pro⸗ vinz gesagt worden, und ich würde nicht das Wort nehmen, wenn ich nicht vor der Abstimmung etwas auf eine Aeußerung des Herrn Ju⸗ stiz Ministers zu entgegnen hätte. Der Herr Justiz-Minister erklärte, es wären in anderen Staaten auch dergleichen gesetzliche Bestimmun— gen vorhanden. Ich muß sagen, wenn auch noch so viele Staaten solche Bestimmungen hätten, an deren Stelle wir bessere wünschen, so werden wir in Preußen hierin nie Anstand finden, eine Gelegenheit vorübergehen zu lassen, um das Bessere hinzustellen. Wenn andere Staaten etwas Mangelhaftes haben, so darf dies nicht für uns eine Veranlassung sein, dieses auch beizubehalten. Der Herr Mi— nister der Gesetzgebung sagte, der Begriff von Unrecht fände sich in allen Staaten, und in allen Staaten seien Verbrechen mit Strafe belegt, nur das Strafmaß sei ungleich. Sei es anders, so sei es ausnahmsweiser Natur. Ich vermag diese Behauptung nicht anzu— erkennen. Nach meiner geringen Ansicht verhält es sich anders. Es giebt Verbrechen, die nach unserem Strafgesetzbuch außerordentlich strenge, die in anderen Staaten aber gar nicht oder nicht so strenge bestraft werden. Ich will nur anführen: Majestätsbeleidigung, Ta⸗ del der Regierung, Nichtachtung fremder Herrscher und Staaten, Eensur⸗ Vergehen und andere mehr. Dies sind in manchen Staaten gar keine Verbrechen. (Murren. )

Ich bitte, mich zu hören. Es giebt Staaten, wo auch derartiger

Tadel erlaubt ist. Bei uns aber werden schwere Freiheitsstrafen auf

nach manchen Begriffen nicht so strafbare Handlungen gesetzt. Ich muß also dabei verharren, daß es Verbrechen giebt, die in anderen Staaten nicht so strafbar erscheinen, als bei uns, ja, daß Verbrechen dort ganz straflos sind, die nach unseren Gesetzen schweren Strafen unterworfen werden. ö

Justiz⸗Minister Uh den: Ich muß mir auf die Aeußerung des sehr geehrten Redners doch eine Berichtigung gestatten. Wenn ge- sagt worden ist, es würde bei uns jeder Tadel der Landesgesetze zc. bestraft, so ist das nicht richtig. Der betreffende Paragraph des Landrechts verordnet: „Frecher, unehrerbietiger Tadel, unt Mißver— gnügen zu veranlassen.“ Hierin liegt ein großer Unterschied. So viel mir bekannt ist, wird auch nach fremden Gesetzen ein solches Be⸗ nehmen bestraft.

Abgeordn. von Byla: Der Abgeordnete der Stadt Köln hat den Antrag gestellt, die Bestimmung des 8. 2: „Verbrechen gegen den preußischen Staat“, zu spezialisiren. So sehr ich auch die An- sicht im Allgemeinen theile, daß im Strafgesetzbuch jede strafbare Handlung so genau als möglich bezeichnet werden müsse, so kann ich doch in diesem Falle mich seinem Antrage nicht anschließen, und zwar deswegen, weil ich eine Unmöglichkeit darin finde. Der beste Beweis dafür wird dadurch geliefert, daß, ungeachtet ein Abgeordneter aus der Provinz Schlesien, so wie ein Abgeordneter von Pommern, sich dafür erklärt, kein genauer Antrag auf Abänderung gestellt worden ist. Ich glaube wenigstens, es wird sehr schwierig sein. Die Ver⸗ brechen gegen den preußischen Staat sind übrigens im Gesetʒ / Entwurfe Fenau angegeben, und ich glaube, daß man sich darauf allein be— schränken muß.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich habe vergessen, zu bemerken, daß bei uns „frecher“ Tadel vorausgesetzt wird. Der Begriff „frech“ ist aber sehr vage, und die höheren Gerichtshöfe sind häug selbst sehr verschiedener Ainsicht. Was der eine frech gefun— den, hat der andere nicht dafür gehalten. Ein Gerichtshof hät für dasselbe Vergehen eine fehr harte Strafe erkannt, während die hö= here Justanz den Angeklagten völlig freigesprochen; und es hat sehr nahe gelegen, es hat oft nur von einer Stimme abgehangen, ob eine harte Ce dle af oder die völlige Freisprechung erfolgte.

. Justiz-Minister Uh den? Ich kann nur erwie dern, daß viel⸗ leicht die Fassung des Gesetzes schlecht sein mag oder wenigstens

nicht präzise genug. Es ist aber noch ein anderes Requisst erforder=

lich, nämlich die Veranlassung von Unzufriedenheit und Miß vergnl⸗ gen der Bürger gegen die Regierung. ?

Abgeordn. Graf von Schwerin: Es ist mir der Vorwurf

gemacht worden, daß ich keinen bestimmten Vorschlag für Abände⸗ rung der Fassung gemacht habe. Ich wäre bereit, eine solche Fas⸗ sung zu beantragen, daß nämlich gesagt würde, statt Verbrechen ge⸗ gen den preußischen Staat, „Hochverrath, Landesverrath und Maje⸗ stätsbeleidigung.“ Neferent, Naum ann: Ich fühle das Bedürfniß, die An— sicht der Majorität der Abtheilung nochmals zu vertheidlgen. Der Gesetz⸗Entwurf geht im ersten Paragraphen davon aus, daß der Grundsatz der Territorialität an die Spitze gestellt werde. Diesem Grundsatze entsprechend, kommt es darauf an, daß das Recht im ei= genen Staate Geltung erhalte. Es wird daher jede Handlung eines preußischen Unterthanen im preußischen Staate nach preußischen Ge— setzen zu beurtheilen sein. Nach diesem Grundsatze würde eine Hand⸗ lung eines preußischen Unterthanen, außerhalb des preußischen Staa⸗ tes unternommen, nicht nach preußischen Gesetzen zu beurtheilen sein. Soll dies geschehen, so muß ein besonderer Grund vorliegen, und dieser Grund kann nur darin gefunden werden, daß entweder der preußische Staat, dem der Unterthan zur Treue verpflichtet ist, oder ein preußischer Unterthan verletzt wird. Ist dem nicht so, ist nicht einer von Beiden verletzt, so besteht kein Verbrechen, so besteht kein Beleidigter; denn die preußischen Gesetze können unmöglich alle Welt nach preußischen Grundsätzen und nach preußischen Strafgesetzen schützen. Hat also der Staat kein besonderes Interesse, sich selbst oder seine Unterthanen zu schützen, so, glaube ich, liegt für ihn keine Veranlassung vor, die Handlungen seiner Unterthanen im Auslande nach seinen Gesetzen zu beurtheilen. Deshalb sprach die Masorität der Abtheilung die Meinung aus, der Paragraph müsse modisizirt werden.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Die Abtheilung hat das keinesweges beantragt, sie hat den Grundsatz, den der erste Satz des Paragraphen aufstellt, daß preußische Unterthanen überall nach preu— ßischen Gesetzen zu bestrafen, angenommen; gegen diesen Grundsatz ist von der Versammlung ebenfalls nichts erinnert, Tamit ist aber nicht vereinbar, was das beantragte Amendement will, daß man das Gesetz des Auslandes mildere, um dieses anzuwenden.

Noch weniger aber geht dies bei den Handlungen, von denen der zweite Satz spricht, denn dies sind ja gerade nur im Auslande ganz straflose.

Was die Abtheilung beantragt, bezieht sich lediglich auf diese letzten Handlungen, sie will diese nicht nur strafen, wenn sie Verbre— chen gegen den Staat, sondern auch wenn sis Verbrechen gegen den Staatsbürger betreffen.

Der Antrag ist also eine Verschärfung, die mir auch, wie ich schon früher gesagt, nicht gerechtfertigt erscheint.

Referent Abgeordn. Naumann: Die Bemerkung ist ganz rich⸗ tig; ich habe mich falsch ausgedrückt. Die Majorität der Abtheilung ist der Ansicht, daß weiter gegangen werden misse, als der Gesetz Entwurf will. Dies Versehen ist indeß ohne Einfluß auf die von mir entwickelten Gründe. Ich behalte mir vor, wegen des zweiten Vorschlages noch ein Wort zu sagen.

Justiz⸗Minister von Savigny: Ich muß dem beitreten, was der Abgeordnete aus Pommern bemerkt hat. Es war dies der wahre Sinn des Antrages der Majorität der Abtheilung, und ich h deshalb hervor, weil sonst der Sinn ganz verkannt werden würbe. Es ist nicht die Absicht gewesen, daß ein Preuße, der sich in Frank⸗ reich aufhält und dort einen Franzosen ermordet, nach seiner Rückkehr in Preußen straflos sein soll. Die Verletzung gegen den preußischen

Staat und gegen preußische Unterthanen soll nür Gegenstand der Untersuchung sein, wenn die Handlung in den Gesetzen des Auslandes nicht mit Strafe bedroht ist. Im Gegentheil, es verstände sich von selbst, daß, sollte die Handlung im Auslande bestraft werden, das preußische Gesetz auch auf unsere Unterthanen angewendet werden, also beim Raube, Morde, Diebstahle u. s. w.

Referent Naumann: In diesem Sinne hat sich auch die Ab— theilung erklärt, und es kann nur von den Fällen die Rede sein, in denen eine Handlung nach den Gesetzen des Auslandes straflos sein würde. Wenn nach dem ersten Vorschlage der Abtheilung das Ge— setz geändert werden dürfte, so behielte die Bestimmung im zweiten Satze des Paragraphen, daß die Bestrafung nach preußischen Ge— setzen erfolgen solle, wenn die Handlung im Auslande vorgenommen worden, um das preußische Gesetz zu umgehen, keine Bedeutung.

Die Majorität war der Meinung, daß die Absicht, das Gesetz zu umgehen, an sich nicht strafbar sei. Es ist dies der erste Grund. Der zweite Grund liegt darin, daß in konkreten Fällen es schwer sein werde, diese Absicht nachzuweisen. Diese beiden Gründe haben die Majorität geleitet, und ich werde sie hierin bei der Abstimmung unterstützen.

Landtags-Kommissar: Ich glaube mit wenigen Worten mich über den letzten Antrag der Abtheilung aussprechen zu müssen, welcher dahin geht, daß die Absicht, das preußische Gesetz zu um— gehen, keinen Grund abgeben dürfe, einen Inländer zu bestrasen, der im Auslande eine daselbst straflose, aber nach unseren Gesetzen straf⸗ bare Handlung begeht. Meines Erachtens erfordert die Würde des preußischen Staates und des preußischen Volkes die Aufrechterhaltung der entgegengesetzten Bestimmung des Gesetz⸗Entwurfs; denn es lanu nicht geduldet werden, daß Jemand, der mit Bewußtsein ein Ver⸗ brechen begeht, sich dadurch der Strafe entziehe, daß er die preußische Gränze überschreitet. Das Beispiel des Duells ist schon angeführt. Es ist bei uns mit theilweise schweren Strafen belegt, in anderen Staaten nicht. Soll es nun gestattet sein, daß zwei preußische . thanen mit dem Bewußtsein, ein Verbrechen zu begehen, . . preußischen Gränze sich schlagen, daß Einer den Anderen 9 . daß darauf der Sieger zurückkehrt und sein Leben lang , . blos deshalb, weil das Verbrechen zwei Schritte äber ker (ränze geschehen ists Eben so ist der Wucher bei uns straftan, . Ländern können über diefe zweifelhafte Rechts iter neg. 56 stimmungen gelten. Ich frage aber, ob es der , , rig und des Landes angemessen ist, daß preußische 1 n l in 6 nächste Nachbar⸗Dorf gehen, dort zur , , . setzes einen wucherischen Kontrakt abschlie ßen gn if ? 3 2 n los die Früchte ihres Wuchers genießen. 34. . . . Beispiel anführen, die Bigamie. Wenn , . mon nan in nt

J . ; rau antrauen läßt, soll der Ver⸗ geht und sich dort eine zweite Fran i n, n,, ,. * brecher deshalb straflos sein, ,, ,. . 6 we, d. 9 weiberei dulden? Gewiß nicht. Ve Ihre des preußischen Staates und des preußischen Volkes erfordert er . den greußischen Straf⸗ gesetzen nicht auf diese Weise Hohn gespro⸗ n wer, hy di Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich wollte nur noch die Bemerkung machen, daß der, zweite Antrag der Abtheilung um da⸗ durch gerechtfertigt ist, daß die erste Abstimmung so ausgefallen, wie geschehen. Nachdem die Abtheilung den Zusatz an genonunen hatte hielt sie den zweiten Satz nicht mehr für erforderlich, wei! sie sich nicht einen Fall denken fonnte, wo nicht zugleich eine Verletzung des preußischen Staates oder eines preußischen Unterthanen stattgefunden habt. Nimmt die Versammlung die Meinung der Abtheilung im er⸗ sten Falle nicht an, fügt sie nicht hinzu, daß auch Verbrechen gegen preußische Unterthanen gestrast werden sollen, auch wenn sie nach dem

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Hesetz des Auslandes straflos, so würbe bei Vielen nicht mehr ein Grund vorhanden sein, den letzten Satz zu streichen. .

Landtag s-Kommissar: Ich gebe vollkommen zu, daß die Annahme des 1sten Antrages der Abtheilung den zweiten viel weni= ger bedenklich macht; aber nichtsdestoweniger halte ich letzteren auch unter jener Voraussetzung nicht für zulässig. Denn auch Ausländer bedürfen des vollen Schutzes unferer Gesetze, und es sind dergleichen Verbrechen gedenkbar, wodurch kein Inländer verletzt wird. Ich ci— tire hier nochmals die Bigamie. Wle kann man behaupten, daß solche jedesmal eine Verletzung der ersten Frau enthalte oder daß diese stets eine diesseitige Unterthanin sein müsse? 4

Abgeordn. Neumann: Ich muß mich dem anschließen, was der Herr Landtags-Kommissar so eben gesagt hat. Ich halte den Weg⸗ fall des letzten Satzes nach dem Borschlage der Abtheilung nicht für gerechtfertigt durch das, was dieselbe auszuführen versucht hat. Es kann nicht blos das Aeußere der That, es muß der rechtswidrige Wille nicht minder bestraft werden. Wenn dieser entschieden feststeht und ein Verbrechen von zwei Preußen im Auslande zur Umgehung des Gesetzes begangen wird, auch wenn sie beide einverstanden sind und keiner verletzt wird, so sehe ich nicht ein, warum dies straflos bleiben und jener Satz aus dem Strafrechte weggelassen werden solle.

Referent Abgeordn. Naumann: Es ist hier die Rede von Handlungen, die nach den Gesetzen des Auslandes straflos, und gegen Personen gerichtet sind, welche nicht preuß. Unterthanen sind. Es trifft nicht zu, wenn gesagt wird, es gehen zwei preuß. Unter— thanen über die Grenze, um Wucher zu treiben, sich zu duelliren; es trifft auch nicht das Beispiel von der Bigamie zu. Die Bigamie ist zunächst Verletzung der Rechte des anderen Ehegatten. Kehrte aber ein in Bigamie lebender preuß. Unterthan zurück, so bestände das Verbrechen fort, so wäre er immer noch strafbar. Der Umstand, daß zutreffende Beispiele nicht angeführt werden, bestärken mich immer mehr in der Meinung, daß die Abtheilung die richtige Ansicht hegt.

Justiz-Minister Uh den: Ich möchte darauf erwidern, daß es gerade der dolus malus ist, der böse Vorsatz, der eine That zum Verbrechen stempelt. Wenn ein preuß. Unterthan daher blos zu dem Zwecke, das preuß. Gesetz zu umgehen, sich nach dem Auslande begiebt, und dort ein Verbrechen verübt, so glaube ich, erfordert es die Autorität des Gesetzes, daß eine solche Handlung nicht unge⸗ straft bleibe. .

Abgeordn. Camphausen: Ich hatte das hervorheben wollen, was der Referent bereits hervorgehoben hat, daß nämlich die ange⸗ führten Beispiele für den Fall nicht passen. Außerdem möchte ich mir die Bemerkung gestatten, daß ich zwar die Gesinnung ehre und achte, aus welcher die Würde des Staats angerufen wird, die Regie⸗ rungsvorschläge zu begründen; ich möchte aber auch wünschen, nicht zu verkennen, daß es andere Staaten giebt, welche ihre Würde eben so hochachten und welche dergleichen Bestimmungen nicht getroffen haben, und möchte hervorheben, daß solche Bestimmungen auch dazu kienen, dem Allerkleinsten und Unverfänglichsten nachzuspüren und der Staats- Polizei die Gewalt einzuräumen, um Alles in Untersuchung zu ziehen. Ich wünsche, daß der Ausschuß diese beiden Rücksichten ungetrennt beachten möge.

Abgeordn. Sperling. Die Zweideutigkeit geht daraus hervor, daß zwei Kathegorieen von Verbrechen in einem Paragraphen zusam⸗ mengefaßt sind, nämlich Verbrechen gegen den preuß. Staat und Staatsunterthanen und Verbrechen gegen fremde Staaten und Un— terthanen. Auf die ersteren bezieht sich der Vorschlag der Abtheilung; auf die letzteren der Antrag, den ich gemacht habe. Es bleibt aber zwischen jenen Fällen noch ein Fall übrig, nämlich der, den ich vor— hin schon angeführt habe, wenn ein Fremder sich im Preuß. Staate aufhält, der letztere ihm in Folge dessen den Schutz seiner Gesetze schuldig ist, und ein preuß. Unterthan sich mit ihm über die Grenze begiebt, um dort ein Verbrechen zu begehen. Für diesen Fall muß die Bestimmung stehen bleiben.

Marschall. Wenn Niemand weiter das Wort verlangt, so kommen wir zur Abstimmung. Die erste Frage ist zu richten auf den ersten Vorschlag der Abtheilung, welcher Seite 5. in den ersten sieben Zeilen enthalten ist. In beiden Fällen, die Frage mag ver⸗ neint oder bejaht werden, scheint es erforderlich, eine weitere Frage auf den zweiten Antrag der Abtheilung zu richten, und eine dritte Frage auf den Vorschlag des Abgeordneten Sperling, und diese letz⸗ tere so zu fassen: Soll beantragt werden, daß in den fraglichen Fällen die mildere Auslegung immer zur Anwendung komme?

Abgeordn. Camphausen: Hatten Durchlaucht nicht auch eine vierte Frage stellen wollen, wegen klarer Bezeichnung der Verbrechen gegen den Staat?

Marschall: Es scheint dies eben so behandelt werden zu können, wie vorhin der Vorschlag des Abgeordneten Grabow behandelt worden ist.

Abgeordn. Camphausen: Dadurch würden wir nicht zur Klarheit über die Ansicht der Versammlung gelangen.

Marschall: Wenn der Antragsteller es wünscht, so steht kein Be= denken entgegen, daß eine vierte Frage gestellt werde. Jetzt würde ich die Diskussion für geschlossen zu erklären haben. Wir kommen nun zur Abstimmung.

Abgeordn. v. Saucken-Julienfelde: Ich erlaube mir die Bitte an des Herrn Marschalls Durchlaucht, die Frage⸗ Stellung zu ändern. Wie sie jetzt ist, würden viele Herren präjudizirt werden. Wie soll man entscheiden, ob Handlungen strafbar sind, ehe man weiß, welche Handlungen eigentlich gemeint sind? und noch wissen wir nicht, was Alles unter Verbrechen gegen den Staat verstanden wird. Ich erlaube mir daher die Bitte, daß eine solche Erklärung vorangehe.

Marschall: Mir scheint die Ordnung, welche die Abtheilung vorgeschlagen hat, verfolgt werden zu können, und es soll der erste Antrag, den die Abtheilung gemacht hat, zuerst zur Fragstellung kom⸗ men. Die Frage lautet so: ö.

„Tritt die Versammlung dem Vorschlage der Abtheilung bei, daß

angetragen werde, das preußische Strafgesetz nicht blos in dem

Falle für anwendbar zu erklären, wenn die im Auslande von einem

preußischen Unterthan begangene Handlung ein Verbrechen gegen

den preußischen Staat enthält, sondern auch in dem Falle, wenn eine solche Handlung ein Verbrechen gegen einen preußischen Unter⸗ than enthält.“

Diejenigen, welche die Frage mit Ja beantworten, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

„Das Resultat der Abstimmung ist folgendes: Mit Ja haben gestimmt 55, mit Nein 40 Stimmen.

.Was nun die Art des Zählens betrifft, so würde ich bitten, daß die Secretaire, welche eben nicht fungiren, das Zählen in ihren Pro⸗ vinzen jedesmal übernehmen, und bei den Provinzen, deren Secretaire zu fungiren haben, die Marschälle das Zählen besorgen. Einer der beiden fungirenden Secretaire wird dann das Resultat von denen, die es gefunden, einholen. So würde es sich auf die leichteste Art be⸗ werkstelligen lassen.

Landtags-Kommissar: Ich erlaube mir darauf aufmerk⸗ sam zu machen, daß nach den Bestimmungen des Gesetzes das Re— sultat dieser Abstimmung ein solches ist, wo auch die Ansicht der Minorität in dem an Se. Majestät zu richtenden Antrag mit vorge— tragen werden muß. Es waren nicht zwei Drittel der Stimmen für die Aenderung des Gesetzes.

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Marschall: Ja, so verhält es sich.

Graf Renard: Darf ich mir noch eine Frage erlauben. Da ein Amendement die Mehrheit der Versammlung erhalten hat, so wird wohl die Frage, ob der Entwurf so, wie er da ist, angenom—= men werde, nicht mehr gestellt werden können.

Marschall: Nein. 36

Abgeordn. von Auerswald: Darf ich noch um das Wort bitten? Ich habe das Wort zurückgehalten, weil ich der ersten Frage nicht vorgreifen wollte. .

Marschall: Es würde sich nur auf die Fragestellung selbst zu beziehen haben. Die Diskussion über die Sache war allerbings ge—⸗ schlossen.

Abgeordn. von Auerswald: Ich wollte nicht über die Frag⸗ stellung sprechen, sondern über die zweite Frage selbst in Folge der eben geschehenen Abstimmung, wenn mir wenige Worte darüber ver⸗ stattet sind. Ich habe nämlich die erste Frage bejaht, in der Vor⸗ aussetzung und Hoffnung, daß in der zweiten ebenfalls der Abthei lung beigetreten würde, und ich kann diese Hoffnung nicht aufgeben, selbst nach dem, was der Herr Landtags-Kommissar dagegen gesagt hat. Denn wenn ich mir den seltenen Fall vergegenwärtige, daß ein Verbrechen, welches in den preußischen Staaken bestraft wird, in einem benachbarten Staate nicht strafbar ist, daß ferner dies Ver— brechen von einem preußischen Unterthanen in diesem fremden Staate begangen wird, und ich mir endlich vergegenwärtige, daß es bei die⸗ sem seltenen Falle nicht blos darauf ankommt, daß das Verbrechen begangen, sondern auch, in welcher Absicht es begangen worden, so kann ich mich nicht davon überzeügen, daß der Staat, der es unter— läßt, einen so seltenen Fall zu rügen, und es unterläßt, der Absicht des Verbrechens nachzuforschen, seine Würde verletzt, Im Gegen⸗ theil halte ich es für eine der Würde eines jeden Staates gefähr— liche Sache, sich auf das Feld der Untersuchung der Gedanken und Absichten zu begeben. Es ist dies ein Feld, wo sich am meisten die menschliche Ohnmacht wie die menschliche Willkür zeigt. Ich kann also die Ansicht des Herrn Landtags- Kommissars in dieser Beziehung durchaus nicht theilen.

Landtags-Kommissar: Da einmal die Diskussion sich er— neuert hat, so glaube ich auch das Recht in Anspruch nehmen zu dürfen, noch einige Worte zu erwiedern, und benutze diese Gelegen⸗ heit zunächst, den mir von dem geehrten Herrn Referenten gemachten Vorwurf zurückzuweisen, daß die von mir angeführten Beispiele nicht zutreffend seien. Sie treffen unbestreitbar zu in dem allerdings noch ungewissen Falle, wenn das eben mit einfacher Majorität angenom- mene Amendement bei der schließlichen Redaction des Gesetzes nicht berücksichtigt werden sollte. Benn dann würde es keinen Unterschied machen, ob der durch ein im Auslande begangenes Verbrechen Ver⸗ letzte ein preußischer Unterthan ist oder nicht. Die Beispiele verlie⸗ ren aber auch dann ihre Gültigkeit nicht, wenn die Regierung sich entschließen sollte, den Anträgen der Majorität des Ausschusses zu folgen, denn es ist bereits von einem anderen Mitgliede hervorgeho⸗ ben worden, daß Fremde gleichen Anspruch auf Rechtsschutz haben, als diesseitige Unterthanen, und daß es für die Beurtheilung eines Verbrechens keinen Unterschied machen darf, ob ein fremder oder ein diesseitiger Unterthau dadurch verletzt sei. Wird dies aber zugestan— den, so bleiben die Beispiele für beide Eventualitäten geltend.

Zur Sache aber frage ich noch einmal, ob das Bewußtsein der Pflicht, das preußische Strafgesetz zu ehren, dadurch abgefunden wer⸗ den könne, daß ich den Fuß über die Gränze setze? Gewiß nicht. Begehe ich ein Verbrechen, so verletze ich das hier mehrfach hervor— gehobene Bewußtsein des Rechtsgefühls, ich mag es im Inlande oder im Auslande begehen; nicht auf die Scholle kann es dabei ankommen, auf welche ich meinen Fuß setze. .

Wenn angeführt wird, es sei schwer, die Absicht zu bewei⸗ sen, so gebe ich das zu, aber es ist keinesweges unmöglich. Wenn zwei Nachbarn zu einem im Auslande wohnenden Richter gehen, mit dem sie sonst nicht verkehren, um einen wucherischen Kon— trakt aufnehmen zu lassen, wird nicht die Präsumtion dafür streiten, daß sie es in der Absicht gethan haben, das Landesgesetz zu verletzen? Der Richter wird in solchen und ähnlichen Fällen die strafbare Ab— sicht nicht übersehen. Darum bleibe ih bei der Ansicht stehen, daß die Würde des Staates und Volkes verletzt wird, wenn wir gestatten, daß zum Hohne der Gesetze von preußischen Unterthanen gegen Preu⸗ ßen oder Fremde Verbrechen im Auslande straflos begangen werden können.

Justiz⸗Minister Uhden: Ich habe nur hinzuzufügen, daß auch durch das Geständniß der dolus bewiesen werben kann.

Marschall; Meine Herren, ich bin wahrlich kein Feind von Diskussionen, sonst wäre ich nicht an dieser Stelle. ;

Heiterkeit.) Aber ich muß auch sagen, daß ich es für einen durchaus nicht unbe⸗ denklichen Umstand halte, wenn, nachdem von dem Vorsitzenden die Diskussion für geschlossen erklärt worden ist, und zwar deshalb, weil sich Niemand mehr um das Wort gemeldet hat, nachher die Diskus⸗ sion über denselben Gegenstand nsch einmal ihren vollen Anfang nehme. Ich bin also der Meinung, daß wir bei der Fragestellung verbleiben. Zeichen der Zustimmung.) Die zweite Frage bezieht sich auf den zweiten Vorschlag der Abthei⸗ lung. Wollen Sie denselben noch einmal verlesen. (Secretair verliest den Antrag:) -Die Bestimmung, wonach auch auf die in der Absicht, das preu= ßische Gesetz zu umgehen, im Auslande vorgenommenen Handlun— gen das preußische Strafgesetz angewendet werden solle, fortzu⸗ lassen.“

Die mit Ja die Frage beantworten, werden dies durch Aufstehen

zu erkennen geben. (Die Stimmen werden gezählt.)

Die Frage ist verneint; für Ja haben 32, für Nein 67 ge⸗ stimmt.

(Schluß folgt.)

Uichtamtlicher Theil.

ght.

Inland. Berlin. Hofnachricht. Verordnungen des General- Post⸗ Amts. Feuersbrunst. Provinz Preußen. Feier des Krö⸗ nungsfestes in Königsberg. Neuenburger Angelegenheiten. Ankunft Bois le Comte's. Prosperität der Ühren-Fabrication.

Deutsche Bundesstaaten. Großherzogthum Baden. Land- tags, Perhandlungen. Professor Ernst Lewald 4. Herzogthum Sach sen⸗Meiningen. Eröffnung des Landtags. Schreiben aus Schwerin. (Hoftraäͤuer.)

Frankreich. Pariz. Anordnung und Befinden des Königs. Prinz Joinville. Abd el Kader.

Großbritanien und Irland. London. Hofnachricht. Die Spe⸗ zial-Assisen in Irland. chweiz. Tagsatzung. Die Bundesrevisions - Frage. Zürich. Ergebnisse der Synode. Kriegagerichtliche Enischridung. Di.

Blunischli.

Handels⸗ und Börsen⸗ Nachrichten.

Jn land.

Berlin, 21. Jan. Se. Majestät der König haben Allergnä—= digst geruht: Dem Flügel-Adjutanten, Major von Aloens leben, die Erlaubniß zur Anlegung des von des Herzogs zu Anhalt-Deßau Hoheit ihm verliehenen Commandeur-Kreuzes vom Herzoglich Anhal⸗ tinischen Gesammthaus⸗Orden Albrecht's des Bären zu ertheilen.

Berlin, 18. Jan. (Verspätet. Heut, am Jahrestage der Stiftung des hohen Srdens vom Schwarzen Adler, fand im Nitter= Saal des Königlichen Schlosses die feierliche Investitur des Staats⸗ Ministers von Rother statt, bei welcher Se. Majestät der König Allerhöchstselbst demselben die Ordenskette umzuhängen geruhten.

Demnächst begaben Sich Se. Majestät mit den sämmtlichen, hier anwesenden, kapitelfähigen Rittern des Schwarzen Adler-Ordens in die rothe Sammet-Kammer zur Abhaltung eines Kapitels, worauf die Herren Ritter zur Tafel bei Ihren Königlichen Majestäten waren.

Berlin, 21. Jan. Das Amtsblatt des Königlichen Post⸗ Departements enthält die Verordnung, betreffend die Annahme von Briefen mit Bemerkungen auf dem Couverte; desgl. betreffend die Erleuchtung der Post-Laternen an den Extrapostwagen und dafür zu zahlende Vergütigung; desgl. betreffend den oldenburgischen Porto⸗ satz für die durch Preußen transitirende Korrespondenz zwischen Ol⸗ denburg und Frankreich und dabei in Anwendung kommende Gewichts= Progression; desgl. betreffend die Streichung des Landbrief-Bestell— Geldes für weiter herkommende unbestellbare Briefe und Einziehung desselben für unbestellbare Briefe aus dem Orte; desgl. betreffend die Portofreiheit des Vereins zur Beförderung des Wohlstandes im Kreise Warburg; desgl. betreffend die Kartenschlüsse zwischen Breslau und Görlitz und Teplitz, Karlsbad und Franzensbad, und die dabei in Anwendung kommende Instradirungs⸗-Tabelle; desgl. be⸗ treffend den Schriftwechsel der Post⸗Anstalten durch Nachfragen, NJückmeldungen, Defekt Anzeigen, Laufschreiben c.

Berlin, 21. Jan. Heute Mittag gegen 1 Uhr brach unter den Linden Nr. 1 in dem Hotel des Wirklichen Geheimen Raths, Grafen von Redern, Feuer aus, das, dem Augenschein nach zu ur⸗ theilen, vom ersten Stock des Gebäudes nach dem Dachstuhl des Vorderhauses seinen Weg genommen und von dort nach den dazu gehörigen Hintergebäuden sich verbreitete. Gegen 3 Uhr war man des Feuers Meister. Wie man veimuthet, soll dasselbe in einer von den Röhren der russischen Heizung entstanden sein.

Provinz Preußen. (EGönigsb. Ztg.) Die Feier des Wrönungsfestes wurde am 18. Januar in Königsberg in gewohnter Weise begangen. Die deutsche Gesellschaft hielt eine öffentliche Siz⸗ zung, in welcher der zeitige Secretair, Prof. A. Hagen, den Jahres- Bericht abstattete und einen Vortrag über den Dichter Magister Lauson in Königsberg und dessen vielseitige Talente hielt. Hierauf wurden von dem Geh. Regierungs⸗Rath Prof. Dr. Schubert astati⸗ stisch-politische Betrachtungen über die konfessionellen Verhältnisse der Staaten Europa's mit einem Rückblicke auf den westfälischen Frieden im Jahre 1618 und den aachener Frieden im Jahre 1748“ mitgetheilt. In dem Auditorium maximum des Universi- täts-Gebäudes sprach der akademische Redner, Geh. Rath Prof. Dr. Lobeck, von den Ansichten des Alterthums über Fortschritt und Nückschritt. Zuletzt wurden die von den Studirenden für eingereichte Preis- Abhandlungen gewonnenen Preise bekannt gemacht. Abends war bei dem Oberpräsidenten, Dr. Bötticher, Ball. In der deut⸗ schen Ressource wurde das Stiftungsfest der Gesellschaft durch ein Mittagsessen gefeiert.

Neuenburger Angelegenheiten.

Neuenburg, 15. Jan. Am 12ten d. ist der französische Ge⸗ sandte bei der schweizer Eidgenossenschaft, Herr Bois le Comte, in Neuenburg eingetroffen.

In den Srtschaften Le Locle und La Chaux de Fonds wurden im Jahre 1835 von den dortigen Stempel-Büreaus 31,398 goldene und 5,59 silberne daselbst angefertigte Uhren gestempelt; im Jahre 1845 belief sich die Zahl der ersteren auf 64, 174 die der letzteren auf 107,523; im Jahre 1846 die der ersteren auf 72,312, der letz⸗ teren auf 128,960. Der Constitutionnel Neuchatelois führt diese Zunahme als einen Beweis von dem außerordentlichen Gedeihen an, dessen sich die Uhrfabrication jener Ortschaften erfreut, und wel— ches sie zum ersten Range unter allen industriellen Etablissements der Welt erhoben.

Deutsche Bundesstaaten.

Großherzogthum Baden. (Bad. Bl.) In der öf— fentlichen Sitzung der zweiten Kammer am 18. Januar verkündete der Pfräsident, daß in der geheimen Sitzung am 15ten auf Be⸗ fehl Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs ein Gesetz⸗Entwurf, wel⸗ cher die Unterstützung der Maschinen-Fabrik Karlsruhe und eben so der Spinnerei Ettlingen und der Zucker- Fabrik Waghäusel bezweckt, vorgelegt worden sei. Sodann legten der Präsident des Justiz⸗Mi= nisteriums, Staatsrath Trefurt, und Ministerial⸗Rath Brauer die allgemeine deutsche Wech selord nung mit dem Bemerken vor, daß die Kammer dieselbe entweder unbedingt, alfo ohne alle Zusätze und Abänderungen, annehmen oder im Ganzen verwerfen könne. Diese Vorlage begleitete Ersterer mit einer Rede, in welcher er unter Anderem aus- führt, daß der Zoll-⸗Verein überhaupt bei seinem Entstehen von We— nigen gewürdigt und von Vielen angefeindet, schon längst die Schran— ken durchbrochen und für Deutschland Großes gewirkt habe. Von allen Früchten sei vielleicht eine der schönsten diese allgemeine deutsche Wechsel⸗ Ordnung, die er somit zur Annahme empfehle. Der Ab— geordnete Zittel zeigt hierauf eine Motion an auf Errichtung einer gemeinsamen Ober⸗-Schul- und Studien-Behörde und Beseitigung der bis dahin in dieser Beziehung bestandenen Einrichtung. Nach dem Schlusse der öffentlichen Sißung blieben die Kammer⸗Mitglieder ver= sammelt und es begann die zur Prüfung der Vorlage über die drei Fabriken erwählte Kommission in deren Gegenwart ihre Aibeiten. Die Universität Heidelberg und namentlich die dortige theolo- gische Fakultät hat durch den am 15. Januar erfolgten Tod des Pro⸗ fessors der Theologie, Kirchenraths Dr. Ernst Lewald, einen großen Verlust erlitten.

16. Januar wurde der neuberufene Landtag feierlich eröffnet. Die Landlags-⸗Predigt hielt der Ober-Hofprediger über die Worte 1. Kor. 13: „die Liebe freut sich der Wahrheit. Ta. Se. Hoheit der Her⸗ zog noch nicht völlig hergestellt ist, so eröffnete der Vorstand des Landes ⸗Ministeriums, Geheime Rath von Werthern, die Stände⸗ Versammlung in dem Landschafts Gebäude. Mittags war große Tafel bei Hofe. Außer dem Etat liegen mehrere Gesetze über Ei⸗ genthumsrecht und Hypothekenwesen und einige andere bei dem Schlusse des letzten Landtags unerledigt gebliebene Gegenstände zur Berathung vor, und noch andere, z. B. über Eisenbahn⸗Augelegenheiten, wurden

in ber Eröffnungs⸗Rede verheißen. Schwerin, 19. Jan. Wegen des Ablebens Sr. Durchlaucht des en. Friedrich Ludwig zu Hessen⸗-Homburg hat der Groß-

herzogliche Hof eine dreitägige Trauer angelegt.