1848 / 23 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ständigsten entnehmen lassen, wenn ich die Frage stelle: wünscht die Versammlung, daß ihr eine solche Spezialisirung der fraglichen Ver— brechen vorgelegt werden möge? Diejenigen, welche dies mit ja beant⸗ worten, würden dies mit Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich fast die ganze Versammlung.) Wir kommen nunmehr zu §. 3. Referent Naumann: „S. 3.

Ausländer sind für die im Auslande begangenen Verbrechen von preußischen Richtern nur dann zu bestrafen, wenn ihre Hand- lung entweder ein Verbrechen gegen den preußischen Staat ent— hält oder einen preußischen Unterthan verletzt.

Die Bestrafung soll in diesen Fällen nach preußischen Gesetzen erfolgen. Wenn jedoch die gegen einen preußischen Unterthan ver⸗ übte Handlung in dem Gesetze des Auslandes nicht mit Strafe bedroht ist, so soll dieselbe straflos bleiben.“ .

„Zu S. 3.

Gegen die Bestimmung, daß Ausländer für die im Auslande begangenen Verbrechen über- haupt von preußischen Richtern nach preußischen Gesetzen bestraft werden dürfen, J

ist bemerkt worden, daß dies gegen den Grundsatz der Territorialität verstoße. Der Ausländer habe keine Veranlassung, bei Handlungen in seinem Vaterlande die preußischen Gesetze zu beachten, und diese Handlungen könnten ihm niemals als sstrafbar angerechnet werden, wenn sie gleich gegen ben preußischen Staat gerichtet seien oder preu— ßische Unterthanen' verletzten. Ausländer in diesem Falle mit Strafe bedrohen, setze Besorgniß voraus, die der Würde des preußischen Staats nicht entspräche, und bie Anwendung einer solchen Bestim—⸗ mung würbe zu unvermeidlichen Schwierigkeiten und Verwickelungen mit dem Auslande führen, weil sie unter Umständen Personen tref⸗ fen könnte, die lediglich im Interesse ihres Vaterlandes zu den für strafbar erklärten Handlungen veranlaßt worden seien. Stelle sich die Nothwendigkeit dar, sich gegen Unternehmungen von Ausländern ge⸗ gen den preußischen Staat zu sichern, so müsse dies in entsprechen⸗ der Weise durch Staats⸗Verträge geschehen, nicht aber durch Be⸗— stimmungen im Strafgesetzbuche.

Folgende aus diesen Gründen gestellte Anträge: (

1) die ganze Bestimmung des §. 3 aus dem Gesetze fortzulassen, 2) eine dahin gehende Bestimmung zu substituiren: „Ausländer sind in diesem Falle (8. 2) nach preußischen Gesetzen zu strafen, wenn die Handlung nach den sie bin⸗ denden Gesetzen des Auslandes strafbar ist, sind indeß nur von resp. 4 und 2 Mitgliedern der Abtheilung unter⸗ stützt worden.

Die Majorität der Abtheilung verkennt zwar nicht die Richtig⸗ keit der angeführten Bedenken, sie hält aber dafür, daß ohne derglei⸗ chen Bestimmungen, wie sie in den §. 3 aufgenommen worden sind, der preußische Staat unter Umständen kein Mittel besitzen würde, sich gegen feindselige Unternehmungen von Ausländern zu sichern. Sol⸗ chen Unternehmungen gegenüber seien die Bestimmungen des §. 3 Maßregeln der Nothwehr zur eigenen Sicherheit, und deshalb bei— zubehalten.

Allerdings aber kann es Fälle geben, in welchen Rücksichten ge— bieten, Ausnahmen eintreten zu lassen, und deshalb wird es ange— messen sein, die Bestimmungen des §. 3 fakultativ zu fassen. Die Abtheilung hat mit 10 Stimmen gegen 1 Stimme beschlossen, vor— zuschlagen,

daß angetragen werde, die Bestimmung des §. 3 dahin zu fassen:

„Ausländer können für die im Auslande begangenen Ver— brechen von preußischen Richtern nach preußischen Gesetzen bestraft werden, wenn ihre Handlungen entweder ein Ver brechen gegen den preußischen Staat enthalten oder einen preußischen Unterthan verletzen. Wenn jedoch die gegen einen preußischen Unterthan verübte Handlung in dem Ge⸗ setze des Auslandes nicht mit Strafe bedroht ist, so soll dieselbe straflos bleiben.“ Justiz⸗Minister von Savigny: Der Herr Referent hat so eben auseinandergesetzt, daß die Abtheilung im Ganzen dem Entwurfe beigetreten ist, mit der Maßgabe, daß das, was im Entwurfe als absolut vorgeschrieben ist, in eine fakultative Bestimmung umgeändert werde. Gegen diese Umänderung würde das Gouvernement nichts einzuwenden haben. Die Regierung hat sich gesagt, was ohne Zweifel die Abtheilung geleitet haben mag, daß nämlich bei Fällen dieser Art völkerrechtliche Rücksichten in Betracht kommen können; aber gerade mit Rücksicht darauf wird man sich nicht beschränken dürfen auf bloße Verwandlung des „Sollen“ in „Können“, sondern es müßte genau bestimmt werden, wem diefes Ermessen beigelegt werden e Dieses gerade aber, so wie die Beachtung der mög⸗ licherweise eintretenden völkerrechtlichen Rücksichten, würde, glaube ich, der richterlichen Beurtheilung nicht unterliegen können, sondern der Beurtheilung der Regierung, und es würde dann von dem Antrage der Regierung abhängig, zu machen sein, ob eine Handlung dieser Art zur Bestrafung zu ziehen sei. Ich giaube, diese Maßgabe wird sich die Regierung sehr gut gefallen lassen können, zumal der Vor— chlag der Abtheilung nicht das Wesen des Paragraphen alterirt. Referent Naumann: Allerdings wird es einer derartigen Be— stimmung bedürfen, wie eben von dem Herrn Minister der Justiz auseinandergesetzt worden ist. Gegen eine solche Bestimmung aber haben sich bie Landtage von 1843 mit großer Majorität erklärt, weil sie zu anderen Schwierigkeiten führen würde. Ich meinerseits muß als Amendement die Ansicht der Minorität der Abtheilung geltend machen und bitte des Herrn Marschalls Durchlaucht, daß er frage, ob der Vorschlag, die lanze, Bestimmung im §. 3 fortzulassen, die gesetzliche Unterstützung , Eventuell wenn dies , . wer⸗ den sollte, würde der zweite Antrag der Minorität der Abtheilung zur Berathung kommen können, welcher Antrag dahin geht: ; „daß Ausländer in diesem Falle (69. 2) nach preußischen Gesetzen u strafen sind, wenn die Handlung nach den sie bindenden Ge— . des Auslandes strafbar ist.“

Diese beiden Anträge behalte ich mir vor, weiter zu entwickeln, wenn

sie die nöthige Unterstützung gefunden haben. Mar 7 Es ist zunächst zu ermitteln, ob der erneuerte

Antrag der Minorität eine Ünterstützung von 8 Stimmen sindet. (Es e,

Er wird nun eventuell zur Fragestellung kommen.

Aorreferent Freiherr von Myllus: Dem Herrn Gesetzgebungs= Minister gegenüber wollte ich mir zu bemerken erlauben, daß aller⸗ dings die fakultative Fassung vorzuschlagen die Ansicht der Abtheilung

ewesen ist, daß es aber bedenklich erscheint, das Prinzip auszuspre⸗ . daß es hier auf einen bestimmten Antrag ankomme, Einen rundsatz, der in der Ausdehnung, wie er im Entwurfe vorkommt, * denen gehört, welche von vielen Seiten und namentlich vom Hermn eferenten am entschiedensten angefochten worden. Wenn das Prinzip,

. die . Gesetzgebung für sich hat, durchgeführt wird, dann werden Verl

wen. abhängig gemacht werden, nur auf die kürzeste Zahl be— chränkt werden dürfen, denn es wird dadurch der ren n; aufge⸗ stellt werden müssen, daß in allen Fällen der Staat das Recht der bffentlichen Klage hat und sich nie dieses Rechtes in irgend einer

erbrechen oder Vergehen, die von Anträgen anderer

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Weise begeben darf. Wenn der Staat aber das Recht der öffent- lichen Klage hat und es im Prozesse durchführt, so hat er auch seine Organe, durch welche er dieses Recht ausüben lassen kann. Falls völ— kerrechtliche Grundsätze vorkommen, irgend Verfolgungen nicht eintre- ten zu lassen, dazu ist durch die Organisation der Gerichte und die Verfassung der sämmllichen Justizbehörden geeignete Fürsorge gege— ben. Es? würde also die Ansicht, baß ein Antrag der Negierung dazu gehöre und dies hier ausdrücklich aus gesprochen werden müsse nicht zu befürworten sein; es dürfte vielmehr das Prinzip, wie es der Vorschlag der Abtheilung enthält, die fakultative Fassung statt der gebietenden zu setzen, das einzig Richtige seein.. 6.

Justiz⸗Minister von Savigny: Ich glaube, daß hier ein klei⸗ nes Mißverständniß obwaltet, die Ansichten dürften sich näher stehen, als es scheint. Wenn, ich den Herrn Korreferenten recht verstanden habe, so geht seine Meinung dahin, es solle davon abhängen, ob der Staats- Anwalt darauf antrage oder nicht; der Staats-Anwalt ist aber bei den Gerichten das Organ der Regierung und kann im Na⸗ men der Regierung allein seine Anträge stellen, womit dem Bedürf⸗ nisse derselben genügt sein würde.

Korreferent Freiherr von Mylius: Ich würde nur dagegen zu erinnern haben, daß ein bestimmter Antrag die Bedingung des Strafantrags werden soll. Im Allgemeinen würde der Fall der— selbe sein, da der Staats-Anwalt, wenn er eine Anweisung erhielte, nicht zu verfolgen, keine Möglichkeit für sich hätte, das Gesetz anzu— wenden, also faktisch würde die Sache dieselbe sein, und ich würde mich nur im Interesse des Prinzips, was vielfach zur Sprache ge⸗ bracht wird, dagegen erklären, den Antrag zur Bedingung der Straf⸗ barkeit zu machen.

Abgeordn. Neumann: Ich würde nach dem Vorschlage der

Minorität darauf antragen, den §. 3 ganz wegzulassen. Denn das positive Strafrecht eines Staates kann als solches keine Bestimmung darüber enthalten, welches Vergehen ein Ausländer im Auslande be—⸗ geht, welche Strafe ihn treffen soll, es kann nur die Unterthanen den Strafen unterwerfen. Es ist der Ausländer in Folge des Ter⸗— ritorialitäts⸗Prinzips nur insoweit dem einheimischen Strafgesetze zu unterwerfen, als er im Inlande ein Verbrechen begangen hat. Durch völkerrechtliche Einigung allein, nicht durch das einheimische Strafrecht wäre zu einer Strafbarkeit zu gelangen; es giebt aber kein festes Strafrechts-Prinzip, welches dazu für sich allein ausreicht. Es han delt sich zunächst darum, ob der fremde Staat für dasselbe Verbre—⸗ chen auch dieselbe Strafe, oder wenigstens eine andere ausspricht, oder gar keine. Für das Ausland existirt das preußische Strafgesetz nun gar nicht, und es fragt sich also, ob der Ausländer den preußischen Staat als solchen verletzt oder nicht. Thut er dies, so wird er ein spezieller Feind desselben, und es tritt ein Kriegsrecht ein. Dies führt dahin, daß er, wenn man seiner habhaft werden kann, gefaßt und auf den Grund des Strebens, ihn möglich gerecht zu behandeln, nach preußischem Strafgesetze bestraft wird. Aber es entsteht nun die Frage, ob dasselbe auch auf den Fall Anwendung sinden kann, wenn ein preußischer Unterthan von einem Ausländer, der die Hand lung im Auslande begangen hat, verletzt wird, und dies halte ich nicht für zulässig, weshalb ich für den Wegfall des Paragraphen stimmen muß, der in ein einheimisches Strafgesetz nicht zu gehören cheint. ö. Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich bin in der Abtheilung ebenfalls in der Minorität gewesen; ich habe auf gänzliche Strei chung des Paragraphen angetragen, weil ich darin kein Prinzip er kannt habe. Ich glaube, das Strafrecht des Staats läßt sich nur so rechtfertigen, daß es einestheils auf die Staats- Einwohner An⸗ wendung findet, weil sie besonders persönlich dem Staate verpflichtet, oder auf Handlungen, welche innerhalb des Staatsgebietes vorfallen. Ausländer, die im Auslande Verbrechen begehen, können aber weder unter die eine, noch die andere Kategorie gebracht werden, und des⸗ halb rechtfertigt sich der Paragraph nicht. Wenn von der Majorität angeführt wird, daß allerdings im Prinzip die Richtigkeit dieses Be denkens anerkannt werden müsse, aber für den preußischen Staat es nothwendig sei, sich vertheidigen zu können, so glaube ich, bedarf er dessen nicht, er hat das Recht, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, er hat auch die Kraft, sich dieses Rechtes zu bedienen, solche Handlun— gen dem Ausländer, die mit Gewalt sein Recht verletzen, mit Ge⸗ walt zurückzutreiben, andere Handlungen aber, auch gegen ihn gerich⸗ tet, hat er die Kraft, übersehen zu können, und es ist kein Grund, von dem Prinzipe abzuweichen, daß nur das Gebiet, innerhalb dessen ein Verbrechen geschieht, oder die Unterthanenpflicht das Kriterium der Strafbarkeit ist.

Justiz-Minister Uh den: Was zunächst die Bestimmung be trifft, daß die preußischen Gesetze wider den Ausländer wegen Ver— brechen gegen den preußischen Staat zur Anwendung kommen sollen, so könnte in vielen Fällen von einem forum delicti commissi die Rede sein. Allein abgesehen davon, so fragt es sich, ob ein Aus— länder, der z. B. gegen den preußischen Staat konspirirt hat, in den selben kommt, straflos gelassen werden soll-? Man hat gesagt, man könne ja die Gewalt wie gegen jeden Feind, so auch gegen ihn an— wenden. Wenn die Regierung dagegen vorschlägt, dieser Verbrecher soll einem preußischen Unterthan gleich geachtet werden, also nach gesetzlicher Form und nach bestimmten Gesetzen gerichtet werden, so sst das ein edlerer Grundsatz, als wenn man sagt, man wende Ge— walt gegen ihn an. Eben so erscheint dieselbe Bestimmung gerecht⸗ fertigt, wenn nur ein preußischer Unterthan verletzt ist, denn wenn z. B. ein Ausländer einen Preußen im Auslande mordet und dann nach Preußen kommt, so könne doch eine solche That nicht ungesühnt bleiben und der Verbrecher straflos umhergehen.

Abgeordn. Sperling: Auch ich bin der Ansicht, daß durch die Fassung dieses Paragraphen der erste Grundsatz des Rechtes ver⸗ letzt wird, der dahin geht, daß keine Strafe den treffen darf, dem sie nicht angedroht ist, und trete der Minorität der Abthei= lung bei, welche für die Weglassung des Paragraphen stinmt. Sollte der Beschluß der hohen Versanimlung anders ausfallen und der Grundsatz beibehalten werden, daß der preußische Staat auch Ver— brechen, welche von Ausländern im Auslande begangen werden, be⸗ strafen könne, so wäre dies nur möglich, indem er an die Stelle des fremden Staates tritt, sein Strafrecht gegen dessen Unterthanen aus⸗ drücklich oder stillschweigend überkommt. Dann handelt er nur als Organ des fremden Staates, kann nur die Gesetze des fremden Stagtes anwenden. Ich erlaube mir daher bei diesem Paragraphen ebenfalls den Vorschlag zu machen, die Bestimmung des Allgem.

Landrechts aufzunehmen, wonach die im Auslande verübten Ver brechen der Ausländer nach den Gesetzen des Orts der That zu be— urtheilen wären, jedoch mit dem Zusatze, daß ihnen die Bestim— mungen des preußischen Gesetzes dann zu statten kommen sollen, wenn solche milder wären.

Abgeordn. Steinbeck: Der Paragraph, welcher hier vorliegt, streift jedenfalls in das Völkerrecht hinüber und gehört daher nach meiner Ueber zeugung nicht in das Kriminalrecht des preußischen Staa⸗ tes. Es ist bereits von einem anderen Redner auseinandergesetzt worden, wie der preußische Staat sich hier gegenüber den Verbrechern in ein Verhältniß setzz, wo er in die Rechte des fremden Staates eintritt, diese Rechte verwaltet, ohne dazu eine Befugniß nachweisen zu können, wenn nicht völkerrechtliche Verträge solche begründen. Es ist dagegen bemerkt worden, daß es bre sei, Privat⸗Verbrechen,

die von öffentlichen Verbrechen geschieden sind, straflos zu lassen, so— bald der Verbrecher in die Gewalt des preußischen Staates gerathen sei; und allerdings scheint dies zuvörderst auf den Grundsätzen einer gewissen Billigkeit zu beruhen, auf den Grundsätzen des Schutzes, den der Staat seinen Unterthanen schuldig ist. Allein es tritt hier ein wechselseitiges Verhältniß ein, wir müssen auch den fremden Staat in Betracht ziehen, dessen Unterthanen an den Unterthanen desselben fremden Staates innerhalb des preußischen Verbrechen verübt hätten und in die Macht. ihres ursprünglichen Staates zurückgerathen sind. Der Staat wird sie bestrafen, das können wir auch voraussetzen, so⸗ bald von Privat Verbrechen, von Mord und Todtschlag die Nede ist. Ich würde also aus dieser Rücksicht den Paragraphen schon in Bezug auf die Privat⸗Verbrechen zurückweisen müssen in das Gebiet des Völkerrechts. Noch mehr ist dies der Fall, wo es sich um öffentliche Verbrechen handelt. Es ist möglich, daß ein Ausländer im Auslande etwas begeht, was Preußen im höchsten Grade nachtheilig, nach den Gesetzen seines eigenen Landes aber lobenswerth ist. Dasselbe kann umgekehrt bei uns der Fall sein. Ich will an geschichtliche Erfah

rungen und große gefeierte Namen nicht speziell erinnern; wo aber der Grundsatz der Gewalt entscheidet, daß der Verbrecher, wo er er— griffen und nicht wohin er gehört, gerichtet würde, von einem Staate adoptirt wird, so kann es nicht ausbleiben, daß auch andere Staaten denselben Grundsatz adoptiren, wodurch wir in ein kritisches Verhält— niß versetzt werden können, wenn andere Staaten gegen preußische Bürger, die in ihre Gewalt geriethen, Retorsion anwenden wollten.

Abgeordn. Wodiezka: Nachdem mehrere Redner sich gegen den Paragraphen ausgesprochen haben, besinde ich mich in einer peinlichen Lage, da ich die Ansicht der Majorität der Abtheilung verfechten will. Ich will zwar zugeben, daß der Paragraph gegen den Grundsatz der Territorialität verstößt, ich finde aber, daß ihn der Staat nothwendig bedarf, besonders, wenn man, wie ich, der Ansicht ist, daß der Staat berechtigt ist, zu seiner eigenen Sicherheit Maßregeln der Nothwehr zu ergreifen. Namentlich stimmt mit für den Paragraphen die Rücksicht, daß der Staat sich ohne denselben unmöglich gegen Conspirationen im Auslande schützen kann.

Landtag s-Kommissar: Wenn Niemand das Wort ergreift, so erbitte ich es mir, und zwar nur in Bezug auf den einen Theil des Paragraphen, welcher von Verbrechen von Ausländern gegen den preußischen Staat handelt. Der Gesetzentwurf ist des Prinzips wegen angegriffen, indem man sagt, es könne die preußische Straf gewalt nur gegen preußische Unterthanen oder gegen Verbrechen, die auf preußischem Gebiet verübt worden, geltend gemacht werden Ich glaube mich nicht mit Bekämpfung des Prinzips aufhalten zu dürfen, obgleich dies nicht schwer werden würde, indem ich vermeine, daß selbst unter Anerkennung jenes Prinzips die Be— stimmung des Paragraphen wenigstens für die Hauptfälle auf⸗ recht erhalten werden könne. Es handelt sich nämlich um den Fall, wo ein Verbrechen gegen den preußischen Staat im Auslande konzi⸗ pirt wird. So lange nun der Verbrecher im Auslande ist, fällt seine Bestrafung von selbst weg; in dem Augenblicke aber, wo er den Fuß auf preußischen Boden setzt, verfällt er dem preußischen Gesetze, denn er hat nicht aufgehört, ein Verbrecher gegen den preußischen Staat zu sein. Nehmen wir an: er habe gegen die Sicherheit unseres Staates konspirirt, dessen Umsturz vorbereitet; das Ver brechen ist nicht konsummirt; betritt er nun das preußische Terri torium, so darf man gewiß annehmen, daß er nicht aufgehört habe, ein Verschwörer, ein Hochverräther zu sein; in dieser Voraussetzung wird er nach unseren Gesetzen bestraft, und ich glaube selbst theo retisch mit vollem Recht. Vorzüglich aber halte ich praktisch die Aufrechterhaltung des Grundsatzes für nothwendig, wenn man nicht den in dieser Versammlung auch aufgestellten Grundsatz anneh men will, daß der Ausländer in diesem Falle rechtlos sei. Eine solche Theorie wäre freilich bequemer; der ausländische Staatsver brecher wäre bann jeder willkürlichen Strafe verfallen, aber ich glaube nicht, daß die Adoption eines solchen Grundsatzes der Würde des preußischen Staates angemessen, daß sie völkerrechtlich zu recht-— fertigen sei, bin vielmehr der Meinung, daß die Beibehaltung der Vorschrift des Entwurfs humaner und juridisch richtiger sei. Kaum glaube ich, daß die Ansicht: derjenige, welcher gegen unseren Staat offen konspirirt hat, solle völlig straflos bleiben, in der hohen Ver— sammlung Anklang finden könne. Würde sie angenommen, so bliebe nur übrig, einen solchen Verbrecher, wenn er den preußischen Boden betritt, über die Grenze zurückzuschaffen; meines Erachtens ist es aber damit nicht genug, er muß es auch fühlen, daß er nicht unge⸗ straft den preußischen Staat angreifen und dennoch seine Gastfreiheit in Anspruch nehmen dürfe.

Abgeordn. v. Saucken⸗-Julienfelde: Ich muß dem Herrn Minister erwidern, daß ich bisher geglaubt habe und noch der Ansicht lebe, daß der Hochverrath was selbst der Wortlaut sagt der höchste Verrath sei, dessen sich ein Unterthan schuldig machen könne, nämlich der Verrath an seinem Landesherrn. Ich frage aber, ob sich Jemand des Hochverraths gegen Jemand Anders schuldig machen könne, als gegen den Landesherrn? Nach der Ansicht des Herrn Ministers aber könnte sich Jemand des Hochverraths durch dieselbe Handlung schuldig machen, durch welche er der Bürgerkrone seines Vaterlandes würdig werde. . .

Abgeordn. Graf v. Schwerin: Ich wollte dem Herrn Land— tags Kommissar nicht erwidern; weil aber dieser Punkt einmal angeregt worden ist, so muß ich bemerken, daß ein Ausländer nicht ein Hoch verräther gegen den preußischen Staat sein könne. Man muß preu ßischer Unkerthan sein, sonst kann man einen Hochverrath nicht 47 gehen, weil eben in dem Bruch der schuldigen Treue und Ehrfurcht das Kriterium liegt. . . K

Landtags-Kommissar: Ich will, wenn Sie den w . rath eines Ausländers gegen das Oberhaupt unseres ö ver⸗ werfen, dann ein anderes Beispiel wählen: den R r hr, gun fragen, ob nicht ein Ausländer im Auslande zur , n ge in nun, ruhrs in einem unserer Staaten wirksam sein kann . „R ö. , He nicht ein Verbrechen gegen den preußischen Staat sei, ob es straflö bleiben solle? .

Bil hierschal v. Rochow: Der . . den Paragraphen in Beziehung auf , , w . 4 Staat in Schutz genommen; ich muß . . . 2 .

zort reden, und erlaube mir ein gegen preußische Unterthanen das Wo daß eine Bande von böhmi— Beispiel anzuführen: Man denke sich, ah eine. Wande dünn bonn.

spiel anzufüpre inen Grenzaufseher Rache ausüben wolle, schen Schmugglern gegen eine hinüber und schlagen ihn todt. Nach

S ; über di renze h . 9. . uf dem diesseitigen Gebiet ergriffen.

Geng sie Hann strafig btelben? ich glaube nicht. Das Geseh 5 1 9 !

muß , 9. Ren . ee licht, daß en,. gländern gegen den preußischen Staa straflos bleit en, nech ven n . Maßregeln vornherein gegen solche Verbrecher ergreifen . n , nur, daß ein Paragraph, der von Handlungen der sellenʒ . . Auslande spricht, nicht in ein preußisches Kriminalrecht Ausländer it die Regielung Milde üben, und, solches Verbrechen geh ert usländers nach preußischen Gesetzen richten, so mag sie es 1. aber hierher gehört diese Bestimmung nicht. tbun Janz. Minsster Uhden: Ich glaube, daß es bei den Gerichten das größte Bedenken erregen würde, wenn nicht in dem Strafrechte

oder sonst irgendwo eine solche Bestimmung angenommen würde, und darum muß ich dringend darauf bestehen.

Abgeordn. Sperling: Wenn man an den Fall denken wollte, daß Jemand ganz rechtlos wäre, so könnte es allerdings etwas für sich haben und sogar human erscheinen, wenn wir uns ia. anneh⸗ men und ihn in einem preuß. Gefängniß verwahren wollten. Aber an diesen Fall ist nicht zu denken, eben so wenig an den, welchen der Herr Marschall der Provinz Brandenburg angeführt hat, wonach Ausländer, die ein Verbrechen gegen unsere Landesgesetze begangen haben, straflos bleiben würden, wenn die vorliegende Bestimmung in unser Strafrecht nicht aufgenommen würde. Denn Preußen steht mit allen benachbarten Ländern und allen civilisirten Staaten in völ⸗ kerrechtlicher Verbindung, und es würde auf diesem Wege die Bestra⸗ fung der von Ausländern gegen den preußischen Staat begangenen Verbrechen Seitens des betreffenden auswärtigen Staates herbei⸗ führen können. Es würde also die Gerechtigkeit beeinträchtigt wer⸗ den, wenn die Bestimmung dieses Paragraphen fortfiele. Regierungs-Kommissar Bischoff: Es erscheint mißlich, viel Gewicht auf den völkerrechtlichen Schutz zu legen, welcher dem preußischen Staat und den preußischen Unterthanen durch die aus- wärtigen Staaten zu Theil werden möchte. Beispielsweise ist es Grundsatz des französischen Strafrechts, daß Verbrechen, welche von Franzosen im Auslande gegen Nichtfranzosen begangen werden, in Frankreich nicht bestraft werden. Wenn also ein Franzose einen Unterthanen bei uns ums Leben gebracht hätte, so würde die fran— zösische Regierung nicht einschreiten. .

Landtags-Kommissar: Gegen die Erwiderung des ehren⸗ werthen Deputirten der Stadt Königsberg glaube ich anführen zu müssen, daß völkerrechtliche Verträge nur in Friedenszeiten schützen würden, daß aber der Fall, um den es sich hier handelt, auch leicht in Kriegszeiten vorkommen kann. Nun weiß ich zwar wohl, daß in solchen Zeiten gewöhnlich ein, wie man zu sagen pflegt, kurzer Pro⸗ zeß gemacht wird, aber ich glaube nicht, daß eine solche Prozedur zur Regel werden dürfe und in das Strafrecht aufzunehmen sei. Deshalb beharre ich bei der Meinung, daß das Stehenbleiben dieses Paragraphen eine Nothwendigkeit sei.

Korreferent Freiherr v. Mylius: Es ist von dem Herrn Mar— schall der Provinz Brandenburg ein Fall angegeben worden, der zu Erläuterungen Anlaß gegeben hat. Es ist des Falles gedacht wor den, wo Ausländer ein Vergehen im Auslande gegen einen Grenz aufseher begangen haben, und es wurde darauf gesagt, es sei der völkerrechtliche Verkehr von der Art, daß ein solches Verbrechen in Frankreich straflos bleiben würde. Ich muß gestehen, daß ich glaube daß, wenn ein Verbrechen, wie das vorbezeichnete, in Belgien oder Frankreich gegen einen preußischen Unterthanen begangen würde, die belgischen oder französischen Gerichte von selbst, ohne das Einschrei ten der Regierung abzuwarten, das Strafgefetz gegen den Thäter unbedenklich anwenden würden. Zur Sache selbst übergehend, glaube sch das Amendement unterstützen zu müssen, denn es können Hand— lungen von Ausländern in den Bereich des Strafrechts gezogen wer⸗ den, von denen es vielleicht zweckmäßiger erscheint, daß sie demselben nicht unterworfen werden. Es ist das Verhältniß des Krieges er— wähnt worden. Ein ähnliches Verhältniß hat sich in diesen Tagen zugetragen. Ich frage z. B., wenn Verbrechen von Ausländern be⸗ gangen worden sind, wie wir sie in der Schweiz haben begehen sehen, können wir dort diejenigen, die als Frevler gegen die öffentliche Ord— nung aufgetreten sind, und möglicherweisé preußische Unterthanen verletzt haben, zur Untersuchung ziehen, wenn sie die Grenze betreten? Sie haben im Kriegszustande gehandelt. Wenn der Para graph aber in unserem Gesetzbuche stände, wie er hier lautet, so müßten wir gegen sie einschreiten. Es spricht der Paragraph daher einen Grundsatz aus, der in den seltensten Fällen zur Anwendung gebracht werden kann, und da, wo dieses möglich, aus äußeren Gründen auf— gegeben werden muß, weshalb der Antrag, denselben zu streichen, zu unterstützen sein wird. .

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Ich habe in meiner Er klärung die Artikel 5. u. f. der französischen Strasprozeßordnung vor Augen gehabt, nach welchen die von einem Franzosen im Auslande begangenen Verbrechen im Allgemeinen nicht strafbar sind. ö

Abgeordn. Camphausen: Mit Ausnahme des Falles, welcher ein Verbrechen betrifft, das gegen die Sicherheit des Staates ge⸗ richtet ist. , .

Justiz-Minister Uhden: Ich glaube, daß wenn diese Bestim— mung nicht aufgenommen würde, der preußische Staat der einzige wäre, in dessen Gesetzgebung sich eine solche Lücke fände. ;

Abgeordn. v. Gaffron: Ich bin der Meinung, daß, wenn der Paragraph ganz wegbliebe, in manchen Fällen eine Lücke entstehen würde, und zwar in Bezug auf den preußischen Staat und die Mit- glieder desselben. Ich bin zwar mit den Mitgliedern unserer Ver— sammlung einverstanden, welche einen Hochverrath nur dann erken— nen, wenn er von Unterthanen gegen den Landesherrn, gegen das Vaterland begangen wirdz ich bin aber der Meinung, daß z. B. Anstiftung von Aufruhr, Landfriedensbruch auch von Anderen als Un— terthanen des Staates begangen werden könne. Dann ist erwähnt worden, daß wir mit allen Nachbarstaaten in einem solchen völker— rechtlichen Verhältnisse ständen, daß es uns leicht werden würde, die Bestrafung durch den jenseitigen Staat herbeizuführen. Ich finde gegenwärtig nicht Veranlassung, Beispiele aufzuzählen, ich kann aber versichern, daß höchst beklagenswerthe Beispiele von Lebens- und Nörperverletzung durch Unterthanen von Nachbarstaaten gegen diessei⸗ tige Staatsbürger stattgefunden haben, und von der auswaͤrtigen NRie— gierung eine Genugthunng nicht gewährt worden ist. .

Marschall: Wenn Niemand das Wort verlangt, so ist zuerst zu ermitteln, ob der Vorschlag des Abgeordneten Sperling die ge⸗ schäftsordnungsmäßige Unterstützung findet. ; ; Abgeordn. Graf 8. Schwerin: Es würde nur die Frage zu stellen sein, ob der Paragraph gestrichen werden soll. .

Marschall: Wir sind noch nicht an der Abstimmung, sondern erst an der Unterstützungsfrage in Bezug auf den Vorschlag des Ab— geordneten Sperling, und es käme darauf an, ob dieser Vorschlag noch vorher weiter motivirt werden soll. Es ist zu wünschen, daß, ehe wir zur Abstimmung kommen, über sämmtliche Vorschläge diskut it sei.

Abgeordn. Sperling: Mein Antrag ist dahin gegangen daß wenn nicht der Paragraph ganz gestrichen wird, in Beziehung anf Ausländer die Bestimmung getroffen werde, daß sie nach den Gesetzen des Orts des verübten Verbrechens zu beurtheilen seien, ihnen je⸗ hech zu Gute kommen solle, wenn unsere Gesetzgebung eine mildere Bestimmung enthalten sollte.

. Abgeordn. Graf v. Schwerin: So lange wir nicht wissen, ob die Versammlung die Ansicht der Minorität der Abtheilung theilt wonach der Paragraph gestrichen werden soll, so lange können' wir über den Antrag des Abgeordn. Sperling nicht sachgemäß abstimmen. 6 e , ,. Wenn keine weitere Bemerkung gemacht wird, so . en wir immer erst zu dem Antrage der Majorität der Abtheilung

nmen, und wäre er bis jetzt noch nicht hinreichend diskutirt so . der Augenblick dazu gekommen. : .

,,,, 8 hee 3 9 been lle n, n dal, h den Antrag der Majorität der Abtheilung

„wie er von dem Herrn Minister der Gesetz ebung

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daß die Staatsgewalt einschreiten soll, wenn nicht besondere Rücksich= ten es verbieten. Nach der Ansicht, welche der Herr Referent auf⸗ gestellt hat, daß der Staat überall einschreiten müsse, wo ein Recht verletzt wird, würde sich das Fakultative nicht rechtfertigen. Weil aber Fälle eintreten können, wo aus höheren Rücksichten strafbare Handlungen von Ausländern im Inlande zu bestrafen nicht zweck⸗ mäßig erscheint, hat man diese Bestimmung fakultativ stellen wollen.

Abgeordn. Abegg: Ich glaube, daß die Frage, ob der Para— graph ganz wegfallen soll, zuerst zu stellen ist. Wenn der Paragraph nicht verworfen wird, so kann man für eine Modification stimmen; man kann aber für eine Modification nicht stimmen, wenn man für den Wegfall des ganzen Paragraphen ist.

Marschall: Es könnte doch zuerst die Frage auf den Antrag der Majorität der Abtheilung gestellt werden, und es hätte derjenige, welcher sich der zweiten Änsicht anschließt, diese erste Frage zu ver— neinen. Aber ich habe auch Nichts dagegen, daß in diesem beson— deren Falle die Frage zuerst auf die Ansicht der Minorität der Ab- theilung gestellt wird, wonach der ganze Paragraph nicht aufgenom men werden soll. Hierzu scheint die Diskussion reif zu sein, und die Frage wäre also zu stellen. Sie heißt:

Beschließt die Versammlung auf Wegfall des §. 3. anzutragen?“ und Die, welche auf den e l des Paragraphen antragen wollen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen geben. .

. ((((Eine Anzahl der Mitglieder erhebt sich.)

s ist ersichtlich, daß sich nicht die Majorität für den Wegfall erklärt hat. Es würde nun der Vorschlag der Majorität der Ab theilung zur Abstimmung kommen.

Abgeordn. Sperling: Es würde noch mein Amendement zur Abstinunung zu bringen sein.

Marschall: Es ist kein Hinderniß vorhanden, die Frage zuerst auf den Antrag der Abtheilung zu stellen. ö

Justiz-Minister Uhden: Von Seiten des Gouvernements ist durchaus Nichts gegen diesen Antrag zu erinnern.

Abgeordn. v. Eynern: Ich möchte mir die Frage erlauben, ob es in der Absicht des Gesetzes liege, eine solche Handlung noch zu bestrafen, die schon im Auslande bestraft worden ist. Es ist hierin ein großer Unterschied zu machen, ob diese Bestrafung schon geschehen ist oder nicht; denn wenn eine verbrecherische Handlung von einem Ausländer im Auslande bereits gesühnt worden ist, so ..

. (Viele Stimmen: Das enthält §. 1.) Dann muß ich mir vorbehalten, bei §. 4. etwa, darauf zurück zukommen.

Marschall:; Es ist also kein Hinderniß vorhanden, zur Abstim= mung über den Antrag der Masjorität der Abtheilung zu kommen.

Abgeordn. Graf v. Schwerin: Darf ich mir nach der Abstim— mung noch eine Bemerkung erlauben? Ich wollte nur fragen, ob die Versammlung nicht der Meinung wäre, daß es angemessen erscheine, auch hier die Verbrechen gegen den preußischen Staat zu präzisiren?

Marschall: Es kann noch späterhin eine Abstimmung darauf gerichtet werden. ;

Landtag s⸗-Kommissar: Das würde nicht nöthig sein.

(Mehrere Stimmen: Das ist nicht nöthig.) (Der Sekretair verliest den Antrag der Majorität der Abtheilung.) Der Antrag lautet dahin: daß dahin angetragen werde, die Be⸗ stimmung des §. 3 dahin zu fassen: ö „Ausländer können für die im Auslande begangenen Verbrechen von preußischen Richtern nach preußischen Gesetzen bestraft werden, wenn ihre Handlungen entweder ein Verbrechen gegen den preußi— schen Staat enthalten, oder einen preußischen Unterthanen verletzen.

Wenn jedoch die gegen einen preußischen Unterthanen verübte

Handlung in dem Gesetze des Auslandes nicht mit Strafe bedroht ist, so soll dieselbe straflos bleiben.“

Marschall: Diejenigen, welche die Frage bejahen, das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erheben sich sehr viele Mitglieder.)

Die Frage ist bejaht. Ich frage noch, ob Graf v. Schwerin noch auf die Fragestellung wegen Präzisirung der Verbrechen gegen den preußischen Staat besteht? 1

Abgeordn. Graf v. Schwerin: Es bedarf dessen nicht, da der Herr Landtags -Kommissarius erklärt, daß die Ansicht sei überall wo im Gesetz von Verbrechen gegen den preußischen Staat die Red sei, die einzelnen darunter begriffenen Verbrechen zu nennen.

Marschall z Ich habe noch bekannt zu machen, daß morgen bis zu Anfang der Sitzung die Aufzeichnungen der Stenographen in einem der, anstoßenden Zimmer nachgesehen werden können.‘ Die nächste Sitzung wird morgen um 10 Ühr Statt sinden. (Schluß der Sitzung um 3 Uhr Nachmittags.)

würden

3 R r J 8 65 Dritte Sitzung des Vereinigten ständischen Aus schusses.

(19. Jannar.) Die Sitzung beginnt gegen halb elf Uhr unter Vorsitz des

Landtags Marschalls, Fürsten zu Solms, mit Verlesung des Er⸗ öffnungs-Protokells durch den Secretair, Abgeordneten Sfe gfried.

Marschall: Es wird sogleich die Verlesung des zweiten Protokolls folgen können. ö -

(Dies geschieht hierauf ebenfalls durch den Secretair,

Abgeordneten Sieg fried.) Abgeordn. Abegg: So viel ich mich erinnere, Schwerin den Vorbehalt gemacht, daß die Spezialisation derjenigen Verbrechen, welche hierunter zu verstehen seien, vorbehalten werde als der Beschluß gefaßt wurde, daß das Gutachten der Kommission anzunehmen sei. Ich vermisse dies im Protokolle. Secretair Abgeordn. Siegfried: Dies steht schon im Pio⸗ tokolle. . . Abgeordn. Abegg: Nun noch eine zweite Bemer Gutachten der Abtheilung Seite 6 heißt es ö ,,, .Wenn jedoch die gegen einen preußischen Unterthan verübte Handlung in dem Gesetze des Auslandes nicht mit Strafe bedroht ist, so soll dieselbe straflos bleiben.“ . „„Der Schluß der Sitzung hat mich verhindert, auf einen Druck- fehler aufmerksam zu machen, den ich hervorheben will. Es wird hinzuzufügen sein „ober Staat.“ Bei der Wichtigkeit der Sache halte ich mich für verpflichtet, darauf aufmerksam zu machen, selbst wenn ich mich irren sollte. Abgeordn. Graf von Schwerin: Da, wo die Erklärung des Herrn Landtags⸗Kommissars über die allgemeine Frage wiedergegeben ist, hat er, wenn ich mich recht erinnere, gesagt: obgleich er für die Regierung das Recht nicht aufgeben könne, auch diejenigen Befug⸗ nisse des Ausschusses in Anspruch zu nehmen, wie sse das Gesetz vom 3. Februar gegeben habe, so folge daraus doch nicht, daß die Regie rung sich dieses Rechtes im vollen Umfange bedienen wolle und be—=

hat der Graf

dienen werde, und daß sie wünsche, daß man sich desselben im vollen Umfange bediene. Ich glaube, der Herr Landtags- Kommissar hat dies gesagt, und ich wünschte es im Protokolle zu sehen.

Landtags-Kemmissar: Ich glaube, die Stenographie, die mir in diesem Augenblicke nicht vorllegt, wird darüber die genügendste

nerstanden worden ist. Das Fakultative kann nur den Sinn aben,

Auskunft geben. So weit meine Erinnerung reicht, habe ich gesagt:

„wie die Regierung nicht die Rechte des Ausschusses in ihrem vollen Umfange in Anspruch genommen habe, so fordere sie auch nicht von den Mitgliedern der Versammlung, daß sie sich dieser Rechte in ihrem vollen Umfange bedienen müßten.

. (Viele Stimmen: Ja! Ja!) Die Stenographie wird es auch zeigen.

(Hierauf verliest der Secretair die betreffende Stelle bes Pro⸗

tokolls.

Die Stelle des Protokolls bezeichnet nicht genau, was ich ge⸗ sagt habe. Ich habe nicht gesagt: „Weil Se. Majestät an dem ge⸗ gebenen Worte festhalten wolle“, sondern mein Ausdruck war: „ohne Verletzung des Königlichen Wortes habe bis jetzt nichts geändert werden können.“ Nach dem Protokolle könnte man annehmen, es sei von einem neuen Entschluß des Königs die Rede gewesen. Uebrigens lege ich auf die Ausdrücke des Protokolls keinen zu großen Werth, da die Stenographieen die Worte der Redner wiedergeben und sonst die Protokolle erklären und ergänzen müssen. ;

Abgeordn. Abegg: Ich nehme meine beiden Anträge zurück.

Vice-Marschall: Es ist eine Aeußerung von mir aufge⸗ nommen worden, die, wenn ich nicht irre, anders gewesen ist. Darf ich den Herrn Secretair bitten, die paar Worte zu lesen bei Gele⸗ genheit des Antrages darauf, daß eine Spezialisirung erfolgen solle, was Verbrechen gegen den Staat sei. ;

(Der Secretair Abgeordn. Siegfried verliest auch diese Stelle des Protokolls.)

Diese Bemerkung ist von mir nicht ausgegangen. Was ich ge⸗ sagt habe, betraf nur den Wunsch, daß von Seiten der Regierung uns erst eine Vorlage gemacht werden möge, um zu beurtheilen, ob es wünschenswerth und möglich sei, eine solche Spezialisirung vor—⸗ zunehmen.

Abgeordn. von Byla: Ich habe diese Erklärung abgegeben, welche im Protokolle aufgenommen ist, nicht Herr von Rochow.

Marschall: Die zweite Bemerkung ist also erledigt, die erste wird ins Protokoll ausgenommen werden, und wenn weiter keine Bemerkung erfolgt, so ist das Protokoll für genehmigt zu erklären.

Secretair Abgeordn. Siegfried: Se. Durchlaucht haben zwei Eingaben an das Sekretariat abgegeben, zur Berichtgebung an die Versammlung. Die eine vom Buchhändler Reimarus, die andere von dem Geheimen Ober-Hofbuchdrucker Decker, welche Se. Durch⸗ laucht und die Vereinigten Ausschüsse mit dem Ersuchen angegangen haben, es möge ihnen gestattet werden, den Druck und Debit der Verhandlungen, welche in den stenographischen Berichten erscheinen, für sich zu nehmen. Der Buchhändler Reimarus bezieht sich auf das, was er früher geleistet, und verspricht billigen Preis. Auch der Buchdrucker Decker verheißt schnelle Beförderung und billigen Preis und befindet sich besonders dazu in der Lage, da ihm der Satz zu Gebote steht, den er für die Zeitung gesetzt hat. Er bittet, es möge ihm vorzugsweise das Zugeständniß gegeben werden.

Als Berichterstatter spreche ich mich dahin aus, wie ich dafür halte, daß es nicht zweckdienlich wäre, eine Bevorzugung, sondern freie Konkurrenz eintreten zu lassen, da keine Garantie für die Wohl— feilheit da ist. Reimarus hat außer angemessener Einrichtung auch guten Druck geliefert, der Zeitungsdruck aber ist weniger gut, und noch weniger wird es der Wiederabdruck sein. . .

Maxschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, so ist das Ein verständniß der Versammlung mit dem zum Berichte aufgeforderten Sekretariate vorauszusetzen.

Secretair Abgeordn. Siegfried: Es würde vielleicht noch eine Nachricht an beide Herren zu richten sein.

Marschall: Das Sekretariat wird diese Benachrichtigung übernehmen. .

Abgeordn. von Auerswald: Wenn ich recht verstanden habe, geht der Antrag dahin, nur eventuell durch Gestattung der Materia— lien den Unternehmer überhaupt in die Lage zu versetzen, den Druck bald bewirken zu können, und sofern dies richtig ist, würde ich sehr dafür stimmen.

Marschall: Wer den Druck und die Bekanntmachung ver— anlassen will, würde sich freilich an nichts Anderes zu halten haben,

als an das, was die Zeitung enthält. Etwas Anderes würde ihm nicht zugänglich sein, man würde es wenigstens nicht Mehreren mit gleichen Vortheilen zugänglich machen können.

Wir kommen nun zur Berichterstattung über §. 4.

Abgeordn. Graf von Galen: Wenn ich den Königlichen Herrn Kommissar recht verstanden habe, so scheint er mir auf die Steno— graphie ein größeres Gewicht gelegt zu haben, als bisher anerkannt worden ist. Das Protokoll ist das, was unsere Verhandlungen in der Kürze giebt, es wird vorgelesen, und wir konstatiren es, zes ist eine Urkunde und enthält Alles, was in der Versammlung vorgekom— men ist. Die Stenographie kontrolliren wir nicht, sie wind nicht vor— gelesen, wir nehmen sie nicht als Urkunde an; daher glaube ich nicht, daß die Stenographie als etwas das Protokoll Ergänzendes betrach' tet werden kann, wenn sie zumal nicht mit dem übereinstimmt, was hier von einem Mitgliede gesagt worden ist, noch daß dann die Steno— graphie einen richtigeren Anhaltpunkt geben soll, als das Protokoll.

Marschall: Es ist gewiß nichts anzuführen, was dem ent— gegengesetzt werden könnte, und um auf den vorliegenden Fall zurück— zukommen, so wird vorbehalten werden können, was bisher in ähn— lichen FJällen geschehen ist, daß es nämlich dem Secretair überlassen bleibe, über einzelne Worte mit dem Königlichen Herrn Kommissar sich zu verständigen.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Das Protokoll kann doch nur das sein, was uns vorgetragen worden, und was wir an—Q genommen haben, und möge eine Berichtigung vorkommen, von wel⸗ cher Seite sie wolle, so gehört sie nicht zu dem Protokolle, welches von der Versammlung geprüft und angenommen wird. Ich trete dem Abgeordneten aus Westfalen bei, daß die Protokolle die be⸗ stimmte und entscheidende Norm sind für das, was hier vorgekom⸗ men ist. Die stenographischen Berichte sind nur die weitere Aus— führung. Nie kann das, was in denselben im Widerspruch mit dem Protokolle steht, mehr Glaubwürdigkeit als diese selbst haben. Das würde unseren Protokollen allen Werth nehmen, sie zurücksetzen. Ich glaube, daß wir eine Nachtragung und Aenderung in keinem Fall, ohne Ausnahme der Person, in unseren Protokollen gestatten können.

Marschall: Ber ausgesprochenen Ansicht hatte ich mich schon früher angeschlossen. Was aber den vorliegenden Fall betrifft, so habe ich absichtlich das Sekretariat genannt, weil man zu ihm das volle Vertrauen haben kann, daß, wenn bei einer versuchten Verstän⸗ digung etwas vorkommt, wovon es die Meinung hat, daß es in der Versammlung noch einmal vorzulegen sei, der Secretair ohne Zwei⸗ fel sich veranlaßt finden wird, es abermals vorzutragen und eine neue Genehmigung der Versammlung zu provoziren.

Landtags-Kommissar: Die Bestimmung des Reglements in §. 18 lautet:

„Das über die Berathung und deren Ergebnisse aufzunehmende Protokoll muß außer einer kurzen Darstellung des geschichtlichen Verlaufs der Verhandlung, . a. die zur rr, gebrachten Fragen in wörtlicher Fassung, b. die Resultate der Abstimmungen und . e. die ohne Abstimmung gefaßten Beschlüsse enthalten.“