1848 / 28 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ñ ö j men werden wird, und trotzdem, daß ae, nn, m an sich solle keine Entehrung verbun⸗

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rend . ge⸗RKommissar: Es sst bereits behauptet worden, daß

rliegenden Gesetz⸗ Entwurfes im Wesentlichen die 2 fee ii e , in der r. gleichstehe; diese der ein fachen ere n, , inzi setzliche Unterschied be⸗ Behauptung ist völlig richtig. Der einzige gesetzli i l steht darin, daß nach dem rheinischen Strafrecht der zur Detention BVerurtheilte, indem er zur unfreiwilligen Arbeit angehalten wird, unter den verschiedenen in dem Correctionshause eingeführten Arbei⸗ ten die Wahl haben soll, während der Entwurf ihm diese Wahl nicht gestattet. Ich kann aber hinzufügen, daß jene Bestimmung des rhei— nischen Rechts als eine völlig, unpraktische niemals zur Ausführung gekommen ist, wenigstens nicht in den elf Jahren, wo mein amtliches Verhältniß in der Rhein⸗Provinz mir die genaue Kenntniß der Straf⸗ anstalten zur Pflicht machte. Ich bitte, sich zu verdeutlichen, wohin es führen sollte, wenn man jene Vorschrift genau ausführen wollte. In unseren Correctionshäusern sind möglichst verschiedenartige Arbei— ten eingeführt, in vielen diejenige des Holzsägens; plötzlich könnten nun eines Mergens sämmtliche Sträflinge kommen und fordern, beim Holzsägen beschäftigt zu werden; da aber Raum und Material zu solcher Beschäftigung für 300 409 Sträflinge gewöhnlich fehlt, fo würde die Folge sein, daß sie auf lange Zeit arbeitslos wären, was alle Disziplin vernichten würde. Ich kann versichern, daß diese völ⸗ lig unpraktische Bestimmung nicht in Ausführung gekommen ist. Im Uebrigen stehen sich beide Strafen völlig gleich. Aber allerdings ist durch die Vorlage der Regierung eine neue mildere Form des Ge⸗— fängnisses, die sogenannte (ustodia honesta, hinzugefügt, die Strafe der einfachen Freiheits- Entziehung. Es ist dadurch in eziehung auf das Strafverhältniß in der Rhein-Provinz eine Milderung, aber durchaus keine Schärfung und überdies eine Aenderung eingetreten, welche dem Systeme der Dreitheilung vollkommen entspricht, die in Beziehung auf die Straf- Kategorieen in der Rhein⸗Provinz bisher nicht bestand. Denn wenn angeführt ist, daß daselbst allerdings drei Strafarten beständen, Zwangsarbeit, Zuchthaus⸗Strafe und Gefäng⸗ niß⸗Strafe, so fallen doch, wie wir bereits gehört haben, die beiden ersteren in eine zusammen; nur auf diese wird von den Assisen er⸗ kannt. Dagegen giebt es für die Zucht- Polizei- und einfachen Poli⸗ zei- Gerichte nur cine Freiheitsstrafe diejenige der Correctione⸗ Häuser (Detention), und wenn der neue Entwurf in dieser Beziehung einen mildernden Unterschied einführt, so entspricht er den rhesnischen Institutionen offenbar mehr, als 'die seither in der Rhein-Provinz eingeführten Freiheits- Strafen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Es kann sich meiner Meinung nach jetzt nur um die Frage handeln, ob die Beschlußnahme über die Aufnahme der Strafarbeit in das System der Freiheitsstrafen auszu—⸗ setzen sei, bis wir zur Berathung der Dreitheilung gelangen. Dem, was der Herr Regierungs- Kommissar über die Zweckmäßigkeit dieser Strafart, durch die eine bedeutende Milderung gegen das bestehende Recht eingeführt wird, gründlich auseinandergesetzt hat, habe ich nichts hinzuzusetzen. Ich will nur meine Meinung dahin aussprechen, daß durch die Aussetzung der Diskussion nichts rrreicht werden kann. Der Herr Landtags- Kommissar hat bereits gesagt, daß auch die correctionellen Gerichte am Rhein über solche Vergehen erkennen, die dort mit Gefängniß, hier mit Strafarbeit belegt werden. Ich kann hinzufügen und erlaube mir damit die Meinung des Herrn Korre—= ferenten zu ergänzen, daß in der Abtheilung bereits dem Prinzipe nach die Vorschläge der Regierung über die Dreitheilung angenommen worden sind, und daß sie allerdings auch auf die Strafarbeit sich beziehen, nur die Redaction der neuen Vorschläge ist noch nicht in der Abtheilung angenommen, und ich glaube daher nicht, daß es ge— rathen sein möchte, die Berathung darilber jetzt auszusetzen. Dagegen ist es allerdings gewiß richtig, daß, wenn nachher die Dreitheilun wird angenommen sein, sie bei den einzelnen Verbrechen . bestimmend sein wird über das Strafmaß, welches für dieselben in Anwendung kommen soll.

Korreferent: Zur Unterstützung des Antrages, die Diskussion auszusetzen, habe ich noch einen Grund anzuführen, auf den ich frü— her aufmerksam zu machen unterlassen habe. Der spezielle Theil des Gesetz - Entwurfes bestimmt, daß die Strafarbeit meistens alter— nativ mit Zuchthausstrafe und zwar in der Art angedroht wird, daß dem Richter die Wahl gelassen wird zwischen entehrender und nicht entehrender Strafe. Dieses ist gerade wieder einer von den Um— ständen, die, falls sie im Gesetzbuche aufgenommen würden, mit der Aufrechthaltung der rheinischen Institutionen gänzlich unver⸗ einbar sind, und es würde der Ausweg darin liegen, daß man den Geschworenen und nicht dem Richter die Wahl zwischen Zuchthaus und Strafarbeit überließe. Einstweilen ist hierüber indessen noch keine Mittheilung zwischen der Abtheilung und dem gesetzgebenden Ministerium erfolgt, und ich weiß auch nicht, inwiefern über diesen Punkt ein Verständ⸗ niß erfolgen wird. Ich glaube aber, daß auch hier jedenfalls der Versuch gemacht werden muß, ein Verständniß wenigstens herbeizuführen, wie es zwischen der Abtheilung und dem Ministerium, hinsichtlich der Dreithei= lung, stattgefunden hat. Ehe dies aber versucht ist, glaube ich, kann unmöglich durch ein Votum die Strafarbeit zur Aufnahme empfohlen werden, ohne vielen Contestationen, die noch bei diesem Punkte zu machen wären, vorzugreifen.

Negierungs Kemmisar Bischoff: Zu den Fragen, welche die Abtheilung der schließlichen eig . 3 geber, auch die, ob das Gesetz dem Richter nicht blos die Ermessung des Straf⸗ maßes, sondern auch die Wahl zwischen verschiebenen Strafarten lben— lassen dürfe, und ob man bei schweren Verbrechen alternativ Zucht⸗ haus und Strafarbeit androhen solle. Diese Fragen bleiben der spa⸗ teren Erwägung und Beschlußnahme der hohen ersammlung vorbe⸗ halten. Allein die Frage, um die es sich jetzt handelt, ist eine ganz andere, nämlich die, ob im System der Freiheitsstrafen die Strafar⸗ beit überhaupt beibehalten werden oder dieselbe fortfallen soll, so daß nur das Zuchthaus und die einfache Gefängnißstrafe übrig bleiben würden. Diese Frage ist offenbar eine ganz andere, als die vorbehal. tenen Fragen, und es kann über, dieselbe ganz füglich Beschluß ge⸗ faßt werden, ohne letztere zu präjudiziren. z

Abgeordn. Steinbeck: Obgleich ich mich für die Dreiglie derung schon deshalb aussprechen werde, wenn sie zur Disfussion kommt, weil bereits die ältere Gesetzgebung eine solche Dreigliederung, wenn auch unklar und in mancher Beziehung unpassend, in der Abstufung von kriminellem, siskalischem und polizeilichem Gerichts- Verfahren, an? erkannt hat, so muß ich doch glauben, . nicht nothwendig die hier vorliegende Frage bis dahin auszusetzen, bis jene Frage zur Entschei= dung nen ? Im Allgemeinen ist auch hier seitens des Gouverne⸗ ments bei Ausarbeitung des Gesetzes offenbar der hochwichtige und uns Allen theure Punkt der Ehre ins Auge gefaßt worden. Es ist zwischen entehrenden und Ehre bewahrenden Strafarten, die hier pa— rallel gehen, ein eh wünschenswerther und nützlicher Unterschied gemacht worden. Der Umstand, daß, so viel mir bekannt, sich alle

der doch, die meisten Provinzial- Landtage für die Einführung der Strafarbeit ausgesprochen haben, scheint 6 sie wohl geltend gemacht

werden zu können, indem beinahe von allen Provinzen die Einfüh= rung dieser Strafart als eine solche anerkannt worden ist, welche mit dem Rechtsbewußtsein des Volkes libereinstimme. Wir sind verge

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wissert worden, daß diese Strafart gerade denselben Charakter tragen soll, welchen die Strafart trägt, die im 5. 460 des Code penal er- wähnt ist, nämlich den der correctionellen Strafe. Es ist ferner vor= Cle en worden im Entwurfe, daß diese Strafart in verschiedenen Straf-Anstalten vollstreckt werden soll, und es steht von dem Gou⸗ vernement zu erwarten, daß der Ausdruck: „verschiedene Stra f⸗ Anst alten“, auch möglichst dahin in Anwendung werde gebracht werden, daß in verschiedenen Städten dergleichen Anstalten werden errichtet werden, indem es bedenklich und unangemessen ist, wenn es heißt, Dieser und Jener ist in jene Stadt gekommen, und das Pu⸗ blikum, welches immer das Schlimmste glaubt, nun annimmt, er sei auf. das Zuchthaus geschafft. Daß aber ein solcher Arbeitszwang in bloßen Strafarbeits-Anstalten eben sowohl wie im Zuchthause ein⸗ trete, ist ein Umstand, der aus dem schon erwähnten Parallelisiren der beiden Strafarten von selbst hervorgeht. Man will den Verbrecher strafen, will ihn hart strafen, aber man will ihn nicht entehren; man will ihn so hart strafen, daß die Strafart der Strafart im Zucht- hause sich nähere, aber man will auch seine ganze Individualität in das Auge fassen, und darum ist der Paragraph so gestellt, daß ich glaube, wer den Begriff der Ehre festhält, werde gegen sein Bestehen nichts einzuwenden haben. Die Frage, ob Richter oder Ge—⸗ schworene darüber zu bestimmen haben, gehört nicht hierher, sondern anders wohin.

Abgeordn. Freiherr von Patow: Ich bin auch der Ansicht, daß, ganz abgesehen von der Dreitheilung, die Frage zur Entschei⸗ dung kommen muß, ob wir drei Gattungen der Gefängnißstrafe an= nehmen wollen? Unsere jetzige Einrichtung der Gefängnisse ist von der Art, daß, nachdem ein anderes Kriterium in Bezug auf die Zucht- hausstrafe aufgestellt worden ist, die Gefängnißstrafe nicht auf ange⸗ messene Weise vollstreckt werden kann. Es muß daher eine Mittel—⸗ strafe eintreten, und als solche halte ich die Arbeitsstrafe, wie sie der Gesetz⸗Entwurf aufstellt, für ganz zweckmäßig und für annehmbar.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Die Behauptung des Herrn Korreferenten, dem Richter die Wahl zwischen den Strafarten zu lassen, sei mit dem Geiste der rheinischen Geseßgebung nicht verein bar, veranlaßt mich, noch einmal das Wort zu nehmen, um' eine an= dere Autorität der seinigen entgegen zu setzen. Der rheinische Ap= pellhof nämlich sagt in dem von ihm erstalteten, der Abtheilung mit- getheilten Gutachten an das Justiz⸗Ministerium: es sei nicht zu be— haupten, daß diese Befugniß des Richters mit dem Geiste der rhei⸗ nischen Gesetzgebung nicht vereinbar sei, obwohl Manches dafür und dagegen sich sagen lasse. Ich glaube, es wird diese Behauptung des Herrn Korreferenten uns noch öfter begegnen, und deshalb wird er mir es nicht übel nehmen, daß ich gleich don vorn herein ihm eine andere Autorität entgegenstelle.

Korreferent Freiherr von Mylius: Die Ansicht des rheini— schen Appellhofes ist mir bekannt und in den Akten mitgetheilt, ich kann aber diese Ansicht nur insoweit theilen, als sie mit der Be— hauptung verknüpft ist, daß Geschwornen die Frage gestellt wird, ob infamirende oder nicht infamirende Strafe eintreten soll. Nur un⸗ ter dieser Voraussetzung halte ich das Gutachten des rheinischen Appellahofes für richtig, in einem anderen Sinne müßte ich sie für unrichtig halten. Ich glaube aber, daß es keinem Bedenken uns terliegen kann, daß, wenn die Geschworenen⸗-Einrichtung in ihrer vol- len Bedeutung aufrecht gehalten werden soll, nur die Geschworenen über den Verlust der bürgerlichen Ehre richten können, denn es liegt im Wesen des Geschworenengerichts, daß die Geschworenen nur über die Thatsache in ihrem vollen Umfange urtheilen. Ob Umstände

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vorhanden sind, welche die infamirende Strafe nicht zulassen, das ge—⸗ hört in das Wesen des eigentlichen Faktums, in die Thatfrage. Es würde also, meines Erachtens, die Einführung der Strafarbeit, so wie der Entwurf sie enthält, im Gesichtspunkte' des rheinischen Rech⸗ tes der Durchführung von Geschworenen keinesweges entsprechen. Es ist ferner gesagt worden, daß Strafarbeit mit der Gefängnißsirafe, wie Art. 40 des rheinischen Rechtes sie feststellt, wesentlich gleich sei. Ich glaube aber, daß gerade gegen diese Ansicht anzuführen ist, daß die Strafarbeit nicht einmal ein Maximum hat, daß sie auf Lebens⸗ zeit erkannt werden kann, wie auch bei den einzelnen Paragraphen angedroht ist. Würde sie also gleichgestellt werden sollen der Ge— fängnißstrafe, so würde erforderlich sein, auch hier ein Straf⸗Maxi⸗ mum auszusprechen auf fünf oder zehn Jahre; und sollte dem An— trage des Abgeordneten aus der Rhein-Provinz, falls die Diskusslon darauf eingehen sollte, nicht entsprochen werden, so würde ich mir vorbehalten, den Antrag zu stellen, daß die Strafarbeit nur auf ge⸗ wisse Zeit erkannt werde dürfe.

Regierungs-Kommissar Simons: Ich erlaube mir, der hohen Versammlung zwei Bemerkungen vorzutragen, zu welchen ich durch den Gang der Diskussionen veranlaßt bin. Die erste betrifft die Frage, ob es mit den in der Rhein-Provinz bestehenden Institutio⸗ nen vereinbar sei, eine solche Abstufung in der Gefängnißstrafe ein⸗ treten zu lassen, wie sie der Entwurf enthält, indem er die Straf⸗ arbeit von der einfachen Freiheitsstrafe unterscheidet. Was diese Frage anlangt, so ist es nicht ohne Interesse, auf die Länder aufmerksam zu machen, in welchen ähnliche Gesetze, wie jetzt in der Rhein⸗Pro⸗ vinz, bestehen. Es läßt sich namentlich in Bezug auf Frankreich an— führen, daß dort, wenn auch nicht durch Disposltionen des Gesetzes, doch auf administrativem Wege eine Abstufung bei der Vollziehung der einfachen Freiheitsstrafe festgesetzt worden ist, und zwar in' dei Weise, daß die Freiheitsentziehung, insofern sie sich nicht höher, als auf, ein Jahr beläuft, in anderen Anstalten vollzogen wird, als die Freiheitsentziehungen, welche ein Jahr überschreiten. Dies hat darin seinen Grund, daß Strafen der letzten Art für schwerer und den Verurtheilten selbst gravirender erachtet werden. Denn da nach dem Sy⸗ steme der französischen Gesetzgebung eine mehr als einjährige Ge⸗ fängnißstrafe beim Rückalle eine Straferhöhung begründet, so läßt sich darin der leitende Grundsatz erkennen, daß zwischen geringerer und größerer Verderbtheit unterschieden wird. Es scheint also, daß man bei der Vollziehung dasselbe System angenommen hat, wie auch der Gesetz⸗Entwurf, indem dieser voraussetzt, daß bis zu dem Maximum von zwei Jahren die einfache Freiheits-Entziehung an und für sich eine mildere Natur hat, dagegen Freiheitsstrafen, die unter dem Minimum von 3 Monaten nicht erkannt werden dürfen und bei zeitiger Dauer bis zu dem Maximum von zwanzig Jahren sich er- strecken können, von weit gravirenderer Art sind und deshalb unter— schieden werden müssen. Wenn die Gesetzgebung dieses ausdrücklich aufgenommen und nicht blos der Vollziehung überlassen hat, so kann das all ein Fortschritt betrachtet werden. Meine zweite Bemerkung betrifft die Frage, ob dem Richter die Fakultät überlassen werden kann, zwischen mehreren Strafarten zu wählen. Wenn von dem ver— fhrten Vorsitzenden der Abtheilung angeführt wurde, daß der Appel⸗ sations⸗ Gerichtshof zu Köln in einem Berichte, zu welchem ich eben— falls lonkurrirt habe, den Satz aufgestellt hat, daß das nicht unver= träglich sei mit der rheinischen Gesetzgebung, so existiren darüber allerdings verschiedene Ansichten. Die strenge Ansicht, welcher der Herr Korreferent sich anschließt, führt dahin, daß dem Richter eine solche Fakultät nicht gebihre. Dit mildere Änsicht, welche vom Ap⸗ pellationsgericht vertheidigt wurde, statuirt diesen Unterschied. Es scheint, daß das praktische Bedürfniß nn, , . habe, besonders wegen des Ganges, den die Gesetzgebung in Frankreich auch in die—⸗ sem Punkte genommen und zu dem' System der mildernden Umstände

. hat. Die Entscheidung über die Frage, ob sie vorhanden eien, wurde durch ein Gesetz vom Jahre 1821 keinesweges den Ge⸗ schworenen, sondern dem Gerichts hofe übertragen. Es hing also von der Entscheidung des Gerichtshofes auch ein Theil der faktischen Wür= digung ab. Das Gesetz von 1832, indem es das Erkenntniß über die mildernden Umstände den Geschworenen zurückgab, führte jedoch die Einrichtung ein, daß der Richter bei mildornden Umständen nicht nur überhaupt auf eine mildere Strafe erkennen, sondern auch eine Wahl in Bezug auf die Strafgattung vornehmen könne. Und dies ist so weit ausgedehnt worden, daß der Richter in gewissen Fällen auf eine bloße Zuchtpolizeistrafe erkennen kann, wenngleich die Ver⸗ urtheilung wegen eines Veibrechens erfolgt ist.

. Wenn man nun die Sache so ins Auge faßt, wie sie sich wirk⸗ lich verhält, so muß man darauf zurückkommen, daß der Satz: „Die Geschworenen sind Richter der That“, nur mit gewissen Modifica⸗ tionen wahr ist. Die Geschwornen haben allerdings über die Haupt- Umstände der That, über das, was am meisten in die sinnliche Er— scheinung fällt, zu besinden, allein sie können, vermöge der Formuli— rung der Frage, nicht in das Einzelne der That, nicht in die Modi— ficationen der Schuldbarkeit, für welche bestimmte äußerlich erkenn— bare Anhaltspunkte fehlen, eingehen. So ist die Frage, welche Mo— tive den Verbrecher zur That gebracht haben, ob er sie hiernach un— ter Umständen verübt hat, weiche sie in einem gemilderten Lichte erscheinen lassen, auch durch den Richter zu beantworten und zu er⸗ wägen, wenn er bei Bestimmung des Maßes der Strafe zwischen dem Minimum und Maximum arbitrirt. Dieser Gesichtspunkt ist auch bei Berathung des Gesetzes von 1832 besonders hervorgehoben, und es ist angeführt worden, daß gerade der Richter in dieser Art der Ab⸗ messung geübt sei und es dem Richter übertragen werden könne, nicht nur überhaupt eine Milderung der Strafdauer eintreten zu las⸗ sen, sondern auch in der Stufenleiter der Strafen auf eine mildere Strafgattung hinabzugehen. Es scheint also behauptet werden zu können, daß das praktische Bedürfniß dahin geführt hat, die Strenge der Ansichten, wie sie früher aufgestellt sind, zu verlassen, und diese Gründe sind auch maßgebend gewesen in der Aeußerung des Berichts des Appellations Gerichtshofes, welcher so eben vorgetragen wor⸗ den ist.

Korreferent Freiherr von Mylius: Es scheint, als sei die Dis⸗ kussion in ein Stadium gerathen, und es sei eine Frage zur Erörte— rung gekommen, die eigentlich nicht hierher, sondern an einen späteren Ort gehört. Da sie aber einmal so klar und bestimmt aus gesprochen und aufgeworfen worden ist, so habe ich dagegen von meinem Stand— punkte aus nichts zu erinnern. Es leuchtet allerdings ein, daß zwi— schen meiner Auffassung und der von dem Herin Kommissar so eben vorgetragenen Ansicht ein bedeutender Unterschied existirt, namentlich über die Bedeutung des Geschworenengerichts das ist der Kern, worum es sich handelt indem ich die Bedeutung des Geschworenen— Gerichts darin erkenne, daß das Geschwyorenen-Gericht über die ganze That mit allen Nebenumständen zu urtheilen hat, und daß namentlich diejenigen Umstände, welche den Verlust der bürgerlichen Ehre recht fertigen, unbedingt nur von den Geschworenen-Gerichten abgeurtheilt werden können. Es wird später Gelegenheit gegeben sein, diese An⸗ sicht ausführlich zu motiviren, und ich bemeske nur jetzt, da einmal der neuesten Gesetzgebung in Frankreich selbst Erwähnung geschehen ist, daß von meinem Standpunkte aus nichts zu erinnern sein würde, wenn die Modification, die Art. 463 des rheinischen Strafrechts durch das Gesetz von 1832 in Frankreich erlitten hat, auch in das Gesetzbuch hier aufgenommen wird, und daß ich aber zweifle, daß diese Ansicht von dem Gouvernement getheilt werden möchte, indem durch das Gesetz von 1832 die Befugnisse des Geschworenen-Gerichts in einer Weise ausgedehnt worden, über deren Zweckmäßigkeit allerdings ge— stritten werden kann.

Marschall: Es ist zu erwarten, daß der Abgeordn. von Gaf⸗— fron, der nun aufzurufen ist, die Berathung wieder auf die Frage zurückführen wird, ob die Versammlung davon ausgehe, daß die Be— rathung des §. 11 ausgesetzt bleibe bis zu den Voörschlägen, welche wir über die dreigliedrige Eintheilung der strafbaren Handlungen werden zu vernehmen haben.

Abgeordn. von Gaffron: Ich muß bemerken, daß ich der Mei— nung bin, daß §. 11 jetzt erörtert werden könne, und daß wohl auch die Versammlung damit übereinstimmt.

(Vielstimmiger Ruf: Ja!)!

Marschall: Also zur Sache selbst? ;

Abgeordn. von Gaffron: Ja! Ich glaube, daß diese Straf— bestimmung nicht füglich ausbleiben kann, ich halte sie für nothwen⸗ dig, und zwar im Sinne der Humanität. Wenn wir darüber einig sind, daß die bürgerliche Ehre nur in äußerst seltenen Fällen aber⸗ kannt werden kann, so isi es nothwendig, daß ein Mittelglied da ist, wo größere Vergehen abgeurtheilt werden können, ohne daß der Ver— lust der bürgerlichen Ehre damit verbunden ist; wollte man aber alle Verbrechen, welche zwar schwer sind, aber nicht den Verlust der bürgerlichen Ehre nach sich ziehen, mit einfacher Gefängnißstrafe be⸗ legen, so würde das Strafmaaß nicht angemessen sein, ich glaube daher, daß die Bestimmung Strafarbeit unentbehrlich ist. ö

Abgeordn. von Gudenau: Wenn ich den geehrten Vorsitzenden der Abtheilung richtig verstanden habe, so wäre der von mir bean— tragte Aufschub von leiner langen Dauer, indem wir sehr bald den weiteren Bericht der Abtheilung zu erwarten haben.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Hoffentlich morgen. ;

Abgeordn. von Gudenau: Uebrigens muß ich zur Hauptsache bemerken, daß es bei meinem Antrage weniger darauf ankommt, ob die Strafarbeit der jetzigen Gefängnißstrafe entspricht, ob man die Gefängnißstrafe des Entwurfs schärfen, oder ob die Strafarbeit cine Verschärfung erleiden soll oder nicht, sondern es kommt darauf ij daß man die Strafgattungen nicht allzu sehr vervielfältigt. ö, ist richtig, in der Rheinprovinz haben wir nur eine , , Strafgattung, und diese wird nach dem Entwurfe hier n, ,, indem Strafarbeit, Gefängnißstrafe und Festungshaft eintreten se eu. Dieses ist es hauptsächlich, was mir bedenklich schien, und , , geehrte Abtheilung nochmals bei Erwägung, der dreifachen fon e lung dies in Erörterung ziehen wollte, so würde das , nn,, und heilsam sein, und in keinem Falle irgend ein Interesse präju diziren.

Referent Uaumann: ̃ man über die Disposition des §. 11. gege , n ich bemerke als . der Abtheilung nur hach ah gn i gs auf, die Strafarbeit, als einer Art der dre e leg, a , schlägen der Staats-Regierung über die dreig e ige 4 . 166 i strafbaren Handlungen gar keine , mn n . und daß diese dreigliedrige Eintheilung von dieser elrt der, Freiheits=

strafen nicht abhängig gemacht worden ist,

Es könnte scheinen, als werbe der Diskusssch dien die gemachten Vorschläge hier voigegriffen; allein die Bemerkung hielt ich

hier nothwendig, um der Ansicht zu begegnen, daß die n,, Eintheilung auf alle einzelnen Dis- positionen des Gesetz⸗Eetwur

A nstd si Ich schließe mich der Ausicht an, daß 9 nwärtig berathen kann und

es Einfluß habe. Ob nun die Straf⸗

it als eine bestimmte Strafart beizubehalten sei, ist in meinen Verl * t zweifelhast. Ich muß zugestehen, daß zwischen der Zuchthausstrafe und der einfachen Freiheitsentziehung, ein großer Raum vorhanden ist, und daß ebenso zwischen der Intensivität der strafbaren Handlungen, welche nur mit einfacher Freiheitsstrafe be⸗

straft werden und zwischen denjenigen strafbaren Handlungen, welche inen Mangel ehrenhafter Gesinnung voranssetzen lassen, ein großer Raum liegt, daß dazwischen noch eine Menge strafbarer Handlungen liegen. Taher muß ich auch das Bedürfniß anerkennen, zwischen der einfachen Freiheitsentzichung und dem infamirenden Zuchthause noch eine Mittelstufe festzusetzen, und diese sinde ich in der Strafarbeit. Wie weit diese Strafart Anwendung sinden wird, wird bei Beur= theilung der einzelnen Verbrechen in Betracht kommen, aber von vorn herein zu sagen, sie sei nicht nöthig, dieser Ansicht kann ich mich nicht anschließen. Ich stimme daher dafür, die Bestimmung des Paragraphen, die ich für ganz unverfänglich halte, anzunehmen.

Abgeordn. Camphausen: Ich hatte das Wort erbeten, um über den Zwischenfall zu reden, worüber die Versammlung gegen— wärtig hinausgegangen ist; ich erwarte aber, daß sich künftige Zeit noch Gelegenheit finden werde, darauf zurückzukommen. Uebrigens trete ich dem Wunsche einer Vertagung um so mehr bei, als die Frage, wie die Schwierigkeiten geebnet werden sollen, die hinsichtlich der im Entwurfe dem Richter belassenen Wahl zwischen Strafarbeit und Zuchthausstrafe bestehen, noch nicht gelöset ist. Und so lange befinde ich mich in der Lage, wenngleich ich viele der von der Negie⸗ rung vorgebrachten Gründe als richtig ansehe, dennoch gegenwärtig gegen den Artikel zu stimmen, weil ich nicht übersehen kann, auf welche Weise überhaupt jene Schwierigkeit beseitigt werden soll.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Es handelt sich einfach darum, ob der Vorschlag, welchen das geehrte Mitglied aus der Rheinprovinz gemacht hat, die vorliegende Frage zu vertagen, bis wir Auskunft über den Beschluß wegen der Dreitheilung haben, an— genommen wird. Ich habe mir erlaubt den Antrag zu unterstützen, und halte mich um so mehr dazu verpflichtet, als wie ich chen ersehen habe, der Fall für unsere Kollegen aus der Rheinprovinz hochwichtig gehalten wird. Die Aufschiebung der schließlichen Be⸗ stimmung über diese Frage von Heute bis Morgen und Üebermorgen zu verschieben, scheint mir daher gerathen, und ich werde entschieden dafür stimmen, daß wir die Sache bis dahin aussetzen.

Abgeordn. Neumann: Ich trete dieser Ansicht gleichfalls bei, und meine, daß die Schwierigkeiten, die von dem geehrten Abgeord⸗ neten der Rheinprovinz erwähnt worden sind, dadurch sich noch beson— ders vermehren, als es Fälle giebt, wo, wenn auch auf Strafarbeit erkannt worden ist, zugleich doch auch auf Entziehung der Ehrenrechte erkannt wird. Es hält diese Strafe demnach nicht so genau die Mitte, und wird in dieser Beziehung eine Modification eintreten missen. Insofern stimme ich dem Antrage bei, daß eine spätere Be⸗ rathung zweckmäßig ist. .

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich wollte nur zur Erwägung geben daß wir allerdings sehr leicht uns dem Antrage auf Aussetzung der Dis kussion anschließen könnten, wenn wir nicht dadurch gehindert würden, überhaupt die Verhandlung über das System der Strafen fortzuführen. Wir, können selbst über die Paragraphen nicht weiter diskutiren, welche jenem nachfolgen, ehe wir uns nicht darüber ent— schieden haben, ob wir in das System der Freiheitsstrafen die Straf⸗ arbeit aufgenommen wissen wollen, und welter ist durchaus nichts in Frage. Es ist auch hinlänglich erörtert worden, daß es dem Geiste des rheinischen Rechtes durchaus nicht widerspricht, eine solche Strafe in das System aufzunehmen, ganz unabhängig davon, wie sie ange— wendet werden kann, und daher glaube ich, trotzdem daß ich die Rück⸗ sicht theile, welche der Abgeordnete von Preußen erwähnte, daß man so viel als möglich allem entgegenkommen möge, und einzelne Ab- geordnete wünschen, um sich noch gründlicher zu informiren, daß es doch nicht möglich ist, die Abstimmung über diesen Paragraphen aus— zusetzen. Ich füge dem noch hinzu, daß, wenn ich vorhin gesagt habe, wir würden in der Abtheilung Morgen mit unfern Vorschlägen fertig sein, daraus noch nicht folgt, daß Morgen darüber berathen werden kann, denn das Gutachten muß erst gedruckt und vertheilt werden, und es wird nothwendig, denjenigen Mitgliedern, die so großen Werth auf die Dreitheilung legen, Zeit gelassen werden müssen, sich darüber zu informiren. Alles dieses muß vorhergehen, und wir würden im Fortschreiten der Sache gehindert werden, wenn wir uns nicht zunächst darüber entscheiden; halten wir den Aufschub, welchen das geehrte Mitglied beantragt hat, für nothwendig oder nicht.

Justiz⸗Minister von Savigny: Ich muß mich durchaus für die Meinung derjenigen erklären, welche der Vertagung bieser Frage widersprochen haben, und wünsche, daß sie jetzt zur Entscheidung komme. So sehr ich die Wichtigkeit der Frage über die dreigliede= rige Eintheilung anerkenne, so muß ich doch behaupten, daß die Ent— scheidung über die Annahme oder Nichtannahme des §. 11. davon völlig unabhängig ist. Ich wiederhole, was der Herr Regierungs- Kommissar ausgeführt hat, daß die Strafart, wie sie §. 11. als möglich aufgestellt hat, dem Begriffe nach dasselbe ist, was im fran— zösischen Recht emprisonnemeni heißt. Die völlige Identität beider Strafen im Wesen und Begriff folgt daraus: Beides ist erstens Frei⸗ heitsentziehung, zweitens Freiheitsentziehung mit unfreiwilliger Arbeit, und drittens Freiheitsentziehung ohne Entziehung der Ehre. Dies sind die Charaktere, wodurch die vollständige Intenditckt dem Begriff nach festgestellt wird. Allerdings steht in jenem Artikel des code bénal auch noch, der Verurtheilte solle nach seiner Wahl die dort eingeführte Arbeit verrichten. Der Herr Landtags -Kommissar hat aber bereits angeführt, daß dies am Rhein der Praxis nicht entà— spricht und auch nicht, ausgeführt werden fann. Also verschwindet dieser Unterschied völlig. Man hat ferner gesagt, beide Strafen wären nicht identisch, weil das emprisonnement auf höchstens 5 Jahr gestellt werde, und bei uns eine Zeit von 5 Jahren als Maximum nicht vorkommt. Die Zeit der möglichen Tauer ist aber an sich untergeordnet und affizirt den Begriff und das Wesen der Strafe nicht. Man könnte 10, 20, 25 Jahre als Maximum vorschlagen und der Begriff würde nicht verändert. Ich muß dabei bleiben, in unserer Strafarbeit ist dasjenige wesentlich enthalten, was im rheini⸗ schen Gesetzbuche als emprisonnement vorkommt, und es ist kein Hinderniß, jetzt über Annahme des §. 11. zu entscheiden.

Marschall: Die erste Frage, welche zu stellen ist, lautet: Soll die Abstimmung über §. 11 bis zur Berathung der weiteren Vor—

schläge über die dreigliedrige Eintheilung der strafbaren Handlungen,

ausgesetzt bleiben? Die zweite Frage würde sein: Stimmt die Versammlung dem auf Annahme des § A1 gerichteten Antrage der Abtheilung bei? Abgeordn. von Auerswald: In Bezug auf den zweiten Ge— genstand steht doch wohl die Diskussion noch offen; denn er ist, so viel ich mich erinnere, noch nicht diskutirt worden?

Marschall: Man ist bereits sehr vollständig auch auf diese Diskussion eingegangen, findet sich aber ein weiteres Bedürfniß zur Diskussion vor, so kann die selbe nach Abstimmung über die erste Frage noch fortgesetzt werden.

ö. hie Wlihelm Radziwill: Ich würde bitten, die weitere Dis— kussion über die zweite Frage noch zuzulassen. Es scheint darauf an⸗ zukommen, da die Gefängnißhäuser noch nicht so eingerichtet sind, daß eine strenge Sonderung stattfinden kann, von ber Staats- Regierung zu erfahren, ob schon der Entschluß feststeht, die Sonderung streng durchzuführen, so daß sie festgehalten werden kann.

Marschall: Die Berathung würde also ihren ferneren Fort= gang nehmen, jetzt aber darilber abgestimmt werden, ob die Frage

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ausgesetzt werden soll. Die Frage lautet: Soll die Abstimmung über S. 11 bis zur Berathung der weiteren Vorschläge über die dreig lie⸗ drige Eintheilung der strafbaren Handlungen ausgesetzt bleiben? Diejenigen, welche dies beantragen wollen, würden dies durch Auf⸗ stehen zu erklären haben.

(Die Frage wird verneint.)

Nun ist der Diskussion über den Paragraphen selbst weiterer Fertgang zu geben.

Korreferent von Mylius: Ich habe mir vorbehalten, für den Fall, daß §. 11 diskutirt werden sollte, den Antrag an' die Ver= sammlung zu stellen, daß §. 11 das Strafmarimum androhe und be— stimme, auf welche Dauer Strafarbeit erkannt werden solle. Zur Begründung dieser Ansicht schließe ich mich an das an, was von Seiten des Herrn Kommissars der Regierung und namentlich von Seiten des Herrn Ministers der Gesetzgebung ausgesprochen worden ist, daß nämlich die Strafarbeit mit der Gefängnißstrafe des rheini⸗ schen Rechts identisch sein solle. Soll sie das sein, so muß es eine Strafe sein, welche nur auf eine bestimmte Zeit und nicht über diese Zeit hinaus erkannt werden kann; denn es gehört zu dem Wesen und dem Begriff jeder Freiheitsstrafe, daß man ausspreche, ob und auf wie lange sie überhaupt erkannt werden kann. Es wird durch die Zeit der Dauer das Wesen der Strafe bestimmt. Es ist auch der Strafarbeit eine Gränze, der Zuchthausstrafe gegenüber eine gewisse Gränze zu ziehen, und fie muß von ihr unterschieden sein. Ich glaube daher den Antrag an die Versammlung stellen zu können, den Be— schluß zu fassen, es solle die Strafarbeit nicht über die Dauer von 10 Jahren ausgesprochen werden können.

Zürst Wilhelm Radziwill: Die zweite Frage würde sich also darauf richten, inwiefern Strafarbeit einzuführen sei.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Es sind also noch zwei Vor— schläge zu erwägen. Der erste Vorschlag geht von der Abtheilung aus und ist darauf gerichtet, den Paragraphen unverändert anzuneh— men und nur den Wunsch hinzuzufügen, daß Zuchthausstrafe und Strafarbeit stets in getrennten Häufenn verbüßt werden möge. Dann aber hat der Korreferent ein Amendement gemacht, das Maximum ger Strafarbeit auf 10 Jahre festzusetzen. Diesem Amendement glaube ich mich entgegenstellen zu müssen. Es kann wenigstens jetzt noch nicht der Augenblick sein, über das Maximum zu bestimmen. Dies kann erst beurtheilt werden, nachdem die einzelnen Verbrechen durchgegangen, die mit Strafarbeit bedroht worden sind. Dann wird sich erst übersehen lassen, ob es Verbrechen giebt, welche im Interesse des Staates mit einer längeren Freiheitsstrafe bedroht werden müs⸗—

sen, als 10 Jahre, und doch nicht ehrlos sind. Wollten wir jetzt be⸗ stimmen, über 10 Jahre darf Strafarbeit nicht festgesetzt werden, so würden wir bei allen Verbrechen, bie eine längere Freiheits⸗Entzie⸗ hung nothwendig machen, auf Zuchthausstrafe erkennen müssen und dadurch in große Verlegenheit kommen. Ich weise nur auf politi⸗ sche Verbrechen hin, bei denen auf eine längere als zehnjährige Frei= heits-Entziehung und zugleich auf Verlust der bürgerlichen Ehre er- kannt werden müßte. Dies würden Sie gewiß Alle nicht wünschen, da man nicht die Voraussetzung haben darf, daß solche Verbrecher immer entehrende Gesinnung bedingen. Wenn wir die einzelnen Ti⸗ tel des Gesetzes durchgegangen haben werden, können wir aaf die Frage zurückkommen und dann eher übersehen, ob ein Bedürfniß vor⸗ handen oder nicht; jetzt aber sind wir es nicht im Stande und müs— sen den Antrag des Herrn Korreferenten abweisen.

Justiz-⸗Minister von Savigny: Ich kann mich dem, was das geehrte Mitglied aus Pommern gesagt hat, aus voller lüleberzeugung anschließen und erlaube mir nur den Zusatz, daß, wenn scheinbar der Antrag, ein Maximum von 10 Jahren zu bestimmen, eine Milderung in sich schließt, im Vergleich mit dem Gesetz- Entwurf eine außeror⸗ dentliche Verschärfung in ihm liegt. Die Bestimmung des Entwurfs ohne Maximum ist viel milder. .

Secretair Dittrich: Aus dem angeführten Grunde wider- setze auch ich mich dem Amendement des Herrn Korreferenten; habe aber in Beziehung auf das Gutachten der Abtheilung noch et— was zu bemerken.

Sie sagt: „In Erwägung indeß, daß in anderen Beziehungen, als hinsichtlich der Arbeit, eine mildere Behandlung weder zulässig noch überhaupt möglich erscheint.“ Damit hin ich nicht einverstanden. Ich wüßte nicht, warum nicht auch in anderen Beziehungen, als auf die Arbeit, Milderung eintreten könnte. Es läßt sich z. B. in der Entziehung gewisser Annehmlichkeiten, in der Köst, Freistunden, Be⸗ suche, Kleidung u. s. w., mildere Behandlung sehr wohl denken, und wenn nur die Art der Arbeit das Mittel zur milderen Behandlung bieten soll, warum soll man die Strafe nicht im Allgemeinen milder machen? Ich glaube also, der Zusatz: „In Beziehung auf die Ar—⸗ beit“ könnte wegfallen, und der Satz dürfte nur heißen? „In welcher die Sträflinge milder zu behandeln sind, als im Zuchthause.“

Abgeordn. von Donimierski: Es scheint mir schwierig, daß wir uns über eine neue Strafart erklären, ohne die Natur derselben zu kennen. Die Arbeitshäuser, welche wir jetzt haben, sind nicht zu diesem Zwecke eingerichtet, und es liegt auch nichts vor über unser ferneres Hefängniß-System. Außerdem scheint es mir bedenklich, die Arbeit als Norm für eine Strafe festzüsetzen. Die Größe der Strafe bei der Arbeit hängt ganz von der individuellen Beschaffen⸗ heit des Verbrechers ab. Ver kräftige, an Arbeit gewöhnte Mann, wird eine schwere Arbeit leicht verrichten, während dieselbe für den Gebildeten, der nicht an Arbeit gewöhnt ist, eine schwere Strafe wird. Deshalb veranlaßt die Aufnahme dieser Bestimmung eine große Ungleichheit in der Bestrafung bei derselben Strafe. Ich würde mich deswegen gegen die Aufnahme Lerselben erklären und es bei dem jetzigen Unterschied der Freiheitsstrafen belassen, nämlich Zuchthaus, Gefängniß und Festung. Ich kann mich nicht überzeugen, daß das Bedürfniß einer solchen Bestimmung vorhanden sei.

Fürst wilhelm Radziwill: Wenn ich den §. 11 betrachte, so bedingt er die Nothwendigkeit, daß der Richter genau ermesse, inwie⸗ weit die Strafe den Verbrecher trifft; in dieser Beziehung halte ich es vor Allem für nöthig, davon überzeugt zu sein, ob die jetzigen Gefängnißhäuser so eingerichtet sind, daß sich die Sträflinge aus ein— ander halten lassen. Es ist dem von vielen Seiten widersprochen worden. Das führt mich zu der Frage: ob es in der Frist, die bis zur Einführung des Strafgesetzbuchs eine ziemlich kurze ist, möglich sein wird, von Seiten der Staats-Regierung solche Einrichtungen zu treffen, daß die Zuchthaus-Sträflinge, diejenigen, welche zur Straf⸗ Arbeit, und diejenigen, welche nur zur Gefängnißstrafe kontenirt sind, scharf von einander getrennt werden können. Dies ist die einzige Frage, wilche für mich ein Bedenken erregen könnte, für den Para- graphen, wie er da steht, zu votiren; habe ich aber die Ueberzeugung, daß in nicht zu langer Zeit die Einrichtung der Gefängnisse so durch= geführt werden kann, daß eine scharf: Sonderung unter den Gefan⸗ genen der vorgeschlagenen drei Klassen stattfinden kann, so habe ich ein Bedenken, für den Paragraphen zu stimmen.

Die einzige Frage möchte ich mir noch hinzuzufügen erlauben, wenn sie auch nicht ganz streng hierher gehört. Es isst so viel von dem pennsylvanischen System die Rede gewesen, und ich glaube, es sind schon Einrichtungen zur Einführung desselben im Werke; es würde interessant sein, zu wissen, welche Stelle diese Strafart in der im Gesetz⸗Entwurfe vorgeschlagenen Gliederung einzunehmen bestimmt wäre.

Candtags⸗Kommissar: Ich glaube, daß der Unterschied, wel⸗

chen der Gesetz⸗Entwurf zwischen eigentlichen Zuchthäusern und Straf-

Arbeitshäusern aufstellt, ein sehr wesentlicher Fortschritt ist. Ich er⸗ kenne diesen Fortschritt darin, daß man von vorn herein wissen wird,

ob Jemand zu einer an sich entehrenden Strafe verurtheilt sei oder

nicht.

Dieser Unterschied wird sich auch im Aeußeren charakterisiren

. müssen. Der Gesetz⸗Entwurf schreibt vor, daß in den Zuchthãausern eine schwere Arbeit das Loos der Züchtlinge sei. Ich habe mich be⸗ reits früher darüber ausgesprochen, daß dieser Begriff der schweren

Arbeit relativ sei, daß er bemessen werden müsse nach der Individua⸗

lität der Sträflinge, daß aber der Regel nach die Zuchthaus Arbeit das gewöhnliche Maß der freien Arbeit wesentlich Üübersteigen müsse.

1 .

Anders die Arbeit in den correctionellen Gefängnissen; sie wird leich—⸗ ter sein nach Gattung oder Maaß, vielleicht kann man als charakte⸗

ristisch annehmen, daß sie das Maaß einer freien Arbeit nicht wesent⸗

ͤ

lich zu überschreiten habe.

dung und, wenn man will, auch in der Behandlung.

Es wird aber der Unterschied der Ge— fangenhäuser noch in anderer Weise charakterisirt werden kön⸗ nen, und erscheint es wünschenswerth, daß dies geschehe: in der äu⸗ ßeren Ausstattung der Gefängnisse, in der Bekoͤstigung und Beklei⸗ Alles dies wird durch die Hausordnung festgestellt werden, und es wird Aufgabe der Verwaltrng sein, in dieser Beziehung die Zuchthäuser und Straf⸗ Arbeitshäuser dem Geiste, welcher der Gesetzgebung zum Grunde liegt, möglichst entsprechend einzurichten. In diesem Augenblick ha⸗ ben wir allerdings nicht in der ganzen Monarchie Anstalten, welche so wären, daß sie der einen oder anderen Kategorie vollstẽn⸗ dig entsprächen; es wird also um die Zeit, wo der Entwurf Gesetzeskraft erhält, nicht möglich sein, jenem Ideale zu entsprechen, aber ein bestimmter Unterschied zwischen Zuchthaus und Correctionshaus wird sofort hervortreten, und zwar zunächst ein räumlicher Unterschied. Man wird sich bemühen, diese Trennung auch so weit durchzuführen, daß Zuchthäuser und Correctionshäuser in ver— schiedenen Orten etablirt werden; man wird von den bestehenden An⸗ stalten die eine zum Zuchthause, bie andere zum Correctionshause er⸗ klären. Ob dies im ersten Augenblicke möglich sei, lasse ich dahin⸗ gestellt; ist es aber an einzelnen Orten nicht zu erreichen, so wird wenigstens eine vollständige Absonderung in den Anstalten der Art stattfinden müssen, daß sie in zwei räumlich getrennte Anstalten zer⸗ fallen, von denen die eine das Zuchthaus, die andere das Corrections- Haus bildet, und die in Beziehung auf die Arbeit und die durch die Haus- Ordnung vorzuschreibende Behandlung sich wesentlich unter- scheiden. Was endlich die von einem hochgestellten Mitgliede der Ver⸗ sammlung angeregte Frage über das Verhältniß der pennsylvanischen Gefängnisse betrifft, so kann ich darauf noch keine bestimmte Erklärung geben. Vie in der Administration darüber eingeleiteten Verhandlun⸗ gen sind noch nicht zu Ende geführt, vorläufig kann ich nur so viel sagen, daß die auf isolirte Haft berechneten Gefängnisse sowohl Zucht- als Correctionshäuser sein können. J 4 . Abgeordn. Graf von Zech⸗Burkersrode: Auch für den Fall, daß nach der von dem Königlichen Herrn Kommissar uns gemachten Hoffnung besondere Anstalten für Verbüßung der Zuchthausstrafe und der Strafarbeit gebildet werden, bleibt mir noch ein Bedenken übrig, das Bedenken nämlich, daß in den Strafarbeitshäusern Ver— brecher sich befinden werden, welche die bürgerliche Ehre verloren haben, und solche, welchen sie gelassen worden. Ich halte das nicht für gut, ich halte es für nothwendig, daß in der Meinung des Volkes eine strenge Sonderung bestehe und bleibe zwischen einem Verbrecher, dem die bürgerlichen Ehrenrechte gelassen, und einem, dem sie genommen sind; das wird aber nicht moglich sein, wenn in einem und demselben Hause Verbrecher sich befinden, denen die bürgerliche Ehre geblieben, und andere, denen sie genommen ist. Das ist ein Bedenken, über das ich in Bezug auf die Strafarbeitshäuser noch nicht hinwegkom—

men kann.

Justiz-Minister Uhden: Dies wird also der Fall sein, wenn bei der Strafarbeit auch auf Verlust der Ehrenrechte erkannt ist. Dies würde zur Einrichtung von drei Arten von Straf- Anstalten führen, nämlich für Verurtheilte zu 1) Zuchthäuser, ) Strafarbeit, mit Verlust der Ehrenrechte, und 3) Strafarbeit ohne solchen Verlust. Eine solche Eintheilung ist bis jetzt nicht vorbereitet, es kann aber

gliedern findet.

durch die Hausordnung vorgesehen werden, daß die beiden letzten Ka— tegorieen auch in einer und derselben Anstalt streng von einander getrennt werden. Noch möchte ich bemerken, daß, wenn die Oeffent⸗ lichkeit des Verfahrens überall eingeführt sein wird, auch das Publikum erfahren wird, ob Jemand mit oder ohne Verlust der bür—

gerlichen Ehre zu einer Strafarbeit verurtheilt worden ist, so daß der

Aufenthalt in einer und derselben Anstalt für den minder beschwerten nicht den üblen Ruf wie bisher nach sich ziehen dürfte. Landtags-Kommissar: Nach dien Vorschlägen, die in diesem Augenblick von dem Gouvernement gemacht und bereits in der Ab⸗ theilung der hohen Versammlung zur Diskussion gelangt sind, ist an— genommen, daß den mit Strafarbeit belegten Verbrechern der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte nur auf Zeit entzogen werden könne; es würde also dann in die Correctionshäuser kein Verbrecher eingeschlossen werden, welchem die bürgerliche Ehre für immer abgesprochen ist. Nichte destoweniger trete ich dem Abgeordneten der Ritterschaft aus Sachsen darin völlig bei, daß es wünschenswerth bleibe, in diesen Häusern diejenigen, welchen die bürgerliche Ehre, wenn auch nur zeitweise, entzogen ist, von denen zu trennen, wo dies nicht der Fall ist. Schon jetzt ist es Regel, in allen unseren Gefänguissen die Detinirten mög⸗ lichst nach dem Grade ihres Strafmaaßes in Kategorieen zu theilen und diese Kategorieen möglichst von einander zu trennen, und zweifle ich nicht, daß es auch ausführbar sein wird, auf diese Weise eine Ab— sonderung der vorhin bezeichneten Kategorieen von Sträflingen her— beizuführen. Ob es aber ausführbar sein wird, eine solche Trennung

durch Einrichtung abgesonderter Anstalten zu erreichen, ist zweifel haft, und wird eine solche Einrichtung jedenfalls der Zukunft vorbe⸗

halten bleiben müssen. 2

Marschall: Es ist vorerst zu vernehmen, ob der Vorschlag des Korreferenten, daß ein Maximum von 10 Jahren für Straf⸗ arbeit festgesetzt werde, die erforderliche Unterstützung von 8 Mit⸗

Abgeordn. von Auerswald: Ich erlaube mir die Frage an den Herrn Korreferenten, ob derselbe sich nicht dem Unter - Amende⸗

ment des Grafen von Schwerin anschließen würde, wonach die Beschluß⸗ nahme vorbehalten würde?

Korreferent: Ja, ich schließe mich dem an.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Es war Unter⸗

zwar ein

Amendement nicht, sondern nur der Wunsch, wenigstens jetzt die Sache nicht voreilig zu entscheiden.

Heiterkeit.) Marschall: Es ist also auf den Vorschlag des Korreferenten

keine Frage zu richten, und es bleiben nur zwei Fragen zu stellen, von

denen die erste heißt: Stimmt die Versammlung dem auf Annahme des Paragraphen gerichteten Antrage der Abtheilung bei? und, wenn nach den Erklärungen, die von dem Herrn Landtags⸗Kommissar gegeben worden sind, es von dem Referenten noch für erforderlich gehalten wird, eine zweite Frage dahin: Will die Versammlung aussprechen, daß es Bedürf⸗ niß sei, Züchthausstrafe und Arbeitshausstrafe in abgesonderten Häu⸗ sern verbüßen zu lassen? Jedenfalls ist die erste Frage diejenige: