1848 / 28 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Stimmt die Versammlung dem auf Annahme des 8. 11 gerichteten

. / seen ĩ e bei- w stimmen, 2 sist mit großer Majorität beigestimmt.)

ö. s RKommissar: Wird nach dem Wunsche der Abthei⸗ lun 8 ee eint ag gestellt, hinzuzufügen: „in abgesonderten Straf⸗ u iter, so hat das Gouvernement durchaus nichts . 9. er⸗ snnern, inbem, wie ich bereits angeführt, die Intention desse en andere sein kann, als die verschiedenen Strafen in abgesonderten An- stalten verbüßen zu lassen. Zur Vermeidung zukünstiger Miß ver⸗ ständnisse muß ich aber ausdrücklich befürworten, daß es nicht überall möglich sein wird, von Anfang an die Anstalten so zu trennen, daß sie nicht hier und da von denselben Mauern umschlossen bleiben.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Wir waren derselben Mei nung, und nur nachdem der Herr Regierungs- Kommissar bereits in der Abtheilung erklärt hatte, daß die Regierung dieser Ansicht sei, haben wir dieselbe als Zustimmung ausgesprochen. Ich glaube da— her, daß es jetzt um so weniger einer besonderen Abstimmung bedarf, da der Herr Landtags⸗-Kommissar das bestätigt, was der Regierungs⸗ Kommissar in der Abtheilung erklärt hat.

Abgeordn. von Auerswald: Aus dem, was ein geehrter Ab⸗ geordneter aus der Rhein-Provinz äußerte, habe ich entnommen, daß die Einführung der Strafarbeit, ien wenn sie nach dem, was wir auseinandersetzen gehört, dem Wesen nach vollkommen mit der jetzigen Gefãängnißstrafe am Rheine übereinstimmt, doch schwerlich als eine solche im Volksbewußtsein werde aufgenommen werten, weil außer⸗ dem noch eine mildere Strafe einträte und daher jene für eine här⸗ tere als die bisherige gehalten werden würde. Ich muß dem hin⸗ zufügen, daß in der Fassung, wie der Paragraph in den Entwurf aufgenommen worden ist, es eine ähnliche Bewandtniß in den älteren Provinzen, wenigstens in der Provinz Preußen, haben dürfte. Man ist dort gewohnt, mit der Strafarbeit einfach den Begriff der Be— schäftigung der Bewohner des Zuchthauses zu verbinden, in dem Grade, daß bei den Straf- und Zucht-Anstalten in Preußen offiziell sowohl, als im Munde des Volkes fortwährend ein Unterschied zwi⸗ schen Sträfling und Züchtling gemacht wird, namentlich in Orten, wie nil wo gleichzeitig eine Straf- und eine Besserungs⸗An⸗ talt ist.

Aus diesem Grunde und damit nicht die zu Strafarbeit Verur— theilten ohne Weiteres in der öffentlichen Meinung des Volkes als Zuchthaus Bewohner angesehen werden, würde ich mir den Vorschlag erlauben, daß die Bezeichnung im §. 11 abzuändern, so daß in der— selben nur die Verbindung unfreiwilliger Arbeit mit der Gefängniß— Strafe ausgedrückt würde.

Ich glaube, daß, wenn wir den Ausdruck „Strafarbeit“ hier beseitigen, der Zweck erreicht wied, ohne daß die zu Strafarbeit Ver⸗ urtheilten zugleich beschimpft werden.

Marschall: Ich hätte wohl gewünscht, daß diese Bemerkung vor der Abstimmung gemacht worden wäre.

Den Mitgliedern, welche erwiedern würden, daß der Paragraph angenommen sei, und daß dies auch die Annahme der einzelnen Theile, folglich auch der Ueberschrift, in sich fasse, würde ich nicht antworten können, daß sie im Unrecht seien.

Abgeordn. von Auerswald: Ich muß um Entschuldigung bit— ten, wenn ich gegen die Form gefehlt haben sollte, aber ich habe nicht vernommen, daß der Paragraph desinitiv angenommen sei, da ich nur drei auf den Inhalt bezüglich Fragen vernommen habe. Die Frage, ob hiernach der Paragraph ohne weitere Abänderung ange— nommen werden solle, habe ich nicht vernommen.

Marschall: Die Frage, über welche abgestimmt worden ist, lautete: Stimmt die Versammlung dem auf Annahme des Para— graphen gerichteten Antrage der Abtheilung bei?

Justtz⸗Minister von Savigny: Ich habe so eben vernommen, daß der Antrag des geehrten Abgeordneten aus Preußen nur ein Fassungs⸗-Vorschlag sei, und schon früher ist die hohe Versammlung darüber einverstanden gewesen mit der Regierung, daß diese Vor— schläge ad referendum genommen und sorgfältig geprüft werden, aber nicht jetzt durch Abstimmung erledigt werden sollen.

Abgeordn. Camphausen: Es ist doch etwas Anderes, als ein bloßer Fassungs⸗-Vorschlag, es ist vielmehr wesentlich eine Rückkehr zu den Grundsätzen, die von dieser Seite verfochten worden sind, eine Rückkehr zu dem Grundsatze, daß nur zwei Strafarten bestehen sollen, anstatt nach dem Entwurf drei.

Marschall: Wir können nunmehr zu §. 12 übergehen.

Referent: CLiest vor):

5. 17.

Die Gefängnißstrafe besteht in einfacher Freiheitsentziehung; doch können diejenigen Verurtheilten, welche nicht auf eigene Kosten verpflegt werden, zu einer ihren Fähigkeiten und Verhältnissen ange⸗ messenen Arbeit angehalten werden.

Wenn das Gesetz ein Verbrechen mit Gefängnißstrafe bedroht, ohne deren Dauer zu bestimmen, so darf diese Strafe nicht über zwei Jahre zuerkannt werden.

Zu S. 12. Es ist in Frage gestellt worden, ob es angemessen sei, zu bestimmen, daß diesenigen Verurtheilten, welche nicht auf eigene Kosten verpflegt werden, zu einer ihren Fähigkeiten und Ver— hältnissen angemessenen Arbeit angehalten werden dürfen. Gegen diese Bestimmung wurde geltend gemacht, daß die Verpflichtung zur Arbeit nur bei Zuchthaus strafen und Strafarbeit zulässig sein dürfe, bei der bloßen Gefängnißstrafe aber für unbemittelte Verurtheilte eine Schärfung involviren und Ungleichheit vor dem Gesetz begrün— den würde.

Dagegen

eführt,

8e, es zweckmäßig

seien, .

in den Gefängnissen nicht unbeschäftigt zu lassen, daß es billig sei, sie durch Arbeit für die Kosten ihrer Verpflegung sorgen zu lassen,

wurde zur Rechtfertigung der Bestimmung an—

sei, Gefangene, die auf Arbeit angewiesen

daß bei diesem Zwecke die Verpflichtung zur Arbeit nicht als Schärfung der Strafe angesehen werden könne und die Strafe blos einfache Freiheitsentziehung auf Kosten des Bestraften bleibe. Die Bemerkung, daß, wenn es sich um Aufbringung der Haft⸗ kosten handle, eine desfallsige Bestimmung in die Prozeß Ordnung

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trifft, so kann dieselbe nur in dem Sinne aufgefaßt werden, daß zu beantworten sei, ob die längste Dauer der Gefängnißstrafe in der Regel nicht über zwei Jahre betragen solle? Die Abtheilung hält diese Dauer als Regel für angemessen, und es wird daher vor- geschlagen,

sich mit der Bestinmung des §. 12 lediglich einverstanden zu er- klären.

Nach der Bestimmung des §. 12 werden indeß, sobald das neue Strafgesetz in Kraft tritt, künftig Gefängnißstrafen von längerer Dauer stattfinden, als nach der bis jetzt bestehenden Gesetzgebug ge— schehen konnte. Dadurch würde die Last der Gefängniß - Unterhal= tung da, wo sie den Konimunen obliegt, bedeutend vergrößert werden, zumal wenn Einrichtungen getroffen werden sollen, um nach §. 13 Nr. 3 einsames Gefängniß verhängen zu können. Es kann nicht die Absicht sein, zum Zweck der Kriminal-Rechtspflege den Kommunen größere Lasten aufzulegen, als sie bisher zu tragen verpflichtet sind, und obgleich die Abtheilung mit 6 gegen 5 Stimmen sich dagegen erklärt hat, eine desfallsige Bestimmung in das Strafgesetzbuch auf— zunehmen, so schlägt sie doch vor, auf die Nothwendigkeit einer zu erlassenden gesetzlichen Bestimmung aufmerksam zu machen, daß durch die in Folge der Vorschriften des neuen Strafgesetzbuchs erforderlich werdende Einrichtung und kostspieligere Unterhaltung der Gefängnisse und der Gefangenen selbst den Kommunen keine größeren Lasten aufgelegt werden, als sie bisher getragen haben.

Abgeordn. Steinbeck: Es haben sich die Motive darüber nicht ausgesprochen, und es liegt etwas Näheres überall nicht vor, warum das Maximum der Gefängnißstrafe auf zwei und nicht auf drei Jahre zu bestimmen. Ist es auf drei Jahre bestimmt, so schließt es sich an das Minimum der Zuchthausstrafe an, und will man das nicht gelten lassen, sondern bei zwei Jahren stehen bleiben, so wird sich der Richter genöthigt sehen, öfter da auf Strafarbeit zu erkennen, worauf er sonst nicht erkannt haben würde. Mir scheint es daher wünschenswerth, statt zwei Jahre drei zu setzen. Auch wird daraus keine größere Belastung der Kommunen entstehen, abgesehen davon, daß der sinanzielle Gesichtspunkt bei der Justiz in den Hintergrund treten muß, da der, der arbeiten kann, was der größte Theil der Gefangenen vermag, arbeiten muß, wenn er nicht aus eigenen Mit teln sich zu beköstigen vermag; deshalb stelle ich das Amendement, drei Jahre als Maximum zu setzen.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Der Entwurf ist schon sehr weit gegangen, indem er das Maximum der Gefängnißstrafe auf zwei Jahre festgesetzt hat. Die Gefängnisse sind gewöhnlich nicht der Art, daß langdauernde Freiheitsstrafen in geeigneter Weise darin vollstreckt werden können. Das Maximum von zwei Jahren ist an— statt des im Entwurfe von 1843 beliebten Maximums von einem Jahre angenommen, weil manche Verbrechen vorkommen, welche mit einer längeren Freiheitsstrafe bedroht werden müssen, in Ansehung de⸗ ren jedoch eine andere Art der Strafe, als einfache Freiheits- Entzie⸗ hung, nicht angemessen erscheint. Allein auch bei diesen Verbrechen reicht man mit dem Maximum von zwei Jahren völlig aus. Nur wenn mehrere Verbrechen dieser Art zusammentreffen, also eine materielle Konkurrenz vorhanden ist oder ein Rückfall vorliegt, ist es Bedürfniß, über zwei Jahre hinauszugehen, und für diesen Fall sind vier Jahre als Maximum bestimmt worden; für andere und, noch schwerere Fälle ist es nicht erforderlich, Fürsorge zu treffen, indem durch die Strafarbeit das Auskunftsmittel gegeben ist, daß solche Personen nicht in die Zuchthäuser kommen. Ber Umstand, daß das Minimum der Zuchthausstrafe auf drei Jahre gesetzt ist, hat auf das Maximum der Gefängnißstrafe keinen Einfluß, indem letztere sich an die Strafarbeit, deren Minimum drei Monate ist, anschließt und nicht an die Zuchthausstrafe. .

Abgeordn. Camphausen: Ich stimme dem Paragraphen bei, weil er mit dem am Rhein Bestehenden nicht übereinstimmt, und zweitens deshalb, weil er mit dem, was am Rhein besteht, allerdings übereinstimmt. Er stimmt nicht überein, insofern nach den heute ge— gebenen Erläuterungen die Gefängnißstrafe mit dem Zwange der Ar⸗ beit für die Gefangenen verbunden sein soll. Er stimmt aber damit überein, weil und hier glaube ich seitens der Regierung nicht auf Widerspruch zu stoßen diese Bestimmung am Rhein keinesweges praktisch angewendet wird, noch auch in Frankreich. Der, welcher die Mittel hat, sich selbst zu unterhalten und für seine eigene Verpfle= gung im Gefängnisse zu sorgen, ist von der Arbeit befreit. Das ist die Praxis in der Rhein-Provinz, und ich glaube auch nicht, daß sei= ner Zeit Chateaubriand im Gefängnisse genöthigt wurde, Arbeit zu verrichten. Wenn aber die Bestimmung wirklich ausgeführt wird, so taugt sie nichts, denn man muß Strafen haben, die nur in der Frei⸗ heits-⸗ Entziehung bestehen, und deshalb bin ich mit diesem Vorschlage einverstanden, deshalb erachte ich aber auch, daß man Dreifache eingeführt will, wo bisher nur Zweifaches bestand.

Marschall: Es ist zu ermitteln, ob der Antrag des Abgeord⸗ neten Steinbeck, ein Mapimum von 3 Jahren zu beantragen, Unter⸗ stützung findet? . J

Abgeordn. Steinbeck: Ich nehme meinen Antrag zurück, nach⸗ dem die Erklärung des Herrn Regierungs-Kommissars dahin 5 worden ist, daß das Straf⸗-Maximum auf vier Jahre verschärft wer= den kann in dem Falle, daß Verbrechen reiterirt worden sind.'

Landtags-Kommissar: Die Bemerkung, daß faktisch die zu correctionellen Strafen verurtheilten Verbrecher der Rhein Provinz welche sich ernähren können, nicht zur Arbeit ie e; würden, ist nicht richtig; wenigstens habe ich als Ober-Präsident jener Provinz

darauf gehalten, daß in dieser Beziehung keine Ausnahme gemacht

wurde. Die zu unfreiwilliger Arbeit Verurtheilten mußten, auch wenn sie im Stande waren, sich selbst zu beköstigen, dennoch arbeiten.

Abgeordn. Freiherr von Gudenau: Mir sind Ausnahmen be⸗ kannt, dle das, was der Abgeordnete aus Köln gesagt hat, allerdings bestätigen, und ich will sie nur nicht näher bezeichnen, um die Nen⸗ nung der Namen zu vermeiden. ; . Marschall: Es ist für alle künftigen Fälle zu erinnern, daß bei solchen Paragraphen, wo die Abtheilung auf Annahme anträgt und keine entgegenstehende Bemerkung gemacht worden ist, stillschwei⸗ gend der Beitritt der Versammlung angenommen werden kann. Es wäre also in diesem Falle feine Frage auf Annahme des Paragra⸗ phen zu richten, sondern nur eine Frage auf den Schluß des Abthei⸗

gehöre, wurde nicht für wesentlich gehalten, und ein Antrag, in dem

lungs- Gulachtens, die lauten würde: Will die Versammlung auf die Nolhwendigkeit einer zu erlassenden gesetzlichen Bestimmung aufmerk-

ersten Alinea den Passus hinter dem Semikolon zu streichen, wurde von der Abtheilung mit 8 gegen 3 Stimmen abgelehnt, Eben so wurde ein auf Herstellung der Gleichheit der Strafe für alle zu derselben Strafgattung Verurtheilten abzielender Antrag: Das Wort „können“ in „sollen“ zu verwandeln, den Zwischensaß: „welche nicht auf eigene Kosten verpflegt werden“, zu streichen, um dadurch die Verpflichtung zur Arbeit allgemein hinzustellen und zugleich den Widerspruch in Beziehung auf 8. 14 zu beseitigen, der schon bei der Festungshaft Beaufsichtigung der Beschäftigung anordne, mit 8 gegen 3 Stimmen, und ein fernerer, denselben Zweck verfol⸗ gender Antrag: blos den eben bezeichneten Zwischensatz wegzulassen, mit 7 gegen 4 Stimmen abgelehnt. Was die sich an die Bestimmung des §. 12 anschließende, in der vorgelegten Zusammenstellung mit Rr. 4 bezeichnete Frage be⸗

sam machen, daß durch die in Folge der, Vorschriften des neuen Strafgesetzbuches erforderlich werdende Einrichtung und kostspieligere Unterhaltung ber Gefängnisse und der Gefangenen selbst, den Kom— 6. n. größeren Lasten auferlegt werden, als sie bisher getra—= gen haben?“ Abgeordn. Siegfried: Die Abtheilung hat diesen Gegenstand nicht zur Diekussion und zur Aufnahme im Strafgesetzbuch bringen wol- len und es nur für wünschenswerth erachtet, daß die Regierung hier= von Kenntniß erhalte. Es würde also hier nur vorliegen: „Ob die Versammlung in den Wunsch der Abtheilung einstimme, daß den Kommunen keine neue Lasten dadurch entständen, und daß die Regierung bei dieser Gelegenheit diesen Wunsch erfahre.“ Marschall: Wenn keine Entgegnung erfolgt, ist auch in dieser

Referent Naumann: 8. 13 des Entwurfs lautet:

Wenn bei. Gefängnißstrafen von höchstens drei Monaten nach der Persönlichkeit des Angeschuldigten anzunehmen ist, daß die ö. wöhnliche Art der Vollstreckung den vom Gesetze erwarteten Cid nicht bewirken werde, so kann der Richter die Strafe durch folgende einzeln oder in Verbindung anzuwendenden Zusätze schärfen: . 1) durch Schmälerung der Kost, welche alsdann einen! um den an—

deren Tag in Wasser und Brod besteht,

2) durch Anweisung einer harten Lagerstätte,

3) durch einsames Gefängniß. ͤ

In einem solchen Falle kann zuerkannten Schärfung die Dauer der werden.

Das Gutachten der Abtheilung lautet:

6 Gegen die Bestimmung dieses Paragraphen ist erinnert worden, daß, da nicht angegeben sei, welcher Eindruck vom Gesetze erwartet werde, dem Richter aller Anhalt fehle, um zu beurtheilen, ob auf Schärfung zu erkennen sei, daß die Bestimmung daher der Willkür freien Spielraum lasse, und daß es ferner des Richter⸗Amtes unwür— dig erscheine, aus der Persönlichkeit des Angeschuldigten besondere Schärfungsgründe herzunehmen. Andererseits wurde gerade die Per— sönlichkeit des Angeschuldigten als maßgebend für die Beurtheilung erkannt, ob die zu verhängende Strafe ein Uebel und wirksam sein könne, und ein Antrag, die Bestimmung des 5§. 13 zu streichen, wurde von der Abtheilung mit sechs gegen fünf Stimmen ab— gelehnt. Außerdem wurde erinnert, daß die Schärfung durch Anweisung einer harten Lagerstätte eben fo unangemessen wie die frühere Lat= tenstrafe beim Militair erscheine, und daß die Schärfung durch ein⸗ sames Gefängniß die Gefängnißstrafe in eine intensiv schwerere Frei⸗ heitsstrafe verwandeln würde. Mit Rücksicht darauf, daß durch diese Schärfungsmittel nur allein Ersatz für die sonst erforderliche körper⸗ liche Züchtigung biete, lehnte die Abtheilung die Anträge, die Be— stimmung suh 2 und 3 zu streichen, mit acht gegen drei Stim— men ab. Dagegen ist die Abtheilung der Ansicht, daß in Fällen, wenn Schärfung eintrete, die Dauer der Strafe nicht nur verkürzt werden könne, fondern daß sie verkürzt werden müsse; daß eine Gränze dieser Verkürzung bis zur Hälfte nicht festzusetzen, sondern in die⸗ ser Beziehung dem richterlichen Ermessen keine Gränze vorzuschrei⸗ ben sei.

Es wird daher vorgeschlagen, . die Bestimmung des §. 13 mit der Modification anzunehmen, daß in dem letzten Satze das Wort „kann“ in „muß“ verändert werde, und daß die Worte: „bis zur Hälfte“, zu streichen seien.

Staats Minister von Savigny: Es ist von Seiten der Abthei— lung eine kleine Modification vorgeschlagen worden, und ich erkläre, daß die Regierung gegen diese Modification nichts einzuwenden haben dürfte.

Abgeordn. Sperling:

Wugleich nach Verhältniß der Strafe bis zur Hälfte verkürzt

Ich bin zunächst nicht der Ansicht derje⸗ nigen, welche diesen Paragraphen ganz gestrichen wissen wollen, wohl aber trete ich denjenigen bei, welche die Fassung des Paragraphen für unbestimmt halten. Ich finde diese Umnbestimmtheit namentlich in bem Ausdrucke: „Nach der Persönlichkeit des Angeschuldigten.“ Gehe ich auf die Motive des Entwurfs von 1845 zurück, so werden bei⸗ spielsweise die Bettler und Vagabunden angeführt. Ich glaube, daß bei diesen gerade am wenigsten Veranlassung vorhanden sein dürfte, sogleich mit einer Verschärfung der Freiheitsstrafen zu beginnen. Die Bettler sind schon nach den bestehenden Gesetzen hart genug bedroht, und bei ihnen wie bei den Vagabunden dürfte zu Anfang die einfache Gefängnißstrafe genügen. Allerdings können Umstände eintreten, welche eine Verschärfung der Gefängnißstrafe motiviren, jedoch, glaube ich, können solche nur in denjenigen Fällen mit Sicherheit als vor⸗ handen angenommen werden, in denen eine einfache Freiheitsstrafe be- reits vollstreckt worden ist und sich nicht wirksam gezeigt hat. Ich würde daher die Bestimmung dieses Paragraphen überhaupt nur für den Rückfall statuiren und richte meinen Vorschlag dahin, dieselbe da— hin zu modifiziren. .

Korreferent Frhr. von Mylius: Ich gehöre zu den Mitglie⸗ dern der Abtheilung, welche darauf angetragen haben, daß dieser Paragraph ganz gestrichen werde, indem ich nicht der Meinung bin, daß die Gründe, welche für seine Zweckmäßigkeit angeführt worden sind, stichhaltig sind. Es ist meines Erachtens nicht Sache des Rich⸗ teramtes, zu prüfen, ob innere Gründe für die Strafbarkeit einer Handlung vorliegen, außer denjenigen, welche das Gesetz bei der Strafzumessung schon bestimmt. Durch die Strafen, welche der Rich⸗ ter ausspricht, wendet er das Gesetz an, und durch die Anwendung hat er alle Handlungen, insofern sie überhaupt den Strafgesetzen un⸗ terworfen sind, mit Strafe zu bedrohen; Lann aber auch in das In⸗ nere des Verbrechers einzugehen und noch aus ihm Gründe für die Schärfung herzunehmen, halte ich mit der Würde des Richters nicht vereinbar, indem, wenn dem Richter diese Aufgabe gestellt wird, er mehr sich als Polizeibeamter, denn als Richter sich zeigt. Ich habe daher schon in der Abtheilung darauf angetragen, den Paragraphen zu streichen, und wiederhole diesen Antrag hier in der Versammlung⸗

Abgeordn. Graf von Renard: Ich muß mich dem, was der . Korreferent so eben gesagt hat, vollständig anschließen. Wenn ich 3 haupt zugeben muß, daß wir die Verbrecher an Wiederbegehung der Verbrechen durch Entziehung der Freiheit hindern sollen, so sehe ich feinen Grund, warum wir die Uebel noch vermehren wollen 66 wir ihnen dadurch zufügen. Ich gehe nun auf die speziellen Nn nah nnn über, wie sie in diesem Paragraphen beantragt sind. K ist Schmälerung der Kost, welche alsdann einen um den anderen 64g in Wasser und Brod besteht. Wir Alle wissen, . . Menschen nur durch Nahrungsmittel und durch die ' sleg ö 9 6. genießt, erzeugt werden. Entzieht man ihm diese in ö er die Arbeit nicht mehr leisten . . diese, wodurch er für seinen Unterhalt sorgen soll, von selbst auh . 2.

H dhe ö ö 9. ist ja g von Hefanguißstrafe die n

Ich sche nicht ein, wenn wir konsequent bleiben n, . 9 wir nicht auf die körperliche Züchtigung übergehen, . . U ängstlich vermieden haben. Wenn wir went au ö n 1 gi ner' harten Lagerstätte übergehen, so muß ö fi 8 . an sich für kel Strafe halte, ist sie aer so, bart teile nen Lattenstrafe übergeht, so wird sie der Gesundheit ur 2. J c wir auf das einsame Gefä ngniß übergehen, sao . . odr dit h halte dieses für eine so große Qual, für eine ö unerhör ö 6h z, daß ich mich scheue, dieses Wort auszusthe hen . inen . .

u nunterstützen. Es ist von dem einsamen GHefäugniß Hekannt, gz 3 dien dort eintreten. Bei den trägen, indolenten Naturen . u nnn der Schlaf, und dann trikt Verdummung ein. Bei er en feen sanguinischen Naturen kommt zuerst die Verzweiflung,

ĩ en 6 . . lhre oy ein solche Qualen über unsere ge= fallenen Mitbürger verhängen wollen. Warum wir aber endlich sagen, daß, wenn wir die, Strafen intensiv verstärken, wir sie in der Pin „btüärzen können; ich glaube, kürzen wir sie in der Dauer nach Möglichkeit ab, so welt sich dies mit der Achtung vor dem Gesetze

Beziehung der Abtheilung beigetreten, und wir kommen zu s. 13.

frägt, und fügen wir keine intensive Schärfung bei. . . 1 Zweite Beilage

klich der Wahnsinn. Ich glaube nicht, daß

Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

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Freitag den 28. Jan.

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Regierungs⸗-Kommissar Bischoff: Zur Erläuterung dieser Bestim— mung ist Folgendes zu bemerken. Als die Frage enistand, ob man die körperliche Züchtigung abschaffen solle, wurde für die Beibehaltung dieser Strafe hauptsächlich geltend gemacht, daß es Individuen gebe, auf welche die einfache Haft keinen Eindruck mache. Es war dies eines der Haupt- Argumente, welches dafür geltend gemacht wurde daß die körperliche Züchtigung selbst in Ansehung der an und für sich geringfügigen Vergehungen, wie Tumult, Auflauf u. dergl., beibe⸗= halten werden müsse. Um diesem Argumente in der eben erwähnten

eziehung entgegenzutreten, ist die vorliegende Bestimmung getroffen;

es ist eine Art der Freiheits-Entziehung eingeführt, welchc geeignei erscheint, auf Personen der erwähnten Art einen genügenden Eindruck hervorzubringen. Wenn gegenwärtig gesagt worden ist daß man diese Strafart nur im Falle des Recidios anordnen solle, so glaube ich, daß sich aus dem, was ich so eben anzuführen die Ehrè hatte von selbst ergiebt, weshalb dieses Amendement nicht zulässig sein dürfte Ferner ist darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Richter durch diese Bestimmung in eine eigenthümliche Lage komme und in die Stellung eines Polizei⸗-Beamten versetzt werde. Ich glaube jedoch nicht, daß dies der Fall ist. Die Lösung der dem Richter e enn Aufgabe wird für denselben nicht schwierig sein, insbesondere wenn wie doch die Absicht ist, die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Ver⸗ fahrens hergestellt wird. Der Richter, welcher den ihm vorgeführten Angeschuldigten vor Augen hat und die Umstände der That erörtert wird sehr leicht ermessen können, ob von dieser erceptionellen Art ber Gefãängnißstrafe Gebrauch zu machen sei oder nicht; ich glaube auch , . ö dazurch auf ein Feld führt, was seiner richterlichen WBür a9 thun könnte. Endlich ist bemerkt worden, es würde die Art der Schärfung im s. 13. zu einer gewissen Härte führen man hat namentlich gesagt, daß die Bestimmung unter 2 nichts An⸗ deres sei, als die Lattenstrafe. Indessen muß bei allen diefen Be— , ,. n,, . werden, daß von, der die Strafe vollstrecken den. Behörde stets mit derjenigen Menschlichkeit verfahren wird, wie sie in jedem (ivilisirten Staate der Strafgewalt geboten ist. zwischen . 2, angeordneten einfachen harten Lagerstätte und der Lat=

ö

8 ent Irhr von Mylius: Ich muß wiederholen, daß ich . ö bin, bah es nicht Aufgabe des Nichteramtes ien r . h gung von Umständen, welche dem Innern des

r neangehören, einer bestimmten Strafe einen anderen Charak— ö geben. Denn der Richter ist nicht dazu da, um darüber zu . . Gesetz möglicherweise für einen Eindruck zu be⸗

en hat; dieser Auffassung würde der Grundsatz zum Grunde lie— gen, daß der Staat überhaupt den Verbrecher zu erziehen hat, und 2 , Dem Richter der Auftrag gegeben sein, . he ö. in welcher Weise die Strafe als Erziehungsmittel,

u Vexurtheilten gegenüber, angewendet werden solle. Ich glaube daß diese Aufgabe der Würde des Richters nicht entspricht. Dann habe ich hinzuzufügen, daß die Bestimmung des Paragraphen daß die gewöhnliche Art der Strafe den von der Gesetzgebung erwarte! ten Eindruck bewirke, eine mir ebenfalls viel zu allgemeine erscheint als daß ein chsieres bestimmtes Maß, wie nun geschärft werden soll, in ihr gefunden werden kann. Aus diesen Gründen wiederhole ich meinen Antrag auf Streichung des Paragraphen. . Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich glaube, der Herr Re— gierungs⸗Kommissar hat bereits diejenigen Momente hervorgehoben, die es unmöglich machen, dem Antrage auf Streichung des ganzen Paragraphen beizutreten. ö ö . Ich wollte diesen Antrag vom Standpunkte der Majorität der Abtheilung bekämpfen und bemerklich machen, daß gerade der Ge— sichtspunkt, den wir gewiß Alle anerkennen, der der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze, die Beibehaltung dieses Paragraphen nothwendig erheische. Eben weil die einfache Freiheits Entziehung für eine Menge von Menschen kein Uebel ist, vielmehr damit gewisser⸗ maßen nur Hohn dem Gesetze gesprochen wird, während man glaubt, ihnen durch die Entziehung der Freiheit ein Uebel zufügen zu können, während ihnen dieselbe eine Wohlthat ist, um des willen ist es noth⸗ wendig, dieser Kategorie von Leuten die Entziehung der Freiheit auch zu einem wirklichen Uebel zu machen und ein Mittel aufzufin⸗ den, welches ihnen die Freiheits-Entziehung als eine Strafe erschei⸗ nen läßt. Daraus folgt auch konsequent, daß die Worte: „Nach der Persönlichkeit des Angeschuldigten“, nicht zu entbehren sind und das Amendement des geehrten Abgeordneten von Königsberg nicht ange— nommen werden konne; denn die Persönlichkeit des Angeschuldigten läßt allein beurtheilen, ob die einfache Freiheits Entziehung für ihn ein Uebel sein werde oder nicht, und ob der einfachen Freiheits- Ent⸗ ziehung noch die exrceptionelle Beziehung hinzugefügt werden solle. Von diesem Gesichtspunkte aus ist, glaube ich, der Paragraph voll- kommen gerechfertigt.

Abgeordn. von Auerswald: Ich glaube, daß es eine, wenn— gleich allgemein verbreitete, so doch ganz unrichtige Voraussetzung ist, als ob die Zahl derjenigen Personen, die aus der Freiheits-Entzie— hung sich nichts machen, eine große sei. Ich gebe zu, daß es einige Personen diefes Gelichters giebt, aber ich habe in den Verhältnissen, in welchen ich mich befunden habe und befinde, viele Gelegenheit ge⸗ habt, hierüber ein Urtheil zu gewinnen, und es sind mir Fälle, wie mau sie hier berücksichtigen will, zwar auch vorgekommen, aber so außerordentlich selten, daß ich glaube, es sei auf diese hier nicht be⸗ sonders Rlcksscht zu nehmen, und daß wir nicht nöthig haben, für folche Fälle eine Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen. Ich halte ben Paragraphen also nicht für nothwendig und bin entschieden der Meinung, daß er namentlich aus den von dem geehrten Mitgliede aus Schlesten angeführten Gründen und zwar um so mehr gestrichen werden müsse, als hier nicht von einer Polizeistrafe, sondern eigent— lich von einem gelinderen Akte der Tortur die Rede ist, wodurch der Richter in eine viel schlimmere Lage kömmt, als wenn er Polizei⸗Be⸗ amter wäre.

Candtags⸗Kommissar: Zuvörderst muß ich hervorheben, daß die Zahl dersenigen, für welche die einfache Freiheits-Entziehung keine Strafe, ja in vielen Fällen eine Prämie ist, nicht so ganz ge⸗= ring erscheint, und ich glaube in dieser Beziehung meine langjährige i . derjenigen des geehrten Redners, welcher zu mir gespro— chen hat, entgegensetzen zu können. Indem ich daher für dringend nöthig halte, daß dem Richter die Freiheit gegeben werde, für der— gleichen Individuen die Entziehung der Freiheit in einer Weise zu schärfen, welche sie zur wirklichen Strafe macht, glaube ich noch mit wenigen Worten auf die Einwendungen des geehrten Deputirten aus der . Schlesien zurückkommen zu müssen, welcher das einsa me Gefängniß als absolut verwerflich geschildert hat. Ich weiß wohl, daß man die einsame Einsperrung als einen Akt von Tortur, als einen hohen Grad von Grausamkeit darzustellen pflegt, und glaube nicht, daß hier der Ort sei, diese Ansicht näher zu erörtern und zu bekämpfen, noch weniger, sie als richtig anzuerkennen; davon aber bin

Zeit die Rede ist, es kein besseres Schärfungsmittel der Haft giebt ö ? ö) . 1 6 als gerade dieses, ein Mittel, welches der Individualität vieler Ver= brecher durchaus entspricht und häufig nicht allein wegen ihrer selbst sondern noch mehr wegen derer, mit denen man sie sonst in Verbin⸗ dung bringen müßte, nothwendig wird. Deshalb möchte ich gerade dieses Schärfungsmittel am wenigsten entbehren. Es fehlt nicht an Frevlern, welche in dem müßigen Gefängnißleben in Gesellschaft mit Personen ihres Gelichters ein sehr angenehmes Conversationsmittel sinden, und für diese ist unzweifelhaft die einsame Haft ein sehr geeig⸗ netes Correctionsmittel. 56 Referent Waumann: Ich kann mich dem Antrage, den Para—⸗ graphen zu streichen, nur anschließen. Ich verkenne nicht, daß der— gleichen Uebelstände, wie von dem Herrn Landtags Kommissar ange⸗ führt worden sind, eintreten können; ich kann mich aber aus diesem Grunde nicht veranlaßt sinden, die Bestimmungen, wie sie hier gegeben wor— den sind, für gerechtfertigt zu halten. Ich kann nicht für genügend ausgedrückt halten, wenn hier gesagt wird, es solle der Richter be⸗ fugt sein, eine Schärfung eintreten zu lassen, wenn der von dem Ge— ße erwartete Eindruck nicht würde erreicht werden. Welchen Ein⸗ druck erwartet das Gesetz? Zufügung eines Uebels? Da bemerke ich, daß ich die Strafe in ihrem letzten Zwecke anders auffasse. Ich kann nicht der Meinung sein, daß dieser Zweck blos die Zufügung eines llebels sein soll. Aber es darf auch zweitens nicht von dem richter⸗ lichen Ermessen abhängig sein, ob die Strafe durch Verschärfung ein empfindlicheres Uebel werden soll, und ich kann drittens nicht zuge⸗ ben, daß bei, der leichtesten Strafart, bei der Gefängnißstrafe, das schärfste Schärfungsmittel angewendet werden soll. Es hat das geehrte Mitglied aus der Provinz Schlesien sehr treffend angeführt, welche Schärfung in den Mitteln des 8. 13 liegt. Ich kann un⸗ möglich zugeben, daß bei der leichtesten Gesetzes-Uebertrefung, ja bei bloßen Polizei- Uebertretungen Mittel angewendet werden, die einen so grausamen Charakter an sich tragen; ich kann nicht zugeben, daß ein Ersatzmittel für die körperliche Züchtigung, für die wir uns, Gott sei Dank, nicht entschieden haben, in diesem Maße wieder eingeführt werde. Man lasse, dem Gesetze die einfache Würde, drohe die Strafe an und verlange nicht einen besonderen Eindruck der Strafe. Man lasse nicht nach der Individualität des Richters die einzelnen Fälle beurtheilen, denn das Richtige wird selten getroffen werden. Für die That soll gestraft werden, nicht aber mag darauf gesehen werden, wer die That begangen hat. . Abgeordn. von Gaffron: Ich bedaure, den Ansichten des ge— ehrten Referenten so wie denen meines verehrten Nachbars durchaus widersprechen zu müssen. Ich behaupte, die Aufgabe der Strafge— setzgebung ist die Sicherung der menschlichen Gesellschaft gegen Ver— brechen. Ich kann die Behauptung des geehrten Abgeordneten der preußischen Ritterschaft ebenfalls nicht theilen, daß die Zahl derjeni⸗ gen, welche auf eine kurze Freiheits-Entziehung keinen Werth legen, so gering sei. Auch meine Erfahrung hat nur den Beweis geliefert, daß es nicht wenige Menschen giebt, denen die Gefängnißstrafe eben keine große Unbequemlichkeit auferlegt, die solche als keine Strafe be— trachten, ja, die sich sogar Vergehen zu Schulden kommen lassen, um wieder in eine Strafanstalt 6 en zu werden. Gegen solche Menschen steht die menschliche Gesellschaft schutzlos da, und will man man sie vor ihnen schützen, so muß man zugleich die Freiheits-Ent⸗ ziehung schärfen. Hier hat man nün drei Mittel ergriffen, wie man diese Strafe schärfen will. Wenn das geehrte Mitglied aber nun angeführt hat, es könne der Mensch auch dann nicht mehr arbeiten, wenn er nicht zu essen bekomme, so glaube ich nicht, daß ein Richter die Verkürzung der Kost so weit ausdehnen werbe, daß ein Mensch so sehr geschwächt würde, daß er keine Arbeit mehr verrichten könnte. Wenn gesagt worden ist, daß das einsame Gefängniß zur Verdum— mung, ja zur Verzweiflung führe, so habe ich darauf ebenfalls bei Gelegenheit der Diskussion über die Todesstrafe Bezug genommen aber nur in Voraussetzung lebenslänglicher Einkerkerung; hier aber ist nur von drei Monaten Gefängniß die Rede, und bei dieser kur⸗ zen Dauer des einsamen Gefängnisses können jene Wirkungen nicht besergt werden. Wir haben die körperliche Züchtigung abgeschafft weil die, Mehrzahl der Mitglieder der Versammlung etwas Eutehren des darin gefunden hat;; wenn aber überhaupt kein Verschärfungs— mittel vorhanden sein sollte, muß ich besorgen, daß die einfache 6. heitsstrafe in manchen Fällen ganz ohne Wirkung bleibt. Der Rich. ter kann nach der Persönlichkeit des Angeschuldigken darüber entschel⸗ den, ob diese Verschärfung nöthig wird, und 'schon bei der Unter— suchung wird sich das Urtheil über die Subjektivität des Menschen herausstellen. Ich finde den Paragraphen sogar im Sinne der Menschlichkeit angemessen und stimme für dessen Beibehaltung. Abgeordn. Steinbeck: Im Interesse der ärmsten Volksklasse der Volksklasse, die mit den Händen das Leben fristen muß stimmẽ ich für den Paragraphen; indem ich für sie in dem Paragraphen nicht eine Schärfung, sondern eine Milde sehe. Die perfönliche Freiheit ist eines der edelsten Güter für Jeden, für diese unterste Klasse ist sie es aber doppelt; denn in dieser wird nicht nur dem Einzelnen sondern auch seiner Familie oft die Möglichkeit des Unterhalts ent= zogen, wenn der zu ihr gehörende Verbrecher seiner Freiheit zu lange beraubt wird. Der Paragraph setzt voraus, daß nur von einer Ge— fängnißstrafe von drei Monaten die Rede ist, und endigt damit, daß er sagt: „Wenn eine Verschärfung eintritt, so soll dann die Gefäng⸗ nißstrafe abgekürzt werden.“ Er giebt also die Möglichkeit an die Hand, die unglückliche Familie, die das Gesetz mit treffen muß, ohne es zu wollen, vor einem größeren Uebel zu bewahren, als es bie Ab⸗ sicht des Gesetzgebers ist. Dies ist etwas, was diese Volksklasse als eine Wohlthat ansehen wird; denn auch in dieser untersten Volks= klasse sagt man: „Es soll der Verbrecher bestraft, er soll gebessert und es soll dem Publikum durch die Strafe imponirt werden.“ Die Einsperrung allein imponirt aber einem solchen Verbrecher nicht an— ders, als wenn auf seine Sinnlichkeit gewirkt wird. Unwürdig ist es dies durch Prügelstrafe zu thun; die drei in diesem Paragraphen an? geführten Momente sind aber solche, welche den Menschen nicht ent⸗ würdigen, sind Momente, die den Einen oder Anderen treffen können ohne daß er eben auf längere Zeit eingesperrt werden muß. Auch der Soldat, der bivouakirt, hat eine harte Lagerstätte, speist oft nicht einmal Wasser und Brod, und was das einsame Gefängniß betrifft so wird der Richter das richtige Maß zu sinden wissen, um es nicht unpassend hart anwenden zu lassen. Es bleibt mir nur noch übrig zu fragen, ob der Richter diese Verschärfung aussprechen könne und dürfe. Wenn man ihm dieses Recht nicht beilegen wollte, so würde

man leicht in die Lage kommen, ihm die Befugniß, zu urtheilen, über—

haupt zu entziehen. Der Richter ist nicht ein todtes Organ; er soll das Necht, was in unserer Brust lebt, in dem Leben zur Verwirklichung hringen mit ihm die formelle Gerechtigkeit versöhnen. Allerdings ist er nicht Pädagog, aber dennoch soll er den Menschen in , . Art indirekt erziehen und bessern, und daher stimme ich für den Paragraphen.

ich überzeugt, daß, wenn nur von esnsamer Einsperrung auf kurze

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Der geehrte Redner,

der vorhin gesprochen, hat einen ganz anderen Gesichtspunkt aufge- faßt, als ich gethan habe. Es ist von mehreren Rednern gesagt worden, daß die einfache Freiheits Entziehung für viele Verbrecher aus der unteren Volksklasse keine Strafe sei, und wenn wir voraus⸗ setzen dürften, daß dies bei Personen aus dieser Klasse am häufigsten der Fall sein möchte, so wäre dieserhalb die Strafe zu verschärfen, um die Freiheits- Entziehung zu einer wirklichen Strafe zu machen; wogegen der letzte Redner gesagt hat, es sei nothwendig, solche Ver⸗ brecher bald wieder der menschlichen Gesellschaft zurückzugeben, und deshalb sei diese Bestimmung des Paragraphen nicht eine Verschär⸗

fung, sondern eine Milde. Diese aber eintreten zu lassen, liegt eben

nicht in der Absicht des Paragraphen, und ich kann demselben nicht

beistimmen. Es hat ein geehrter Redner den Zweifel hingestellt, ob

es für den Richter angemessen sei, bei dem Ausspruche der Strafe

auf die Individualität der Straffälligen einzugehen, ja, ob er über⸗

haupt im Stande sei, danach immer das richtige Maß zu finden.

Der Herr Regierungs- KKommissar hat dagegen nur einzuwenden ge⸗

wußt, daß dem Richter dies durch das öffentliche und mündliche Ver⸗

fahren erleichtert werde. Ja, wenn wir die Garantie hätten, daß

das gegenwärtige Strafgesetzbuch nicht eher emanirt würde, als bis

in unserem ganzen Vaterlande die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit

des Strafverfahrens eingeführt wird, dann würde die Beurtheilung

dieser Strafen allerdings auf einem anderen Standpunkte ruhen.

Wenn auch die Hoffnung, Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Ge—=— richtsverfahrens, einstens auch mit Geschworenen⸗Gerichten, eingeführt zu sehen, von uns Allen lebhaft getheilt wird, so ist doch noch nicht der Zeitpunkt bestimmt gegeben, wann sie eintreten wird, und es ist

möglich, daß von der Emanirung des Strafgesetzbuchs bis zur Ein⸗

führung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens im ganzen Va⸗

terlande noch eine Reihe von Jahren hingehen könnte, und ich

muß gestehen, daß ich großes Bedenken trage, eine Bestimmung auf⸗

zunehmen, deren Anwendung in dieser Zwischenzeit höchst bedenklich

wäre, und ich trete daher der Ansicht bei, daß der Paragraph zu

streichen sei.

Justiz-Minister Uhden: Wenn von dem letzten Redner gesagt worden ist, daß darüber noch Jahre hingehen könnten, bis das neue Verfahren in unserem Vaterlande überall eingeführt sein würde, so muß ich dagegen entgegnen, daß das gewiß nicht der Fall sein wird. Es ist vielmehr zu hoffen, daß vielleicht noch in diesem Jahre die Einführang erfolgen werde. Mit Bestimmtheit läßt sich das aller- dings nicht versichern, weil die Organisation der Gerichte noch mancher Vorbereitungen bedarf, aber es wird nach Kräften dahin gewirkt.

Zeichen des Beisalls.)

Abgeordn. Sperling: Dem richterlichen Ermessen muß zwar ein Spielraum gewährt, ihm aber auch eine gewisse Norm vorgezeichnet werden, sonst artet es in Willkür aus. Hier ist eine solche Norm nicht vorgezeichnet. Der Richter soll nach der Persönlichkeit des Ver= brechers bestimmen, ob für das betreffende Vergehen die einfache oder die geschärfte Freiheitsstrafe eintreten soll. Gewiß würde er in vielen Fällen schon in Bezug auf den Einzelnen irren. Er würde nicht mit Sicherheit im voraus ermessen können, ob die gewöhnliche Gefängnißstrafe den Eindruck machen möchte, den der Geseßgeber beabsichtigt hat, oder nicht. Wie würde sich die Sache aber stellen, wenn bei einem Verbrechen mehrere Complicen vorhanden sind, z. B. bei dem Verbrechen des Tumults? Er würde dann einzelnen Theil⸗ nehmern einfache Gefängnißstrafe, anderen eine verschärfte auflegen, und das scheint mit der Gerechtigkeit nicht vereinbar zu sein.

Abgeordn. von Auerswald: Um ein Mißverständniß zu besei⸗ tigen, bemerke ich, daß ich in Betreff des einsamen Gefängnisses mich der Ansicht des Abgeordneten aus Schlesien keinesweges angeschlossen habe und die Ansicht des Herrn Landtags-Kommissars theile. Ich muß aber auch gestehen, daß ich den Satz anders verstanden habe, als er von dem Herrn Landtags -Kommissar aufgefaßt worden ist, nämlich als eine Schärfung, und da würde ich auch für das Strei⸗ chen des Paragraphen sein. Aus den Worten des Herrn Landtags⸗ Kommissars ging aber hervor, als ob, wenn diese Schärfung nicht angenommen würde, auch eine Absonderung von anderen Gefangenen nicht zu erreichen sei. Das scheint nicht der Fall zu sein, denn es

steht nirgends in dem Strafgesetzbuche geschrieben, daß der Verbrecher mit anderen zusammenleben soll. . ;

Vice⸗Marschall von Kochow: Ich stimme für den Paragra— phen, jedoch ausdrücklich mit der Abänderung, welche die Abtheilung vorgeschlagen hat. Die Gründe, die ich dafür habe, sind schon zum Theil von einem Abgeordneten der schlesischen Ritterschaft angeführt worden, indem er gesagt hat, er sehe in der Bestimmung des Para graphen mehr eine Mildernng, als eine Verschärfung der Gefäng— nißhaft. Ich stimme dem bei, nicht nur in Bezug auf die niederen, sondern auch auf die höheren Stände. Wenn ich in den Fall käme, Gefangenschaft erdulden zu müssen, würde ich nicht gern auf harter Diele schlafen, schlecht essen und Einsamkeit erdulden, um mein höch— stes Gut, meine Freiheit, früher wieder zu erlangen? Ich halte jede längere Freiheits-Entziehung überhaupt für ein großes Uebel. Wer sie nur auf Zeit zu erleiden hat, ist bestimmt, der menschlichen Gesell— schaft wiedergegeben zu werden, jede längere Haft verdirbt aber mehr oder weniger für den menschlichen Verband. Wenn daher Mit- tel gesunden werden können, die Dauer der Gefangenschaft zu min⸗ dern, so halte ich das für einen großen Vortheil. Dies sind die Gründe, aus welchen ich für den Paragraphen stimme.

Abgeordn. von Uechtritz: Ich glaube, mich unbedingt für den Paragraphen und folglich für die Ansicht erklären zu müssen, welche für den Paragraphen sich ausgesprochen hat. Ich verlasse gänzlich das Feld der Theorie und bemerke, daß ich eine lange Reihe von Jahren ein richterliches Amt und eben so eine lange Zeit Administra⸗ tions- Aemter bekleidet habe, und während dieser langen Zeit ist mir kein Fall häufiger vorgekommen, als der, daß die Freiheitsstrafe an und für sich keine Einwirkung mache, vor dem Rückfall nicht bewahre und die Kommunen auf mannigfaltige Weise belästige, so daß ich im §. 13 allein die Beruhigung finde, die mich anerkennen läßt, daß ich im Interesse aller derer, für welche ich zu sprechen hierher beru⸗ fen bin, eine solche Abstimmung gebe. Ich erwähne dies, um zu zei⸗ gen, daß die Bestimmung des §. I3 unter den gegenwärtigen Um— ständen nicht entbehrt werden könne.

Referent Naumann: Was die Ansicht betrifft, die gegenwär— tig von dem Herrn mir gegenüber und vorher von mehreren anderen Rednern geäußert worden ist, wonach sie eine Milderung für die är— mere Volksklasse in diesem Paragraphen erblicken, so muß ich bemer= fen, daß der Paragraph diese Annahme nicht gerechtfertigt erschei= nen läßt. Nicht im Interesse dieser Volksklasse wird es geschehen, daß die Bestimmung des Paragraphen Platz greift; nein! gerade wenn es dem Verurtheilten erwünscht waͤre und der Richter nicht darauf eingehe, weil es dann keine Verschärfung der Strafe wäre. So scheint mir die Sache zu liegen. Ich habe diese Bemerkung mir nur erlauben wollen, um dieser irrthümlichen Ansicht zu be⸗gegnen.