1848 / 29 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Falle aber ist eine selche Bestimmung nicht Ergangen, sondern die

Ermessen des Richters überlassen.

ar , ,. ius: ü hr beklagen, wenn von Mylius: Ich würde es sehr beklagen, w der e e e. worden wäre durch das bei der Gefäng⸗

. en Versammlung, von welchem ü. 9 3 . ö * er , ng . und . e,, . sei, daß von ihm unter allen Umständen nicht 2 werben dürfe. Es waren bei der Bestimmung, daß der Richter durch gewisse einzelne Strafzusätze die Gefängnißstrafe zu ver⸗ schärfen 2 sein müsse, ganz andere Motive geltend gemacht worden, als hier, wo es sich um die Wahl zwischen Festungshaft und einer anderen Strafe handelt. Es ist namentlich hervorgehoben wor- den, daß die Gefängnißstrafe, und dieses ist wohl das Hauptmotiv, welches die hohe Versammlung geleitet hat, daß die Gefängnißstrafe für gewisse Leute eine illusorische Strafe sein würde, weil sie die Strafe nicht für ein Uebel, sondern für eine Wohlthat ansehen würden, und solchen gegenüber hielt man es für zweckmäßiger, den Richter zu ermächtigen, durch einen Straßzusatz der Strafe die Natur eines Uebels zu verleihen. Mit der Festungshaft hat es eine andere Be— wandtniß, wie denn überhaupt diese Strafe eine solche ist, deren häu⸗ ige Anwendung sehr bedenklich scheint. In dem vorgelegten Gesetz⸗ Entwurfe hat ste allerdings eine andere Stellung, als im Gesetz⸗ Entwurfe von 1843. Im Gesetz⸗Entwurf von 1843 war ausdrück— lich darauf hingewiesen worden, daß der Richter gerade die persön⸗ lichsten Verhältnisse des Beschuldigten bei der Erwägung zu berück⸗ sichtigen habe, ob Festungshaft eintreten solle oder nicht. Diese Be— stimmung enthält der vorliegende Gesetz- Entwurf allerdings nicht, dadurch aber, daß er sie auch nicht ausschließt, scheint er der Mei' nung zu sein, es könnten bei der Wahl zwischen Festungshast und einer anderen Freiheitsstrafe Umstände oder persönliche Verhält⸗ nisse entscheidend sein. Ich glaube daher, daß das Votum der Ab—= theilung, welche von diesem Gesichtspunkte ausgegangen ist, vollstän⸗ dig gerechtfertigt erscheint, und daß es durchaus nicht zweckmäßig ist, die Bestimmung, welche das erste Alinea des Paragraphen enthält, aufzunehmen. Ich wiederhole im Namen der Abtheilung den im Gutachten niedergelegten Antrag, diese Bestimmung zum Wegfall zu empfehlen.

Abgeordn. Abegg: Ich erkläre mich für die Abtheilung. Ich fühle sehr wohl, daß man dem Richter gestatten muß, in jeder Straf⸗ art ein strengeres oder milderes Maß aufzulegen, aber ich haste es auch für zu gefährlich, daß der Richter die Befugniß habe, unter ver— schiedenen Strafen zu wählen, alfo hier zwischen Festungshaft und Strafarbeit. ‚Der Angeschuldigte wird in diesem Falle ganz von der Auffassung seiner Verhältnisse durch den Richter abhängig, und zwar in einem so hohen Grade, daß ich fürchte, der Fehler, welchen man unserer jetzigen Gesetzgebung vorwirft, daß keine vollkommene Gleich— heit vor dem Gesetze bestehe, würde alsdann unter einer anderen und gefährlicheren Form fortbestehen. Ich will mich ganz deutlich machen. Wenn z. B. jetzt ein Eximirter von einem Nichteximirten beleidigt wird, so ist die Strafe verschieden; wenn ein Bürgerlicher einen Adli⸗ gen beleidigt, so ist die Strafe ebenfalls verschieden. Sollte nun dieser Paragraph stehen bleiben, so würde es künftig dem Richter ebenfalls erlaubt sein, nach dem verschiedenen Stande, nach seiner Auffassung von der Persönlichkeit des Angeklagten zu urtheilen und demgemäß eine schärfere oder mildere Strafart aufzulegen. Ich halte dafür, daß der Gründsatz der Gleichheit vor dem Gesetze, gleiche Strafe für gleiches Vergehen, ohne Unterschied der Person nnd des Standes, festgehalten werben muß, wenn wir eine Gesetzgebung er— halten sollen, welche allgemeinen Beifall und allgemeine Zufrieden⸗ heit herbeiführt. Ich stimme aus diesem Grunde für die Meinung der Abtheilung.

Abgeordn. von Weiher: Ich bin auch durch das, was mir der Herr Korreferent erwiedert hat, nicht zu der Ueberzeugung gebracht worden, daß keine Konsequenz mit dem früheren Paragraphen stattfinde, in—⸗ dem ich glaube, daß beide zusammenhängen. Eben so kann das, was der letzte Redner bemerkt hat, der sich auf einzelne Bestimmungen einließ, keine Billigung finden; denn es hat gerade vermieden wer⸗ den sollen, daß Stand und Rang einen Unterschied in der Strafe mache, und es ist nur von der Persönlichkeit des Verbrechers die Rede, welche der Richter ins Auge fassen muß. Es ist anerkannt worden, daß das Gefängniß nach der Persönlichkeit eine dem Ver— gehen unangemessene Strafe sein könne, weil gleichzeitig Verbrecher in dem Gefängniß aufbewahrt werden, welche entehrende Verbrechen begangen haben. In dieser Vermischung mit solchen Verbrechern kann für einzelne Persönlichkeiten eine so harte Strafe liegen, die mit dem Vergehen in keinem Einklange steht. Es scheint daher diese Bestimmung aufrecht erhalten werden zu müssen, um das Gesetz nicht ungleich treffend zu machen.

Secretair Siegfried: Ich habe dem Redner, welcher eben ge⸗ sprochen Hat, nur eins entgegenhalten wollen, indem er sagte, daß dieselbe Strafe für die eine Persönlichkeit ein viel höheres Strafmaß sei, als für die andere. Das ist wahr. Ich erkenne es an, gehe aber davon aus, daß das äußerlich an sich gleiche Strafmaß nur in dem Grade für die Eigenthümlichkeit des Sträflings ein verschiede⸗ nes sein werde, als solches auch seiner inneren Zurechnungsfähigkeit nach . ist. Von dem Gebildeten wird nämlich dieselbe Strafe schwerer empfunden, als von weniger Gebildeten. Der Ge— bildete ist aber auch straffälliger, weil sein. Bildungsstufe ihn vor dem Uebertreten des Gesetzes schützen sollte. Ich finde demnach hierin keinen Anlaß, ein verschiedenes Strafmaß zu sehen.

Abgeordn. Irhr. Bon Gaffron: Als diesser Paragraph in der vorberathenden Abtheilung berathen wurde, hatte ich noch nicht die Ehre, an den Berathungen derselben Theil zu nehmen?” rn ich noch nicht hier eingetroffen war, würde mich aber der Minoritãt ange⸗ schlossen haben. Ich gehe von dem Grundsatz aus, daß Gleichheit vor dem Gesetz stattfinden muß., Von einem UÜnterschieb ber Stände kann nicht die Rede sein. Es können aber andere Motive eintreten Es ist bisweilen auf den Bildungsgrad des Verbrechers Nücksicht u nehmen. Wenn ich nun auch dem letzten Redner ganz beipflichte, daß der Gebildetere in vielen Fällen eben wegen seiner höheren Bildung und Intelligenz um so strafbarer erscheint, so ist dagegen doch bereits öfter anerkannt worden, daß es Verbrechen giebt, welche weber eine ehrlose, noch eine verbrecherische Tendenz haben und nur aus Ueber⸗ eilung begangen werden, wo das Strafmaß für den Gebildeten ein sehr hohes, für den minder Gebildeten nur ein mittelmäßiges sst, und wo eben in der Gleichheit die größte Ungleichheit liegt. Aus.

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Marschall: Ich bitte das Zählen vorzunehmen. (Die Zählung erfolgt durch die Secretaire.)

Es haben mit Ja gestimmt 54, mit Nein 44. Wir kommen nun zum §. 16.

Referent (liest vor):

„8. 16.

Freiheitsstrafen, wenn sie nicht auf Lebenszeit erkannt werden, dürfen die Dauer von zwanzig Jahren nicht übersteigen.“

„Zu 5. 16. Gegen die Bestimmung dieses Paragraphen fin⸗ det sich nichts zu erinnern. Mit der Ansicht, daß das Maximum von 20 Jahren eine zu lange Dauer sei, wel nach so langer Freiheits- Entziehung die dann erlangte Freiheit keinen Werth mehr haben würde, konnte sich die Abtheilung nicht einverstanden erklären.“

Abgeordn. von Brodowski: Ich habe schon in der Abthei⸗ lung beantragt, daß das Maximum aäuf 15 Jahre vermindert werde, und als Ursache dafür erkannt, daß schon in dem Strafgesetze von 1813 das Maximum auf 25 Jahre festgesetzt war und man sich sei⸗ tens der Staatsregierung bewogen gefunden hat, es auf 20 Jahre herabzusetzen. Dies ist vorzugsweise deshalb geschehen, um es dem Code e. anzupassen. Aber auch bei 20 Jahren als Maximum finde ich, nach meiner Ueberzeugung, besonders in Fällen vorgerückten Alters oder schwacher Gesundheit eine furchtbare Härte und' beinahe der lebenslänglichen Freiheits- Entziehung gleichzustellen. Wenn man bedenkt, daß ein Mensch, wenn er auch wirklich strafwürdige Hand— lungen begangen hat, aber keine ehrlosen, um welche es sich eben hier handelt, immer noch unser Mitgefühl in Anspruch nehmen muß, daß man ihn bedauert als einen Unglücklichen, daß man einem solchen den einzigen Trost raubt, der ihm noch bleibt, die Hoffnung, die Frei⸗ heit, das theuerste Gut des Menschen, dereinst wieder zu erlangen; daß er, es noch erlebt, die letzten Tage in dem Kreise der Seinigen oder seiner Freunde genießen zu können. Wird ihm aber diese Hoffnung, als der in jedes Menschen Brust durch die Vorsehung zur duldsamen Ertragung aller moralischen und körperlichen Leiden gelegte Funke, genommen, so würde er gewiß der unglücklichste der Menschen sein, unglücklicher und bedauernswürdiger noch, als ber, welcher die Todes⸗

strafe erleidet. Ich erlaube mir, die hohe Versammlung an das Beispiel eines unglücklichen Gefangenen in Paris zu erinnern, der bei der Erstür⸗ mung der Bastille, in welcher er 2 Jahre lang nur wegen politischer An— sichten eingekerkert war, befreit wurde, der aber, indem er durch die Straßen von Paris ging, keinen Freund, keinen seiner Angehörigen mehc wieder fand, so daß ihm das ganze Leben Widerwillen erweckte und er nur gebeten hat, ihn wieder in das Gefängniß zurückzubringen. Vermei— den wir solche Fälle, und ich bitte die hohe Verfammlung, im Ein— klange mit der Rhein- Provinz, die schon auf mehreren Provinzial Landtagen die Verminderung des im Code pénal festgesetzten Straf— maßes in vielen Fällen beantragt hat, das Maximum von 20 Jahren auf 15 Jahre zu verringern.

Marschall: Es fragt sich, ob der Vorschlag die erforderliche Unterstützung von 8 Mitgliedern sindet.

(Wird hinreichend unterstützt.)

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Es ist zu bemerken, daß als— dann der Entwurf eine wesentliche Verschärfung erfahren würde. Es giebt Fälle, wo 15 Jahre Freiheitsstrafe eine offenbar zu geringe Strafe sind, z. B. unter Umständen beim Todtschlag. Da würde der Richter dann sagen: 15 Jahre Freiheitsstrafe sind nicht genügend, es muß auf eine ,. Strafe erkannt werden, und es würde ihm nichts übrig bleiben, als auf lebenswierige Freiheitsstrafe zu er⸗

diesem Grunde stimme ich für Beibehaltung des Paragraphen.

Marschall: Wenn weiter keine Bemerkung erfolgt, so kommen wir zur Abstimmung. Die Frage ist zu richten auf den Antrag der Abtheilung und : Will die Versammlung auf Wegfall des 5. 15 mn ng,

ustiz-Minister von Savigny: Ich erlaube mir nur eine rage

anz den Herrn Marschall. Die Frage bezieht sich doch nur auf das erste Alinea? So hat es auch ble Abtheilung verstanden. Das zweite Alinea i davon unabhängig.

Marschall: Will die Versammlung auf Wegfall des ersten Ab⸗ satzes im S. 15 antragen? Diejenigen, welche dem Antrag der Ab- theilung , würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Die Jrage ist durch einfache Majorität bejaht.

Mehrere Stimmen: Es wird wohl gezählt werben müssen.

kennen. Das würde eine Härte sein, die nicht zu rechtfertigen wäre.

Abgeordn. von Patow: Ich wollte mir nur eine Bemerkung erlauben. Es wurde erwähnt, daß diese Strafbestimmung auf Ver⸗ gehen Anwendung finde, wo nicht die Ehre verloren gehe; das ist nicht der Fall, sondern die Bestimmung des §. 16 ist eine ganz all⸗

der Intensivität des Verbrechens, und nach der Böswilligkeit des Cha⸗ rakters des Verbrechers abzumeffen. s.

. Wir können zur Abstimmung kommen, und die Frage heißt:

Soll beantragt werden, daß das Maximum der zeitlichen Freiheite⸗ strafe auf 15 Jahre herabgesetzt werden möge? . 4

In dem Falle, daß diese Frage verneint würde, ist eine weitere nicht zu stellen, weil dann anzunehmen sein wird, daß der Paragraph des Entwurfs angenommen sei. Diejenigen also, welche daß das Maximum der zeitlichen Freiheitsstrafe auf 15 Jahre e, gesetzt wird, mögen das durch Aufstehen zu erkennen geben. J

(Die Frage wird mit überwiegender Mehrheit verneint.)

Der Paragraph ist also angenommen, und wir kommen zu g. 17

Referent Naumann lliesth: .

„8. 17.

. Bei den nach Wochen oder Monaten bestimmten Freihe fen wird eine Woche zu sieben Tagen, ein Monat zu dreißig gerechnet.“

Die Abtheilung hat gegen diesen Paragraphen nichts zu erin- nern gehabt. .

Da Niemand eine Einwendung dagegen macht, so verliest der Referent den §. 18. 4

Frage

its stra⸗ Tagen

* 5 S. 18. 3. Wenn die Unter suchungs haft gegen einen Angeklagten ohne sein Verschulden verhängt oder verlängert worden ist, so kann hierauf bei einer demnächst, zu erkennenden Freiheitsstrafe oder Geldbuße derge⸗ stalt Rücksicht genommen werden, daß diese Strafe durch jene Haft für ganz oder theilweise abgebüßt zu erklären I. Die Abtheilung bemerkt hierzu: 3

Die Abtheilung hält es für gerecht, daß in Fällen, wie sie §. 18 voraussetzt, die Strafe stets für ganz oder theilweise abgebüßt erach— tet werden müsse, und schlägt vor,

eine dieser Ansicht entsprechende Aenderung des Wortes „kann“ in der zweiten Zeile in „ist“ zu beantragen.“

Die Abtheilung ist der Meinung gewesen, daß in allen Fällen, wo ohne Schuld des Verhafteten die Haft verlängert worden ist, auch auf diese unschuldige Haft Rücksicht genommen werden m üsse; der Gesetz-Entwurf stellt es nur fakultativ.

Justiz-Minister Uhden: Das Gouvernement hat gegen dieses Amendement nichts zu erinnern.

Korreferent von Mylius: Die Abtheilung hält es für gerecht⸗ fertigt, ich will aber doch die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, meine Ansicht dahin auszusprechen, daß ich diese Bestimmung des Pa⸗ ragraphen für eine solche halte, die von keinem großen praktischen Werth sist, indem, wenn die Reform der Prozeß-Ordnung erfolgt, die uns mit Sicherheit in Aussicht gestellt ist, die Untersuchungshaft in der Regel von sehr kurzer Dauer sein wird, so daß sie eine beson— dere Berücksichtigung bei der Strafzumessung schwerlich verdienen dürfte. Es ist allerdings auch gesagt worden, dieser Paragraph sei im Interesse der Rhein⸗-Provinz von Werth, und namentlich komme es vor, daß bei den Assisen eine Sache ausgesetzt werden müsse und in das nächste Quartal hineinfalle, und so könne es stattsinden, daß ein Beschuldigter länger, als es das Gesetz voraussetzt, auf sein Urtheil zu warten habe. Das ist allerdings ganz richtig, ich glaube aber doch, daß, wenn man die Schwere der Assisenstrafen berücksichtigt, die immer eine mehrjährige Freiheits- Entziehung sein werden, es von keinem großen Werth ist für den jedesmal zu Bestrafenden, zu erken— nen, daß drei oder vier Monate weniger zu verbüßen sein sollen. Uebrigens gerechtfertigt scheint die Bestimmung, namentlich so lange für die älteren Provinzen die Prozeß-Ordnung keine genügenden Gä— rantieen für ein kurzes und die Haft nicht ohne Noth verlängerndes

gemeine, sie erstreckt sich auf alle Freiheitsstrafen.

Referent Naumann: Die Bedeutung des Amendements, wel— ches das geehrte Mitglied aus Preußen gestellt hat, tritt nur dann hervor, wenn es sich um die Zusammenrechnung mehrerer Strafen bei Verletzung mehrerer strafgesetzlichen Bestimmungen handelt, bei der Cumulation. Im Uebrigen würde es darauf ankommen, bei jedem einzelnen Verbrechen sich zu fragen, ob die Tauer von 20 Jahren, wenn sie das Gesetz verlangt, angemessen sei oder nicht. Im Allgemeinen wird man sich bei jedem einzelnen Verbrechen fra— gen müssen: Wie lange soll die Dauer der Strafe sein? Diese allgemeine Bestimmung hat, ich wiederhole es, nur ihre Bedeutung, wenn es sich um Cumulation der Strafe handelt; ich kann etwas Anderes nicht finden; allenfalls würde sie auch dann entscheidend sein, wenn das Gesetz das Maximum der Strafe in besonderen Fällen gar nicht bestimmen sollte; aber auch da würde zu fragen sein, ob man auf 20 Jahre zu erkennen für angemessen halte. Demnach finde ich nichts Bedenkliches in dieser Bestimmung, und ich würde mich dafür erklären, daß sie stehen bleibe. Ich verkenne übrigens nicht, daß bei einer so sehr langen Freiheitsstrafe allerdings die wie⸗ der erlangte Freiheit einen sehr untergeordneten Werth erhalten wird, es kann dies aber eben nur ein Motiv sein, bei den einzelnen Ver— brechen zu fragen, ob dessenungeachtet eine 20jährige Dauer ange— messen sei.

Abgeordn. Graf von Renard: Ich würde mich dem Voischlage des geehrten Mitgliedes aus Posen vollkommen anschließen, wenn der uns beschäftigende Paragraph ein Minimum ausdrückte, eine Bestim= mung aber, die ein Maximum ausdrückt, halte ich für eine mildernde. Wo ein Minimum ausgesprochen wird, würde auch ich stets für die möglichst kürzeste Dauer stimmen.

Abgeordn. von Brodowski: Ich habe nur gegen den Herrn Referenten einzuwenden, daß ich die Verminderung des Maximums nicht für die Fälle, wo mehrere Verbrechen zufammenfallen, beantragt habe, sondern um dem Richter die Möglichkeit zu geben, z. B. auf das Alter und andere Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, wenn Einer ein Verbrechen begangen hat, wofür ihn die Strafe von 20 Jahren treffen würde, es aber nicht möglich erscheint, daß derselbe solche er— leben und noch seine Freiheit wieder erlangen könnte. Dem wollte ich nur vorgreifen, damit ein solcher Verbrecher noch die Hoffnung behalte, seiner Heimat und seiner Familie wiedergegeben und bei derselben seine letzten Tage beschließen zu können.

Justiz⸗Minister Uhden? Auf das zuletzt Gesagte erwiedere ich zunächst, daß dies zu dem Schluß führen könnte, gegen einen 70jäh— rigen Verbrecher auf keine Strafe mehr zu erkennen. Es ist mir in der Praxis sogar der Fall vorgekommen, daß ein Verbrecher von sei⸗ nem 17ten bis zu seinem 70sten Lebensjahre verschiedene Zuchthaus strafen verbüßt und nach und noch 50 Jahre in verschiedenen Zeit- abschnitten im Zuchthause zugebracht hat. Kaum hatte er in dem hohen Alter von 760 Jahren die letzte Strafe verbüßt, als er sofort wieder einen Diebstahl beging. Ich frage nun, ob man gegen einen solchen Menschen nicht eine hohe Strafe erkennen und ihn wieder langjährig einsperren soll, der sich in solchem Grade der bürgerlichen Gesellschaft shüdlich erwiesen hat. Sodann muß ich mir noch eine Allgemeine Bemerkung erlauben, nämlich die, daß eine Strafe auf 20 Jahre nur in den allerseltensten Fällen eintreten wird, und ich trete ber Ansicht des Mitgliebes der Rütterschaft aus Schlesten bei, daß eine Härte eher darin liegt, wenn man ein zu hohes Minimum fest' setzt. Dies ist aber nicht der Fall bei dem Maximum, wo dem Rich⸗ ter ein Spielraum der Erwägung bleibt, die Höhe der Strafe nach

Verfahren bildet.

Marschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, so gehen wir zum 8

Referent Waumann lliest vor):

„§. 19. Wenn der Verurtheilte aus der Straf⸗Anstalt wegen körperlicher ober Geistes- Krankheit in eine öffentliche Heil⸗Anstalt ge⸗ bracht worden ist, so wird ihm die Zeit des Aufenthalts in der Heil⸗ Anstast auf seine Strafzeit angerechnet.“

Gegen diesen Paragraphen hat die Abtheilung nichts zu erin⸗ nern gefunden.

Abgeordn. Sperling: Es spricht dieser Paragraph nur von öffentlichen Heilanstalten. Ich sinde aber keine Veranlassung, die Bestimmung auf sie zu beschränken; denn ich erinnere mich solcher Fälle und einzelner Orte, in denen es keine öffentlichen Heilanstalten giebt, sondern nur Privat-Heilanstalten. Ich glaube, daß, wo über— haupt die Nothwendigkeit eintritt, einen Verurtheilten in eine der— gleichen Anstalt zu bringen, es gleich ist, welchen Charakter die An— stalt hat, und deshalb möchte ich das Wort „öffentlich“ weglassen.

Regierungs-Kommissarius Bischoff: Das Wort „öffentlich“ soll heißen, daß Jemand von einer öffentlichen Behörde, welche die Unter— suchung zu führen und die Strafvollstreckung zu überwachen hat, in eine Heilanstalt gebracht wird, so, daß er nicht in den Besitz seiner Freiheit kommt. Das wird aber immer geschchen, wenn ein Verhaf⸗ teter in einer öffentlichen Anstalt untergebracht wird, mag sie nun mit dem Untersuchungsgefängnisse verbunden sein oder nicht. Wird der Gefangene hingegen auf seinen Antrag oder auf den Antrag sei⸗ ner Angehörigen in eine Privat-Heilanstalt gebracht, dann ist es eben so anzusehen, als ob er der Haft entlassen wäre, und das ist ein wesentlich verschiedener Fall.

Abgeordu. von Olffers: Dürfte es nicht angemessen sein, vor das Wort „körperlicher oder Geistes-Krankheit“ zu setzen: „wirk— licher““ Es giebt Krankheiten, die erheuchelt werden, die vielleicht auch von dem geschicktesten Arzte von vorn herein nicht erkannt wer⸗ den; es werden Versuche gemacht werden, auf diese Art sich der Strafe zu entziehen, und in solchem Falle müßte die Strafe nachge⸗ holt werden.

Heiterkeit.)

Marschall: Findet der Antrag des Abgeordneten von Olffers die erforderliche Unterstützung?

(Es geschieht nicht.) Er ist nicht unterstützt.

Abgeordn. von Brünneck: Ich habe nur darauf aufmerksam zu machen, daß ein früherer Paragraph, davon handelte, daß der Untersuchungsarrest angerechnet werden soll, dieser vorliegende Para⸗ graph aber spricht nur von solchen, die aus der Strafanstalt in eine Heilanstalt entlassen werden müssen. Würde nun dieses nicht auch auszudehnen sein auf diejenigen Kranken, die aus dem Unter⸗ suchungsarrest in eine Heilanstalt übergehen? ;

Justiz-Minister Uhden: Ich mäche dagegen bemerklich, daß, wenn Jemand aus der Untersuchungshaft, eutlassen und auf eine Zeit in eine Krankenheilanstalt gebracht wird, ihm diese Zeit nicht auf die Strafe angerechnet werden, kann. Dazu liegt kein Grund vor, denn die Untersuchungshaft soll ihm nach dem vorhergehenden Paragraphen auf die zu erkennende Strafe nur dann angerechnet werden, wenn er solche unverschuldet erlitten, entweder ganz oder theilweise. In dem vorliegenden Paragraphen ist aber von Strafanstalten, in denen Jemand eine bereits erkannte Strase verbüßt, die Rede, und man hat das Wort „öffentlich“ deswegen hinzugefügt, weil bei den öffent=

lichen Austalten sich erwarten läßt, daß sie Aufsicht und Zucht ge⸗ währen werden. .

Abgeordn. Sperling: Ich trete der Ansicht des geehrten Herrn Regierungs- Kommissarins bei, daß die Anrechnung des Aufenthalts in der Heilanstalt erfolge, wenn das betreffende Individuum durch Verfügung der Gerichtsbehörde dahin gebracht wird; indessen ist das nicht durch die Fassung des Paragraphen ausgedrückt. Es giebt, wie ich wiederholentlich bemerke, Städte, in welchen die Heilanstalt nicht auf Kosten der Kommunen unterhalten wird, sondern durch einen Privatunternehmer, mitunter den Kreisphysilus eingerichtet ist. Würde nun der Paragraph, wie er im Entwurfe gefaßt ist stehen bleiben, so würde es in solchen Städten dem Verurtheilten nicht zu statten kommen, wenn er in die Heilanstalt gebracht würde, und dieser Umstand macht eine andere Fassung nöthig. . .

Justiz⸗Minister Uhden: Dies wäre möglich, insofern Privat- anstalten in Ansehung der Zucht und Aufsicht leisteten, was voraus- Fesetzt wird. Es dürfte dies durch eine andere Fassung auszu— drücken sein. .

Abgeordn. Grabow: Ich bin der Ansicht, daß dieser Paragraph im materiellen Strafrecht ganz zu entbehren und daher daraus zu streichen sei. Der Paragraph handelt nur von solchen Personen, die bereits verurtheilt worden sind; ich glaube, daß der modus exe- duendi hier vorherrscht und also in die Kriminal- Prozeß-Ordnung gehört, wo festgesetzt werden muß, auf welche Weise die Strafe zu vollziehen ist. Taher dürfte der Paragraph zu streichen sein.

Justiz⸗Minister Uhden: Wir haben aber jetzt keine Bestimmung darüber, und da dieselbe zum Vortheil der Verurtheilten gereicht, so würde man ein eigenes Gesetz erlassen müssen, wenn hier nicht die erforderliche Fürsorge getroffen würde.

Abgeordn. Camphausen: Dieser Grund schlägt nicht durch, denn es ist eben ein besonderes Gesetz erforderlich, nämlich ein Gesetz über die Art der Strafvollstreckeng. Schon bei einem früheren Paragraphen habe ich darauf aufmerksam gemacht, und es wird sich dies Bedürfniß noch oft kund geben. Unsere Berathungen sind durchaus unvollständig, wenn wir nicht wissen, auf welche Art die Strafen vollstreckt werden sollen, denn sie können ungemein hoch und ungemein niedrig sein, je nach der Art, wie sie vollstreckt werden. Bei Festungshaft, so ist mir erzählt worden, hat man früher gebil— deten Gefangenen nur Luther's Predigt über ben Aufruhr und die Bibel gegeben, und ihnen an dere Bücher oder Schreibmaterialien ver⸗ weigert. Das ist ein Fall, welcher zeigt, wie viel darauf ankömmt, in welcher Art die Strafen vollstreckt werden, und zugleich ein Grund, wegen dessen ich mich dem Antrage meines Kollegen anschließe. Marschall: Ich habe nun zu fragen, ob dieser Vorschlag, den Paragraphen zu streichen, weil er in die Kriminal⸗Prozeß⸗Ordnung gehöre, die Unterstützung von acht Mitgliedern findet? Er hat sie nicht gefunden. Der andere Vorschlag, das Wort „öffentlich“ wegzulassen, wird nach der gegebenen Erklärung zu einer Fragstellung nicht mehr Veranlassung bieten.

Abgeordn. Hiller von Gaertringen: Mir scheint die Bestim⸗ mung des Paragraphen, wenn er so stehen bleibt, zu absolut zu sein, und ich erlaube mir daher, folgenden Zusatz vorzuschlagen: „Wenn er sich die körperliche Krankheit nicht offenbar zugezogen hat, um dem Aufenthalte in der Strafanstalt zu entgehen.“ Ich kenne keine an— dere Bestimmung, die diesen Vorschlag ünnöthig machte.

Marschall: Wir wollen ermitteln, ob dieser Vorschlag die Unter— stützung von acht Mitgliedern findet? Er hat sie nicht gefunden, und da die übrigen Vorschläge, welche gemacht worden sind, zur Fragstellung keine Veranlassung geben, so kommen wir zum nächsten Paragraphen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Der Herr Referent wird wohl mit mir darüber einverstanden sein, daß die Berathung über §. 20 jetzt nicht stattfinden kann, weil noch die Vorschläge nicht über die Dreitheilung gemacht worden sind, danach aber die Bestimmungen dieses Paragraphen sich nothwendig ändern werden.

Referent Naumann: Ich wollte es auch aussprechen, daß §8. 20, 21 und 22 ausgesetzt werden müssen, weil sie im wesent— lichen Zusammenhange mit einander stehen, und die Bestimmungen über den Verlust der Ehrenrechte vor der Hand noch unerörtert blei⸗ ben sollen, weil sie als Zusatzstrafen mit der gegenwärtigen Frage zusammenhängen. Es wird auch kein Uebelstand sein, wenn wir diese Paragraphen jetzt aussetzen und gleich mit 8. 26 fortfahren, weil selbst die 8. 23, 24 und 25 immer zugleich die Ehrenstrafe als Zusatzstrafe festsetzen. . ö

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich glaube auch, daß wir die §§. 23 und 24 jetzt berathen können, denn es ist hier nur von Amts⸗ entsetzung und Cassation die Rede. .

Referent aumann: Es scheint mir doch wünschenswerth, die Berathung über diese Paragraphen auszusetzen, weil mit der Ein— führung der Dreitheilung zu gleicher Zeit der Antrag, gemacht wor= den ist, den Verlust der Ehrenrechte in doppelter Weise aufzufassen, einmal als vollständigen und dann als zeitweisen Verlust. So wie also im Gesetzentwurfe der Verlust der Ehrenrechte zur Sprache kömmt, wird man sich immer fragen müssen, ob der vollständige oder der zeitweise gemeint ist.

Marschall: Wir würden also zum §. 26 übergehen, wenn nichts dagegen eingewendet wird.

Referent Naumann: S. 26 lautet:

„Die Entziehung der Befugniß zum selbstständigen Betriebe eines Gewerbes kann als Strafe für immer oder auf eine be— stimmte Zeit ausgesprochen werden. Im letzteren Falle darf die Zeit der Entziehung nicht unter drei Monat und nicht über fünf Jahre betragen.“

Die Abtheilung hat hierbei nichts zu erinnern gehabt.

Abgeordn. Sperling: Es giebt Gewerbe, die auf einem beson— deren öffentlichen Vertrauen beruhen, und da kann der Fall vorkom— men, daß diejenigen, die ein solches Gewerbe treiben, sich des öffent— lichen Vertrauens so unwürdig zeigen, daß ihnen das Gewerbe ent— zogen werden muß. Deshalb finde ich die Bestimmung angemessen, daß auf gänzliche Entziehung des Gewerbes erkannt werden könne. Zweifelhafter aber ist die Untersagung des Gewerbes auf eine ge⸗ wisse Zeit. Faßt man diese als Prävention, als ein Mittel auf, um zu verhindern, daß der Gewerbtreibende das Verbrechen nicht wieder begehe, so ist diese Maßregel unzureichend. Sie sichert nicht für die ganze Zukunft, wenn sie beispielsweise sich nur auf eine Zeit von drei Monaten beschränkt. Außerdem aber ist sie, wenn sie als Strafe festgesetzt wird, eine Vermögenestrafe und zu ungleich nach den individuellen Verhältnissen der Gewerbtreibenden. Je nachdem das Gewerbe einen größeren oder geringeren Umfang hat, wird die zeitweise Untersagung einen verschiedenen Umfang gewinnen, und es läßt sich sogar der Fall denken, daß dieselbe den Kredit dermaßen erschüttert, daß der davon Betroffene dadurch außer Stand geräth, sein Gewerbe ferner zu betreiben. Mit Rücksicht darauf stelle ich anheim, die Bestimmung, welche eine zeitweise Untersagung des Ge— werbebetriebs statuirt, aus diesem Paragraphen wegzulassen.

Abgeordn. von Byla: Ich kann dieser Ansicht unmöglich bei⸗ treten, weil sie eine Unbilligkeit enthält, die kaum zu rechtfertigen sein würde. Wenn der Richter bei Verbrechen, worauf der Verlust des Gewerbes gesetzt ist, jedesmal genöthigt sein sollte, diesen Ver⸗

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halb, weil es möglich, daß der Verbrecher in einem gewissen Zeit⸗ raume sich gebessert und das Zutrauen des Publikums wieder er= langt; in diesem Falle beruht es gewiß in Billigkeit, dem Verbrecher nach Ablauf einer bestimmten Zeit das aberkannte Recht wieder zu verleihen. Ueberhaupt muß man wohl, wo es sich im Gesetze um Milderung der Strafe handelt, sich eher dafür erklären, als für eine Verschärfung; deshalb stimme ich für Beibehaltung des Paragraphen.

Abgeordn. Sperling: Ich glaube, der Fall, welchen der geehrte

Nedner so eben erwähnt hat, liegt gar nicht vor. Wenn wir die Umstände überhaupt nicht für angemessen halten, ein Gewerbe zu in= hibiren, so werden wir auch nicht dem Richter zumuthen, es auszu⸗ sprechen. Wir haben einzelne Gewerbe, bei denen, wenn dessen Be⸗ trieb einmal untersagt ist, wir ihn für immer werden untersagt wissen wollen. Ich führe namentlich an das Beispiel der Hebamme. Hat diese einmal gegen die gesetzlichen Voischriften so verstoßen, daß sie sich des Vertrauens unwürdig zeigt, so wird es gerecht sein, daß man sie für immer hindert, ihr Gewerbe zu treiben. Derselbe Fall tritt bei Apothekern ein. Bei solchen Gewerbetreibenden wird der Nichter niemals auf Zeit eine Gewerbe ⸗Untersagung aussprechen. Wo er solches thut, werden die Gewerbe anderer Art sein, und da tritt die Besorgniß ein, welche ich vorhin ausgesprochen habe. In Beziehung auf sie würde die Bestimmung nicht zu einer Strafmilderung, fondern zu einer Strasschärfung führen.

Negierungs⸗-Kommissar Bischoff: Im Allgemeinen ist zu bemerken, daß diese Frage für das Strafgesetzbuch keine große praktische Be⸗ deutung hat. Man wird sich, wenn man den speziellen Theil des Entwurfs durchgeht, überzeugen, daß der Fälle, wo von Gewerb— Entziehung oder von dem Verlust gewerblicher Rechte die Rede ist, außerordentlich wenige sind; so viel mir augenblicklich erinnerlich ist, kommt diese Strafe nur vor bei der öffentlichen Verbreitung von Schmähschriften. Das Gesetz, welches diese Materie hauptsãachlich zum Gegenstande hat, ist die neue Gewerbe⸗Ordnung von 1845, welche in ihrem letzten Abschnitte von den Verbrechen und Vergehen der Gewerbtreibenden handelt, und wo ausführliche Bestimmungen über die Entziehung der gewerblichen Rechte getroffen sind. Gerade aber, weil in diesem neuen Gesetze die Frage bereits entschieden und der Verlust der gewerblichen Rechte auf Zelt gestattet ist, so glaube ich, daß man in eine Inkonsequenz verfallen würde, wenn man hier etwas Anderes und Strengeres annehmen wollte, als dort geschehen ist. Auch kommt in Betracht, daß in dem Zoll-Strafgesetze vom Jahre 1838, welches auf einer mik den übrigen Zollvereins⸗Staaten geschlossenen Convention beruht, ausdrücklich auf den Antrag der übri- gen Staaten die Gewerbe⸗-Entziehung auf eine gewisse Zeit für zu⸗ lässig erklärt worden ist; auch damit würden wir in Widerspruch treten.

Marschall: Ich frage, ob dieser Vorschlag die erforderliche Unterstützuug von 8 Mitgliedern findet. Da dies nicht geschieht, so kommen wir zum §. 27.

Referent Uaumann: 8. 27 des Gesetz⸗ Entwurfs lautet:

„Eine Geldbuße, welche wegen Unvermögens des Verurtheil⸗ ten nicht beigetrieben werden kann, ist in Gefängnißstrafe zu ver⸗ wandeln. Bei dieser Verwandlung ist eine Geldbuße von einem halben Thaler bis zu drei Thalern einer eintägigen Gefängniß-= strafe nach richterlichem Ermessen, gleich zu achken. Doch darf die Dauer der an die Stelle einer Geldbuße zu setzenden Gefäng- nißstrafe niemals vier Jahre übersteigen.

Wenn eine zu verwandelnde Geldbuße neben Strafarbeit oder Zuchthausstrafe auszusprechen ist, so soll die Geldbuße nicht in Gefängniß, sondern in Strafarbeit oder Zuchthaus, jedoch unter

angemessener Verkürzung der Dauer, verwandelt werden. .

Zu einer Umwandlung von Freiheitsstrafen in Geldbußen ist der Richter nicht befugt.“

lust für immer auszusprechen, so ware dies sehr hart, namentlich des=

Das Gutachten der Abtheilung lautet: „zi 5 Freiheitsstrafen sind die einzigen Strafarten, welche sich all- gemein rechtfertigen lassen, weil sie rückwirken auf die Freiheit des— jenigen, der durch Mißbrauch der Freiheit sich vergangen hat. Da— gegen sind Geldstrafen verwerflich, weil durch sie gewissermaßen Straflosigkeit erkauft wird, weil sie nur gegen den Vermögenden zur Anwendung kommen können, während der Unvermögende eine intensiv härtere Strafe durch Freiheits- Entziehung dulden muß, die Gleichheit vor dem Gesetze daher nicht aufrecht zu erhalten ist, weil sie ferner nicht direkt, sondern nur indirekt wirken, weil sie nicht den Verurtheilten allein, sondern zugleich und oft vorzugs⸗ weise Dritte treffen, weil sie endlich eine Art der Confiscation sind und Alles, was gegen die Strafe der Confiscation spricht, auch die Anwendung von Geldstrafen nicht wünschenswerth erscheinen läßt. Indeß ist die Frage: ob Geldstrafen ausgeschlossen werden können? nur bei Erörterung der einzelnen strafbären Handlungen, für welche der Entwurf sie anordnet, zu beantworten, und es wird daher vorgeschlagen, auch die Berathung der Bestimmungen des 8§. 27 vorläufig auszusetzen.“ ö Korreferent Freiherr von Mylius: Die von mir vertretene Ansicht der Abtheilung ging nämlich dahin, daß überhaupt die Geldstrafe als Kriminalstrafe nicht zulässig sei, und mit Rücksicht hierauf ist unter den ausgeworfenen Fragen, welche in der Einleitung des Gutachtens der Abtheilung enthalten sind, als erste Frage aufgeworfen worden, ob die Geldstrafe als Kriminalstrafe entbehrlich sei. Es ging meine Ansicht dahin, daß die Geldstrafe recht eigentlich eine Strafe für Po- lizei⸗Vergehen sei, indem es mir schien, daß bei allen strafbaren Handlungen von größerer Schwere die Freiheit und die Person das Einzige seien, gegen welche eine Strafe mit Erfolg gerichtet werden könne. Nur wo jede Freiheitsstrafe zu hart sei, könne ein geeignetes Strafmittel durch das Vermögen dargeboten werden. Es ist in⸗ deß hierüber noch nicht zu diskutiren, indem das Verhältniß zwischen der Polizeihaft und den Kriminalstrafen noch nicht feststeht und ich wohl einsehe, daß meine Ansicht eine bedeutende Abweichung von allen bestehenden Gesetzen, sowohl von den rheinischen, als altländischen, enthält und gewiß die Beantwortung der aufgeworfenen Frage nur dann erfolgen kann, wenn die Gränze zwischen Polizei⸗lebertrekungen danu Vergehen oder leichten Verbrechen gezogen sein wird. ; Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich glaube, daß in dem wei— teren Verlauf der Berathung die Abtheilung selbst schon von dem Grundsatze zurückgekommen ist, welchen sie an die Spitze des Gut— achtens gestellt hat; denn sie hat bereits mehrere Geldstrafen festge= setzt; die nicht blos als Polizeistrafen anzusehen sind, sondern auch als Kriminalstrafen, namentlich gegen ausgetretene Militairpflichtige, wo sie eine Geldstrafe festgesetzt hat, Es kann daher jetzt die hohes Ver— sammlung nicht derselbe Grund leiten, die Berathung auszusetzen, der die Abtheilung geleitet hat, weil wir damals nicht wußten, ob es Verbrechen geben werde, bei denen eine Geldstrase angemessen sei. Ich halte dafür, daß für die hohe Versammlung ein Grund zur Aus— setzung der Berathung dieses Paragraphen nicht vorhanden ist, und

wird, anzunehmen sein, daß bie Versammlung davon ausgehe, daß kein Hinderniß bestehe, den Paragraphen alsbald zu berathen. Wir fahren demnach in Berathung des §. 27 weiter fort.

Abgeordn. Camphausen: Ich setze voraus, daß nunmehr auf Berathung des Paragraphen eingegangen werde, insofern die Ver- sammlung sich im Allgemeinen für die Anwendung der Geldbuße zu erklären scheint. Dann würde die zunächst wichtige Frage die sein, ob die Verwandlung der Geldbuße in der Art und 2 wie sie im 5§. 27 vorgeschlagen ist, Zustimmung sindet. Wenn wir darin sehen, daß man unter Umständen eine Summe Geldes in eine Ge⸗ fängnißstrafe von vier Jahren verwandeln kann, dann werden wir uns gewiß zu der Frage genöthigt fühlen, welcher Zweck eigentlich durch die Geldstrafen erreicht werden soll. Der Zweck kann nun ein dreifacher sein. Es können Fälle eintreten, wo nur eine geringe Ge⸗ fängnißstrafe angewendet werden kann, ober wo der Richter es nicht gerechtfertigt hält, eine längere Freiheitsstrafe anzuwenden, wo er aber den Angeklagten schärfer zu treffen erwartet, indem er statt der⸗ selben eine höhere Geldstrafe auferlegt. Ein solcher Fall kann z. B. eintreten bei Betrügereien von geringer Erheblichkeit, wo der Richter sich nicht gerechtfertigt sehen würde, eine lange Freiheitsstrafe zu er- kennen, wo er aber gegen den Betrüger, der vielleicht ein vermögen⸗ der Mann ist, nach dem Entwurfe bis zu einer Geldbuße von 1000 Rhlr. gehen kann. Ein anderer Zweck der Umwandlung der Geld⸗ buße kann der sein, daß eine Milderung der Strafe bei solchen eintrete, die ein Vergehen begangen haben, wovon der Entwurf an⸗ nimmt, daß es allenfalls mit Geld gebüßt werden könne. Ein dritter Zweck der Geldbuße kann die Ausgleichung oder Vergeltung sein, wenn die Natur des Vergehens sich mehr zu einer Ausgleichung durch Geld eignet, wenn ein Verlust an Geld damit verknüpft war, z. B. bei Hinterziehung von Abgaben oder bei mißbräuchlicher Benutzung eines Regals. In diesen drei Fällen aber, möge es sich von Schär⸗ fung der Strafe, oder von Milderung der Strafe, oder von einer ausgleichenden Gerechtigkeit in der Strafe handeln, wird der Zweck immer nur dann erreicht werden können, wenn derjenige, welcher ge⸗ straft werden soll, wirklich ein Vermögen oder Einkommen oder die Mittel hat, das Geld auf diese oder jene Weise herbeizuschaffen. Wenn er diese Mittel nicht hat, so geht der Zweck der Schärfung der Strafe gänzlich verloren, er ist dann unmöglich; der Zweck der Milderung ist ebenfalls unerreichbar; es bleibt nur noch der Fall der Ausgleichung übrig, und da kommen wir dann zu der Frage, wie lange soll ein Armer für diejenigen Vergehen, welche ein Reicher mit Geld abkaufen kann, im Gefängnisse verweilen müssen? ;

Auf diese Frage kann die Antwort nach meiner Ansicht nur die sein, es sei unmöglich, daß ein Armer vier Jahre im ,. sitzen müsse für ein Vergehen, welches der Reiche mit Geld abbüßen kann. Ich sehe die Einwendung vor, daß nach der bürgerlichen Gesetz gebung wegen Schulden eine lange Haft eintreten könne; ich glaube aber, mit der Frage, ob die Gesellschaft eine Verkürzung der Dauer der Gefängnißstrafe ertragen könne, haben wir uns nicht zu befassen. Wir

wenn kein dringender Grund vorhanden ist, so möchte ich nicht wün⸗ schen, daß die Zahl der ausgesetzten Paragraphen, welche an sich schon groß genug ist, noch um einige vermehrt würde.

Marschall: Ueber diese Frage wird es zweckmäßig und noth⸗ wendig sein, sich zuerst zu einigen, ehe man irgend weiter geht. Es

wird also, wenn keine entgegenstehende Bemerkung weiter gemacht

müssen die vorliegende Frage ohne Beimischung von staatswirthschaft⸗ lichen oder sonstigen Rücksichten behandeln, blos aus der Rüchsicht sie betrachten, welche Vorschrift das Gesetz enthalten müsse, um den Anforderungen der strafenden Gerechtigkeit zu entsprechen, und in die⸗ ser Beziehung, ich wiederhole es, scheint mir eine Dauer von vier Jahren unzulässig. Das Haupt-Motiv, welches der Entwurf für Annahme dieser langen Dauer angeführt hat, liegt in der Zoll= Strafgesetzgebung. Ich muß aber, meine Herren, daran erinnern, daß wir nothwendig den Strafgesetz⸗ Entwurf als ein Einiges und Ganzes behandeln Und berathen müssen, daß wir nicht bei jeder Ge⸗ legenheit uns darauf dürfen verweisen lassen: es besteht hier noch eine andere Verordnung und dort eine andere. Wir müssen das ab⸗ solut Richtige zu finden und auszusprechen suchen, und wenn es nicht in Uebereinstimmung mit einem anderen bestehenden Gesetze wäre, so würde darin ein Grund liegen, jenes andere Gesetz zu ändern. In⸗ dem uns ein Strafgesetz⸗ Entwurf zur Berathung vorliegt, so kann ich mir nicht anders denken, als daß er als Ganzes zu behandeln sei, und daß wir uns in unserem Ürtheile nicht von der Rücksicht auf andere Gesetze dürfen leiten lassen. Abgesehen davon, ist aber eben diese Zoll⸗Strafgesetzgebung eine solche, die einer Revision sehr wohl bedürftig ist. Ich möchte in diesem Augenblick auf das unwirthliche Gebiet dieser Materie nicht eingehen, das aber möchte ich wohl be⸗ haupten, daß die Zoll-Strafgesetzgebung, jedoch nicht nur die des Zollvereins, sondern auch diejenige anderer Länder, mit dem Geiste des gegenwärtigen Jahrhunderts nicht übereinstimmt und einige Jahr⸗ hunderte hinter uns zurückgeblieben ist. Ich mache darauf aufmerk sam, daß die Zoll-Strafgesetzgebung schon deshalb einer Aenderung unterworfen werden muß, weil sie in das System des gegenwärtigen Gesetz⸗Entwurfs durchaus nicht paßt. Es ist nämlich durch die Zoͤll= Gesetzgebung dem Richter die Wahl zwischen Gefängniß, Festungs⸗ Haft und Zuchthaus gelassen, und Sie werden aus dem gegenwärti—⸗ gen Entwurf entnommen haben, daß eine solche Wahl dem Richter nicht gelassen werden soll, daß der Entwurf dem direkt widerspricht, daß eine solche Wahl dem Richter gelassen werden könne. Deshalb wird das Zoll-Strafgesetz eine Revision und Aenderung auf dem Wege der Gesetzgebung erleiden müssen. Ich bin der Ansicht, daß der Maßstab der Umwandlung, welcher im 5. 27 vorgeschlagen ist, eine erhebliche Aenderung erleiden müsse. Sie haben aus dem Gut— achten der Abtheilung ersehen, daß die Abtheilung diese Frage noch nicht erörtert hat; ich würde, wenn das erfordert oder für nützlich erachtet würde, keinen Anstand nehmen, einen Vorschlag vorzulegen und die Ansicht auszusprechen, die ich über die Umwandlung habe; da aber die Abtheilung die Frage: ob die im Paragraphen vorgeschla⸗ gene Umwandlung die richtige sei, nicht behandelt hat, so würde ich erwarten, insofern meine Bemerkungen Anklang finden, daß die hohe Versammlung der Abtheilung anheimgebe, sich über die Art der Umwandlung nach §. 27 in einer künftigen Sitzung zu äußern. Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Es ist zu bemerken, daß die Grundsätze, wie sie im 8. 27 über die Umwandlung von Geldbußen in Freiheitsstrafe niedergelegt sind, eine bedeutende , gegenwärtig in den alten Provinzen bestehenden Nechts bilden. soln der gegenwärtigen Strafgesetzgebung kann das i n , 3 Fällen der Umwandlung 10 Jahre betragen. Das ist gemi . d 4 Jahre, und es entsteht, wenn man lediglich den vor en zus 4 Jahrg f im Auge hat, die Frage, ob es auch nur liegenden Gesetz Entwurf im Auge hat, Frage, 4 eines so hohen Marximums bedarf. Die n. , , . örter zeziellen Thei hl Präfäng un ,,, angeordnet sind, daß überzeugen, daß nicht so hoh ö . , 25 . x Reductions⸗Maßstabe, wie er im 8. Jemand nach dem allgemeinen 16. „wie, . irden t, jemals zu 4 Jahren Gefängniß verurtheilt angenommen worden ) ht wie auch im Entwurf von 1813 . , ,, 6 das Maß der zu substituirenden Freiheits⸗ 3 fe adi ret nach der Höhe der Summe, und es ist im s. 17, n, Grundsatz in dem neuen Gesetz Entwurf materiell nicht geän⸗ dert worden ist, angenommen, daß bei einem hohen Betrage 3 Nthlr. einem Tage Gefängniß gleichstehen sollen. Legt man diesen Maß⸗ stab an, so würde auf 1000 Rthlr. ein Jahr Gefängniß e,. lieber 1006 Rthlr. steigen die Geldbußen im Entwurf in der Rege nicht; nur einige Male kommt eine Geldbuße von 2009 Rthlr, vor, so daß zwei Jahre Gefängniß das Aeußerste wäre. Bei der Erör= terung des speziellen Theils des Entwurfs wird es sich fragen,