1848 / 31 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ußen erklären. Ich . schlag des geehrten w . Korreferent in Betre ber e, . 4 ö in. und in Betreff einer wünschenswer= der 6 1 2 allen Provinzen , des 12ten ele von seinem Vorschlage, statt dessen 6 96 seßen, abstrahiren, weil mir für die Zeit n, il e, gegee die 88. 52 und 53 eine vollkommene Garantie 53 ren, wenn man überhaupt bei dem Richter irgend n. de fühl voraussetzt. Ganz aus demselben Grunde aber, glaube ich, könnten die Herren aus den südlicheren Provinzen und das Gouver⸗ nement mit auf das 16te Lebensjahr verzichten und das 18te adop⸗ tiren, denn S5. 53 und 54, die doch für die noch nicht Sechzehn⸗ jährigen eine Zurechnungsfähigkeit begründen, würden vor dem Miß— 664 einer zu milden Bestrafung schützen. Es bleibt zwar bestehen, daß sie immer noch milder bestraft werden, als Personen, die ein höheres Alter haben, indessen für diesen Umstand ist den Worten, die der Herr Landtags⸗Marschall der Provinz Sachsen ausgesprochen hat, nichts hinzuzufügen, und ich erinnere nur noch an das . der sächsischen Gesetzgebung, welche ein Land betrifft, welches süd= licher gelegen ist, wo die kat i en früher eintritt, als 4 w . ren Provinzen unseres Staates. Ich würde daher kein Peden en erkennen, welches einerseits der Beibehaltung des 12ten Lebensjah-— res, andererseits der Annahme des 18ten Lebensjahres en tgegensteht. Ich bitte den Herrn Korreferenten und die geehrten Abgeordneten der Rhein- Provin;, sich diesem Vorschlage anzuschließen.

Korreferent Freiherr von Mylius: Ich nehme keinen Anstand, mich dem Vorschlage des Abgeordneten aus Preußen anzuschließen. Denn eine Erhöhung auf das 181 Jahr in der Rhein⸗ Provinz würde zu nichts weiter führen, als daß Unbequemlichkeiten sich heraus stellen würden, indem häufig die Frage, ob der Angeschuldigte mit Unterscheidungsvermögen gehandelt, häufig in Fällen gestellt werden müßte, wo deren Bejahung ganz unbedenklich. Es würde das also nur eine Unbequemlichkeit sein, die man sich gefallen lassen kann, mit Rückicht auf den Standpunkt, den der Abgeordnete aus Preußen angedeutet hat, nach welchem nämlich die Einheit der Gesetzgebung zu erstreben sei. . t

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Nach §. XI. der Einführungs⸗ Verordnung für die Rhein⸗Provinz würden Personen, die noch nicht das 181. Jahr zurückgelegt haben, sofern dem Vorschlage Folge ge⸗

eben wird, überhaupt nicht vor die Assisen kommen, sondern den y, überwiesen werden. Indessen ist zu bemerken, daß diese Ertension von 16 auf 18 Jahre doch große Bedenken hat, wenn man absieht von der Todesstrafe und der lebenslänglichen Frei⸗ heitsstrafe In Ansehung dieser letzteren Strafarten haben allerdings mehrere Gesetzgebungen bestimmt, daß gegen Personen, welche das 15te Jahr noch nicht zurückgelegt haben und in dem Stadium zwi⸗ schen dem 16ten und 18ten Lebensjahre stehen, die Todesstrafe und die lebenswierige Freiheitsstrafe nicht vollstreckt, sondern in ähnlicher Art reduzirt werden sollen, wie in §. 53 des Entwurfs geschehen ist. Dagegen ist die Frage eine ganz andere, ob man zulassen solle, daß Personen, welche bereits das 16te Lebensjahr zurückgelegt haben, möglicherweise vom Richter überhaupt für ganz zurechnungsunfähig erklärt werden können, so daß sie nur der vormundschaftlichen oder häuslichen Zucht übergeben oder in ein Besserungshaus eingesperrt werden. Ich glaube, es hat in Ansehung der Nriminalstrafen, welche nicht in der Todesstrafe oder lebenslänglicher Freiheitsstrafe bestehen, kein Bedenken, solche Personen diesen Strafen zu unterwerfen.

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Meine Absicht ist nur, die hohe Versammlung aufmerksam zu machen auf den Widerspruch, in welchem möglicherweise diese Bestimmung mit dem militairischen Ge— setze treten könnte. Der Herr Justiz-Minister hat bereits berührt, daß die Militairpflichtigkeit mit dem vollendeten siebzehnten Jahre beginnt. Wenn jetzt nicht davon Gebrauch gemacht wird, so liegt das daran, daß man nicht so viel Menschen für die Armee nöthig hat, im Falle eines Krieges aber würde man alle diejenigen einziehen, die das siebzehnte Jahr zurückgelegt haben, und würde“ also in den

Fall kommen, einen ganzen Jahrgang von Leuten in der Armee zu haben, denen die unbedingte Zurechnungsfähigkeit noch nicht zuerkannt i st, worunter möglicherweise Personen sich besinden können, denen, weil sie eine höhere Charge bekleiden, selbst ein Strafrecht über ihre Untergebenen zusteht. . .

Fürst Wilhelm Radziwill; Nach den jetzigen Aushebungs⸗ Gesetzen ist sowohl für den Frieden als den Krieg das zwanzigste Lebensjahr als das Jahr bestimmt, wo die Militairpflichtigkeit ein- tritt. Bei denen, die mit dem siebzehnten Jahre schon freiwillig in die Armee eintreten, also freiwillig dem Stande der Zurechnungs⸗ Fähigkeit sich unterwerfen, würde eine gesetzliche Ausnahme zu machen wohl nicht nöthig sein.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich habe nichts mehr hinzu— zufügen; der Referent und der Abgeordnete aus Preußen haben vollständig schon meine Meinung entwickelt. Ich glaube auch nicht, daß das Moment, welches der Abgeordnete aus Sachsen ane eführt hat, in Ansehung des Militairgesetzes, irgend wie einen Einf aus⸗ üben kann, selbst wenn das richtig ist, was von einem durchlauchti= gen Redner bemerkt wurde, so folgt daraus noch nicht, daß deshalb die vollkommene Mündigkeit eintreten müßte. Man kann wohl fähig sein, die Waffen zu tragen, und begeisterungsfähig sein, aber doch deswegen nicht vollständig unterscheidungsfähig. 4 bin entschieden der Meinung, daß das 1812 Jahr statt des 15ten anzunehmen sei.

Abgeordn. eumann: Ich verzichte auf das Wort, ich habe dasselbe sagen wollen. ;

Abgeordn. von Auerswald: stellen sein, ob in 88. 51 und 53 statt:

„das 16te Jahr,“ das „18te Jahr“ gesagt werden soll.

Marschall: Es wird erforderlich sein, die Frage zu theilen, und die erste Frage wird heißen: Soll beantragt werden, daß im ersten Satze des §. 51 statt des 12ten das 14e Lebensjahr angenommen werde? Und die zweite Frage: Soll beantragt werden, in dem zwei⸗ ten Satze des Paragraphen, statt des vollendeten 16ten Jahres, das vollendete 18te Jahr anzunehmen?

Die erste Frage ist also: Soll beantragt werden, daß in dem ersten Satze des 5. 51 statt des 12ten Jahres das 14te Jahr an— genommen werde? Die das beantragen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

Die zweite Frage lautet: Soll beantragt werben, daß in dem zweiten Satze des §. 51 statt des 16ten gegen das vollendete 18te Jahr angenommen werden möge?

8 Bogislaus Radziwill: Wenn dies nun verworfen würde, würde wohl noch eine zweite Frage zu stellen sein, ob bei Verbrechen, auf welche Todesstrafe oder lebenslängliche Zuchthausstrafe steht, eine Ausnahme zu machen ist.

Mehrere Stimmen: Das betrifft 8. 53.

Marschall: Soll beantragt werden, daß im zweiten Satze des S. 51 statt des 16ten Lebensjahres das vollendet? I8te Lebensjahr angengmmen werden möge? Die das beantragen, würden dies durch 211 ehen zu erkennen geben.

(Das Stimm- Verhältniß stellt sich als zweifelhaft dar.)

Ich bitte die Secretaire das Zählen vorzunehmen.

Es würde wohl die Frage so zu

Zweifel über den Inhalt des Gesetzes.

224

Das Resultat der Abstimmung ist Folgendes: Für Ja haben gestimmt 5, mit Nein 39.

Wir kommen nunmehr zum nächsten Paragraphen.

Referent Naumann (iest vor):

8. 52.

Die wegen jugenblichen Alters für zurechnungsunfähig geach⸗ teten Personen (85. 51) sind der häuslichen oder der vormund⸗= schaftlichen Zucht zu überlassen oder in einer Besserungs⸗Anstalt unterzubringen. Der Richter hat das hierzu Nöthige nach Befin⸗= den der Umstände anzuordnen. In der Besserungs⸗Anstalt find dieselben so lange zu behalten, als die der Anstalt vorgesetzte Ver⸗ waltungs- Behörde solches für erforderlich achtet, jedoch niemals über das zurückgelegte zwanzigste Lebensjahr hinaus.“

̃ „dn S. 67. Die Bestimmung dieses Paragraphen gab Veranlassung, die Fra⸗ gen in Erwägung zu ziehen: . ob hiernach Kinder unter 12 Jahren vor Gericht gestellt werden können? und ob vom Kriminalrichter selbst das Nöthige angeordnet wer⸗ den solle, wenn die wegen jugendlichen Alters für zurech⸗ nungsunfähig erachteten Personen der häuslichen oder der vormundschaftlichen Zucht zu überlassen oder in einer Bes— serungs⸗Anstalt unterzubringen sind? Um zu verhindern, daß Kinder unter 12 Jahren förmlich vor Gericht gestellt werden, wurde vorgeschlagen: in der ersten Zeile statt „zurechnungsunfähig“ zu setzen: „straflos“.

Allein die Abtheilung erachtet es mit 10 gegen 3 Stimmen nicht für erforderlich, hierauf einzugehen und überhaupt in das materielle Strafgesetz darüber Bestimmungen aufzunehmen, wie in ai Beziehungen, welche jene Frage betreffen, verfahren werden müsse.

Es wird vorgeschlagen,

sich mit den Bestimmungen des 8. klären.“

Abgeordn. Camphausen: Nachdem so eben die Voraussetzung angenommen worden ist, daß Bemerkungen über die Fassung bei je⸗ dem einzelnen Paragraphen zu machen seien, so tadle ich an dem Pa⸗ ragraphen, daß er §. 15 des Kompetenz- Gesetzes für die Rhein- ir noch erforderlich macht und bin der Meinung, daß er so ge— aßt sein hüsse, um für die Rhein- Provinz wie für alle übrigen sie= ben Provinzen zu passen, nämlich so, daß deutlich die Nothwendigkeit hervortrete, die Frage zu beantworten, ob der Angeklagte zurechnungs⸗ fähig sei. Mein Grund ist, daß nach dem Gesetze von 1846 die geistige Operation bei dem Verfahren bis zum Urtheile nicht anders hier sein wird, als sie vor den Geschworenen ist. Vor den Geschwo⸗ renen ist, nachdem die Verhandlungen erschöpft sind, die Frage zu stellen, ist der Angeklagte schuldig? Wie wird es hier sein? Hier gilt jetzt eben so wenig eine Beweis-Theorie, es steht ausdrücklich est,; daß, wenn die Verhandlungen geschlossen sind, der vorsitzende Nichter dem Kollegium ebenfalls die Frage zu stellen hat: ist der An= geklagte schuldig?

Eben so muß der Hauptfrage eine Vor-Frage vorhergehen, wenn zu entscheiden ist, ob mildernde oder erschwerende Umstände vorhan⸗ den sind, also auch die Frage, ob der Angeklagte zurechnungsfähig sei, denn nur in diesem Falle kann er schuldig befunden werden. Ich erkenne keinen Unterschied zwischen der geistigen Operation vor dem Geschwornen-Gerichte und vor dem öffentlichen Gerichte, vor Rich- tern ohne Beweistheorie. Statt daß bei uns Geschworene und Rich- ter getrennt sind, hat hier der Richter zugleich die Qualität eines Geschworenen. Er ist zuerst Richter über die Thatfrage, und dann ist er wieder Königlicher Richter, welcher erkennen soll, welche Strafe nach dem Gesetze der Schuldige zu verbüßen hat. Die Fassung scheint mir im Interesse der Einigung, die so oft hervorgehoben wird, und der ich huldige, so getroffen werden zu müssen, daß dadurch eine besondere Bestimmung für die Rheinprovinz unnöthig wird.

Justiz-Minister von Savigny: Ich muß mich gegen den An⸗ trag erklären.

Darüber kann kein Zweifel sein, daß die Richter im alten Pro⸗ zesse die Frage beantworten müssen, ob der Angeklagte zurechnungs⸗ fähig ist, also auch seinem Alter nach? In dieser Beziehung ist kein Davon verschieden aber ist S. 15 des rheinischen Kompetenz⸗-Gesetzes, dieses ist rein formal und hat bloß die Bedeutung, daß, wenn der Präsident versäumt, diese Frage den Geschwornen vorzulegen, darin ein Nichtigkeitsgrund ge⸗ funden werden soll. Das bezieht sich also auf die formellen Vor⸗ schriften, welche dort für das Geschwornen-Gericht bestehen. Dazu sindet sich aber bei uns keine Veranlassung, denn bei unferem, jetzt in Berlin eingeführten und weiter auszudehnenden Verfahren haben die Richter allerdings gewissermaßen die Function von Geschworenen neben ihrer Function als Richter. Bei diesen aber kann die Ver— säumung dieser rein formellen Frage unmöglich ein Nichtigkeits grund sein, weil sie sich eben auf das Assisenverfaͤhren bezieht, während bei uns jeder Richter nach dem Gesetz von 1846 die Frage sich beant⸗ worten muß, ob der Angeschuldigte zurechnungsfähig ist.

Abgeordn. Camphausen: Dieser Unterschied' waltet insofern nicht ob, als eben so wohl bei Strafe der Nichtigkeit bei den hiesi⸗ gen Gerichten die Frage vorab entschieden werden muß, ob der An— geschuldigte zurechnungsfähig gewesen, und wenn Art. 52 dies posi⸗ tiv vorschreibt, so versteht es sich von selbst, daß die Nichtigkeit auch bei den Geschworenengerichten eintreten würde, wenn die Frage nicht gestellt worden wäre.

Marschall: Liegt es in der Absicht des geehrten Mitgliedes, daß hierauf eine Frage gerichtet werde?

Abgeordn. Camphausen: Ich muß erst abwarten, ob meine Bemerkung die nöthige Unterstützung erhält.

Regierungs- Kommissar Simons; Es ist auf die Verschieden⸗ heit des rheinischen und des hiesigen Verfahrens aufmerksam gemacht worden, und in dieser Beziehung erlaube ich mir hinzuzufügen, daß Art. 15 des Kompetenz-Gesetzes für die Rhein- Provinzen sich genau an Art. 340 der rheinischen Kriminal-Prozeß-⸗Ordnung anschließt, indem hier eine ähnliche Frage, wie die im Kompetenz⸗Gesetz vorge⸗ schriebene, vorgesehen ist. Daß eine Aenderung in der Fassuͤng vor⸗ genommen worden, hat einmal in einer Terminologie seinen Grund, weil das französische Strafrecht sich des Ausdruckes bedient: „Ob entschieden sei, daß der Angeschuldigte mit Unterscheibungs⸗Vermögen gehandelt habe“; während der Entwurf besagt: „Ob er für zurech⸗ nungsfähig erachtet worden?“ Um die Prozeß⸗Ordnung mit dem neuen materiellen Gesetze in Uebereinstimmung zu bringen, war es nothwendig, eine andere formelle Bestimmung zu ertheilen, welche er⸗ klärte, daß nicht mehr der Ausbruck gebraucht werde: „Hat der An— geschuldigte mit Unterscheidungs- Vermögen gehandelt?“ sondern daß die Frage künftig dahin gestellt werde: „War der Angeklagte zur Zeit der That zurechnungsfähig?“

Eben so ließ sich nach der Fassung des Art. 340 daran zwei⸗ feln, ob die Frage bei Strafe der Richtigkeit gestellt werden müsse, weil in dem Art. 340, so wie er in der

in J hein⸗ Provinz gilt, diese Nichtigkeitsstrafe nicht ausgedrückt ist.

52 einverstanden zu er⸗

Da es aber unerläßlich er⸗ scheint, vor den Assisen die se Frage zu stellen, so oft 16 dem Alter

des Angeklagten dazu Veranlassung vorhanden, so ist in Art. 165 des

Kompetenz- Gesetzes noch der Zusatz gemacht worden ich ;

340 der Prozeß⸗Ordnung nicht 822 Nach 1 * Att. Kompetenz- Gesetzes ist aber überhaupt diese ganze Fra . 9 großer Erheblichkeit, weil die Verbrecher, bie? das . uud 24 nicht das sechzehnte Jahr zurücgelegt haben, nicht vor die ud sondern vor die Zuchtpolizeigerichte gestellt werden sollen, insofe sisen, nicht großjährige Complicen haben, und dadurch die . eintritt, sit ver die Geschworenen zu stellen. Für die sen seltenen Cee hu bir ershrist bttben, wit fe zn Het. Ls deer n ll gui setzes enthalten ist. Wenn also das Tompetenz-Gesetz in n . erlassen wirt, so tritt in der Regel allenthalben dasselbe Jer . ein, Und muß der Richter also beide Fragen sich deant bor nen fahren , Ueberzeugung der Schuld vorhanden ist!, sowohl: als auch:

„Ob dem Angeschuldigten die That zugerechnet we .

ñ ian en, Es z nun zu 6 ob der keen i

cation des Paragraphen in der vorgeschlagenen Weise di s

liche Unt ir ge fn, eschag tist dit erfender⸗ Es erhebt sich Niemand.)

Er hat sie nicht gefunden.

Abgeordn. von Auerswald: Ich muß nur den geehrten Ab- geordneten, der den Antrag gestellt hat, darauf aufmer sam machen, daß nach 8. 51 auch für unsere Richter vorgeschrieben ist, daß sie in jedem Falle untersuchen müssen, ob der Angeschuldigte für zurechnungs⸗ fähig zu erachten ist oder nicht; und wenn dies im Erkenntniß aüs⸗ gedrückt werden muß, so ist gewissermaßen der Zweck, der dort durch S. 15 des Kompetenz-⸗Gesetzes vorgeschrieben ist, hier erreicht.

Abgeordn. Camphausen: Ich habe nur daran zu erinnern, daß ich im Eingange meiner Bemerkung dieselbe als eine Bemerkung über die Fassung hingestellt habe, nicht als eine materielle. Auf welche Weise sie zu erledigen wäre, darauf gehe ich nicht weiter ein, da ich keine Unterstützung gefunden habe. z ;

Abgeordn. von Olfers: Ich halte diesen Paragraphen für sehr wichtig, indem er in gewisser Hinsicht Bezug hat auf die Erziehung eines zwar kleinen aber für die menschliche Gesellschaft gefährlichen Theiles der kommenden Generation. Es ist dem Richt! aufgegeben über die häusliche oder vormundschaftliche Zucht das Naͤhere anzu⸗ ordnen, diese Anordnung wird der Richter allerdings treffen können, aber ob seine Anordnung, zu einer guten Erziehung des kleinen Sträflings künftig auch ausgeführt werden wird, ist eine ganz andere Sache. Man kann ihm auch nicht zumuthen, ö. er diese Aufsicht fortführe, dieses steht vielmehr der Srtsbehörde zu, und diese kann es auch viel besser, als der Richter. Ich muß hauptsächlich darauf aufmerksam machen, daß diese in Verbindung mit der Geistlichkeit und mit edlen Menschenfreunden, so wie mit der Polizei⸗Behörde, wirksamere Fürsorge treffen kann, denn von der häuslichen Erziehung ist bei jenen Leuten wenig zu erwarten, und von der vormundschaft⸗ lichen ebenfalls nicht viel. Die Vormundschaften werden fast immer mit Widerwillen übernommen und der Vormund ist gewöhnlich die⸗ ser Aufgabe nicht gewachsen. Aus diesen Rücksichten nun will ich mir den Zusatz vorzuschlagen erlauben: „Von der getroffenen Anm ordnung hat der Richter die Ortsbehörde in Kenntniß zu setzen.“

Regierungs- Kommissar Bischoff: Zur Erläuterung ist zu be⸗ merken, daß im 8. 52 zwei Fälle unterschieden sind; der Richter soll ermessen, ob die Bestrafung eines jugendlichen Verbrechers ganz und gar dem Vormunde oder den Aeltern zu überlassen, oder ob anzu— ordnen sei, daß derselbe in ein Besserungshaus gesperrt werde. Für den ersteren Fall, wenn er die Bestrafung der Hauszucht überläßt, ist die Sache damit abgethan, der Richter beruhigt sich dabei, daß die Aeltern oder Vormünder für die Erziehung sorgen werden, und bekümmert sich um die Sache nicht weiter; es sind dies die milderen Fälle. Anders verhält es sich aber in dem entgegengesetzten Falle, wenn der Richter glaubt, es könne durch einfache Bestrafung der Ael⸗ tern oder Vormünder der Zweck nicht erreicht werden. Bann muß er anordnen, daß der jugendliche Verbrecher in eine Besserungs⸗An⸗ stalt eingesperrt wird. Geschieht das aber, so werden dadurch die von dem verehrten Redner aufgestellten Bedenken erledigt.

Marschall: Wir wollen entnehmen, ob der Vorschlag die er⸗ forderliche Unterstützung von 8 Mitgliedern findet. Er hat sie nicht gefunden, also zu §. 53.

Referent Naumann lliest vor):

.

Gegen Personen, welche das zwölfte, aber noch nicht das sech⸗ zehnte Lebensjahr vollendet haben und zugleich für zurechnungsfähig geachtet werden (5. 51), sollen die gesetzlichen Strafen mit folgenden Einschränkungen eintreten:

1) Anstatt der Todesstrafe oder der lebenswierigen Freiheitsstrafe ist höchstens auf funfzehnjährige und mindestens auf dreijährige Strafarbeit zu erkennen.

2) Bei einem mit zeitiger Freiheitsstrafe oder mit Geldbuße be⸗ drohten Verbrechen soll die Hälfte der höchsten gesetzlichen Strafe nicht überschritten werden. ö

3) Auf Zuchthausstrafe oder auf Verlust der Ehrenrechte darf nie— mals erkannt werden. . ö

4) Die gegen jugendliche Verbrecher erkannten Freiheitsstrafen sind entweder in eigens für solche Personen bestimmten Straf- An⸗ stalten oder zwar in den ordentlichen Straf-Anstalten, jedoch in abgesonderten Näumen, zu vollstrecken.“ Marschall: Es ist hier also blos die Bestimmung des 16 ten

in die des 18fen Lebensjahres umzuändern.

Referent Naumann: Das Gutachten der Abtheilung zum 8. 53 lautet:

„Gegen die Bestimmungen dieses Paragraphen findet sich im Wesentlichen nichts zu erinnern. Ein Antrag, in der Bestimmung sub Nr. 4 die Worte: „oder zwar in den ordentlichen Straf⸗-Anstalten, jedoch in abgesonderten Räumen“, wegzulassen, weil es nothwendig sei, jugendliche Verbrecher in besonderen Straf⸗Anstalten, die zunachst den Zweck der Besserung verfolgen, unterzubringen, wurde mit 9 ge⸗ gen 4 Stimmen abgelehnt, weil der Staats Regierung Verlegenheiten bereitet werden, die angegriffenen Worte auch nur für den Fall maß⸗ gebend sein können, wenn entweder besondere Besserungs Anstalten für jugendliche Verbrecher nicht vorhanden oder die vorhandenen be— reits gefüllt sein sollten. Die Abtheilung setzt voraus, daß die In⸗ tention der Staats-Regierung dahin geht, besondere Besserungs-Än⸗ stalten für jugendliche Verbrecher einrichten zu lassen, und unter dieser Voraussetzung findet sie die Bestimmung des §. 53 angemessen und schlägt vor, ö.

sich mit derselben einverstanden zu erklären.

Marschall: §. 5.

Referent Naumann liest vor: „5§. 564.

Eine im Gesetze mit Strafe bedrohte Handlung kann demjeni⸗ gen ö , werden, dessen freie Willensbestimmung durch Gewaltthätigkeiten oder Drohungen ausgeschlossen war.“

Das Gutachten lautet:

„Zu §. 51.

Die Annahme der Bestimmung erscheint der Abtheilung unbe- denklich.“

Erste Beilage

Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung

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Abgeordn. Sperling: Ich finde in dem eben abgehandelten Abschnitte nur die Fälle bedacht, in denen eine Zurechnungs fahigkeit überhaupt nicht stattfindet und das Bewußtsein und die freie Willens⸗ bestimmung ganz und gar ausgeschlossen ist. Es lassen sich aber auch Fälle denken, wo das Bewußtsein nur etwas verdunkelt, die Willens⸗ bestimmung nur beschränkt ist, und ich glaube, daß auch für solche Fälle durch das Gesetz werde prospizirt werden müssen. Wollte man dieses nicht, so könnte es leicht kommen, daß einerseits eine zu harte Strafe gegen das Verbrechen erkannt würde, indem unter der Vor— aussetzung der vollen Zurechnungsfähigkeit das volle 6 Straf⸗ maß ausgesprochen würde, oder mit Fückiicht darauf, daß das gefetz⸗ liche Strafübel zu hart wäre und nicht im Verhältnisse zum Verbrechen stände, der Richter oder der etwa zuzuziehende Arzt sich veranlaßt fände, sein Urtel dahin zu fällen, daß keine Zurechnungsfähigkeit stattfinde und eine gänzliche Freisprechung erfolgen müsse. In dem ersten wie in dem letzteren Falle würde die Strafgerechtigkeit beein⸗ trächtigt werden, und ich halte deshalb für nöthig und richte meinen Antrag dahin, daß in den Entwurf noch die Bestimmung aufgenom— men werde, daß in dem Falle beschränkter Zurechnungsfähigkeit der Richter die Macht habe, unter das gesetzliche Minimum der' Strafe herunterzugehen.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Ich würde es doch für sehr be⸗ denklich halten, auf den Antrag einzugehen. Derselbe würde dahin gehen, daß, wenn der Richter findet, es sei die Zurechnungsfähigkeit zwar nicht, aufgehoben, aber im minberen Maße vorhanden, bie mil⸗ dere Strafe eintreten soll. Ich bemerke, unser bestehendes Recht das Allgemeine Landrecht, hat im §. 18 gesagt: „Alles, was das . . 363 . , m. und Ueberlegung zu han— eln, mehrt oder mindert, das mehrt oder mi 23 Sue derlei. h er mindert auch den Grad

Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als ob hiernach das be— stehende Recht ganz dasselbe Prinzip angenommen bir was von dem Herrn Antragsteller befürwortet wir. Indeß geht die Praxis der meisten Gerichte dahin, daß man die Bestimmung des §. 89 nur in dem Sinne auffaßt, daß der Richter bei Arbitrirung der Strafe auf die geminderte Zurechnung Rücksicht nehmen und bie an und für sich gesetzlich begründete Strafe in einem höheren oder mil⸗ deren Grade eintreten lassen solle. Meines Erachtens wird die Sache von diesem Gesichtspunkte auch ferner aufzufassen sein. Ueberall sind in dem Entwurf so weite Straf⸗Arbitrien gegeben, daß es dem Rich- ter nicht schwer fallen wird, auf die geminderte Zurechnung Rücksicht zu nehmen. Nur bei der Todesstrafe leidet dies eine Ausnahme, wo allerdings die Allerhöchste Gnade aushelfen muß. Gegen den Vor= schlag, eine solche Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen, sprechen sowohl theoretische als praktische Gründe. Zunächst theoretische, denn es läßt sich der Zustand der Zurechnungsfähigkeit nicht getheilt den= ken. Hauptsächlich aber sprechen gegen den Antrag praktische Gründe ähnlicher Art, wie gegen die Anwendung der außerordentlichen Strafe im Prozeß. Nimmt man einen solchen Paragraphen in das Gesetz auf, so kann der Richter sehr leicht verleitet werden, in den Fällen, wo es zweifelhaft ist, ob wirklich Zurechnungsfähigkeit vorliegt, eine verminderte Zurechnungsfähigkeit anzunehmen. Gerade das hat aber die größten Nachtheile, sowohl im Interesse des Angeschuldigten, wie im Interesse des Staates und der öffentlichen Ordnung. Es kann alsdann geschehen, daß Jemand einer That für schuldig erklärt wird, obgleich die Unzurechnungsfähigkeit angenommen und er freigesprochen werden mußte. Andererseits kann es aber auch geschehen, daß der Richter, besonders wenn er zur Milde gestimmt ist, aus dieser Be⸗ stimmung einen Begnadigungsgrund macht und den Angeschuldigten zu einer milderen Strafe verurtheilt, wo an und für sich eine höhere hätte eintreten müssen. ,

Marschall: Wir wollen ermitteln, ob der Vorschlag die erfor⸗ derliche Unterstützung von 8 Mitgliedern findet. Er hat sie nicht gefunden, wir gehen also zum s. 55.

Referent Kaumann: S. S5 lautet:

„S. 55.

Eine im Gesetze mit Strafe bedrohte Handlung, welche zur Abwendung eines rechtswidrigen Angriffs gegen die Person oder gegen das Vermögen, es sei von dem Angegriffenen selbst oder zu dessen Vertheidigung von einem Anderen, begangen wird, soll, so weit sie für den Zweck der Vertheidigung erforderlich war, als eine in rechter Nothwehr . Handlung erachtet und nicht als ein

erbre angesehen werden.

2 . von solchen Handlungen, welche horgenommen werden, um denjenigen zu vertreiben, welcher in eines Anderen Be⸗ sitzthum mit Gewalt eindringt oder darin wider den Willen des Be— sitzers verbleibt.“ .

Das Gutachten der Abtheilung lautet: ;

Zu 8. 55. Gegen die letzten Worte des ersten Alinea, wonach die als Nothwehr bezeichneten Handlungen nicht als Verbrechen an⸗ gesehen werden sollen, wurde erinnert, daß es deutlicher sein werde, zu sagen: „sie seien straflos“. Die Abtheilung hat sich indeß mit 10 gegen 3 Stimmen für die Beibehaltung der Fassung, wie sie der Entwurf enthält, erklärt, weil dieselbe zu keinem Zweifel Anlaß ge⸗ ben könne. Dagegen hat sie mit 10 gegen 3 Stimmen für erfor⸗ derlich erkannt, im zweiten Alinea hinter dem Worte welcher ein⸗ zuschalten „unbefugt“, weil der Privatgewalt ein zu weites Feld einà— geräumt werden würde, wenn wie es ohne diese Einschaltung der Fall sein würde auch diejenigen, welche eine Befugniß haben, in eines Anderen Besitzthum selbst mit Gewalt einzudringen oder darin wider den Willen des Besitzers zu verbleiben, in einer Weise, welche nur Nothwehr straflos machen kann, behandeln zu lassen.

Es wird vorgeschlagen. .

die Bestimmungen des S. 55 mit der Modification anzunehmen,

daß im . . dem Worte „welcher“ das Wort

inbefugt“ eingeschaltet werde. . ,

n g un, dn fr Bischoff: Es ist nichts von Seiten der Regierung dagegen einzuwenden, denn es ist dies auch vorausgesetzt 1, Frhr. von Gudenau: Ich wollte nur bemerken, Durchlaucht, da diese vier oder fünf. Paragraphen alle von der Noth⸗ wehr handeln, so dürfte es zweckmäßig sein, alle diese Paragraphen über die Nothwehr auf einmal zu verlesen, damit man gleich den

Zusammenhang erkennt. ö . . . . Es wird kaum erforderlich sein, da jedes Mitglied

die Paragraphen vor sich hat.

, §. 56 lautet nebst Gutachten:

Wer in rechter Nothwehr aus Bestürzung, Schreck oder Furcht das Maß erlaubter Vertheidigung überschreitet, dem ist diese Ueber⸗ schreitung nicht zuzurechnen.

Zu §. 56.

Gegen diese Bestimmung ist nichts erinnert worden.“

Freiherr von Wolff⸗ietternich: Die Beibehaltung des Pa— ragraphen im Entwurf scheint mir, da nicht einmal . worden ist, „wer in der ersten Bestürzung“ oder „sofort“ das Maß erlaubter

Vertheidigung überschreitet u. s. w.ů zu erhebli en Härten und Ex⸗ zessen führen zu können. Ich glaube, eine k der suasio, Nothwehr wäre dringend wünschenswerth. In dem früheren Ent⸗ wurfe ist dies auch geschehen, und ich glaube daher, daß eine Fassung, welche sich jener des entsprechenden Paragraphen' im Entwurfe von 1843 anschlösse, nicht unzweckmäßig sein würde. Sie würde etwa dahin zu formuliren sein: „Die Nothwehr darf nicht weiter geübt werden, als der Zweck erfordert; ergiebt sich aus den Umständen, daß das Maß überschritten worden ist, so tritt Geldbuße oder Gefäng⸗ nikstrafe ein. Dagegen könnte man war sagen, daß die proponirte Fassung überflüssig wäre, sofern in dem Ausdruck „rechte Nothwehr“ schon das Maß hinlänglich präzisirt sei; allein dann fehlt es immer doch noch Fälle der Ueberschreitung der Nothwehr, Lebensgefährliche Verletzungen sind nicht Bestimniung des Strafmaßes fehlt. Nimmt man aber an, nur bei den ebensgefährlichen Verletzungen, mithin nicht bei immerwährenden Verstümmelungen könne von einer Ueberschreitung der Nothwehr die Rede sein, so scheint allerdings der Gesetz- Entwurf in diesem Para⸗ graphen gerechtfertigt; ich zweifle aber, daß dies der Wille des Ge⸗ setzzebers gewesen ist.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Ich wollte anheimgeben, vor— läufig die Diskussion noch nicht auf 8. 58 auszudehnen, weil dies ein anderer Fall ist, als die eigentliche Nothwehr, indem es sich im §. 58 mehr um unerlaubte Selbsthülfe handelt.

Was aber den 8. 56 betrifft, so ist es richtig, daß er eine Ab⸗ weichung von dem früheren §. 8 enthält. Indeß glaube ich, daß eine engere Begränzung der Strafbarkeit der Nothwehr, wie sie in dem letzten Entwurf vorgeschlagen ist, sich rechtfertige. Bei Erweite⸗ rung der Gränzen der Nothwehr darf man überhaupt nicht so ingst⸗ lich sein. Das Allgemeine Landrecht hat allerdings die Nothwehr in sehr enge Gränzen gestellt; allein es ist angemessen, die Nothwehr von dem liberaleren Standpunkte aufzufassen, wie dies auch in den übrigen Gesetzgebungen geschehen ist.

weil im §. 58 es nur heißt: straflos“, wobei es an einer

Korreferent Frhr. von Mylius: Ich glaube, auch hier sowohl den Entwurf als den Antrag der Abtheilung, den Paragraphen an⸗ zunehmen, vertheidigen zu müssen. Wenn darauf zurückgegangen wird, aus welchen inneren Gründen Handlungen der Nothwehr straf⸗ los bleiben müssen, so muß man darunter fowohl Handlungen der Abwehr als Handlungen der Gegenwehr verstehen. Die Bedeutun des Paragraphen besteht darin, diesem Grundsatze das ine rer uni zu geben, welches ihm frühere Gesetzgebungen versagten.

Fürst wilhelm Radziwill: Ich würde der nsicht sein, daß der Paragraph zu eng gefaßt ist. Es sind nur drei Kategorieen auf⸗ genommen, welche Straflosigkeit bei erheblichen Verletzungen in der Nothwehr sichern, Bestürzung, Schreck oder Furcht. Ich sschließe bei Betrachtung dieses Paragraphen von vorn herein das Duell aus— drücklich aus, um jedem Mißverständnisse vorzubeugen, halte mich rein an die Nothwehr für mich oder in Hülfe eines Anderen. Ich trete für einen Anderen, der sich in Gefahr befindet, ein, vertheidige ihn, führe meine Waffen, kann aber ihren Gebrauch nicht so abmessen, daß ich von vorn herein gewiß bin, ob ich nicht lebensgefährlich ver= letzen werde. Ich soll nun vor den Richter treten und zu ihm sa⸗ gen, ich habe aus Bestürzung, Schreck oder Furcht den Streich ge— führt, ohne mich dessen bewußt zu sein, und sch müßte lügen, wenn ich mich straflos machen wollte. Ich habe gethan, was ich für meine Pflicht hielt, indem ich für einen Anderen eintrat. Nach diesem Pa⸗ ragraphen aber würde ich in Strafe verfallen. Es scheint mir eine Anomalie darin zu liegen, wenn ich §. 56 mit S§. 54 zusammen halte und mir die Fälle denke, welche dabei vorkommen können. Bei S. 51 ist derjenige, der durch eine Drohung veranlaßt wurde, ein Verbrechen zu begehen, straflos. Wählen wir einen Fall aus dem bürgerlichen Leben. Es wird in ein Haus eingefallen, einer der Dienst⸗ boten wird durch Drohungen gezwungen, das Geldbehältniß seines Herrn zu verrathen, nun kommt ein Mensch dazu, der muthig ist und mit dem Räuber anbindet, ihn in diesem Akte der Nothwehr tödtet. Dieser kommt in Gefahr, bestraft zu werden, wenn er ehrlich sagt, er, habe dies weder aus Bestürzung, Furcht oder Schreck gethan, während der, der sich, durch eine Drohung erschreckt, zur Theilnahme an dem Verbrechen einschüchtern ließ, straflos bliebe. Dies sind Fälle, welche mich zu einer Bemerkung veranlaßt haben und es wünschens⸗ werth machen, 8. 56 nicht so eng zu stellen, außer den drei angege⸗ benen Kategorieen noch eine hinzuzufügen, die den angeführten Inkon⸗ sequenzen vorzubeugen geeignet wäre.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Im 8. 55 ist der Begriff der Nothwehr so bestimmt, daß sie eine von dem Gesetz mit Strafe be— drohte Handlung ist, welche zur Abwendung eines rechtswidrigen An⸗ griffs gegen die Person oder das Vermögen, es sei von dem Ange⸗ griffenen selbst oder zu dessen Vertheidigung, von einem Anderen be— gangen wird. Wenn also Jemand zur Vertheidigung eines Anderen Nothwehr ausübt und sich dabei innerhalb der Gränzen hält, so ist er nicht strafbar. Diese Gränzen sind aber im §. 55 sehr weit ge⸗ zogen. Er kann nämlich alle Handlungen begehen, welche erforderlich sind, den Angriff abzuwehren. Kann er den Angegriffenen nicht an= ders schützen, als durch die Tödtung des Angreifers, so ist er auch wegen dieser Handlung straflos. Nur dann, wenn er über das er“ laubte Maß hinausgeht, wenn er tödtet, statt körperlich zu verletzen, nur dann wird er strafbar sein. Für diesen Fall aber kommt mögz⸗ licherweise noch die Milderung des §. 56 zur Anwendung, so daß auch der, der einem Anderen zur Hülfe gekommen ist, sich auf 8. S6 be⸗ rufen und sagen kann, es mag sein, daß die Gränzen der Nothwehr überschritten sind, es ist dies aber aus Bestürzung oder Schreck geschehen.

Referent Naumann: Ich muß, mich an das ahr was von dem Herrn Kommissar des Ministeriums gesagt worden ist, und will nur darauf aufmerksam machen, daß unter Umständen, welche das durchlauchtige Mitglied erwähnt hat, wohl nicht vollständige Straflosigkeit in Anspruch genommen werden kann, daß aber die mil⸗ deren Bestimmungen des Titels II,, die in S8. 224 und 240 ange— geben sind, eintreten werden, daß also, wenn Jemand gereizt worten ist zu einer solchen That durch Mißhandlungen an ihm selbst oder an seinen Angehörigen, nicht dit Strafe des Todtschlages und der körperlichen Mißhandlung in vollem Maße eintreten , sondern eine gelindere, als die, welche das Gesetz festgestellt hat.

i wilhelm Vadziwill:, Ich erkenne das im Allgemeinen wohl an, aber gerade die Ausdrücke; „Bestürzung, Schreck, Furcht“ scheinen mir zu beschränkt. Ein nothwendiger Entschuldigungsgrund scheint mir noch der zu sein, daß es auch aus Eifer und Uebereilung geschehen sein kann.

Justiz-Minister von Savigny: Ich glaube, daß dabei ein kleines Mißverständniß zum Grunde liegen möchte. Wenn Jemand von Räubern angegriffen wird und sich gegen diesen Angriff durch Schieß oder Stoßwaffen vertheidigt, und bei dieser Gelegenheit ein Räuber das Leben verliert, so wäre es bei späterer ruhiger Ueber⸗ legung denkbar und möglich gewesen, daß er sich mit Schonung des

Lebens des Angreifers hätte schützen können. Im Augenblicke des

an einer Strafbestimmung für diejenigen häufigen!

Montag den 31. Jan.

Angriffs kann er aber diesen Unterschied nicht machen, und der billige Richter wird ihn nicht der Strafe unterwerfen, sondern das Recht der Nothwehr auf ihn anwenden, weil er nicht in der Lage war, zu unterscheiden, wie weit er gehen durfte, um sich selbst sein Leben und Eigenthum zu schützen. Dies ist ein ganz anderer Fall, als 5. 56 bedingt. Dieser redet von dem Falle, wo Jemand aus Bestürzung, Furcht oder Schreck etwas thut, was er bei voller klarer Besonnen⸗ heit nicht begangen haben würde, dann soll ihm der leidenschaftliche Zustand zu gute gerechnet werden. Das sind verschiedene Fälle, und ich glaube, daß beide Fälle von einander unabhängig sind und völligen Schutz vor dem Richter gewähren werden.

Marschall: Wir kommen nunmehr zu §. 57.

Referent Naumann lest vor):

„8. 57.

Wer in Nothwehr einen Menschen tödtet oder erheblich ver⸗ wundet, ist, bei Vermeidung einer Geldbuße bis zu zweihundert Tha⸗ lern oder einer Gefängnißstrafe bis zu drei Monaten, verpflichtet, den Vorfall ungesäumt der Obrigkeit anzuzeigen.“

.

Es ist bemerkt worden, daß eine Bestimmung, in Fällen, welche S. 57 voraussetzt, ungesäumt der Obrigkeit Anzeige zu machen, zwar angemessen sei, daß ein Verstoß gegen eine solche Vorschrift aber nur als Polizei- Uebertretung angesehen werden könne. Andererseits wurde erwogen, daß es erforderlich sei, die ungescumte Anzeige durch Androhung schärferer Strafen zu sihern, weil es darauf anfomme, Tödtungen oder erhebliche Körperverletzungen und die Gründe, welche sie veranlaßt haben, sofort festzustellen, um Verdunkelungen vor⸗ ubeugen.

; . Abtheilung erachtet indeß die Bestimmung des §. 57 für durchaus angemessen und lehnte sowohl die dahin gehenden Anträge: die ganze Beslimmung des Paragraphen als Polizei⸗Uebertretung

hier fortzulassen, mit 8 gegen 5

die höchste Strafe auf 10 Thaler Geldbuße oder 14tägiges Ge⸗ fängniß festzusetzen, mit 19 gegen 3; die höchste Strafe auf 50 Thaler Geldbuße oder bwöchentliches

Gefängniß festzusetzen, mit 7 gegen 6 Stimmen; als auch einen dahin gehenden Antrag: das Strafmaß bis auf das Doppelte zu erhöhen,

. Es wird unveränderte Annahme der Bestimmung des 8. 57 vor-

geschlagen. J n, vn der Minorität, welche in t umhin, die Ansicht der '

e,, . ö Anordnung findet, und der

Ansicht ist, daß eine Strafbestimmung zwar gerechtfertigt, aber nicht

ine Kriminalstrafe eintreten dürfe, zu unterstützen und den Antrag , e, lli. Theñ des Entwurfs, bin von Polizei⸗Uebertretungen handelt, verwiesen werde. Ich bin über⸗ zeugt, daß eine Polizeistrafe ausreichend sichere, um dergleichen Miß⸗ ständen, wie hier angedeutet, zu begegnen.

Korreferent Freiherr von Mylius: Ich bin in der Abtheilung sogar noch weiter gegangen und wollte die Meinung vertheidigen, daß 8§. 57 überhaupt nicht nothwendig und nicht gerechtfertigt sei, indem er von einem praktischen Resultaͤte nicht sein wird, da es im Interesse dessen, der Nothwehr verübt, liegt, den Fall der Nothwehr festzustellen. Er wird durch sein eigenes nteresse angeleitet werden, der Obrigkeit Anzeige zu machen, wie er die That der Nothwehr vorgenommen hat. Wenn er aber die Anzeige nicht macht, so bin ich der Ansicht, daß jedenfalls nur ein unbedentendes Vergehen vor⸗ liege, welches mit einer Geldbuße von geringem Betrage gesühnt sei und aus Zweckmäßigkeits Gründen in den Titel von Polizeivergehen verwiesen werden müsse. .

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ven dem Standpunkte der Abtheilung aus habe ich nur bemerken wollen, daß ein Minimum der Strafe nicht festgestellt worden ist, daß aber auch das Maximum nicht zu hoch erscheint, wenn man erwägt, daß z. B. bei lebens—

geführlichen Verletzungen der Tod eines Menschen durch unterla ssene Anzeige herbeigeführt werden kann. Mit Rücksicht darauf scheint mir eine Strafe bis zu 200 Thalern nicht zu hoch.

Marschall: Wir wollen ermitteln, ob der Vorschlag der Mino⸗ rität; welcher vom Referenten wieder aufgenommen worden ist, die erforderliche Unterstützung von 8 Mitgliedern findet.

Er erhält die erforderliche Unterstützung nicht. Es ist nicht geschehen. Wir kommen nun zum §. 58. Referent Naumann (iest vor) ö „8. 58.

Gegen den, welcher Sachen gewaltsam oder heimlich an sich gebracht hat, ist der Verletzte befugt, sowohl auf frischer That, als auch dann, wenn die Hülfe der Obrigkeit wahrscheinlich zu spät kommen würde, Gewalt anzuwenden, so weit solche erforderlich ist, um demselben die Sachen wieder abzunehmen. Eben sso ist es erlaubt, Gewalt anzuwenden, um einen entfliehenden Verbrecher festzunehmen. Jedoch werden lebensgefährliche Verletzungen durch diese Zwecke nicht

straflos.“ „Zu §. 58. . Die Bestimmungen dieses Paragraphen werden im Allgemeinen als gerechtfertigt anerkannt. Nur des bestimmteren Ausdruckes wegen und um jeden Zweifel zu beseitigen, daß in dem Falle, auf welchen sich die Bestimmung im zweiten Satze bezieht, Gewalt nur unter den im ersten Satze bezeichneten Voraussetzungen zulässig sei, und daß in allen Fällen, von welchen dieser Paragraph handelt, lebensgefährliche Verletzungen nicht straflos sein sollen, wird vorgeschlagen, . den §. 58 nur mit der Modification anzunehmen, daß im zweiten Satze statt: „Eben so“ gesagt werde: „unter derselben 423 setzung“, und daß im dritten Satze vor den lezten e en. . straflos“ statt durch „diese Zwecke“ gesagt werde: „zur Erreichung dieser Zwecke unter allen Umständen. , der dritten Zeile wegzulassen,

Ausdruck „wahr einlich ir . kn für die Bezeichnung der Fälle, welche das

) at, ohne wesentliche Bedeutung ist. . J

keit e ,, , ,,, . Bischoff: Seitens der Regierung ist

= 1 ichts zu erinnern. . an ,,,, Der Zweck der ganzen Reviston der Strafgesetzgebung kann kein anderen sein, als die Zahl der Verbrechen zu verininbern, und so gestehe ich daß ich in den Bestimmungen, die

egenwärtig uns vorliegen, üben die Handhabung der Nothwehr und 6! das Hausrecht, einen kolossalen Fortschritt der 1 mit Enthusiasmus begrüße, Ich hätte es auch ungern gesehen, wenn irgend ein Wort an einer Bestimmung geändert würde, welche ein natürliches angebornes Recht des Staatsbürgers in seiner Integrität wiederherstellt. Nur bei dem Passus erlaube ich mir, auf Etwas aufmerksam zu machen, wo es 16 heißt:

„jedoch werden lebensgefährliche Verletzungen durch diese Zwecke

nicht straflos.“ . Ich erlaube mir hier nur die Frage, da die Strafe nicht angegeben