1848 / 33 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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leiblichen Verwandten in aufsteigender Linie verübt wurde.

; en denjenigen, ber einmal den lenne . Ben l, e,, 146 , d fan legen heir ver⸗ f . ef m ren, beging. Wer mag aufstellen, daß in, den J gechsenen Derbrecher- Kolonien die ehemaligen Ven—= u Staaten erna iti nd bürgerliche Rechte ausübend, ihr obwohl alle politis e u Per ; Falichkeit d recher, Are, geblieben feien? Wir dürfen die Möglichkeit der ei n, n. t . nen, ohne eine der edelsten Hoffnungen für die Besserung * , ei zu begraben; wir dürfen dem Schuldigen we r n, = bie Reihen der bürgerlichen Geselischaft nicht gewalt⸗ gu n ließen. Sie werden das nicht wollen, das zeigt Ihre Ab⸗ sam verschi einigen Tagen, wo Sie aus diesen Rügsichten selbst * Helen n der Urtheile über ganz schwere Verbrechen sich r Eu, Aber einmal angenommen, der Satz, den der Entwurf 6 sei richtig, einmal ehrlos, sei immer ehrlos. e, n, es sei' absolute Bahrheit, daß, wer einmal Mangel an. Ehrliehe bewiesen, die Ehre niemals wieder erlangen könne; wie verhält sich der Entwurf zur Anwendung dieses Grundsatzes? Hat denn der Entwurf diesen Grundsatz mit Konsequenz durchgeführt? Man würbe dann verlangen müssen, daß der Entwurf nicht untersage, die Ehrenrechte abzuerkennen wegen solcher Verbrechen, die ehrenrührig sein können, und daß er sie immer gebiete wegen solcher Verbrechen, die ehrenrührig sind. . . Unter den Fällen, in welchen auf Verlust der Ehrenrechte nicht erkannt werden darf, sind manche, die hiermit nicht in Harmonie zu stehen scheinen. Ich führe an die Strafen gegen Landfriedensbruch, gegen thätlichen Widerstand bei Aufläufen, gegen die Theilnahme an einem Aufruhr, wobei Gewaltthätigkeiten gegen Personen und Sachen stattgefunden, gegen die Meuterei von Gefangenen. In die— sen Fällen darf mit Ausnahme der Anführer nicht auf Verlust der Ehrenrechte erkannt werden. Ferner darf es nicht geschehen gegen denjenigen, der eine obrigkeitliche Person durch Drohungen zu einer amtlichen Handlung zu nöthigen sucht; nicht gegen die vorsätzliche Zerstörung von Wasserleitungen und Wasserdämmen, wenn Niemand schwere Körperverletzung oder den Tod erleidet; nicht gegen den vor— sätzlichen Todtschlag bei verbrecherischen Unternehmungen; nicht gegen den nicht mit Vorbedacht geschehenen Todtschlag des Vaters oder der Mutter; nicht gegen den überlegten Mord, insofern er nicht an einem Das sind Fälle, in welchen der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte 46 kannt werden darf. Nun nenne ich einige andere Fälle, in denen nach dem Entwurf nicht unbedingt der Verlust der Ehrenrechte aus— gesprochen wird. Vorsätzliche Tödtung, Mißbrauch von Mädchen un— ter vierzehn Jahren, wissentlich falsche Denunciation wegen Verbre— chen, Bigamie, Mißbrauch zur Unzucht, verübt von Aeltern, Vormün— dern, Lehrern und Geistlichen in Beziehung auf die ihrer Zucht, Er— ziehung, Unterweisung oder Pflege unterworfenen Personen, Kinder—⸗ mord, vorsätzliche Mißhandlung, die den Tod zur Folge hat, Tödtung im Duell mittelst vor sätzlicher Ueberschreitung der Regeln und Gesetze des Zweikampfs. Das sind Fälle, in denen der Entwurf nicht unbedingt den Verlust der Ehrenrechte aussprechen lassen will. Vergleichen Sie damit solche Fälle, in welchen er ausgesprochen wer— den soll und muß. Da haben Sie den noihwendigen Verlust wegen Diebstahls, selbst wenn nur acht Tage Gefängniß erkannt werden; wegen unerlaubter Verpfändung einer fremden Sache. Sie haben ihn verbunden mit sechs Wochen Gefängniß, wegen gemeinen, nicht schweren Betrugs; verbunden mit drei Monaten Strafarbeit wegen vorsätzlicher Benachtheiligung, verübt von Vormündern, Kuratoren oder Verwaltern von Stiftungen, ohne Unterschied, ob die Benachtheili— gung betrüglich oder auf andere Weise bewirkt ist. Sie ha⸗— ben ihn wegen vorsätzlicher Benachtheiligung von Gewerbetreibenden, die zur Betreibung ihres Gewerbes von der Obrigkeit besonders ver— pflichtet sind. Die Aberkennung ist unbedingt erforderlich, wenn der Faillite einen Gläubiger benachtheiligt, ferner wegen Stipulirung herer Zinsen, als das Gesetz erlaubt, wegen Verletzung der Amts— verschwiegenheit zu eigenem Gewinn oder zum Schaden Anderer. Aber endlich würde der Grundsatz, daß in allen Fällen die Ehren⸗ rechte wirklich verloren gehen müssen, wo eine ehrlose Handlung vorliegt, im schreiendsteun Widerspruch mit der Anordnung ste⸗ hen, wonach es unter manchen Umständen davon abhän— gen wird, ob eine Privatperson Klage erhebt oder nicht; wo, falls sie klagt, der Verlust der Ehrenrechte ausgesprochen wer— den muß und, falls sie nicht klagt, der Mann im Besitze der Ehren— rechte bleibt. Das sind Nothzucht, betrügerische Verleitung zum Beischlaf, Diebstahl und Betrug, gegen Verwandte verübt, Entfüh⸗ rung durch List oder Gewalt und Untreue von Privat-Beamten. Ich glaube, Sie, meine Herren, überzeugt zu haben, daß, wenn der Entwurf sich die Aufgabe gestellt hat, den Grundsatz „einmal ehrlos, immer ehrlos“ zu realisiren, diese Aufgabe nicht gelöst worden ist, so wie ich sie überhaupt für ein Strafgesetzbuch unlösbar ansehe. Der Entwurf, so wie er nicht in Harmonie mit sich selbst steht, ist auch nicht in Harmonie mit den übrigen bestehenden Gesetzen. Die württembergische Gesetzgebung, die, wie ich glaube, am weitesten in Hinsicht der Aberkennung der Ehrenrechte geht, selbst diese hat in manchen Fällen die Aberkennung auf bestimmte Zeit zugelassen, nach deren Ablauf sie wieder aufleben. In England kennt man keine nach— trägliche Wirkung der Strafe, nachdem die Zeit der Strafe abge⸗ laufen ist, dort tritt Jeder, nachdem er seine Freiheitsstrafe abgebüßt hat, wieder in die bürgerliche Gesellschaft und in alle seine Rechte zurück. Aber auch das Landrecht kennt den Verlust der Ehrenrechte in dem Umfange nicht, in welchem der Entwurf sie aufnehmen will. Er hat unter verschiedenen bald mehr, bald minder bestimmten Aus⸗ drücken Ehrenstrafen, die nicht immer dasselbe umfassen; er hat sie bei dem Hochverrath und beim Zweikampfe, bei dem Bankerott und bei einer geringen Anzahl von Handlungen, welche auf den Mangel des Ehrgefühls schließen lassen; keinesweges bei allen, nicht bei dem Diebstahl, nicht bei dem Betruge. Man könnte sagen, daß, während die Ehrenstrafen ein wichtiger Theil des rheinischen Rechts sind, der Entwurf in einem Sprunge von dem Landrechte aus über das rhei— er Recht hinausgehe. Der Versammlung ist, wie ich voraussetze, ekannt, daß der Verlust bürgerlicher Ehrenrechte auf bestimmte Zeit e, wichtigen Theil, der näch rheinischem Rechte auszusprchenden trafen bildet; ich will aber döch wiederholen, daß wir Lie Aberken, nl, auf Zeit haben bei den Verfälschungen der Wahlen, bei Ver— , bei Diebstahl für die Zeit von 5— 10 Jahren und zwar 95 er Fakultät des Richters, bei Prellerei, bei Mißbrauch des Zu⸗ e ee. bei Mißbrauch bes Deposituͤms und bei Unterschlagung. Ich ö . daher zu der Behauptung berechtigt sinden, daß, wenn 2 . eigenthümlichen Stande der öffentlichen Meinung in die⸗ . 26 . im Gegensatze zu demjenigen in der Rheinprovinz 6 1 2 u 2 Behauptung, sage ich, daß die Kunde nicht zu! sacnest ö en trafgesetzbüchern der beiden Landestheile bücher 3 6 im Gegentheil der , dieser Gesetz= 4. Jegengesetzte Verhältniß schließen lasse. Allerdings aber ist das Landrecht d 3 ö „Durch spätere Verordnungen und spätere Ge⸗ setze ergänzt, wovon die wesentlich ie bei i und schließlich das Bescholt en 62 die beiden Städte- Ordnungen Barg l. Ginde, Be l heinz · eses vom vorigen Jahre sind. sossen, welcher 9 ist derjenige vom Bürgerrechte aus⸗ geh 1. * e. 3m en irgend eines Verbrechens auf zwei Jahre wegen . Der mr zu einer, härteren Strafart, oder ü ahls oder qualifizirten Betruges zu einer

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Kriminalstrafe verurtheilt worden ist. In manchen anderen Fällen steht es den Stadtverordneten frei, auch außerdem Jemand von dem Bürgerrechte auszuschließen. Aehnlich lautet die westfälische Kom⸗ munal⸗Ordnung; die rheinische Kommunal⸗Ordnung lautet jedoch et⸗ was verschieden. In diesen Gesetzen sind einige Punkte von Bedeu⸗ tung. Zuerst, daß sie sich den Grundsätzen des rheinischen Rechts insofern nähern und demjenigen, was nach dem System des Entwur—⸗ fes aufgestellt ist, direkt widersprechen, als sie eine zweijährige Frei⸗ heitsstrafe, abgesehen davon, ob das Verbrechen, wegen dessen sie er⸗ kannt worden, ein ehrloses war oder nicht, als sie, sage ich, diese Strafe allein als das Kriterium für den Verlust des Bürgerrechts aufstellen. In einem anderen Punkte nähert sich diese Gesetzgebung dem iheinischen Rechte, und zwar darin, daß das Urtheil wesentlich den Genossen übertragen wird. Ich will eine Ansicht darüber, ob es nützlich sei, die Rechte der Genossen auf Aberkennung der Ehren— Rechte, auf Entfernung von Mitgliedern aus ihrem Kreise zu ver⸗ wehren, nicht aufstellen, aber wenn dieses Prinzip eine Ausbildung erfahren soll, so kann das Ziel, wohin es zu streben hat, nur das sein, daß nimmermehr ein Richter über irgend ein Ehren- oder Bürgerrecht erkennen dürfe, sondern daß die Genossen allein darüber zu erkennen haben. Wenn man mir alfo die Städte⸗-Ordnung und das Beschol⸗ tenheits⸗Geseß entgegenstellen sollte, so würde ich erwiedern, daß sie gerade das Prinzip des rheinischen Rechtes bestätigen. Es wird aber weiter zu bemerken sein, daß die Bestimmungen, weil sie in der Städte Ordnung stehen, deshalb nicht schon absolut nützlich und zweckmäßig sind, und daß durch den Strafgesetz⸗ Entwurf eine Abän— derung derselben erforderlich wird, daß also von zwei Seiten her in Frage stehen kann, wie die Städte-Ordnung dem künftigen Straf⸗ gesetze anzupassen sei. Eine Aenderung ist schon deshalb erforderlich, weil es darin heißt: „Auf zwei Jahre oder länger zu Zuchthaus oder zu einer härteren Strafart;“ das stimmt nicht mit der Sprache des Entwurfes, der eine härtere Strafe als das Zuchthaus nicht kennt, während andererseits die in der Städte-Ordnung gemeinte Strafe etwas ganz Anderes ist, als sie künftig nach dem Entwurfe sein wird. Dann würde auch, wenn der Entwurf beibehalten bliebe, nicht blos der qualifizirte, sondern auch der nicht qualifizirte Betrug vom Bür— gerrechte ausschließen.

Meine Herren! Ich habe geendet; ich glaube gute Gründe dafür gegeben zu haben, daß auch ein zeitiger Verlust der Ehrenrechte ein— treten müsse, und zwar in der ganzen Monarchie; ich verhehle aber nicht, daß die Frage für die Rhein-Provinz ihre eigenthümliche und große Bedeutung hat. Das rheinische Strafrecht kennt einen einzigen Fall, in welchem außer dem Verlust der bürgerlichen Rechte auf Lebenszeit keine andere Strafe erkannt wird, weder Geldbuße noch eine Freiheits Strafe. In diesem Falle muß der Angeklagte, er werde freigesprochen oder verurtheilt, sofort in Freiheit gesetzt werden. Dennoch ist die Achtung vor den staatsbürgerlichen Nechten so groß und der Satz, daß nur die höchsten Gerichtshöfe ihren Verlust auf Lebenszeit aussprechen dürfen, so streng durchge⸗ führt, daß auch in diesem Falle nur das Geschworenengericht das Ür— theil sprechen darf. Der Entwurf läßt nur zwei Wege offen: ent— weder muß bei sehr geringen Vergehen der Verlust der Ehrenrechte auf Lebenszeit durch die Untergerichte erkannt werden; dann würden die innersten Gefühle der Rheinländer verletzt sein, Gefühle, in

welche nun schon die dritte Generation sich hinein gelebt hat, oder es müßten diejenigen Vergehen, auf welche lebenslänglicher Verlust der Ehrenrechte gesetzt ist, an die Assisen verwiesen werden, dann würden wegen der Ueberzahl der Fälle die Geschworenengerichte nach . Ansicht nicht mehr haltbar sein. ; ̃

,, , ,. Tagen habe ich es abgelehnt, einen pr g . hließ ich im Interesse der Rhein- Provinz ge— macht, auzuerkennen, ich würde auch hier dieser Meinung sein; den⸗ noch ist heute, der Fall ein anderer. Heute, wenn meine Gründe nicht die Ihrigen wären, würde ich mir die schöne Gabe wünschen, mit flammenden Worten Alles, was von Gefühlen der Theilnahme, der Zuneigung, der Liebe für die Rheinländer in Ihrem Herzen schlummert, zur hellen Glut anzufachen. Ich bin nur eine schwache Stimme, gelähmt durch die Abwesenheit starker Freunde, allcin ich rede im Namen Vieler, ich bitte, erlauben Sie uns festzuhalten an der Denkungsart und an den Rechts-Begriffen unserer Väter!

(Bravo!)

CLandtags-Kommissar: Der geehrte Redner aus der Rhein⸗ provinz, welcher so eben seinen Vortrag geschlossen, hat gewiß sehr viel Wahres, sehr viel Schönes gesagt; er hat großentheils nicht nur im Sinne der Rheinlande, sondern auch im Sinne der übrigen Monarchie gesprochen. Ich kann aber nicht umhin, die Bemerkung hinzuzufügen, daß er nach meiner Meinung wenig zur Sache und fast nichts zu der jetzt vorliegenden speziellen Frage gesprochen hat.

Die Diskussion, welche in diesem Augenblick die hohe Versamm— lung beschäftigt, ist gewissermaßen durch mich hervorgerufen. Ich habe in einer früheren Sitzung den Wunsch ausgesprochen, daß der Versuch nicht verschmäht werden möge, dem Bedürfniß der rheinischen Gerichtsverfassung dahin zu entsprechen, daß das dort bestehende Sy⸗ stem der Dreitheilung der Verbrechen im Strafgesetzbuche deutlich an⸗ und erkannt durchgeführt und zugleich mit unserer altländischen Ge⸗ setzgebung in möglichste Uebereinstimmung gebracht werde. Ich habe diefen Wunsch dahin ausgedehnt, daß guch die Kompetenz, wie sie in der Rheinprovinz für die verschiedenen Gattungen der Verbrechen und Vergehen besteht, in Uebereinstimmung gebracht werden möge pit dem für die alten Provinzen theils bestehenden, theils in Aussicht gestellten Verfahren. Dieser mein Wunsch ist durch die Verständi⸗ gung, welche inmittelst zwischen den Organen der Regierung und der Abtheilung der hohen Versammlung stattgefunden hat, in den wesentlichsten Punkten erfüllt. Die Regierung hat sich damit einver- standen erklärt, daß die Dreitheilung als Grundsatz in das Gesetz aufgenommen und ausgesprochen werden möge, und die vorgeschla— gene Terminologie hat Beifall gefunden. Auch in Beziehung auf die Gerichtskompetenz wird sich im Wesentlichen eine Uebereinstimmung her— beiführen lassen. Dabei ergab sich jedoch insofern eine Schwierigkelt, als nach dem älteren rheinischen Rechte die correctionellen Gerichte die Ab= erkennung der Ehrenrechte für immer nicht auszusprechen befugt waren, diese vielmehr allein von Geschworenengerichten aberkannt werden konnten. Zwar ist dies seit einer Reihe von Jahren bereits insofern geänbert, als die correctionellen Gerichte in vielen Fällen auf den Verlust der National⸗Kokarde und darin zugleich auf den Verlust der wesentlichsten bürgerlichen Ehrenrechte, und zwar für immer, erkennen müssen, das heißt auf so lange, bis etwa die Rehabilitirung durch die Gnade Sr. Majestät des Königs erfolgt. Der vermittelnde Vorschlag der Regierung, weit entfernt, in dieser Beziehung eine grö— ßere Abweichung von dem älteren rheinischen Rechte hervorzurufen, geht vielmehr dahin, solches im Wesentlichen herzustellen. Indem nämlich die Aberkennung der National-Kokarde oder der allgemeinen bürgerlichen Ehre von den correctionellen Tribunalen nur auf Zeit soll ausgesprochen werden können, soll allerdings nach dem Vorschlage der Regierung diese temporelle Aberkennung der Ehre nur die 6 bürgerliche Ehre umfassen, während derjenige, welcher durch

usspruch des correctionellen Gerichts wegen eines an sich entehren⸗ den Verbrechens verurtheilt ist, mit Ablauf der in dem Urtheile für

die Intendiction der gewöhnlichen , , . Ehrenrechte ausge⸗ sprochenen Frist, die höheren ausnahnisweise besessenen Ehrenrechte

nicht wieder erhalten, diese vielmehr für immer verlieren soll. Zu den letzteren wird gerechnet: der Adel, die Orden, die Befähigung zu Aemtern, die Standschast, die damit verbun- dene Befähigung zur Ausübung des Pattonats, der Gerichts- barkeit, endlich Stimmen= und Ehrenrechte in Gemeinden und Eor⸗— porationen. Die Regierung ging dabei von dem Grundsatze aus daß der Verlust dieser ausnahmsweisen Ehrenrechte durch verbreche⸗ rische Handlungen entehrter Personen nicht ipso jure revivisciren dürfe. Der Vorschlag der Abtheilung erkennt, diesen Grundsatz in den meisten Punkten an, weicht aber bei zwei dieser besonderen höhe⸗— ren Ehrenrechte insofern davon ab, als diese nach Ablauf der in dem Urtheil vorgesehenen Frist von selbst wieder aufleben sollen. Allerdings ist die Regierung davon ausgegangen, daß in dieser Beziehung das in der ganzen Monarchie bestehende Recht festgehalten werden müsse. Ob sie darin geirrt habe, ob die Versammlung sich für die eine oder die andere Meinung erklären wolle, das, glaube ich, ist Gegenstand der gegenwärtigen Debatte. Alles, was von dem geehrten Depu— tirten der Rheinprovinz sonst angeführt worden ist, liegt außer dem Kreise derselben. So hat er namentlich die einzelnen Verbrechen aufgezählt, bei welchen die Ehrenrechte nach dem Entwurf aberkannt werden sellen, und diejenigen, wo dies nicht der Fall ist; er hat den Gesetz- Entwurf in dieser Beziehung kritisirt und seine abweichenden Ansichten scharf hervorgehoben. Davon aber handelt es sich hier nicht. Die Anschauung, welche im Gesetz-Entwurfe in dieser Bezie— hung leitend gewesen, besteht darin, daß zu unterscheiden ist zwischen Verbrechen aus ehrloser Gesinnung, welche mit dem Verluste der Ehrenrechte nothwendig verbunden sein müssen, und anderen Ver— brechen, die zwar sehr schwer sein können und deshalb mit schwerer Strafe belegt werden müssen, die aber nicht nothwendig aus ehrloser Gesinnung hervorgehen und mit dem Verluste der Ehrenrechte deshalb auch nicht nothwendig verbunden sein müssen. Ich kann nicht be⸗ haupten, daß dieser leitende Grundsatz auf alle Fälle vollkommen richtig angewendet sei, noch weniger ist jetzt der Moment, darüber zu diskutiren. Dieser wird erst kommen, wenn bei den einzelnen Verbrechen die Frage aufgeworfen wird, ob und inwiefern auf Aber— kennung der Ehrenrechte zu diskutiren sei. Mag man dann darüber urtheilen, wie man wolle, so kann das Urtheil über den Punkt, der jetzt zu diekutiren ist, von keinem wesentlichen Einfluß sein. Es han⸗ delt sich einfach von der Frage, ob die wegen eines aus ehrloser Gesinnung hervorgegangenen Verbrechens aberkannte bürgerliche Ehre in ihrem ganzen Ümfange ipso tempore revivisciren solle, und zwar nicht allein die gemeine bürgerliche Ehre, sondern ob auch die vor⸗ züglichen Ehrenrechte, welche dem Verbrecher in früheren Verhältnissen aus irgend einer Ursache ausnahmsweise beigelegt waren, revivisciren oder ob letztere auf Lebenszeit verloren sein sollen, wenn nicht die Begnadigung Sr. Majestät des Königs eintritt. Dies ist die einzige Frage, und, ich wiederhole es, Alles, was wir außerdem von dem Redner gehört haben, berührt die vorliegende Debatte nicht wesentlich.

Abgeordn. Camphausen: Ich möchte doch mit einigen Worten dem Vorwurfe begegnen, daß ich mich von dem Gegenstand der De⸗ batte entfernt habe. Wir stehen am Eingang derselben; wir sind im Begriff, ein bedeutendes, wesentliches Prinzip zur Anwendung zu bringen, welches den ganzen Entwurf durchweht. Wenn jemals ein Augenblick dazu geeignet war, so war es der gegenwärtige, über den Grundsatz selbst zu sprechen. Wenn der Herr Landtags-Kommissar bemerkt, daß es sich nur von gewissen ausnahmsweisen Ehrenrechten handele, so muß ich widersprechen. Die anderen Dinge, von denen es sich handelt, möge man meinetwegen als Ausnahmen betrachten, aber das Recht, Burger der Gemeinde, Bürger des Staats zu sein, ist nicht ein Ausnahmerecht, sondern ein Fundamentalrecht, und ob dieses Recht auch auf Zeit oder nur auf lebenslang aberkannt wer— den könne, das ist die Frage, die heute vorliegt.

Landtags-Kkommissar: Nur auf das letzte Wort des geehrten Redners erlaube ich mir ganz kurz dahin zu antworten, wie ich voll— kommen anerkenne, daß die Ausübung des Bürgerrechts auf der Gränze stehe zwischen den gemeinen und besonderen Ehrenrechten, und daher sehr wohl darüber gestritten werden kann, ob es zu der Kategorie der von selbst reviviscirenden Rechte zu begreifen sei oder nicht.

Justiz-Minister von Savigny: Durch die gehaltenen Vor— träge entsteht eine Verlegenheit darüber, auf welche Behauptungen es Zeit sein möchte, zu antworten, da so viele Punkte berührt wor— den sind, daß sie weit hinausgehen über das, was, wie ich verstan— den habe, die Meinung des Herrn Marschalls war. Ich habe diese so verstanden, daß zunächst die Diskussion sich beschränken sollte auf Nr. J. des vorliegenden Gutachtens, welches auf das allgemeine Prinzip der Dreitheilung sich bezieht, mit gelegentlicher Berührung einiger terminologischer Bestimmungen. In dieser Beziehung hätte ich nun meine gänzliche Zustimmung zu dem, was bei der neuesten Berathung der Abtheilung vorgeschlagen, auszusprechen.

Es sind aber schon von dem Korreferenten und von dem geehr— ten Deputirten aus der Rhein-Provinz viele andere Punkte erwähnt worden, vor Allem von dem Herrn Korreferenten der Punkt, den er, wenn ich recht verstanden habe, als von Seiten der Regierung bereits zugestanden bezeichnet hat, nämlich, daß man nicht mehr sprechen solle von Ehrenrechten, sondern von Staatsbürgerehre. Wie viel oder wie wenig Werth auf diese Differenz zu legen sei, lasse ich dahinge⸗ stellt, nur muß ich bestreiten, daß hier etwas zugegeben sei. Ich be⸗ halte mir vor, mich ausführlicher darüber zu äußern bei Gelegenheit von §. 20 des Entwurfs, da dieser Paragraph jedenfalls, wenn die gegenwärtige Zwischen-Diskussion beendigt ist, im Einzelnen noch ge⸗ prüft werden muß.

Wenn wir dahin kommen, werde ich mich darüber erklären und meine Meinung dahin aussprechen, daß zwischen der Bezeichnung, welche die Abtheilung wählt, und der, die im Entwurfe zum Grunde liegt, kein wesentlicher Unterschied ist, daß auch der Grundbegriff der Ehre, wie ihn die Abtheilung aufgestellt hat, im Wesentlichen ganz derselbe ist, der dem Entwurfe zum Grunde liegt. Ich habe dieses jetzt schon beiläufig erwähnt, damit nicht stillschweigend ein Zugeständniß voraus— gesetzt werden möge. Sodann ist man auf die Hauptsache eingegan— gen, die auch nicht in Nr. 1, sondern in Nr. 2 enthalten ist, näm— lich auf den praktisch bei weitem wichtigeren Unterschied zwischen zeit- licher und immerwährender Aberkennung der Ehrenrechte. Auch dar über hätte ich mich nur vorläufig dahin auszusprechen gehabt, daß ich im Allgemeinen dieser Unterscheidung beitrete. Es ist dabei besonders erhoben worden, und darauf allein geht die fortwährende Verschieden⸗ heit in den Ansichten der Abtheilung und den von dem Herrn Regierungs—⸗ Kommissar der Abtheilung gemachten Mittheilungen, daß in Ansehung der allgemeinen bürgerlichen Ehre, repräsentirt durch die Nationalkokarde, soll eingeführt werden ein Unterschied zwischen zeitiger und immer— währender Aberkennung. Der Zweifel aber und die fortwährende Meinungsverschiedenhest geht dahin, wie es gehalten werden soll mit den daneben stehenden besonderen Ehrenrechten. Was diesen Punkt betrifft, so hat man verschiedene Bezeichnungen gewählt, um diesen Gegenfatz auszudrücken. Ich glaube, die einfachste Bezeichnung ist, daß man spricht von gemeiner und besonderer Ehre „gemein“ nicht in dem Sinne von gering, sondern in dem Sinne von allge— mein, im Gegensatz der besonderen Ehre, die sich auf einzelne Stände, Berufgarten u. s. w. bezieht.

Ich halte diese Ausdrucksweise für an sich passend, sie hat auch

eine große Autorität, nämlich die von Justus Möser, für sich, und ich glaube, wir werden uns leichter verständigen können, wenn wir bei diesem Ausdruck bleiben; denn der Ausdruck „Ehrenvorzüge“, „höhere Ehre“ führt auf Nebenbegriffe und unrichtige Auffassung. Aiso werde ich mich, um mich deutlich zu machen, dieses Ausdrucks „besondere und allgemeine Ehre“ bedienen. Die noch übrig bleibende Differenz ist, ob die zeitige Aberkennung der gemeinen Ehre, reprä- sentirt durch die National- Kokarde, mik sich führen solle einen zeiti⸗ gen Verlust der besonderen Ehre oder vielmehr den immerwährenden Verlust derselben. Auch hier ist die Differenz der Ansichten nicht so groß, als auf den ersten Blick scheinen möchte, denn über die meisten einzelnen Bestandtheile dieser besonderen Ehre ist man auch schon ein= verstanden, darüber hat die Abtheilung, wenigstens in großer Majori= tät und in einzelnen Punkten, einstimmig sich mit den Ansichten über⸗ einstimmend erklärt, die seitens des Regierungs⸗-Kommissars dort ge⸗ äußert worden sind. In Ansehung der Aemter, Würden, Titel, Or⸗ den und Ehrenzeichen, so wie des Adels, hat die Abtheilung theils einstimmig, theils mit großer Majorität sich damit übereinstimmend erklärt. Die übrig bleibende Differenz bezieht sich auf einen sehr wich⸗ tigen Punkt, nämlich auf die Standschaft und die mit ihr mehr oder weniger zusammenhängenden Rechte; ich enthalte mich aber jeder Aeußerung hierüber, weil ich glaube, daß dies erst im ferneren Laufe der Diskussion zur Sprache kommen kann, und daß die Berathung an Gründlichkeit und Kürze gewinnen wird, wenn wir sie von jetzt an in einem etwas strengeren Gange halten.

Marschall: Ich würde es für außerordentlich überflüssig hal— ten, die Versammlung darauf aufmerksam zu machen, welcher große Unterschied in dem anfänglichen Stande der Sache und in ihrem ge⸗— genwärtigen Stande liegt, nachdem die Vorschläge, welche uns vor— liegen, in Uebereinstimmung zwischen der Regierung und der Abthei— lung vereinbart worden sind. Ich komme also nicht auf diesen auf der Hand liegenden Unterschied zurück. Ich habe es nicht nehmen wollen, da beansprucht worden ist, sich über die Sache im Allgemei— nen zu äußern, daß diese Aeußerung in solcher Allgemeinheit erfolge; sie ist erfolgt, aber nun scheint mir auch, daß es die Berathung för— dern wird, wenn jetzt erst die Bemerkungen vorgebracht werden, welche allenfalls noch gegen den Vorschlag der Abtheilung, der in Nr. 1 enthalten ist, gemacht werden könnten. Es käme darauf an, sich in dieser Beziehung jetzt zu äußern. J

Vice⸗Marschall von Rochow: Die geehrten Redner, welche bis jetzt gesprochen haben, sind in ihren interessanten Vorträgen bereits sehr tief auf die Begriffe von bürgerlicher Ehre und Ehrenrechten eingegangen. Die Abtheilung hat in ihrer Begutachtung des §. 20 einen bestimmten Vorschlag in Beziehung der Feststellung dieser Be— griffe gemacht. Diese Begriffe bilden nun ein sehr wichtiges Mo— ment in der Berathung, die uns jetzt vorliegt, und ich glaube nicht, daß, wir mit Klarheit derselben folgen können, ehe eine Einigung hierüber stattgefunden hat. Das Gutachten über die Dreitheilung geht von der Voraussetzung aus, daß die Vorschläge zu §. 20 ange— nommen werden seien; wenn das der Fall wäre und die hohe Ver— sammlung sich damit übereinstimmend erklärt, so wäre das ein gro⸗ ßer Fortschritt für die Berathung, da dies aber nicht der Fall ist, so werden wir im Unsicheren herumtappen darüber, ob wir sprechen sol— len von Entziehung der bürgerlichen Ehre oder nur von der Entzie— hung einzelner Ehrenvorzüge. Ich finde darin einen sehr großen Unterschied und stimme vollkommen mit dem überein, was ein ver— ehrtes Mitglied aus der Rhein- Provinz gesagt hat, daß kein Ge— richts hof in Stande ist, die eigentliche Ehre zu entziehen. Die Ehre ist zweierlei Art: einmal die Ehre, die im Busen des Menschen wohnt, das Bewußtsein eines gewissen inneren Werths, die eigent⸗ liche wahre Ehre, von der hier die Rede nicht ist; die zweite ist die Anerkennung dieses Werths im Aeußeren. Solche Anerkennung kann sehr unabhängig sein von dem Ausspruche eines Gerichtshofes, und das ist das, was ich vollkommen anerkenne. Wenn aber nun hier gesagt ist, die bürgerliche Ehre soll aberkannt werden, so ist das eben die Aberkennung der öffentlichen Meinung, die unmöglich ist; werden dagegen nur einzelne Ehrenvorzüge genommen, so ist dem Publikum überlassen, davon zu denken, was es will. Hier ist also eine große Verschiedenheit vorhanden, und um über dieselbe klar zu werden, würde ich mir den gehorsamsten Antrag erlauben, daß der Vortrag über §. 20 jetzt gehalten würde, bevor wir weiter gingen.

Referent aumann: Es scheint mir doch nicht eine Nothwen— digkeit vorzuliegen, in diesem Augenblick den §. 20 zunächst in Be⸗ rathung zu ziehen. Zweierlei ist es, was von der Abtheilung ge⸗ wünscht worden ist, zunächst und nach dem ursprünglichen Gutachten, die Einführung der Dreitheilung von strafbaren Handlungen, das zweite, die Begriffsbestimmung der bürgerlichen Ehre oder, wie der Entwurf sagt, der Ehrenrechte. Ich verkenne nicht, daß das Eine mit dem Anderen in vielen Beziehungen im Zusammenhange steht, aber nothwendig ist es nicht, schon den Begriff der bürgerlichen Ehre und der allgemeinen und besonderen Ehre hier festzustellen, bevor wir auf die Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit eingehen über die Frage, ob die Dreitheilung eingeführt werden soll. Führen wir die Dreithei— lung ein, so wird es sich nachher leichter machen, die bürgerliche Ehre in ihren einzelnen Prärogativen zu gleicher Zeit an diese Dreithei— lung anzuschließen, während, wenn wir zuerst mit der Begriffs-Be— stimmung der bürgerlichen Ehre anfangen, wir zwar vielleicht auch nicht dieser Dreitheilung vorgreifen, aber doch ein besonderer Vor— theil davon nicht abzusehen ist. Ich bin der Meinung, wie auch der Herr Marschall bereits gewünscht hat, daß zunächst über den Vor schlag der Abtheilung zuh 1 berathen und entschieden werde.

Abgeordn. von Auerswald: Ich muß den geehrten Redner zu meiner Rechten darauf aufmerksam machen, wie der einzige Grund, warum der 5. 20 nicht berathen worden ist, der war, daß die hohe Versammlung erst versuchen wollte, sich über den Begriff der Drei theilung zu einigen. Wenn das nun der Zweck des Zurücklegens ge⸗ wesen ist, so glaube ich, würden wir nicht eher auf diesen Paragraphen eingehen können, als bis wir diesen Zweck erreicht haben. Ich glaube aber außerdem, daß auch spezielle andere Gründe noch vorliegen, die nicht gestatten, auf die einzelnen Punkte einzugehen, bevor wir uns über die allgemeinen Begriffe vereinigt haben.

Marschall: Dem, was von dem Abgeordneten von Rochow gesagt worden ist, bin ich nicht entgegengetreten. Es würde der Vorschlag des Abgeordneten von Rochow dann zur Erwägung kom— men, wenn über Nr. J. entschieden worden ist. Ob es zweckmäßiger sei, das Gutachten über Nr. II. zuerst zu berathen oder vorher über F. 20, das wäre eine Erwägung, die noch der Versammlung vorbe⸗ halten bleibt, wenn sie sich erst über Nr. J. des Gutachtens entschie⸗ den haben wird.

Vice⸗Marschall von Rochow: genzusetzen.

Abgeordn. von Byla: Ich bin der Meinung, daß wir das Verfahren, welches die Abtheilung bei Berathung des vorliegenden Gegenstandes beobachtet, hier ebenfalls befolgen und danach, wie auch seitens Sr. Durchlaucht bereits gesagt ist, zuerst Nr. J berathen müs⸗ sen. Dem tritt auch nicht das Bedenken entgegen, welches der Ab⸗ geordnete aus der Provinz Brandenburg so eben zur Sprache gebracht; denn dieses Bedenken dürfte vielleicht dadurch gehoben werden, daß sub 1 gesagt ist: .

Dem habe ich nichts entge⸗

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„die nähere Bestimmung, so wie die Abgränzung bieser brei ate= gorieen, muß bis zum Schlusse der Berathung auegesetzt werken.“ Was nun Nr. J des Vorschlags des Gouvernement betrifft, se stimme ich dem hierüber abgegebenen Gutachten der Abtheilung im Allgemeinen bei; nur bei einem einzigen Punkte habe ich eine Be— merkung zu machen: Es ist nämlich gesagt in dem Vorschlage bee Gouvernements: I :

„Es ist jedoch festzuhalten, daß alle strafbaren Handlungen, welche

mit der Todesstrafe, der Zuchthausstrafe oder einer Freiheitsstrafe

von mehr als fünfjähriger Dauer bedroht sind, zu den schweren

Verbrechen gehören.“

Die beiden ersten Arten von strafbaren Handlungen will ich von vorn herein als schwere Verbrechen anerkennen, dagegen aber kann ich dies bei der dritten Art, wo nur eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren angedroht ist, vorläufig noch nicht unbedingt thun, viel mehr muß ich meine Erklärung hierüber bis zum Schlusse der Bera— thung vorbehalten und insofern dem Gutachten der Abtheilung ent⸗ gegentreten. .

Referent Uaumann: Ich habe nur eine einzige Bemerkung dar— auf zu machen. Und das ist die, daß man unmöglich sagen kann, eine strafbare Handlung, die mit fünfjähriger Freiheitestrafe bedroht ist, gehöre nicht zu den schweren Verbrechen. Die Schwere liegt einerseits in der Rechts-Verletzung und dann auch im Motiv zur That. Nach dem Motive kann eine Handlung, die mit fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, als eine nicht sehr gravirende erscheinen, aber in der äußeren Rechts⸗Verletzung wird eine Handlung, die mit so langer Strafe bedroht ist, immer für eine schwere Rechts⸗Ver⸗ letzung und für ein schweres Verbrechen zu halten sein. Das ist der Gesichtspunkt, den man festhalten muß: nicht nach dem Motive zur That wird die That allein beurtheilt, sondern auch nach der Schwere der äußeren Rechts⸗-Verletzung.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich habe für den Augenblick nur den dringenden Wunsch, daß Nr. 1 angenommen wird, weil meine zu machenden Bemerkungen sich auf Nr. 2 beziehen.

Abgeordn. Frhr. von Patow: Ich glaube, daß die Bedenken gegen die Bestimmung ad J. theilweise durch eine irrige Ansicht her⸗ vorgerufen worden, die zu berichtigen sein möchte. Man scheint zu glauben, daß aus der Bestimmung ad II. 2 zu folgen sei, daß mit den schweren Verbrechen der Verlust der bürgerlichen Ehre immer verbunden sein und insonderheit stets bei einer Fjährigen Freiheits⸗ strafe eintreten soll. Dies ist, nach meiner Ansicht, aber nicht die Bedeutung der fraglichen Bestimmungen, vielmehr soll der Verlust der Ehrenrechte unbedingt nur mit der Zuchthausstrafe verbunden sein.

Justiz-Minister Uhden: Das läßt sich auch mit dem Gerichts⸗ verfahren vereinigen. In den Rheinlanden tritt die Kompetenz der Assisen jedesmal ein, wenn eine Kriminalstrafe, in den meisten Fällen eine Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren, zu erkennen ist. In dem Gesetz vom 17. Juli 1846 findet sich eine ähnliche Bestim⸗ mung, nämlich, daß, wenn eine Zjährige Freiheitsstrafe zu erkennen ist, schon die Kompetenz der Gerichte eintritt, die mit der größten Zahl der Richter besetzt ist. Hieran reihen sich die minder schweren Verbrechen und dann die leichten. Dabei möchte ich mir noch eine Berichtigung erlauben, nämlich, daß es unrichtig ist, daß fortan, wenn der vorliegende Gesetz-Entwurf angenommen wird, noch ein Einzeln⸗ richter über Verbrechen nach der Verordnung vom 17 Juli 1846 erkennen könne, da das mindeste Strafmaß auf ein entehrendes Ver⸗ brechen stets sechs Wochen Strafarbeit ist. Der Einzeln⸗Richter wird deshalb nur auf die Polizei⸗Vergehen beschränkt werden.

Marschall: Wenn keine weitere Bemerkung erfolgt, so kommen wir zur Abstimmung über die Frage:

Tritt die Versammlung dem Vorschlage der Abtheilung unter J. bei? und diejenigen, die diesem Vorschlage beitreten, werden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erhebt sich fast die ganze Versammlung.)

Der Vorschlag ist beinahe einstimmig angenommen worden. Wir werden also zur weiteren Berathung über Nr. II. kommen, und hier wäre es mir erwünscht, die Ansicht der Abtheilung darüber zu vernehmen, ob mit Berathung dieses zweiten Vorschlages jetzt fortzufahren, oder ob zuerst §. 20 vorzunehmen sei?

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich würde allerdings meine Ansicht dahin aussprechen, daß es zweckmäßiger wäre, zunächst die Vorschläge über die Dreitheilung zu diskutiren und dann auf §. 20 zurückzugehen, denn §. 20 wird sich von selbst erledigen, wenn wir diese Vorschläge angenommen haben. Dann muß ich hier an das anknüpfen, was der Herr Minister der Gesetzgebung bereits hervor gehoben hat, daß es sich nur um einen einzigen Differenzpunkt zwi— schen Negierung und Abtheilung handelt. Dieser Differenzpunkt ist allerdings ziemlich tief eingreifend, und es wird nothwendig sein, um die ins Klare zu bringen, daß etwas weiter ausgeholt wird. Ich setze voraus, daß die hohe Versammlung, wie die Abtheilung mit der Regierung einverstanden ist, daß auf zeitweise Untersagung der bürgerlichen Ehre erkannt werden kann. Nur unter dieser Voraus— setzung würden wir weiter gehen können. Das ist der Punkt, auf den es ankommt, die Abtheilung hat sich den Regierungs- Vorschlägen angeschlossen und nur Modisicationen eintreten lassen; zunächst wird es sich also fragen, ob die hohe Versammlung sich auch damit ein— verstehen wird, daß auf zeitweise Aberkennung der bürgerlichen Ehre eingegangen werden soll.

Marschall: Es wird also erst die Frage sein, ob sich weiter kein Bedenken darüber erhebt, jetzt diesen Gegenstand zur Berathung zu bringen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich würde in dieser Be— ziehung nichts hinzuzufügen haben, weil vollständiges Einver— ständniß zwischen Regierung und Abtheilung stattgefunden und die Regierung ihre Vorschläge vollständig motivirt hat. Die Abtheilung weicht von der Regierung nur in Bezug auf die Dauer der Zeit ab und dann hauptsächlich auf die Folgen und die Aus⸗ dehnung.

Candtags-Kommissar: Zur Erläuterung des Vorschlages der Regierung erlaube ich mir nur Folgendes zu bemerken. Unsere Ge⸗ setzgebung kannte allerdings bisher die zeitweise Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte nicht, sondern nur eine immerwährende. So war das Recht, faktisch aber gestaltete sich die Sache allerdings so, wie dies von einem geehrten Deputirten aus der Rhein-Provinz be— zeichnet ist, nämlich dahin, daß in sehr vielen Fällen durch Begnadi— gung Sr. Majestät des Königs die Rehabilitirung nach Ablauf einer sehr mäßigen Zeit erfolgte. Diese Rehabilitirungs-Anträge, d. h. die Anträge auf Wiederverleihung der Nationalkokarde und der da— mit verbundenen Ehrenrechte, erfolgte bisher in so großer Zahl, daß von einer eigentlichen Cognition darüber in den Allerhöchsten und selbst in den höheren Instanzen kaum die Rede sein konnte, sondern daß die Beurtheilung über die Zulässigkeit der Rehabilitirung ledig— lich in die niederen Sphären der Verwaltung fiel. Es erfolgt diefe Rehabilitirung seitens Sr. Majestät des Königs massenweise auf Anträge der Behörden, und es ist dem Gouvernement als kein Nach— theil erschienen, die Allerhöchste Person des Königs von dieser Pflicht zu entbinden; ja ich muß es einräumen, daß es als ein Uebelstand betrachtet werden kann, wenn der höchsten Staats-AUutorität die Nothwendigkeit auferlegt wird, Gnade zu üben ohne genaue Kennt⸗ niß der einzelnen Fälle, und diese ist nach der jetzt 1 Ein⸗

richtung wegen der großen Zahl ber Zälle gerabezu unmöglich. . ut eine Annäherung an bas in ö hende Prinz der zeitweisen Entziehung allgemeinen Ehrenrechte für gewisse Falle um so unberent- licher zugestanten werben. ; Vice ⸗Marschall ven Roch Wenn zu fragen siebt, ob dir Gericht höfe auf Aberkennung on Ehren- st zer legenheit, nicht

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rechten sprechen sollen

wiss wie ich Begriffe von bürgerlicher halten si . kennen, daß ei ein ehrenwerther Fragt man daß er fünf Jahre gewi damit einverstanden, weil zu denken, was es will. ̃ Abgeordn. Graf von Schwerin: denheit der Auffassung des Begriffs im liegen, und glaube ich, daß dasjenige, der Stadt Köln hervorgehoben hat, hierbei nicht ist. Es werden hier zwei Begriffe mit einander zr Der eine ist der der staatsbürgerlichen Rechte und besonderen persönlichen Ehren⸗Vorzüge, die all erdings n staatebürgerlichen Rechten ruhen, aus ihnen hervorgehen Erwägt man dies, so scheint daraus zu folgen, was die Abtheilung vorgeschlagen hat. Einen Theil der Attributionen, die im §. 20 un⸗ ter den Ehrenrechten begriffen sind, subsummirt sie unter die allge⸗ meinen staatsbürgerlichen Rechte und trennt von diesen wieder das⸗ jenige als bestimmte Ehrenvorzüge, was einem bestimmten Individuum von der Krone als Ehrenvorzng ertheilt worden ist, also durch einen Gnaden-Akt nur wieder aufleben kann, wie es verliehen worden ist. Das ist der wesentliche Unterschied, um uns darüber aber einigen zu können, so muß es erst darüber geschehen, ob überhaupt zeitweise Untersagung der staatsbürgerlichen Ehrenrechte stattfinden soll.

Abgeordn. Graf von Galen: Ich werde mich dem vollkommen

anschließen, was der geehrte Abgeordnete der Ritterschaft aus der Mark Brandenburg gesagt hat, glaube aber nicht, daß ein Gericht zeitweise die Ehre aberkennen, sondern daß es nur sagen darf, die Ehrenrechte sind suspendirt. Ihre vollständige Aberkennung kann nicht stattfinden, denn was einmal aberkannt worden ist, ist verloren für immer, selbst eine neue Verleihung giebt das alte nicht wieder. Daher ist nur ein Ruhen der bürgerlichen Ehre, nur ein Erkennen auf Nichtbefugniß der Ausübung derselben, auf Suspension derselben zulässig, wenn von einer zeitweisen Entziehung derselben die Rede ein soll. : 3 Frhr. von Mylius: Es ist über die Sache schen frü⸗ her so viel gesprochen worden, es sind die Ansichten so entschieden kundgegeben worden, daß Einigung wohl zu erwarten ist. Unter dem Ausdruck „staatsbürgerliche Ehre“ hat die Abtheilung, wie ich in Beziehung auf den Herrn Gesetzgebungs⸗ Minister hinzufügen muß, weiter nichts verstanden, als die gemeine Ehre im Gegensatz zu der besonderen Ehre. Die gemeine Ehre ist der Boden, auf dem die einzelnen Ehrenvorzüge nach Analogie besonderer Privatrechte erwachsen sind.

Von dieser besonderen Ehre ist nun gesagt, daß sie bei der Ehrenstrafe, um welche es sich hier handelt, in einer vom Richter bestimmten Frist nicht zur Ausübung gebracht werden solle.

Marschall: Ich glaube auch, daß ein Zweifel darüber eigentlich nicht besteht, und sollte versucht werden, was ich geradezu nicht für unmöglich halte, anstatt des Wortes bürgerliche Ehre einen anderen Ausdruck zu wählen, so würde zu befürchten sein, daß von anderer Seite wieder ein Protest dagegen erhoben würde. Wenn also anzu⸗ nehmen ist, daß eine Meinungsverschiedenheit über den Begriff, von welchem die Rede ist, nicht besteht, so könnten wir zur Abstimmung über die Frage kommen: Stimmt die Versammlung dem Antrage der Abtheilung bei, daß die Dauer von fünf Jahren nach Beendigung der Freiheitsstrafe nicht zu überschreiten sein würde, und daß anderer⸗ seits auch auf die Dauer von einem Jahre die Entziehung ausge⸗ sprochen werden könne? In Beziehung auf die Dauer sehe ich, daß eine Verschiedenheit zwischen der Regierung und der Abtheilung be⸗ steht, über welche noch diskutirt werden könnte; es wird also die erste Frage von der Bestimmung über die Dauer Abstand zu nehmen ha⸗ ben und sich blos darauf beschränken, ob überhaupt die zeitweise Ab— erkennung der bürgerlichen Ehre beantragt werden soll.

Abgeordn. Graf von Galen: Es kann doch blos von einer Suspension die Rede sein.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Das ist auch nur die Absicht gewesen; es ist eine Suspension. Wenn nur auf Zeit die Aus⸗ übung eines Rechts untersagt wird, so ist das allerdings keine eigent⸗ liche Entziehung desselben.

Candtags⸗Kommissar: Es wird vielleicht die Frage richtig so zu stellen sein: Erkennt die hohe Versammlung an, daß die Ge⸗ richte ermächtigt sein sollen, die Ausübung der bürgerlichen Ehren— rechte auf Zeit zu untersagen.?

(Viele Stimmen: Ja wohl.)

Abgeordn. von Auerswald: Ich glaube darauf aufmerksam machen zu dürfen, daß in der Abtheilung zwar in Betreff der Zeit eine Verschiedenheit von dem ersten Vorschlage, welcher von dem Herrn Kommissar gemacht worden ist, stattfand, ich glaube mich aber nicht zu täuschen, wenn ich behaupte, daß der Herr Kommissar der Ansicht der Abtheilung beigetreten ist.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Der Vorschlag der Regie⸗ rung mußte sich durch den Beschluß der Abtheilung wesentlich modi⸗ fiziren, welcher dahin geht, daß die Suspension erst nach verbüßter Freiheitsstrafe beginnt. Hiernach würde der Annahme des Vorschlags in Ansehung der Zeitdauer, welche von der Abtheilung auf 1—5 Jahre bestimmt worden ist, wohl nichts entgegenstehen.

Marschall: Wird aber kein Gewicht gelegt auf die Trennung der Fragen? .

Abgeordn. Graf von Schwerin: Meinerseits wird kein Gewicht darauf gelegt, aber ich glaube, daß erst darüber diskutirt werden muß, denn daraus, daß die Abtheilung und das Gouvernement einverstan⸗ den sind, folgt noch nicht, daß die Versammlung damit einverstanden ist, sie würde sonst präjudizirt werden. Es wird daher, um in der Ordnung zu verfahren und um Niemanden zu kaptiviren, zuerst zu fragen sein; Ob die Versammlung der n, . darin beistimmt, daß eine zeitweise Entziehung der bürgerlichen Ehre zulässig sein soll, dann wird zu fragen sein, in welcher Dauer und endlich, in welchem Umfange diese zeitweise Entziehung zulässig sein soll. .

Abgeordn. Graf Zech⸗ Burckerstode; Ich würde bitten, die Frage so zu stellen, wie sie der Herr Landtags -Kommissar vorhin for⸗ mulirt hat, ich würde bitten, beide Begriffe streng zu sondern, die Entziehung der bürgerlichen Ehrenrechte und das dem Richter zuer⸗ kannte Recht, deren Ausübung, auf, Zeit zu untersagen. Für eine zeitweise Entziehung würde ich in keinem Falle stimmen können, aber für die Frage, wie sie der Herr Landtags⸗-Kommissar formulirt hat, würde ich stimmen. l

Marschall:; Es wird die Frage also heißen; Stimmt die Ver⸗ sammlung dem Antrage bei, daß die Gerichte befugt sein sollen, die

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