1848 / 38 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Fälle der Ausspruch der Ehrlosigkeit hineingelegt werden kann. Wenn daher in solchen Fällen der Landesherr bestimmt, es solle statt der Todes- strafe Freiheitestrafe eintreten, und zwar mit dem schon im Urtheil ausge sprochenen Zusatz der Ehrlosigkeit, also Zuchthausstrafe, so ist auch nicht der Schein einer hinzugefügten Schärfung vorhanden. Ich gebe zu, was der Referent ausgeführt hat, wenn man annimmt, daß die Todesstrafe stets Ehrlosigkeit involvire, so hätte es kein Bedenken, die Zuchthausstrafe statt der Todesstrafe eintreten zu lassen. dieses System aber habe ich mich schon ausgesprochen, da es nicht wegen eines politischen Zweckes, scheidung der Strafen in infamirende und nicht infamirende die Ehr⸗ losigkeit eintreten läßt.

eine Schärfung der Todesstrafe nennen soll oder nicht, das scheint ganz gleichgültig und ist eine reine Fassungsfrage. eine Schärfung, ob es aber im Gesetzbuch' als Schärfung bezeichnet werden soll, das ist eine reine Fassungsfrage. Wenn die hohe Ver⸗ sammlung sich dafür ausspräche, baß überhaupt nach dem Systeme, welches dem Entwurfe zum Grunde liegt, ein solcher Unterschied bei Todes⸗Urtheilen gemacht winde, im Verhältniß zu vorbehaltener oder abgesprochener g

über sich auszusprechen, in welchen Fällen das Eine oder das Andere eintreten solle, worüber wir uns nachher besonders verständigen kön nen. Ich muß aber an das erinnern, was bei der ersten Diskusston über diesen Gegenstand zur Unterstützung des Systems der Regierung, namentlich von dem Herrn Landtags ⸗Kommissar, ausführlich vorge⸗ tragen worden ist und auch bei einem großen Theile der Versamm⸗ lung Zustimmung zu finden schien, nämlich, daß es außerordentlich wichtig ist, viele Fälle, die wegen ihrer objektiven Schwere unmöglich anders als mit der Todesstrafe belegt werden können, aber nach der richterlichen lleberzeugung doch nicht eine ehrlose Gesinnung mit sich führen, diese auf , ü. Weise von anderen Fällen zu unterschei⸗ den, bei denen kein

Grad, verächtlicher und ehrloser Gesinnung einer solchen That zuzu⸗ schreiben ist.

der Ausführung, die wir von dem Herrn Minsster der Gesetzgebung so eben gehört haben; ich erkenne ebenfalls an, daß mit der Todes⸗ strafe der Verlust der Ehrenrechte nach drei verschiedenen Beziehun⸗

ist die Todesstrafe immer mit dem stillschweigenden Vorbehalt der Ehre zuerkannt. Wenn nun der Landesherr fer. ich will statt der Todes strafe lebenslangliche Freiheitsstrafe eintreten lassen und die Ebrlosigkeit hinzufügen, so kann man es so ansehen, als ob der Lan= desherr ein Stück BVerscharfung hineingelegt hätte; dieses verschwin⸗ det aber, wenn man annimmt, daß in das Todes- Urtheil für manche

Gegen

sondern nur in Folge der Unter⸗

Man kann endlich fragen, ob man das vorgeschlagene Verfahren

Es ist an sich

re, dann würde es darauf ankommen, zugleich dar—

ensch zweifelhaft sein wird, daß der höchste

Abgeordn. Neumann: Ich bin im Ganzen einverstanden mit

gen verbunden werden kann, ich gebe auch zu, daß die erste und dritte Beziehung wesentlich mit einander übereinstimmen können und es nach, dieser Ansicht vorzugsweise auf die mittlere Klasse oder Kategorie ankommen würde Ich stimme aber zunächst mit dem Herrn Korreferenten dahin überein, daß in der Todesstrafe auch zu⸗ gleich der Verlust aller bürgerlichen Rechte enthalten ist. Ich glaube daß der Verbrecher zuerst als Bürger seiner bürgerlichen Rechte und

nachher erst als Mensch seiner Menschenrechte derlusti wird, u nehme deshalb an, daß, wenn Einer j n, ph . . desß n wird, auch der bürgerliche Tod darunter begriffen ist. Wenn nun aber, wie der Herr Gesetzgebungs⸗Minister erklärte, es als ein letz⸗ tes Mittel für den Staat in Anwendung gebracht werden soll, eine solche Verschiedenheit der todeswürdigen Ce en heraus zustellen, daß damit zum Theil zugleich der Verlust der Ehre verknüpft und dies ausgesprochen wird, so entsteht doch immer bie große Bedenk⸗ lichkeit, ob von denen, welche als Publikum darüber urtheilen, es auch immer so aufgegriffen wird, als in der gegenüberstehenden rich⸗ terlichen Ansicht. Es ist daher die Frage, ob es nicht sicherer wäre, den bürgerlichen Tod sich mit als in deni phystschen Tode enthalten zu denken. Die mittlere Klasse ober Kategorie in der Verbindung des Verlustes der Ehrenrechte mit der Todesstrafe, welche der Her Minister der Gesetzgebung bezeichnet hat, anlangend, fo begründet sie keinen wirklichen Unterschied, sie trifft auch nicht den Verbrecher, der aus dem Leben scheidet, sondern bezieht sich auf die Vergangenheit und verletzt, wie bereits der Herr Korreferent bemerkt hat, seine Fa⸗ milie. Ich kann mich also nur dafür erklären, daß mit der Todes—⸗ . der Verlust der bürgerlichen Ehre von selbst verbunden sein müsse.

Abgeordn. Camphausen: Es ist dem Herrn Minister der Ge⸗ setzgebung schon bei sriherer Gelegenheit auf einen Theil der Aus- führung, die er auch heute gegeben hat, erwiedert worden, daß er das System des rheinischen Rechts unrichtig aufgreife, wenn er die an die Spitze gestellte Benennung der Strafen als durchgehendes Kriterium der Verbrechen, die damit belegt sind, ansehe, daß viel⸗ mehr unter den Verbrechen selbst zu suchen sei, ob die Strafe, die sie trifft, die richtige sei oder nicht. Daß eine, wie ich glaube, nicht richtige Auffassung durch den Ausdruck? des rheinischen Strafrechts befördert sei, daß ein anderes Wort, als das Wort peine infamante, hätte gebraucht werden sollen, will ich nicht bestreiten; denn es ist nicht in dem Umfange, wie der Herr Geseßzgebungs-Minister vor ausstellhe, die Ehrlöstgkeit in dem rheinischen? Rechte als nothwendi ges Kriterium der hemnes insamantes festgehalten. Ich würde na⸗ mentlich aus der neueren Zeit Fälle anführen können und werde sie anführen, wo die Strafe mit dem Verluste der Rechte, die das Strafgesetzbuch aufzählt, verbunden wird, ohne daß weder in der Meinung des Gesetßes, nsch des Richters, noch in den Meinung der Welt daran eine , . ich knüpft. Der Unterschied liegt nur darin, daß man untet Ehrlosigkeit her etwas Andere versteht, we⸗ nigstens nach dem System des rheinischen Rechts darunter berstanden 1 di 6 nich e n Shärßchg d

uch ich muß mich gegen die Schärfung der Tode den Verlust der Ehrenrechte erklären, weil 3 e , dieser Verlust bei der Todesstrafe überhaupt und bei derjenigen we? gen Hochverraths insbesondere immer eintreten müsse. J stůtze mich babei auf dieselbe Grundlage, von welcher aug ich die über⸗= sroße Anhäufung des lebenslänglichen Verlustes der Ehrenrechte im

ehrlosen Hingerichteten in der Familie zu haben.

niwurft bekämpft habe, indem ich wiederholt darauf hinwies, daß die Aufgabe, bei allen Verbrechen und Vergehen, die einen Mangei an Ehrsiebe bekunden, den immerwährenden Verlust der Ehrenrechte eintteten und ihn nur in diesem Falle eintreten zu lassen, nicht gelöst sei und nicht gelöst werben könne; daß insbesondere der Ent⸗ wurf die . der Ehrenrechte bei vielen Verbrechen mit Un⸗ recht verbiete. Dazu rechne ich alle Verbrechen, auf welche die Tobesstrafe gesetzt ist, und ich würde nicht dafür stimmen, daß bei Hochverrath und bei Aelternmorb der Verlust der Ehrenrechte nur als eine Schärfung hinzutrete. Um das Bedenken dagegen flar zu machen, muß ich, wie von mehreren Rebnern schon geschehen ist, den

Fall der Begnabigun u vergegenwärtigen bitten; denn nur bei ö , 3. . e Wichtigkeit wohl für den theilten selbst, als auch flir bie bürgerliche Gesellschaft.

Wäre ein zum Tode ober zum Verluste ber Ehrenrechte Verurtheilter

vom Tode zur . eit begnabigt worden, so würde er auch fofort in alle seine gem . erlichen und e , Rechte keln eintreten, denn eine

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verloren gehen können auf Grund eins Urtheilz. Der Knotenpunkt der Divergenz der Ansichten, die sich bei der Verhandlung über die Aberkennung der Ehrenrechte auf Zeit kundgegeben, liegt darin, daß diesseits das Gemeindebürger⸗ und Steatsbürgerrecht als der wesent⸗ lichste Inhalt der Rechte angesehen wrd, die §. 20 hahn, und daß die anderen Punkte als minder wesentliche Zugabe betrachtet werden, mit Ausnahme etwa des Veilustes des Adels, gegen welchen ich meine Gründe nicht mehr vorbringen darf, da ich selbst verschul⸗ det habe, bei der 3 nidt gegenwärtig , . zu sein. Ebendaselbst liegt der Knotenpunkt aich diesmal. Man kann bis zu einem gewissen Grade dem Umstandt bei Anwendung der Strafen Rechnung tragen, ob eine Handlung mit der Ehre vereinbar oder nicht vereinbar war; aber man gerith in unlösbare Widersprüche, wenn man immer, je nachdem dieses Merkmal vorhanden ist oder nicht, eine andere Strafart anwenden und sogar unendlich wichtigere Rücksichten diesem Umstande unterownen will. Daß es e n erachte ich für einen großen Fehler des Entwurfes, und dieser tritt im S. S0 sehr scharf hervor. Wer Handlungen begeht, die das Leben oder die Freiheit des Königs gefährden, die eine gewaltsame Umände—⸗ rung der Staatsverfassung bewirken oder das Staatsgebiet zerspalten sollen, der kann möglicherweise noch der Gnade würdig, der Ehre theilhaftig sein, aber keine Regierung darf in dem Gesetze aussprechen, daß ein solcher Mann, wird ihm Leben und Freiheit geschenkt, von Rechts wegen wieder in den Besitz aller bürgerlichen Rechte eintrete, von Rechtswegen zu ständischen Versammlungen wählen und ewählt werden, von Rechts wegen seinen Platz daselbst einnehmen kauf daß er von Rechts wegen sofort wieder an der Handhabung und Ausbildung derselben Verfassung mitarbeiten dürfe, die er eben erst gewaltsam umzustürzen feindlich versucht hat. Als im Jahre 1830 in Frank⸗ reich ein Dynastiewechsel eintrat und nicht 2 Jahre später die Straf— Gesetze wegen Hochverraths einer Revisson unterworfen wurden, da war die Anhänglichkeit an dem Regentenstamm und der Verfassung noch nicht durch der Zeiten Dauer gehoben und geheiligt; man führte eine mildere Strafart für gewisse Fälle ein, nämlich Festungshaft; aber dennoch hielt man so streng an dem oben aufgestellten Grund— satze fest, daß auch mit der Festungshaft der Verlust der staatsbür⸗ gerlichen Rechte auf immer verbunden bleibt. Der §. 80 beschränkt das schönste Recht der Könige, nämlich die Begnadigung; er kann den König in die Lage setzen, voll Theilnahme für den Charakter eines politischen Verbrechers verzeihen zu wollen, was er gegen Ihn, was er gegen den Staat verbrochen, und es dennoch aus Rüchsicht für den Skaat nicht thun zu dürfen, weil er ihm nicht Leben nud Freiheit schenken und zugleich die staatsbürgerlichen Rechte und das Necht der Standschaft vorenthalten kann; wenn hingegen mit dem Todesurtheile auch der Verlust dieser Rechte ausgesproͤchen wird, so hat die Gnade ihren freien Lauf, sie kann, wo kein Bedenken vor⸗ liegt, vollständig eintreten, das ist mit Wiederverleihung der bürger⸗ lichen Rechte; sie kann aber auch theilweise eintreten, ohne jene Wie⸗ derverleihung. Ich bin gegen die Schärfung der Todesstrafe.

Abgeordn. von Katte: Ich halte eine Unterscheidung der ehr—

losen und nicht ehrlosen Todesstrafe für dringend, für unerläßlich. Die Ehrlosigkeit, wenn sie erkannt wird, und hierin kann ich dem Herrn Minister der Geseßtzgebung nicht beistimmen trifft nicht allein den Verbrecher, sie trifft auch seine Verwandten. Meine Her⸗ len! Ich habe ein Recht, wie Keiner von Ihnen, ein Beispiel hinzu— stellen, Keinem von Ihnen ist die Jugend-⸗Geschichte Friedrich's des Großen unbekannt, und Jedermann weiß, daß ich Katte heiße. Wenn ich auch keinesweges jene Hinrichtung für ungerecht erkläre, so muß ich doch den Vorwurf der Ehrlosigkeit von mir zurückweisen, einen Ich erkenne es überhaupt für eine Unmöglichkeit, eine Gleichheit des Gesetzes her⸗ vorzurufen, weil die Wirkung der Strafe von em moralischen Stand⸗ punkte des Bestraften abhängt. Ich halte den Hochverrath für das verabscheuungswürdigste Verbrechen, und dennoch bitte ich die Ver— sammlung, daß sie einen Unterschied zwischen ehrlosen und nicht ehr— losen Hochverräthern mache. Abgeordn. Dittrich: Auch mir scheint der Unterschied dringend nothwendig, aber nicht in der Art, wie ihn der Herr Referent nach dem Gesetz⸗-Entwurfe hinstellt. Es ist, wenn man von dem Grund saze ausgeht, daß die Todesstrafe jedesmal entehrend sei, als eine Milderung anzusehen, wenn man die bürgerliche Ehre in gewissen Fällen vorbehält. Der Herr Minister der Gesetzgebung hat dieses zwar als eine bloße Fassungsfrage erachtet, ich halte sie aber nicht für eine solche, sondern für eine wesentliche, ob man annimmt, daß jedesmal mit der Todesstrafe der Verlust der Ehrenrechte eintrete. Ich glaube, daß dieses der Fall ist, wie von mehreren Seiten bereits ausgeführt worden, weil eine mildernde Bestimmung, wenn möglich, da— durch hereinzubringen, der Begnadigung die leichtere Möglichkeit zu af ist, und zu dem Zwecke stelle ich den Antrag, daß bei der Todes⸗ strafe der Vorbehalt der bürgerlichen Ehre in bestimmten Fällen im Erkenntnisse eintreten dürfe.

Regierungs⸗Kommissar Simons: Es ist mehrfach von der Auf⸗ fassung des französischen Rechts die Rede gewesen, in Bezug auf die Infamie, welche sich an eine Strafe anknüpft; ich erlaube mir des⸗ halb darauf aufmerksam zu machen, daß gerade diese Theorie in der neueren Zeit und in dem Lande, welchem sie ihren Ursprung verdankt, die gewichtigsten Stimmen gegen sich aufgeregt hat, indem man darauf zurückgekommen ist, wie das Prinzip des Entwurfes es an die Hand giebt, daß die entehrende Folge sich nicht sowohl an die Strafe an— knüpfe, sondern lediglich eine Folge der That sei. Daß aber die That der mannigfaltigsten Abstufung und einer sehr verschiedenarti= gen Beurtheilung fähig, daß es ein Fehler in dem Systeme der Ge— setzgebung sei, der aufgehoben zu werden verdiene, wenn sie die Na⸗ tur der . nicht vorzugsweise berücksichtige, diese Ansicht ist namentlich von dem Kominentator des Code pénal, Chauveau, aufge⸗ stellt worden; eben so hat Rossi die vorgetragenen Gründe geltend gemacht. Beide Schriftsteller bezeichnen es als einen Fortschritt, wenn man die bisherige Theorie aufgebe und für den Grundsatz sich entscheide, einen infamirenden Beisatz nicht sowohl an die Strafe zu knüpfen, sondern als eine Folge der That aufzufassen. Das führt also nach einer gewissen inneren Nothwendigkeit dahin, bei allen Arten der Strafe diesen Unterschied durchzuführen; dann ist auch kein Grund vorhanden, bei der Todesstrafe nicht darauf zurückzukommen und den Un⸗ terschied zwischen den verschiedenen Handlungen nicht durchzuführen, sei es, indem man die besonders verabscheuungswürdigen Verbrechen ins Auge faßt, sei es, indem man bei den Verbrechen, welche durch die Gesetzgebung nicht besonders ausgezeichnet sind, in jedem einzel⸗ nen Falle auf die Umstände Rücksicht nimmt, unter welchen die That ee en worden ist, und auf die Motive, welche sie herbeigeführt haben. Es scheint aher, j es nach diesen Gesichtspunkten als ein e i in aufgefaßt und beibehalten zu werden verdient, diese An— ; ; in ihrem ganzen Umfange sich anzueignen und in der vorge⸗ sch e i m r auch bei der Todesstrafe durchzuführen. Das Be⸗ fi igungärecht kann hierbei nicht die mindeste, Schwierigkest veran— assen, im Gegentheil scheint es auch hier wünschenswerth zu sein, daß die höchste Gewalt im Staate nicht genöthigt werde, wenn es sich von ihrem eedelsten Vorrechte handelt, der g dene der Strafe etwas i gien Was als Verschärfung angesehen werden könnte.

; enn eine Begnadigung vom Tode zur Freiheil mit Ver⸗ lust ber Ehrenrechte würde a gn sein, 3 . Ehrenrechte nut

Dieser Nöthigung wird sie ben oben, wenn eine an sich verab⸗ e nge le e then 1j schon . ber Auffassung des Richters als

nen Fällen no

solche bezeichnet wird, ohne daß dieser Ausspruch von der Strase abhängig gemacht werde, welche das Gesetz außerdem zu verhängen vorschreibt. .

Referent Naumann: Als ich das erstemal das Wort ergriff, habe ich nicht gemeint, auszusprechen, daß die Todesstrafe gescharft werden könne, im Gegentheil habe ich mich dawider verwahrt und bin der Ansicht, daß eine Verschärfung nicht eintreten könne? Wohl aber bin ich der Meinung, daß neben der Todesstrafe aus den gel⸗ tend gemachten Gründen noch der Verlust der bürgerlichen Ehre er— kannt werden könne, obgleich ich damit ganz einverstanden bin, daß es in den meisten Fällen etwas Ueberflüssiges sein würde. Der An? trag, den ich gestellt habe, ging dahin, es solle gesagt werden: Nur in den Fällen, welche das Gesetz bestimmt, ist neben der Todes strafe auf Verlust der Ehrenrechte zu erkennen. Und dieser Antrag ist nur eine Anwendung von 5. 21 im zweiten Alinea auf die Todes strafe, denn es heißt dort: „Neben allen anderen Strafen kann auf den Verlust der Ehrenrechte nur wegen solcher Verbrechen erkannt wer— den, bei welchen die Gesetze dieses besonders vorschreiben.“ Das ist der Sinn, den ich gehabt habe, und ich bin also nicht im Wider spruche mit dem geehrten Abgeordneten aus Schlesien, der mich miß⸗ verstanden haben muß.

Abgeordn. Dittrich: Im Sinne bin ich hiermit ganz einver— standen, nur glaube ich, daß die Fassung eine mildere sein könne, als diejenige, welche der Herr Regierungs- Kommissar ausgeführt hat, welcher die Ansicht vertheidigt, daß, wie bei allen anderen Strafen, so auch bei der Todesstrafe der Verlust der Ehrenrechte nebenbei ein— treten dürfe. Ich bin nicht der Ansicht, daß man diese Schärfung im Urtheile aussprechen solle, denn in Folge dessen würde die Ent⸗ ziehung der Ehrenrechte nur als Schärfung anzusehen sein; wenn man sie aber bei todeswürdigen Verbrechen allgemein feststellt und im Urtheil dann ausspricht, es sei unter Vorbehalt der bürgerlichen Ehre auf den Tod erkannt worden, dann würde auch die Begnadi⸗ gung erleichtert sein. Der Fassung des Entwurfs scheint dieser Vor⸗ schlag allerdings nicht angemessen, ich glaube aber, daß, weil S. 21 des Entwurfs sich nach der Fassung des §. 8 richtet, jetzt der Fall anders ist, nachdem die hohe Versammlung sich im Allgemeinen über den Verlust der bürgerlichen Ehre ausgesprochen hat, man auch hierin den Unterschied . kann, daß statt der Schärfung eine Milderung in das Gesetz komme, und daß Stufen gebildet werden, welche auch bei der Todesstrafe die größere Ehrlosigkeit des Verbrechens heraus—

ellen.

; Marschall: Der Vorschlag des Abgeordneten Dittrich geht da— hin, daß der Vorbehalt der Ehrenrechte nur in den vom Gesetz aus— drücklich bestimmten Fällen ausgesprochen werden möge. Es ist nun an der Zeit, zu ermitteln, ob dieser Vorschlag die erforderliche Unter⸗ stützung von acht Mitgliedern findet.

Er hat sie nicht gefunden. ,, .

Justiz-Minister von Savigny: In der Diskussion sind zwei Punkte vorgekommen, die mich deranlassen, zu dem, was ich vorhin vorzutragen die Ehre hatte, noch einige Worte hinzuzufügen. Der Erste betrifft einen Antrag eines geehrten Mitgliedes, der scheinbar nur äußerlich mit dem Juhalte des Entwurfes übereinstimmt, in der That aber sich davon unterscheidet, so daß ich ihm nicht beizutreten vermag. Er geht darauf, man solle als Regel in derselben Weise, wie im Code pénal, die Todesstrafe an sich für infamirend erklären, aber dem Richter zugleich vorbehalten, Ausnahmen davon zu machen, indem er in einzelnen Fällen die Ehrenrechte besonders vorbehalten dürfe.

. (Mehrere Stimmen: Er ist nicht unterstützt worden.)

Ist er nicht unterstützt worden, so enthalte ich mich des Wor— tes darüber. t .

Der andere Vorschlag ging dahin, daß unter den Fällen, die der §. 8 als Fälle der Ehrenentziehung neben der Todesstrafe ausspricht, nur der in Nr. 1 enthaltene beibehalten werden soll, mit Verwerfung der in Nr. 2 enthaltenen. So habe ich den Herrn Referenten ver— standen, und ich erlaube mir die Frage, ob dieser unterstützt wor⸗ den ist.

Ja, Jan)

Auch dagegen muß ich mich erklären, die Fälle in Nr. 1 werden auf allen Seiten wenig Bedenken erregen und sind auch zum Theil schon aner⸗ kannt worden; dagegen würde ich es bedenklich halten, die Sache auf diese Fälle, die glücklicherweise so selten vorkommen, zu beschränlen, da gerade die Fälle, die unter Nr. 2 enthalten sind, gewiß häufigere Anwendung finden werden. Ich bitte zu bedenken, ob nicht unter den entehrenden todeswürdigen Verbrechen solche vorkommen, wobei wir nach Inhalt von Nr. 2B ganz gewiß beistimmen würden, wenn der Richter die Ehrlosigkeit ausspräche? Ich bitte zu bedenken, wenn der Mord mit ausgesüchten Qualen, wie es oft ge— schieht, vollzogen wird, ob wir ihn dann nicht anders betrach— ten werden, als wenn diese höchst erschwexenden Unistände nicht stattgefunden . Wenn Jemand seinen Wohlthäter, seinen Erzieher aus den ehrlosesten Beweggründen mordet, aus Eigennutz und Habsucht, wird das nicht davon zu unterscheiden sein wenn der Mörder seine Handlung nur aus Rachsucht verübt hat? Wollen wir dem Richter die Möglichkeit entziehen, wenn wir überhaupt den Unter⸗— schied zwischen ehrlosen und nicht ehrlosen Todesstrafen anerkennen, in einem solchen konkreten Falle auf richtige Weise die Unterscheidung durchzuführen? Ich weiß, was man dagegen geltend gemacht hat, daß eine gefährliche Willkür in die Hand des Richters gelegt werde; ich aber kann bas im vorliegenden Falle am wenigsten zugeben. Welche Gründe soll der Richter haben, in solchen Fällen das Maß zu überschreiten und zur Willkür zu greifen? Es soll, eben das Mittel in seine Hand gelegt werden, einen schwereren sittlichen Tadel auszusprechen neben der Todesstrafe, die er ohnehin erkennen soll und muß. Aus welchen Gründen und in welcher Weise ollte er dieses sein Recht mißbrauchen? Wenn in manchen anderen Fällen vielleicht ein Mißtrauen gegen den Richter noch an seiner Stelle sein möchz, eine Befürchtung, eine Besorgniß, daß er sein Recht willkürlich mn brauchen werde, so kann ich in dem vorliegenden Falle dag, 1 allerwenigsten Veranlassung erblicken, sondern ich glaube, k ohne Gefahr in Nr. 2 dem Richter die Freiheit . faßte anderen Fällen außer den beiden speziell bezeichneten e ö. 6. mit dem Todesurtheile zu verbinden, wenn er , . les. ; 1 den das Verbrechen begleitenden besonderen Umstän J iese Hand=

; 6nli schtliche und unwürdige ist.

lung eine mehr als gewöhnlich verächtlich Au sun f sche Abgeordn. Frhr. von Gudenau: Dem Sspruche, welchen . ni d ben, dahin gehend, daß ein gro⸗

wir von der Ministerbank gehört ha 2 . ßer Unterschied zwischen todeswürdigen Verbrechen bestehe, kann ich natürlich nur beistimmen, es kann , cr n ,. den; aber ich stelle in Abrede, daß wir diesem Unterschiede das Straf⸗ z Eönnen. Meines Erachtens muß bei der Verurtheilung ,, ef, alle sonstige Rücksicht aufhören; wollten wir nament- i, 31 Maß der Verworfenheit berücksichtFigen, so würden wir zu den qualvollsten Verschärfungen zurückkommen müssen. Ich möchte weder physische noch moralische Verschärfungen; wenn aber in einzel⸗ ch ausdrücklich und besonders die Ehrenrechte aberkannt

werden sollen, so ist dies eine Verschärfung. Ich wünsche keine

ü ür den Verbrecher selbst, noch viel weniger für seine i eg und daß es eine wesentliche Ver , feng für die Familie sein kann, wenn die Ehrenrechte ausdrücklich abgesprochen

werden, das unterliegt wohl keinem Zweifel. Es handelt sich ja auch bier nicht um den allgemeinen abstrakten Begriff von Ehre, der, wie neulich bei der Verhandlung ein geehrtes Mitglied aus Schlesten be merfte, „so tief in dem gen hf und Gefühle des Menschen wur⸗ zelt, daß er im Gesetze nicht festgestellt werden kann“, es handelt sich um den Begriff der bürgerlichen Ehrenrechte im Staate, und deren Verlust muß meines Erachtens mit der Todesstrafe stillschweigend im= mer verbunden sein. Daß er verbunden sein soll bei gänzlich ver- worfenen Verbrechern, wie Raub und Meuchelmördern, darüber sind wir Alle einverstanden, aher die Theilhaftigkeit an dieser staatsbür⸗ gerlichen Ehre setzt doch meines Erachtens die Eigenschaft eines ge⸗ treuen Unterthanen voraus, und hiervon ist z. B. der Hochverräther der contradiktorische Gegensatz im höchsten und gefährlichsten Maße. In der Negation des Satzes liegt die Affirmation des Gegensatzes; es würde also bei dem verurtheilten Hochverräther durch die Nicht⸗ aberkennung der Ehrenrechte unbedingt ausgesprochen werden, daß er im vollen Genusse der staatsbürgerlichen Ehre bleibe, und dieses ver⸗ mag ich nicht anzuerkennen. Ich glaube, daß die Bestimmung des Besetzes nach dem Entwurfe selbst Folgen nach sich zieht, welche mir nicht konsequent scheinen; statt vieler Beispiele will ich nur eines an⸗ führen, dieses ist §5. 82. ;

Der §. 82 bestimmt, daß in dem Falle einer Verabredung eines hochverrätherischen Unternehmens die Anstifter und Rädelsführer mit der Todesstrafe, die übrigen Theilnehmer mit Zuchthausstrafe belegt werden sollen; nach Unterscheidung des Gesetzes im §. 8 wird also hier angenommen, daß die Anstifter und Rädelsfüh⸗ rer der bürgerlichen Ehre noch theilhaftig sein können, daß sie sogar der Regel nach es noch sind, rücksichtlich der Theilnehmer aber wird durch die entehrende Verurtheilung zur Zuchthausstrafe die Unmöglichkeit angenommen, daß sie noch ehrenhaft sind; dieses scheint mir ein Widerspruch zu sein. Bei der neulichen Verhand- lung ist von dem Herrn Landtags- Kommissar der militairischen Hin— richtung wegen. Insubordination Erwähnung geschehen; ich glaube aber, daß das in ein ganz anderes Feld gehörk, womit wir uns hier nicht befassen können. Die Verurtheilung zum Tode durch das Hen— kerbeil ist, so viel ich weiß, immer als mehr oder weniger eniehrend betrachtet worden. Ich halte die stillschweigende Aberkennung der bürgerlichen Ehre für eine nothwendige Folge der Verurtheilung zum Tode, für eine, nothwendige Erweiterung des Königl. Begnadigungs⸗ Rechts und keinesweges für eine Verschärfung. Beshalb beehre ich mich, auf das Amendement, welches ich neulich gestellt habe, und wel⸗ ches gehörige Unterstützung gefunden hat, zurlickzukommen, dahin gehend, daß die Verurtheilung zum Tode die stillschweigende Aber— kennung der Ehrenrechte in sich schließt.

Abgeordn. Steinbeck: Das Amendement, welches von dem geehrten Abgeordneten aus Schlesien vorgetragen wurde, jedoch keine hinreichende Unterstützung gefunden, einigt sich mit dem Amendement, welches das verehrte Mitglied aus der Rhein Provinz so eben in Vorschlag gebracht hat, und den Ansichten, welche diesem Amende⸗ ment zum Grunde liegen, muß ich mich vollkommen anschließen. Es wird der Ausdruck „Schärfung“ als Fassungsfrage beseitigt werden, wenn man den Ausdruck „Charakterisirung“ wählte; eine Eharakteri— sirung der Todesstrafe, ob sle entehrend oder nicht entehrend sein soll, ist aber nöthig und um so wünschenswerther, als, wenn diese Cha⸗ rakterisirung eintritt, es dann ermöglicht wird, daß in geeigneten Fäl⸗ en die Königliche Gnade sich um so freier bewegen, Um so weniger Beschränkung finden kann. Ich werde also aus diesem Gesichtspunkt das Amendement des verehrten Mitgliedes aus der Rhein-Provinz unterstützen.

Korreferent Freiherr von Mylius: Ich unterstütze auch das Amendement, welches so eben gestellt worden ist, in der Auffassung, daß die Todesstrafe unter allen Umständen den Verlust der Rechts⸗ fähigkeit, daher auch den Verlust der bürgerlichen Ehre nach sich zie hen müsse. Ich habe schon früher den Standpunkt, auf welchem ich in diesem Falle stehe, erläutert und erlaube mir nur auf einige Be—= merkungen zurückzukommen, die im Laufe der Diskussion hinsichtlich dessen gemacht worden sind. Ich bin nämlich der Ansicht, daß Ehre und Recht durchaus korrelate, sich an einander anschließende und sich selbst gegenseitig bestimmende Begriffe sind. Wo die Rechtsfähig- keit verloren ist, ist auch unter allen Umständen der Verlust der bürger⸗ lichen Ehre eingetreten; das Gesetz kann keine andere Ehre kennen, als die staatliche, und hiermit wird von selbst auch ausgesprochen, daß wo der Staat das Recht zur Existenz dem Einzelnen gegenüber ab- gesprochen hat, auch von selbst folgt, daß seine Rechtsfähigkeit ver⸗ loren gegangen ist, daß also Ehrlosigkeit im unbedingtesten Sinne des Wortes eingetreten ist. Es ist zwar erwähnt, daß das rheinische Recht deshalb zu tadeln, weil es durch den bereits oft citirten Artikel ausgesprochen, daß die Ehrlosigkeit Folge der Strafe und nicht der verwerflichen Handlung sei; hätte das rheinische Recht einen solchen Grundsatz ausgesprochen, so würde ich ihn gewiß bekämpfen; ich bin aber der Meinung, wie auch der Abgeordnete der Stadt Köln aus⸗ gesprochen hat, daß aus den Worten des Artikels ein solcher Grund— satz keinesweges zu entnehmen ist und höchstens dem Artikel der Vorwurf zu machen ist, daß er durch seine Fassung Veranlassung zu jenen Angriffen gegeben. Wenn nun in der bekannten Gesetzesstelle gesagt worden ist, daß gewisse Strafen immer mit Ehrlosigkeit ver⸗ bunden sein sollen, so ist der Gesetzgeber von der Ansicht ausgegan⸗ gen, I) daß die Todesstrafe ihrer Natur nach immer Rechtsunfähigkeit und daher Ehrlosigkeit in sich schließe, 2) daß aus Gründen der Kri⸗ minal-Politik Strafen von gewisser Schwere und Bedeutung nicht anders als in Verbindung mit der Ehrlosigkeit erkannt werden sol⸗ len; er hat aber keinenfalls den Standpunkt angenommen, der so häusige Angriffe gegen die dortige Bestimmung mbtivirt hat.

Abgeordn. von Brünneck: Die Schwierigkeiten, worin wir uns jetzt befinden, scheinen ihren Grund darin zu haben, daß wir einerseits uns gegen die Verschärfung der Todesstrafe erklärt haben, anderer⸗ seits in dem vorliegenden Gesetz⸗Entwurfe die Anwendung der Todes⸗ strafe eine Ausdehnung auf Verbrechen sehr verschiedener Kategorie erhalten hat, nicht allein auf infamirende, sondern, wie wir selbst von dem Herrn Königlichen Kommissar vernommen haben, auch auf solche Verbrechen, welche nicht für infamirende gehalten werden kön= nen. Dieselbe Schwierigkeit erkannte schon der preußische Landtag von 1843, und er glaubte deshalb, sich vorweg darüber entscheiden zu müssen, in welchen Fällen die Todesstrafe gerechtfertigt und daher beizubehalten sei. Ich glaube daher, wir würden jetzt auch am leich testen aus der gegenwärtigen Schwierigkeit herauskommen, wenn wir, obgleich uns noch die vollständige Uebersicht der in dem vorliegenden Entwurfe mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechen fehlt, vorweg den Grundsaßz annehmen, daß die Todesstrafe nur für die schwersten und wirklich infamirenden Verbrechen anzuwenden sei, dagegen für alle nicht infamirende todeswürdige Verbrechen lebenslänglich Freiheits⸗ strafen eintreten zu lassen. Von dieser Ansicht ist der preußische Landtag ausgegangen, und ich halte mich verpflichtet, dieselbe auch hier geltend zu machen. Ich will es aber anheimgesiellt sein lassen, ob man weiter gehen will, als der preußische Landtag, der nur für die beiden schwersten Verbrechen, naͤmlich für einen Angriff auf das Leben und die Freiheit des Königs und für den vorsätzlichen Mord die Todesstrafe annahm, für . anderen mit dieser belegten Ver⸗ brechen aber die höchsie Freiheitsstrafe eintreten lassen wollte. Ich muß die hohe Versammlung noch darauf aufmerksam machen, daß bei

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der Disfussion über die Tobesstrase, S. 8. die Majorität der Meinung war, daß die Todesstrafe für Jetzt noch nicht zu entbehren sei, wäh= rend wir Anderen glaubten, wir hätten schon den sittlichen Höhepunkt erreicht, wo sie aus dem Strafgesetze entfernt werden könne. Die Majorität erklärte dabei aber auch, daß es höchst wünschenswerth wäre, sich diesem Ziele zu nähern, und daß man, um sich demselben nähern zu können, die Todesstrafe auf die aäußersten Fälle beschränken möge; wenn wir also jetzt beschließen, sie nur für wirklich infamirende Verbrechen beizubehalten, so würden wir uns gegenseitig nähern, und zugleich dürfte dadurch die Schwierigkeit, in der wir uns jetzt besin⸗ den, gehoben werden. ;

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich glaube, um zunächst an das anzuknüpfen, was der verehrte Redner vor mir gesagt hat, daß wir uns in dem Augenblicke nicht in der Lage besinden, zu be—⸗ stimmen, bei welchen Verbrechen wir die Todesstrafe eintreten lassen wollen. Dies kann erst bei Berathung des speziellen Theils der Fall sein, und das führt mich auf das, was ich sagen wollte, um ein Mißverständniß zu beseitigen, welches durch die Aeußerung des Herrn Ministers der Gesetzgebung hervorgebracht werden kann. Ich bin nämlich im Wesentlichen mit der Auffassung des Herrn Ministers ein⸗ verstanden und würde daher dafür stimmen, den ersten Satz unter 1 anzunehmen, jedoch unter der bestimmten Voraussetzung, daß ich da⸗ mit nicht zugleich das Allegat angenommen habe, mit anderen Wor⸗ ten, ich will, daß nur bei denjenigen Verbrechen, bei welchen das Gesetz es ausdrücklich ausspricht, die Ehrlosigkeit ein Annexum der Todesstrafe sein soll; ich will mich aber nicht vorweg binden, daß ich dies bei denjenigen Fällen ausspreche, wo der Gesetz⸗ Entwurf es ausspricht; ich will daher nicht 8. 80 und §. 222 allegirt haben, sondern ich will mir vorbehalten, bei den einzelnen Verbrechen zu be⸗ urtheilen, ob hier der Fall vorliege, daß neben der Todesstrafe auch noch auf den Verlust der Ehrenrechte erkannt werden könne.

Abgeordn. von Weiher: Ich bin nicht mit der Ansicht ein⸗ verstanden, daß mit dem Ausspruch und der Vollstreckung der Todes⸗ strafe Alles abgemacht sei. Ter Mensch hat einen Besitz, der ihn überlebt; das ist das Andenken, welches ihm nicht nur bei seiner Fa— milie, sondern auch bei seinen Mitbürgern bleibt. Es scheint mir da⸗ her nothwendig, daß der Richter da, wo sich eine ehrlose Gesinnung des Verbrechers gezeigt hat, dies aussprechen muß, und trifft dies etwas, was zum Besitz des Verbrechers selbst gehört, weshalb es unbedenklich zu sein scheint, daß der Ausspruch der Ehrlosigkeit eine Schärfung der Todesstrafe ist. Würde dieser Ausspruch des Richters nicht nothwendig erachtet, so könnte nach meiner Ansicht der Fall ein⸗ treten, daß die Begnadigung, wie sie es in allen Fällen sein soll, nicht eine Milderung der Strafe, sondern oft eine Verschärfung der⸗ selben wäre. Denn es ist vorhin ausgesprochen worden, daß mit der Todesstrafe zugleich das Aufhören aller bürgerlichen Rechte verbun= den wäre und auch bei der Begnadigung die Zuchthausstrafe eintre—⸗ ten könne. Es würde aber für viele Verbrecher eine Verschärfung sein, wenn als Begnadigung in Stelle der Todesstrafe zeitweise oder lebenzlängliche Zuchthausstrafe angeordnet würde. ; ;

Abgeordn. Krause: Wenn man sich fragt, weshalb wird die ehrlose Todesstrafe ausgesprochen? so kann man sich keine andere Antwort geben als: durch die Bekanntmachung soll das Volk abge⸗ schreckt werden. Ich bin noch nie zweifelhaft gewesen, wenn Jemand als ehrloser Verbrecher hingerichtet worden ist, und ich glaube, auch das Volk wird nicht in Zweifel sein in dem Kreise, wo er bekannt war, ob er ehrlos sei oder nicht. Wenn der französtsche Gerichtshof den Sandwirth Hofer und den Buchhändler Palm als Ehrlose nieder- schießen ließ, so hat Deutschland, ja Europa, niemals in Zweifel gesetzt, daß es ehrenwerthe Männer gewesen sind. Ich muß mich denen an⸗ schließen, welche fagen, man solle eine ehrlose Strafe nicht noch be⸗ sonders aussprechen. . Abgeordn. von Auerswald: Ich glaube nicht, daß es gelin⸗ gen wird, mich davon zu überzeugen, es etwas giebt, was der Tod nicht sühnt. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, würde ich mich jedem Zusatz zur Todesstrafe entgegenstellen müssen. Die einzige Schwierigkeit, welche ich anerkenne, wenn die Todesstrafe ohne eine Nebenbestimmung erkannt wird, welche ausdrücklich den Begriff Ehr⸗— losigkeit involvirt, ist die, daß man, wie mehrfach erwähnt worden, in Betreff der Folgen der Königlichen Begnadigung in eine schwierige Lage kommen könnte; ich glaube aber, daß die Fassung, welche der Referent vorgeschlagen hat, dem Gedanken, daß die Todesstrase selbst nicht geschärft werden dürfe, genug thut und die Schwierigkeit besei⸗ tigt, welche sich dem Begnadigungs, Recht gegenüber darbieken könnte. Der Tod ist verhängt als letzte Strafe; er sühnt, was er zu sühnen hat. Es wird aber dadurch, daß neben der Todesstrafe in bestimm— ten Fällen auf Verlust der bürgerlichen Ehre erkannt wird, in dem Begnadigungsrechte das Mittel gegeben, die Todesstrafe aufzuheben, ohne sich den Gefahren auszusetzen, welche von dem Abgeordneten vom Rhein hervorgehoben worden sind. Ich schließe mich entschieden dem Vorschlag des Neferenten an und möchte nur noch meine geehrten Freunde vom Rhein darauf aufmerksam machen, daß sie das Be⸗ gnadigungsrecht in einem Sinne aufgefaßt haben, in welchem es meines Ermessens doch nicht aufzufassen ist. Es kann Niemand geben, der mehr als ich das Begnadigungsrecht für das schönste Juwel der Krone hält, ich glaube aber zugleich, daß es nicht dasjenige ist, wel⸗ ches am leichtesten wiegt. Es handelt sich dabei nicht um eine leicht zu gewährende Wohlthat, sondern gewiß oft um ernste Erwägung der schwersten Pflicht, die dem, der eine Krone trägt, obliegt. Ich bin überzeugt, daß wir jenes köstliche Recht uns erhalten müssen; es wird aber ein Fehler sein, wenn man den König öfter in die Lage bringt, es zu üben, als durchaus nothwendig ist.

Abgeordn. Sperling: Die Todesstrafe soll bestehen bleiben. Wenn dieses der Fall ist, so müssen wir doch stets im Auge behalten, von welcher Bedeutung sie ist. Sie ist nicht nur von Bedeutung für den Einzelnen, welchem sie sein ganzes Dasein raubt, sondern auch für den Staat, der außer ihr kein anderes Strafübel hat, wodurch die schwersten Verbrechen gesühnt werden können. Der Ernst dieser Strafe würde aber geschwächt werden, wenn wir besondere Unterscheidungen in der Form machen wollten, unter welcher sie zuerkannt werden kann. Es würde nachtheilig sein für den Staat, denn politische Schwärmer könnten sich um so eher zu Verbrechen durch die Betrachtung veran⸗ laßt finden, daß ihnen die Ehrenrechte nicht verloren gehen, sie ge⸗ wissermaßen als Ehrenmänner noch sterben könnten. Es finden aber auch Bedenklichkeiten in Beziehung auf den urtheilsprechenden Rich⸗ ter statt. Derselbe könnte, wenn er zwischen Todesstrafe und lebens⸗ wieriger Freiheitsstrafe schwankt, vielleicht hin und wieder eine ge⸗ wisse Beruhigung darin sinden, daß er die mildere Form der Todes⸗ strafe wählt, und sich um so leichter zu derselben entschließen. Ich glaube, daß, wenn einmal auf Todesstrafe überhaupt soll erkannt wer⸗ den können, es zweckmäßig sein möchte, bei der einfachen Form zu verbleiben. Ich erkläre mich also gegen jeden Zusatz und insbeson-= 8 auch den, worin die Ehrensträfe ausdrücklich noch aberkannt würde.

Marschall: Es ist vorher noch zu ermitteln, ob der Vorschlag des Abgeordneten von Brünneck, welcher zwar nicht vollkommen im Widerspruch mit dem Vorschlage des Abgeordneten von Gudenau steht, aber doch eine wesentlich andere Fassung hat, die erforderliche Unterstüßung von Mitgliedern findet. Der Vorschlag ging dahin, zu beantragen, daß die Lier u für keine andere als infamirende

Verbrechen eintreten möge. Des Abgeordneten von Gudenan Annwag ging dahin, daß überhaupt die Aberkennung der * , Ehre . die nothwendige Folge der Verurtheilung zur Todesstrafe sein möge. Es ist zu ermitteln, ob der Vorschlag des Abgeordneten von Brün⸗ nec die erforderliche Unterstützung von 8 Mitgliedern sindet.

Er hat sie gefunden und wird eventuell zur Abstimmumng kommen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Sollte nicht darüber vorher noch das Wort gestattet sein?

Marschall: Dazu ist jetzt die Gelegenheit gegeben.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich würde gern auf den Vor- schlag eingehen, wenn wir nur wüßten, was infamirende Verbrechen sind. Wir können nicht sagen, es soll die Ehre nur bei infamiren⸗ den Verbrechen aberkannt werden, wenn wir nicht wissen, was infa⸗ mirende Verbrechen sind. Wir drehen uns sonst im Zirkel.

Justiz⸗Minister von Savigny: Ich wünsche vor Allem verhüten u helfen, daß nicht bei der Diskussion und bei der Abstimmung über diesen Vorschlag Manches verwechselt würde, was sehr verschieden ist. Man kann diesem Vorshlage zunächst die Deutung geben: man solle mit Anwendung der Todesstrafe im höchsten Grade sparsam sein, solle sie beschränken auf die ernstesten und wichtigsten Fälle überhaupt. Diese Ueberzeugung liegt auch dem Entwurf zum Grunde, und wenn man ihn vergleicht mit der jetzigen in unserem Lande bestehenden Strafgesetzgebung, so wird man nicht bezweifeln, daß die Todesstrafe außerordentlich beschränkt worden, wenn man ihn in Vergleichung mit dem Landrechte und dem Code pénal bringt. Diesem Prinzipe trete ich aus Ueberzeugung bei, und ich muß es schon deshalb, weil der ganze Entwurf darauf beruht. Was nun die Anwendung des Prinzips be⸗ trifft, so läßt sich jetzt darüber nicht sprechen; wir werden bei den einzelnen Verbrechen darauf kommen. In diesem Sinne kann jetzt der Vorschlag nicht Gegenstand der Diskussion sein. Da er aber als Amendement vorgebracht worden ist, so liegt ihm die ganz andere Bedentung zum Grunde, daß die Todesstrase nur soll angewendet werden auf Fälle, die nicht nur an sich als Verbrechen sehr schwerer Natur sind, sondern auch eine besondere Ehrlosigkeit der Gesinnung mit sich führen. Diesem muß ich mich entgegensetzen. Es giebt manche Verbrechen, die durch ihre objektive Schwere der Todesstrafe unterworfen werden müssen, wie z. B. der Hochverrath, welcher die ganze Existenz des Staates in Frage setzt. Er kann nur mit der Todesstrafe bedroht werden, auch in denjenigen Fällen, wo Niemand dem Thäter eine ehrlose Gesinnung zuschreiben wird, weil diejes ob⸗ jektiv schwerste Verbrechen aus einer traurigen Verirrung der Ge⸗ sinnung hervorgegangen sein kann. Hier könnte ich mich jenem Amen dement nicht anschließen. Nach meiner Ueberzeugung hängt die Ehr⸗ losigkeit oter Nicht-Ehrlosigkeit, die einem Verbrechen zum Grunde liegt, nicht wesentlich zusammen mit der Todeswürdigkeit der Hand⸗ lung. Also in diesem Sinne aufgefaßt, kann ich mich nicht dafür erklären, im anderen Sinne erkläre ich mich damit einverstanden, nämlich so, daß wir bei Durchgehung der einzelnen Veibrechen uns immer von neuem die Frage vorlegen müssen: halten wir das Ver⸗ brechen für todeswürdig oder nicht? 5

Abgeordn. von Brünneck: Ich erkenne es an, daß wir im Laufe der Diskussion erst uns bei den einzelnen Verbrechen darüber werden bestimmt erklären können, welche Verbrechen als infamirend zu erachten sind und welche nicht. Ich bin aber bereit, meinen Antrag dahin zu beschränken, daß die hohe Versammlung vorweg beschließen möge, nur für die beiden schwersten Verbrechen, also für den Angriff gegen das Leben und die Freiheit des Königs und für den vorsätz⸗ lichen Mord, die Todesstrafe beizubehalten, in allen anderen Fällen aber die schwerste lebenslängliche Freiheitsstrafe eintreten zu lassen.

Marschall: Nachdem der Antrag zurückgezogen und in einen anderen dahin verwandelt worden ist, daß darüber abgestimmt werden möge, nur in den genannten Fällen die Todesstrafe eintreten zu lassen, so ist zu ermitteln, ob der abgeänderte Vorschlag die Unterstüßung von 8 Mitgliedern findet.

(Er erhält sie ausreichend.)

Abgeordn. von Auerswald: Ich erlaube mir die Anfrage, ob die Rede davon ist, ohne Diskussion darüber abzustimmen. Ich könnte nicht dafür sein. Ich bin für den Vorschlag, glaube aber, daß er ee eine gründliche Diskussion nur gewinnen und gesichert werden ann.

Marschall: Es war auch keine andere Frage gestellt worden, als die immer vorkommende, ob der Vorschlag erf ng findet. Der Abtheilung ist dadurch nicht zu nahe getreten. Wenn sich aber das Bedürfniß eines weiteren Eingehens auf die Berathung dieses a . zeigt, so werde ich dem natürlicherweise nicht entgegen treten, obgleich, wenn ich es unternehmen sollte, das auszusprechen, was mir das wahrscheinliche Resultat der Diskussion zu sein scheint, es wohl kein anderes sein wird, als daß man sich es nicht wird neh men lassen, bei den einzelnen Paragraphen die weitere Entscheidung sich vorzubehalten, was unmöglich werben würde, wenn man jetzt schon erklären wollte, daß auf Todesstrafe nur in den beiden genann⸗· ten Fällen zu erkennen sei. Es wird wirklich die Frage sein, ob die Versammlung die weitere Diskussion in diesem Augenblicke wünscht.

Viele Stimmen: Nein, nein!

Wenn sie nicht gewünscht wird, so kommen wir zur Abstim— mung.

Negierungs-Kommissar Bischoff: Man würde dadurch allen künftigen Beschlüssen vorgreifen; denn es würde, wenn dieser Vor⸗ schlag angenommen würde, indirekt darin liegen, daß bei allen ande⸗ ren Verbrechen, welche, der spezielle Theil mit Todesstrafe belegt, letztere ausgeschlossen sein solle. Ob das angemessen erscheine, kann erst bei den einzelnen Verbrechen näher in Erwägung gezogen wer⸗ den. Außer den Fällen des Hochverraths und des Mordes kommt die Todesstrafe im Entwurf noch vor bei dem Landesverrath und den gemeingefährlichen Verbrechen, wie Brandstiftung u. s. w. Ich würde es für präjundizirlich halten, wenn man über diese einzelnen Fragen so im Allgemeinen abstimmen wollte.

Abgeordn. von Brünneck: Der preußische Provinzial-Landtag hat gerade geglaubt, sich zunächst über diese Vorfrage entscheiden zu müssen, um sich bei Begutachtung der einzelnen Verbrechen die Dis- kussion und die Vereinigung über die anzuwendenden Strafen zu er= leichtern, und es hat sich dies damals auch als praktisch bewährt.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Mit aller Hochachtung ge⸗ gen den verehrten Redner kann ich doch sein Verfahren hier nicht als richtig und maßgebend anerkennen. Ich theile fast ganz die An- sicht desselben, aber eben weil ich sie theile, glaube ich, würde die größte Gefahr für die spezielle Berathung darin liegen, wenn wir vorweg erklären, wir wollen uns die Berathung des speziellen Thei⸗ les dadurch verschränken, daß wir vorweg schon über die wichtigste Frage desselben entscheiden, wo die Todesstrafe anzuwenden.

dMmarschall: Da die Versammlung keine Neigung zeigt, auf die Berathung des Gegenstandes einzugehen, so würde um so mehr daraus zu folgern sein, daß auch keine Veranlassun vorliegt, eine Frage auf den Vorschlag zu stellen, wenn nicht nochmals besonders barauf beharrt wird. Da dies nicht geschieht, so bleiben wur zwei Fragen übrig, die erste auf den Vorschlag des Abgeordneten von Gudenau und die zweite auf den Antrag der Abtheilung. ;

Candtags⸗Kommissar: Ich weiß nicht, ob ich das Amendement des Abgeordneten von Gudenan richtig dahin verstanden habe: daß alle Todesstrafen ipso jure für entehrend erklärt werden möchten;