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dann würde es sich genau als das Gegentheil des Vorschlages der Regierung darstellen. . Geichen der Bejahung.)

Als ich in einer früheren Sitzung zum erstenmale in dieser An⸗ gelegenheit aufgetreten bin, habe ich die hohe Versammlung ersucht, vorzubehalten, daß sie bei ihrer Abstimmung über die von der Regie⸗ rung vorgeschlagene symbolische Verschärfung der Todesstrafe nicht zugleich darüber judiziren möge, ob nicht dennoch zwischen insamiren⸗ der und nicht infamirender Todesstrafe zu unterscheiden sei; ich habe darauf n e , wie groß, namentlich im Punkte der Ehrenhaf⸗ tigkeit, der Abstand zwischen den todeswürdigen Verbrechen sei, und auch darauf hingewiesen, daß die eigentliche Intention des Regierungs- Antrages nur dahin gegangen sei, das Gefühl des Volkes nicht da⸗ durch zu verletzen, daß die verschiedenartigsten Verbrechen genau mit derselben Strafe belegt würden. Ich habe darauf hingewiesen, daß allerdings zwischen entehrender und nicht entehrender Todesstrafe ein wesentlicher Unterschied sei, und zwar nicht allein für den Verbrecher selbst (denn ich erkenne nicht an, daß mit dem Zuerkennen der Todesstrafe Alles abgeschnitten sei, sondern ich habe behauptet und behaupte noch einmal, daß ein wesentlicher Unterschied darin liege, ob der Verbrecher den Tod mit dem Gefühle erleide, zugleich entehrt zu werden, oder ob ihm dies Gefühl der Schande erspart wird) son⸗ dern auch für die Nachbleibenden, für die Familie dessen, der mit dieser Strafe belegt wird.

Ich weiß wohl, daß der Urtheilsspruch über die innere Ehre des Menschen im höchsten Sinne des Wortes nicht absprechen kann; so lange wir aber Gesetze und Strafen haben, wird die öffentliche Meinung auch insofern ein großes Gewicht auf den Richterspruch legen, als er die Ehrenrechte berührt, denn nicht Jeder hat Gelegen⸗ heit, einzudringen in die individuellen Motive, die dem Verbrechen zu Grunde liegen. Es kann ein Individuum, es können Tausende, ja in einzelnen Fällen Millionen über ein Verbrechen so weit aufgeklärt werden, daß sie sich eine von dem Urtheilsspruch unabhängige Mei⸗ nung von dem Verbrechen und Verbrecher bilden; der Regel nach aber kann die nicht tiefer eingeweihte Menge nur aus dem Urtheils⸗ spruche des Richters ihre Meinung entnehmen, und deshalb liegt ein großer Unterschied zwischen der entehrenden und nicht entehrenden Strafe. Deshalb kann ich nur wiederholen, daß die Regierung einen großen Werth darauf legt, diesen Unterschied auch für die Todesstrafe im Gesetz anerkannt zu sehen.

Marschall: Die erste Frage ist zu richten auf den Antrag des Abgeordneten von Gudenau. .

Abgeordn. Graf von Schwerin: Darf ich mir in Bezug auf die Fragestellung ein Wort erlauben?

Marschall: Ich will die Frage erst nennen. Sie heißt: Soll beantragt werden, daß die Verurtheilung zur Todesstrafe unter allen ö die Aberkennung der bürgerlichen Ehre zur Folge haben

; ?

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich wollte bitten, den Antrag der Abtheilung vorausgehen zu lassen. Der Antrag der Abtheilung ist der gerade Gegensatz von dem, was der Abgeordnete von Gude= nau will, und wenn der eine angenommen wird, kann der andere nicht mehr angenommen werden. Wie der Herr Landtags-Kommissar eben richtig entwickelt hat, erkennen wir, wenn wir den Antrag der Abtheilung annehmen, den Unterschied zwischen todeswürdigen Ver⸗ brechen, die entehrend sind, und solchen, die nicht entehrend sind, an und behalten uns vor, bei der Berathung der einzelnen Paragraphen die Fälle zu bezeichnen, wo neben der Todesstrafe noch auf Verlust der Ehrenrechte erkannt werden soll; aber mit der Annahme des An— trags des Abgeordneten von Gudenau wird das abgeschnitten. Also würde wohl der Antrag der Abtheilung den Vorzug haben.

Marschall: Es giebt zwei Wege der Beurtheilung, wie die

Fragen auf einander zu folgen haben. Der eine ist der, daß ein An— trag, welcher aus der Diskussion hervorgeht, nicht das Recht der Priorität in Anspruch zu nehmen habe, wenn er nicht eine Modifica⸗ tion des Antrags der Abtheilung enthält, sondern vielmehr bahin ge⸗ richtet ist, geradezu an die Skelle des Antrags der Abtheilung zu treten. Der andere Weg ist der, zu untersuchen, welcher Vorschlag sich am weitesten von dem Paragraphen des Entwurfs entfernt. Nach dem letzteren Wege würde der Antrag des Abgeordneten von Gude— nau zuerst zur Abstimmung kommen, weil er sich am weitesten von dem Entwurf entfernt. Ba aber nicht zu verkennen ist, daß er aller⸗ dings sich geradezu an die Stelle des Antrags der Abtheilung stellt, z 6 ein Grund, der für die Ansicht des Grafen von Schwerin pricht. Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich muß mich dahin berich— tigen, daß es vielmehr der Antrag des Referenten und nicht der Abtheilung ist, welcher von dem des Abgeordneten aus der Rhein— provinz der gerade Gegensatz ist; wenn wir uns das nur klar machen, so wird es freilich ziemlich gleichgültig sein, auf welchen von beiden die Frage zuerst gestellt wird.

Korreferent Freiherr von Mylius: Es dürfte am zweckmäßig- sten sein, deshalb den Antrag des Abgeordneten von Gudenau zuerst zur Abstimmung zu bringen, weil, wie auch seitens Sr. Durchlaucht ausgesprochen worden ist, allerdings der Fall vorliegt, daß es sich um einen Antrag handelt, der am weitesten geht, und ich möchte mir erlauben, um das Verhältniß klar und anschaulich zu machen, in welchem beide Anträge zu einander stehen, ob es nicht zweckmäßig wäre, die Frage so zu formuliren: .

Soll überhaupt beantragt werden, daß jede Schärfung der Todes-

strafe mittelst des Verlustes der Ehrenrechte stattsinde?

Einige Stimmen: Nein!)

Marschall: Ich würde das für einen wesentlich anderen Vor— schlag halten und erkenne die Reelamation des Vorsitzenden der Ab— theilung für begründet an, welcher die Priorität in der Abstimmung für den Antrag der Abtheilung in Anspruch genommen hat. ö

Die erste Frage wird die sein:

Soll auf den Wegfall des Absatzes unter Nr. 2. des Paragraphen

angetragen werden?

Abgeordn. Graf von Schwerin: Es ist hier nicht von dem ursprünglichen Antrage der Abtheilung die Rede, sondern von dem Antrage, den der Referent erst heute gestellt hat. Er geht dahin, Nr. 1. des zweiten Alinea des Paragraphen anzunehmen, so daß nur in den im Gesetz namentlich bestimmten Fällen neben der Todes strafe auf den Verlust der bürgerlichen Ehre erkannt werden kann,

Abgeordn. Freiherr von Gudengu: Ich lege im Wesentlichen keinen Werth darauf, was zuerst zur Abstimmung kömmt ich glaube, daß das Resultat dasselbe sein wird, glaube aber, bemerken zu müssen, daß mein Amendement um so mehr den Vorzug verdienen dürfte, well ich es schon neulich gestellt hatte und die Berathung darüber nur vertagt worden ist.

Marschall: Das würde blos ein Recht darauf begründen, daß der Vorschlag überhaupt zur Fragestellung kömmt, und es wird auch eventuell die zweite Frage De, zu stellen 3 Abgeordn. Freiherr von Gudenau: ann müßte ich bitten, ihn e e dürfen.

arschall: Eine dritte Frage wäre endlich noch auf die An⸗

an. 2. , de e des . zu . ee 9 geordn. Sperling: Dann bitte ich, daß no rüng⸗ liche Gutachten der Abtheilung eine 2 . 2 6

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Abgeordn. Graf von Schwerin: Wenn ich recht sehe, so würde das Abtheilungs Gutachten durch die frühere Beschlußfassung erledigt sein, indem damals dahin abgestimmt worden ist, das Gut⸗ achten anzunehmen, mit Vorbehalt der Frage über die Ehrenrechte; bei dieser Frage sind wir jetzt angekommen, und der Referent hat nun ausgesprochen, was seine Ansicht sei; ich bin ihm beigetreten, und wie weit dies auch von den anderen Mitgliedern geschieht, wird die Abstimmung ergeben. Aber das Gutachten der Abtheilung als sol⸗ ches ist für den Augenblick erledigt. ;

Abgeordn. Camphausen: Durchlaucht, ich wünsche über die Fragestellung noch die Bemerkung zu machen, daß ich allerdings die Schwierigkest einsehe, die Frage ihrem wörtlichen Inhalte nach so zu stellen, daß Jedermann darin wiedersinde, worüber er abstimmen will. Es ist interpretirt worden, die Frage sei dahin gerichtet: ob eine entehrende Todesstrafe und eine nicht entehrende Todesstrafe statt⸗ haben solle. Ich habe für mich und für diejenigen, die meine Ansicht theilen, zu erläutern, daß wir auf diese Frage, wenn die Abstimmung erfolgt, keine Antwort geben, sondern daß meine Antwort auf die Frage in dem Sinne erfolgt:

Soll die Todesstrafe stattfinden, ohne daß sie den Verlust der

staatsbürgerlichen Rechte einschließt?

Das ist der Sinn, in welchem ich abstimme, und das habe ich nur wiederholen wollen.

Abgeordn. Freiherr von Gudenau: Das, was mein sehr ver⸗— ehrter Kollege aus der Rheinprovinz gesagt hat, stimmt mit der For⸗ mulirung meines Amendements vollkommen überein, denn dieses lautet folgendermaßen: „Soll beantragt werden, daß die Verurtheilung zur Todesstrafe den Verlust der Ehrenrechte jedesmal stillschweigend in sich schließe?“

Marschall: Ich kann keinen Unterschied sinden zwischen dem und der Fragestellung, wie sie vom Referenten beantragt wurde.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Die Frage dürfte vollkommen erschöpfend sein: Soll neben der Todesstrafe in den im Gesetz be⸗ stimmten Fällen auch die bürgerliche Ehre aberkannt werden können?

Candtags⸗Kommissar: Ich würde bitten, zu sagen: „kann.“

Marschall: Es ist nicht zu verkennen, daß Alles, was vom Referenten beantragt worden ist, in der Fragestellung enthalten liegt; „Soll auf Wegfall des Satzes 2. in 5. S. angetragen werden?“ Der Referent hat die Redaction im voraus übernommen, welche die Folge der Bejahung dieser Frage sein würde, und er hat es bereits aufgeschrieben, wie der Paragraph dann lauten würde, Es würde jeder Zweifel wegfallen, wenn die Frage so gestellt würde: ob der Paragraph angenommen werde in der von dem Referenten vor— geschlagenen Fassung?

Referent Naumann: Der Paragraph wird nach meinem Vor⸗ schlage lauten: „die Todesstrafe ist durch Enthauptung mit tel st des Fallbeils zu vollstrecken.“ Neben der Todesstrafe ist in den im Gesetze bestimmten Fällen zugleich auf den Verlust der bürgerlichen Ehre zu erkennen.

Beifall.) Es vermeidet diese Fassung, als ob der Verlust der Ehrenrechte als Schärfung der Todesstrafe augenommen werde.

CLandtags-Kommissar: Ich würde vorschlagen und bitten, zu

sagen: „es kann darauf erkannt werden.“ ; (Beifall.)

Justiz-⸗Minister von Savigny; Ich wünsche, mich nur belehren zu können, in welchem Sinne diese Formel aufgefaßt werden soll? Nämlich zunächst ist der Antrag darauf gerichtet, daß Nr. 2. weg⸗ fallen soll und, indem Nr. 1 beibehalten wird, das Allegat gestrichen werde, der Diskussion über den speziellen Theil aber das Weitere vorbehalten bleibe. Hierbei wünsche ich mir nur den Vorbehalt zu machen, daß bann nicht bei jedem einzelnen Verbrechen über den absoluten Verlust der Ehrenrechte abgestimmt werde, sondern daß z. B. bei dem Mord die Unterscheidung zwischen Ehrlosigkeit und Nicht- ehrlosigkeit dem Richter für jeden einzelnen Fall vorbehalten werde—

Candtags⸗Kommissar: Gerade deshalb habe ich gewünscht, daß das Wort „kann“ eingeschoben werde.

Vice-Marschall von Kochow: Gegen diese Fassung würde ich doch Einiges einzuwenden haben, denn wenn sie angenommen und gesetzlich ansgesprochen wird, so drückt sie aus, daß die Regel sei: die Ehrlosigkeit solle mit der Todesstrafe nicht verbunden sein. Dies liegt in dem Worte „nur“. Dies würde allzusehr gegen die herrschende Meinung des Volkes verstoßen, die dahin geht, daß Jeder, den der Henker berührt, ehrlos ist. Darum trage ich darauf an, daß das Wort „nur“ nicht gebraucht werde.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Es ist Prinzip des Entwurfes, daß nur da die Ehrenrechte aberkannt werden können, wo es aus⸗ drücklich ausgesprochen ist, und davon weicht eben der Antrag des Abgeordneten aus der Rheinprovinz nach meiner Meinung ab, indem er die Todesstrafe unter allen Umständen für entehrend ansehen will.

Justiz⸗Minister von Savigny; Ich bitte, mit einigen Worten ein Mißverständniß erwähnen müssen, welches der geehrte Abge⸗ ordnete aus der Mark sich zu Schulden gebracht hat, wenn er sagte, in der Meinung des Volkes sei Jeder, den die Hand des Nachrichters berührt habe, ehrlos. Dies ist nach der Meinung des Volkes, welche sich Jahrhunderte fortgepflanzt hat, insofern wahr, daß Jeder, den ber Henker berührt hatte, d. h. der durch den Galgen hingerichtet wurde, ehrlos war, aber nicht der, den der Scharfrichter hingerichtet hatte. Dieser Unterschied hat sich, mit Recht oder Unrecht, Jahr⸗ hunderte lang erhalten, und es ist also nach der öffentlichen Meinung die Strafe des Stranges immer entehrend gewesen, die Enthauptung nicht.

Abgeordn. Camphausen: Ich habe nur die Bemerkung zu machen, daß die Annahme des Wortes kann in direktem Wider⸗ spruche mit den eigenen Vorschlägen des Gouvernements steht, wie aus Art. 80 zu ersehen ist; eben so sagt Art. 222: „Auf geschärfte Todesstrafe ist zu erkennen, wenn der Mord an einem leiblichen Verwandten der aufsteigenden Linie oder an dem Ehegatten begangen wird.“ Es sind dies kategorische Vorschriften, die durch das Wort „kann“ in fakultative verwandelt werden, und wenn auch hier dem Richter die Wahl freisteht, so wird ihm neuerdings etwas übergeben, was da, wo Geschwornen-Gerichte bestehen, nur die Geschwornen aussprechen sollen.

Referent Naumann: Ich habe nur zu erinnern, daß es nicht die Absicht ist, in diesem Paragraphen auszudrücken, in welchen Fällen der Verlust der Ehrenrechte neben der Todesstrafe eintreten soll, sondern daß es nur die Absicht ist, auszudrücken, daß es mög⸗ lich ist, neben der Todesstrafe auf den Verlust der Ehrenrechte zu erkennen, aber nur in den durch das Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen. Das ist der Sinn, obwohl ich dahingestellt sein lasse, ob die Worte ihn auch deutlich ausdrücken.

Korreserent Freiherr von Mylius: Was das von dem Abge—= ordneten aus der Rheinprovinz angeregte Bedenken betrifft, so muß ich bemerken, daß auch ich mich demselben anreihe und darauf auf⸗ merksam mache, daß überhaupt die Frage, inwiefern dem Richter die Wahl zwischen entehrender und nicht entehrender Todesstrafe über= lassen wird, zu den sogenannten Vorbehaltsfällen gehört, hinsichtlich deren ich im Interesse der Verfassung der Rheinprovinz die Behaup= tung K . daß sie nur durch Geschworne abgeurtheilt werden können, daß nur den Geschwornen zu liberlassen ist, ob Ehrlosigkeit, möge

erer in Verbindung mit anderen Strafen eintreten, zu ver⸗ Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich wollte nur zur Erwägung eben, ob wir nicht Präziseres erreichten, wenn wir die Frage stellten; oll neben der Todesstrafe in den vom Gesetz ner re mn, Fällen noch die bürgerliche Ehre aberkannt werden können? Dadurch würde, glaube ich, ganz klar, was die hohe Versammlung will.

Marschall: Die Frage heißt: „Sollen neben der Todesstrafe in den im Gesetz namentlich bestimmten Fällen die Ehrenrechte ab= erkannt werden können?“ Und die diese Frage bejahen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen geben. Die Frage ist mit großer Ma— jörität von mehr als zwei Dritteln bejaht. Auf den Vorschlag des Abgeordneten von Gudenau ist nun keine weitere Frage zu richten.

Referent Naumann: Es ist nun noch auf einige Paragraphen zurückzukommen, und zwar zu dem Zwecke, um den doppelten Verlust der Ehrenbürgerrechte, wie wir ihn angenommen haben, dieser Einthei⸗ lung entsprechend einzelnen Bestimmungen anzupassen. Es handelt sich zunächst von dem §. 9, wo es nun wird heißen müssen: „die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe zieht den Verlust der bürgerlichen Ehre nach sich.“ Das ist den früheren Beschlüssen entsprechend. Im zweiten Alinea des §. 15 ist gesagt: „jedoch darf bei Verbrechen, welche den Verlust der Ehrenrechte nach sich ziehen, niemals auf Festungshaft erkannt werden.“ Es wird hier ausgedrückt, werden müssen, daß dies eben so von zeitweisem wie von immerwährendem Verlust gelten müsse. Auch in dem Falle, wo auf zeitweise Entzie— hung erkannt wird, darf niemals auf Festungshaft erkannt werden. Im zweiten Alinea des §. 36 heißt es: „der Verlust der Ehren— rechte umfaßt bei solchen Personen zugleich den Verlust des National= Militair Abzeichens und' die Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes, so wie bei Unteroffizieren die Degradation, bei Offizieren aber die Cassation.“

Es ist auszudrücken, daß diese Folge sowohl bei dem Verlust auf immer, wie bei dem auf Zeit, eintreten soll.

Dann kommt §. 38: „Allle Strafurtheile, in welchen auf Todes⸗ strafe, Zuchthausstrafe, eine längere als fünfjährige Freiheitsstrafe oder auf den Verlust der Ehrenrechte erkannt wird, sollen öffentlich bekannt gemacht werden.“ Der Paragraph ist in der Sitzung vom 26. Januar angenommen, es ist aber vorbehalten worden, darauf zurückzukommen nach erfolgter Entscheidung über die Dreitheilung. Es wurde damals geltend gemacht, daß man nicht bei allen Freiheitsstrafen blos wegen der langen Tauer, auf Bekanntmachung zu bestehen habe, sondern daß wesentlich bei solchen Strafen nur, welche zugleich den Verlust der bürgerlichen Ehre nach sich ziehen, es angemessen sein könne, das Urtheil öffentlich bekannt zu machen. Der Paragraph selbst will nur dann eine Veröffentlichung, wenn auf Todes— strafe, Zuchthausstrafe, mehr als fünfjährige Freiheitsstrafe oder Verlust der Ehrenrechte erkannt wird. Nach der früheren Dis⸗ kussion würde es unbedenklich sein, daß in allen Fällen, wo auf Todesstrafe erkannt wird, eine öffentliche Bekanntmachung erfolge. Eben so unbedenklich würde es sein, daß, wenn auf Zuchthaus. strafe erkannt wird, die öffentliche Bekanntmachung erfolge, denn die Zuchthausstrafe involvirt immer den Verlust der Ehrenrechte. Was die geringeren Freiheitsstrafen betrifft, die nicht in Zuchthaus⸗ strafe bestehen, so würde nach dem Entwurfe bei einer, mehr als fünf⸗ jährigen Freiheitsstrafe, also bei Strafarbtit und Festungshaft, das Urtheil publizirt werden müssen; allein für diese Fälle scheint kein Bevürfniß vorzuliegen, weil, so lauge mit diesen Strafen nicht der Verlust oder die zeitweise üntersagung des Gebrauchs der bürger⸗ lichen Ehrenrechte eintritt, für das Publikum kein Interesse stattfin⸗ det, von Ker Verurtheilung Kenntniß zu nehmen.

Selbst wenn es schwere Verbrechen sein sollten, wird dieselbe nicht zu erfolgen haben, sondern nur dann, wenn zugleich der Ver—⸗ lust der Ehre oder die zeitweise Entziehung derselben ausgesprochen wird. In beiden Fällen nämlich werden auch die Folgen eintreten, die nothwendig - dem Publikum bekannt werden müssen, namentlich in der Rheinprovinz, wo das Recht, Geschworner und Zeuge zu sein, davon abhängig ist. In diesem Falle wird es unbedenklich sein, die öffentliche Bekanntmachung eintreten zu lassen. Dieser Punkt ist indeß noch nicht diskutirt worden, insofern es sich um zeitweise Ent— ziehung der bürgerlichen Ehre handelt.

WMarschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, so ist dem Antrage des Referenten beigetreten. ;

Referent Uaumann: Nachdem ich die einzelnen Kategorieen durchgegangen habe, würde die Bestimmung des Paragraphen sich dahin reduziren:

„Alle Strafurtheile, der bürgerlichen Ehre für immer erkannt wird, bekannt gemacht werden.“

Regierungs-Kommissar Sumons: Ich habe mir erlaubt, schon bei einer früheren Gelegenheit auf den Zusammenhang aufmerksam zu machen, welcher für das rheinische Recht zwischen dem 5. 38 des Entwurfs und den §§. 12 und 13 des allgemeinen Einführungs⸗ gesetzes besteht, indem eine kriminalrechtliche Verurtheilung auch civil—⸗ rechtliche Folgen hat. Da nun die Eintheilung der Strafarten in dem Entwurf sich gegen die Voraussetzung des rheinischen Rechtes modifizirt, so ist in dem §. 4 des Kompetenzgesetzes und in den an geführten §5. 12 und 13 ein Begriff, der peinlichen Strafe aufge⸗ stellt worden, welcher, analog dem Begriffe der peinlichen Strafe, wie er jetzt im rheinischen Rechte besteht, die civilrechtlichen Folgen be⸗ dingen soll. Eine peinliche Strafe syoll aber nicht nur Zuchthaus⸗ strafe, sondern auch Strafarbeit und Festungshaft sein, wenn sie die Dauer von fünf Jahren übersteigt, es würde also die Konformität, welche jetzt zwischen diesen Bestimmungen vorhanden ist, zerstört wer⸗ den, wenn? man in §. Z8 von der Publication die letztgedachten Strafen ausschließen wollte, während man vielleicht nachher für, än— gemessen erachten dürfte, in Beziehung auf die civllrechtlichen Folgen, welche die Strafe in der Rheinprovinz hat, den Begriff der pein— lichen Strafe in dem Maße beizubehalten, wie er in 8. 12 des all⸗ gemeinen Einführungsgesetzes angegeben worden ist. Wenn nun au⸗ erkannt wird, daß diese Konformität für die eine Probiuz von Interesse ist, daß sie mit dem jetzt angenommenen Unterschiede der schweren

in welchen auf Todesstrafe oder auf Verlust sollen öffentlich

Verbrechen zusammenhängt, so möchte es bedenklich scheinen, in 5. 38,

wie er hier formulirt worden ist, eine Aenderung vorzunehmen,. Korreferent Freiherr von Mylius: Ich glaube, daß die Ge⸗ sichtspunkte, welche so eben von Seiten des Herru Vommissar hervor⸗ gehoben worden sind, allerdings für die Lage der, Sache in der Riheinprovinz entscheidend sind, und trete daher, dem Antrage bei. Justiz⸗Minister Uhden: Für die Nheinptevinz könnte eine Ausnahme gemacht werden, wenn die hohe Versammlung es be⸗ schließen sollte. Denn für die alten Prabinzen ist keine Veranlassung vorhanden, eine Freiheitsstrafe von (= Jahren, wenn sie nicht mit dem zeitweisen oder gänzlichen Verlust ber Ehrenrechte verbunden ist, be⸗ fannt zu machen, wohl gber für die Rheinprovinz aus den Gründen, welche der Herr 3 angesührt hat. Dies könnte im Ein⸗ i etze erfolgen. fuhr g e,, Naumann: Der Antrag, den ich zu stellen habe, und der sich meines Erachtens an alle diejenigen Betrachtungen und 7 anschließt, die in der letzten Diskussion bei diesem Para—

Erste Beilage

graphen geltend gemacht worden sind, würde dahin lauten; Alle Strafurtheile, in welchen auf Todesstrafe oder auf Verlust der bürger⸗ lichen Ehre für immer erkannt wird, sollen öffentlich bekannt gemacht werden. ü

Abgeordn. Graf von Schwerin: Das geht noch weiter als der Paragraph.

Referent Naumann: Nein, denn der Paragraph sagt: oder auf den Verlust der Ehrenrechte; der Verlust der Ehrenrechte wäre dann allerdings ein immerwährender. .

Justiz-Pinister Uhden: Es versteht sich von selbst, daß dieser Paragraph cine ganz andere Fassung erhalten muß, als wie sie der Entwurf des Gouvernements vorlegt, weil nach diesem nicht auf zeit · weisen Verlust der Ehrenrechte erkannt werden sollte, .

Abgeordn. Graf von Schwerin: Wenn ich mich recht erinnere, so haben wir damals beschlossen, es solle die Publication des Urtheils nur bei schweren Verbrechen stattfinden. Wir haben die Definition dieser Verbrechen gefunden, indem wir die Dreitheilung angenommen haben, wir müssen also auch hier diese Definition annehmen, und diese ist im §8. 38 gegeben. Die Bemerkung des Herrn Kommissar, welcher eben meinte, wir befänden uns in der Lage, nothwendig §. Z8 annehmen zu müssen, scheint daher ganz richtig, weil nur schwere Verbrechen im §. 38 bezeichnet sind und wir früher be⸗ schlossen haben, bei schweren Verbrechen solle die Publication statt- sinden.

Justiz-Minister Uhden: Ich muß bemerken, daß mir der frühere Beschluß im Augenblicke nicht vorgeschwebt hat.

Referent Naumann: Ich habe Veranlassung genommen, gerade die Verhandlungen durchzulesen, welche bei §. 38 früher gepflogen worden sind. Das Resultat war die Annahme dieses Paragraphen. Es ist aber von einzelnen Mitgliedern der Vorbehalt gemacht wor⸗ den, wieder auf diesen Paragraphen zurückzukommen, wenn die Frage wegen der Dreitheilung und wegen Entziehung der bürgerlichen Ehle diskutirt sein würde, und das veranlaßt mich nun, nochmals auf diesen Paragraphen zurückzukommen. Es ist damals aber nicht aus⸗ 6 gesagt worden, man wolle sich an die Dreitheilung an— schließen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich habe nicht bestritten, daß beschlossen worden, man wolle, auf diese Diskussion später wieder zurückkommen, ich halte das für ganz unbedenklich, ich habe aber geglaubt, wir hätten nur damals die definitive Redaction vorbehal⸗ ten, weil wir damals noch keine Begriffsbestimmung für schwere Verbrechen hatten. Nachdem wir nun diese gefunden, müssen wir uns an diese Begriffsbestimmung anschließen und thun es, indem wir den Paragraphen in der Fassung annehmen, wie er hier steht.

Referent Naumann: Aus der Diskussion, welche damals statt⸗ gefunden hat, habe ich Folgendes entnommen: Die meisten Mit— glieder der geehrten Versammlung hatten darin ein Bedenken gegen die öffentliche Bekanntmachnng, wenn unter schweren Verbrechen jedes verstanden werde, welches eine längere als Fjährige Freiheits- entziehung zur Folge habe, daß dies zu manchen Irrungen und Schwierigkeiten führen werde, indem bei Verbrechen, die nicht intensiv, nicht nach der Moralität des Verbrechers, schwer seien, kein Grund abzusehen sei, sie öffentlich bekannt zu machen. Es kam noch ein zweites Bedenken hinzu, daß es bei der zeitweisen Entziehung der bürgerlichen Ehre nicht als Nothwendigkeit anzusehen sei, die e! lichè Bekanntmachung eintreten zu lassen, und daß namentlich nicht bei dem ersten kleinen Biebstahle sogleich die große Glocke geläutet wer⸗ den sollte. Das erste Bedenken geht also dahin, daß nicht jedes schwere Verbrechen bekannt gemacht werde, und das zweite dahin, daß dies nicht immer geschehe, wenn auf z eitweisen Verlust erkannt worden ist.

Candtags-Kommissar: Ich glaube, daß sich das Gouvernement vollkommen damit einverstanden erklären wird, den Paragraphen dahin abzuändern, daß nur diejenigen Verbrechen öffentlich bekannt gemacht werden, welche nach unserer neuen Nomenklatur als „schwere Ver= brechen“ bezeichnet sind, also diejenigen, welche in der Rheinprovinz als „crimes« charakterisirt sind, und die von den Assisenhöfen abge⸗ urtheilt werden. Ich glaube kaum, daß in der hohen Versammlung eine wesentliche Meinungsverschiedenheit hierüber bestehen wird.

Marschall: Es würde also die Frage heißen: Soll beantragt werden, daß die öffentliche Bekanntmachung nur bei Straferkennt⸗ nissen über schwere Berbrechen erfolgen möge? und diejenigen, welche diese Frage bejahen, würden das durch, Aufstehen zu erkennen geben. Die Frage ist mit großer Majorität bejaht worden.

Referent Naumann; Im s. 41 würde auszudrücken sein, daß der Verlust der bürgerlichen Ehre für immer oder auf Zeit zu er⸗ fennen sei, eben so im §. 44 Alinea 3. 8. 46 handelt von den Be⸗ günstigungen, in der zweiten Aline heißt es hier: Unter derselben Voraussetzung kann gegen den Begünstiger zugleich auf Verlust der gewerblichen und der Ehrenrechte, auf Landesverweisung und auf Stellung unter besondere Polizei⸗Aufsicht erkannt werden, wenn das Verbrechen selbst mit diesen Strafen bedroht ist. Ich bin der Mei⸗ nung, daß hier von dem Verlust der bürgerlichen Ehre auf immer nichk die Rede sein, sondern nur die Entziehung der bürgerlichen Ehre auf Zeit eintreten könne. . ,

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Es ergiebt sich von sekbst, daß hier nur Entziehung der Ehrenrechte auf Zeit eintreten kann, indem die Freiheitsstrafe eine fünfjährige Dauer nicht übersteigt; sie ist nur eine correctionelle Strafe.

Reserent Naumann: Ebenso würde bei §. 53, wo von jugend⸗ lichen Verbrechern die Rede ist, namentlich noch aus dem Grunde, welchen der Herr Kommissar angeführt hat, unter 3. auszudrücken sein, daß auch nicht auf den Verlust der bürgerlichen Ehre auf Zeit erkannt werden dürfe. Es ist immer bisher die Rede gewesen von dem Verlust der bürgerlichen Ehre auf immer, es muß also immer die Frage gestellt werden, ob nun auf zeitweise Entziehung erkannt werden dürfe. Dann kommen wir noch zu einem Hauptparagraphen, d. i. 5. 61, welcher die Verjährung betrifft. Bei 5. 64 hatte die Abthei⸗ lung darauf angetragen, die einzelnen Verjährungsfristen anzuknüpfen an die Dreitheilung. Nachdem diese festgesetzt ist, aber nicht ganz dem An⸗ trage entsprechend, welchen die Abtheilung damals gestellt hatte, würde ich mir erlauben, die Fristen folgendermaßen vorzuschlagen: „Bei schweren Verbrechen, deren höchste Strafe eine zehnjährige Frei⸗ heitsstrafe übersteigt, zwanzig Jahre; bei allen übrigen schweren Verbrechen zehn Jahre; bei Verbrechen und Vergehen, deren höchste Strafe eine dreimonatliche Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße von 300 Thalern übersteigt, fünf Jahre; bei allen übrigen Verbrechen und Vergehen ein Jahr. Dieser Vorschlag würde sich anschließen dem Gesetz-Entwurf in §. 64. Die einzige Aenderung, welche ein⸗ tritt, ist die unter Nr. 3. des Gesetz- Entwurfs, wo eine dreimonat⸗ liche Freiheitsstrafe einer Geldbuße von 100 Thalern gleichgestellt worden ist. Rach den Bestimmungen aber, welche hier schon geneh= migt worden, sind 200 Thaler häufig drei Monaten Freiheitsstrafe fleich Es entspricht am meisten der Annahme in §. 27, wonach ei Umwandlung der Geldbuße in Gefängnißstrafe drei Thaler gleich

299 Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Montag den 7. Febr.

einem Tage Gefängniß geachtet werden sollen. Wenn man drei Thaler Geldbuße gleich einem Tage Gefängnißstrafe annimmt, so würden drei Monate gleichkommen 270 Thaler.

Marschall: Wenn keine entzegenstehende Bemerkung gemacht wird, so ö dem Antrage des Referenten beigesätimmt. Wir 2 nun zur Berathung des zweiten Theils, und zwar zu §. 80.

Referent Naumann (iest vor):

„§. 80.

Wer es unternimmt:

1. das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit des Königs

zu gefährden, oder .

das Königliche Haus oder den König zu verdrängen, oder die

Thronfolge zu verändern, oder

die Staats⸗Verfassung gewaltsam zu ändern, oder

das Staatsgebiet ganz oder theilweise der Herrschaft des Kö—

nigs zu entziehen, macht sich des Hochverraths schuldig und ist mit der Todesstrafe zu belegen.

Im Falle der Gefährdung des Lebens, der Gesundheit oder der Freiheit des Königs (Nr. I) ist auf geschärfte Todesstrafe (5. 8) zu erkennen.“

6. GJ.

Der Hochverrath ist mit jeder Handlung vollendet, durch welche das verbrecherische Vorhaben unmittelbar zur Ausführung gebracht werden soll.“

„Zu §§. 80 und 81.

Die Bestimmungen der §§. 80 und 81 stehen in so engem Zu⸗ sammenhange, daß sie nothwendig auch in einen Paragraphen hätten zusammengefaßt werden müssen. Denn nicht das bloße Unternehmen soll, wie es nach 8. 80 scheinen könnte, strafbar sein, sondern diese Folge tritt nach 5. S1 erst dann ein, wenn durch eine Handlung das verbrecherische Vorhaben unmittelbar zur Ausführung gebracht werden soll. Was die Bestimmungen im §. 80 darüber, welche Unterneh⸗ mungen nach Maßgabe ihres Zwecks als Hochverrath angesehen werden, betrifft, fo findet sich im Allgemeinen dagegen nichts zu erinnern. Dagegen ist die Abtheilung der Meinung, daß die Be⸗ stimmung sub Nr. 2 im Betreff des Unternehmens, die Thronfolge zu verändern, auf Handlungen zur Anwendung gebracht werden könnte, welche weder als unerlaubt, noch weniger aber als straf bar erschienen, da nach der Fassung dieser Bestimmung schon jeder Rath, jeder Vorschlag, die Thronfolge zu ändern, selbst bei der wohl- wollendsten Absicht, Hochverrath sein würde. Um das Verbrecherische besser zu charakterisiren, und um zugleich das Unbestimmte in dem Worte „Thronfolge“ zu beseitigen, hat sich die Abtheilung mit 10 gegen 4 Stimmen dafür entschieden, daß statt der Worte: „die Thronfolge zu verändern“ gesagt werde: „die Thronfolge⸗Ordnung umzustoßen!“

Die Bestimmung im zweiten Alinea des 8. 80 wird in Folge der Vorschläge bei §. 8 wegfallen müssen.

Nach alle dem schlägt die Abtheilung vor, folgende Anträge zu stellen:

1. daß im 8§. 80 in der Bestimmung unter Nr. 2 statt: „die Thronfolge zu verändern“ gesagt werde: „ie Thronfolge⸗ Ordnung umzustoßen“.

2. daß im 8. 80 die Bestimmung des zweiten Alineg gestrichen werde;

3. daß die so abgeänderten Bestimmungen des 8. 80 und die Bestimmung des §. 81 in einen Paragraphen zusammen⸗ gezogen werden. .

Abgeorbn. von Auerswald: Ich wünsche, bevor wir von der Berathung der Strafen selbst zu deren Anwendung auf die ein⸗ zelnen Verbrechen übergehen, darauf aufmerksam machen zu dürfen, daß nach meiner Ansicht, wenn nicht im ganzen zweiten Theile, so doch in vielen Abtheilungen desselben, wesentlich abgewichen ist von dem Prinzipe, welches sonst im Entwurfe vorwaltet und von der Ver⸗ sammlung vielfach anerkannt worden ist, von dem Prinzipe einer mit dem Ernste der Gesetzgebung und der Gerechtigkeit zu vereinbarenden und dem wirklichen Zustande des Landes und Volkes entsprechenden Milde. Abgewichen ist, wie mir scheint, von diesem Prinzipe nicht sowohl aus einem diesem Prinzipe allgemein entgegenstehenden an⸗ deren Prinzipe der Schärfüng, als vielmehr aus einer durch nichts gerechtfertigten willkürlichen Behandlung einzelner Materien. Ich glaube, darauf vorweg aufmerksam machen zu müssen, weil, wenn ich Recht haben sollte, die genaue Prüfung der einzelnen Strafbestim—⸗ mungen wichtiger wird, als wenn ein bereits anerkanntes Prinzip konsequent durchgeführt wäre. Um die Debatte nicht zu weit von dem Nächstvorliegenden abzulenken, beschränke ich mich darauf, die Beweisführung aus dem nächsten Titel zu nehmen, welcher zum Theil von politischen Verbrechen handelt. Es ist zunächst die Todesstrafe viel häufiger angeordnet, als dieses dem angedeuteten Prinzipe zu entsprechen scheint und in den Gründen liegen dürfte, welche für Beibehaltung der Todesstrafe von denjenigen Mitgliedern der Ver⸗ sammlung am entschiedensten angeführt worden sind, welche dabei vor⸗ aussetzten, daß die Todesstrafe auf die schwersten Verbrechen werde be⸗ schränkt werden. Es ist zwar richtig und bereits heute im Laufe der Dis= kussion von dem Minister der Gesetzgebung angeführt, daß das Land- recht gegen schwere politische Verbrecher häufiger mit dem Tode ver⸗ fährt, als der Gesetzentwurf. Es scheint aber darauf nicht anzu⸗ kommen bei einem Gesetz, welches auf einer wesentlich anderen Basis beruht, abgesehen davon, daß die landrechtlichen Bestimmungen wegen ihrer großen Härte selten zur Ausführung gekommen sind und die Königl. Gnade öfter hat angerufen werden müssen, als anderenfalls nöthig gewesen wäre. Ich will jedoch auf das Einzelne hier um so weniger eingehen, als ich glaube, daß dasjenige, welches ich in dieser Beziehung hätte erwähnen können, im Laufe der früheren Diskussion von dem Marschall unserer Provinz bereits angeführt worden ist. Ich will daher darüber hinweggehen. Viel bedeuten—⸗ der aber noch erscheint die Abweichung von dem erwähnten Prinzip und diesmal zugleich von dem bestehenden Rechte, in der Anwen⸗ dung der Zuchthäusstrafe auf politische Verbrechen, welche das Land- recht in dem Maße durchaus nicht gekannt hat. Ich kann mir für eine solche Schärfung, sei es in dem Maß oder der Art der Stra⸗ fen, nur zwei Gründe als zulässig denken, einmal, daß man besorgt, durch die bestehenden Strafen den Staat und die Gesellschaft gegen politische Verbrechen nicht genügend schützen zu können, oder daß man giaubt, die bisherige Strafart wäre nicht geeignet gewesen, dem sittlichen Ernst der Gesetzgebung, welcher im Volksbewußtsein liegt, genügend zu entsprechen. Beide Gründe aber scheinen hierher nicht zu passen. Unser Staat hat in den bewegtesten Zeiten und namentlich zu einer Zeit, wo politische Veibrecher fast in Schaaren zur Untersuchung und Strafe gezogen wurden, aus⸗

ereicht mit den bestebenden Strafarten, . viel mir bekannt ist, in ohne zum letzten Mittel, zum Beil, greifen zu dürfen. Jene Zeiten sind' vorüber, jene Verbrechen sind bestraft, sind vergessen, und viele der damals Straffälligen leben in ungeschwächtem Ansehen

reinster Gesinnung als Staatsbürger, als Staatsdiener, warum? weil sie gestraft, nicht entehrt sind, und weil nach der bestehenden Gesetzgebung diese Personen, was zu allen Zeiten bei politischen Ver⸗ brechen der Fall sein wird, der überwiegenden Mehrzahl nach einem unreiferen Alter angehörend, der bürgerlichen Gesellschaft vo ständig wieder gewonnen werben konnten. Wie würde es mit diesen Perso⸗ nen unter dem Spruche des vorliegenden Entwurfs k haben? Würde wohl, frage ich, der Gerechtigkeitssinn des Volkes eine här⸗ tere, eine entehrende Strafart gefordert haben? Würde wohl, frage ich ferner, der denkende Theil des Volkes heute diese entehrende Strafart fordern für diejenigen politischen Verbrecher, welche zur Zeit des Hochverraths angeklagt, des Landesderraths bereits schuldig erklärt sind? Ich glaube, es würden wenige Stimmen sich dafür erheben. Wenn sch mir nun solche Thatsachen, solche Verhältnisse vergegen- wärtige, so muß ich weiter fragen: ist man denn heute berechtigt, zu sagen: ja, das war bisher ganz gut, aber wir reichen damit nicht mehr aus, wir müssen andere und härtere Strafarten gegen politi⸗ sche Verbrecher haben. Wenn ich mir diese Frage stelle, so denke ich zunächst an §. 119 des Gesetz⸗ Entwurfs von 1843, wo es heißt: „Läßt das Gesetz zwischen Zuchthausstrafe und Strafarbeit (Festungs- haft) die Wahl, so tritt die Zuchthausstrafe ein, wenn der Verbrecher durch die That eine völlige Verleugnung des Ehrgefühls oder einen hohen Grad von Bosheit zu erkennen gegeben hat.“ Ich erinnere mich ferner, daß ein solcher Unterschied der Gesinnung bei demselben Verbrechen unzweifelhaft stattfinden kann, daß er namentlich bei politischen Verbrechen stattfinden kann, wie in der J,. Debatte vielfältig anerkannt worden ist, und daß von manchen ernsten Worten, welche der Königliche Kommissar hier gesprochen, keines einen größeren Anklang gefunden hat, als daß nach seiner Ueberzeugung Ver- brecher aus politischer Schwärmerei nicht aller Ehre baar sein, nicht mit entehrenden Strafen belegt werden dürfen. Mich diesen Aussprüchen an⸗ schließend and danach von meinem Standpunkte aus die Frage, ob eine schärfende Aenderung der Strafart nöthig sei? verneinend, frage ich weiter;: von welchem Boden aus sind die in Rede stehenden Bestim⸗ mungen in das Gesetz gekommen? und da muß ich denn offen sagen, daß ich in denselben nichts erblicken kann, als die Spuren einer politisch aufgeregten Zeit, als dunkle ungerechtfertigte Besorgnisse ingstlicher Art, wie dieselben einem Gesetzbuche dieser Art fremd sein sollten. Es ist kein Vergnügen meine Herren, derartige Bemer⸗ kungen zu machen, die eine Tendenz⸗Anklage in sich zu schließen schelnen. Ich bevorworte daher, daß eine derartige Färbung in einer bewegten Zeit wohl gewiß eine ganz unwilltürliche geworden sein kann. Trotzdem bin ich überzeugt, daß sie vorhanden ist, und würde mich veranfwortlich machen, wenn ich es nicht aussprechen wollte. Ich darf nicht daran erinnern, daß ich schwerlich der Einzige bin, der die Ansicht hegt. Es ist dies eine Bemerkung, die man zu allen Stunden“ und an allen Orten von den gewichtigsten Stimmen hört, ich habe es aber für angemessen gehalten, sie in diesem Saale im Schoße dieser hohen Versammlung unverholen auszusprechen. Ich bin überzeugt, meine Herren, daß die geehrten Räthe der Krone uns gegenüber nicht minder gute Patrioten sind, als wir selbst, und in dem, was ich gesprochen, nicht die Absicht erblicken werden, schwäch⸗ liche Sympathicen für strafwürdige Verbrechen zu erwecken. Ich ver⸗ traue vielmehr, daß sie es anerkennen werden, wenn man selbst auf die Gefahr hin, mißverstanden zu werden, sich nicht scheut, Alles zu thun, um dem Gesetz, vor Allem dem Strafgesetz, die Sympathieen des Volkes zu sichern, ohne welche es doch nur ein klingendes Erz, eine tönende Schelle bleibt oder ein verzehrend Feuer wird. Von diesem Gesichtspunkte das Gesetz betrachtend, werden wir, hoffe ich, wenn meine Ansicht die richtige sein sollte, jene Spuren zu verwischen im Stande sein, wird es uns gelingen, namentlich diesen Titel, wie ich zuversichtlich hoffe, im Einverständ⸗ nisse mit den Räthen der Krone dahin umzugestalten, daß einfache Handlungen nicht deshalb für Verbrechen erklärt werden, weil sie politischer Natur sind, daß Verbrechen nicht deshalb mit entehrenden Strafen belegt werden, weil sie politischer Natur sind, und das Beil nur auf das Haupt des Schuldigsten niederfalle, dem von der Vor⸗ sehung nicht bestimmt war, ihm zu entgehen.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Jur Erläuterung des Systemes und der Prinzipien, von welchen die Regierung bei Abfassung der Bestimmungen in dieser wichtigen Materie ausgegangen ist, erlaube ich mir Einiges zu bemerken, woraus man, wie ich hoffe, die Ueber⸗ zeugung gewinnen wird, daß der Entwurf, im Vergleich mit unserer bestehenden Gesetzgebung, sowohl in den älteren Provinzen, als am Rhein, eine große Milderung enthält und als ein Fortschritt zu betrachten ist. Diese Milderung liegt hauptsächlich in der verschieden⸗ artigen Bestimmung des Zeitpunktes, mit welchem nach dem gegen⸗ wärtigen Entwurf das Verbrechen des Hochverraths erst als vollendet angenommen werden soll. Das Allgemeine Landrecht hatte, wie alle älteren Gesetzgebungen, beim Hochverrath die Gränze, wo die Strafe des vollendeten Verbrechens eintreten sollte, bis zum Aeußersten aus⸗ gedehnt. Es hieß dort im 5. 92:

„Ein Unternehmen, welches auf eine gewaltsame Umwälzung der

Verfassung des Staats oder gegen das Leben oder die Freiheit

seines Oberhaupts abzielt, ist Hochverrath.“ Hier war also ganz allgemein und unbestimmt gesagt, jedes Unter⸗ nehmen, es möge in seiner Entwickelung noch so wenig vor⸗ geschritten sein, solle vollendeter Hochverrath sein; und es stand auf ein solches Unternehmen in dieser weiten und unbestimmten Fassung die Todesstrafe. Bei der Revision hat man sich über genf. daß das Gesetz so weit, wie das Allgemeine Landrecht in Ueber- einstimmung mit dein älteren gemeinen deutschen Kriminalrechte und dem römischen Rechte ging, nicht gehen dürfe. Es wurden danach Todes- urtheile erlassen, von denen Jeder zum voraus die Ueberzeugung hatte, daß man sie nicht vollstrecken könne. Allerdings erforderte das Verbrechen des Hochverraths in Ansehung des Versuches eine andere Beurtheilung, als andere Verbrechen; denn wenn man sich darauf beschränken wollte, den Hochverrath erst dann als vollendet anzusehen und zu bestrafen, wenn er nach allgemeinen Prinzipien konsummirt sei, so würde man geradezu aussprechen, daß er in vielen Fällen straflos wärc. Wenn erst die Verfassung des Staates umgestürzt ist, wenn diejenigen, welche dieses verbrecherische Treiben vollführt haben, an der Spitze der Regierung stehen, wird man nicht mehr im Ernste davon reden könnchk, daß noch eine Bestrafung derselben erfolgen solle. Allein wenn hiernach auch zuzugeben ist, daß das Verbrechen es Hochverraths in der Behandlung des Versuches andere Rücksich= ten erfordere, wie gemeine Verbrechen, so hat doch die bisherige Erfahrung ergeben, daß man hierin nicht zu weit gehen 2 Denn einerseits steht es immer mit den Grundsätzen der Strafge⸗ rechtigkeit in Wiberspruch, wenn die eniferntesten Versuchs⸗Hand⸗ lungen mit gleicher Strafe, wie das vollendete Verbrechen, bedroht werden, und sodann führt dies nothwendig zu einer großen Zahl von Begnadigungen und diese wieder zur Schwächung des Gesetzes und Richterspruchs. Es kömmt also darauf an, die richtige Mitte zu finden, und in dieser Hinsicht läßt sich nicht leugnen, daß man der französischen Jurisprudenz und Legislation das Verdienst aner-