1848 / 40 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

die beiden schwersten Verbrechen gerechtfertigt erscheine, und daß ich mich nicht überzeugen * die Todesstrafe nicht durch eine an⸗ dere Strafart zu ersetzen sein sollte, daß ich dennoch aber sehr wohl anerkenne, wie der exeptionelle Zustand des Kriegs, von dem es sich in den gegenwärtigen Paragraphen handelt, eine Ausnahme von der Regel gebieten kann.

Abgeordn. von Auerswald: Ich habe den Referenten schon

bei dem ersten Vortrage so verstanden, daß er in Ergänzung des Abtheilungs-Gutachtens darauf angetragen hat, statt 106 jähriger bis lebenswieriger Zuchthausstrafe Strafarbeit und Festungshaft mit fa—= kultativer Aberkennung der Ehrenrechte zu bestimmen. Ich hoffe, daß dieser Antrag zur Abstimmung kommen wird. Ich habe aber um das Wort gebeten, um mich in Betreff der Todesstrafe zu äu⸗ ßern. Ich schließe mich im Allgemeinen in dieser Beziehung an das an, was der geehrte Marschall der Provinz Brandenburg gesagt hatz ich . daß in diesem Falle die, wenn man sie so nennen will, geschärfte Todesstrafe nicht ganz gerechtfertigt ist. Wir müssen einen Unterschied machen, und da glaube ich, daß dieser Unterschied sich rechtfertigt, wie ihn der Entwurf gemacht hat, daß nämlich No. 1 im 8. 8 und vorsätzlicher Mord an Verwandten in aufsteigender Linie allein in der angedeuteten Art unterschieden werden müssen. Ich muß im vorliegenden Fall gegen den Zusatz der fakultativen Ab- erkennung der Ehrenrechte bei der Todesstrafe stimmen, dagegen aus den von dem Herrn Minister der Gesetzgebung entwickelten Grün⸗ 91 diesen Zusatz mich erklären bei der zu erkennenden Straf⸗ rbeit. . Marschall: Wir können nun zur Abstimmung kommen. Es sind zwei Fragen zu stellen, eine in Beziehung auf die fakultative Aberkennung der Ehrenrechte bei der Todesstrase und die zweite auf die beantrsgte Verwandlung der Zuchthausstrafe in lebenswierige Festungshaft oder Strafarbeit, verbunden mit fakultativer Aberlen—⸗ nung der Ehrenrechte. Die erste Frage heißt: soll beantragt wer— den, daß, wenn im Falle des 8. 87 auf die Todesstrafe erkannt wird, auch auf Verlust der Ehrenrechte erkannt werden könne? Die jeni= en, welche die Frage bejahen, würden es durch Aufstehen zu er— kennen . Ich bitte, einen Augenblick stehen zu bleiben. Es ist zweifelhaft. Die Herren Secretaire werden die Zählung vor— nehmen. .

Das Resultat der Abstimmung ist folgendes: mit Ja haben ge⸗ stimmt 53, mit Nein 43. it h 3h , , 9 Abgeordn. Graf Renard: Ich erlaube mir, um das Wort zu

itten.

Marschall: Wir sind jetzt noch bei ber Abstimmung, es kommt noch eine Frage.

Abgeordn. Graf Renard: Ich bitte ums Wort bei Gelegen⸗ heit der Abstimmung. Durch unsere vorhergehenden Beschlüsse sind wir nun auf einen Standpunkt gelangt, wo die Abstimmung durch aus kein deutliches Bild von dem Wunsche und der Ueberzeugung der Versammlung giebt. Ich habe mich fruchtlos bemüht, bei meiner Ab . , . . . ö aber der Konsequenz nicht mehr folgen, und i aube, es geht mehreren mei en d r. 9 geh h meinen geehrten Herren

Marschall: Die nächste Frage heißt:

Soll beantragt werden, statt der Zuchthausstrafe 10jährige bis lebenswierige Festungshaft oder Strafarbeit mit fakultativer Aber— kennnng der Ehrenrechte eintreten zu lassen?

Diejenigen, die diese Frage bejahen, würden das durch Aufstehen

zu erkennen geben.

(Die Majorität spricht sich dafür aus.)

Wir kommen nun zu §. 88.

Referent Naumann lliest vor):

„F. 88.

Preußische Unterthanen, welche während eines gegen den preu⸗ ßischen Staat ausgebrochenen Krieges im fremden Heere Dienste neh⸗ men und die Waffen gegen den König oder dessen Bundesgenossen tragen, sind als Landesverräther mit dem Tode zu bestrafen.

Gegen preußische Unterthanen, welche schon früher in fremden Kriegsdiensten standen, soll, wenn sie nach Ausbruch des Krieges in denselben verbleiben und die Waffen gegen den König oder dessen Bundesgenossen tragen, zehnjährige bis lebenswierige Zuchthausstrafe erkannt werden.“

„Zu S. 85.

Die in diesem Paragraphen gewählten Bezeichnungen und Aus= drücke geben zu einer doppelten Erinnerung Anlaß. Einmal ist ge— gen den Ausdruck im fremden Heere“ zu erinnern, daß er den Sinn, welcher damit bezeichnet werden soll, nicht richtig ausdrückt, da nur ein „feindliches Heer! gemeint sein kann. Außerdem aber ist zu er— innern, daß es nicht angemessen gefunden werden kaun, wenn im Ge— setze überhaupt, und selbst in einzelnen Paragraphen für dieselben Ver= hältnisse verschiedene, Bezeichnungen gewählt werden. Im vorliegen den Paragraphen wird ein ausgebrochener Krieg gegen den „preu⸗ ßischen Staat“ vorausgesetzt, während gleich darauf vom Tragen der Waffen „gegen den König“ die Rede ß Da beide Auedrücke hier identisch sein sollen, so ist es zweckmäßig, auch ein und denselben Aus⸗ druck beizubehalten, und da der Landesverrath niemals gegen die Per⸗ son des Königs insbesondere, wie der Hochverrath (8. 80 Nr. 1) sondern nur immer gegen den Staat begangen werden kann, es auch nicht dem Sprachgebrguche gemäß wäre, einen Krieg gegen den preu— ßischen Staat als grieg gegen den König zu bezeichnen, so hat die ,. sich mit 12 Stimmen gegen 1 dafür erklärt, vorzu=

agen:

9. ue gt j , n,. er Wortes „fremden“ in „feindli—

en“ qu eantragt werde, statt: „gegen den König“ 9

. preußischen Staat“.“ ö honig. za setzen:

Außerdem würde es, in der Konsequenz liegen, auch hier die Zuchthausstrafe nicht als die spezisische Strafe festzusetzen, sondern als Strafart: Strafarbeit und Festungshaft eintreten zu lassen und, nach ig, der einzelnen Fälle, mit oder ohne Entziehung der bůrger⸗ lichen Ehre. !

? Abgeordn. Graf von Hompesch-Rurig: Ich muß mich theil= weise gegen diesen Paragraphen erklären. Daß ein preußischer Un terthan, der nach ausgebrochenem Kriege muthwillig in feindliche Dienste tritt und gegen König und Staat die Waffen trägt. den Tod verdient, damit bin ich ganz einverstanden; ich glaube aber, daß die= ses mehr in den Militair⸗Koder gehört, als in ein Civil-Strafgesetz⸗ buch. Dieser Mann ist Militair ünd fällt unter die militairische Dis⸗ ziplin. Wird er mit den Waffen in der Hand gefangen, so sinde ich es der Ordnung der . gemäß, daß er vor ein Kriegsgericht ge— stellt und mit dem Tode bestraft wird; nimmt er aber an einer Ca= pitulation Theil, in welcher sein Leben und seine Freiheit gesichert ist, ob dann dieser Mann nachher noch strafbar ist, das kann ich nicht bestimmen. Was das Wort „Bundesgenossen / betrifft, so muß ich mich für die Streichung desselben erklaͤren. Dieses Wort ist sehr elastisch, z. B. Preüßen ist im Krieg und mit Rußland alliirt, ein preußischer Unterthan geht zu Chamille und trägt unter ihm die Waf⸗ fen egen Rußland, oder Preußen ist mit der Türkei alliirt und ein preußischer Unterthan geht nach Griechenland und vertheidigt dort die Unabhängigkeit dieses Staats: i diese Landes verräther? Wir haben ferner in der unglücklichen Kriegsperiode gen, daß preußi⸗ sche Unterthanen unter der französischen Armee in Spanien, in Ruß⸗

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land gekämpft haben; sind diese Landesverräther gewesen? Nein, sie waren gewiß Alle echte Patrioten. Ferner muß ich auf die gänzliche Streichung des zweiten Alinea im Paragraphen antragen. Jedermann weiß, daß in unserem Vaterlande sehr viel gefordert wird, daß z. B. die Civil und Militair⸗Eramina sehr weitläufige Studien erfordern; Jemand, der in einem Examen durchfällt, dessen Existenz im Vater⸗ land ist verloren, er sucht seinen Unterhalt in einem fremden Staate, er wird angestellt und dient mit Ehren; ein Krieg bricht aus, und es muß nun dieser Mann das neue Vaterland, seine Anstellung und Existenz aufgeben, muß die Fahne, der er den Eid der Treue geleistet hat, verlassen und in das Vaterland zurückkehren, und was wird das Vaterland ihm zum Ersatze bieten, wird das Vaterland für seine Exi⸗ stenz sorgen, wird es ihm eine Anstellung geben? Ich glaube nicht; also was bleibt ihm übrig? Verläßt er die Fahne, so wird er als feig von seinen Kameraden betrachtet, er scheint sich zu fürchten vor dem Kriege; kehrt er zurück, so wird er in nichts verwandelt. Ich trage also auf Streichung des zweiten Aline an.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Ich erlaube mir hierauf Eini=

es zu erwiedern. Zunächst ist eiwihnt worden, es würde diese

estimmung nicht in das Allgemeine Strafgesetzbuch, sondern in das Militair-Strafgesetz gehören. Indessen wird sich diese eigentlich mehr systematische Bemerkung erledigen, wenn man erwägt, daß das Militair-Strafgesetzbuch sich nur auf Militairpersonen bezieht, hier aber ist nicht von preußischen Militairpersonen die Rede, sondern von preußischen Unterthanen im Allgemeinen; also gehört, wenn man eine solche Bestimmung überhaupt aufnehmen will, dieselbe hierher und nicht in das Militair-Strafrecht.

Ferner ist erwähnt worden, daß die betreffende Bestimmung nicht angemessen sein würde in dem Falle, wenn eine Capitulation geschlos⸗ sen wäre. Allein wenn eine Capitulation in dem Sinne geschlossen worden ist, wie von dem geehrten Redner angeführt wurde, wenn also Straflosigkeit garantirt worden ist, alsdann kann dieses oder ein anderes Strafgesetz überhaupt nicht zu—r Anwendung kommen. Denn die Capitulation ist eine spezielle vertragsmäßige Abänderung des all- gemeinen Strafgesetzes, und nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen schließt ein solches spezielles Uebereinkommen die Anwendung des allgemeinen Gesetzes aus. Ferner sind die Uebelstände erwähnt worden, zu wel⸗ chen die Bestimmung Veranlassung geben könnte, namentlich in dem Falle, wo die Waffen gegen einen Bundesgenossen des Königs ge⸗ tragen würden; es ist hingewiesen auf einen Fall, der in diesem Augenblicke sich ereignen fann, wo Rußland im Kriege mit den kau kasischen Völkerschaften begriffen ist. Allein auch diese Erinnerung ist nicht zutreffend, denn im §. 88 ist im Eingange ausdrücklich als Be⸗ dingung des Verbrechens aufgestellt, daß das Verbrechen während eines gegen den preußischen Staat ausgebrochenen Krieges geschehen sein müsse, es ist also, wie hier überhaupt nur von Landesverrath in Kriegszeiten die Rede ist, ausdrücklich vorausgesetzt, daß Preußen mit einer anderen Macht alliirt ist und nun während des Krieges die Waffen gegen den König oder seine Verbündeten getragen werden. Ferner sind exceptionelle Verhältnisse erwähnt worden, man hat daran erinnert, daß preußische Unterthanen nach Spanien und Portugal ge⸗ gangen seien und dort die Waffen gegen die Franzosen getragen hätten, welche Letzteren damals die Alliirten von Preußen gewesen seien. Allein exceptionelle Verhältnisse werden immer bestehen, und diese kann man bei Abfassung eines Strafgesetzbuches nicht ins Auge fassen, indem letzteres nur den gewöhnlichen Zustand der Dinge be⸗ rücksichtigen kann. Für exceptionelle Verhältnisse kann immer nur durch erceptionelle Maßregeln, namentlich durch die Allerhöchste Gnade, Abhülfe gewährt werden. Endlich und hauptsächlich aber ist vom ge— ehrten Redner darauf angetragen worden, das zweite Aline des 8. 88 fortfallen zu lassen, weil diese Bestimmung zu großer Härte Veran- lassung geben könne, wenn man erwäge, daß ein preußischer Unter⸗ than bei der Schwierigkeit, in den gegenwärtigen Verhältnissen hier eine passende Anstellung im Militair zu finden, nach einem anderen Staate gegangen sei, dort sich zum Offizier habilitirt habe und nun, nachdem dieser Staat mit Preußen in einen Krieg verwickelt worden, die Waffen gegen Preußen tragen müsse. Indessen glaube ich nicht, daß diese Bemerkung von entscheidendem Einfluß ist. Dem Unter⸗ than, welcher Preußen verläßt, in einen anderen Staat geht und dort in Tienst tritt, ist durch unfere staatsrechtliche Gesetzgebung bestimmt und deutlich der Weg vorgezeichnet worden, welchen er einzuschlagen hat, um sich der Gefahr dieses Paragraphen nicht auszusetzen. Im Gesetze vom 31. Dezember 1812 über die Erwerbung und den Ver⸗ lust der Eigenschaft als preußischer Unterthan sind ausdrücklich die Mittel und Wege bezeichnet, wie in einem solchen Falle die Erlaub— niß des Staates und der Emigrations-Konsens nachgesucht werden muß. Wer das nicht thut, wer nach wie vor preußischer Unterthan bleiben will und auf die aus diesem Verhältniß entspringenden Rechte Anspruch macht, muß sich andererseits den Pflichten unterwerfen, welche jeder Staat mit Recht von seinen Bürgern fordert. Er ist, so lange er preußischer Unterthan bleibt, gehalten., dem nachzukommen, was er seinem Lande schuldig ist.

Korreferent Frhr., von Mylius: Es ist auf das Gesetz vom 31. Dezember 1842 Bezug genommen worden, und dieses Gesetz ist allerdings dasjenige, welches auch bereits in der Abtheilung zur Er- wägung gebracht ist. Es ist gesagt, daß, wer die Bedingungen des Gesetzes vollständig erfüllt hat, aus dem Unterthanen-Verbande aus⸗ getreten ist, also das zweite Alinea in keiner Weise auf ihn Anwen— dung finde. Diese Rücksicht hat auch die Abtheilung bestimmt, keinen Antrag auf Streichung des Alinea zu stellen, obwohl es allerdings, aus dem von dem ersten Redner entwickelten Grunde, auch, abgesehen von den Beschränkungen durch das Gesetz vom 31. Dezember 1812, ein solcher Antrag vollständig gerechtfertigt wäre. Steht aber fest, daß auf alle im gesetzlichen Wege aus dem preußischen Unterthanen⸗ Verbande Ausgeschiedenen die Bestimmung des Aline nicht zur An— wendung kommen solle, so würde dies mit noch größerer Bestimmtheit auszusprechen sein. ö.

Dann ist noch zu erwägen, daß füglich preußische Unterthanen in derartige Kriegsdienste vor dem Erscheinen des Gesetzes von 1842 eingetreten seien, und auf diese würde möglicherweise dieses Alinea des Paragraphen in Anwendung gebracht werden, wenn nicht eine ausdrückliche Bestimmung eingeschaltet wird, wodurch diese Anwendung auch für diese Fälle ausgeschlossen wird. Ich stelle anheim, ob diese Bemerkung seitens des Gouvernements als eine Fassungsbemerkung in Erwägung gezogen werden wolle.

Candtags⸗-Kommissar: Ich glaube nicht, daß es nöthig sein wird, diese vorgeschlagene Ausnahme zu stellen, weil das Gesetz von 1841 in dieser Beziehung nichts Neues vorschreibt, sondern das Ge⸗ setz über die Auswanderungen vom Jahre 1518 den, Weg eben so deutlich vorzeichnet, den derjenige, welcher aufhören will, preußischer Unterthan zu ö, einschlagen muß. Es wird nach unseren älteren und neueren Gesetzen Niemanden, der die Militairpflicht erfüllt hat, der Auswanderungs-Konsens verweigert. Wer also in fremde Dienste getreten ist und nicht preußischer Unterthan bleiben will, der kann sein Unterthanen— Verhältniß ohne Schwierigkeit auflösen. Ist er aber mit dem Bewußtsein, preußischer Unterthan zu bleiben, in fremde Dienste en; so . er auch nicht die Waffen gegen sein Vaterland führen; thut er es dennoch, so 6 er auch haf büßen. Einer unserer Nachbarstaaten fordert die Rückkehr seiner in fremden Diensten stehenden Unterthanen im Falle des Krieges bei Lebens-

strafe, und dort gilt nicht das Recht der Auswanderu i zose hört nicht auf, Franzose zu sein, er darf daher 1 2 nie die Waffen gegen Frankreich tragen. Diesem viel strengeren . rn trifft den Gesetzes-Vorschlag kein Vorwurf der

Korreferent Frhr. von Mylius: Mein Bedenken i Erklärung des Herrn Landtags⸗-Kommissars insofern 3 1 daraus die Gewißheit entnehme, daß die Strafbestimmung niemals zur Anwendung kommen wird, wenn der Auswanderungs-Konsens er= . ist.

arschall: Es ist vorher zu ermitteln, ob der V Abgeordneten Grafen von Hompesch auf Streichung * . nea die Unterstützung von acht Mitgliedern findet.

(Es erheben sich mehrere Mitglieder.)

Er wird eventuell zur Fragestellung kommen.

Abgeordn. von Arnim: Ich will mich zunächst gegen den Vor— schlag der geehrten Abtheilung aussprechen, die Worte: „gegen den König“ zu streichen. Ich finde auch, wie die Abtheilung angeführt hat, in der verschiedenen Bezeichnung, die in diesem Paragraphen auf⸗ genommen ist, nichts Unangemessenes. Nämlich es ist allerdings sehr zulässig, daß das Ausland Krieg gegen den preußischen Staat führt, ganz anders gestaltet es sich aber in Beziehung auf den Unterthanen, der seinem Könige, seinem Landesherrn, den Eid der Treue geleistet hat. Meine Herren! als am 3. Februar 1813 gestern sind es 35 Jahre gewesen der König sein Volk zu den Waffen rief, da war unser Wahlspruch: „Mit Gott für König und Vaterland!“ denn beides ist hoffentlich für immer bei uns eng verbunden, des⸗ halb besitzen wir auch in unserem Könige einen Landesvater; mit diesem Wahlspruche haben wir einen mächtigen und muthigen Feind aus dem Vaterlande getrieben und das Vaterland befreit., Auch jetzt ziert die Nation noch dieser edle Wahlspruch, er ist tief in die Ge⸗ sinnung der Nation eingedrungen, und ich hoffe, daß er sich von Generation zu Generation hinübertragen werde bis in die späteste Zeit. Wenn es aber hiernach für den preußischen Unterthan die erste Pflicht ist, für seinen König zu kämpfen, für seinen König die Waffen zu führen, so ist der auch ein Landesverräther, der die Waffen gegen seinen König, gegen seinen Landesherrn führen könnte, und wůnsche ich daher, daß der Paragraph, so wie er vorgeschlagen worden ist, vom Gouvernement mit Ausnahme der in Konsequenz der früheren Beschlüsse nöthigen Abänderungen angenommen werde.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Es wird mir schwer, das auszusprechen, was ich wollte, weil ich nur allzuleicht mißver⸗ standen werden könnte. Es ist von mehreren Seiten hier gesagt worden, der Landesverrath, wie ihn der vorliegende Paragraph be⸗ zeichnet, sei allemal ehrenrührig, und ich theile ganz gewiß im All- gemeinen diese Meinung; aber, meine Herren! wir müͤssen auch be⸗ denken, daß ganz besondere Verhältnisse eintreten können, die eine ganz andere Ansicht geben, als dieser Paragraph von der Sache und don dem, was er als Verbrechen bezeichnet. Der Regierungs-Kom⸗ missar hat nur den Fall von Spanien und Portugal dem Abgeord⸗= neten vom Rheine entgegengestellt, er hat aber vergessen, den Krieg von 1812 ins Auge zu fassen. Meine Herren, was gewesen ist, kann wiederkehren, dies wird Niemand bestreiten, und die ehrenvoll- sten Männer, viele noch heute in unserer Armee, haben damals nicht blos gegen die Bundesgenossen des preußischen Staates, sondern sogar gegen die preußischen Truppen selbst gefochten. Ich stehe nicht an, es auszusprechen, ich selbst würde diesem Paragraphen verfallen, wenn er nach seiner Strenge Anwendung gefunden hätte. Gehorsam dem Befehl des Königs hatten wir willig und freudig für die Ehre der preußischen Waffen gekämpft, an der preußischen Gränze an⸗ gekommen, erkannten wir es aber für eine Pflicht, gegen König und Vaterland nicht länger unsere Waffen dem französischen Interesse zu leihen, und bevor wir die Gränze überschritten, wurde unter Einzelnen eine Verabredung getroffen. Ich mußte leider noch auf preußischem Boden einen Angriff auf russische Truppen machen 2 Bataillone und 1 Kanone wurde genommen, aber mein letzter Kamerad der Eskadron fiel, und allein stand ich nun da, und trat mit dem russi⸗ schen General in Unterhandlung und fragte an: „was Rußland thun würde, wenn wir jetzt im Interesse Preußens mit Rußland gegen Frankreich zu kämpfen uns entschlössen?“ Ich hättelnach einer befriedi⸗ genden Erklärung, die mir wurde, es auch einzeln ausgeführt, wenn nicht mein edler Feldherr sich an die Spitze gestellt und nach meinem Antrage den entfernten Truppen und unter Vorwissen ihrer Offiziere jene bekannte Capitulation abgeschlossen hätte. Was war aber jene Capitulation anders nach dem Wortbegriffe dieses Paragraphen, als Landesverrath? Aber wir setzten zwar das Leben, doch nicht die Ehre ein. Wer erkennt es hier wohl anders? Deshalb möchte ich auch bei diesem Paragraphen mehr Schonung und mildere Strafen anempfeh⸗ len. Liegt es gleich in des Königs Willen, ihn nicht in seiner Häcke anzuwenden, so können wir doch auch dem Richter einen gesetzlichen weiteren Spielraum lassen. Nun wende ich mich zu dem Amendement des Abgeorbneten aus der Rheinprovinz. Ich trete nicht bei, den ganzen zweiten Passus zu streichen, aber ich will, daß die „Bundes- genossen“ daraus gestrichen werden, denn es steht ein so weites Feld hier offen, daß ich glaube, wir können ohne Gefahr des preußischen Staates es thun, und für manche Unterthanen viele Verlegenheiten dadurch vermeiden. (

Abgeordn. Camphausen: Der Herr Landtags-Kommissar hatte sich über den Punkt wegen der Bundesgenossen gar nicht . ber Herr Ministerial-⸗Kommissar hat gemeint, daß etwaige Verlegen heiten durch erceptionelle Maßregeln zu beseitigen sein würden. Es ist dies auch meine Ansicht, und ich bin der Meinung, daß man des⸗ halb nichts in das Gesetz aufnehme und exceptionelle Maßregeln im Sinne des Entwurfes, wenn nöthig, anordne. Es ist sprachlich nicht richtig, daß man einen Landesverräth begehe, wenn man gegen ein gn fremden Staat die Waffen führt. Ich halte es aber auch nicht politisch, die Bestimmung in das Strafgesetzbuch zu bringen weil diele Fälle eintreten können, und es ist bereits einer angeführt wor= den, wo die Regierung selbst wünschen muß, daß eine solche geseßz⸗ liche Strafbestimmung nicht vorhanden sei. Ich stimme , fern dem Antrage, der vön dem geehrten Mitgliebe aus e e. provinz gestellt worden ist, bei, als ich mich für Streichung des Wortes „Bundesgenossen“ erkläre. 5 2

Abgeordn. Freiherr von Gaffron; Dasjenige, * n , tragen habe, bezieht sich auf die Acußerung e , men ie, ü. aus Brandenburg, nämlich duf den Vorschlag. snstatt: „die Ver- bündeten des Königs“ zu sagen: „die Verbündeten des preußischen Staates“. Ich habe ebenfalls unter diejenigen gehört, die in der Abtheilung für diese Veränderung gestimnit haben, und zwar lediglich wegen der Fassung, weil im Anfange ter FS. 88 und 87 bei Landes vertath immer von Handlungen gegen den preußischen Staat die Rede ist. Nach meinen Begriffen ist der König und der Staat eins, wenn ich dies auch nicht im Sinne des XI V. Ludwig's verstehen will. Auch ist von der Abtheilung im folgenden §. 89, wo mehrmals von den Verbündeten des . und seinen Truppen die Rede ist, dieser Ausdruck nicht im Mindesten bemängelt worden. Es bedarf wohl keiner Versicherung, daß eine andere Tendenz weder von mir noch von einem anderen Mitgliede der Abtheilung hier nicht obgewaltet hat. Wenn sich nun die ganze Sache nur auf den Vorschlag hin⸗ sichtlich der Fassung bezieht, wenn an einer anderen Stelle von den

Truppen und Verbündeten des Königs mehrfach die Rede ist, wenn es der König unzweifelhaft ist, der Krieg und Frieden beschließt, und wenn diese Abänderung nur im Mindesten die Deutung erleiden sollte, als werde eine Trennung der Begriffe König und Staat hier beab— sichtigt, so würde ich keinen Anstand nehmen, für die Fassung des Entwurfs zu stimmen, weil ich das Ganze nur für eine Fassungssache und also für unerheblich halte. n e , wei Abgeordn. von Weiher: Der Ausdruck „Bundes genossen“ scheint mir nicht undeutlich in der Fassung zu sein, da die Nachbarstaaten, die ihren Beistand uns leihen, eben so angesehen werden müssen, wie die vaterländischen Truppen. Die Folgerungen, die daraus gezogen worden sind, scheinen mir mehr die Staaten zu bezeichnen, mit denen wir in freundlichen Verhältnissen stehen. Aber von diesen ist hier nicht die Rebe, und wenn das Beispiel von Rußland angeführt wurde, so ist darauf zu erwidern, daß es jetzt nicht unser Bundesgenosse, r Staat ist. Nur macht mich das zweite in durch die Erklärung des Herrn Ministers es stehe jedem

dige exceptionelle Fälle aus den Jahren 1812 und 1813 angeführt hat, hat vorausgesetzt, es sei behauptet, daß diese Art des Landes⸗ verrathes jedesmal mit ehrloser Gesinnung verbunden sein müsse. Ich habe eine solche Behauptung nicht aufgestellt, auch nicht gehört, erkläre vielmehr, daß eine solche Voraussetzung keinesweges zutreffen würde, Wenn aber von einem geehrten Mitgliede verlangt wurde, daß diese und ähnliche exceptionelle Fälle in dem Gesetze vorgesehen und ausgenommen werden müßten, so halte ich das für eine Unmög- lichkeit. Wer aber in einem solchen Falle einem edlen und reinen Gefühle folgt, der weiß, daß er es mit der Gefahr thut, durch das Gesetz getroffen zu werden, und ohne Zweifel sind die edlen Hand— lungen, welche der Redner anführte, auch in diesem Bewußtsein aus⸗ geführt; gerade deshalb erscheinen sie um so höher und edler. Darum glaube ich, daß wesentlich an dem Gesetze nichts geändert werden darf.

Um auf die von einem geehrten Deputirten aus Pommern ge⸗ stellte Frage zurückzukommen, so erwidere ich darauf, daß deshalb, weil Jemand im preußischen Staate mit Grundeigenthum angesessen st, er nicht verhindert wird, auszuwandern; sein Besitzthum im preußischen Staat wird dadurch nicht gefährdet. Jeder, der aus⸗ wandern will, hat die Befugniß, auszuwandern, sobald er die preuß. Militairpflicht, einschließlich der Reserve, erfüllt hat, nicht einmal das Landwehrverhältniß hindert ihn. Die Beibehaltung des Besitzes in Preußen verhindert oder erschwert die Auswanderung nicht. Wer aber unter Beibehaltung seines Unterthanen-Verhältnisses und seiner Rechte als Preuße in fremde Dienste tritt, der muß entweder die Bedingung stellen, im fremden Kriegsdienste nicht die Waffen gegen sein Vaterland tragen zu dürfen, oder er muß sich der Gefahr aus⸗ setzen, nach preußischen Gesetzen als, Landesverräther verurtheilt zu werben. Das ist der Sinn der Bestimmung des Entwurfs.

Abgeordn. Camphausen: Nicht das hatte ich vorgeschlagen, daß die Exception in das Gesetz gebracht werde, sondern daß das Gesetz nichts enthalte, uud daß, wenn das Verbot, nicht gegen die Bundesgenossen die Waffen zu führen, erforderlich sei, dann die Exception als administrative Maßregel eintrete. Das ist der Sinn dessen, was ich gesagt habe. Ich. glaube, daß die Versammlung nicht ein Interesse hat, auf theoretische Definitionen einzugehen, weil aber von einem verehrten Mitgliede die Umänderung des Wortes König, in Staat, beanstandet und von ihm gesagt worden ist, daß König und Staat identische Begriffe seien, so möchte ich erwidern, daß ich das nicht für richtig halte. Der Staat ist nicht vorhanden ohne den König, aber auch nicht vorhanden ohne das Volk, das Volk und der König zusammen bilden den Staat, aber der Staat und der König sind nicht identisch. Es ist dies übrigens praktisch von ge⸗ ringer Bedeutung.

Abgeordn. von Auerswald: Ich stimme alle dem, was der Herr Landtags-Kommissar über diese exceptionellen Verhältnisse gesagt hat, vollkommen bei; ich glaube indeß, daß er das verehrte Mitglied ber Ritterschaft aus Preußen mißverstanden hat, welches seinen An= trag nur dahin gerichtet hatte, daß die Strafe gemildert werde, daß nicht eine entehrende Strafe eintreten möchte. Weshalb ich haupt⸗ sächlich mir das Wort erbeten habe, ist, um mich auch noch gegen das Wort Bundesgenossen zu erklären, nicht weil ich so große praktische Nachtheile davon sehe, wie es von einer Seite angedeutet ist (so wenig, wie ich von der anderen Seite praktische Vortheile ab— sehen kann), sondern weil mir die Worte wirklich eine innere Unwahr⸗ heit zu enthalten scheinen. Streng genommen ist es nicht begründet, daß derjenige Landesverrath begeht, der nicht gegen sein Land selbst, sondern gegen den Bundesgenossen dieses Landes kämpft. Diese Wahrheit hat sich mir am deutlichsten gemacht, wenn ich die Para— graphen in sich verfolgte. Ich sehe mir den Gesetz⸗Entwurf an, ver⸗— tiefe mich in die Materie des Hochverraths und Landesverraths, ver⸗ gegenwärtige mir das Schmähliche, den patriotischen Sinn Verletzende des Verbrechens, und den ganzen Ernst, den die Strafe erfordert, und da stoße ich ganz unvermuthet, ganz unvorbereitet auf die Bun desgenossen; ich muß versichern, daß ein ganz anderer Ideengang bei mir eintritt, eine ganz andere kühlere Empfindung.

(Gelächter. )

Ich verliere den ganzen Ernst, mit dem ich an die Strafwürdigkeit des Verbrechens gedacht habe, und überzeuge mich, daß Fremdartiges hineingemischt, die Wahrheit des ursprünglichen Gedankens alterirt ist.

ustiz⸗Minister von Savigny: Ich glaube, daß fortwährend der Paragraph ä mißverstanden wird. Wenn hier von Bundesgenossen die Rede ist, so scheint man an den Fall zu denken, wo überhaupt Verbündete vorhanden sind, wenn also Jemand gegen einen mil uns befreundeten und verbündeten Staat die Waffen führt.

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Davon ist nicht bie Rede, sondern hier ist die Rede von einem gegen den preußischen Staat ausgebrochenen Kriege, in welchem der preu⸗ ic Staal Bundesgenossen hat, und in diesem Kriege sind seine

undesgenossen offenbar mit ihm identisch. Ich will den Fall an⸗ nehmen, daß unsere Armeen neben einander stehen, gemeinschaftlich kämpfen, und irgend ein Preuße die Waffen trägt nicht unmittelbar gegen unser Heer, sondern gegen das neben uns stehende verbündete Heer. Es ist vollkommen gleichgültig, denn in diesem Augenblicke sind die mit uns gemeinschaftlich Kämpfenden mit unserem Heere dentisch. Von diesem Falle allein spricht der Paragraph, und, das glaube ich, kann unmöglich als etwas Anstößiges und Zweifelhaftes betrachtet werden.

Abgeordn. von Auerswald: Ich kann mich nicht für überzeugt erklären. Ganz in derselben Art, wie nach 8. 86 die Strafe des Hochverraths den Ausländer trifft, ohne daß er Hochverräther ist, habe ich nichts dagegen, wenn man Jemanden todtschießt, weil er gegen die Bundesgenossen sicht. Er soll aber nicht als Landesver⸗ räther, sondern als Feind der Bundesgenossen todtgeschossen werden. Ich muß auch nach der von dem Herrn Minister gegebenen Erklä⸗ rung dabei bleiben, daß das Wort Bundesgenossen gestrichen werde. Wenn man hier Rücksicht auf die Bundesgenossen nehmen will, so möge man einen eigenen Paragraphen bilden, und sagen: die für die Landesverrätherei angedroheten Strafen treffen auch die⸗ jenigen, welche die Waffen gegen die Bundesgenossen des Königs tragen, dann ist der Inhalt wenigstens nicht in sich unwahr,

Marschall: Wir können zuͤr Abstimmung kommen. Die erste Frage ist zu richten auf den Vorschlag, das zweite Alinea des 8. 88 zu streichen; eventuell d. h. nach Ausfall dieser Abstimmung würde die Frage zu stellen sein, ob die Worte: „oder dessen Bundesge⸗ nossen“ wegzulassen seien. Nachher würde eine Frage auf den jetzt geänderten Antrag der Abtheilung zu richten sein, daß nämlich die Strafe des Zuchthauses verwandelt werden möge in Festungshaft oder Strafarbeit mit fakultativer Aberkennung der Ehrenrechtt. Wenn jedoch irgend ein Mitglied der Abtheilung auf Stellung einer Frage, die mit dem ursprünglichen Antrage der Abtheilung in Ueber⸗ einstimmung wäre, beharrt, so würde auch diese Frage zu stellen sein, und die Frage, welche ich zuerst erwähnte, nur als hervor⸗ gehend aus dem Vorschlage des Referenten zu betrachten sein.

(Der Abgeordnete Graf Hompesch verzichtet auf Stellung der ersten Frage.) ö Dann ist die erste Frage auf Wegfall der Worte: „oder dessen Bundesgenossen“ zu richten, und der Antrag, welcher außerdem noch gemacht worden ist, daß die Worte: „gegen den König“ bei⸗ zubehälten seien, gäbe insofern keine Veranlassung zur Fragestellung, als es denjenigen Mitgliedern, welche diesem Vorschlag beitreten wollen, vorbehalten bleibt, die Frage zu verneinen, welche auf An⸗ nahme des Gutachtens der Abtheilung gerichtet wird.

Abgeordn. von Byla: Wenn ich den geehrten Redner der preußischen Ritterschaft richtig verstanden, so hat dersele zuletzt noch einen Antrag hinsichtlich des Wortes „Bundes gen osssen“ formirt, der ganz mit meiner Ansicht übereinstimmte, nämlich diese beiden Bestimmungen „gegen den König“ und „gegen dessen Bundesgenossen“ zu trennen. Auf gänzliche Streichung der Worte „oder dessen Bun⸗ desgenossen“ hat derselbe zuletzt nicht angetragen.

Abgeordn. von Auerswald: Ich habe auch nur auf Streichung angetragen, aber zugleich anheimgestellt, wenn es durchaus nöthig wäre, einen besonderen Paragraphen zu verfassen.

Abgeordn. von Byla: Bei der Fragestellung habe ich zu be⸗ merken, daß, wenn der Antrag auf gänzliche Streichung der Worte „oder dessen Bundesgenossen“ nicht Berücksichtigung finden sollte, noch auf den Antrag bes ritterschaftlichen Abgeordneten von Preußen, einen besonderen Paragraphen für die Bundesgenossen zu bilden, ein⸗ gegangen werden könnte, und deshalb event. eine Frage in dieser Hinsicht noch zu stellen sein dürfte.

Marschall: Dies kann füglich als Gegenstand der Fassung an⸗ gesehen werben. Die erste Frage heißt also: Soll auf Wegfall der Worte: „oder dessen Bundesgenossen“ angetragen werden? und die— jenigen, welche diese Frage bejahen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. Ich bitte, einen Augenblick stehen zu bleiben, damit die Stimmenzahl genauer erkannt werden kann.

Abgeordn. von Arnim: Sollte es nicht wünschenswerth sein, bei einer so wichtigen Angelegenheit zu zählen?

Marschall: Es wird die Zählung vorzunehmen sein. Für Ja haben gestimmt 46, für Nein 48. Die nächste Frage ist nun zu richten auf den abgeänderten Antrag der Abtheilung. Sie heißt: Soll beantragt werden, daß die Zuchthausstrafe in Festungshaft oder Strafarbeit mit fakultativer Aberkennung der Ehrenrechte verwandelt werden möge? Diejenigen, welche diese Frage bejahen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich dafür erklärt. nicht mehr zu stellen.

Referent Waumann: Wenn nun einmal die Bundesgenossen im Paragraphen stehen geblieben sind, und wenn so unbedeutende Fälle vorkommen können, daß man eine Strafwürdigkeit nicht voraussetzen kann, wie sie bei so hohen Strafen vorausgesetzt werden muß, so bin ich der Meinung, daß zehnjährige Strafarbeit als Minimum nicht angemessen sein kann, und trage darauf an: das Minimum auf drei Jahre herunterzusetzen.

Abgeordn. Camphausen: Ich muß mir noch eine Frage zu meiner Aufklärung erlauben. Ich bin etwas verkommen in dem nun⸗ mehrigen Strafsystem, und weiß nicht, ob es die Absicht des Be— schlusses ist, dem Richter die Wahl zwischen vier oder drei Straf— arten zu lassen. Soll blos die Strafarbeit mit oder ohne Verlust der Ehrenrechte erkannt werden, oder auf die Festungshaft mit oder ohne den Verlust?

Mehrere Stimmen: Auch Festungs haft.

Abgeordn. Camphausen: Auch Festungshaft. Also vier Straf⸗ arten.

Marschall: Es fragt sich, ob noch Bemerkungen über den An— trag des Referenten zu machen sind, und wenn diese nicht erfolgen, so kommen wir zur Abstimmung. Tiejenigen, welche dem Vorschlage beitreten, daß das Minimum alf drei Jahre herabgesetzt werde, wür= den es durch Aufstehen zu erkennen geben. Eine Majorität von mehr als zwei Drittheilen hat sich dafür ausgesprochen. ö

Justiz⸗Minister von Savigny: Ich setze voraus, daß die Ab⸗ stimmung auch den stillschweigenden Sinn habe, daß die Todesstrafe mit fakultativer Aberkennung der Ehrenrechte verbunden sein kann.

Marschall: Ausgedrückt ist das nicht. In der Diskussion hat es nicht gelegen, in der Fragestellung auch nicht.

Justiz-Minister von Savigny: Meine Frage hat sich auf die drei Paragraphen erstreckt. Ich habe auch den Referenten so ver⸗ standen, daß die Konsequenz darauf führen werde, daß das, was bei §. 87 über die Ehrenrechte beschlossen würde, auch auf §8. SS und S9 zu beziehen sei. Sonst wäre es eine auffallende Inkonsequenz.

Referent Waumann: Ich bin allerdings der Ansicht, daß auch 6 ein Zusatz gemacht werden muß. Wenn wir bei einer Freiheits⸗

rafe für . Verbrechen dem Richter bie . zugestehen,

den Verlust der Ehrenrechte , . so glaube ich, liegt kein Grund vor, mit der höchsten Strafe, der Todesstrafe, dieselbe accessorische Strafe immer auszuschließen.

Eine andere Frage ist

Abgeorbn. von Auerswald; Die Gründe scheinen mir darin zu liegen, daß von der höchsten Strafe die Rede ist, und sind bereits früher angeführt. Ich halte es dem Ernst der Gesetzgebung ni entfprechend, daß die beiden höchsten Verbrechen, der Königsmo und der Mord an Verwandten in aufsteigender Linie, bei welchen neben der Todesstrafe Ehrlosigkeit erkannt werden soll, in der Strafe nicht von anderen unterschieden werden sollen. Ich erkläre mich ganz entschieden dagegen. . ;

Marschall? Es scheint erforderlich, da dieser Zweifel angeregt worden ist, ihn durch die Abstimmung zu lösen. Tie Frage würde heißen: ob beantragt werden soll, daß, wenn im Falle des 8. S8 auf Todesstrafe erkannt wird, zugleich auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden könne? Diejenigen, welche die Frage bejahen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen. S. 89.

Referent Naumann (iest vor):

„§. 89.

Als Landesverräther sind mit dem Tode zu bestrafen diejenigen preußischen Unterthanen, welche durch eine der folgenden Handlungen einer feindlichen Macht wissentlich Vorschub leisten oder den Truppen des Königs oder seiner Bundesgenossen wissentlich Nachtheil zufügen, indem sie

1. Festungen, Pässe, besetzte Plätze oder andere Vertheidigunge⸗

Posten, imgleichen Königliche oder verbündete Truppen oder

auch uur einzelne Offiziere oder Soldaten, in feindliche Gewalt

bringen; .

3 Zeughäuser, Magazine, Kassen oder andere dem

König oder dessen Bundesgenossen zugehörige Vorräthe von

Waffen, Muxition oder sonstigen Kriegsbedürfnissen in feind⸗

liche Gewalt bringen, zerstören oder unbrauchbar machen;

dem Feinde Mannschaften zuführen;

Soldaten verleiten, zum Feinde überzugehen;

Operationspläne oder Pläne von Festungen oder festen Stel-

lungen dem Feinde mittheilen;

dem Feinde als Spione dienen, oder feindliche Spione auf⸗

nehmen, verbergen oder ihnen sonst Beistand leisten;

dem Feinde Wege oder Fuhrten nachweisen;

einen Aufstand unter den Truppen des Königs oder seiner

Bundesgenossen erregen.

Alle anderen Handlungen preußischer Unterthanen, durch welche dem Feinde wissentlich Vorschub geleistet, oder den Truppen des Kö⸗ nigs oder seiner Bundesgenossen wissentlich Nachtheil e mn wird, sind mit fünfjährigem bis , Zuchthaus zu bestrafen.“

„Zu §. 89.

Gegen diese Bestimmungen findet sich im Allgemeinen nichts zu erinnern; aus demselben Grunde aber, welcher bei §. 85 erörtert worden ist, wird vorgeschlagen, . ;

die Weglassung des Wortes „Alle“ im letzten Alinea in Antrag zu bringen.“ ; .

Was die Zuchthausstrafe anbetrifft, so wird sie auch hier den früheren Bestimmungen entsprechend auszuschließen sein; aber es stecken unter den Verbrechen nach §. 89 auch die Spione, und da muß ich bekennen, daß, wenn das Zuchthaus sich irgend rechtfertigen läßt, mir diese Strafart hier gerechtfertigt erscheint.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Die Spione sollen nach Nr. 6 mit dem Tode bestraft werden. Das letzte Alinea bezieht sich auf Handlungen anderer Art. Der erwähnte Umstand würde mithin nicht entgegen stehen.

Referent Waumann: Es würde also der Antrag gerechtfertigt erscheinen, in allen Fällen des zweiten Alinea die ö ebenfalls auszuschließen.

Abgeordn. Graf von Bismark: Wenn, was Gott verhüten wolle, der Fall eintrete, daß der Feind einen Theil unseres Landes besetzt hätte, so scheint mir Nr. 7. eine unleidliche Härte zu ent⸗ halten, daß nämlich derjenige, welcher dem Feinde Wege oder Fuhr⸗ ten nachweist, mit dem Tode bestraft werden soll. Man muß nur bedenken, wie es im Kriege zugeht. Es wird ein Bauer ergriffen. Man sagt ihm: zeig' uns den Weg. Wenn er nicht will, so be⸗ kommt er Schläge. Er wird mit Gewalt gezwungen. Es scheint daher nöthig, zu sagen: „Dem Feinde ohne äußeren Zwang Wege 66 Fuhrten nachweist,“ sonst kann es entsetzliche Konsequenzen haben.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Dann würde §. 54 eintreten, wo es heißt: „Eine im Gesetz mit Strafe bedrohete Handlung kann demjenigen nicht zugerechnet werden, dessen freie Willensbestimmung durch Gewaltthätigkeiten oder Drohungen ausgeschlossen war.“ Der Fall, welchen der geehrte Abgeordnete meinte, würde demnach aus⸗ geschlossen sein.

Abgeordn. von Donimierski: Gegen die vom Königlichen Kom= missarius allegirte Gesetzesstelle erlaube ich mir nur die Bemerkung zu machen, daß dem Angeklagten immer obliegen wird, den Beweis darüber zu führen, daß er nur der Gewalt, dem Zwange unterlegen habe, und dieses wird ihm gewiß in vielen Fällen sehr schwer sein, daher unterstütze ich den Antrag des Herrn Abgeordneten aus Pom— mern, die Rr. 7 ganz zu streichen. ĩ

Marschall: Ich werde in der Reihefolge fortfahren, in welcher man sich gemeldet hat, wenn nicht die Mitglieder erklären, daß sie noch in Bezug auf das eben Vorgebrachte zu sprechen wünschen. Es . die Diskussion erleichtern, wenn sie sich darauf beschränken wollten.

Fürst wilhelm Radziwill: Ich wollte nur den Antrag des geehrten Abgeordneten aus Pommern unterstützen. Die Handlungen, welche sonst im S. 89 bemerkt sind, sind von so ernster Natur, so von dem freien Willen des Thäters abhängig, daß es nicht dem Ernst des Gesetzes angemessen scheint, die Nr. 7 stehen zu lassen. Wer einen Krieg mitgemacht hat, weiß, wie die Boten bei den Gelegen⸗ heiten behandelt werden, von denen die Nr. J handelt. Es würde auf diese Nummer im Paragraphen eine Strafe stehen, die jedesmal durch das praktische Leben unmöglich gemacht werden würde. Sobald einem Befehlshaber im Kriege die Kenntniß einer bestimmten Oert= lichkeit von überwiegender Wichtigkeit ist, wird er nicht anstehen, sie von Einwohnern, welche der Gegend kundig sind, unter Androhung selbst des Todes, in Erfahrung zu bringen. Ob diese Drohung wirfk= lich erfolgt sei oder nicht, wird vom Richter wohl nie zu ermitteln sein. Ich halte den Paragraphen daher für ganz nutzlos, da in allen Fällen, wo eine wirkliche dolose Absicht vorhanden gewesen, Nr. 6 genügen wird. Wenn es bewiesen werden kann, daß er ein Gewerbe daraus gemacht hat, solche Lokalitäten zu verrathen, so würde er als Spion behandelt werden., 6 ; .

Regitrungs Kommüissar Bischoff: Was die Schwierigkeit der Beweis führung betrifft, so ist dies ein allgemeiner Grund, der in al— sen Fällen einfritt, wo von dem Angeschuldigten behauptet wird, daß er ohne Willensfreiheit gezwungen gehandelt habe. Der Richter wird auch nicht so weit gehen, zu verlangen, af stringenter, positiver Beweis geführt werden muß; wenn nur die Wahrscheinlichkeit vor siegt, daß ein Zwang stattgefunden habe, so wird er den Angeschul= digten mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz, daß eher für die Unschuld als für die Schuld zu präsumiren sei, freisprechen. Wenn übrigens heantragt worden ist, Nr. 7 zu streichen, so würde, wenn dies geschieht, daraus nicht die Straflosigkeit folgen, sondern nur,