1848 / 41 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Festun ghet bis zu 10 Jahren eintreten zu lassen, wenn die straf⸗ bare 26 ung gegen einen anderen Staat, in welchem dem preußi= schen Staate Reziprozität verbürgt ist, oder dessen Regenten gerichtet war? Eine dritte Frage ist nicht nöthig, damit sind die Anträge der Abtheilung erschöpft.

Referent Naumann: Es würde doch darauf ankommen, daß die Festungshaft noch mit hineingebracht würde. Es würde bei der ersten Frage Strafarbeit nach dem Antrage der Abtheilung allein eintreten müssen, während es dem Antrage des Abgeordneten aus 2 entspräche, alternativ Strafarbeit oder Festungshaft fest⸗ zusetzen.

ban eeschau: Wenn der Referent auf den Vorschlag der Abthei⸗ lung verzichtet, so habe ich nichts dagegen einzuwenden.

Referent Naumann: Ich glaube nur, daß der Vervollständigung wegen „oder Festungshaft“ mit hineingezogen werden könnte.

Abgeordn. von Saucken⸗-Tarputschen: Dann würde ich mein Amendement zurückziehen.

Abgeordn. von Brodowski: Ich bitte, die Frage auf meinen Antrag wegen der fünf Jahre zuerst zu stellen, denn wenn der An⸗ trag der Abtheilung, welche zehn Jahre bestimmt, angenommen wird, so kann alsdann fünf Jahre von selbst.

Marschall: Es würde also dem Abgeordneten nichts übrig bleiben, als die erste Frage zu verneinen, denn die Abtheilung muß den Vorzug haben. Es ist nun nach dem abgeänderten Antrag der Abtheilung der Frage eine andere Fassung zu geben. Sie lautet: Soll beantragt werden, Strafarbeit oder Festungshaft bis zu zehn Jahren eintreken zu lassen, wenn die strafbare Handlung gegen einen der deutschen Bundesstagten oder dessen Regenten gerichtet war? Diejenigen, welche diese Frage bejahen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

Eine Majorität, aber nicht von zwei Drittheilen, hat sich dafür ausge sprochen.

Referent Naumann: nicht mehr zulässig sein.

Marschall: Soll beantragt werden, Strafarbeit oder Festungs⸗ haft bis zu 10 Jahren, wenn die strafbare Handlung ....

Mehrere Stimmen: Wir haben über diese Frage nicht stimmen können.

Abgeordn. von Brodowski: Da kommt mein Amendement gar nicht mehr in Frage.

Referent Waumann: S. 9 spricht gar nicht davon.

Candtags⸗Komniissar: Ich glaube, zur Aufklärung bemerken zu müssen, daß die S8. Q und 93 auf hochverrätherische Unterneh⸗ mungen gegen den deutschen Bund sich beziehen, aber nicht auf hochverrätherische Unternehmungen gegen die einzelnen deutschen Bun— desstaaten und Bundesfürsten.

Marschall: Die Abstimmung hat stattgefunden, es kann nichts mehr dagegen erinnert werden. Die zweite Frage heißt: Soll bean— tragt werden, Festungshaft bis zu 10 Jahren eintreten zu lassen, wenn die strafbare Handlung gegen einen anderen Staat, in welchem dem preußischen Staate Reziprozität verbürgt ist, oder dessen Re⸗ genten gerichtet war? Diejenigen, welche die Frage bejahen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich dafür ausgesprochen, ob aber von zwei Drittheilen, ist zweifelhaft. Ich bitte also, zu zählen, und einen Augenblick stehen zu bleiben.

Marschall: Das Resultat der Abstimmung ist folgendes: Mit Ja haben geantwortet 62, mit Nein 22.

Wir kommen nun zu §. 95.

Referent (liest vor):

Im zweiten Falle würde Strafarbeit

„8. 85.

Gegen denjenigen, welcher wegen einer der in den S8. 82 94 edachten Handlungen zu zeitiger Freiheitsstrafe verurtheilt worden ist, soll nach deren Abbüßung die Stellung unter besondere Polizei Aufsicht eintreten.

Gn 8. a5.

Mit Rücksicht auf die Vorschläge zu den vorhergehenden Para— graphen läßt sich die besondere Polizei-Aufsicht nur in den Fällen der 58. 87 91 rechtfertigen; zugleich aber wird zu bestimmen sein, daß in allen diesen Fällen die besondere Polizei⸗Aufsicht gegen Bestellung einer Caution nach Maßgabe der Vorschrift S. 33 zulässig sein soll, weil sich die Cautionsbestellung vorzugsweise bei politischen Verbrechern rechtfertigt.

Es wird vorgeschlagen,

hiernach eine Abänderung und Ergänzung des §. 95 in Antrag zu bringen.“

Das Gutachten muß sich natürlich jetzt ändern; es würde nicht mehr die Verweisung bis zu §. 91 allein zu gehen haben, und da nun Handlungen gegen den deutschen Bund auch als Hochverrath und Landesverrath angesehen werden können, würde ich anheimgeben, die Bestimmung des F. 5 auf §. 92 und 93 auszudehnen. Was aber den zweiten Antrag der Abtheilung betrifft, hier die Bestellung einer Caution zulässig zu erachten, so erledigt sich dieser Antrag durch den Beschluß bei 5. 33, der nicht nach dem damaligen Antrage der Abtheilung modifizirt, sondern beibehalten worden ist.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Nur den einen Vor— schlag würde ich mir erlauben, diese Bestimmung fakultativ zu stellen, und nicht zu sagen „soll“, sondern „kann.“ Ich glaube, das würde im Ganzen wohl volllommen genügend und auch hier ganz an seinem Platze sein. ö ;

Marschall: Es fragt sich, ob der Vorschlag die erforderliche Unterstützung findet. . ;

(Der Vorschlag wird unterstützt.)

Ein weiterer Antrag liegt nicht vor, da die Abtheilung zu keiner Abstimmung Veranlassung giebt. :

Regierungs- Kommissar Bischoff: Für die blos vorbereitenden Handlungen des Hochverraths, wie sie §. S5 erwähnt, würde es weniger Bedenken haben, nur fakultatio die Stellung unter polizei liche Aufsicht anzuordnen, indessen kommen die schweren Verbrechen der S§. S2, 83 und 81 in Betracht, und deshalb dürfte der 8. gs in seiner absoluten Fassung beibehalten werden müssen. Ich glaube, daß durch die Bestimmungen, die im 8. 33 über die Zulassung der Caution getroffen sind, sich die Sache erledigen wird; es ist dort der Polizeibehörde und den Kondemnaten das Mittel gegeben, die Poli= zei⸗Aufsicht in angemessener Art mildern zu können. .

Abgeordn. Sperling: Die Abtheilung hat es nothwendig ge⸗ funden, hier eine Milderung eintreten zu lassen. Ich glaube aber, daß das gewählte Mittel nicht hinreichend ist, weil d , el Caution unbestimmt geblieben, von dem Ermessen der Polizei ⸗Behörde abhängig bleiben soll und in einzelnen Fällen so hoch bemessen wer= den könnte, daß es dem Verurtheilten nicht möglich wäre, sich durch deren Steilung von der Last der polizeilichen Aufsicht zu befreien. Ich trete daher dem Vorschlage des Abgeordneten aus Preußen bei, wonach die Bestimmung fakultativ gefaßt werden soll, und sinde dabei nicht das Bedenken, welches der Herr Regierungs- Kommissar ange⸗ 3. hat, da sa in jedem Falle der Richter ermessen wird, oh zur

zeilichen Aufsicht Veranlassung vorhanden ist oder nicht.

Abgeordn. von Auerswald: Ich kann durchaus nicht einsehen, was dabei für ein Bedenken sein soll, hier die polizeiliche Aufsicht fakultativ eintreten zu lassen; die Möglichkeit der polizeilichen Aufsicht bleibt ja alsdann immer vorhanden, also werden bie befürchteten

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Nachtheise jederzeit zu vermeiden sein, und auf der anderen Seite kann dech mitunter eine ungebührliche Härte entstehen dadurch, daß die polizeiliche Aufsicht eintreten muß.

„„ Abgeorkn. von Weiher; Es ist bereits bei der Berathung über die polizeiliche Aufsicht im Allgemeinen ausgesprochen worden, daß die polizeiliche Aufsicht nicht 2 chen e werden muß. Die Nothwendigkeit einer größeren ober geringeren Strenge wird sich eben erst bei der Ausführung zeigen.

Marschall: Die Berathung ist für geschlossen zu erklären. Die Frage heißt: .

„Soll beantragt werden, den §. I fakultativ zu fassen?

R die dem beitreten, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. (Die Majorität spricht sich dafür aus.) Wir kommen zu §. 96. Referent Naumann lliest vor): „85. 96. * Wenn wegen Hochverraths oder Landesverraths gegen den preu⸗ ßischen Staat in den Fällen der S5. 30 84, S6 85 und 9l, so wie in den entsprechenden Fällen wegen Hochverraths oder Landes⸗ verraths gegen den deutschen Bund (68. 92, 93), die Untersuchung eröffnet wird, so ist das Vermögen, welches der Angeschuldigte be—⸗ reits besitzt, oder welches ibm später noch anfällt, vorläufig mit Be⸗ chlag zu belegen. z 8. N.

Gegen denjenigen, welcher wegen Hochverraths oder Landesver⸗ raths gegen den preußischen Staat in den Fällen der §§. 80 84, S6 89 und 91, so wie in den entsprechenden Fällen wegen Hoch—⸗ verraths oder Landesverraths gegen den deutschen Bund (68. 92, 93), verurtheilt wird, ist zugleich in demselben Erkenntnisse die Vermögens Confiscation (5. 28) auszusprechen.

Zugleich werden durch ein solches Urtheil alle früher von dem Verurtheilten errichtete letztwillige Verordnungen, so wie die unter Lebenden nach Eröffnung der Untersuchung von ihm getroffenen Ver— fügungen, ungültig.

Zu §§. 96 und 97.

Die Abtheilung hat bei §. 28 vorgeschlagen, die Strafe der Vermögens⸗-Confiscation nicht beizubehalten, und es kann daher auch die Beschlagnahme des Vermögens zum Zweck der Consiscation nicht eintreten. Es kommt aber in Frage, ob nicht auf die Bestimmungen S8. 149 151 und §. 160 des Entwurfs von 1843 zurückgekom— men werden müsse, wonach das Verbrechen des Hochverraths und Landesverraths die Folgen haben sollte,

1) daß bei erkannter Todes- oder lebenswieriger Freiheitsstrafe der Verlust der Fähigkeit des Verurtheilten, über sein Vermögen unter Lebenden oder von Todes wegen zu verfügen, und zugleich Ungültigkeit aller schon früher errichteten letztwilligen Verord— nungen eintritt; daß bei der Eröffnung der Untersuchung eine Kuratel über das Vermögen des Angeschuldigten anzuordnen ist; daß bei flüchtigen Angeschuldigten die Kuratel fortzusetzen ist, auch wenn nur auf zeitige g e rh ef , erkannt worden, und daß alle Verfügungen, welche der flüchtige Verbrecher nach Eröffnung der Untersuchung über sein Vermögen unter Leben⸗ den getroffen, ungültig werden, seine letztwilligen Verordnun⸗ gen aber keine rechtliche Wirkung haben, wenn er im flüchti⸗ gen Zustande verstirbt.

Gegen diese oder ähnliche Bestimmungen wurden einerseits die Gründe geltend gemacht, welche gegen die Confiscation als Strafe angeführt worden sind, und es wurde besonders hervorgehoben, daß die Beschlagnahme des Vermögens nicht erforderlich sei, weil die Ent⸗ ziehung ber Freiheit gegen den Verbrecher hinlänglichen Schutz ge⸗ währe, gegen andere Personen aber das Strafgesetz allein sichern müsse. Andererseits wurde bemerkt, daß es sich darum handle, einen Mißbrauch des Vermögens zu verhindern, der zu befürchten stehe, wenn ein solcher Verbrecher die Dispositionsbefugniß über sein Ver⸗ mögen behalten sollte, und daß der Zweck, sich dagegen Sicherheit zu verschaffen, die Sequestration und Einleitung einer Kuratel über das Vermögen des Verbrechers rechtfertige. (

Die Abtheilung hat sich mit acht gegen fünf Stimmen dafür er⸗ klärt,

daß, wenn wegen Hochverraths oder Landesverraths gegen den preußischen Staat in den Fällen, in welchen Todesstrafe oder le⸗— benswierige Freiheitsstrafe angedroht ist, die Untersuchung eröffnet wird, das Vermögen des Angeschuldigten unter Sequestration ge—⸗ stellt und eine Kuratel über dasselbe angeordnet werde, so wie daß der Verbrecher vom Tage der eröffneten Untersuchung an die Fä⸗— higkeit verliere, über sein Vermögen unter Lebenden zu verfügen.

Es wird vorgeschlagen, dahin anzutragen, .

daß dem entsprechende Bestimmungen in Stelle derjenigen, welche

die §§. 96 und 97 enthalten, in das Gesetzbuch aufgenommen

werden.

Weiter gehende Beschränkungen der Dispositions-Befugniß wer⸗ den nicht für erforderlich gehalten.“

Zu diesen Paragraphen kommt der Vorschlag des Gouvernements, an die Stelle derselben die Bestimmungen zu setzen, die gestern gedruckt ver⸗ theilt worden sind. Diese sind noch nicht durch die Abtheilung be— gutachtet worden; es wird daher wohl nichts entgegenstehen, wenn wir jetzt darüber hinweggehen. .

Marschall: Es wird sogar nothwendig sein.

Referent Naumann liest 26

„S. 978.

Jeder Theilnehmer an einem hochverrätherischen oder landesver⸗ rätherischen Unternehmen, welcher von diesem Unternehmen und von seinen Mitschuldigen zu einer Zeit, in welcher die Ausführung ver— hindert werden kann, der davon noch nicht unterrichteten Obrigkeit Anzeige macht, soll mit Strafe verschont werden.“

Die Abtheilung hat gegen den Paragraphen nichts zu erinnern gefunden.

Marschall: S§. 99.

Referent Naumann liest ,

J„§. 99.

Wer den König thätlich beleidigt, ist mit dem Tode zu bestra— fen. In minder schweren Fällen oder bei einer durch die Umstände verminderten Verschuldung, ist anstatt der Todesstrafe auf zehnjährige bis lebenswierige , oder Zuchthausstrafe zu erkennen.“

Das Gutachten lautet:

„Zu §. 99.

In allen monarchischen Staaten ist es Grundsatz, di Person des Rönigs für heilig und unverletzlich zu halten. Von einer Be⸗ leidigung des Königs im gewöhnlichen Sinne des Worts kann daher nicht die Rede sein, und bei thätlicher Behandlung kann kein Gewicht darguf gelegt werden, ob die Absicht, zu beleidigen, oder die Absicht, zu schaden, bei dem Verbrecher leitend gewesen ist.

Gegen die bei geringerer Verschuldung alternativ festgesetzten Strafarten der Strafarbeil und Zuchthautstrafe wurde, wie bereits

bei . ähnlichen Bestimmungen, erinnert, daß dem Richter die Wahl der Strafart nicht überlassen werben dürfe. Die , ,

entschied sich indeß mit 10 gegen 3 Stimmen für die Ansicht, da sich für Fälle, wie sie das . vor Augen habe, weder Zuchthaus⸗=

strafe noch Strafarbeit unter allen Umständen als ausschließli erkennende Strafart rechtfertigen lasse. ü schießlich zu

Es wird vorgeschlagen,

sich mit den Bestimmungen des 8. 99 zwar einverstanden zu erklä—⸗ ren, den ersten Satz aber dahin zu ändern: „Wer sich einer Thätlichkeit . die Person des Königs schuldig macht, soll mit dem Tode zu bestrasen ĩ“?„‘ *

Aufmerksam habe ich hier noch zu machen auf die Bestimmung wegen des Verlustes der bürgerlichen Ehre in diesem Falle.

Korreferent Freiherr von Mylius: Ich habe hierbei noch zu bemerken, daß es sich um eine Unterscheidung handelt, die namentlich bei dem späteren Titel von den Injurien von großer Wichtigkeit sein wird. Nämlich es wird ein Unterschied gemacht zwischen einem kör« perlichen Angriff, der gegen die Person Sr. Majestät des Königs verübt wird in der Absicht, ihn zu beleidigen, und in der Absicht, ihn zu verletzen. Es stellt sich nun hier meines Erachtens heraus, wie ungeeignet diese Unterscheidung, namentlich in Bezug auf Angriffe, die nicht gegen die Person Sr. Majestät gerichtet sind, wohl aber gegen Mitglieder der Königl. Familie, indem dort für dergleichen Angriffe, falls sie nicht in der bestimmten Absicht, zu beleidigen, ge⸗ schehen sind, eine mildere Strafe eintreten würde; es ist meines Er— achtens aber gerade in diesem Kapitel ungeeignet, eine derartige Unterscheidung zu machen. Angriffe, die einmal verübt sind gegen die Person Sr. Majestät oder gegen ein Mitglied des Königl. Hau— ses, können meines Erachtens immer nur mit derselben Strafe belegt werden, und es kann nicht darauf ankommen, ob dabei vorbedacht sei, eine Beleidigung zu vollziehen, oder welche andere Absicht dabei obgewaltet. Von einer noch größeren Wichtigkeit, als hier, wird diese Unterscheidung sein bei dem späteren Titel, der von körperlichen Ver⸗— letzungen und Beleidigungen handelt, wo ausführlich darauf wird zurückgegangen werden müssen, weshalb es aus juristischen Gründen nicht richtig war, bei der körperlichen Verletzung zu unterschei⸗ den, ob sie mit dem sogenannten animus injuriandi, vor- genommen worden oder nicht. Hier hat aber die Abtheilung sich schon meiner Ansicht angeschlossen und den Antrag gestellt, daß sie hier wenigstens diesen Unterschied mit Rücksicht auf die Absicht nicht machen wolle, und daher die allgemeinere Fassung „Thätlichkeit“ gewählt. Ich glaube, daß das auch um so richtiger ist, indem meines Erachtens es der Königl. Würde widerstrebt, . rade dergleichen Verbrechen, wenn sie verübt werden, die Möglichkeit beizulegen, als könne hierbei eine Verletzung der Ehre mit herbeige⸗ führt werden. Bei den Injurien ist, das festgeh alten in vielen Be⸗ stimmungen, wo die Injurien namentlich den Charakter einer Privat⸗ verletzung haben. Es knüpfen sich daran die Bestimmungen wegen des Verzichts, wegen des Antrags, des Vergleichs und der Verzei⸗ hung. Den Charakter der Privat-Injurie aber auf die Verhältnisse anzuwenden, auf die es hier ankommt, glaube ich, wird selbst mit dem Begriffe der Königl. Würde kaum zu vereinigen sein. J empfehle daher den Antrag der Abtheilung.

Justiz⸗-Minister von Savigny: Ich habe gegen den Antrag der Abtheilung, anstatt: „thätlich beleidigt“, zu setzen: „Thätlichkei- ten verübt“, nichts einzuwenden, muß aber befürworten und bitten, nicht daraus eine Konsequenz zu ziehen in Betreff der Berathung bel den Injurien, ob man dort zwischen Real-Injurien und leichten Körperverletzungen überhaupt unterscheiden soll. Wenn hier die To⸗ desstrafe auch von der Abtheilung als richtig anerkannt ist, so kann der einzelne Fall dieses Verbrechens von solcher Unwürdigkeit sein, daß dabei auch gleichzeitig der Ausspruch des Verlustes der Ehren— rechte fakultativ vorbehalten bleiben muß.

Abgeordn. Sperling: So wenig ich auch geneigt bin, eine Milderung des Entwurfs da zu befürworten, wo es sich um Strafen für einen Beleidiger der Allerhöchsten Person Sr. Majestät des Kö⸗ nigs handelt, so kann ich doch nicht umhin, die hohe Versammlung darauf aufmerksam zu machen, daß im Antrage der Abtheilung eine zu große Schärfung des Entwurfs liegt. Es soll nach dem Vor— schlag eine jede Thätlichkeit mit der härtesten Strafe belegt werden, ohne daß dabei eine Unterscheidung gemacht wird, ob die Thätlichkeit absichtlich und mit Bewußtsein verübt worden oder nicht. Diese Un— terscheidung deutet der Ausdruck des Entwurfs „beleidigt“ offenbar an. Ich gebe daher anheim, bei der Fassung des Entwurfes stehen zu bleiben.

Abgeordn. Camphausen: Die Bemerkungen des Herrn Korre⸗ ferenten stehen im Zusammenhange mit den künftigen Beschlüssen der Versammlung hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Verletzungen und Real⸗Injurien. So lange eine derartige Unterscheidung noch nicht aufgehoben ist, sehe ich nicht ein, was der Versammlung Ver⸗ anlassung geben kann, gouvernementaler zu sein, als das Gouverne⸗ ment selbst. Es tritt durch den Vorschlag der Abtheilung eine be⸗— deutende Schärfung ein, wogegen nach der Eintheilung des Gouver—⸗ nements logisch 6 einander folgt, zuerst die Absicht, thätlich zu be⸗ leidigen, und diese bestraft der Entwurf mit dem Tode, sodann im §. 101 die absichtliche Beleidigung durch Wort und Schrift, die mit fünf Jahren, und endlich die Verletzung der Ehrfurcht ohne beleidi⸗ gende Absicht, die mit einem Jahre bestraft wird. In der, Unge⸗ wißheit, ob nicht später der Unterschied zwischen Neal⸗ Injurien und Verletzungen beibehalten wird, stimme ich für den Vorschlag der Re⸗ gierung.

Justiz-Minister von Savigny: Ich glaube nicht, daß es in der Absicht der Abtheilung gelegen haben kann, eine Verschärfung hereinzubringen, ich habe auch nichts dagegen einzuwenden, daß man vorsätzliche Thätlichkeit hinzusetze. Die Meinung der Abthei⸗ lung ist es gewiß auch, es liegt schon angedeutet in den Worten: „Zu Schulden kommen läßt.“ Unvorsichtigkeiten oder zufällige Be⸗ rührungen wird kein Mensch darunter subsumiren.

Korreferent Freiherr von Mylius: Ich bemerke, daß es gar nicht in der Absicht der Abtheilung gelegen hat, eine Verschärfung hereinzubringen. Es soll Jeder mit dem vorgeschlagenen Strafmaß belegt werden, der des Königs Majestät thätlich angreift, und daß es absichtlich geschehen muß, dersteh t sich von selbst. Uebrigens er kenne ich auch an, daß durch die jetzige Abstimmung nicht vorgegrif⸗ fen wird derjenigen hinsichtlich der Spaltung der körperlichen Ver⸗ letzungen und der Real-Injurien.

Marschall: Wird es noch für erforderlich gehalten, das Wort zu nehmen? .

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich wollte mir erlau⸗ ben, darauf anzutragen, daß nicht nur der Entwurf angenommen, sonbern noch ein geringeres Strafmaß festgesetzt werden möge; Tenn die Absichtlichkeit ist nicht immer gleich zu . und es kann durch Ungeschick oder Ungeschicklichkelt wohl etwas vorkommen (Murren),

a wr icht on streng ahnden würde. . ö 8 n fn n, 4 1. kam ein Marketenderweib in

. 3 Königs und klammerte sich, in der Angst, übergeritten . , , ef Zuß. Könnte dies auch schon als strafln an⸗

gesehen werden? CEeachen)

Justiz⸗Minister Uhden; Jedes Verbrechen setzt den Vorsatz voraus, Unvorsichtigkeiten fallen also von selbst nicht unter den Be⸗ griff des Verbrechens.

Marschall: Wir können zur Abstimmung kommen, zu der

rage: ob man dem Antrage der Abtheilung beitritt? ö? ahr die Frage verneint, so bleibt es bei der Fassung des Ent⸗ wurfes. ; Die Frage heißt: Abtheilung bei? e Und 8 die ihm beitreten, haben dies durch Ausstehen zu erkennen zu geben. .

Dem Antrage ist nicht beigestimmt worden.

S. 100.

Referent Naumann lliest vor):

„8. 100. . e

Die Drohung einer Thäklichkeit gegen die Person des Königs soll mit Strafarbeit von zwei bis zu zehn Jahren oder mit Zucht⸗ haus bis zu zehn Jahren bestraft werden.“

Das Gutachten lautet:

„Zu S. 100. 2 .

Aus denselben Gründen, deren bei 8. M erwähnt worden ist, wurde ein Antrag, als Strafart ausschließlich Strafarbeit festzusetzen, mit 19 gegen 3 Stimmen von der Abtheilung abgelehnt.

Es wird vorgeschlagen, .

sich mit der Bestimmung des §. 100 einverstanden zu er= klären.“

Marschall: 5. 101.

Referent Naumann liest vor):

6 M.

Wer durch Aeußerungen in Wort oder Schrift, oder durch Ab⸗ bildungen, Darstellungen oder durch andere Handlungen, welche nicht in Thätlichkeiten bestehen, die Ehre des Königs vorsätzlich verletzt, ist mit Strafarbeit von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu be⸗ strafen.“

Das Gutachten lautet:

„Zu 5§. 101.

Da nach den Bemerkungen zu §. 99 von einer Ehrenverletzung dem Könige gegenüber nicht die Rede sein kann, so wird vorge⸗ schlagen,

statt der Worte: „die Ehre des Königs vorsätzlich verletzt“, zu sagen: „die Ehre des Königs angreift“, und mit dieser Modifica⸗ tion den Paragraphen anzunehmen.“

Abgeordn. Camphausen: Ich würde auch hier für die Fassung des Regierungs⸗Vorschlages stimmen, wünsche aber hinter den Wor— ten: „Wer durch Aeußerungen“, das Wort: „öffentlich“ hinzuge— fügt. Ich glaube nicht, daß es der Würde der Krone zuträglich sei, wenn Aeußerungen, die unter vier Augen oder in Familienkreisen stattfinden, nachgeforscht wird, und bin der Ansicht, daß, wenn hier öffentliche Aeußerungen mit Strafe bedroht werden, dem Zwecke völlig genügt sei.

Marschall: Es ist nun zu erwarten, ob dieser Antrag die Un— terstützung von 8 Mitgliedern sindet.

(Es geschieht.)

Er wird zur Abstimmung kommen und, wenn weiter keine Be⸗ merkung gemacht wird, alsbald.

Abgeordn. Sperling: Der Satz: „durch andere Handlungen, welche nicht in Thätlichkeiten bestehen“, ist sehr zweifelhaften Sinnes. Man weiß nicht, was man darunter subsumiren soll, und diese Zwei⸗ felhaftigkeit könnte zu vielen Vexationen führen. Ich wünsche, daß das Gouvernement sich darüber ausspreche. Sonst möchte ich an— heimgeben, diese Worte zu streichen.

Marschall: Es fragt sich, ob dieser Vorschlag die Unterstützung von 8 Mitgliedern findet?

Er hat sie nicht gefunden und kann nicht zur Abstimmung kommen.

Mehrere Stimmen: standen!

Abgeordn. Sperling: Ich hatte meinen Vorschlag zunächst nur gemacht, damit erklärt werde, welche Handlungen hier unter den nicht thätlichen verstanden werden sollen.

Marschall: Es handelt sich also davon, ob der Vorschlag Un⸗ terstützung findet, daß die Worte entfernt werden;

„Handlungen, welche nicht in Thätlichkeit bestehen.“ Und ich frage nochmals, ob dieser Antrag Unterstützung findet? (Wird unterstützt.)

Regierungs-Kommissar Bischoff: Es sind die Handlungen dar unter zu verstehen, welche bei den Privat-Injurien die symbolische Beleidigung ausmachen, also Geberden und Handlungen, bei welchen die Absicht, zu beleidigen, klar zu Tage liegt. .

Abgeordn. Sperling: Ich glaube, das Beispiel paßt nicht.

(Ruf: Nein, nein!) Bei den symbolischen Injurien sind die Handlungen meist negativer Natur. . hustiz· Minister Uhden: Die symbolische Injurie ist durchaus von der thätlichen Injurie verschieden.

Candtags⸗Kommissar: Wenige Worte in Bezug auf das Amen⸗ dement des geehrten Mitgliedes aus der Rheinprovinz muß ich mir zu gestatten bitten.

Der geehrte Deputirte hat beantragt, daß durch Einschaltung des Wortes „öffentliche“ angedeutet werden solle, daß die Beleidi⸗ gungen, die nicht an öffentlichen Orten, sondern unter vier Augen geschehen, nicht unter die Bestimmung des Paragraphen fallen; ich aber glaube, daß eine solche Einschaltung in mehrfacher Beziehung bedenklich wäre. Einmal deshalb, weil nach dieser Fassung Jemand das Staats-Oberhaupt durch unmittelbare Zustellung von Briefen und Schriften beleidigen könnte; öffentlich wäre eine solche Beleidi⸗ gung nicht, aber darum könnte sie eine nicht minder schwere Belei⸗ digung sein. Sie würde unter zwei Augen vorfallen, und doch kann es nicht in der Intention der hohen Versammlung liegen, daß sie straflos bleiben soll. Außerdem ist aber auch der Begriff der Deffentlichkeit ein so schwankender, daß das Gesetz durch die bean⸗ tragte Einschaltung an Bestimmtheit nicht gewinnen würde. Aus . Gründen muß ich mich gegen das Amendement erklären.

Marschall: Die erste Frage heißt: „Soll beantragt werden, nach dem Worte „„vorsätzlich““ das Wort „„öffentlich““ einzu⸗ schalten?“ Und diejenigen, die diese Frage bejahen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erheben sich einige Mitglieder.)

Die Frage ist nicht bejaht.

Die zweite Frage heißt: „Soll beantragt werden, die Worte: „ober durch andere Handlungen, welche nicht in Thätlichkeiten be⸗ stehen““, wegfallen zu lassen?“ Und die diese Frage bejahen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erheben sich einige Mitglieder.) 13 Frage ist nicht bejaht worden, und wir kommen nun zum X.

S. 1

CLandtags⸗Kommissar: Ich muß wünschen, daß in das Pro⸗ tokoll aufgenommen werde, daß die erste Frage von sehr wenigen, die zweite von wenigen Stimmen bejaht worden ist.

Marschall: 5§. 102.

Referent Naumann lliest vor):

„S. 102. „Wer sich Aeußerungen oder Handlungen erlaubt, welche zwar

Tritt die Versammlung dem Antrage der

Wir haben den Vorschlag nicht ver⸗

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an sich nicht als Beleidigungen des Königs anzusehen sind, dennoch aber die demselben gebührende Ehrfurcht verletzen, ist mit Gefängniß von sechs Wochen * zu in Jahre zu bestrafen.“ Das Gutachten lautet: ö. Zu §. 102.

. z

Gegen diese Bestimmung findet sich nichts zu erinnern.“

Abgeordn. von Saucken⸗ulienfelde: Wenn ich gegen die Bestimmungen der §5§. 100 und 191 nichts einzuwenden hatte, so sinde ich doch diese vorliegende Bestimmung so weit ausgehend, daß ich nicht weiß, was Alles darunter subsumirt werden kann. Es könn— ten die unbedeutendsten Handlungen, z. B. bei größeren Privatgesell— schaften das Ausbringen der Gesundheit des Königs zu Bestrafung Veranlassung geben, wenn einige Personen in den Toast nicht ein- stimmten. Ich halte es der Königl. Würde angemessener, dergleichen Handlungen wie unpassend sie auch sein mögen ganz zu igno⸗ riren und nicht mit Strafen zu bedrohen, sondern sie dem richtigen Urtheil der Gesellschaft anheimfallen zu lassen, das nicht verfehlen wird, sie gebührend zu würdigen. Daher trage ich auf Streichung des Paragraphen an.

Marschall: Es fragt sich, ob der Antrag die erforderliche Unterstützung von 8 Mitgliedern findet.

(Wird unterstützt.)

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich will noch einen Fall als beachtungswerth anführen: Eine Offizier -Wittwe, deren Mann bei Leipzig gefallen war, bat um Aufnahme ihrer Kinder in das Kadettenhaus. Es wurde ihr nicht gewährt, und in der letzten Verzweiflung schrieb sie an den hochseligen König, sie wäre gezwun gen, sich das Leben zu nehmen, denn sie könnte nicht zusehen, daß ihre Kinder, deren Vater seinen Tod auf dem Felde der Ehre gefun⸗ den hätte, betteln gingen. Dieser Fall wurde als eine Verletzung der Ehrerbietung und Ehrfurcht gegen den König angesehen, indem dieser moralisch gezwungen werden sollte, eine Bitte zu gewähren, und die Frau ist mit zwei Monaten Einsperrung bestraft worden. Ich glaube, daß ähnliche Fälle auch ausgebeutet werden könnten als Verletzung der dem König schuldigen Ehrerbietung, indem sie gewis⸗ sermaßen auf die freie Entschließung seiner Handlungen bestimmend einwirken könnten.

Vice-Marschall von Kochow: Es wird doch Jeder damit ein- verstanden sein, daß die Ehrfurcht gegen den König niemals verletzt werden dürfe, und daß, wo dies geschieht, Strafe eintreten misse. Nun kann aber nie willkürlich angenommen werden, ein solches Ver⸗— brechen sei begangen, sondern der Richter entscheidet darüber, ob es vorhanden sei. Wenngleich dabei Irrthum und unrichtige Ansichten des Richters nicht geradezu unmöglich sind, so kann man doch des— halb eine solche gesetzliche Bestimmung nicht entbehren.

Marschall: Die Frage ist zu stellen, ob darauf angetragen werden soll, den Paragraphen wegfallen zu lassen, und diejenigen, welche auf Wegfall des Paragraphen antragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen gehen.

Man hat sich nicht dafür ausgesprochen, und wir kommen zu §. 103.

Referent Naumann: 8. 103 lautet:

„Beleidigungen, welche der Königin, dem Thronfolger oder einem anderen Mitgliede des Königlichen Hauses zugefügt sind, sollen in folgender Art bestraft werden:

1) Thätliche Beleidigungen mit fünfjähriger bis lebenswieriger Strafarbeit oder Zuchthausstrafe; Bedrohung mit Thätlichkeiten mit ein- bis fünfjähriger Straf⸗ arbeit oder mit Zuchthaus his zu fünf Jahren; Beleidigungen durch Wort oder Schrift oder durch Abbildun⸗ gen, Darstellungen ober durch andere Handlungen, welche nicht in Thätlichkeiten bestehen (8. 101), mit Gefängniß nicht unter drei Monaten oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren.“

Das Gutachten der Abtheilung lautet:

„Zu 5§. 103.

Um die Mitglieder des Königlichen Hauses bestimmter zu be— zeichnen, werden dieselben „Königliche Prinzen und Prinzessinnen“ zu nennen sein.

Ferner ist die Abtheilung mit 12 Stimmen gegen 1 Stimme der Ansicht, daß sub Nr. 1 statt „thätliche Beleidigungen“ gesagt werden muß „Thätlichkeiten“, weil es hier auf die Absicht, in wel cher die Thätlichkeit begangen worden ist, nicht ankommt, die Worte „thätliche Beleidigungen“ aber sich nicht auf Thätlichkeiten, die nicht in der Absicht, zu beleidigen, begangen sind, beziehen würden, was nicht die Absicht sein kann.

Was die Strafen betrifft, so ist die Abtheilung mit 9 gegen 4 Stimmen der Ansicht, daß in den Fällen sub Nr. 1 Zuchthausstrafe nicht verhängt werden dürfe, und daß eine so schwere entehrende Strafe sich nur rechtfertigen lasse, wenn die Person des Königs selbst angegriffen werde. Aus diesem Grunde ist die Abtheilung ferner ein⸗ stimmig der Ansicht, daß noch weniger in den Fällen sub Nr. 2 auf Zuchthausstrafe erkannt werden dürfe. Dagegen ist ein Antrag, in den Fällen suh Nr. 3 nur Gefängnißstrafe festzusetzen, abgelehnt worden, weil die Beleidigungen wohl so schwer sein können, daß ein- fache Gefängnißstrafe nicht angemessen erscheinen würde.

Es wird vorgeschlagen,

den §. 103 mit folgenden Modificationen anzunehmen:

1) daß in der ersten und zweiten Zeile statt „einem an— deren Mitgliede des Königlichen Hauses“ gesagt werde: einem Königlichen Prinzen oder einer Königlichen Prinzessin/; .

2) daß sub Nr. Ü statt: „thätliche Beleidigungen“ ge⸗— sagt werde: „Thätlichkeiten“; .

Z) daß ferner sub Nr. 1 die Worte „oder Zuchthaus— strafe“ gestrichen werden;

4) daß sub Nr. 2 die Worte „oder mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren“ ebenfalls gestrichen werden.

Abgeordn. Sperling: Ad Nr. 2 des Gutachtens wiederhole ich denselben Antrag, den ich bei §. 99 gestellt habe, und zwar aus den selben Gründen. Ich halte es für nothwendig, daß es bei der Fas— sung des Entwurfs verbleibe.

Justiz-Minister von Savigny: Was die ersten Vorschläge be—⸗ trifft, so wünsche ich nicht, daß der Mangel eines Widerspruchs so gedeutet werde, als sei von der hohen Versammlung beschlossen wor— den, diesen Vorschlägen beizutreten. Sie gehören in die große Kate— gorie von bloßen Fassungs Vorschlägen, und ich kann mich vorläufig nicht überzeugen, daß der Ausdruck „Prinzen und Prinzessinnen“ besser sei, als der Ausdruck, „Mitglieder des Königlichen Hauses.“ Indeß es sind reine Fassungs⸗LAenderungen, und die Versammlung wird, wie über ähnliche Vorschläge, auch hier nicht einen eigentlichen Beschluß fassen, sondern sie weiterer Erwägung anheimstellen.

. . Im Wesentlichen würden die Abssimmungen, welche uns bevorstehen, auf die beiden letzten Anträge der Abtheilung unter 3 und A4 sich zu beziehen haben.

Referent Uaumann: Dann bitte ich ums Wort. Um Nr. 2 muß es sich allerdings handeln, denn statt „thätliche Beleidigungen“ muß es heißen: „Thätlichkeiten.“

Justiz⸗Minister von Savigny; Folge sein von dem vorigen Beschlusse.

Referent Naumann: Bei §. 99 ist es nicht beschlossen worden.

Das wird eine nothwendige

Ich komme aber darauf zurück baß, wenn man von thätlichen Belei= digungen spricht, die Thätlichkeiten ohne die Absicht, zu beleidigen, ohne Strafe bleiben würden. **

Abgeordn. von Auerswald: Es ist bei 8. 99 nämlich für diese Verwandlung des Wortes „thätliche Beleidigung“ in „Thät⸗ lichkeit“ angeführt worden, daß von einer Beleidigun 6 der Majestät selbst nicht die Rede sein könne. Das ist meines Er- achtens der einzige Grund, der sich dafür anführen läßt; es 2 nicht ein Grund, welcher sich für sämmtliche Mitglieder des König⸗ lichen Hauses anführen läßt, deshalb glaube ich, daß die Wiederher= stellung der ursprünglichen Fassung des Entwurfes nöthig ist, wodurch außerdem eine unnöthige Schärfung vermieden wird.

Referent Uaumann: Die Abtheilung wird wohl keinen Anspruch

darauf machen, daß über Annahme ihrer Fassung abgestimmt werde, ich n n habe kein Bedenken, es nur als Fassungssache an⸗ zusehen. ; Regierungs-Kkommissar Bischoff: Es ist dies wohl mehr, als eine einfache Fassungssache, und ich glaube, es muß in dieser Bezie⸗ hung der Vorschlag des Abtheilungs- Gutachtens angenommen wer⸗ den, weil sonst leichte Körperverletzungen und Mißhandlungen, wie sie im §. 243 des Entwurfes vorkommen, nicht unter eine andere und schwerere Strafe gestellt sein würden. Deshalb muß hier ein allge⸗ meiner Ausdruck gewählt werden, ähnlich, wie dies im §. 99 gesche⸗ hen ist.

Abgeordn. Frhr. von Patow: Bei 8. 99 ist es abgelehnt worden.

Abgeordn. Freiherr von Gaffron; Durchlaucht! Ich hatte mir noch das Wort erbeten zu Nr. 1. Die Abtheilung hat begutachtet, daß in Nr. 1 die Worte: „oder Zuchthausstrafe“ gestrichen werden. Ich habe mich in der Minorität befunden und erlaube mir, darauf aufmerksam zu machen, daß unter den Mitgliedern des Königlichen Hauses auch die Königin und der Thronfolger mit inbegriffen sind, und daß, wie ich glaube, hier ein Spielraum stattfinden muß, der das Zuchthaus nicht ausschließt. Es können Fätle vorkommen, wo diese Strafe zu hart sein wird, es können aber auch solche eintreten, wo sie im vollen Grade angemessen erscheinen wird, und ich stimme daher in dieser Beziehung bei Nr. 1 für die Fassung des Para⸗ graphen.

Abgeordn. von Byla: Ich glaube, eben dieses Bedenken würde beseitigt werden durch die Anträge der vier Provinzen, Rheinland, Schlessen, Sachsen und Pommern, welche wünschen, im vorliegenden Falle die Königin und den Thronfolger, weil sie dem Throne näher stehen, von den übrigen Mitgliedern des Königlichen Hauses zu tren⸗ nen und danach die Strafen für die Letzteren zu mildern; ich richte daher meinen Antrag dahin: die früheren Anträge der genannten vier Provinzial-Landtage hier wieder aufzunehmen, insofern solche bei der hohen Versammlung Unterstützung finden.

Justiz-Minister von Savigny: Ich gebe doch der hohen Ver⸗ sammlung zu bedenken, ob es nicht zu kasuistisch, fast kleinlich heraus⸗ kommen werde, wenn man die verschiedenen Verwandtschaftsgrade so sichtbar unterscheidet; dem Effekte nach liegt das, was das geehrte Mitglied beantragt, schon in der Bestimmung des Paragraphen selbst. Wenn man dem Richter diese Wahl läßt, so wird er auf die Stellung der einzelnen verletzten Personen schon die nöthige Rücksicht nehmen, aber ich halte es nicht für schicklich, so in die Einzelnheiten gleichsam des Königlichen Stammbaumes einzugehen.

Marschall: Es fragt sich, ob der Antrag Unterstützung findet? Er hat sie nicht gefunden. Wir kommen zur Abstimmung. Auf Nr. 2 des Abtheilungs⸗ Gutachtens ist also keine Frage weiter zu stellen, sondern es sind blos zwei Fragen auf Nr. 3 und 4 des Ab⸗ theilungs Gutachtens zu richten, weil von Mitgliedern der Versamm⸗ lung darauf angetragen worden ist, den Paragraphen so stehen zu lassen, wie er im Entwurfe steht. Die Frage heißt also: Tritt die Versammlung dem Vorschlage der Abtheilung unter Nr. 3 bei, daß die Worte „oder Zuchthausstrafe“ in Nr. 1 des Entwurfs gestrichen werden?

Justiz⸗Minister von Savigny: Damit die Frage nicht mißver⸗ standen werde, erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, daß nach der eben ausgesprochenen Ablehnung auch die Person der Köni⸗ gin mit darin begriffen ist.

Marschall: Und diejenigen, welche dem Antrage der Abtheilung beistimmen, die also darauf antragen, daß in Nr. 1 des Entwurfs die Worte „oder Zuchthausstrafe“ gestrichen werden, „würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

Es kommt nun darauf an, zu ermitteln, ob die Versammlung dem Antrage der Abtheilung beistimmt, welcher in Nr. 1 des Gut achtens ausgesprochen ist, und welcher dahin geht, daß in den Fällen zub 2 des Entwurfs die Worte: „oder mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren“ wegfallen möchten. Diejenigen, welche sich hierfür aus⸗ sprechen wollen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

Eine Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

Referent Uumann: Es scheint mir dies doch noch einigem Zweifel zu unterliegen. ö

Marschall: Es sind Zweifel erhoben worden; ich hitte also ste⸗ hen zu bleiben. z

Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

Wir kommen zu §. 104.

Referent Naumann Gerliest):

38. 104.

In den Fällen der §8. 99, 100 und 103 Nr. 1 und 2 ist stets, auch wenn nur auf Strafarbeit erkannt wird, zugleich der Verlust der Ehrenrechte auszusprechen. In den Fällen der S§. 101 und 103 Nr. 3 kann auf diesen Verlust nach richterlichem Ermessen erkannt Rerden.“

„Zu §. 104.

Nach Inhalt dieses Paragraphen soll nicht allein neben der Zuchthausstrafe der Verlust der bürgerlichen Ehre eintreten, sondern es soll auch neben der Strafarbeit darauf erkannt werden, und es soll endlich selbst vom richterlichen Ermessen abhängen, ob darauf zu erkennen sei. Abgesehen davon, daß hlerdurch das rheinische Recht wesentlich geändert werden würde, ist gegen die Bestimmung des §. 104 geltend gemacht worden, daß der Verlust der bürgerlichen Ehre eine Strafe sei, die wegen ihrer großen Bedeutung die mög⸗ lichsten Garantieen erfordere, um ihre angemesseue Anwendung zu sichern. Nach rheinischem Rechte kann diese Strafe nur von den Geschworenen verhängt werden, wobei durch bestimmte Formen das Recht der Vertheidigung im weitesten Umfange gesichert ist. Eine gleiche Garantie ist in den übrigen Provinzen des Staats nicht ge⸗ währt, denn in der Kollegialität der Gerichte kann sie eben so wenig wie' in der Zulässigkeit des Rechtsmittels der weiteren Vertheidigung gefunden werden, so lange dem Gouvernement gegenüber Unabhän= gigkeit der Richter selbst durch die Gesetze nicht vollständig gesichert sst Unter diesen Umständen hat sich die n u insonderheit ge⸗ gen die Schlußbestimmung des Paragraphen mit 1 gegen 4 Stim= men erklärt.

Es ist aber ferner hervorgehoben worden, daß, so wie die Ver⸗ brechen, von welchen die 88. 99 103 handeln, nicht immer Zucht- hausstrafe rechtfertigen, auch nicht in den Fällen der ss. 99, 100

und 103 Nr. 1 und 2, der Verlust der bürgerlichen Ehre eintreten