1848 / 48 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Zu den 35 163, 164 und 165 sindet die Versammlung etwas Wesentliches nicht zu bemerken und erklärt sich für deren Annahme, unter der Vorauesetzung, daß, in konsequenter Anwendung des zu §. 162 gefaßten Beschlusses, auch bei 8. 164 die fakultative Be—⸗ stimmung der Zuchthaus-Strafe oder Strafarbeit angenommen wird.

Eben so wird der §. 166 unverändert angenommen.

Zu der Begutachtung der Bestimmungen des gten Titels über

den Ehebruch: §. 167.

Der Ehebruch einer Ehefrau mit einem unverheiratheten Manne ist an jedem der beiden Ehebrecher mit Gefängniß von drei bis zu sechs Monaten, der Ehebruch eines Ehemannes mit einer unverhei— ratheten Frauensperson an jedem derselben mit Gefänguiß von sechs Wochen bis zu drei Monaten zu bestrafen. Der Ehebruch zweier verheiratheter Personen ist gegen jede derselben mit Gefängniß von sechs Monaten bis zu einem Jahre zu bestrafen.

§. 168.

Eine Bestrafung wegen Ehebruches sindet nur statt, wenn wegen dieses Verbrechens auf Ehescheidung oder Trennung von Tisch und Bett erkannt worden ist. Gegen den schuldigen Ehegatten soll im Jalle der Ehescheidung die Strafe zugleich in dem Erkenntnisse über die Scheidung durch den Ehe-Nichter von Amts wegen ausgesprochen werden, insofern nicht der unschuldige Ehegatte die Nichtbestrafung ausdrücklich beantragt, in welchem Falle jedes Straf-Verfahren auch gegen die Mitschuldigen wegfällt.

Die latholischen geistlichen Gerichte haben nach rechtskräftigem Ausspruche einer beständigen Trennung von Tisch und Bett die Akten an das kompetente Kriminalgericht, behufs Festsetzung der Strafe abzugeben. .

. S. 169.

Wird der Antrag auf Scheidung oder Trennung vor der rechte— kräftigen Entscheidung zurückgenommen, so fällt jedes weitere Straf⸗ Verfahren wegen des Ehebruches sort; in dem Falle aber, wenn wegen eines unter zwei verheiratheten Personen verübten Ehebruchs, sowohl von dem einen, als von dem anderen beleidigten Ehegatten, auf Scheidung oder Trennung angetragen ist, fällt das Straf- Ver fahren nur unter der Voraussetzung weg, daß beide klagende Ehe gatten den Antrag zurücknehmen.

§. 170.

Die Bestrafung des Mitschuldigen an einem Ehebruche, so wie die Bestrafung der Gehülfen an diesem Verbrechen, ist nach Eintritt der Rechtokraft des Scheidungs- oder Trennungs-Urtheiles nicht vom Ehe-Richter, sondern vom Kriminal-Richter zu bewirken.

übbergehend, trat die Versammlung dem von einer Seite gestellten Antrage auf Streichung aller Ehebruchs-Strasen nicht bei, eben so konnte dieselbe die zur Sprache gebrachte Ansicht, daß eine Ermäßi— e sener Strafen, wie sie im Entwurfe proponirt seien, durch Auf⸗ ebung des in Vorschlag gelommenen Minimums und Festsetzung des Maximums auf theilen.

Der Inhalt des 5. 167 gab dagegen zu folgenden Fragen Ver— anlassung: .

1) Soll der Ehebruch der Frau härter bestraft werden, als der des Mannes?

2) Soll beantragt werden, den nicht im Ehebande stehenden Theil— nehmer am Ehebruche straflos zu lassen?

3) Soll beantragt werden, den unverheiratheten Theilnehmer am

Ehebruche geringer zu bestrasen?

Vie beiden ersten dieser Fragen wurden mit überwiegender Ma— jorität verneint, die dritte derselben dagegen von der Mehrheit der Mitglieder bejaht.

(Schluß der Sitzung 3 Uhr.)

üichtamtlicher Theil.

.

Provinz Preußen. (3tg. f. Pr.) Se. Majestät der König hat geruht, der Handels-Afademie in Danzig eine jährliche Unterstützung von 500 Rthlrn. zu bewilligen, auch haben die Aeltesten der Kaufmannschaft eine gleiche Summe zur Erweiterung der Anstalt ausgesetzt, so daß nunmehr auch die Mathematik, Physik und Chemie in die Reihe der Lehrgegenstände aufgenommen werden können.

Provinz Schlesien. (Oder Ztg.) Se. Excelleuz der Geheime Staats- Minisier Graf Stolberg ist mit dem Chef. Präsi= denten der Regierung zu Oppeln, Grafen Pückler, am 12. Februar in Ratibor augelommen, um sich einstweilen hier von der ausgebrei— teten Noth Vberschlesiens Kunde zu verschaffen. Mehrere angesehene, mit den Verhältnissen wohlvertraute Männer wurden sosort zu Sr. Ercellenz beschieben. Die Konferenz dauerte bis in die Nacht hinein. Es wurden die ausgedehntesten Maßregeln zur schleunigen Abhülfe besprochen und entworsen. Sofort wurde heute wegen eiliger Be— schaffung großer Quantitäten von Graupe und anderer Lebensmittel Vorsorge getroffen. Schon morgen gehen acht reich beladene Fuhren nach den acht Stationen der barmherzigen Brüder ab. Bedeutende Vorräthe au Wäsche und Kleidungsstücken werden zugleich mitgesandt. Der Herr Staats. Minister selbst ist mit dem Regierungs- Prässdenten, Grafen Plücler, nach Rybnick, dem Schauplätze größter Noth, abge— fahren, um sich von derselben durch den Augenschein zu überzeugen und die krästigsten Maßregeln zu ihrer Milderung anzuordnen.

. N bein Provinz. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Friedrich Karl von Preußen, der Erbprinz Johann von Sachsen und der Minz Friedrich August Albert von Sachsen sind am 12. ien mit Gefolge in Düsseldorf angekommen.

Deutsche Gundesstaaten.

t Königreich Bayern. (A. 3.) Am 11. Februar wurde in München nachstehende Bekanntmachung an das schwarze Brett der Universität augeschlagen:

„Durch vorläusige mündliche Mittheilung Sr. Durchlaucht des Für— sten von Wallerstein, als Ches des Ministeriüms sur Kultus und Unter— richts ist nach Allerbochsten Maßnahmen S̃. . des Königs die Uni— versttäh nicht weiter geschlossen. Es bestehl darum bel der demnaͤchst zu er— warlenden a des Allerhöchsten Beschlusses die bestimmte Aus- cht, daß die Vorlesungen nächsten Montag den lien d. M. wieder beginnen werden. Indem wir diese sreudige Botschaft zum Behus der Verubigung sämmilicher Studitenden augenblicklich befannt ma— 27 vertrauen wir zugleich, daß dieselbe table Haltung, welche sie l nsert Ermabnung n den Stunden einer größen Vedi dngni gezeigt * 2. Woh, nend düch in den nun beginnenden Tagen der bssenilichen . * . bewahrt werden. Alle Gefühle mitssen sich in den des tie 83) w KAnthnsiasmus fur Wẽssenschast, Ebrk und Sitllichlenn, einigen. VB e. lastzalen Guter und sur Kéniq und Vaterland ver

nigen. * dieses Euthusiasmus, werden wir unsere Laufbahn nicht unn 3 n 234 6 Storun y, sondern die Ur iverssiät wind . ele und Ordnung ehrende Haltung der ihr anvertrau= ten Mugend einen heuen ewese jiesein, n. sie ihre Bestimmung kennt

und zu erfüllen weiß. München, ben 41. ; w Pr. J. n . 1818. Königl. Uni

3 Monate Gefängniß angemessen erscheine, nicht

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Zugleich mit der (gestern bereits mitgetheilten) Antwort des Kö— nigs an die Deputation der Bürger wurde, wie der Fränk. Merk. berichtet, durch die Polizei Direction und die Stadt- Kommandant⸗ schast die weiterg feierliche Königliche Versicherung einem Lauffeuer gleich durch die Stadt verbreitet, der König habe weiter beschlossen, daß die Gräsin Landsfeld binnen einer Stunde die Stadt zu ver— lassen habe, der Gendarmerie- Hauptmann Bauer wegen seines unge⸗ setzlichen Benehmens und Angriffs gegen wehrlose Bürger und Stu⸗ denten vor und im U iversitäts Gebäude, in Folge dessen Verwun⸗ dungen vorfielen, entlassen und seine Stelle durch einen zufällig auf Urlaub in München auwesenden Gendarmerie-Hauptmann aus Augs— burg, Namens Neumann, einstweilen versehen werden solle. Sänmmt— liche hier auwesende Mitglieder des Reichsraths waren fort— während in, der Nesidenz bei Sr. Majestät dem Könige, auch die Minister hielten eine lange Berathung, brachten selbst dem Magistrat die Nachricht und schlossen ihre Mitthei— lung mit den Worten: „Nun ist Niemand mehr zwischen dem Volke und dem Könige.“ Alles strömte gegen Mittag auf den Residenz⸗ platz, und als sich hier die Nachricht verbreitete, daß die Gräsin Vandefeld bereits die Thore Münchens passirt sei, war des Jubels kein Ende. Wie man vernimmt, wurde die Wohnung der Gräsin Landefeld von dem höchlich entrüsteten Volke hart mitgenommen und fonnte nur durch die persönliche Dazwischenkunft des Königs selbst vor gänzlicher Zerstörung gerettet werden, indem er der versammel-⸗ ten Volkemasse die Worte zurief: „Wer mich in Wort und That lieb hat, entferne sich!“ und auch der sogleich in Function getretene Hauptmann Neumann der Masse die Versicherung laut verkündet hatte: „daß er den strengsten Befehl habe, die Spanierin zu ver— haften, wo er sie noch treffe.“ Wie man vernimmt, hat die Gräfin Landsfeld, nachdem sie noch inmitten des größten Tumults den ver geblichen Versuch gemacht, mit ihrem Wagen in die Residenz zu

dringen, sich nach Starenberg begeben, und dürfte um jeden Preis . werden, in kurzem auch das Königreich für immer zu ver= assen.

Dem Nürnb. Korr. schreibt man aus München vom 12ten Februar: „Am 11ten Abends wurde Se. Königl. Hoheit der Prinz Adalbert, der von der Königlichen Familie allein im Hoftheater er— schien, beim Eintreten in seine Loge mit stürmischem Jubelrufe em— pfangen. Die Ruhe ist seit gestern nicht mehr gestört worden, doch herrscht noch immer einige Aufregung, zunächst veranlaßt durch ver⸗— schiedene Gerüchte, die im Umlauf sind. Es hieß nämlich heute früh, die Gräsin Landsfeld sei wieder in der Stadt; doch ist dies wohl, wie man mir aus guter Quelle mittheilt, nicht der Fall. Wir hören vielmehr, daß die Gräfin in einem zwei Stunden von hier entfernten Orte übernachtet habe, von wo gestern Abend das Kammermädchen derselben und der Kutscher, dieser als Bauer verkleidet, wieder hierher gekommen, jedoch verhaftet worden sein sollen. Ferner wird uns mitgetheilt, daß zwei Polizei⸗ beamte sich heute früh zur Gräsin begeben haben, um dieselbe nach der Schweiz zu begleiten. Die gegen die Gendarmerie herrschende Stimmung ist noch nicht ganz beseitigt. Es wurden diesen Vormit— tag einzelne Gendarmen auf offener Straße geradezu verhöhnt. Um etwaigen ferneren Erzessen vorzubeugen, sind alle Vorkehrungen ge— troffen. Seit diesem Morgen ist die Landwehr abtheilungsweise im Dienste, um die Garnison im Patrouillendienst zu unterstützen. Hof— sentlich wird die Ordnung nicht mehr gestört werden, wenigstens wer den die Bürger, die vom besten Geiste beseelt sind, Alles aufbieten, um die Ruhe zu erhalten. Gestern Abend versammelten sich einige Hundert Studirende im Prater, wo der größte Jubel herrschte; der Rektor, Herr Hofrath Thiersch, und einige Professoren waren anwe— send. Die Studirenden beabsichtigen, den Bürgern einen großartigen Festball zu geben. ; ĩ

Dasselbe Blatt meldet aus Augsburg vom 12. Februar: „Von dem hiesigen, gestern nach München beordert gewesenen Che⸗ vaulegers« Regiment „König“, dessen Abgang in drei Abtheilungen (die letzte noch auf 9 Uhr Abends) bestimmt war, hatten sich, den Oberst Kommandanten an der Spitze, nach 3 Uhr Nachmittags vor— erst zwei Eskadronen auf der Eisenbahn fortbegeben. Diese waren aber nur bis zur Station Mehring gelangt, als dort mittelst einer einzelnen Lokomotive Gegenordre eintraf, wonach die Chevaulegeis sogleich nach der hiesigen Stadt zurückkehrten.“

Oesterreichische Monarchie. . Wien, 13. Febr. (Wien. Ztg.) Zwischen Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich und Sr. Königl. Hoheit dem Erzherzog Herzog von Modena ist zu gegenseitiger Aufrechthaltung des inneren und äußeren Friedens und der gesetzlichen Ordnung in ihren Staa— ten nachstehender Vertrag abgeschiossen worden:

Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich und Se. Königl. Hoheit der Erzherzog Herzog von Modeng, von dem gemeinsamen Wunsche beseclt,ͥ dir zwischen Ihnen bestehenden Freundschafts- und Familien-Bande noch sester zu snüpfen und durch Ihre vereinten Anstrengungen für die AufrechtQ haltuns des inneren und äußeren Friedens und der gesetzlichen Ordnung Ihrer Staaten zu sorgen, sind übereingelommen, in diefer Beziehung einen eigenen Vertrag abzuschließen. .

Ju diesem Ende haben Sie zu Ihren Bevollmächtigten ernannt: Ser Majestät der Kaiser von Oesterreich Se. Durchlaucht Clemens Wenzel Lothar Fürsten von Metternich-Winneburg, Geheimen Rath, Sftaats= und Konserenz Minister, dann Haus, Hof- und Staats-Kanzler, und

Se. Königl. Hoheit der Erzherzog Herzog von Modena, den Grafen 21 eodor von Volo, Ihren Kammerherrn, welche nach Auswechselung ihrer ri nig besundenen Vollmachten über folgende Artilel übereingekommen sind:

Att. 4. In allen Fallen, wo die italienischen Staalen Sr. Masjestät des Kaisers von Desterreich und Sr. Königl. Hoheit des Herzogs von Mo— dena einem Angtisse von außen ausgesetzt wären, verpflichlen sich die hohen lontrahirenden Theile, sich gegenseitig mit allen ihnen zu Gebote stehenden Milteln Hülfe und Beistand zu leisten, sobald hierzu die Aufforderung des einen Theiles an den anderen ersolgt.

Art, 2. Da sonach die Staaten Sr. Königl. Hoheit des Herzogs von Modena in die Vertheidigungs-Linie der italienischen Provinzen Sr. Ma— jestät des Kaiseis von Oesterreich eintreten, so räumt Se. Königl. Hoheit der Herzeg von Modena Sr. Majestät dem Kaiser das Recht ein, die Kai serlichen Truppen auf modenesisches Gebiet einrücken und die dortigen festen Plätze besetzen zu lassen, so ost es das Interesse der gemeinschasftlichen Ver— theidigung oder die militairische Vorsicht erheischt. ;

Art. 3. Sollten in dem Innein der Siaaten Sr. Königlichen Hohelt des Herzogs von Modena Verhaälmisse eintreten, welche geeignet wären, die Besorgniß zu begründen, daß die gesetzliche Ruhe und Ordnung gestört werden könnte, oder sollten derlei unruhige Bewegungen sich bis zu einem wirklichen Ausstande steigern, zu dessen Unterdrückung die der Regierung zu Gebote siehenden. Mittel nicht hinreichend wälen, so verpflichtet sich Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich, alsbald nach erhaltener Aufforderung Alle zur Aufrechthaltung oder Wiederberstellung der Nuhe und gesetzlichen Ordnung erforderliche militairische Hülfe zu leisten.

Art. ., Se. Königliche Hoheit der Herzog von Modena verpflichtet sich, ohne, die vorherige Justimmung St. Naiserl. apostolischen Majestat n n. . geartete militairische Uebereinkunst mit einer anderen Macht abzuschließen.

rt. 5. Durch eine besendere Uebereinkunst wird unverzüglich Alles eregelt werden, was sich auf die Unterhaltskosten der Truppen des einen Theilg, sobald se auf dem Gebiete des anderen Theils operiren, bezieht.

Art. 6. Der gegenwärtige Vertrag soll ratisizirt, und die Ratssicatio=

nen sollen innerbalb 114 Tagen oder früher, wenn es sein kann, ausgewech=

Desterreich und Sr. Königl. Hoheit des Erzherzogs, Herzogs von Modena 6 Convention unterzeichnet und unsere Wappen Insiegel bei⸗ gedrucht. ;

So geschehen Wien, den 24. Dezember 1847.

Fürst von Metternich. Graf Theodor von Volo.

Ein gleichlautender Vertrag ist zwischen Sr. KRaiserl. Majestãt und Sr. Königl. Hoheit dem Infanten Herzog von Parma abge⸗ schlossen worden. ö

Grätz, 9. Febr. (Oder⸗-Z3tg.) Die Robot - und Zehent Verweigerungen in Ober-Steiermark, namentlich im Ennsthale, weichen nun allgemach der angewendeten Militair⸗-Gewalt, aber auch einer besseren Ueberzeugung der Bauern. Die Milde der Hofkanzlei in Wien ist wohl selbst Veranlassung der Täuschungen und wohl auch der Selbstsucht geworden, unter deren Einfluß man sich der alten Pflicht dieser Leistungen zu entziehen strebt. Früher wurden Robot? und Zehentremittenten durch politische und militairische Execution zur Er— füllung ihrer Schuldigkeit angehalten, was aber dahin eine Abände—Q rung fand, daß die Herrschaften die Eintreibung nunmehr auf dem Rechtswege bewerkstelligen durften, dessen Langsamkeit und Umständ⸗ lichkeit die Ursache von einer Masse solcher Robot- und Zehentver— weigerungen wurde. Da man sich hohen Ortes nun wieder zu dem ersteren strengeren Modus der Eintreibung zurückzukehren veranlaßt gesehen, sucht sich der Bauer natürlich auf alle Weise den Folgen zu entziehen, zumal sein Mißtrauen auch Vieles auf Unkosten der Hert— schaften setzt.

Frankreich. . Deputirten⸗ Kammer. Sitzung vom 10. Februar. Im weiteren Verlaufe dieser Sitzung sagte Herr Thiers:

„Herr Guizot hat gesagt, daß wir das Recht hätten, Einer den Ande— ren zu richten. In gewissen Fällen mag das wahr sein, in anderen aber nicht. Wir können Ihre Politik richten; Sie können die unsrige parteiisch und wir werden die Ihrige bestochen nennen; aber seit wann hat ein Theil der Kammer sich das Recht angemaßt, den anderen zu richten? Ich habe das Recht, Ihnen zu sagen, daß Sie das Land ins Verderben stürzen; Sie haben das Recht, mir den Vorwurf zurückzugeben; das Necht aber, als eine Regierung mich zu richten, steht Ihnen nicht zu, und ich erkenne es nicht an. Jedes Jahr richten Sie in der Thron Nede die Politik der Opposition, so wie Ihre eigene Politik, welche nach Ihnen ganz Frankreich mit Wohlfahrt überschüttet. Woher entspringt denn der Tumult, welcher während der letzten drei Tage nicht aufhörte? Offenbar daher, weil zwischen den Erörterungen, die uns jetzt beschäftigen, und gewöhnlichen Diskussionen ein großer Unterschied ist. (Eine Stimme: Dieses Jahr gab es Bankette.) Allerdings, dies ist etwas. Es ist augenfällig, daß Sie über einen gewissen Theil Ihrer Kollegen Tadel verhängen wollen. Ganz wahr ist es, daß die Thron-Rede das Werk des Ministeriums ist; aber es giebt Schicklichkeiten, die man beobachten muß, und doch gebrauchen Sie in die— ser Thron⸗Rede die Ausdrücke „feindlich und blind.“ Ich weiß, daß wir in die letzte Kategorie gereiht worden sind; aber will die Kammer erklären, daß sie einen Feind unter ihren Mitgliedern hat? Kann es in einer Ver— sammlung, welche Treue geschworen hat, einen einzigen Feind geben? Es ist eine Ungerechtigkeit, es ist eine Unklugheit, sich eines solchen Ausdruckes zu bedienen, und wir sind mit Recht erstaunt darüber, daß ein Ministerium eine solche Frage zur Kabinetssrage machen konnte.“ Marquis von La— rochejaequelin ersuchte die Majorität, die ihr vorgeschlagenen Tadels worte nicht zu genehmigen. Das Amendement des Herin Darblaw wurde hierauf zur Abstimmung gebracht und fast einmüthig verworfen, indem die gesammte Opposition, mit Ausnahme der Herren Darblar und Desmousseaur de Givré, sich des Stimmens enthielt. Die Sitzung wurde sodann aufgehoben.

Sitzung vom 11. Februar. Es wurde die Debatte über die zum Bankett⸗Paragraphen vorgeschlagenen Amendements fortgesetzt. Das Amen— dement des Herrn Desmonusseaux de Givreé, welches die Ausmerzung der Worte „feindliche Leidenschaften“ und „blindes Sichfortreißenlassen“ bezweckt, war an der Reihe. Herr Desmousseaux de Givré: „Indem ich die Weglassung einer beklagenswerthen Phrase des Adreß-Entwurfes vor⸗

schlage, handle ich nicht im Sinne der Opposition, sondern der Majorität selbst, die ich noch für konservativ halte. Die Abfassung, welche ich vor— schlage, schließt übrigens keine Billigung der Bankette in sich und setzt Sie mit der Pairskammer nicht in Widerspruch. Ich begreife einen Tadel nicht, der über mehr als hundert Kollegen verhängt wird, die wir vom onstitu— tionellen Gesichtspunkte aus zu achten verpflichtet sind. Wenn Sie logisch verfahren wollen, so müssen Sie zur Begründung dieses Tadels zwei neue Ge⸗— setze einbringen, ein Gesetz nämlich über die Presse, da Sie das jetzige Preß Gesetz für unzureichend erklären, und ein Gesetz über die Wahlen, welche mehr als hundert in Ihren Augen so strafbare Mitglieder auf diese Bänke ge sandt haben. Hüten Sie sich, die Ihnen angesonnenen Ausdrücke in Ihre Adresse aufzunehmen. Wer weiß, ob unter den durch das Loos zu bestim-— menden Mitgliedern der Deputation, welche Ihre Adresse überreichen soll, nicht auch einige dieser Feinde oder dieser Blinden sein werden, die dann zurückzubleiben genöthigt wären. Sie würden somit die Thüren des Kö— niglichen Palastes den Vertretern der Opposition verschließen. Ich bitte die Kammer, ich bitte die Majorität, der ich noch durch so viele enge Bande angehöre, aufs dringendste, sich wohl zu bedenken und nicht jeder Versöh— nung die Thür ganz zu versperren.“ Herr von Morny: „Grundsätzlich verdamme ich die Bankette nicht; aber kann man leugnen, daß in Folge der⸗ selben eine gewisse moralische Aufregung entstanden ist, und wollen wir der Kam— mer das Recht bestreiten, die von ihr gemißbilligten Reden zu tadeln? Im Jahre 1842 scheute sich die Kammer nicht, die Versammlungen, denen sich Deputirte moralisch angeschlossen hatten, in der Adresse zu rügen und die Regierung zu ihrer Ueberwachung aufzufordern. Wollen Sie, daß die Kammer uber die bei den Banketten gehaltenen anarchischen Reden schwei⸗ gen soll? Die Opposition stellt sich beleidigter, als sie sich fühlt; dies ist nur Parteitaktik, es ist übertriebene Empfindlichkeit, aber fein Patriotismus.“ Herr von Lamartine: „Der vorige Redner spricht von übertriebener Empsindlichkeit; nicht in Bezug auf uns, sondern in Bezug auf die heilig— sten Rechte des Landes sind wir empfindlich. In den unpersonlichen Kämpfen der Tribüne brandmarken uns die Schläge unserer Gegner nicht; sie ehren uns. Ich stehe aber nicht hier, um eine der Bezeichnungen, womit uns der Adreßentwurf bedroht, von mir oden meinen Kollegen zurückzuweisen, sondern um lurz den Charakter eines solchen Vorschlages zu prüsen und der Ma— joörität eine einzige Bemerkung über diese Krisis zu machen, welche Sie im Lande hervorrufen, indem Sie einen Theil dieser Kammer in die Noth— wendigkeit versetzen, entweder der Willkür zu widerstehen oder ein heiliges Recht, das Recht der Versammlungen, aufzugeben. Wer von Ihnen hat sich nicht gefragt, ob dieses Recht, sich zu versammeln, um gemeinsam seine Ausichten kundzugeben, nicht die eigentliche Grundlage der onstitutionellen Regierung ist? Umfassen eiwa die beiden Kammern das ganze politische Leben des Landes? Ist schon Alles gesagt, wenn Fragen von wesentlichem Interesse zwischen den drei Staatsgewalten verhandelt worden sind? Nein, außerhalb und über der constitutionellen Sphäre giebt es noch eine andere Gewalt; es giebt für äußerste Fälle einen Richter, einen sonderannen Schiedsrichter. Die Ume, welche Sie auf diese Tribüne stellen, enthalt das Gesetz, aber nicht das Land. In freien Ländern giebt es uber den constitutionellen Gewalten (Murren) oder meinetwegen unter den constitu— tionellen Gewalten eine richtende und schietorich erich Gewalt; diese ist das Land, die öffentliche Meinung, deren freie ngen sich nicht in Geseße formuliren diese geben Sic —, sondein sich durch Neden, Verbffenilichungen, öffentliche Versammlungen lundgeben. Solche Kundge— bungen sollen freilich nicht ohne gewichtige Ul sachen statißnden; aber het etwa das vorige, an Stand alen so reiche Jahn diese Ursachen nicht in Fulle dar? Zaben Sie ber Ihrem Tadel der Bankelte denn ganz den Eindinck dieser Stan- dale auf das Land vergessen? Ich behaupte, daß wir weit mehr Grund bätten zu flagen, und besergt zu sein, wenn das Land im Angesichte solcher Skandale ibeilnahmlos geblicben ware oder nicht das Necht gehabt batte, sein Erstaunen und seine Entrustung auszusprechen. Allerdings haben die Bankette Aufregung verursacht, aber nur eine friedliche, rechtmäßige und heilsame Aufregung. Die Regierung urtheilt falsch, wenn sie die Bankette dem Ehrgeize gewisser Männer schuldgiebt; gerade diese Manner hatten

selt werden. 6. eat, . Unnnd dessen haben wir Bevollmächtigte St. Majestat des Kaisers von

Mühe genug, eine noch weit größere Zahl von Banketten zu verhindern.

Wenn man in diesen Demonstrationen das Werk künstlicher Aufreizungen sieht, so verkennt man ihren Charakter a Wäre es besser gewesen, wenn das Volt, statt seine constitutionellen Befürchtungen geradezu auszusprechen, in dumpfem Schweigen verharrt hätte, um sich später drohend und herausfordernd u erheben? Die Regierung hatte in der von ihr selbst geschaffenen Krisis zwi⸗ sihen drei Arten von Waffen zu wählen; zwischen den Waffen der Freiheit, indem sie die Bankette duldete und den Eifer verrauchen ließ; zwischen den Waffen eines liberalen Gesetzes, unter welches wir uns, wäre es angenom⸗ men worden, willig gebeugt hätten, und zwischen den Waffen der Willkür, welche man anwenden zu wollen scheint, um die Ausübung eines großen Rechtes zu verbieten. Wohlan! Dieses ist die lleinste aller Waffen, aber auch die gefährlichste, indem sie zerbrechen und sich gegen den zurückwenden wird, der sich ihrer bedient. Haben die Minister die Folgen der Handlung erwogen, welche sie der Majorstät vorschlagen? Ich will sie andeuten, in= dem ich die Uleberzeugung ausspreche, daß diejenigen, welche Ihr Tadel trifft, beharren und den Gehorsam verweigern werden, so daß sie in nächster Ses⸗ sion gezwungen sein können, gegen sie die Erilärung zu beantragen, daß sie unwürdig seien, ferner in der Kammer zu sitzen. 3um Schlusse bitte ich die Majorität, wohl zu bedenken, daß das vom Ministerium verschlossene und von der Ration selbst wieder geöffnete Ballspielhaus zu Versailles einen Haupt- Anstoß zu unserer ersten Revolution gab, und daß es auch damals sich um das Recht der Versammlung an einem öffentlichen Orte handelte.“ Der Bericht⸗ erstatter der Kommission, Herr Vitet, erklärte, die Kommission habe ge— glaubt, daß die großen Staatsgewalten gegen diese aufregenden Bankette offen protestiren müßten, und die Rücksicht darauf, daß Deputirte dabei be= theiligt seien, habe diese ihre Ansicht nicht erschüttert. Die Kommission habe die Pflicht und das Recht gehabt, diese gefährlichen Kundgebungen nach ihrem wahren Charakter zu bezeichnen; sonst hätte man glauben müssen, daß sie Handlungen billige, welche das Land verdamme. Nachdem Herr Odilon Barrot behauptet hatte, daß die Majorität nicht berechtigt sei, die Minorität zu richten, sprach Herr von Remu sat in demselben Sinne und erklärte, daß jeder Deputirte für sein Verhalten außerhalb der Kammer einzig dem Gesetze verantwortlich sei, nicht aber dem Tadel der Majorität unterliege und von ihr gerichtet werden könne. Die Minorität greife die Majorität durch die Presse, durch Reden, durch Versammlungen an; die Majorität möge durch die nämlichen Waffen sich vertheidigen, aber nicht zu unparlamentarischen Waffen greifen. Das Amendement wurde hierauf mit 228 gegen 185 Stimmen verworfen und der Paragraph der Kommission, da die Opposition in Masse sich der Abstimmung enthielt, mit 223 gegen 18 Stimmen angenommen.

Paris, 12. Februar. Gestern haben, wie der heutige Moniteur meldet, die Gesandten Preußens, Sachsens und Badens dem Könige in besonderen Audienzen die Antwortsschreiben ihrer Souveraine auf die Anzeige von dem Tode der Prinzessin überreicht. Auch von den Herzogen von Braunschweig und Anhalt-Deßau hat Se. Majestät gleichzeitig auf jenen Trauerfall bezügliche Schreiben erhalten. An demselben Tage empfing der König ferner den dänischen Gesandten, Grafen von Moltke, welcher die Notificationsschreiben über das Ableben König Christian's und die Thronbesteigung Friedrich's VII. übergab, und den bisherigen brasilianischen Gesandten am hiesigen Hofe, Baron von Renduffe, der von diesem Posten abberufen'ist und Sr. Majestät das betreffende Schreiben überreichte. Nachmittags machten Ihre Majestäten einen Ausflug nach Neuilly, kehrten aber Abends wieder nach den Tuilerien zurück.

Der Herzog von Nemours hat vorgestern zwei Stunden lang mit dem Marschall Bugeaud und den Generalen der Besatzung von Paris konferirt.

Es wird jetzt mit Bestimmtheit versichert, daß die Herzogin von Montpensier seit fast vier Monaten in gesegneten Umständen sei. Sie werde in kurzem nach dem Schlosse zu Pau abreisen, um später sich für die Zeit ihrer Entbindung auf spanisches Gebiet begeben zu können, da nach der spanischen Verfassung der muthmaßliche Thron⸗ erbe auf spanischem Boden geboren sein muß.

Bei der Gemahlin des britischen Botschafters, Marquis von Normanby, war gestern Abend der erste große Ball in dieser Sai⸗ son, zu welchem über tausend Personen Einladungen erhalten hatten. Die Prinzen von Syrakus und Paul von Württemberg, das ganze diplomatische Corps, die Minister, viele Pairs und Deputirte waren unter den anwesenden Gästen. Gleichzeitig fand in dem neuen Win tergarten ein Fest zu Ehren John O'Connell's statt, welches die „ka—⸗ tholische Jugend“ veranstaltet hatte, wovon aber Damen ausgeschlos⸗ sen waren und das eine sehr mangelhafte Anordnung zeigte, so daß die Gesellschaft sich langweilte. Graf Montalembert war durch Un⸗ päßlichkeit zu erscheinen verhindert. . ö. .

Graf Hyppolyte von Larochefoucauld, der Gesandte Frankreichs am Hofe von Toscana, der wegen des Gesundheitszustandes seines Vaters auf einige Tage nach Paris gekommen war, ist nun wieder auf seinen diplomatischen Posten zurückgereist. . !

So eben ist ein Attaché der franzöͤsischen Gesandtschaft zu Mün⸗=

chen hier eingetroffen, der die Königlich bayerische Natisication der Uebereinkunft über den Bau der Eisenbahn von Straßburg nach Speyer überbringt. . c Ie rium soll beschlossen haben, im Laufe der gegen⸗ wärtigen Session ein Gesetz gegen die politischen Bankette vorzu⸗ legen. ; Heinrich Heine ist, da sein Uebel sich in der letzten Zeit immer mehr verschlimmerte, auf den Rath der Aerzte aus der Hauptstadt entfernt und aufs Land gebracht worden.

Es heißt, morgen werde eine Königliche Verordnung erscheinen, die den Marschall Bugeaud zum Kriegs-⸗Minister ernenne.

Herr Berryer ist wieder hergestellt und bereits in der Kammer erschienen, dagegen sind Dupin der Aeltere und Lamartine noch un— päßlich.

X Paris, 12. Febr. Bis zu dem Augenblicke, wo ich vor⸗ gestern meinen Bericht über die fortgesetzte Adreßverhandlung des Postschlusses wegen abbrechen mußte, hatte es geschienen, daß die größere Ruhe und Mäßigung, welche bis dahin in der Kammer ge— herrscht hatten, fortdauern und die Auftritte des Tumultes der vorigen Tage nicht sich erneuern würden. Diese Erwartung ist durch das, was nachher vorgegangen, vollkommen getäuscht worden: Die Sitzung vom 10. war eine der längsten, die noch je stattgefunden haben, und zugleich auch eine der stürmischsten, deren man sich seit dem Jahre 1830 zu erinnern vermag. Die politischen Leidenschaften sind bis zu einem unerhörten Grade entflammt, und jeder Versuch einzelner Stim— men von beiden Seiten, um zu besänftigen und zu versöhnen, hat gerade die entgegengesetzte Wirkung, nur noch Oel ins Feuer zu gießen. Solche . wurden von Seiten der Opposition durch das Organ des Herrn Paillet gemacht, der keinem Bankett beige⸗ wohnt hatte, auf den also weder der Ausdruck „feindselig“, noch das Wort „blind“ Anwendung sinden kann; von Seiten, freilich nicht aus Auftrag und mit Zustimmung, der konservativen Partei durch Herrn Blanqui; die einzige Folge aber war, daß der Sturm nur mit verstärkter Wuth losbrach. Von Maßhalten ist keine Nede mehr, man schleudert sich Schmähungen, ja Herausforderungen mit einer Heftigkeit und Erbitterung zu, die an die schlimmsten Tage der ersten Revolution erinnern. Von beiden Theilen ist man so weit gegangen,

daß man nicht wohl mehr zurückgehen kann, ohne sich selbst ganz

aufzugeben. Jedermann fragt sich, wohin das führen wird. Das Mile ern. hat zu bestimmt erklärt, daß es weder in der Rechtsfrage, die Befugniß zu Ertheilung der Erlaubniß zu Abhaltung von Ban⸗ ketten und Versammlungen überhaupt oder zu dem Verbot von solchen betreffend, nachgeben, noch die trotz des Verbots etwa zu versuchende Abhaltung von Banketten zulassen, noch

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auch die im Adreß⸗Entwurf ausgesprochene Censur gegen die Deputirten, welche bisher daran Theil genommen, zurückziehen werde. Ein nachträglich erst kommendes Zugestandniß von seiner Seite würde daher so viel heißen, als eine moralische und in Folge davon unm vermeidlich auch faktische Abdankung. Und zu dieser kee es bis setzt nicht die geringste Neigung. Die Opposition hat übrigens bis jeßt viel weniger Entschlossenheit und Standhaftigkeit an den Tag gelegt, als die Gegner derselben, die, wenn man die verhältnißmäßig geringe Zahl von etwa 25 schwankenden oder abtrünnig gewordenen Mitgliedern abrechnet, wie ein Mann dastehen, eine festgeschlossene Phalanx bildend, an der alle Anstrengungen und Künste bis jetzt ab⸗ prallten. Von dem Gedanken, welchen die Opposition anfangs hatte, ihre Entlassung in Masse zu geben, um so vielleicht eine Auflösung der Kammer nöthig zu machen, kam man durch den Widerstand des linken Centrums ab und in der Eiwägung, daß es mehr als einem der so abtretenden Oppositions⸗Deputirten schwer werden könnte, wiedergewählt zu werden. Der Versanm⸗— lung, welche vorgestern Vormittag bei Herrn Odilon Barrot stattgefunden hat, wohnten auch die Herren Thiers und von Remusat vom linken Centrum und Herr Ledru Rollin von der äußersten Lin⸗ ken bei. Die Gesammtzahl der Anwesenden soll 05 gewesen, und man ist nun dahin übereingekommen, daß die ganze Opposition sich der Abstimmung über die Ädresse enthalten solle, wenn der letzte Pa— ragraph des Entwurfs in der von der Kommission ihm gegebenen Fassung mit den Ausdrücken „feindselig“ und „blind“ beibehalten werden sollte. Thut die Opposition dies (nach einer gestern von uns mitgetheilten Depesche aus Paris vom 12ten wäre es so geschehen), so entsteht die Frage, ob dann überhaupt eine gültige Abstimmung über die Adresse wird zu Stande kommen können. Nach dem Re⸗ glement ist dazu die Theilnahme von wenigstens der Hälfte aller Mitglieder der Kammer und einer Stimme darüber nöthig. Da aber die Gesammtzahl aller Deputirten 459 beträgt, so müßten sonach wenigstens 230 Mitglieder abstimmen. Es fragt sich also, ob die ministerielle Majorität sich bis zu dieser Ziffer wird erheben können. Bei den bisherigen Abstimmungen war die höchste Zahl von. Anwe⸗— senden, die erreicht wurde, 26, und darunter war noch eine Au⸗ zahl von Stimmen, auf welche im jetzigen Falle nicht mehr zu rech— nen ist, wenigstens nicht mit Sicherheit. Allerdings war aber auch jedesmal eine Anzahl von konservativen Deputirten abwesend, die übrigens hier zu Paris gegenwärtig sind. Mit einiger Mühe kann daher das Ministerium immerhin noch die zu einer gültigen Abstimmung nöthige Zahl von Theilnehmern zusammenbringen, um so mehr, als man nicht glaubt, daß alle unzufriedenen konservativen Deputirten die Feindschaft gegen das Kabinet so weit treiben werden, mit der Op— position sich der Abstimmung gänzlich zu enthalten. (Nach der gestri— gen telegraphischen Nachricht hätten 241, also mehr als die gesetzlich hinreichende Zahl, für die Adresse gestimmt) Bei dem Eutschlusse, in Masse dem Bankette des zwölften Arrondissements trotz des Ver— bots beizuwohnen, will die ganze Opposition beharren. Im Uebri⸗ gen hat der Kampf in der Kammer seit vorgestern eine völlig neue Richtung genommen. Es handelt sich nicht mehr um das Recht der Regierung, die Bankette zu erlauben oder zu untersagen: die Oppo⸗ sition als Minorität bestreitet jetzt der Majorität von vorn herein das Recht, über sie gewissermaßen ein Urtheil zu fällen. Von diesem Gesichtspunkte aus haben die Herren Odilon Barrot und Thter der Frage nun aufgefaßt, und darum dreht sich jetzt die Debatte. Von beiden Seiten werden die betreffenden Ansprüche mit einer uner⸗ schütterlichen Hartnäckigkeit erfochtem: drei Minister nach einander, die Herren Graf Duchatel, Dumon und Guizot, sind vorgestern in die Schranken getreten gegen die Führer und Vorkämpfer der Op⸗ position, und was . n , , . Streit artet immer mehr in die gehässigsten Persönlichkeiten aus. hl n ,, 19 e, n, Banlette betreffende Theil des letzten Adreß-Paragraphen, also der entscheidende Theil desselben, von dessen Fassung eben die Opposttion ihre weiteren Entschlüsse ab⸗ hängig machen wollte, in der von der Kommission ihm gegebenen und vom Ministerium, wie von seinen entschiedenen Freunden, mit so großer Beharrlichkeit vertheidigten Form angenommen, nachdem zuvor das Amendement des Herrn Desmousseaur de Givré, welches mit milderen Worten einen Tadel der Bankette aussprach, dagegen die Worte „feindliche Leidenschaften oder blindes Sichfortreißenlassen“ entfernen wollte, verworfen worden war. Die Diskussion über den anderen Theil des Paragraphen und die Abstimmung über die ganze Adresse würde noch vertagt, und, die Debatten sind demnach heute von neuem eröffnet worden. Die verhältnißmäßig sehr schwache Mehrheit von nur 143 Stimmen, mit welcher jene Verwerfung er⸗ folgte, zeigt am besten, wie doch eine ziemlich beträchtliche Zahl

von Mitgliedern der Mehrheit bedenklich geworden war und der Op-

position den strengen Tadel, durch welchen sie so sehr gereizt wunde, ersparen wollte. In der That ist es vollkommen richtig, daß schon vorgestern Abends eine gin n Anzahl von Konservativen, und zwar von solchen, in deren Ergebenheit für das Kabinet kein Zweifel ge— setzt werden kann, sich im Hinblick auf die zunehmende Gereiztheit der Stimmung selbst der gemäßigten Oppositions-Deputirten zu einer Besprechüng versammelte, in welcher man sich für einen noch—⸗ maligen Versuch beim Kabinet, dessen Zustimmung zu einer etwas milderen Fassung der gegen die Opposition zu verhängenden Censur zu erlangen, aussprach. Die Vorschläge, welche desfalls von diesen Herren gestern Vormittags dem Kabinet gemacht wurden, erfuhren aber eine entschiedene Ablehnung. Graf Duchatel erklärte abermals, wie schon früher, daß jedes Amendement zu der ursprünglichen Fas— sung, welcher Art es auch sein und von welcher Seite es auch kom⸗ men möchte, von der Masorität angenommen, das Signal zum augen— blicklichen Rücktritte des Kabinets sein würde. In demselben Sinne entschied auch der ganze Minister-Rath in einer Versammlung, die derselbe gestern Mittags bei Herrn Guizot im Hotel des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten gehalten hatte. So kam es denn zum völligen Bruche mit der Opposition. Diese kennt in ihrer Wuth keine Graͤnzen mehr und erklärt die Scheidung als unwiderbringlich. Es scheint in der That, daß sämmtliche Oppositions-Deputirte sich gegen- seitig anheischig gemacht haben, nicht mehr in den Tuilerieen zuerscheinen und desgleichen die Salons des Kammer-Präsidenten Sauzet zu meiden, dem sie nicht verzeihen können, daß er mit der Majorität gegen die Opposition stimmt. Sie sinden dies unschicklich und der Uupartei⸗ lichkeit nicht entsprechend, welche der Präsident der Kammer behaup⸗ ten sollte. Mit deni Verfahren der Opposition in dieser Beziehung hat es sein eigenes Bewenden. Wenn sie konsequent auf diesem Wege fortfahren wollte, müßte sie am Ende auch erklären, und noch mit viel mehr Grund, nicht mehr mit den 223 Deputirten zusammen— sitzen zu wollen, welche zunächst die Censur gegen sie aussprachen. Aber da müßten die Oppositionsmänner ihre Entlassung geben, und vor diesem letzten Schritte beben sie doch zurüch so sehr ihre Organe auch drohen. Bei dem Bankett, das im zwölften Arroudissement ge—⸗ halten werden soll, bleibt man vorläusig stehen: Montag über acht Tage wird nun als der dafür ausersehene Tag genannt. Wird aber die Opposition die Verantwortlichkeit einer jedenfalls möglichen Störnng der Ordnung übernehmen wollen, die dadurch erzeugt werden könnte? Nichts leichter, als einen Krawall hervorzurufen in einer Stadt wie Paris, wo so viele Elemente der Gãährung beisammen sind; aber glaubt die Opposition damit etwas zu erzielen? Gewiß nicht. Es

ist also abzuwarten, was sie thun wird. Einstweilen hört man es

sei Absicht der Regierung, für ben Fall, daß man wirklich das Ban. kett halten wollte, die Thüren des Lokals versiegeln zu lassen, um denjenigen, der es wagen würde, die angelegten Siegel zu verletzen oder abzureißen, zu verhaften und vor Gericht zu ziehen. So wird we⸗ Nach Anderen soll das Bankett morgen über acht

nigstens erzählt. Tage stattsinden. . ö Heute bei Beginn der Sitzung zeigte sich die Deputirten=Kam⸗ mer viel ruhiger als gestern. Man versichert, Herr Blauqui wolle die Opposition zu vermögen suchen, daß sie den Streit nicht auf die Straße übertragen möge. Er will sie im Namen der Konservativen, die gestern mit der Opposition gestimmt haben, beschwören, ihren Groll, ihre Erbitterung auf den Altar der Ordnung niederzulegen. Andererseits soll morgen eine Adresse von zahlreichen Offizieren der Nationalgarde von Paris, nämlich solchen, die der Opposition zug ethan sind,im National erscheinen. Die Offiziere erklären in dieser 3 daß sie sich den Deputirten, welche dem beabsichtigten Bankett beiwohnen wollen, anzuschließen bereit sind und zu ihrer Verfügung stehen. Sie versichern, daß dieselben unter ihrer Bedeckung unter guter Obhut sein würden. Indessen ist noch nichts weniger als sicher, daß die Opposition bei ihrer Absicht beharren werde. Die Radikalen aber sind beharrlich in ihrem Gedanken an Widerstand. Inzwischen hat Herr Sallandrouze der Urheber des heute in der Deputirten-Kammer zu verhandelnden Amendements und einer der unzufriedenen Konservativen, die Tribüne bestiegen, um sein Amendement zu entwickeln. Der Nedener spricht sehr leise und ist schwer zu vernehmen. Sein Amendement spricht bekanntlich eine Hoffnung auf Fortschritt aus, welches auf Wahl- und parlamentarische Reform deuten soll. Er glaubt nicht, daß die Untersagung der Bankette den Kundgebungen des Voltes zu Gunsten der Reform ein Ziel setzen werde, man müsse auf ihre Quelle zu⸗ rückgehen. Er fordert besonders die Majorität auf, selbst die Initiative zu diesen Reformen zu ergreifen. Die barlamentarische RNesorm gehöre be⸗ sonders wesentlich der konfervativen Partei an. Die Kammer werde die Reform beschützen gegen den Geist der Desorganisation, der sich derselben als Deckmantel sür feine Pläne bemächtigen möchte. Der Redner vermag sich aber keinen Erfolg zu erringen, und auch die Ait, wie er spricht, Stimme, Gesten, Haltung, Alles ist gegen ihn. Bis jeßt hat er noch nichts Neues gesagt. Er beruft sich auf die Ansichten des Herrn von Moꝛrnꝝy. Während der Redner spricht, herrscht große Unaufmerksamkeit, und der Mini⸗ ster des Innern selbst verläßt seinen Platz und beginnt ein Privatgespräch mit einem seiner Freunde. Als Herr Sallandrouze endlich sieht, daß er durchaus kein Gehör findet, verläßt er die Tribüne. Herr Gontard, ein ganz junger Deputirter, folgt ihm auf derselben. Er erklärt, er sei wie Herr Sallandrouze in Unruhe über die Zukunft der konservativen Partei, . gen äußert er sich befriedigt über die bereits vollbrachten Fortschritte. (Eine Stimme links: Schöne Fortschritte! Der Fortschritt sei auch das Ziel der Majorität, der konservativen Partei, (Nu in den Centren: Ja! Ja!! „Wir nehmen die Probe an“, ruft der Redner ans, , , uns anbietet, das Land niuß erfahren, welches diejenigen ä n,, und ernstlich Reformen wollen, und diejenigen kennen lernen, di n, selben widersetzen. Es muß erfahren, wer bs , nn, , ü. Groll oder Rißvergnügen kein Nesormenzes ** ü er nn ) Seine neuen Centren, lebhafter Beifall lin ts. Eine bee, we ene, . de, de. r. . . 3 9 di , e und a n. Der Prä⸗- nn jucht vergebens die Ordnung herzustellen, Für. e, ,,. feine Spaltung in der konserpativen Partei mel le sei e. ugen ick zu äußersten Maßregeln noch nicht gekommnien. (2 eifall im Centrum.) Die Frage der parlamentarischen Reform sinde Beifall in der Kammer und im Lande. Die konservative Partei sei darüber getheilter Meinung gewesen, ob man einige Reformen annehmen müsse oder nicht. Er glaube aber, gegen⸗ wärtig sei weder in der Majorität der Kammer, noch im Rathe der Krone irgendwer der Unbeweglichkeit und ihrem Kultus mehr zugethan. zlus druck des Mißfallens links.) Er glaube, es liege eine absolute gebieterische Noth⸗ wendigkeit vor, etwas zu thun, aber mit dem rechten Maßhalten. Der Redner prüft mehrere Meinungen in der fonservativen Partei und schließt daraus, daß

sese in der Lage sei, ohne Gefahr Verbesserungen im Wahlgesetze vornehmen zu nn. 46. mit ö. . noch mit den Ideen wollen , ,, . machen, sagt er, „die kon servgtive Partei darf sich aber nicht spalten n ,. nach den Siege.“ In diesem Augenblicke gehe in der konser vativen Partei, im Lande cine Bewegung vor, dies sei ein Grund mehr, zu hoffen und abzuwarten. Der Fortschritt müsse in der Kammer und im Lande Bestand gewinnen. Er glaubt, eine Verständigung unter den Konservativen sei mög- lich, dieselben könnten Neformen bewerkstelligen, ohne dazu des Beistandes ihrer Gegner zu bedürfen. (Beifall zu wiederholten Malen aus den Cen⸗ ren belohnt den Redner. Da jedoch zu gleicher Zeit die Opposition lärmt, ist es wieder sehr schwer, den Redner zu hören.) Aber eine Reform um den Preis einer Spaltung in der konservaliven Partei vorzunehmen, das wäre eine große Unklugheit. Das Land werde den Kenservativen Rechnung tragen für ihre Zurückhaltung, ihre Mäßigung. Der Nedner richtet an die Müiglieder der ganzen konservativen Partei Worte der Versöhnung und wüunscht dieselbe von ganzem Herzen. Im Interesse der ganzen Majorität sollte diese Ver⸗ söhnung stattfinden zwischen denen, weche die Reform jetzt, und denen, welche sie in der Zukunft wollten. Herr Lesseps unterbrach den Redner, als derselbe vom Interesse der Majorität sprach. Es handle sich hier nicht um das Interesse der Majorität, sondern um das Interesse des Landes. Herr von Houlard erklärt, diese Interpellation anzunehmen. Er sage also, es fi im Interesse des Landes. Wenn das Land dabei behgrre, schon in dieser Legislatur eine Reform zu verlangen, so erlläre er im Namen einer gewissen Anzahl von Konservativen, daß sie Mäßigung mit Festigkeit zu vereinen wissen würden. Herr Sallandrouze: „Herr von Goulard macht uns unfere Ehrsucht, unseren Groll zum Vorwurf. (Lebhafte Verneinungen im Centrum. Wir haben während der letzten Session das Ministerium be⸗ sestigen wollen, wir haben es für unsere Pflicht angesehen, alle großen Fia⸗ gen unserer Prüfung zu unterziehen. Wir haben den Augenblick zur Vor- nahme von Reformen gekommen geglaubt. Wir wollten, daß in der Adresse auf die Thronrede das Prinzip der Kammer angedeutet werde im Gegensatze zu der Politik der Regierung. Wir stellen klar und unumwun— den die Frage: Willigt das Ministerium ein, die Initiative zu ergreifen zu der Reform, die mit ihm oder gegen dasselbe vor sich gehen wird?!“ In dieser Replik wurde Herr Sallandrouze viel aufmerksamer angehört, als in seiner anfänglichen Rede. Herr Clapier (von Marseille), eines e n, organe der unzufriedenen Konservativen, besteigt die Tribüne. Mit Nach, drück und einer gewissen Emphase erklärt er, die konservative Politik sei ganz geeignet zur Verständigung. Der Redner verbreitet sich über e n. schiedenen Einwürfe, welche man gegen die Opportunität der 4 erhebt, und bekämpft sie sehr energisch. Der Redner möchte, daß die , . das Prinzip der Reform in ihre Adresse aufstelle und das , . die Jnitiatlve ergreife mit einem Gesetz⸗ Entwurf, den ss denz 4 An⸗ der Folge vorlegen möge. Es sei nicht genug, daß die Regierung Volg 9 a: n es müsse auch sie zu wollen

schein habe, die Neform anzunehmen, sondern es , scheinen. Das Land sei aufgeregt, der Handel leide darunter,

w, , ,, ö ie K be das Mittel in der Hand, dem . 1 2 sie solle nur einen ? Hülfe zu kommen, es z uhigen, ;

ech 1 er, n en, in die Adresse Eier g, 5 dn.

unf mlt“ aroßer Leichtigkeit und hat ein wohlklingendes Srgan— . a räth noch den Advokaten aus der Provinz. Er un . fiinf ag rn son nenen Thatsachen einer Prüfung und findet lerniehl en n, m , Wünfche für Reformen. Er erinneit an die r 2 e . Guizot, an dir Wähler von Lesieur und schliest daraus,

, m te Redner sich nicht blos an die dortigen Wähler, sondern daß der dann n Jewendes habe. (Es zeigt sich wieder Aufsmerksamteit 9 r . Wenn jetzt die Resorm vorgenommen würde, so würde nn zu Gunsten der konservativen Partei ausschlagen. In zwei oder drei Dahren wäle dem nicht mehr so, dann wäre es zu spät, dann würde man dereuen, den günstigen Moment verfehlt zu haben. Der Redner schließt, indem er die Majorität beschwörk⸗ sich für die Reformen auszusprechen. Fuͤr die Masorität wie für die Oppositien sei Leben 9 mit Hortschriti Nachdem Herr Clapier geschlossen, besteigt Herr von Mornd die Tribüne.

Hier mußte dieser Bericht, des Postschlusses wegen, abgebrochen