1848 / 50 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Strafe der Absicht, insofern diese überhaupt strafbar, mit Nothwen⸗ digkeit in sich. ; ; Das Ausstellen eines besonderen Animus injuriandi bei der Körperverletzung oder Mißhandlung sei aber auch deshalb unrichtig, weil aus dem Begriff von Recht und Ehre folge, daß gerade bei der Realinjurje die Beschimpfung nur darin liege, daß der, welcher sie verübt, das Recht des Anderen auf persönliche Selbstständigkeit und Freiheit verletzt, wenn aber die Absicht zu beschimpfen das aus⸗ schließliche Motiv der That, so könne dieselbe nicht neben ihr noch⸗ mals in Betracht kommen, um in anderer Verbindung mit dieser nämlichen That ein besonderes Vergehen zu konstituiren. Die Abtheilung konnte jedoch diese Ansicht nicht theilen, indem sie davon ausging, daß in der Wirklichkeit sich die Fälle der einfachen Körperverletzung und der thätlichen Mißhandlung als Fälle von Ver⸗ letzungen verschiedener Schwere gestalten würden, je nachdem eine Beschimpfung desjenigen, gegen welchen sie verübt, mit ihr verbunden gewesen oder nicht. Ob eine solche stattgefunden, werde in jedem einzelnen Falle zu ermitteln sein, die Möglichkeit dieser Ermittelung dürfe das Gesetz, welches zum Schutz der Rechte Aller berufen, nicht von vorn herein abschneiden, und hat den Antrag, den 8§. 195 zum Wegfall in Vorschlag zu bringen,

mit 1 1 gegen 3 Stimmen, und den ferneren Antrag, die im zweiten Alinea angedrohte Geldstrafe von 500 Thalern auf 50 Thaler zur Ermäßigung zu empfehlen,

mit 9 gegen 5 Stimmen abgelehnt.“

Der Antrag ist von mir in der Abtheilung gestellt worden, hat aber dort eine Unterstützung nicht gefunden. Ich muß ihn hier wiederholen. Ich beziehe mich auf die angeführten Gründe, sowie auf den Umstand, daß der Entwurf von 1845 die Real⸗Injurien nicht kennt, und mir ein Grund nicht vorzuliegen scheint, sie neuer⸗ dings hier aufzunehmen.

Marschall: Ich will ermitteln, ob der Vorschlag des Refe— renten die Unterstützung von 8 Mitgliedern sindet. ;

(Es erheben sich mehr als 8 Mitglieder.) Er hat sie gefunden. ;

Justiz⸗Minister von Savigny: Es liegen hier zwei verschiedene Grundansichten für die Behandlung des Gegenstandes vor. Man kann sie kurz bezeichnen, als die Ansicht, die im französischen Recht, und als die, welche in den bisherigen deutschen Gesetzgebungen und in der deutschen Strafrechtswissenschaft vorkommt. Ich muß aber im Voraus erklären, daß ich der ganzen Streitfrage einen sehr großen praltischen Werth nicht beilegen kann; denn wenn eine gehörige Freiheit des Ermessens im Strafmaß nach der einen oder der anderen Behandlung vorbehalten wird, so kann für das eine und das andere Interesse gleichmäßig gesorgt werden. Beide dieser Behandlungen haben ihre Vortheile und Nachtheile, das bekenne ich. Auch bei den früheren Vorberathungen des Entwurfs sind die Ansichten schwankend gewesen, man hat bald der einen, bald der anderen Ansicht den Vor⸗ zug gegeben. Es kommt darauf an, ob man die Verletzung der Ehre als das Ueberwiegende anerkennen soll, wobei es verschiedene Mittel der Verletzung geben kann, Worte, Zeichen u. s. w.; oder ob die körperliche Verletzung für überwiegend zu erachten sei. Soll dem der Vorzug gegeben werden, daß im Zusammenhange der Ehrver⸗ letzungen die körperliche Verletzung behandelt werde, die mit der Ver= letzung der Ehre in Verbindung steht, oder soll die Verletzung des Körpers als das zu Bestrafende an die Spitze gestellt werden, wobei dann immer die beabsichtigte Verletzung der Ehre ein untergeordnetes Moment sein kaun? Dem Entwurfe liegt die Ansicht zum Grunde, welche ich als die deutschrechtliche bezeichnet habe, weil sie in unserer deutschen Jurisprudenz und in den deutschen Gesetzgebungen festge⸗ halten worden ist. Sie geht darauf hinaus, es soll der Gesichte⸗ punkt der Ehre als vorherrschend betrachtet und als untergeordnet sollen die verschiedenen Mittel der Ehrenverletzung, Wort, Schrift Zeichen und Körperverletzung nebeneinander gestellt werden, wobei aber sich von selbst versteht, daß es unbenommen ist, eine starke Kör= perverletzung als eiwas Selbstständiges für sich zu betrachten. Nun hat man dieser Ansicht den Vorwurf gemacht, es sei schwer zu beurthei⸗ len, ob Jemand bei einer Körperverletzung die Absicht gehabt habe, die Ehre zu kränken oder nicht, dies sei schwankend und darum ein unter⸗ geordnetes Moment. Ich gebe zu, daß es einzelne Verhältnisse geben kann, wobei diese vorherrschende Absicht schwankend sein kann; für sehr praktisch kann ich aber den Einwurf nicht halten; denn in den meisten Fällen wird darüber kein Zweifel obwalten, daß entweder dee Absicht der Körperverletzung, oder daß umgekehrt die Ehrenkränkung überwiegend, also die Körperverletzung das Untergeordnete ist. Also praktisch wird sich die Sache leichter stellen, als man denkt, indem man diesen Einwurf darauf gründet. Das wollte ich nur kurz zu⸗ sammenstellen, um klar zu machen, von welchem Gesichtspunkte der Entwurf ausgeht. Ich muß aber wiederholen, daß ein großer prak⸗ tischer Ersolg daraus nicht hervorgeht; denn durch einen gehörigen Spielraum für den Richter kann für die Beurtheilung aller Fälle gesorgt werden. Ich bitte aber, darauf zu achten, daß in vielen Fällen, wo bei der Körperverletzung die Absicht der Ehrenkränkung unzweifelhaft zum Grunde liegt, das gewiß eine Härte mit sich führt, wenn man diese Art der Körperverletzung mit den zahllosen Fällen von leichter Kür⸗ n, ii zusammenwirft, die mit der Ehre nichts zu schaffen

aben.

Abgeordn. Zimmermann: Die Bemerkung des Herrn Ministers der Gesetzgebung, daß es von wesentlicher n gr Ber le, . sei, nach welchem Prinzip Realinjurien aufzufassen sind, veranlaßt mich um so mehr, mich dahin auszusprechen, daß, wenn eine Aus⸗ gleichung zwischen bem rheinischen und dem diesseitigen Rechte irgenb stattfinden kann, dies geschehen möge. Diese Ausgleichung erfolgt wenn wir diesen Paragraphen hier ausfallen lassen und das Prin ß des französischen Rechts rechtfertigen können. Der Charakter jeder Handlung tritt durch ihre äußere Erscheinung am bestimmtesten her⸗ vor, und diese ist bei der Realinjurie die Thätlichkeit. Andererseits ist aber auch von dem Herrn Regierungs⸗Kommissar schon erwähnt worden, daß nach den neueren Grundsätzen der Rechtswissenschaft der animus injuriandi das untergeordnete Moment der Ehrkränkung sei. Erkennt man diesen Gruudsatz bei der Verbalinjurie an, so ist er auf die Realinjurien weit besser anwendbar. Dadurch gelingt es denn auch, eine Uebereinstimmung zwischen der bestehenden rheinischen und diesfeitigen Gesetzgebung zu erwirken. Eine wesentliche Forderung dieser Vereinigung sinde ich ferner darin, daß, während nach der bestehenden Gesetzgebung bei Realinjurien Ex officio vorgeschritten wird, nach dem Entwurf nur auf den Antrag des Verleßten, wie bei Verbalinjurien verfahren werden soll. Dadurch treten die rechtlichen Beurtheilungen der Realinjurien den Mißhandlungen so nahe, daß ich nicht weiß, weshalb um eine Unterscheidung noch festgehalten werden soll. Ich stimme alsof dafür, den Paragraphen hier ausscheiden zu lassen, und wenn eine Erweiterung der Bestim⸗ mungen über Mißhandlungen nothwendig sein sollte, sie bei dem Titel über Mißhandlung zu berücksichtigen.

Abgeordn. Sperling: Ich muß mich ebenfalls dafür entscheiden, daß die Bestimmung des §. 195 ganz überflüssig sei, und zur Ver= einfachung des eder he; wegfallen kann. Es scheint schon das Gouvernement durch die Fassung des Eingangs dieses Paragraphen zu erkennen gegeben zu haben, daß sThätlichkeiten ohne Ehrenkrän⸗ kung nicht gedacht werden können, und ich theile diese Ansicht. Ich

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glaube, daß in jeder Thätlichkeit, welche Jemanden zugefügt wird, eine Beschimpfung liegt, und letztere selbst, wenn dagegen von dem Thäter eine Protestation erhoben werden sollte, anzunehmen sein würde. Dies aber vorausgesetzt, findet sich im §. 243 eine Bestim⸗ mung, welche hinreichen möchte. Dieser Paragraph lautet nämlich:

„Ist die einem Anderen vorsätzlich zugefügte Körperverletzung oder Mißhandlung nicht mit erheblichen Nachtheilen für die Gesund⸗ heit oder die Gliedmaßen des Verleßten verbunden und hat dieselbe auch nicht eine länger andauernde Arbeitsunfähigkeit zur Folge (68. 238), so soll Gefängnißstrafe oder Strafarbeit bis zu zwei Jahren eintreten.

Unter mildernden Umständen kann anstatt der Freiheitsstrafe auf Geldbuße bis zu dreihundert Thalern erkannt werden. Diese Er⸗ mäßigung der Strafe bleibt aber ausgeschlossen, wenn das Verbrechen gegen leibliche Verwandte in aufsteigender Linie begangen wird.“

Freilich kann ich mir denken, daß in dem einen und anderen Falle die Absicht der Beschimpfung besonders grell und vielleicht hauptsächlich hervorträte, dann aber würde darin nur ein Grund zur Zumessung einer härteren Strafe gefunden werden dürfen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich möchte doch darauf auf⸗ merksam machen, daß bei der Aeußerung des geehrten Mitgliedes von Spandau ein kleines Mißverstandniß vorzuliegen scheint. Es handelt sich nicht darum, eine Verschiedenheit zwischen der Rhein⸗ provinz und den anderen Provinzen bestehen zu lassen, weil die rheinischen Institutionen die Annahme des entgegengesetzten Prinzips nicht gestatten, sondern es handelt sich nur darum, was als gemein⸗ sames Prinzip jetzt angenommen werden soll, und da werden unsere Brüder am Ftheine nicht verlangen, daß wir das Prinzip, was bis⸗ her bei ihnen gegolten hat, annehmen, wenn wir uns von der Rich⸗ tigkeit desselben nicht überzeugen. Es handelt sich um die Frage: Was soll gemeinsam gelten? das Prinzip, was in den Rheinlanden gegolten hat, wonach bei der Körperverletzung auf die Ehrverletzung nicht Rücksicht genommen wird oder das entgegengesetzte jetzt in den übrigen Provinzen geltende? Da kann ich mich nicht überzeugen, daß das Prinzip vorzuziehen sei, was in dem französischen Rechte liegt, vielmehr habe ich geglaubt, daß man die Körperverletzungen unterscheiden müsse, die vorzugsweise animus injuriandi stattgefunden haben, von denen, bei denen die Verletzung die Hauptsache.

Abgeordn. Freiherr von Gaffron; Ich glaube, daß die Gesetz⸗ gebung sich dem Bewußtsein und dem sittlichen Standpunkte des Vol⸗ kes immer bis auf einen göwissen Grad anzuschließen habe, und ich glaube auch, daß in dem größten Theile der Monarchie, ja von Deutschland überhaupt, Körperverletzung als etwas Entehrendes an⸗ gesehen werde. Wir selbst haben das anerkannt, indem wir für die Abschaffung der körperlichen Züchtigung stimmten, Es wird also das Prinzip, daß etwas Ehrenkränkendes in der Körperverletzung liege, nicht in Abrede gestellt werden können. Ich mache darauf aufmerk⸗ sam, welcher Unterschied darin liegt, wenn zwei ungebildete Menschen sich im Wirthshause schlagen, oder wenn ein gebildeter Mann einen Schlag erhält, was offenbar die größte Beschimpfung enthält, wenn auch die körperliche Verletzung an sich eine höchst unerhebliche ist.

Marschall: Der Abgeordnete Zimmermann hat sich zu einer persönlichen Bemerkung gemeldet.

Abgeordn. Zimmermann: Ich glaube, gerade das Prinzip des französischen Rechts gerechtfertigt zu haben.

Justiz⸗Minister Uhden; Zur Unterstützung des Entwurfs wollte ich nur noch anführen, im Strafrecht kommt es hauptsächlich auf die böse Absicht an; bei Realinjurien ist die Körperverletzung nur in der Absicht der Ehrenkränkung erfolgt. Die Körperverletzung ist mithin nur das Mittel zum Zweck, um die Ehrenkränkung recht hervor— stechend zu machen.

(Viele Stimmen: Abstimmung, Abstimmung!)

Abgeordn. Dittrich: Der Redner neben mir hat schon das ge⸗ sagt, was ich sagen wollte, und ich glaube, daß §. 243 einen weiten Spielraum genug läßt.

Marschall: Die Frage heißt:

„Soll auf Wegfall des 5. 195 angetragen werden?“ Diejenigen, die darauf antragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Ein Theil der Versammlung erhebt sich.) Dem Antrage ist nicht beigestimmt.

Korreferent Abgeordn. Naumann: 195 habe ich noch ein Amendement zu stellen.

Marschall: Das ist aber zu spät!

Korreferent Abgeordn. Naumann: Bis jetzt handelte es sich blos um die Frage, ob das hier erwähnte Verbrechen unter die Kör⸗ perverletzungen subsumirt werden soll. Ich habe ein anderes Be⸗ denken. Ich habe zwar nichts dagegen, daß statt der Freiheitsstrafe auch auf Geldbuße erkannt werde, ich bin aber nicht der Meinung, daß man bis auf die Summe von 500 Thalern gehe. Diese Summe ist eine zu hohe Summe, als daß der Richter nur in geringeren Fällen darauf erkennen könnte. Es kann sich bei Verbrechen der in Rede stehenden Art nur unter besonderen Umständen Geldstrafe recht- fertigen, und meine Ansicht geht dahin, eine Geldstrafe nur bis zu 50 Thalern zuzulassen, weil sonst eine Rechtsungleichheit eintritt, und man Personen, die vermögend sind, unter Geldstrafe setzen würde, während man andere Personen nur unter Freiheitsstrafen brächte. Ich stelle also dieses Amendement.

Marschall: Es fragt sich, ob der Vorschlag die erforderliche Unterstützung findet?

(Es erheben sich weniger als 8 Mitglieder.) Er hat sie nicht gefunden. Die nächste Sitzung wird morgen um 10 Uhr stattfinden. (Schluß der Sitzung um 3 Uhr.)

Zu 5.

Uichtamtlicher Theil.

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Inland. Berlin. Auszug aus dem Ministerial⸗-Blatte für die innere

Verwaltung. ,

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bagenn— Bekanntmachungen. Wieder-Eröffnung der Universität. Rede des Rektors. Petition der Bürger. Vermischtes.

Inland.

Berlin, 17. Febr. Das neueste Ministerial⸗Blatt für die innere Verwaltung enthält außer anderen von uns bereits mit⸗ getheilten Verordnungen c. des verflossenen Jahres der respektiven Kö⸗ niglichen Behörden noch: Unter Verwaltung der Kommu⸗ nen, Corporationen und Institute: Erlaß an den Ober Präsidenten der Rhein- Provinz vom 15. November mit der Instrue⸗ tion über die Einführung der von den Gemeinden der Rhein-Pro⸗ vinz zu erhebenden Eintritts- und Einkaufsgelder und Abgaben für Gemeinde- Nutzungen. Unter kirchliche Angelegenheiten: Cirkular Verfügung vom 30. Juli an die Konsistorien und Provinzial⸗ Schul⸗Kollegien, bezr, die Unzuläfsigkeit von Gebühren in den durch Justiz⸗

Beamte kommissarisch geführten Untersuchungen wider Geistliche u

desgl. vom 24. September an . er ee irn c ee r, nisse nicht unirter lutherischer Gemeinden zur evangelischen Landes kirche; desgl. vom 7. August an sämmtliche Ober Präsidenten betr die Regulirung der Verhältnisse der von der evangelischen Landes lirche sich getrennt haltenden Lutheraner. Unter Unterrichts Angelegenheiten: Cirkular⸗-Verfügung vom 8. Mai an sãmmt⸗ liche Regierungen, betr. die Unfähigkeit der Individuen, welche aus einer der anerkannten Landeskirchen getreten sind, zur Fortfüh— rung der ihnen übertragenen öffentlichen Schullehrer⸗ ölemter; desgl. vom 24. Juli, betreffend den Einfluß des Uebertritts zu den von der Landeskirche sich getrennt haltenden Lutheranern auf die Jä⸗ higkeit zur Verwaltung eines öffentlichen Schulamts; desgl. vom 3 September, betreffend die allgemeine Einführung von Turn. Anstalten bei den öffentlichen Schulen und die Aufbringung der für solche er— forderlichen Kosten. Unter Strom und Schifffahrts-Po lizei: Allgemeine Verfügung des Königl. Justiz Ministeriums dom 25. Oktober an sämmtliche Rhein ⸗Zollgerichte, betreffend die Führung der Untersuchungen wegen verübter Defraudationen der Rheinschifffahrts Abgaben. Unter Thierheilkunde und Thier— Polizei: Verfügung vom 6. Dezember, betreffend den Sitz der Prüfungs- Kommissionen für Abdecker und Viehkastrirer. Unte Verwaltung der Staats-Steuern und Abgaben: CLirku— lar⸗Verfügung vom 24. Oktober an sämmtliche Regierungen, betref⸗ fend die Einführung von Gewichtsstücken von Zoll-Pfund und deren Eichung. Desgl. vom 10. Dezember an sämmtliche Königl. Provin— zial⸗Skeuer-Directionen resp. Negierungen, betreffend die Ermittelung des Alkohol⸗Gehalts und der Menge des gegen Steuer Vergütung nach dem Auslande oder nach den Zoll-Vereinsstaaten auszuführenden Branntweins.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Bayern. (N. K Die Ruhe der Haupt⸗ stadt ist nicht weiter gestört werden (die neuesten Nachrichten sind vom 14. Februar), obwoöhl man für den Sonntag nicht ohne Besorg⸗ niß war. Am Nachmittage wurde am schwarzen Brett der Univer— sität Folgendes angeschlagen:

„Nach einer Mitiheilung der Königl. Polizei-Direction von diesem Mittag 12 Uhr stehen für heute (13ten) Nachmittags und Abends wieder Störungen der Ruhe zu besorgen. Die Königl. Polizei⸗Direction hegt, wie sich solches nach der ehrenhaften Haltung der Studirenden in den letzten Tagen erwarten läßt, keinesweges die Besorgniß, daß Studirende sich daran betheiligen werden; doch erwartet sie, und ist dazu vollkommen berechtigt, daß die Studirenden, so weit sich etwa Erzesse gegen die Sicherheit oder zur Beschädigung des Eigenthums in ihre zufällige Nähe verbreiten, zur Unterdrückung derselben nach Kräften beitragen werden. Daß sie solches thun werden, erwartet nicht nur ihr Rektor, er weiß es auch im voraus. 13. Februar. Königl. U. Rektorat. hiersch.“

Die Ruhe wurde aber nicht gestört. Die Landwehr war, wie am Tage zuvor, wieder sehr zahlreich ausgerückt und patrouillirte theilweise bis Nachts 11 Uhr. Da am 13ten Abends die Gendar merie den gewöhnlichen Dienst wieder übernahm, so erhielten die Landwehr⸗-Patrouillen den Auftrag, die Gendarmerie gegen Verhöh— nung und Verfolgung kräftigst in Schutz zu nehmen. So weit be⸗ kannt, ist nichts Derartiges mehr vorgekommen; doch hat auch noch am I4Aten ein Theil der Landwehr Patrouillen-Dienst. Viel zur Be ruhigung des Publikums trägt folgende Bekanntmachung bei, die am 14ten Vormittags an den Straßenecken angeheftet wurde.

„Da sich hier unter anderen beunruhigenden und aufreizenden falschen Gerüchten auch das verbreitet hat, daß in den jüngsten Tagen hier mehrere Personen auf der Straße getödtet worden seien, so sieht sich der Magistrat auf Grund einer offiziellen Mittheilung der Königl. Polizei⸗Direction vom 13. Februar veranlaßt, bekannt zu geben, daß der Königl. Polizei Direction nur drei Verwundungen zur Anzeige gekommen sind: die ganz unbedeutende Kopf-Verletzung des Kandidaten der Pharmacie, H. Molder aus Lübeck, die ebenfalls unbedeutende Kopf⸗Wunde des Modellstechers Grauner und die nicht lebensgefährliche Kopf⸗Wunde des Gärtner-Gesellen Pfau. Ein all— gemein als bodt bezeichneter Student, Faber, hat nicht die, mindeste Ver— setzung erlitten, und der Kandidat der Philosophie, G. Röhring aus Bam— berg, welcher heute Abends beerdigt wird, ist, in Folge einer schon länger anhaltenden Krankheit gestorben. Von der Königl. Gendarmerie⸗Mannschaft sind drei Mann bedeutend verletzt worden und liegen dermalen krank da— nieder. München, 14. Febr. 1848. Der Magistrat 2c.“

Als sich am Freitag Vormittags die Nachricht von der Wieder eröffnung der Universität verbreitete, eilten die Studirenden von allen Seiten zu dem geliebten Lehrgebäude; endlich wurde es er⸗ schlossen. Der Ministerialrath von Iwehl und der Rektor Magni— ficus Thiersch, die bald darauf erschienen, wurden mit großem Jubel empfangen. Die Rede, welche Hofrath Thiersch bei dieser Gele⸗ genheit hielt, war ungefähr folgenden Inhalts: Vor einigen Tagen habe er in tiefster Trauer den Beschluß der Aufhebung der Uni⸗ versttät verkündigen müssen; er sei jetzt so glücklich, den Anwe— senden eröffnen zu können, daß am Montag die Vorlesungen wieder beginnen würden. (Jubel. Auch habe er von der Po⸗ lizei die Verwundeten und Verhafteten reklamirt, Letztere für die nun ebenfalls wieder eröffneten Universitäts Karzer Gelächter); aber weder Verwundete noch Verhaftete angetroffen (Gelächter). Die Mitglieder einer ihnen bekannten Verbindung hätten die Weisung er⸗ halten, abzureisen; sie gingen nach Leipzig (Unterbrechung durch Zu— ruf. Seien wir großmüthig (Murren) und wünschen ihnen eine glückliche Reise (Gelächter und Geschreih. Hierauf äußerte er ihnen seinen Dank für die Ordnung und Achtung vor dem Gesetze, trotz der Bedrängnisse der jüngst vergangenen Zeit; jetzt, nachdem die Ne⸗ bel verschwunden, fordere er sie auf, im Glück dieselbe Mäßigung zu zeigen, wie sie eben bewiesen. Es sei an ihnen, zu beweisen, daß sie nicht eine Störung der öffentlichen Ruhe beabsichtigt hätten; daß ihnen vor Allem die Würde und Ehre der Universität, am Herzen liege. Den Schluß der Rede bildete ein unter allgemeiner Zustim⸗ mung ausgebrachtes „Hoch“ auf den König.

Am (L3ten zirkulirte eine Petition münchener Bürger, welche den Magistrat bitten, bei der Königlichen Regierung Schritte zu thun, Deffentlichkeit der magistratischen Sitzungen herbeizuführen. Ein Ball, welchen die Studirenden den Bürgern zu Ehren veranstalten wollten, wurde von letzteren für den Augenblick abgelehnt.

Graf Arco-Valley hat, wie die Dtsch. const. Ztzg. meldet, dem Armenpflegschafts Rathe in München „zur Verherrlichung der

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Ausweisung der Gräfin Landsfeld“ die Summe von 60090 Fl. zur Vertheilung übermacht.

Aus Kempten vom 13. Februar meldet die Augsb. Abend⸗ ztg.: „Heute um 113 Uhr entstand ein gewaltiger Auflauf, auf dem Platz vor dem Gasthofe zum Strauß. Es kam nämlich die Gräfi Landsfeld in einem mit vier Pferden bespannten Reisewagen hier an Ihr zur Rechten saß der Senior der „Alemannia“, Beisner, und die⸗ sen gegenüber noch zwei von gedachter Verbindung. Anfangs war es ziemlich ruhig, denn es waren einige Offiziere und andere hohe Beamt⸗ zugegen. Doch bald begann ein gellendes Pfeifen, und als sie ab fuhr, erschallte ein donnerndes Pereat von den Studenten.“

Dritte Beilage

6 50.

429 Dritte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

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Inland. Berlin. Beerdigung des General⸗Feldmarschalls von Boyen.

Dentsche Bundesstaaten. Briese aus Weimar. (Ankunft des Prinzen und der Prinzessin von Preußen.) und Frankfurt a. M. (Sammlungen für die nothleidenden Schlesier; Wieder-Exröffnung der Main⸗Dampf⸗Schiffsahrt.)

Oesterreichifche Monarchie. Wien. Der ungarische Reichstag. Galizien. Nachrichten über die Cholera in Wolhynien und Podolien. Schreiben aus Wien. (Graf Hrabowsko zum Nachfolger des Grafen Radetzky ernannt. Die Vorgänge in Italien. Vermischtes.)

Rußland und Polen. St. Peters burg. Kaiserliche Reskripte zum Geburtstage des Großfürsten Michael Pawlowitsch. Ernennungen und Beförderungen in der Armee. Ordensverleihungen.

Frankreich. Paris. Prinz Joinville. Vice⸗Admiral Cecille. Das Geschwader zu Toulon. Die Bankett-Projelte,.— Uebungslager. Delcarretto in Marseille. Vermischtes. Schreiben aus Paxis. (Oppositions⸗Versammlung in Betreff des zu haltenden Banketts und Ma— nifest derselben; die Frage hinsichtlich Betheiligung Der National⸗Garde bei dem Bankett; Peschiuß der Fraction Billault⸗-Dufaure; Emil von Girardin legt sein Deputirten-Mandat nieder; die Deputation für Ueher= reichung der Adresses Gesetz⸗Entwürfe über Rechnungs-AUbschlüsse und Ko⸗ lonial⸗Zölle und Umstoß einer Wahl in der Deputirten-Kammer; Schrei- ben Montalember)t's und Gedächtniß-Nede auf Camille Perier in der Pairs Kammer.)

Großbritanien und Irland. London. Die Fnanzpläne der Re= gierung. Der Bischof von Manchester. Elektrische Telegraphen in den Vereinigten Staaten. Vermischtes.

Belgien. BHrüssel. Politische Gesetz⸗Entwürfe.

Schweiz. Kanton Bern. Die Gesandten Luzerns. Kanton Zürich. Bluntschli's Abgang von der züricher Universität. Kanton Schwyz. Die Verfassung als verworfen erklärt. Kanton Frei⸗ burg. Großraths-Versammlung. Kanton Basel. Wiedervereini⸗ gungs-Plan zwischen Stadt und Land. Kanton Genf. Wahl neuer Staatsräthe. ;

Italien. Neapel.

Spanien. Schreiben aus Madrid. gänge in Neapel.)

Griechenland. Athen. Petros Mauromichalis 4.

Wissenschaftliche und Kunst-⸗Nachrichten. Mexilo's erste Ero— berung. Berlin. Armee⸗-⸗Marsch.

Handels⸗ und Börsen⸗Nachrichten.

Rückkehr der Besatzung von Castellamare. (Espartero; Eindruck der Vor-

nian n

Berlin, 18. Febr. Die irdische Hülle des GeneralFeld—⸗ marschalls von Boyen wurde heute Morgen, auf Allerhöchsten Befehl mit den dem hohen Range des Verstorbenen gebührenden militairischen Ehrenbezeugungen, unter der. lebhaftesten Theilnahme aller Stände, zur Erde bestattet.

Um 9 Ühr hatten sich sämmtliche Königliche Prinzen, die Ge⸗ neralität, die Minister, das diplomatische Corps, kurz, eine Versamm⸗ lung im Trauerhause eingefunden, wie sie so zahlreich wohl bei ähn—⸗ lichen Veranlassungen noch nicht gesehen worden ist. Der Feldprobst Bollert hielt die Gedächtnißrede am Sarge.

Gegen 10 Uhr wurde der Sarg durch 12 Unteroffiziere auf den Leichenwägen gehoben; die Truppen präsentirten. Hierauf setzte sich der Zug in Bewegung. Die militairische Trauer-Parade, komman⸗

dirt durch den General⸗-Major, Grafen von Waldersee, eröffnete den⸗.

selben in folgender Ordnung: Eine Eskadron Garde-Kürassiere, zwei Eskadronen Garde⸗-Dragoner, eine Eskadron Garde-Ulanen, drei Bataillone Infanterie vom Kaiser Alexander und Kaiser Franz Gre⸗ nadier-Regiment und 12 Geschütze der Garde⸗ Artillerie Brigade, mit den respektiven Musik-Chören an der Spitze. ; Dann folgte der Leichenwagen, vor welchem der Adjutant des Verstorbenen, Major Harpe, und sein früherer Adjutant, Hauptmann Köhn von Jaski, die Orden trugen. Hinter demselben wurde das Reitpferd des Hingeschiedenen geführt. HSierguf folgten viele Geist⸗ liche Berlins, die Angehörigen des Verstorhenen, die Königlichen Prinzen, die Generalität, die Minister, das diplomatische Corps, die Offizler⸗Corps, Deputationen des Magistrats und der Stadtvyrord⸗ neten u. s. w. Eine unabsehbare Reihe von Wagen, an deren Spitze bie Galla⸗Wagen Sr. Maßjestät des Königs und der Königlichen Prinzen sich befanden, beschloß den durch die Neue Wilhelms, Loui⸗ senstraße, und durch das Neue Thor nach dem Invaliden-Kirchhofe ge⸗ Inde zu a. . . in n en t der König hatten sich auf dem Kirchhofe ein⸗ gefunden, um dem Dahingeschiedenen die letzte Ehre zu erweisen. Nachdem der Feldprobst Bollert am Grabe noch einige Worte gesprochen, erfolgte die Einsenkung der Leiche unter den Gewehr⸗ Salven der Infanterie und dem Donner der Geschütze.

Deutsche Bundesstaaten. * Weimar, 15. Febr. Ihre Königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin von Preußen und die Prinzessin Anna sind heute

Nachmittag 5 Uhr mit der Eisenbahn im hiesigen Residenzschlosse ein⸗

getroffen, um die Fier des Geburtsfestes der durchlauchtigen verehrten Frau Großherzogin, K. Hoheit, morgen mit verschönern zu helfen.

** Frankfurt a. M., 15. Febr. Der Aufruf des hier gebildeten Hülfs „Comité's zur Unterstützung der so große Noth lei⸗ denden Schlesier erschien Sonnabend Mittag, und obgleich die Ge⸗ schäftsstille Sonntag dazwischen siel, waren gestern Abend 2643 Fl. gesammelt, welche heute an das große Hülfs-Comitèéè in Breslau ab⸗ gehen. An dem heutigen Vormittag waren aber bereits wieder über 10090 Fl. eingegangen. (Das Haus von Rothschild sandte 5h0 Il. Graf von B—s, der vor dem hiesigen Aufrufe 800 Fl. dem Comit⸗ in Heidelberg sandte, spendete hier nochmals 106. Il.) Es zeichnet sich Frankfurt denn auch diesmal auf ehrenhafte Weise in seinem Wohlthä⸗ tigkeitssinn aus. Es ist aber noch besonders hervorzuheben, daß in dem Augenblicke, als der Rothschrei aus Schlesien zu uns drang, hier ein Aufruf zur Unterstützung unserer sehr bedrängten Wohlthätigkeits⸗ Institute, welche ohne außerordentliche Hülfe kaum noch den vielen Anforderungen in geringem Grade entsprechen können, erscheinen sollte. Dieser Aufruf zur Linderung einheimischer Noth bleibt nun aufgeschoben, bis die Sammlungen für Schlesien geschlossen sind. Diefer schöne Zug verdient gewiß, anerkannt zu werden.

Die Mam? Dampsschifffahrt auf dem Rhein und Main nahm

heute wieder ihren Anfang. Oesterreichische Monarchie.

Wien, 16. Febr. Der Oesterr. Beob. giebt folgende uebersicht der biöherigen Wirksamkeit des ungarischen Reichstages:

„In der am Eröffnungstage gehaltenen zweiten gemischten Reichstags Sitzunz wurde Se. K. Hoheit der Erzherzog-Statthalter Stephan einstim—⸗ mig zum Palatin des Königreichs Ungarn fonklamirt und in dieser Würde von Sr. WMasestät huldreichst bekräftigt. Eben so haben sich beide Tafeln zu dem einmüthigen Beschlusse ereinigt, die Anerkennung der von Sr. K. Hoheit dem durchlauchtigsten Erzherzog Joseph Palatin in halbhundertjähriger Amtswirksamleit um die Nation erworbenen Ver dienste sei mittelst Eintrag derselben in das Gesetzbuch (Inartikulirung) kundzugeben und ein gemeinnütziges Institut zu errichten, welches den Na= men ' Sr. Kaiserl. Hoheit führen soll. Die Frage über die Besteuerung des Axvels wurde von der Ständetafel wenigstens theilweise bejahend enischie· den. Sie hat sich nämlich für die Beiziehung des Adels zur Tragung der Domestifal⸗Steuer, so wie für die Errichtung einer Landes- Kasse zur Del⸗ kung dringender Landes-Bedürfnisse, ausgesprochen, den Vorschlag hingegen, daß sich der Adel auch an der Kriegssteuer betheilige, mit beträchtlicher Stim= men⸗-Mehrheit zurückgewiesen. Zur Entwerfung der Vorarbeiten wurde der Mag⸗ natenlafel die Aus sendung einer Reichsdeputation proponirt, welche üben die Ma⸗ nipulation bei der Umlegung, Einhebung und Verwendung der Domestikalsteuer, so wie über die Wahl der Einnahmsquellen der Landeskasse, deiaillirte Vor- schläge ausarbeiten soll, ohne sich jedoch bis auf weitere Weisung in eine Bezeichnung der von der Landeskasse zu deckenden Bedürfnisse einzulassen. Dabei sei von dem Grundsatze auszugehen, daß die Quellen für die Do⸗ mestikalsteuer rein und ausschließlich in direkter Besteuerung gesucht, dagegen zur Grundlage der Landeskasse zunächst und vorzüglich indirelte Einnahmsquellen ge⸗ nommen werden sollen. In Betreff der Urbarial-⸗Ablösung hat die Ständetafel den Grundfatz angenommen, daß einerseits die vollständige Entschädigung des Grundherrn sichergestellt werde, andererseits aber der Loskauf der Untertha⸗ nen von den herrschaftlichen Leistungen nicht länger von der Einwilligung des Grundherrn abhängig bleibe. Zur Inswerksetzung dieses Grundsatzes wurde die Aussendung einer Reichs- Deputation vorgeschlagen, welche mit der Ausarbeitung der nöthigen detaillirten Gesetzesvorschläge zu beauftragen wäre. Zur Vorbereitung der Aviticitäts-Angelegenheit endlich hat die Stände= tafel, in der Ueberzeugung, daß die aus den Aviticitäts-Gesetzen entstandene Unsicherheit des adeligen? Besitzthumes bei allen Einrichtungen, durch welche der allgemeine Kredit und Wohlstand des, Landes unerläßlich bedingt sind, ein wesentliches Hinderniß bilden, eine Eirkular-Deputation gewählt, jedoch beschlossen, derselben keine, wie immer geartete Instruction beizugeben.“

Galizien. (Oest. Beob.) Nach einem Berichte des Kai⸗ serlich russischen Gouverneurs von Wolhynien vom 26. Dezember v. J. ist die Cholera im dortigen Gouvernement seit dem 21. Dezember v. J. gänzlich erloschen. Das tarnopoler Kreisamt hat unterm 67. Januar angezeigt, daß nach verläßlichen Privat- und Handels⸗Nach⸗ Fichten die Cholera den Dniepr nicht überschritten habe und dort, wo sie ausgebrochen war, im Erlöschen sei. Laut brieflicher Mittheilung eines praktischen Arztes zu Kiew soll die betreffende Krankheit auch dort an ihrer früheren Intensität sehr abgenommen haben und, mit Ausnahme einzelner Fälle von größerer Bedeutung, im Allgemeinen nur noch als Cholerine auftreten. Gleich günstig lauten auch die über den allgemeinen Gesundheits⸗ Zustand in Russisch-Podolien bei dem czortkower Kreisamte letzteingelaufenen Nachrichten, und es hat sich insbesondere, nach dem Berichte dieses Kreisamtes vom 15. Februar, die dort früher vorgekommene Anzeige über den Ausbruch der Cho⸗ lera in der Gegend von Bas in Russisch⸗Podolien als ganz unge— gründet herausgestellt.

X Wien, 14. Febr. Feldmarschall Graf Radetzky hat bei seinem hohen Alter und seiner zunehmenden Körperschwäche um einen Nachfolger gebeten, und G. F. M. X. Hrabowsky wurde hierzu er— nannt. Die letzten Nachrichten aus den italienischen Provinzen sind beunruhigender Art; die Studenten an den Universitäten zu Padua und Pavia haben ein Einschreiten des Militairs hervorgerufen, und in Treviso und Venedig, in welchem ersteren Orte das Pfandhaus in Brand zu stecken versucht worden ist, haben Aufläufe stattge unden. Der mit Modena und Parma abgeschlossene Offensiv und De⸗ fensiv Traktat (s. Allg. Pr. Ztg. Nr. 48) giebt viel zu sprechen, und da seine Publication mit der Nachricht wegen Bewilligung der sardinischen Eonstitution, die der französschen Charte nachge⸗ bildet sein soll, zufällig zusammentrifft, so kann man sich der Besorgniß nicht erwähren, daß die Gemüther in Italien dadurch noch mehr aufgeregt werden dürften. Als nächste Folge dürfte wohl nach kurzer Zeit auch eine toscanische Constitution ins Leben treten.

Die Lage Italiens wird immer verworrener, und auf die eine oder die andere Weise muß die Krise bald zum Ausbruch kommen.

Der Hof-Kriegsraths-Präsident Graf Hardegg liegt auf den Tod darnieder; man glaubt nicht, daß er den heutigen Tag überlebt. In der jetzigen bewegten Zeit wieder eine große Kalamität. Man bezeichnet den Erzherzog Albrecht als seinen Nachfolger.

Kußland und Polen.

St. Petersburg, 10. Febr. Se. Majestät der Kaiser hat unterm 2. d. folgendes Reskript an den Minister des Unterrichts erlassen: „Graf Sergei Semenowitsch! Ich habe mit Vergnügen das mir von Ihnen überreichte, von der zweiten Abtheilung der Aka⸗ demie der Wissenschaften herausgegebene Wörterbuch der kirchensla⸗ wischen und russischen Sprache empfangen und trage Ihnen auf, Meine Erkenntlichkeit dem präsidirenden Mitgliede der Abtheilung, Geheimerath Fürst Scherinski-Schichmatoff, zu bezeugen, durch dessen eifrige Bemühung zumeist diese Arbeit zum gedeihlichen Abschlusse gekommen ist, desgleichen auch Mein Wohlwollen, zu erkennen zu geben den Redaktoren des Wärterbuchs, den Mitgliedern der Akade⸗ mnie und den anderen Personen, die an der Herausgabe dieses nütz⸗ lichen Werkes Theil genommen haben. (gez) Nikol!ꝓu s.“

Am 28. Januar starb in Moskau der Geheimerath, Wirkliche Kammerherr Fürst Grigori Golyzin.

Der Oberbefehlshaber der aktiven Armee, General⸗Feldmarschall Fürst von Warschau, Graf Paskewitsch, von Eriwan ist am 7. d. M. aus dem Königreich Polen hier eingetroffen.

Zum Geburtstage des Bru⸗

St. Petersburg, 12. Febr. J hat der Kaiser an

ders Sr. Majestät, des Großfürsten Michael, denselben folgendes Reskript gerichtet: „Kaiserliche Hoheit! Mit der innigsten Freude feiere Ich heute, in Gemeinschaft mit der ganzen russischen Artillerie, Ihren Geburtstag und den funfzigsten Jahrestag Ihrer Ernennung zum General⸗Feldzeugmeister. Ich will bei dieser Gelegenheit der herzlichen Gefühle nicht gedenken, die Ich als Bruder für Sie hege, sie sind Ihnen bekannt aus Ünserer lang⸗ jährigen, erprobten Freundschaft, aus jener persönlichen Achtung, welche Ich für Ihren Werth stets zu hegen gewohnt bin. Es bleibt Mir aber noch eine für Mich heilige Pflicht zu erfüllen: Ihren Vewiensten um den Staat und Ihrer Thätigkeit als General - Feldzeugmeister, welche stets unvergeßlich dastehen wird, die gebührende Anerkennung zu zollen. Während Ihrer fast dee i gn, Verwaltung des Artillerie⸗ wesens haben Sie, ungeachtet noch anderer Ihnen übertragener umfassender und wichtiger Aemter, Ihre Verwaltung durch wesentliche Verbesserungen bezeichnet, welche die russische Artillerie in jeder Beziehung auf jene hohe Stufe der Vollendung gebracht haben, auf welcher sie sich gegenwärtig zu Meiner vollkommenen Genugihuung befindet. Um Ihnen Meine aufrichtige

und innige Erkenntlichkeit für so preiswürdige und glänzende, dem Throne

Sonnabend den 19. Febr.

elcislete Dienste an den Tag zu legen, habe Ich befohlen, daß die Garde⸗ lrtillerie Ew. Kaiserlichen Hoheit dieselben Ehren eiweise, welche nach dem Reglement nur Mir zukommen. Empfangen Sie Meinen herzlichen Glück= wunsch zur Feier des heutigen Tages und den Ausdruck Melnes lebhafte⸗ sten Wunsches, daß der allgütige Schöpfer Ihre Mir theuren Tage auf viele, viele Jahre verlangern möge, zum Wohle und Nutzen Unseres gelieb- ten Vaterlandes.

St. Petersburg, den 9. Februar 1848.

(gez) Nikolaus.“ An den Chef des Stabes Sr. Kaiserlichen Hoheit des General⸗ Feldzeugmeisters ist gleichzeitig nachstehendes Kaiserliches Reskript er⸗ gangen:

„Herr General- Lieutenant Fürst Dolgorukoff! Ich erachte es heute, wo ich den für Mich freudigen und sür die ganze russische Artillerie festli= chen Tag begehe, an welchem vor 50 Jahren Se. Kaiserl. Hoheit der Groß⸗ fürst Michael Pawlowitsch zum General-Feldzeugmeister ernannt wurde, für angemessen, bei dieser Gelegenheit Ihnen, dem Sr. Kaiserl. Hohrit zunächst⸗ stehenden Mitarbeiter und Gehülfen in der Verwaltung der Artillerie, Mei⸗ nen aufrichtigen Dank und Meine Erkenntlichkeit zu bezeugen für Ihre un= ermüdliche Thätigkeit, den musterhaften Eifer und die Sr. Kaiserlichen Ho⸗ heit während der 17 Jahre, in welchen Sie den Stab des General -Feld⸗ zeugmeisters verwalteten, geleistete nützliche Mithülfe in dem Bestreben, die Arnllerie zu dem in allen Beziehungen ausgezeichneten Standpunkte zu he⸗ ben, auf welchem sie sich gegenwärtig befindet. Zum Zeichen Meines be—⸗ sonderen Wohlwollens übersende Ich Ihnen eine goldene Tabatiere mit Meinem Portrait und bleibe Ihnen wohlgewegen. (gez) Nikolaus.“

Auf den Wunsch seines erlauchten Bruders hat der Kaiser an demselben Tage seinen Sohn, den Großfürsten Michael Nikolajewitsch, zum Chef der 2ten 8. G. Artillerie Brigade ernannt und seinen En⸗ kel, den Großfürsten Alexander Alexandrowitsch, der reitenden Garde⸗ Artillerie aggregirt.

Ferner ist mittelst Kaiserlichen Tagesbefehls von eben dem Da⸗ tum der der L. G. Artillerie zu Fuß aggregirte General-Lieutenant, Fürst Dolgorukoff J., Chef des Stabes Sr. Kaiserlichen Hoheit des Ge⸗ neral⸗Feldzeugmeisters, zum General-Adjutanten Sr. Majestät des Kaisers ernannt, der General-Major Filosofoff II., Commandeur der Isten L. -G. Artillerie Brigade, und der General⸗Major Merchile⸗ witsch, Commandeur der 2ten L. G. Artillerie⸗Brigade, sind der Suite Sr. Majestät aggregirt, und der Oberst Schwarz II., Kom⸗ mandirender der L.-G. reitenden Artillerie, zum Flügel⸗Adjutanten Sr. Majestät ernannt, alle vier mit Belassung in ihren gegenwärti⸗ gen Functionen. .

Dem Wirklichen Staatsrath Gajewski, Direltor des Unterrichts⸗ Departements, und dem Wirllichen Staatsrath Pletnew, Rektor der St. petersburgischen Universität, ist der St. Annen-Orten I ster Klasse verliehen worden. . .

Auf Vorstellung des Ministers der Reichs⸗Domainen . . gängige Befürwortung des Präsidenten der dane irg ch n n, sellschaft für Süd rußland, Jürsten Woronzoff, hat e. s . ; Kaiser dem schweizerischen Konsul in Odessa, Demell⸗ 2 . nung für seine als Mitglied genannter Gesellschaft geleisteten Arbeiten den St. Annen-Orden Zter Klasse verliehen.

ann r rl ch.

Paris, 14. Febr. Prinz Joinville und seine Familie haben sich am Hten d. M. zu Port Vendres an Bord des „Cacique“ nach Algier eingeschifft. .

Der Vice-Admiral Cecille wird, wie es heißt, demnächst mit der Pairswürde bekleidet werden,. Derselbe hat seit einiger Zeit häusige Zusammenkünfte mit Herrn Guizot. Man vessichert, falls Herr von Montebello in Folge neuer Combinationen das Marine Portefeuille niederlegen sollte, würde der Admiral Cecille zu seinem Nachfolger ernannt werden.

Aus Toulon vom 8. d. wird geschrieben: Man kündigt fast mit Bestimmtheit an, daß nächstens ein Geschwader aus unserem Hafen auslaufen werde. Es wird, heißt es, aus mehreren Linien⸗ schiffen und Dampfftegatten, unter dem Vice⸗Admiral Trehouart, be⸗ stehen, der in Abwesenheit des Prinzen von Joinville den Oberbefehl über die Flotte des Mittelmeers führt. Einige Personen behaupten, das Absegeln dieser Flotten-A1btheilung würde keinen politischen Zweck ha⸗ ben und dieselbe nur einige Uebungsfahrten machen. Bis jetzt haben wir übrigens noch keine Vorbereitungen dazu bemerkt, weder auf der Rhede, noch im Hafen. Gestern Abend traf Oberst-Lieutenant von Beaufort, erster Adjutant des Herzogs von Aumale, von Paris hier ein. Dieser Offizier, der Abd el Kader nach Frankreich begleitet hatte, soll der Ueberbringer von Regierungs-Instructionen in Hinsicht auf jenen ausgezeichneten Gefangenen sein; es ist aber nichts davon veilautet. Oberst-Lieutenant von Beaufort kehrt nach Algier zurück. In der Nacht vom Sten starb im Fort Lamalgue ein Aga aus der Begleitung Abd el Kader's, angeblich durch Kohlendampf, da er aus Unvorsichtigkeit ein Kohlenbecken, welches er beim Tabackrauchen ge⸗ brauchte, in seinem Zimmer hatte stehen lassen. Er wurde heute auf dem Juden-Kirchhofe beerdigt.“

Gestern wurde eine Versammlung von mehr als hundert Oppo⸗ sitions Deputirten gehalten, um über das Verfahren zu berathen, wel⸗ ches die Opposition unter den gegenwärtigen Umständen einhalten wolle. Nach langen Debatten wurden mehrere Beschlüsse gefaßt, worin gesagt ist, die Versammlung habe sich zuerst mit der politischen Lage beschäftigt, die aus der Annahme des letzten Adreß⸗Paragraphen entstanden; sie erblicke in der Adresse, so wie dieselbe votirt sei, von Selten der Majorität eine schreiende und freche Verletzung der Mi⸗ noritäts Rechte, und das Ministerium habe, indem es seine Partei zum Begehen einer so aus allen regelrechten Bahnen weichenden Handlung fortgerissen, zugleich einen der geheiligtsten Grundsätze der Verfassung mißachtet, eines der wesentlichsten Rechte der Bürger in der Person ihrer Vertreter verletzt, und durch eine Maßregel zu Gunsten der ministeriellen Sicherheit den verderblichen Gährungs— stoff des Zwiespaltes und der Unordnung in das Land geworfen; unter diesen Umständen sei der Opposition die Erfüllung ihrer Pflich⸗ ten um so ernster und gebieterischer erschienen, und sie habe geglaubt, daß sie inmitten der Ereignisse, welche Europa bewegten und die

ü Aufmerksamkeit Frankreichs so sehr in Anspruch nähmen, den Schutz und die Vertheidigung der National⸗Interessen nicht einen Augen⸗ blick aufgeben dürfez sie werde daher auf ihrem Posten bleiben (also nicht, wie es in Vorschlag gewesen war, ihr Deputirten. Mandat niederlegen), und was das Necht der Bürger betreffe, Versammlung zu halten, so sei sie entschlossen, dasselbe durch alle gesetz⸗ und ver⸗ fassungsmäßige Mittel zu behaupten; es sei daher ein Comité von hr ernannt worden, welches sich mit dem Comit der pariser Wäh⸗ ler verständigen und mit dlesem gemeinschaftlich das beabsichtigte Reform Bankett, als einen pProtest gegen die Anmaßungen willkür⸗ licher Gewaltausübung, ins Werk setzen olle; dies Alles ohne Prä- judiz für die Appellationen, welche die & ppositionsDeputirten sich vorbehielten, unter anderen Formen an die Wähler und an die öffent⸗ liche Meinung zu richten; endlich sei beschlossen worden, daß, da das Kabinet den wahren Charakter der Thronrede und der Adresse verändert

.

und die Rechte der Deputirten verletzt habe, keines der Mitglieder dieser