1848 / 53 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Strafe des Bersuchs und der Theilnahme zu erkennen. Aus diesen rein praktischen Gründen halte ich es für unerläßlich, einen besonde⸗ ren Titel zu bilden, wo wir erklären, wie wir es mit der Anwendung der allgemeinen Theorie auf dieses besondere Verbrechen gehalten wissen wollen. .

(Ruf zur Abstimmung.)

Abgeordn. von Auerswald: Ich bekllage, daß das verehrte Mitglied, welches so eben sprach, selbst wenn ich mich so falsch ausgedrückt haben sollte, was ich aber bestreite —, mir zutraut, daß ich den Versuch höher bestraft wissen wolle, als die That selbst. Ich habe deutlich ausgesprochen, daß ich die milderen Bestimmungen des

Gesetz Entwurfes für die That in Anspruch nehme, und habe nur die

Frage gestellt, ob es nicht zulässig und ausführbar, die einen Zwei⸗ fampf vorbereitenden Handlungen als Versuch und nach den darüber gesetzlich bestehenden Regeln zu bestrafen, wodurch denn doch entschie⸗ den mildere Strafen vorgeschlagen sind.

Abgeordn. von Werdeck: Ich bedaure, daß ich mißverstanden worden bin; ich habe die Sache gerade so aufgefaßt, wie sie jetzt von dem geehrten Abgeordneten dargestellt worden ist.

EErneuerter, mehrfacher Ruf zur Abstimmung.)

Fürst Wilhelm Radziwill: Ich wollte nur auf eine Beziehung aufmerksam machen, die von den Rednern, die vor mir gesprochen haben, bis jetzt noch nicht hervorgehoben worden ist. Im Allgemei= nen schließe ich mich dem an, dem, was in juristischer, moralischer und sozialer Beziehung gesagt worden ist, hauptsächlich dem an, was von dem Herrn Minister der Gesetzgebung und von dem Hemnn Mar⸗ schall der Provinz Brandenburg gesagt wurde, Es zist namentlich die Rücksicht für mich maßgebend, es zu wünschen, die Vorschriften über das Dutll in einem besonderen Titel aufgeführt zu wissen, die auch ein geehrter Abgeordneter der Ritterschaft von Schlesien ange— führt hat, nämlich die Fälle besonders unter Strafe, zu ziehen, die dann straflos bleiben würden, wenn wir diesen Titel hier fallen lie⸗ ßen und die Bestrafungen der Verwundung oder Tödtung im Duell in den betreffenden Titel über Körperverletzung und Tödtung ver weisen wollten. Ich meine die Bestrafung derjenigen, die einen fre⸗ velhaften Anreiz zum Duelle gegeben haben, und die noch größere moralische Verschuldung derer, die, ohne an einem Duell Theil ge⸗ nommen zu haben, als Hetzer auf eine boshafte Weise ein Duell veranlaßt haben. Wenn ich mich noch besonders den Ansichten an= schließe, die der Herr Vertreter des Kriegs-Ministeriums ausgespro⸗ chen hat, so hebe ich hervor, daß, wenn wir diesen Titel fallen las⸗ sen, wir eine Rechts- Ungleichheit in Bezug auf diesen Fall zwischen dem Volke und dem Heere einführen würden, welches über das Duell schon eine bestehende besondere Gesetzgebung hat, über die ich mich in keine Debatte einlassen kann. Wo ist aber Volk und Heer inniger ver⸗ wachsen, als in Preußen? Ich glaube also, daß dieser Uebelstand gewiß nicht niedrig angeschlagen werden müß. Die Verordnungen, die in dem Entwurfe, der uns vorliegt, angenommen worden sind, stehen in naher Analogie zu den Verordnungen, die schon für das Heer bestehen; sollte dies an sich ein Uebelstand sein? Ich glaube, nein. Ich frage weiter: Sollten bei Annahme dieser Verordnungen aus der Praxis analoge Formen in allen Ständen entstehen, wie sie schon im Heere bestehen, ich meine die Ehrengerichte, follte das ein Nachtheil für die künftige Entwickelung der Gesetzgebung über Ehrensachen sein? Ich glaube es eben so' wenig. Es würde dies wenigstens ein neuer, bis jetzt noch nicht versuchter Weg sein, den Mißbrauch des Duelles auf ein Minimum zu beschränken, und durch dieses Minimum zuletzt auf die Entwickelung der öffentlichen Meinung gegen das Duell zu wirken.

Ich komme allerdings hier zurück auf eine neue Richtung in der Ge setzgebung, in der ich früher schon einmal einen Vorschlag mir erlaubt hatte, der aber in der Minobrität geblieben ist, dem über Genossen⸗ schafts Gerichte in Bezug auf Wiederverleihung der auf Zeit aber⸗ kannten bürgerlichen Ehre. Inwiefern eine solche Institution nicht einmal nothwendig werden möchte, überlasse ich der Zelt. Ich komme nun darauf zurück, daß ich diesen Titel, wie er hier liegt, besonders auch deshalb mit Freuden begrüßt habe, weil er mir ein erster Schritt auf einem neuen Wege zu sein scheint, der bis jetzt von keiner Ge⸗ setzgebung noch in Bezug auf eine mögliche Beschränkung und Rege— lung der Duelle versucht worden ist.

Korreferent Abgeordn. Naumann: Meine Herren, die Absicht der Majorität der Abtheilung ging dahin und geht dahin, den Titel von dem Duell als solchen im Gesetzbuche wegzulassen; sie ist dazu gekommen aus der Rüchsicht, daß sie das Duell nicht spezifisch als ein besonderes Verbrechen ansehen will. Es ist daher wesentlich die Frage, ob das Duell als ein besonderes Verbrechen anzuerkennen sei. Der Herr Justiz⸗Minister hat den Begriff des Duells und die edle Seite des Buells gezeigt; ich stimme ihm darin vollständig bei. Ich bin nicht der Ansicht des geehrten Mitgliedes aus Schlesien, welches behauptete, das Duell, gehöre unter die unerlaubte Selbsthülfe; es findet in der Selbsthülfe seine Begründung gar nicht, es sindet sie in etwas ganz Anderem. Wer angegriffen worden ist, will gerade dem Angreifenden gegenüber zeigen, daß er die Verachtung, die im Angriffe liegt, nicht verdiene, er will zeigen, daß der Vorwurf, der ihm gemacht wird, daß die Voraussetzung eine irrige ist, und, daß er dafür selbst sein Leben in die Schanze zu schlagen bereit sei. Das ist die schöne und einzig motivirende Seite des Duells. Dann ist es aber kein Verbrechen. Wenn ich Demjenigen, der mich beleidigt hat, sa ge: Du hast mich falsch taxirt, wenn Du mich 'für einen ehrlosen Menschen hieltest, ich will Dir das Gegentheil zeigen wenn ich mich bereit erkläre, mein Leben dafür einzusetzen so ist ' das nichts Unerlaubtes an und für sich, und daher duch nichls Straf⸗ bares. Geht man von diesem Motive des Duells aus so muß man zugeben, daß es nicht eher strafbar wird, als bis es zu einer anderen sträfbaren Handlung führt: Mit der bloßen Herausforderung ist noch nichts Unerlaubtes geschehen, und damit, daß Jemand dem Anberen die Herausforderung überbringt, ist noch keine strafbare That vollbracht, denn es hat alles nur den Zweck, zu beweisen der Herausfordernde seine Ehrenhastigkeit darthun will. Ja, ich gehe sogar soweit, zu behaupten, es sei bis zu dein Augenblicke, wo es zum Zweikampfe kommt, nichts vorhanden, was Strafe verdient. Aus diesen Gründen rechtfertigt sich vollständig dasjenige, worauf die Abtheilung angetragen hat: den vorliegenden Titel vom Duell ganz fallen zu lassen das Duell als Milderungsgrund da anzuführen, wo es sich um BVestrafung anderer Vergehen handelt, d. h. um Körperverletzung oder Tödtung, denn der leßzte Erfolg ist allerdings Verletzung oder Tödtung. Ich halte dafür, daß auch ein ganz richtiger politischer Grund dafür vor— handen ist, das Duell straflos zu lassen, bevor nicht eine andere straf⸗ bare Handlung eingetreten ist. Es wird dadurch Veranlassung gege⸗ ben, bis zum letzten Augenblick Versöhnung herbeizuführen, es wird Veranlassung gegeben, daß diejenigen, welche zum Duell schreiten wollen, bis zum letzten Augenblick es vermeiden, sich anderweit straf⸗ fällig zu machen, und einer Strafe zu verfallen. Es wird dem Car—⸗ tellträger eine desto größere Aufgabe sein, das Extrem zu verhindern, wenn er nicht als Cartellträger strafbar ist; denn ist er einmal immer als Cartellträger strafbar, dann wird er nicht mehr auf Vermittelung denken. Die Sekundanten werden sich gleichfalls bemühen, in anderer Weise Genugthuung oder einen Vergleich herbeizuführen, wenn sie straflos bleiben. Es werden selbst noch während des Zweikampfs die Duellanten vermeiden, eine strafbare Handlung zu vollbringen, wenn sie sich bewußt sind, sie haben alles gethan, was das , i ihnen

458

gebot. Darum glaube ich, daß es zweckmäßig ist, das Duell in die Lehre von der Tödtung und der Körperverletzung zu verweisen und dort als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Ich möchte noch einer Behauptung entgegentreten, und das ist die, daß, wenn das Gesetz in einzelnen Fällen' zu schwere Folgen für einzelne Individuen haben sollte, in solchen Fällen derjenige, der sich durch die Ehre dazu ge⸗ trieben fühle, eine unerlaubte oder strafbare Handlung zu begehen, dem Staate auch einen Tribut dadurch zahlen möge, daß er die Strafe über sich ergehen lasse. Das ist in meinen Augen ein gefähr⸗ licher Grundsatz, denn es heißt den Verbrecher zum Märtyrer machen, Diesen Erfolg darf das Strafgesetz niemals herbeiführen, es muß vielmehr auf alle mögliche Weise zu vermeiden suchen, daß Jemand, der unter das Strafgesetz fällt, sich als Märtprer erachte, oder es sich gar als eine Ehre anrechne, gestraft worden zu sein, wie Lies bel der Duellgesetzgebung bisher ber Zall gewesen ist. Dies müssen wir zu beseitigen suchen, und der richtige Weg dazu ist, wenn wir den Horsch ligen beitragen, welche von der Majorität der Abtheilung e dorden sind. nn,, (Ruf zur Abstimmung.) Ich wüßte nicht, worüber jetzt abzustimmen wäre! Der geehrte Vorsitzende der Abtheilung hat übrigens sehr richtig bemerkt, daß, wenn die hohe Versammlung der Meinung sei, alle vorbereitenden Handlungen zu strafen, welche zum Zweikampfe führen, nothwendig ein besonderer Titel für diese Materie gebildet werden müßte. (Zunehmender Ruf zur Abstimmung.)

Es würde sich darum handeln, daß man den Titel durchgehe in seinen einzelnen Punkten, und fände man dann, daß der Abtheilung beizu⸗ treken wäre, so würden alle diese Bestimmungen als Milderungs⸗ gründe unter die Lehre von der Tödtung und der Körperverletzung zu verweisen sein.

Marschall: Ich wäre bereit gewesen, die Abstimmung über den Antrag der Abtheilung jetzt vorzunehmen, und ihn dazu in seine beiden Bestandtheile zu zerlegen, zuerst, ob dem Grundsatz beige stimmt wird, für den Zweikampf mildere Strafbestimmungen eintre⸗ ten zu lassen, und dann, ob beantragt werden soll, diese Strafbe⸗ stimmungen an einen anderen Ort des Gesetzes zu verweisen. Sind aber die Mitglieder der Abtheilung der Meinung, daß jetzt diese Fragstellung nicht wünschenswerth sei, so würden wir übergehen zur Berathung der einzelnen Paragraphen.

Abgeordn. Graf von Gneisengu: Ich bitte um's Wort.

Marschall-: Für den Fall, daß die Berathung als noch nicht reif zum Schlusse angesehen wird, hätte ich zunächst den Abgeordneten Grafen von Fürstenberg aufzurufen.

Abgeordn. Graf von Fürstenberg: Es ist nicht meine Absicht, über das Duell und dessen Bestrafung mich weiter zu verbreiten, da ich nach den vielen ausführlichen Vorträgen nur in Wiederholungen gerathen würde; ich will nur einige Worte auf den Angriff erwiedern, der Seitens des geehrten Abgeordneten aus Sachsen gegen das Ge⸗ schworenengericht gemacht worden ist. Wenn gesagt worden, daß in einer Angelegenhelt, die in jüngerer Zeit am Rheine vor den Ge⸗ schworenen verhandelt worden ist, wobei die dabei betheiligten zwei Personen beziehentlich zu fünf Jahren verurtheilt und die andere Person freigesprochen worden ist, und wenn daraus der Schluß gezogen wurde, daß dies ein Beweis für die Unsicherheit des Ausspruches der Geschworenen sei, so glaube ich, daß gerade das Gegentheil

daraus hervorgeht, nämlich die große Unabhängigkeit des Ausspruches der Geschworenen, das strenge Festhalten an der vorgelegten Frage. So weit die Verhandlungen durch die Zeitungen bekannt geworden, geht bereits daraus hervor, wie in der Einleinung dieser Angelegen heit gesagt worden ist, daß von dem jetzt vor Gericht stehenden Individud ganz andere und stärkere Beweise der Schuld würden vorgelegt werden, demnach ein ganz anderer Ausspruch nicht uner⸗ wartet erscheinen dürfe; es läßt sich daher ein Widerspruch in dem Ausspruch der Geschworenen nicht anführen, wo sich's überhaupt von zwei ganz verschiedenen Individuen und deren verschiedenen bewiesenen Vergehen handelt, überhaupt aber ein Urtheil nicht eher zu beur— theilen ist, bis dahin, daß man die Gründe kennt, die den Richter dabei geleitet haben.

Abgeordn. Graf von Gneisengu: Auf die eben gemachten Be⸗ merkungen habe ich nur zu erwiedern, daß ich mich lediglich an die Thatsache der Erkenntnisse gehalten habe. Ich weiß sehr wohl, daß bei allen Gerichtsverfassungen in ein und derselben Sache wider⸗ sprechende Erkenntnisse vorkommen können; aber gerade weil die von mir angeführten auffallenden Thatsachen beweisen, daß auch die Ge⸗ schworenengerichte von dieser Schwäche nicht frei sind, finde ich es unrecht, diesen gegenüber dem ehrenwerthen Richterstande der übrigen 7 Provinzen des preuß. Staats eine vorzugsweise Garantie beilegen zu wollen, wie in dem Gutachten der Abtheilung geschehen ist. Weiter habe ich hierüber nichts zu sagen; meine übrigen Bemerkun gen betreffen einige Aeußerungen des geehrten Deputirten der preuß. Ritterschaft.

Er hat zuvörderst gesagt, die Strafen könnten immer hoch sein; die Duellanten wüßten ja vorher, welche Strafe sie träfe und müßten sich ihr daher unterwerfen. Das ist allerdings der Zustand, den wir bis jetzt gehabt haben, denn die Strafen waren bis jetzt die höchsten, die überhaupt zur Anwendung kommen können; dessenungeachtet fanden stets Duelle statt und die Betheiligten mußten dem Gesetz sich unter⸗ werfen; aber gerade, weil diese Gesetze zu dem Vergehen in keinem Verhältniß standen, trat jederzeit Begnadigung ein. Dann hat der Deputirte eine Paralelle gezogen zwischen den Duellanten und, den Patrioten, die dem Gesetze des Hochverrathes im Jahre 1813 hätten verfallen können. Ich finde aber dazwischen eine große Verschieden heit, denn während die Patrioten dieser Gefahr sich aussetzten, ward auf dem guten Rufe der Anderen, welche sich ihnen nicht anschlossen, die ruhig blleben und der damaligen Politik Preußens nicht entgegen traten, nicht das mindeste üble Licht geworfen, wohingegen der gute Ruf desjenigen, welcher ein Duell nicht annimmt, um mich eines früheren Ausdruckes zu bedienen, einen Knacks wegbekommt, welchen er nicht wieder los wird. Der Offizier hat nur die Wahl, das Duell anzunehmen und der Strafe sich zu unterwerfen, oder den Rock auszuziehen, und hierin liegt ein moralischer Zwang zum Duell, welcher eben eine Milderung der Strafe erheischt. Die 5§5§. 216 und 217 ganz zu streichen, da⸗ gegen werde ich mich bei der Berathung erklären, und füge jetzt nur noch hinzu, daß gerade diese Paragraphen, mir die Annahme des Entwurfes sehr wüͤnschenswerth machen, weil sie den Mißbrauch, die Auswüchse des Duells, verhüten. Und um dieses besonderen Grun⸗ des willen werde ich mich für die Beibehaltung des ganzen Titels erklären. .

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Es ist zum zweiten Male schon in der Debatte die Rede davon gewesen, daß vor den Assisen ein Fall ......

Der Redner wird durch Lärm unterbrochen.)

Marschall: Der Referent will nur deshalb davon sprechen, um auseinanderzusetzen, warum er nicht davon sprechen will.

ö. Große Heiterkeit und Lachen.)

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Als das erste Mal von diesem Falle die Rede war, habe ich geschwiegen, weil ich nicht dafür gehalten habe, daß ein Angriff auf das Hen e n gen . hier beantwortet werden könne, indem hier der Ort einer derartigen

Digkussion nicht ist; da aber der Angriff wiederholt wird, so muß

e

ich darauf hinweisen, daß abweichende Urtheile niemals ein Grund zu

Angriffen gegen Gerichtshöfe sein können, weil alle Gerichtshöfe in

der Welt abweichende Urtheile gefällt haben. Ich glaube also, daß

es wirklich die Geduld der hohen Versammlung ermüden hieße, (Ja! Ja! Unruhe.)

wenn ich auf diese Diskusston noch weiter eingehen wollte.

Marschall: §5. 227.

Abgeorbn. von Witte: Es besteht noch eine nicht gelöste Differenz, denn die Abtheilung erkennt nicht an, daß der Zweikampf ohne Rücksicht auf die Folgen ein Verbrechen sei, sondern sie will nur, daß eventuell und möglicherweise die Folgen des Duells dem Strafgesetz verfallen sollen. Und andererseits ist ein großer Theil der Versammlung der Meinung, zu der auch ich mich bekenne, daß der Zweikampf als solcher offenbar ein Verbrechen sei, ganz abgese⸗ hen von seinen Folgen, und ich glaube, daß darauf eine Frage ge⸗ stellt werden muß.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich habe mir schon die Be⸗ merkung erlaubt, daß die Abtheilung keinesweges von dieser Ansicht ausgegängen ist, sie ist im Gegentheile gerade von der Ansicht aus⸗ gegangen, daß der Zweikampf unter allen Umständen als strafbare Handlung zu erachten sei, und sie hat nur aus Zweckmäßigkeitsgründen so weit gehen wollen, die vorbereitenden Handlungen nicht zu strafen. Ich habe mir aber bereits vorhin zu bemerken erlaubt, und glaube, daß die Majorität der Abtheilung mit mir einverstanden sein wird, daß die Stellung der Titel rein zu den Fassungsfragen gehört, und ich würde mir erlauben, zu bitten, daß der Herr Marschall 8. 210. einfach zur Abstimmung bringt, dann wird sich von selbst ergeben, ob ein besonderer Titel angenommen werden soll; denn sollen die vor⸗ bereitenden Handlungen bestraft werden, so folgt von selbst, daß die ganze Materie unter einem Titel zu behalten ist.

Abgeordn. von Witte: Dagegen muß ich mir erlauben, einen Satz des Gutachtens anzuführen: „Die Abtheilung ist zwar der An⸗ sicht, daß ein bloßer Duellvertrag, auf welchem kein Zweikampf er⸗ folgt, eben so straflos bleiben müsse, wie ein vollzogener Zweikampf, der ohne alles Resultat geblieben ist.“ Hier spricht die Abtheilung unbedingt das Urtheil aus, daß ein vollzoge⸗ ner Zweikampf, der ohne Resultat geblieben, straflos bleiben müsse.

Marschall: Es scheint sich das von selbst zu erledigen.

Abgeordn. Graf Renard: Ohne eine bestimmte Fragstellung können wir nicht über den Paragraphen hinweggehen. Es liegt uns die Hauptfrage vor: „Soll der Zweikampf im L1Iten Titel besonders oder im 12ten nebstbei behandelt werden; ist diese Frage entschieden, sn kommen wir auf die einzelnen Paragraphen. Der Weg, den der Herr Vorsitzende der Abtheilung vorschlug, daß wir die einzelnen Paragraphen worher durchnehmen sollten, um dann um so sicherer beurtheilen zu können, ob wir einen besonderen Titel nöthig haben ist ebenso richtig, aber einen von den beiden Wegen müssen wir ein schlagen.

Marschall: Ich bin auch der Meinuug, daß dieser Weg ein geschlagen werde

(Abgeordneter Olfers: Ich bitte um's Wort.) weil dem im Wesentlichen nichts entgegenzusetzen ist, was eben ven dem Vorsitzenden der Abtheilung bemerkt wurde, daß mit der Ab⸗ stimmung über den 5§. 210 die Abstimmung über die Frage, ob die vorliegenden Bestimmungen in einem besonderen Titel abzuhandeln seien, schon zugleich mit vorgenommen wird. Wird §. 210 ange⸗ nommen, so ist zu erwarten, daß Niemand in der Versammlung mehr darauf antragen wird, die Frage, ob der Gegenstand an einer anderen Stelle des Gesetzes zu verweisen sei, noch einmal zur Ab⸗ stimmung zu bringen, sondern jedes Mitglied wird dann diese Frage schon für erledigt ansehen können. (Graf Renard: Nein, Nein.)

Ist das nicht der Fall, sollte Graf Renard sich veranlaßt sehen, späterhin noch einmal auf diese Fragstellung zurückzukommen, so ist dies zuvörderst noch seiner längeren Erwägung anheim zu geben, und dann werden wir sehen, ob sein Antrag die erforderliche Unter⸗ stützung findet. 5. 210.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (iest vor):

0

Die Herausforderung zum Zweikampfe mit tödtlichen Waffen, so wie die Annahme einer solchen Herausforderung, ist mit Gefängniß oder Festungs-Haft von einem bis zu sechs Monaten zu bestrafen.“

Die Ansicht der Abtheilung ist gewesen, daß blos Vorbereitungs— handlungen darin liegen, und aus den im Referate entwickelten Grün⸗ den war es die Meinung der Majorität, daß auf Wegfall des Para graphen angetragen wurde.

Marschall: Wir können also über diesen Gegenstand abstimmen. Diejenigen, welche darauf antragen, daß 5§. 219 wegfallen möge, die also mit dem Antrage der Majorität der Abtheilung stimmen wollen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

Abgeordn. Graf Gneisenau: Durchlaucht, es hat wohl noch keine Diskussion darüber stattgefunden? .

Viele Stimmen: Ja wohl, Ja wohl; seit langer Zeit!)

Marschall: Diejenigen also, welche auf Wegfall des §. 210. antragen wollen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erhebt sich keine Masorität dafür.) Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Nun würde es sich fragen, ob das Strafmaß zweckmäßig sei. Der Entwurf schlägt vor Gefängniß oder Festungshaft von 1 bis 6 Monaten; meines Erach⸗ tens würde darauf anzutragen sein, ein Minimum hier nicht festzu⸗ stellen, und wenigstens dem Richter für diejenigen Fälle, in denen wirklich die Herausforderung weiter nichts ist, als eine leere Redens⸗ art, die Möglichkeit zu geben, das geringste Strafmaß auszusprechen. Mein Antrag führt dahin, das Strafmaß im 8. 210 in der Maß⸗ gabe anzunehmen, daß die Feststellung des Minimums wegfalle.

Abgeordn. von Brünneck: Es drängt sich mir bei diesem Paragraphen, so weit er die Bestimmung des Strafmaßes betrifft, die Frage auf, inwieweit diese für das Civil zutreffende gesetzliche Bestimmung nicht in Widerspruch treten würde mit den militair⸗ gesetzlichen Bestimmungen, und ob dadurch nicht etwa eine Ungleich⸗ heit vor dem Gesetze herbeigeführt werden würde? Venn! soviel ich weiß, würde beim Militaire die Herausforderung straflos bleiben, wenn dabei die vorgeschriebenen Formen beobachtet sind, also die Veranlassung dem Militair-Ehrengerichte zur, Entscheidung angezeigt worden ist. Dies würde aber bei dem Civil nicht, der Fall sein. Auch kann ich dem, was der Königliche Herr Militair⸗ Ftommissar vorhin geäußert hat, nicht unbedingt beitreten, denn die unmittelbare Zurückweisung eines Duells würde für den Offizier noch nicht ent⸗ ehrend sein, da das Ehrengericht erst darüber zu entscheiden hat, ob bie Herausforderung anzunehmen ist und das Duell vollzogen werden soll. Ein solches Ehrengexicht, steht dem Eivilisten aber nicht zur Seite, und dürfte darin allerdings eine Ungleichheit liegen.

Reagierungs-Kommissar von Revher: In Bezug auf die Zurück= weit ren e e habe ich wiederholt zu bemerken, daß ein Ofsi⸗ zier sich der Verachtung seiner Kameraden Preis giebt, wenn er sich Lem Huell zu entziehen sucht, nachdem ihm eine wirkliche Ehrenkrän= fung ugef it worden ist. Das Ehrengericht hat zu untersuchen, ob bas der Fall gewesen, und es läßt sich nicht erwarten, daß, wenn

eine wirkliche Ehrverletzung stattgefunden hat, das Gericht das Duell absichtlich zu verhindern suchen wird. ] ö

fa m. von Brünneck: Das Ehrengericht hat also darüber zu entscheiden, und der Offizier ist verpstichtet, das Ehrengericht von der Herausforderung in Kenntniß zu setzen.

Regiernngs-Kommissar von Reyher: Das Ehrengericht hat allerdings zu entscheiden, aber es kann doch Fälle geben, wo Offiziere sich der Entscheidung des Ehrengerichts nicht unterwerfen und das Duell vollziehen, in welchem Falle sie mit Strafe belegt werden, wie die Verordnung über die Ehrengerichte dies vorschreibt.

Abgeordn. Graf von Schwerin; Die Bemerkungen, welche der Herr Marschall von Preußen gemacht hat, treffen hauptsächlich mit denjenigen Erwägungen zusammen, welche mich gegen 5. 210 haben stimmen lassen, denn es wird eine Ungleichheit zwischen dem Civil und Militalr eintreten. Ich habe bei dieser Gelegenheit die Bemer⸗ kung machen wollen, daß ich mit der Ansicht des Durchlauchtigsten Redners mir gegenüber, daß die Ehrengerichte bei dem Militair einen besonderen Vorzug gewährten, und deshalb auf das Civil ausgedehnt werden könnten, daß ich mit dieser Ansicht, sage ich, nicht einverstan⸗ den sein kann; denn was der Staat unter allen Umständen nicht thun darf, ist meiner Meinung nach, daß er durch Gesetze Institutionen her⸗ vorruft, die unter Umständen den Zweikampf für nothwendig er— klären. Damit übrigens keine Rechtsungleichheit herbeigeführt würde, müßte auch bei dem Civil die Herausforderung unter Umständen wenigstens nicht bestraft werden; die hohe Versammlung hat indeß entschieden, das wird mich aber dafür bestimmen, kein Strafminimum eintreten zu lassen, wie die Ansicht des Herrn Referenten ist.

Abgeordn: von Saucken-Julienfelde: Die hohe Versammlung hat es bereits öfters anerkannt, daß eine Ungleichheit vor dem Gesetze das Rechtsgefühl verletze, und von diesem Gesichtspunkte ausgehend, hat sie bereits in früheren Sitzungen Strafbestimmungen gemindert, andere geschärft, was namentlich gestern geschehen, als sie die Geld strafen bei Injurien zwischen Civil- und Militairpersonen gänzlich ausschloß, und stets auf Freiheitsstrafen erkannt wissen wollte. Eine sehr große Ungleichheit vor dem Gesetze besteht aber zwischen den Bestimmungen des uns jetzt vorliegenden Titels und denen der Aller⸗ höchsten Kabinets Ordre vom 20. Juli 1843 Gesetzsammlung 1844, Seite 311. Der geehrte Herr Vertreter des Kriegs⸗Ministe⸗ riums hat zwar gesagt, daß die Bestimmungen beider Gesetze beinahe gleich wären; ich erlaube mir, ihm zu erwiedern: Nach den Bestim⸗— mungen, welche vorliegen, würde der Civilist in Fällen des §8. 210 mit 5 Monaten Festungshaft belegt werden, während nach der Aller— höchsten Kabinets Ordre von 1843 der Offizier gänzlich straflos bliebe; 5. 211 würde den Civilisten mit 2 Jahren Gefängniß bele gen, der Offizier bliebe straflos; §. 212 würde den Civilisten mit Gefängniß von 3 Monaten oder mit Festungshaft von 5 Jahren bedrohen, und der Offizier würde mit einem Monate bis höchstens einem Jahre bestraft. Mein Antrag geht daher dahin, daß bei einem Duell zwischen Militair- und Civilpersonen allemal entweder die Bestimmungen des Militairgesetzes oder die Bestimmungen des Civilgesetzes eintreten nnd gelten mögen. ö

Regierungs-Kommissar von Revher: Ich erlaube mir zu be— merken, daß ich nicht autorisirt bin, auf eine Debatte über die ehren gerichtlichen Verordnungen näher einzugehen. Bis auf einen Punkt stim— men übrigens die vorliegenden Paragraphen des Entwurfs mit jenen Verordnungen überein. Sollte aber die Versammlung Abänderungen beschließen, und Se. Majestät der König diese genehmigen, so würde alsdann auch die Allerhöchste Entscheidung Sr, Majestät zu erwarten sein, inwieweit nach den hier gefaßten Beschlüssen die Verordnungen über die Ehrengerichte geändert werden sollen. Ich räume ein, daß es in diesem Fall ein dringendes Erforderniß sein würde, eine Ueber⸗ einstimmung zwischen beiden Gesetzen zu bewirken. Jetzt würde es aber zu weit führen, wenn man mit der Debatte eine Kritik der ehrengerichtlichen Verordnungen verbinden wollte.

Abgeordn. von Saucken-Julienfelde: Ich glaube, daß dies nicht in meinem Antrage gelegen hat. Ich habe nur den Antrag gestellt, daß bei gemischten Duellen, wenn ich sie so nennen soll, ich meine Duelle zwischen Militair- und Civilpersonen, einerlei Bestim⸗ mungen der Strafgesetze eintreten mögen.

Regierungs-Kommissar von Reyher: Ich muß dagegen erinnern, daß die geehrte Versammlung dadurch in ihren Beschlüssen nicht be⸗ schränkt wird, wenn sie auf die Vorschriften in den Verordnungen äber die Ehrengerichte keine Rücksicht nimmt.

Fürst Wilhelm Radziwill: In Bezug auf das, was der Vor⸗ sitzende der Abtheilung bemerkt hat, wollte ich mir eine Erwiderung rlauben. Ueber die Bestimmungen wegen der Militair⸗Ehrengerichte mich hier auszulassen, mich lobend oder tadelnd zu äußern, bin ich nicht berechtigt. Ich stehe unter diesem Gesetze, und muß es aner— kennen, wie es von meinem Kriegsherrn gegeben worden. Wenn ich aber ben Wunsch ausgedrückt habe, daß aus der Annahme dieses Titels, wenn nicht dieselben, doch analoge Vereinbarungen, sich auch jm Cibil bilden möchten, so muß ich darin mich doch gegen die Aus legung verwahren, welche der Vorsitzende der Abtheilung meiner An sicht von solchen Vereinbarungen gegeben hat. Sie können freiwillig sein, sie brauchen nicht vom Gesetzgeber, sie brauchen nicht vom Staate befohlen zu werden, und gerade diese Vereinbarungen sind es, die ich als den ersten Schritt zu einem neuen Verfahren in Ehrensachen betrachte, das ich mit Freuden begrüßen würde. Es könnten nament⸗ lich bei Ehrensachen zwischen Civil und Militair aus freier Wahl sich Mitglieder eines gemischten Ehrenraths bilden, es könnten sich aus freier Uebereinkunft der Betheiligten auch in andern Ständen Ehren⸗ gerichte bilden. Daß solche Fälle vorgekommen sind, weiß ich. Sie ßaben ein erfreuliches Resultat gehabt. Ich spreche hier von der Entstehung einer neuen Institution, von welcher der Staat und der Gesetzgeber anfangs keine Notiz zu nehmen braucht. Inwiefern er sich in Zukunft zu diesen faktisch entstehenden Vereinbarungen stellen wird, konnen wir der Zukunft überlassen.

Vice-Marschall Abgeordn. von Rochow: Es ist der Antrag gestellt worden, bei der Bestrasung der Ausforderung zu einem Zweikampfe kein Minimum festzusetzen, ich trete dem bei. Ich glaube, daß es Fälle von muthwilligen Ausforderungen geben kann, für welche line sechsmonatliche Freiheitsstrafe nicht zu schwer ist, daß es aber auch Fälle giebt, wo schon ein Monat Strafe zuviel ist. Die Hauptsache ist, die Strafbarkeit überhaupt festzustellen. Nach §. 15 soll die Ausforderung und die Annahme derselben straflos sein, wenn das Duell nicht stattgefunden hat. Es kann dasselbe aber schon seinen Anfang genommen haben, die Degen können ge⸗ kreuzt worden sein, es kann eine leichte Verwundung stattgefunden, und der Herausgeforderte seine Beleidigung in der edelsten Weise von der Welt zurückgenommen haben. Soll man hier auch mit zwei Monaten Gefängniß strafen? Da, glaube ich, muß die Strafe ge— ringer sein.

Abgeordn. Lucanus: Ich wollte ganz gehorsamst mir nur ein paar Worte zunächst auf das zu erwidern erlauben, was ein durch⸗ lauchtiger Redner von der Herrenbank gesagt hat. Ich glaube, daß alle Stände ohne Ausnahme dem Gesetz vollkommene Achtung gewähren, und sich nur imerhalb derselben bewegen, daß aber dessen ungeachtet Jeder von uns berufen ist, das eine oder das andere zu , was gegen die Zweckmäßigkeit eines Gesetzes gesagt werden

n. Das ist unser Beruf. Es ist überdem nichts zu versäumen,

459

was zur Beleuchtung der Sache führen kann. Es liegt uns kein

Gutachten Über diese einzelnen Paragraphen vor, und es mag nicht

Jeder Gelegenheit gehabt haben, sich nach allen Richtungen zu unter⸗

fichten. Ich bitte daher diejenigen Herren, welche etwas zur Erläu⸗

terung Wesentliches sagen können, dies recht gründlich zu thun. (Heiterkeit.

Fürst Ww. Radziwill: Ich muß von dem geehrten Redner aus Sachsen völlig mißverstanden sein. Meine Bemerkung bezog sich auf meine Person, und nicht auf die Versammlung. Ich habe gesagt, daß ich als Soldat, daß ich als General nicht die Befugniß habe, mich weder lobend noch tadelnd über ein Gesetz auszusprechen, das im Heere rechtskräftig besteht, und hier nicht zur Diskussion gestellt worden ist. Ich habe nicht daran gedacht, Jemand in der Versamm⸗ lung, der nicht in meiner Stellung steht, das Recht abzusprechen, es in seinen Betrachtungen über den vorliegenden Gesetz⸗-Entwurf mit zu erwähnen.

Abgeordn. Graf von Schwerin (nachdem er aufgerufen): Ich habe nichts mehr zu bemerken.

Abgeordn. von Auerswald: Mich dem anschließend, was der Marschall der Provinz Brandenburg gesagt hat, erinnere ich daran, daß, fein Minimum eintreten zu lassen, am sichersten zur Annäherung an die Militairgesetzgebung führt.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Da wiederholt Bezug ge⸗ nommen worden ist auf das Militair⸗Strafrecht, so bemerke ich, daß aus dem Gesetze vom 20. Juli 1843 der §. 33 hier zur Anwendung kommt. Derselbe lautet dahin:

„Die Herausforderung zum Zweikampfe und deren Annahme, so⸗ wie die Kartellträgerei, ist, wenn der Zweikampf mit Vorbeigehung des Ehrenraths und des Ehrengerichts hat vollzogen werden sollen, mit vier- bis sechswöchentlichem Arrest zu bestrafen.“ Ist eine solche Vorbeigehung des Ehrenraths nicht geschehen, so liegt allerdings kein Vergehen vor.

Abgeordn. von Auerswald: Das ist ein Grund. Ich meine, daß die Gesetzgebung sich näher steht, wenn der Eine möglicherweise nur mit einem Tag Gefängniß bestraft werden kann, wo der Andere, wenn er das Ehrengericht benutzt, ganz frei ausgehen kann.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Tas trifft Alles nicht zu. Wir opponiren nur dagegen, daß das Militair Fälle hat, wo die Ausforderung straflos bleibt, wo die Ehrengerichte sagen können: du mußt.

Abgeordn. Graf von Sneisenau: Indem ich mich der Ansicht anschließe, welche der Marschall der Provinz Brandenburg ausge⸗ sprochen hat, gehe ich noch weiter. Ich finde den 5. 210 in seiner vollen Ausdehnung zu scharf. Man kann zwar voraussetzen, es wür⸗ den eine Menge Ausforderungen nicht zur Kenntniß der Behörde kommen und schon aus diesem Grunde straflos bleiben; ich denke aber, es ist besser, wir verringern die Zahl der Vergehen, welche blos deswegen straflos bleiben, weil sie den Behörden verborgen blei⸗ ben; ich bringe daher eine fakultative Fassung des Paragraphen in Vorschlag, wonach dem Richter die Freiheit bleibt, in angemessenen Fällen ganz freizusprechen.

Abgeordn. Graf von Renard: Was ich zu sagen hätte, bezieht sich nur daräuf, daß ich den Herrn Regierungs Kommissar bitten wollte, mich darüber aufzuklären, ob nicht §. 213 den 8. 210 ganz annullirt, und welche Absicht der Entwurf damit verbindet.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Der 8. 213 sagt:

Die Strafe der Herausforderung fällt weg, wenn das Duell in Folge der eigenen Entschließung der Parteien nicht statt⸗ gefunden hat. Es ist daher der §. 213 nur die Anwendung der allgemeinen Be⸗ stimmung über den Versuch, wo gesagt ist, daß, wenn Jemand frei⸗ willig und aus eigener Bewegung von einem Verbrechen absteht, er straflos sein soll.

Abgeordn. Graf von Renard: Ich kann mir keinen Fall den ken, in welchem die Bestimmungen des §. 210 eintreten.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Wenn das Vorhaben von der öffentlichen Behörde entdeckt wird, dieselbe intervenirt und in Folge dessen das Duell nicht zur Ausführung kommt, so ist das der Gegen— satz zum 5. 213.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Wird das Amendement des Abgeordneten aus der sächsischen Ritterschaft zur Abstimmung kommen?

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Es sind nur zwei Fälle denk⸗ bar: entweder das Duell kommt zu Stande, und dann wird das Duell, nicht aber die Ausforderung bestraft, oder das Duell kommt nicht zu Stande, und dann annullirt der §. 213 den §. 210.

Justiz-Minister Uhden: Es ist schon erwiedert worden, daß §. 213 zur Anwendung kommen wird, wenn die Parteien aus eigener Bewegung vom Zweikampfe abstehen. Wird aber das Duell denun— zirrt und nur dadurch die Vollziehung verhindert, so sind die Theil— nehmer nicht aus eigener Bewegung zurückgetreten.

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Dann würde ich Ew. Durch laucht ersuchen, die hohe Versammlung zu fragen, ob mein Antrag die nöthige Unterstützung findet. ö

Marschall: Wir wollen ermitteln, ob der Vorschlag des Gra fen Gneisenau, welcher dahin ging, den Paragraphen fakultativ zu fas⸗ sen, die erforderliche Unterstützung findet.

(Er hat sie gefunden.)

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Mit Weglassung des Mi— nimums.

. Marschall: Auf das Minimum ist die nächste Frage ausschlie⸗ ßend zu stellen. Sie heißt: Soll beantragt werden, die Bestimmung des Minimnms aus §. 210 wegfallen zu lassen? Diejenigen, welche es beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Sehr viele Mitglieder erheben sich.)

Eine große Majorität von mehr als zwei Drittheilen hat bei⸗ gestimmt. Es würde nun nicht mehr erforderlich sein, auf den An—⸗ trag des Abgeordneten von Saucken zurückzukommen.

Abgeordn. von Saucken-Julienfelde: Ich würde beim Schluß des Titels nochmals darauf zurückkommen.

Marschall: Es würde also erforderlich sein, die Frage vorzu— behalten. Die nächste Abstimmung betrifft nun den Vorschlag des Abgeordneten Grafen von Gneisenau.

Justiz⸗Minister von Savigny: Darüber ist noch gar nicht dis⸗ kutirt worden. Es ist mir höchst bedenklich, Fälle aufzuͤstellen, wo es der Willkür des Richters anheimgestellt bleibt, zu strafen oder nicht. Dies scheint mir der Natur des Strafrechts ganz entgegen. Wenn kein Minimum festgestellt wird, so ist dem Richter eine sehr große Macht gegeben, und wie der Paragraph jetzt modifizirt worden ist, wird ausreichender Schutz gegen jede Gefahr übertriebener Härte ge⸗ geben.

Korreserent Abgeordn. Naumann:

x : Ich muß mich für den An⸗ trag des Mitgliedes der sächsischen Ritterschaft erklären. Ich verweise auf die Bestimmung des §. 213. Es ist mit Recht auf die eigen⸗ thümliche di nn in diesem Paragraphen aufmerksam gemacht

worden, daß eine Ausforderun nicht strafbar sein soll, wenn die Parteien den Zweikampf vor lf Beginnen aus eigener Bewegung aufgehoben haben. Nun ist es aber ziemlich zufällig, ob die Behörde eingeschritten ist oder nicht, ob sie KLenntniß bekommen hat oder nicht. Hat sie Kenntniß bekommen, so wird sie einschreiten, und die Freiheit der Parteien, zurückzutreten, wird ausgeschlossen. Für diesen Fall

muß bas Gesetz noch ein Auskunftsmittel geben, und ich finde es darin, daß der Richter von der Strafe abstrahire, wenn er findet, daß die Parteien nicht würden zum Extrem gekommen sein, wenn sie noch hätten zurücktreten können. Dies ist die Intention des Abgeordneten aus der Provinz Sachsen, und ich trete seinem An⸗ trage bei. .

Justiz⸗Minister von Savigny: Ich muß bedauern, daß §5. 213 schon setzt mit in die Diskussion hereingezogen ist, was nicht zur Aufklärung der Sache dienen kann nach meiner Ueberzeugung; da er aber einmal erwähnt worden, und da insbesondere, womit ich nicht übereinstimme, behauptet worden ist, daß er mehr oder weniger im Widerspruch stehe mit 5. 210, daß also die Meinung darüber Einfluß haben könne auf das Schicksal des §. 210, so erlaube ich mir die Erwähnung, daß der §. 213 nichts Besonderes für das Duell bestimmt, sondern blos eine Anwendung des Grundsatzes ist, der im §. 42 anerkannt worden ist, daß überhaupt der Versuch straflos bleiben soll, wenn aus eigener Bewegung des Thäters, nicht durch fremde Hindernisse, die Vollen⸗ dung des intendirten Verbrechens verhindert worden ist. Dies steht also mit der Strafe der bloßen Herausforderung, die, unabhängig von dem eigenen Willen des Herausforderers, durch Denunciation zur Cognition und Bestrafung gekommen ist, gar nicht in Wider⸗ spruch.

Abgeordn. von Auerswald: Der Hauptgrund, den der Herr Minister der Gesetzgebung gegen die fakultative Fassung anführte, war der, daß dem Richter dadurch zu viel überlassen würde; ich bin aber doch der Meinung, wenn man einem Ehrenrichter überlassen kann, zu bestimmen, ob eine Handlung zu strafen oder zu gestatten sei, daß man es dann wohl auch dem ordentlichen preußischen Richter gestatten kann, darüber zu urtheilen, ob eine solche Handlung straf⸗ bar sei oder nicht.

Regierungs-Kommissar von Reyher; In Bezug auf die Ehren⸗ gerichte steht die Sache doch nicht so. Das Ehrengericht untersucht die vorgefallenen Streitigkeiten, und wenn es dabei bis auf einen Punkt kommt, von dem aus die Untersuchung nicht weiter geführt werden kann, so erklärt es sich für inkompetent, und bleibt es dann den Parteien überlassen, was sie zu thun beschließen wollen. Das Duell wird also von dem Ehrengericht niemals geboten, vielmehr er⸗ flärt das Gericht in solchen Fällen nur, daß es nicht im Stande sei, die Beseitigung der Sache durch einen Spruch herbeizuführen.

Abgeordn. von Auerswald: Die Herausforderung wird aber dadurch legalisirt, daß sie trotzdem, daß das Ehrengericht davon Kenntniß erhält, straflos bleibt.

Abgeordn. Graf von Renard: Ich muß mich gegen den An⸗ trag des Mitgliedes aus Sachsen erklären, weil ich glaube, es würde, wenn wir ihm Folge geben, dahin führen, den ganzen Titel zu ver⸗ nichten. Justiz⸗Minister Uhden: Ich glaube, die hohe Versammlung wird mit sich in Widerspruch kommen, wenn sie, nachdem sie angenommen, daß die Herausforderung überhaupt strafbar sei, dennoch dem Richter die Befugniß ertheilen wollte, zu beurtheilen, ob dieselbe straflos sein könne.

Vice -Marschall Abgeordn. von Vochow: Ich bin sehr gegen alle strenge Ahndung des Duells und dessen, was damit zusammen⸗ hängt, dessenungeachtet muß ich bei dem Grundsatze beharren, daß das Duell eine strafbare Handlung sei mit Allem, was dazu führen kann, also auch die Herausforderung. Der größten Gerechtigkeit scheint aber dadurch genügt zu sein, daß das Minimum wegbleibt und in den allerleichtesten Fällen bis zu einigen Stunden Gefängniß erkannt werden kann; davon wird Niemand sterben!

Abgeordn. Graf von Schwerin; Ich glaube, die Inkonsequenz, die der Herr Justiz-Minister in der Annahme des Vorschlags findet, liegt nicht darin. Wir haben, als der §. 212 angenommen wurde, damit als Prinzip angenommen, daß die Herausforderung strafbar sei, daraus wird aber nicht konsequent folgen, daß es nicht einzelne Fälle gebe, wo von der Strafe abgesehen werden muß, und ich vertheidige dieses Amendement aus einem ganz anderen Grunde, wie der Herr Referent; im Gegentheil kann ich den Grund, den der Herr Referent angeführt hat, gar nicht theilen, sondern ich vertheidige das Amen⸗ dement blos, um die Gleichheit zwischen Militair und Civil auszu⸗ sprechen. Beim Militair steht die Sache so, daß unter gewissen Um⸗ ständen das Ehrengericht sagt: Hier liegt die Sache so, daß für diesen einzelnen Fall nach den Begriffen über Ehre die Herausforde⸗ rung gerechtfertigt war. Ich will nun, daß auch der Civilrichter für einzelne Fälle sagen kann: Es ist zwar eine strafbare Handlung, aber nach den Vorurtheilen, die einmal bestehen, muß man von der Be⸗ strafung absehen. Aendert man das Militair-Gesetz, so werde ich nicht darauf bestehen, für die fakultative Fassung zu sein, aber die Gleichheit erfordert, daß man die Fälle vorsehen muß, wo sie auch bei dem Civil straflos gelassen werden können.

Justiz-Minister von Savigny: Das geehrte Mitglied aus der Provinz Brandenburg hat bereits darauf aufmerksam gemacht, daß gegen sede mögliche denkbare Härte vollkommener Schutz gegeben ist durch den Wegfall des Minimums, also ein praktisches Bedürfniß ist nicht vorhanden; prinzipiell aber muß ich mich im höchsten Grade da⸗ gegen erklären, in irgend einer Weise im Gesetze auszusprechen, in diefem Falle habe der Richter nicht blos das Recht und die Pflicht der Bestrafung, sondern auch zugleich eine Vollmacht zur Begna⸗ digung.

JustizMinister Uhden: Es müßten wenigstens dann die Fälle genau angegeben worden, wo der Richter die Straflosigkeit eintreten lassen dürfe, man würde sonst den Richter zum Ehrenrichter machen. Wenn ich überhaupt dem Grunde, den das geehrte Mitglied aus der Provinz Pommern angeführt hat, näher trete, so möchte es darauf hinauskommen, daß, wenn ein Duell zwischen einer Militair- und ei⸗ ner Civilperson beabsichtigt ist, und erstere ginge straflos aus, daß dann der Civilrichter auch gegen die Civil-Person nicht auf Strafe erkennen könne, und das war der Vorschlag, der von dem geehrten Abgeordneten aus der Provinz Preußen gemacht worden war. Dies würde sich rechtfertigen lassen, aber, abstrakt zu sagen, die Handlung ist strafbar, aber es ist dem Ermessen des Richters überlassen, ob sie zu bestrafen sei, das läßt sich in keinem Falle rechtfertigen.

JustizMinister von Savigny; Ich muß bezweifeln, ob hier die Vergleichung mit dem Militair eine vollkommen unbegründete ist, so lange der Civilstand nichts den Ehrengerichten Aehnliches hat. Wenn wir hier, wie die Meinung des Abgeordneten aus der Provinz Pommern zu sein scheint, gewis ermaßen für diese Fälle den Civil⸗ Strafrichter für einen Ehrenrichter erklärten, so wäre das eine völlig unbegründete Fiction, da er sich zu dieser Function ganz und gar

nicht eignet. . 1 Ruf zur Abstimmung, der Abgeordn. Lucanus bittet ums

Wort.) Marschall: Aber ich glaube, daß wir abstimmen können. Abgeordn. Lucanus: Ich wollte nur gehorsamst bemerken ...

(Große Unruhe; vielfacher Ruf zur Abstimmung) Marschall: Wir können abstimmen. Die Versammlung scheint

die Tiakusston für vollständig erschöpft zu halten, und ich muß mich dem anschließen. Die Frage heißt: Soll beantragt werden,

daß 5§. 210 eine fakultative Fassung er⸗ halte?