1848 / 55 p. 1 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Vater anvertraut: er machte vortreffliche Gesetze, erhielt Friede, Eintracht mit den benachbarten Fürsten und behauptete die Rechte meiner grone. Welche Weisheit! Also der Ehrentitel, den ich ihm verleihe, ist: Wohl- thätig, treu und weise.“ Der Sohn hatte Alles das gethan, was hier dem Vater zugeschrieben wird. Die Söhne, die es gegen den Vater oder die Mutter, die jängeren Brüder, die es gegen die älteren an Ehrerbietung fehlen lassen, bekommen Stockprügel, und wenn sich ein Sohn beschweren wollte, daß ihm von seinem Vater, oder ein jüngerer Bruder, daß ihm von seinem älteren Unrecht widerfahren sei, so erhält er hundert Bambushiebe und wird auf drei Jahre verbannt, wenn das Recht auf seiner Seite ist; hat er aber Unrecht, so wird er strangulirt. Um die Aeltern muß 3 Jahre getrauert werden. Die heiligen Bücher sagen in dieser Beziehung: „So lange Vater und Mutter leben, trägt der Sohn niemals volle Trauer, wenn er aber Vater und Mutter verloren, trägt er keine Kleider von scheinbaren und fröhlichen Farben. Wenn eines der Aeltern krank ist, vernachlässigt det Sohn seine Kleidung, berührt kein musikalisches Instrument, ißt und trinkt ohne Genuß, schwebt das Lächeln nur auf der Spitze der Lippe, und er hat keine Kraft zum Zorn.“ Der Trauernde muß, wenn er ein öffentliches Amt bekleidet, dasfelbe niederlegen und in die Einsamkeit sich zurückziehen. Es gilt dies sogar vom Kaiser; keine Heirath darf während der Traueizeit in der Familie geschlossen werden. Erst das funfzigste Lebensjahr befreit von der überaus großen Strenge der Trauer, damit der Leidtragende nicht mager werde; das sechzigste mildert sie noch mehr, und das siebzigste be—⸗ schränkt sie gänzlich auf die Farbe der Kleider. Irgend eine Verletzung der Vorschriften über die Trauer zieht Kriminalstrafen nach sich.

Der ganze chinesische Staal ist nun, wie schon bemerkt wurde, weiter nichts, als eine erweiterte Familie, an deren Spitze, als Vater Aller, der Sohn des Himmels, der Kaiser, steht. Im Kaiser geht der Staat auf, er ist zugleich der oberste Priester, wie überhaupt immer mit der Des potie das theokra⸗ tische Element verbunden ist. Die Heiligkeit und Unverletzlichkeit seiner Person geht so weit, daß sie sich den Gegenständen, die er besitzt, mittheilt. Wer sich am Kaiserlichen Eigenthum vergreist, ja, wer nur das Kaiserliche Zimmer oder den Palast ohne Erlaubniß betritt, erleidet in einigen Fällen die Todesstrafe. Ist der Kaiser gestorben, so darf dies nicht mit klaren Worten ausgesprochen werden, sondern man sagt, er habe sich auf eine lange Rese begeben. Eigentliche Stände giebt es in China nicht, obgleich die Prinzen, die Beamten und die Nachkommen des Confucius ein höheres Ansehen genießen. Die Staats-Verwaltung wird durch einen bis ins Kleinste durchgebildeten Beamten⸗Mechanismus besorgt. Es giebt in China 35, 900 Beamte (Mandarinen), 20, (60 Kriegs- und 15,0900 Civil⸗Manda— rinen; die Letzteren stehen in höherem Ansehen, und sie haben, ehe sie in den Staatsdienst treten, 3 Prüfungen abzulegen. Das Volk steht in einem rein äußerlichen, passiven Verhältnisse zum Staat. Der Wille des Kaisers ist das allein Bestimmende. Uebrigens hat es unter den chinesischen Kai- sern wenig Tyrannen gegeben, ihr Regiment ist ein mildes, väterliches, da ja die Zahmheit des chinesischen Volkes die Beherrscher nie zur Härte und Grausamkeit herausforderte. Eben so äußerlich und geistlos, wie der Staat der Chinesen, ist auch ihr Recht. Da ihnen das Bewußtsein der Persön— lichkeit, also alle Selbstbestimmung und geistige Freiheit, durchaus abgeht, so sinken bei ihnen die moralischen Pflichten zu Rechtsgeboten hinab. Die Pflichten der Wohlthätigkeit, der Familien- Pietät werden durch den Bam— busstock geschützt.

Die geistige Leerheit zeigt sich auch in ihrer Literatur. Diese Litera— tur ist unendlich umfangreich, aber im höchsten Grade inhaltsleer. Man könnte einen hohen Begtiff ven der chinesischen Wissenschaft bekommen, wenn man von den bedeutenden Bibliotheken dort hört, von der Sorgfalt, welche die Kaiser und die Statthalter der Literatur widmen. Der Verfasser er— zählt, daß unter der Dynastie der Leang die Kaiserliche Bibliothek 370,000 wurden und unter der der Ming allein 60090 Bände mit Kupferplatten. Auch Privatleute, namentlich Gelehrte, haben ihre Bibliotheken, wie man denn im letzten Kriege mehrere derselben gefunden hat. Der Kaiser und die höchsten Beamten erscheinen oft als Vorredner in den chinesischen Büchern, und die Akademie der Wissenschaften ist die höchste Staats- Behörde. Dessenungeachtet giebt es in China keine Wissenschaft, sondern nur einzelne Kenntnisse von diesem und jenem, die nur dem Nutzen und der Zweckmäßigkeit dienen sollen. Euphemistisch sagt der Verfasser, die Wissen⸗

474 schaften hätten bei den Chinesen keine praktische Richtung genommen. Es giebt aber bei ihnen in der That leine Wissenschast; ihre Astronomie ist noch Astrologie, ihre Medizin Alchemie. Sehr bezeichnend ist es, daß bei ihnen die Bücher nach dem Gewicht verkauft werden.

Die Staats-Religion endlich der Chinesen ist die des Confucius. Ne- ben dieser Religion sind verschledene andere, wenn sie nur nicht der ersteren feindlich sind, geduldet, vorzüglich der Buddhismus. Die Religion des Tonfucius ist eine rein natürliche, Himmel und Erde sind die beiden oher— sten Götter. Als untere Gottheiten werden die Winde, Ströme, die Ele⸗ mente u. s. w. verehrt.

Wir schließen diese Schilderung mit den Worten Hegel's: „Das Aus⸗ gezeichnete des chinesischen Volls-Charakters ist, daß Alles, was zum Geiste gehört, freie Sittlichkeit, Moralitä, Gemüth, innere Religion, Wissenschaft und eigentliche Kunst, entfernt ist. Der Kaiser spricht immer mit Majestät und väterlicher Güte und Zartheit zum Volke, das jedoch nur das schlech— teste Selbstgefühl über sich selber hat und nur geboren zu sein glaubt, den Wagen der Macht der Kaiserl. Majestät zu ziehen. Die Last, die es zu Boden drückt, scheint ihm sein nothwendiges Schicksal zu sein, und es ist ihm nicht schrecklich, sich als Sklaven zu verkaufen und das saure Brod der Knechtschaft zu essen. Wenn kein Unterschied der Geburt vorhanden ist und Jeder zur höchsten Würde gelangen kann, so ist eben diese Gleichheit nicht die durchgekämpfte Bedeutung des inneren Menschen, sondern das nie⸗ drige, noch nicht zu Unterschieden gelangte Selbstgefühl.“ China ist neuer⸗ dings in nähere Berührung mit den gebildeten Nationen gekommen, lange Zeit wird aber noch hingehen, ehe die europäische Civilisation einen festen Boden dort gewinnen kann. Die Chinesen verhalten sich antipathisch gegen alles Ausländische, die Fremden gelten ihnen als Vagabunden, als Bettler, die in der Heimat keine Nahrung finden können. In den chinesischen Pro- clamationen werden die Engländer die rothborstigen Barbaren genannt. Dabei sind die Chinesen von der bornirtesten Bewunderung für die Vortrefflich— keit ihrer Einrichtungen durchdrungen, und ihr Land gilt ihnen für das erste der Welt. 15

P Wien, 11. Febr. Die Wochen-Sitzungen der Kaiserlichen Aka⸗— demie der Wissenschaften, zu welchen sich die Mitglieder der historisch- philologischen Klasse jeden Mittwoch, die der mathematischen je— den Donnerstag versammeln, haben nach der feierlichen Eröffnung den Anfang genommen und werden zur Prüfung eingegangener Eingaben, Ma— nuskripte und vorgelegter anderer wissenschaftlichen Arbeiten ununterbrochen fortgesetzt. Auf die bisher bedentungslose Gelehrsamkeit und die so lange untergeordnete Stellung der Gelehrten wird dieses Institut einen mächtigen Einfluß ausüben, Befähigte werden in der mehr lohnenden Aussicht und dem sicheren Schutze die bevorzugten Zweige der Wissenschaft mit regerem Eifer betreiben, das histoörische, fast ganz vernachlässigte Studinm wird die wünscheuswerthe Vertretung und bei ihrer hohen Wichtigkeit, fürs Leben an Universitäten die wünschenswerthe Pflege finden. Schon die um= afssende Weise, in welcher das Präsidium der vereinigten Hofkanzlei dem Wunsche der historisch-philologischen Klasse entsprochen hat, die inländischen Klöster zur Unterstützung der permanent erklärten historischen Kommission aufzufordern, giebt hierfür die beste Bürgschaft. Ob die Akademie bei dem Abdruck ihrer Verhandlungen Selbstöensor sein soll, ist noch in Frage ge— stellt und in der Verhandlung.

Eisenbahnen und Dampfschifffahrt. O Wien, 17. Febr. Zur Erleichterung des Verkehrs für Per⸗

sonen und Güter, welche auf der Krakauer Eisenbahn durch das öster—

Bände zähle, daß unter der Dynastie der Song unzählige Bücher gedruckt eichische Zollgebiet befördert werden, sind mehrere Amtsstationen er⸗

richtet und, deren Befugnisse erweitert worden. Dem, Gesälls= Hauptamte im Bahnhofe Szakowa wurde hinsichtlich derjenigen Waa— ren, welche auf der Krakauer Eisenbahn befördert werden, das Amts⸗ befugniß einer Zoll-Legstätte und in Beziehung auf die Passagiergüter, welche auf der Strecke zwischen der Zolllinie und Krakau von der Eisenbahn weggebracht werden sollen, die Befugniß eines Hauptzoll⸗ Amtes eingeräumt, insofern als derlei Güter nicht Gegenstände des

Staats⸗Monopols bilden oder den bei uns noch immer so überaus strengen Censur⸗-Vorschriften unterliegen. Auch wurde dieses Amt er— mächtigt, die von Reisenden für ihren eigenen Gebrauch mitgebrachten aber für den allgemeinen Handel verbotenen Waaren (mit der vorerwähnten Monopol- und Censur-Gegenstände) sofort in Ver— zollung zu nehmen, wenn die hierfür zu entrichtende Steuer 15 Fl nicht Übersteigt. TDieselben Befugnisse wurden auch dem Gefallsamte im Krakauer Eisenbahnhofe zu Theil, welches übrigens den Wirkungs— kreis einer Zoll-Legstätte, hinsichtlich der auf der Eisenbahn dahin gelangenden Gegenstände der Verzehrungssteuer aber die Befugniß eines Verzehrungssteuer-Oberamtes erhielt und ermächtigt wurde bis zu einem 15 Fi. nicht übersteigenden Steuerbetrage alle nach dem Tarife der Amtshandlung eines Haupt-Zollamts vorbehaltenen Ge— genstände, unter Beobachtung der für deren Bezug bestehenden Vor— schriften, in Verzollung zu nehmen. Mit dieser Einrichtung wurden aber die an der Gränze des ehemaligen Freistaats Krakau bestandenen Zollämter zu Podgorze, Spytkowize, Paßieka, Tyniez und Rybaki als aufgehoben erklärt.

gandels- und Börsen- Nachrichten.

X Paris, 17. Febr. Die Einstellung der Zahlungen, zu welcher das große Handlungshaus Charles Dubois mit seiner „Haͤndelsbank“ sich genöthigt gesehen hat, brachte dort, wie schon berichtet, große Bestürzung hervor, und die dann vorgenommene Einsicht der Bücher desselben geschah unter Zuziehung einer Anzahl von betheiligten Kaufleuten selbst, welche Gelder in dieser Privat-Bank liegen haben. Das Resultat war ein ziem- lich befriedigendes, und es handelt sich sonach mehr um augenblickliche Klemme, denn um wirkliche Gefahr des Zusammensturzes. Die Handels- kammer von Havre war in Anbetracht der Lage der Dinge zusammengerufen werden, um darüber zu berathen, in welcher Weise dieser augenblick⸗ lichen Klemme der „Handelsbank“ ein Ziel gesetzt werden könne, und die Mittel dazu aufzusuchen. In Folge davon geschah ein Schritt bei der Munizipalität von Havre und dem dortigen Handels-Tribunal, zu dem Zwecke, ihren Beistand und ihre Mitwirkung bei diesem so zahlreiche Interessen des Platzes berührenden Anlasse nachzusuchen. Es wurde be⸗ schlossen, daß solche eine Deputation, bestehend aus dem Maire von Havre und den Präsidenten der Handels-Kammer, und des Handels-Tribunals, nach Paris schicken solle, um sich dort die nöthigen Hülfsmittel für die Wiederaufnahme der Geschäfts-Operationen des bedrängten Etablissements zu verschaffen. Dies geschieht durch Mobilisirung effektiver Werthe, die das Etablissement in Händen hat, und welche jede erwünschliche Bürgschaft bieten. Auf der anderen Seite versichert man, die Verwaltung der „Bank von Havre“ habe beschlossen, alle mit ihren Statuten vereinbaren Dienstleistungen und Unterstützungen gewähren zu wollen, um den täglichen Geldbedarf der großen industriellen Etablissements zu decken, für welchen bisher die „Han— delsbanl“ gesorgt hatte, und um so zu verhüten, daß die Thätigleit dieser Industrie-Anstalten auf eine schlimme Weise gehemmt und vielleicht gar unterbrechen würde. Diese Maßregel läge eben so sehr im Interesse der zahlreichen Arbeiter, welche in diesen Etablissements Beschäftigung und Brod sinden, als im Interesse dieser Unternehmungen selbst, und ist der allgemei⸗ nen Zustimmung sicher.

Amsterdam, 16. Febr. Getraidemarkt. Weizen bei Kleinig⸗ keiten verkauft, 1189fd. b. poln. 390 Fl. Roggen niedriger abgegeben, 117/11 18pfd. petersb. 162 1654 Fl. Gerste und Hafer ohne Handel.

Kohlsaamen zum Frühjahr z L. niedriger. Herbst unverändert, auf 9 Fß. im April 6097 L., Sept., Oft. und Nov. 58 L. Lein saamen ohn Handel.

Rüböl gleich und auf Lieferung flauer, zuletzt etwas belebter, pro

6 W. 35, flies. 344 a 3, Mai 335 2 7 2 4, Sept. 33, Okt. 33 a 4, Nov. 1 9 *. 2. 2 1 1

und Dez. 3353 2 3 Fl. Leinöl flauer, pro 6 W. 275 Fl., flieg. 2b 4 27 Fl. Hanföl pro 6 W. 31, flieg. 30 Fl.

Allg e meiner

Anzeiger.

. '

ö 1 Bekanntmachungen. 1977 Oeffentliche Vorladung.

Der Drechslermeister Carl Heinrich Hanisch hat sich mit einem Passe vom 1. September 1845 zu einer Ver— gnügungsreise nach Hamburg versehen, dann bald nach— her von hier entfernt und ist seitdem nicht zurückgekehrt. Die Bertha Hanisch, geborene Haselbach, hat deshalb gegen ihren Ehemann, welcher von seinem Aufenthalte bis jetzt keine Nachricht gegeben, auch ihrer Bemühun—

en ungeachtet nicht hat ermittelt werden können, wegen gönn Verlassung auf Scheidung angetragen. Jur Beantwortung der Ehescheidungsklage ist daher ein Ter— min auf den

15. Mai 1848, Vorm. 11 Uhr, vor dem Königl. Ober-Landesgerichts⸗Referendarius Heinke im Parteienzimmer Nr. II. auf hiesigem Ober- Landesgerichte anberaumt worden, zu welchem der ꝛc. Hanisch hierdurch öffentlich und unter der Warnung vorgeladen wird, daß er im Fall seines Ausbleibens der bös lichen Verlassung in contumaciam für geständig er⸗ achtet und demgemäß, was Rechtens ist, gegen ihn er— kannt werden wird. Breslau, den 30. September 1847. Königl. Ober⸗Landesgericht. Erster Senat. Müller.

159 Nothwendiger Verkauf. Stadtgericht zu Berlin, den 14. Januar 1848.

Das dem Zimmermeister Johann Ludwig Stange gehörige, in der Rosenthalerstraße Nr. 14 belegene, im Hypothekenbuche von der Königsstadt Vol, 6. Nr. 423. verzeichnete Grundstück, gerichtlich abgeschätzt zu 375768 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf., soll

am 29. August 1848, Vormittags 11 Uhr, an der Gerichtsstelle subhastirt werden. Taxe und Hy⸗ pothekenschein sind in der Registratur einzusehen.

Der Destillateur Christian Gottschalk, modo dessen Erben, werden hierdurch öffentlich vorgeladen.

6596 JJ

Der Handelsmann G. Michagelsen hierselbst hat mit der Anzeige seiner Insolvenz ein gerichtliches Arrange= ment seiner Debit-Verhältnisse beantragt. In Deferi⸗ rung dieses Antrages und zur Konstatirung der Passiv⸗ Masse werden alle diejenigen, welche an den Handels mann G. Michgelsen und dessen Vermögen, in sbecie an das dazu gehörige Haus c. p., Schuhagen Ni. 19 hierselbst, aus irgend einem Grunde Rechtens Ansprüche und Forderungen zu machen haben, hiermit geladen, solche in terminis

den 8Sten oder 22sten kft. Mts. oder den

7. März d. J., jedesmal Morgens 10 Uhr, vor dem Stadtgericht speziell und unter Ausführung der etwanigen Vorzugsrechte anzumelden und zu beglau⸗— bigen, bei Strafe der in termino den 21. März d. J., gleichfalls Morgens 10 Uhr, zu erkennenden Präklusion und Abweisung von der vorhandenen Masse. Auswärtige Kreditoren haben zugleich procuratores ad Acta zu bestellen, Zub praejudicio, sie sonst zu den

in dieser Debit-Angelegenheit vorkommenden Verhand- lungen nicht werden zugezogen, vielmehr an die ord— nungsmäßigen Beschlußnahmen der erschienenen oder gehörig vertretenen Kreditoren werden gebunden werden. In dem ersten Liquidations-Termine, den Sten k. M., haben Creditores zur Verhandlung wegen Bestellung eines Gemeinen-Anwaltes und zur Berathung sonstiger allgemeiner Angelegenheiten sich einzufinden, eo sub präcju dicio, daß den Beschlüssen der Mehrheit der Er= schienenen werde nachgegangen werden. Datum Greifswald, den 17. Januar 1848. Direktor und Assessores des Stadtgerichts. 3 Dr. Teßmann.

14861 Fg oirtan l! git att on.

Nachdem über das unzureichende Vermögen der hie sigen Handlung Carl Ohlenschläger (Rudolph Ohlen— schläger) durch Verfügung vom 15. Januar e. Konkurs eröffnet worden, werden sämmtliche Gläubiger desselben hierdurch zu dem auf

den 2. Juni e, Vormittags 10 Uhr,

an hiesiger Gerichtsstätte anberaumten Liquidations- Termin mit der Auflage vorgeladen, entweder persönlich oder durch gehörig Bevollmächtigte sich zu melden, ihre Forderungen und die Beweismittel darüber anzugeben und beizubringen und sich über die Klasse, auf welche sie für ihre Forderungen Anspruch machen, so wie über die Beibehaltung des zum Interims-Kurator ernannten Herrn Justiz⸗Kommissarius Rasch in Preuß. Ewlau, zu erklären.

Die sich nicht meldenden Gläubiger werden gleich

nach abgehaltenem Liquidations-Termin mit allen ihren Forderungen an die Masse präkludirt und ihnen des— halb gegen die übrigen Gläubiger ein ewiges Still— schweigen auferlegt werden.

Den auswärtigen Gläubigern werden die Herren Ju⸗ stiz Tommissarien Zaabel ünd Ottmann in Heilsberg und Torno in Bartenstein als Mandatarien in Vor— schlag gebracht.

Landsberg, den 12. Februar 1848.

Königl. Preuß. Stadtgericht.

149 Bekanntmachung.

dr.. Von dem unterzeichneten Ausschusse ist

der Herr Ober- Landesgerichts - Assessor RaTeischer für das Jahr 1848 zum Stellvertreter des Vorsitzenden im Di , . WMektorio gewählt worden, welches statut= 8 W gemäß hierdurch öffentlich bekannt gemacht wird. Magdeburg, den 7. Februar 1838.

Ausschuß der Magdeburg, Cöthen- Halle, Leipziger

Eisenbahn ⸗Gesellschaft. Nuland.

12521 Bekanntmachung.

Die an hiesigem Orte bisher betriebene, mit einem Mühlenwerke versehene Steingut-Fabrik des ver⸗ storbenen Herrn Eugenius Lephn soll an hiesiger

Stadtgericht stelle

den Achten März 1848, Vormittags 12 Uhr, der Erbtheilung halber freiwillig

an den Meistbietenden versteigert werden. Solches, und daß die nähere Beschreibung des Grundstücks, so wie die Zahlungs -Bedingungen, an hiesiger Gerichtsstelle einzusehen sind, wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht.

Pirna im Königreiche Sachsen, den 24. Dezbr. 1847.

Das Stadtgericht. G. A. Abendroth, Stadtger.-Ass. und stellv. Stdtr.

Post- Dampfschiffahrt lit vl . evww-LIork und Bremen.

Die amerikani⸗ schen Post Dampf⸗ schiffe „Washing⸗ . . Johnston, und „Hermann“, Capt. Crabtree, wer⸗ den für das Jahr 1848 eine regel⸗

ö mäßige monatliche Verbindung zwischen New-Nork und Bremen unterhal⸗ ten, und zwar so, daß ein Dampfschiff abgehen wird am 20sten eines jeden Monats von New-Nork nach Bremen, am 1ßten eines jeden Monats von Bremen und am 20sten von Southampton nach New-Nork.

Die nächsten Fahrten werden sein: der „Washington“ am 26. der „Hermann“ am 20. März Februar von New-Nork, am von NewYork, am 15. April 15. März von Bremen und von Bremen und am 29. am 20. März von Sou⸗ April von Southampton.

tthampton. a ssa ge Preis: von New⸗NAork nach Bremen 120 Dollars; von Bremen nach New-York 195 Thlr., L. d'or as Thlr.; von Bremen nach Southampton 30 Thlr., Ldior 5 Thlr. ; , Fracht und Passage beliebe man sich zu mel— en bei

wischen

8 ö

C. A. Heineken C Co. in Bremen. Jos. Roda Croskey in Southampton. Wm. Iselin in Havre.

Fernere Auskunft sind bereit zu ertheilen: Herren Kühn C Co. in Köln, C. Foy in Aachen, J. H. Albers in Barmen, G. H. Goundie in Basel, F. A. Sieland in Leipzig, Wilh. Löwen thal in Wien.

Die verschiedenen Administrationen übernehmen die Beförderung von Gütern und Besorgung der Assekuranz auf dieselben, so wie Nachnahme der Speesen.

rar! Dampfschiff⸗Verkauf.

Die St. Peters burg Lübecker Dampsfschifffahrt⸗Gesell⸗ et e T eines ihrer bekannten Dampsschiffe zu verlaufen.

Die näheren Bedingungen sind bei dem Comité in Lübeck zu erfahren. Lübeck, im Februar 1848.

* 0 ö ö. 2 LTiterarische Anzeigen. Bei C. W. Leske in Darmstadt ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben, vorräthig bei

8 28 * . E. . Mittler in Berlin (Stechbahn Nr. 3),

Posen und Bromberg:

lis! Titan und Eros. D hl n ng en von Adolf Dörr. 83. Eleg., geh. Preis 1 Thlr. Eleg. in Leinwand geb. 1 Thlr. 73 Sgr.

159

Das RGpertoire du théäatre srangais à Berlin enthilt die klassischen Tragödien von Ra- cine: Phe dre, An dromaque, Iphigènie, Esther, Britannicus, Athalie, Mithridate und die Gomédie: Les Plaideurs. Von Corneille: Les Horaces, Cinna, Cid, Rodogune, Polyeucte. Von Voltaine Mahomet, Zaire, Méerope. Von Moliene die Co- médies: Tartuffe, L'Avare, Malade imaginaire, Mi- santhrope, Bourgeois-gentilliomme, Dèépit amoureux, Femmes savantes, Mädecin malsré lui, Ecole des maris. Von Beaumarchais Gomèédies: Barhier de Scville, Mariage de Figaro, Mere coupable. gr. 8 br. à 5— 73 Sgr.

Lurch alle Buchhandlungen zu bezislien.

* * 34 Linden. Schlesinger sche Buch- u- Musi khandlunß.

150 b]

Mit hoher Genehmigung wird zum Besten eines zu begründenden Witiwen⸗-Pensions-Fonds Sonnabend den 4. März in den Sälen des Königl. Schauspielhauses 2 ö —ᷣ— 8 2 ein großes Karnaval-Ball⸗Fest

(bal masqué et par)

von Mitgliedern des König— lichen Corps de Ballet

veranstaͤltet werden.

Das Nähere wird durch diese Blätter bekannt ge⸗ macht werden. Das Ball⸗Comité.

Das Abonnement beträgt: 2 Athlr. für 1Rthlr.

8 Rthlr.

Allgemeine

Alle Post⸗Anstalten des . und Auslandes nehmen Bestellung auf dieses Blatt an, für Berlin die Erpedition der Allgem. Preuß.

Zeitung: ö

Behren⸗Straße Nr. 57. Insertiens-⸗Gebühr für den Raum einer Zeile des Allg. Anzeigers 2 Sgr.

519 55.

. .

Ständische Angelegenheiten. Zweiundzwanzigste Sit ung des Vereinigten ständischen Ausschusses am is. Februar. Fortsetzung der Verhandlungen über den Entwurf des Strafgesetzbuches. Tit. XII. Verbrechen wider das Leben und die Gesundheit. Die S8. 222 bis 226: Mord und Todtschlag, werden mit geringer Abänderung ange— nommen. Die §§. 227— 229: Durch Mißhandlung bewirkte Tödtung, werden angenommen. Desgleichen §. 230: Tödtung in einer Schlä— gerei; §. 231: Kindermord, mit einiger Modification in Betreff des Strafmaßes; S. 232: Fahrlässige Tödtung; S. 233: Thatbestand der Tödtung im Allgemeinen; die ss. 234 und 235: Abtreibung der Leibes— frucht; 8. 236: Aussetzung hülfloser Personen; und . 2587: Heimliche Beerdigung. Die S8. 2338 242: Schwere Körperverletzung, und die S8. 243 248: Leichte Körperverletzung und Mißhandlung, werden mit geringer Modification gleichfalls angenommen.

Beilagen.

Ständische Angelegenheiten.

3Zweiundzwanzigste des Vereinigten ständischen

(18. Februar.)

Sitzung Aus schusses.

Die Sitzu g beginnt nach , auf 12 Uhr unter Vorsitz des Marschalls Fürsten zu Solms mit Verlesung des über die gestrige Sitzung durch Secretair Abgeordn. Dittrich aufgenommenen Pro⸗ tokolls.

Als Secretaire fungiren die Abgeordneten Siegfried und Frei⸗

herr von Gudenau. . Narschall: Wenn keine Bemerkung gegen das eben verle⸗ sene Protokoll erfolgt, so ist es für genehmigt zu erklären, und wir kommen zur Berathung von 8.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

„8 mnßls ter nin n. Verbrechen wider das Leben oder die Gesundheit. Erster Abschnitt. Verbrechen wider das Leben.“

Das Gutachten der Abtheilung lautet:

„Der zwölfte Titel des Entwurfs zerfällt in zwei Abschnitte, von welchen der erste von dem Verbrechen wider das Leben, der . von Körperverletzungen und Verbrechen wider die Gesundheit Handelt.

Es ist bemerkt worden, daß für die Darstellung der ganzen Lehre es übersichtlicher scheine, mit der einfachsten Gestaltung der hier zur Sprache gebrachten Vergehen oder Verbrechen, nämlich mit der einfachen Körperverletzung, den Anfang zu machen und dann die schwereren Verletzungen in der Weise folgen zu lassen, wie die ein— zelnen Umstände, welche die schwerere Strafe rechtfertigen, an das zuerst bezeichnete Vergehen sich anschließen.

Die Abtheilung hat jedoch keine Veranlassung, bestimmte Anträge bezüglich dieser Ansicht zu stellen, und es wird ihre Berücksichtigung bei der Fassung der Schluß⸗-Redaction anheimgestellt.“

§. 222 lautet:

§ 2929

'

Wer vorsätzlich und mit Ueberlegung einen Menschen tödtet, begeht einen Mord und ist mit dem Tode zu bestrafen.

Auf geschärfte Todesstrafe ist zu erkennen, wenn der Mord an einem leiblichen Verwandten der aufsteigenden Linie oder au dem Ehegatten begangen wird.“

§. 223 lautet:

„S. 223.

Wer vorsätzlich, jedoch nicht mit Ueberlegung, einen Menschen tödtet, macht sich des Todtschlages schuldig und ist zu zehnjähriger bis lebenswieriger Strafarbeit oder Zuchthausstrafe zu verurtheilen.“

Das Gutachten der Abtheilung zu §s§. 222 und 223 lautet:

„Zu §5§. 222 und 223.

Diese Paragraphen geben die Begriffe von Mord und Todt— schlag. Gegen dieselben hat sich nichts zu erinnern und bei §. 222 nur zu bemerken gefunden, daß der Wegfall des zweiten Alinea des §. 222 davon abhängig sei, ob überhaupt und welche Schärfung bei Todesurtheilen noch beibehalten werden solle, in welcher Beziehung die zuletzt gefaßten Beschlüsse der Plenar-Versammlung maßgebend sein werden.“

Abgeordn. Graf von Kenard: Ich habe um das Wort gebeten, um im Allgemeinen gegen die Zweckmäßigkeit, gegen die Nothwen⸗ digkeit langer und harter Freiheitsstrafen zu sprechen. Bei alle den Abschnitten, Paragraphen und Titeln, welche wir bis jetzt berathen haben, welche, wenn auch nur entfernt, einen öffentlichen sogenannten politischen Charakter hatten, welche Rechtsverletzungen berührten, die den ganzen Staatsverband als solchen, somit jeden einzelnen Mitbür⸗ ger treffen, habe ich mich des Wortes, insofern Maß und Dauer der Strafe in Frage kam, enthalten; es lagen Nützlichkeitsrücksichten vor, die mich verstummen ließen. Ich habe geschwiegen bei dem Verbrechen über den Meineid, weil, insolange der Eid in unserer Rechtsorganisation eine leider, ich sage mit tiefster Ueberzeugung leider, so bedeutende Rolle spielt, er den Verbrechen erster Art sich anschließt, weil der Meineid selten zu beweisen, weil der Meineid ohne niedere Gesinnung, ohne Gottesiästerung undenkbar ist. Ich habe geschwiegen bei den Verbrechen gegen die Sittlichkeit, obwohl hier sehr hohe, zu hohe Strafen festgesetzt wurden, weil ich Mei— nungen und Ansichten nicht entgegentreten wollte, die ich anerkenne und ehre. Gegenwärtig ist jedoch die Berathung in ein Stadium ere el enn wo eine Serie von Verbrechen vorliegt, welche durchaus kenn politischen Charafter haben, welche nur Rechte Einzelner ver⸗ n , bei welchen die Anschauungsweise jedes Mitgliedes der 16 n eg annähernd dieselbe sein dürfte. Hier gebietet es Pflicht

ssen, dies Schweigen zu brechen, hier wird es dringende

: 5 in allen Theilen der Monarchie ohne Preis⸗Erhöhung. Bei einzelnen Nummern wird der Bogen mit 25 Sgr. berechnet. *

Berlin, Donnerstag den 24sen Februar

1848.

Pflicht, der Überzeugung, von welcher ich so innig durchdrungen bin, auch bei der Versammlung Geltung zu verschaffen. Die Todesstrafe ist nur in sehr wenigen Einzelfällen beibehalten worden; gegen die kör- perliche Jüchtigung hat sich eine große Majorität erklärt, Vermögens- Confiscafion darf nicht mehr stattsinden, von allen verschiedenen Straf⸗ arten haben wir alsp nur vier verschiedene Sorten von. Freiheit s⸗ strafen beibehalten. Wir sehen in dieser Maßregel eineg ungehenren Fortschritt, den Triumph der Humanität; ist dies 6 wirklich der Fall? Ueben wir Menschenliebe und Menschenpflicht, wenn wir doppelt strafen, Seele und Körper, wenn wir doppelt strafen den Schuldigen und seine Familie? Machen wir das Opfer, welches wir durch Auf⸗ gabe einzelner Strafarten der Civilisation gebracht zu haben glauben, nicht wieder null und nichtig durch das außerordentliche Maß der beibehaltenen Strafart? Gleichheit vor dem Gesetz ist das Leben des Rechts, also auch Gleichheit der Strafen; mir erscheint keine Strafe ungleichartiger, als die Freiheitsstrafe, sie trifft nur den, der der Freiheit sich bewußt geworden ist, der sie braucht und niltzt. Man kann hier einwenden, daß es der Gebildete ist, der der Frei⸗ heit sich bewußt geworden, und daß dieser auch härter bestraft werden müsse; dies trifft nur zu bei Verbrechen aus nie⸗ driger Gesinnung, aus Eigennutz, trifft nicht zu bei Verbrechen aus Leidenschaft, hier behauptet die Natur ihr Recht, hier ist Keiner strafbarer, als der Andere, nur das niedrigste Strafmaß ein gerech— tes. Auch wird die schreiendste Ungerechtigkeit, die aus den verschie⸗ denen Temperamenten hervorgeht, nirgends ausgeglichen; je unge⸗ rechter diese Strafart daher in Fällen kfrifft, desto vorsichtiger sollen wir sein, so streng zu richten. Was das geehrte Mitglied von Po- sen bei Gelegenheit der Debatte über die Zulässigkest der Todes⸗ strafe, über die Zurechnungsfähigkeit gesagt hat, nehme ich für alle Strafen in Anspruch. Ich gehe noch weiter; jeder Mensch ist das Ergebniß seiner psychischen und physischen Organisarion und seiner Erziehung im weitesten Sinne des Wortes, d. h. derjenigen Ein⸗ drücke, welche von frühester Kindheit an von außen auf ihn einge⸗ wirkt haben, auf seinen Verstand, sein Gemüth, seinen Körper. Diese Eindrücke waren von seinem Willen nicht abhängig, und es sieht schlimm mit unserem Strafrechte aus; welches Verdienst ist es? Ist es überhaupt ein Verdienst für den, der von wohlhabenden, gebilde⸗ ten Aeltern geboren, unter ihren Augen erwachsen, dessen Herz durch ihre Liebe weich, dessen Leidenschaften durch Sitte und Lehre gezü⸗ gelt, der nie Noth kannte, noch Sorge, noch den entwürdigenden Kampf, das Ringen um das Brod des täglichen Lebens, wenn der ein ehrlicher Mann wird? Wie Manchem unter uns mag es schwer geworden sein, aus beengten Verhältnissen sich emporzuschwingen zu der ehrenvollen Stufe, die wir gegenwärtig einnehmen. Wollen wir nicht milder richten den dem dies ermöglich ward, der, von unsitt⸗ lichen Aeltern in Armuth und Elend geboren, früh schon Zeuge, Ge⸗ nosse ihres Thuns, unbekannt mit milderem Beispiel, mit dem Vor⸗ recht des Besitzes, mit des Christenthums Lebensathem, mit der Sitte altem heiligen Gebrauche, an der Hand derer sich dem Verbrechen verband, welche die Einzigen waren, die er lieben konnte, die ihn lieb⸗ ten? Preußen hat in den letzten Decennien für die Volksbildung mehr gethan, als alle anderen Nachbarstaaten; der allgemeine Wohl- stand hat auf überraschende Weise zugenommen, wie die indireften Steuer- Listen dies unwiderleglich darthun; wir erfreuen uns eines 35jährigen Friedens, und trotz dieser so überaus günstigen Vorbedin⸗ gungen haben die Verbrechen, namentlich gegen das Eigenthum, auf überraschende Weise zugenommen. Nun wird wohl Niemand leug⸗ nen, daß das bisherige Strafgesetz, welches sogar die poena extra- ordinaria, dieses traurige Surrogat des Scharfsinnes, noch kennt, das Strafrecht zu mild , hat. Wäre die Strenge der Strafen das richtige Mittel, ein Volk zur Sittlichkeit zu führen, so müßte es Erfelg gehabt haben; richtig angewendet, muß jedes rich⸗ tige Prinzip zum Ziele führen. Aus dem Munde des geehrten Chefs der Justiz habe ich den Grundfatz aussprechen hören, daß nicht die Absicht, sondern der Erfolg der That das Strafmaß regeln müsse. Dieser Grundfatz ist von mehreren Mitgliedern anerkannt worden, allein auch auf eine so große Autorität hin will ich doch dem Grund⸗ satze nicht unbedingt beistimmen; wir strafen jedenfalls das Unglück, den Zufall auch, und nicht allein die Schuld. Verwandt mit die⸗ sem Grundsatze ist die Behauptung, daß die äußere Erscheinung der Rechts⸗Verletzung und nicht die innere Nichtswürdigkeit als Strafobjelt dastehen müsse. Beide Behauptungen beweisen nur daß mangelnder Scharfsinn, mangelndes Erkenntniß Vermögen, die Unzulänglichkeit der Wissenschaft durch Ungerechtigkeit ersetzt werden müsse. Das geehrte Mitglied der preußischen Rifterschaft sagt, wir können nicht Herzen und Nieren prüfen; so lange wir aber das nicht können, können wir auch nicht die Verbrecher, sondern blos die Ver= brechen klassifiziren. Deshalb brauchen wir einen großen Spielraum für den Richter, deshalb liegt uns die heilige Pflicht ob, nicht um ein Haar härter zu strafen, als absolut nothwendig ist. Es ist noch ein praktisches Moment, welches entschieden gegen folches strenges Strafmaß spricht. Wir Alle sehen und haben es schmerzlich bedauert, daß unsere Richter die Richtung nicht einhalten, die sie, meiner Meinung nach, einhalten sollten, wir sehen, daß sie den Staatsbürger nicht gegen den Verbrecher, sondern den Verbrecher gegen das Gesetz vertheidigen; wollen wir sie deshalb tadeln, daß sie noch menschlich handeln, menschlich fühlen, ungeachtet der langen strengen Gewohn⸗ heit ihres Amtes? Jede Hand muß zittern, wenn sie ein Straf⸗ urtheil nach diesen harten Gesetzen unterschreibt, jedes Herz muß be⸗ ben in dem dunklen Gefühl der Sünde, welche wir begehen. Hätten wir vollkommenes Recht, so könnte dies kein Schmer 6, es könnte kein Zagen und Zittern eintreten. Nicht dadurch, 6 ein Verbrechen übermäßig hart bestraft wird, wird der Zweck erreicht, schreckt man von Verbrechen ab und mindert diese, sondern dadurch, daß sedem Verbrechen unnachsichtlich und sicher die Strafe folgt. Wenn unsere neuere Gesetzgebung in Beziehung auf die Beweistheorie einen Rie⸗ senschritt gemacht hat, so fordert ein Schritt einen zweiten, damit das Gauze konform, ein Ganzes wird. Sind wir durch die neuere Beweistheorie in die Lage gesetzt, daß jedem Verbrechen die Strafe nun weit sicherer folgt, so können wir in demselben Verhältnisse das Strafmaß milder bestimmen, ohne der Achtung vor dem Gesetze etwas zu vergeben. Was wollen wir bezwecken mit so langen Strafen von 10, 20 Jahren und lebenslang? Soll der Verbrecher die in den

des Affekts

ersten 3 Jahren begonnene Besserung in den nächsten 17 Jahren vollenden? Besserung durch Strafen erzielen wollen, ist ein Irrthum, der Schmerz, sei er psychisch, sei er physisch, kann nicht bessern. Die älteste Ge⸗ schichte zeigt uns ein großartiges Beispiel einer langen Strafdauer; es ist die 40jährige Wanderung durch die Wüste, allein dieses war keine Strafe in heutiger Bedeutung, es war eine theokratische Erzie⸗ hungsmaßregel, dem Volke selbst die unter ägyptischem Drucke ver⸗ loren gegangene moralische Freiheit wieder zu gewinnen; dieselbe Freiheit, welche wir dem Verbrecher entziehen; die lange Strafdauer hatte einen bestimmten, erreichbaren Zweck. Die alte Generation sollte untergehen, die neue sollte gekräftigt dastehen. Im Gegensaß zu dieser Ansicht, wollen wir den Verbrecher lehren, seinen freien Willen nicht ferner zu mißbrauchen; er verlernt aber mit dem Mißbrauch auch den Gebrauch, und wir sehen nach 5 Jahren den Verbrecher aus den Strafanstalten hervorgehen, unfähig, auf eigenen Füßen zu stehen, unfähig, seinen freien Willen zu brauchen, unfähig, sich zu ernähren,

und eben deshalb unfähig, sich zu bessern; daher die vielen Rückfälle.

Wenn für manche Verbrecher die letzten Jahre der Strafdauer keine Strafe mehr sind, weil der Mensch sich an Alles, an das Härteste gewöhnt, so geschieht ein doppelt Wehe den edleren, den kräftigeren ., die sich an solch' Verhältniß nie und nimmermehr gewöhnen önnen.

Wenn wir alles dieses ins Auge fassen, so bleibt kein anderes Ergebniß der langen Strafdauer, als die Unschädlichmachung des Verbrechers. Dieser Zweck läßt sich nicht rechtfertigen. Er ist bluts—⸗ verwandt mit dem Handabhauen, mit dem Zungenausreißen, mit dem Blenden, mit all' den Maßregeln einer barbarischen Zeit, die auch nur den Zweck hatten, den Verbrecher zu verhindern, ähnliche Verbrechen wieder zu begehen. Den Zweck, den Verbrecher unschädlich zu ma⸗ cheu, können wir aber erreichen, wenn wir, gleichwie im Militairstande, eine zweite Bürgerklasse errichten. Wenn wir dem aus dem Gefäng⸗ nisse entlassenen Verbrecher einen bestimmten Aufenthalt anweisen, wenn wir ihn Gelegenheit verschaffen, sein Brod zu verdienen, wenn wir ihn an dem Srte seines Aufenthaits mit den strengsten polizei= lichen und Präventiv- Maßregeln umgeben, so erreichen wir diesen Zweck menschlicher und wohlfeiler zugleich, als durch die Paläste des Isolirens, des Schweigens, der Willenlosigkeit. Es erscheint als eine althergebrachte, tadelnswerthe Gewohnheit, so strenge Strafen aus⸗ zusprechen, als ein altes Vorurtheil, vor dem wir uns huldigend nei⸗ gen, weil es früher so war, weil es anderwärts E ist, weil das rö⸗ mische Recht und die Carolina grausam waren. Wir dünken uns die berechtigten Erben so trauriger Privilegien. Ich kenne alle die schö⸗ nen Redensarten Achtung vor dem Gesetze Genugthuung vor dem Gesetze Sicherung der loyalen Bürger Größe der Rechts- verletzung Ernst der Pflichten, die uns obliegen. Ich sage sie mir selbst vor; wenn ich aber scharf in mein Juneres greife, so kom⸗= men sie mir vor, wie die gleißende Sprache des Egoismus, mit wel- cher ich mein Gewissen übertäuben will. Wenn es mir nicht gelun- gen sein sollte, in der Versammlung die lleberzeugung hervor ebracht zu haben, daß wir dieses Strafmaßes nicht bedürfen, so * der Verstand der Souverainetät des Herzens fügen, ich appellire an dieses. Haben wir es überdacht, wie lang eine einzige Nacht voll Schmerz ist, wie lang ein Jahr, wie lang ein Jahrzehent, wie lang ein ganzes Leben voll Schmerz, und es ist schwer, sich zu vergegen= wärtigen, wie lang 20 Jahre währen. Haben wir es aber in jedem einzelnen Falle uns vergegenwärtigt, so werden wir mild richten un⸗ sere unglücklichen Brüder. Ueber der Eingangsthür der Bleikam⸗ mern von Venedig stand geschrieben: Lasciaie ogni speranzeaa Wenn wir so fortfahren, wie wir begonnen, so kann man uns mit Recht den Vorwurf machen, wir sollten dies Motto über unser Strafgesetzbuch schreiben. In den alten Domen, in den alten Klöstern sehen wir die Zeugen ihrer Zeit. Es sind dies Zeugen christlicher Liebe, religiösen Sinnes, christlicher Barmherzigkeit. Auch in unserer Zeit wachsen Paläste aus der Erde und strecken ihre run⸗— den und eckigen Thürme wie Riesenarme zum Himmel empor, um Zeugniß zu geben von unserer Zeit, von unserer Civilisation, von unserer Menschenliebe; aber es sind Zwingburgen, und wenn längst eine andere Zeit, ein milderer Sinn gekommen ist, werden sie noch stehen, aber sie werden gegen uns zeugen. Ich stelle den kurzen Antrag: Keine Freiheitsstrase über 19 Jahre! Und wenn es mir nicht gelingen sollte, die Majorität für diesen Antrag zu erlan⸗ gen, wenn es inir nur gelingt, die Leiden eines meiner unglücklichen Brüder um ein einziges Jahr zu kürzen, so will ich die Stunde seg⸗ nen, in der ich mich erhoben.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Es ist schwer, sich über die Rede des geehrten Antragstellers im Allgemeinen zu äußern und zu erklären, inwiefern der vorliegende Entwurf härter sei, als das be⸗ stehende Recht, und inwiefern immer eine angemessene Strafe ge⸗ troffen sei; es wird dies der Erwägung bei den einzelnen Verbrechen unterliegen. Indessen giebt es eine Seite, von der aus man die Fragen, zu welchen die Rede des geehrten Abgeordneten Anlaß giebt, im Allgemeinen auffassen kann, nämlich die Theilung der Verbrechen nach dem Motive und dem inneren Grunde der That. Von diesem Standpunkte aus zerfallen die Verbrechen in zwei Hauptfategorieen, die eine Kategorie bilden diejenigen, welche mehr in der Aufwallung begangen werden, die andere Kategorie aber diejenigen Verbrechen, welche in Eigennutz, Gewinnsucht oder anderen schlechten Leidenschaften ihten Ursprung finden. Habe ich den geehrten Redner richtig verstanden, so geht seine Ansicht hauptsächlich dahin, daß man die erste Kategorie, nämlich die Verbrechen, welche in der augen⸗ blicklichen Aufwallung des Affekte begangen werden, nicht so hart be⸗ strafen möge, wie es ihm scheint, daß dies im Entwurf geschehen sei. Indesfen ist die so eben aufgestellte Unterscheidung bei Abfassung des Intwurfs vorzugsweise maßgebend gewesen im Gegensatz zu der be- stehenden Gesetzgebung, wo gerade das umgekehrte Prinzip vorherr= schend war. Die Verbrechen gegen das Vermögen, die Verbrechen aus Eigennutz und Gewinnsucht waren dort milder behandelt worden, als es geschehen sollte; umgekehrt war die andere Kategorie mit här= teren Strafen bedroht, als es zulässig erscheint. Darin liegt der hauptsächliche Unterschied zwischen der bestehenden Geseßgebung und dem Entwurf, daß er diese unverkennbare innere Verschiedenheit der Verbrechen mehr zur Geltung gebracht hat. Beim Diebstahle, Be⸗= truge und ähnlichen Verbrechen sind die Strafen härter bemessen, als

ge sich