1848 / 55 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

mittel, Kleidungestücke ꝛc., das Begraben der Leichen und ihre ord⸗ nungemaßige Einsenkung in hinlänglich tiefe Gräber, so wie die Des- infection derjenigen Häuser 2c. überwachen, deren Bewohner aus- estorben oder wieder genesen sind. Ein Militair⸗Kommissarius ist in der Person des Rittmeisters von Boddien, zweiten Ulanen⸗Regi⸗ ments zu Pleß, ernannt, um alle bezüglichen Anordnungen, in Vereinbarung und nach den Anträgen des Civil⸗ Kommissarius des Königl. Ober⸗Präsidiums, Justiz⸗Raths von Götz zu Pleß, so⸗ fort zu treffen. Außerdem sind von den Truppentheilen des sechsten Armee ⸗Corps bereits neun größtentheils Mediko-Chirur⸗ gen mit neun Chirurgen Gehülfen und den erforderlichen Medika— menten 3c. ausgerüstet, zur Unterstützung der Kreis-Physici in jene Kreise abgesendet, eine weitere Aushülfe nach dem Bedarf ist aber zugesichert. Aus den Beständen des 6. Armee⸗Corps sind eben da⸗ hin 1800 wellene Decken, 60) Strohsäcke, eben so viele Kopfpolster und Handtücher bereits abgesendet und noch 606 Decken ꝛc, vorrä— thig. Ven dem Königl. Kriegs Ministerium sind außerdem 1255 Stück Decken in Liegnitz und Z889 Decken aus den Beständen des Garde⸗Corps zur Disposition gestellt. Die Ueberweisung von 20900 Paar neuen Schuhen liegt im Antrage vor. Für die Ausrüstung von Lazarethen sind die erforderlichen Gegenstände, Instrumente 0, aus den Beständen der Lazarethe des diesseitigen Armee-Corps gleich⸗ falls zur Dis position gestellt, und so darf angenommen werden, daß, wenn die freiwilligen Gaben reichlich fortfließen, nachdem umfangreich von Seiten des Staates für die Herbeischaffung von Lebensmltteln gesorgt ist, mit Erfolg der Noth und der weiteren Verbreitung der Krankheit ein Ziel gesetzt werden wird.

Aus Ratibor vom 20. Februar schreibt man der Oder⸗ Zeitung: „Der hiesige Kaplan Hauschke, welcher nach Wien ge— reist war, um einigen dort wohnenden großen schlesischen Grundbe— sitzern, dem Erzherzoge Maximilian von Este, der Landgräfin von Fürstenberg und dem Baron von Rothschild, von unserer Noth Kunde zu bringen und ihren Wohlthätigkeitssinn in Anspruch zu nehmen, ist gestern zurückgekehrt, nachdem er sich seiner Aufträge auf das er— folgreichste entledigt hat. Der Erzherzog hat 1000 Fl. C. M. die Landgräfin 500), der Baron Rothschild 1000 Rthlr. und eine bedeu⸗ tende Quantität Mehl den Nothleidenden übermacht. Es hat sich hier ein Comité zur Abhülfe der Noth und zur Unterstützung der Kranken gebildet, an dessen Spitze der Fürst Lichnowsky steht. Die Thätigkeit dieses Comité's ist den Nothleidenden des hiesigen Kreises gewidmet. Das erste Augenmerk ist auf die Waisenkinder gerichtet worden. Behufs ihrer Unterbringung wird das hiesige Schießhaus gegen ein bestimmtes Pachtquantum an die Kämmerei für 150 Wai— senmädchen eingerichtet. Für die älternlosen Knaben aber wird in Syrin ein Institut für 25 derselben gegründet, in Plania bei Rati— bor für 70, und in Krzizanowitz für 50, an welchem letzteren Orte, dem Sitze des Fürsten Lichnowsky, Se. Durchlaucht das zur Heizung nöthige Holz gewährt.“ . ö ͤ

Deutsche Gundesstaaten.

Königreich Bayern. (A. Z.) Die neuesten Verfügungen des Königlichen Ministeriums des Innern für Kirchen? und Schul⸗ angelegenheiten in Betreff der Censur der auswärtigen Zeitungen und periodischer Schriften politischen Inhalts erweitern den Kreis derjenigen Zeitungen und Schriften, welche von nun an der Censur nicht mehr unterworfen sind, beträchtlich, so daß in der Folge und bis auf Weiteres von den Zeitungen, welche in englischer Sprache erschei— nen, nur eine, von jenen in en r Sprache sieben und von den deutschen Zeitungen 16 der Censur unterstellt bleiben.

In München starb am 18. Februar Abends nach viermonat— lichem Lungenleiden der Professor Zuccarini in einem Alter von 50 Jahren.

Königreich Württemberg. (Schwäb. Merk.) Es ist am 19. Februar eine Königliche Verordnung erschlenen, welche die Verordnung vom 22. Oktober 1816, wodurch ein Ausgangs-Zoll auf Getraide, Hülsenfrüchte, Mais, Mühlen -Fabrikate und Brod ge— legt wurde, außer Wirksamkeit setzt.

Großherzogthum Baden. (Bad. Bl.) In der Sitzung der zweiten Kammer am 16. Februar richtete der Abgeordnete Bren tand an die Regierungsbank folgende Frage: Wie er aus öffentlichen Blättern ersehe, hielten sich einige aus der Schweiz vertriebene Je— suiten in Freiburg im Breisgau auf, hätten dort gottesdienstliche Verrichtungen vorgenommen ünd sogar in dem Orte Bittenweiler nahe bei Freiburg Gebäulichkeiten und Liegenschaften angekauft. Er frage den Präsidenten des Ministeriums des Innern, was ihm hier— von bekannt sei. Letzterer antwortete: Als ihm solche Gerüchte zu⸗ gekommen, habe er sich ofsiziell über deren Wahrheit oder Unwahr— heit erkundigt und nunmehr in Erfahrung gebracht, daß zwei Je— suiten aus der Schweiz auf ihrer Durchreise durch Freiburg sich dort ganz kurze Zeit aufgehalten und, wie jeder Geistlicher, ihre Messe gelesen hätten, das man ihnen nicht wohl, und zwar am wenigsten von der Seite wehren könne, welche stets von Freiheit spreche. Der angebliche Ankauf derselben in Bittenweiler aber sei ein Märchen. Er habe übrigens eine allgemeine Anordnung an die Aemter erlassen, wonach, alle Flüchtlinge aus der Schweiz, ohne Ausnahme, über ihre persönlichen Verhältnisse, über ihre Unterhaltsmittel und ilber die zu leistenden Garantieen vernommen, und solche je nach Gestalt der Sache entweder zurück- oder ausgewiesen, oder wegen Erlangung einer Aufenthaltserlaubniß Berichte erstattet werden sollen. Die Re⸗ gierung werde keinen Unterschied machen und jeden Fremden aus⸗ weisen, der gegen die Staatsordnung verstoße und Proselyten mache sei er ein Jesuit aus Frankreich oder aus der Schweiz oder aber ein Deutschkatholik. Der Abgeordnete Brentano beruhigte sich mit dieser Erklärung und hoffte, daß dadurch auch Viele im Volke von ihren Befürchtungen enttäuscht würden.

n,, . Sachsen⸗Meiningen. (Nordd. 3tg.) Aus zuverlässiger Quelle vernimmt man, daß der Herzog dem Pr⸗ sidenten des Ober⸗Landesgerichts in Hildburghausen, Geh. Rath von Fischern, Auftrag zum Eutwurfe eines auf Mündlichkest und Oeffent⸗ lichkeit gebauten Kriminal⸗Prozeß⸗Gesetzes ertheilt haben.

Oesterreichische Monarchie

Mailand, 14. Febr. (A. 3.7. Ueber den Mordanfall, welcher auf den Sberlieutenant Grafen Thun des hier liegenden In— fanterie⸗Regiments „Kaiser Ferdinand“ in der Nacht vom 12. auf den 13. d. M. gemacht wurde, erfährt man folgende Details. Dieser Offizier verließ eben den Wohnpalast des Grafen Ficgquelmont und war etwa 60 Schritte gegangen, als ihm vier mit dicken Stöcken rf gen Personen den Weg vertraten und Hiebe gegen dessen Beine führten, wahrscheinlich in der Absicht, 9 vorerst zu Boden zu bringen. Der Graf sprang zurück und zog seinen Säbel; in demselben Augenblick erhielt er einen Schlag mit dem bleiernen Stocknopfe über der rechten und einen über der linken Schläfe. Nur der Tschako verhinderte die volle Wirkung, welche unmittelbare Betäubung zur Folge gehabt hätte. Er hieb auf die Angreifer tüch⸗ r ein und rief nach der Wache, welche im Hofe des Fiequelmont— schen Palastes steht. Wäre von dorther nicht fogleich eine Patrouille

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herbeigesprungen, so wäre er sicher nicht mit dem Leben davonge⸗ kommen, trotzdem, daß er den Einen auf dem Kopfe, den Anderen an der Brust, den Dritten an der Hand verwundete, denn schon unterla⸗ gen seine Kräfte den Dolchstichen und Stochieben der Mörder, so daß er zu Boden sank. Beim Herannahen der Patrouille ergriffen drei die Flucht, den vierten erfaßte der Graf bei den Haaren und hielt ihn so lange fest, bis er ihn der Patrouille übergeben konnte. Derselbe ist ein mailänder Nobile, Namens Borgazzi, welcher jetzt vorgiebt, er sei unschuldig und zufällig während des Anfalls vor⸗ übergegangen. Aus weiteren Untersuchungen ergab sich, daß dieser Verhaftete vorher in Gesellschaft von drei Anderen in dem nahen Kaffeehause gewesen und daselbst eine gute Quantität Liqueurs zu sich genommen habe. Auf dem Angriffsplatze hatte man zwei Stöcke, einen Hut und ein Schnupftuch gefunden. Vielleicht wird man auch den anderen Thätern auf die Spur kommen. Die Wunden des Grafen Thun sind nicht gefährlich.

Hermannstadt, 24. Jan. (D. A. 3.) Zu den wichtig—⸗ sten Ereignissen, welche sich in unserer Mitte vorbereiten, gehört un— streitig die auf Anfang Februar angesetzte Zusammenberufung sächsi⸗ scher Abgeordneten, um neben den laufenden auch die Geschäfte zu erledigen, deren Ausführung eine freudigere Gestaltung der inneren sächsischen Verhältnisse hervorrufen soll. Besonders gespannt ist man auf die Deutung der zwei wichtigsten Landtagsbeschlüsse; des Sprach— und des Rekrutirungs-Gesetzes, welche beide zu einer Lebensfrage für das Deutschthum zu werden drohen. Durch den allerhöchsten Orts bestätigten Sprach-Artikel ist die ungarische Sprache zur Geschäfts⸗, das will sagen Landessprache, erhoben worden, unbeschadet, wie er— läutert wird, der in den sächsischen Gauen bei inneren Angelegenhei⸗ ten üblichen deutschen Sprache. Die Fassung des Gesetzes hatte auf dem Landtage selbst die Billigung der sächsischen Landtags⸗ Mitglieder erfahren, indem sie den Vortheil, fortan mit dem Gubernium Dentsch, statt wie bisher Lateinisch, zu kor— respondiren, hervorhoben. Der Union nach müßten indessen so⸗ wohl Ungarn als Deutsche bei einer Sprach-Ordnung gleich berech— tigt, das Gubernium den ungarischen Landestheilen als eine unga— rische, den Deutschen als eine deutsche Central Behörde erscheinen; statt dessen schickt nun die allgemeine Ober-Behörde den deutschen Unter⸗Behörden die Dekrete, Steuer-Tabellen, kurz jede Mittheilung, nicht mehr Deutsch oder Lateinisch, sondern Ungarisch zu, wodurch dem langsamen Einschleichen des Ungarthums Thor und Thür geöff— net ist. Als die Regierung den Sprach-Artikel genehmigt zurücksen— dete, war sie in keiner Weise gemeint, dem Deutschthume wehe zu thun, und so ist es nur die Schüchternheit der Deutschen, welche, die Gleichberechtigung nicht beanspruchend, das Deutschthum um einen Schutz ärmer, um eine Lücke für den feindlichen Angriff reicher machten. Solche Ansicht beginnt im Sachsenland immer mehr Geltung zu ge— winnen; das Bittere derselben kann nur durch die Hoffnung gemil— dert werden, daß mit der wachsenden Gefahr ein um so engeres Band alle deutschen Söhne zum gemeinsamen Widerstande vereinigen werde. Viel Gerede macht auch das oben erwähnte Rekrutirungs— Gesetz. Sowohl der Adel als die Geistlichkeit, so wie der Beamten— stand, sind von dem Militairdienste befreit, weiter alle ausgezeichne—

ten höheren Lehranstalten und jeder Einwohner, dessen Mittel einen Ersatzmann zu stellen erlauben. Die auf achtjährige Dienstzeit be⸗ rechnete Aushebung findet nicht nach der Einwohnerzahl, sondern nach den Steuersätzen statt, wodurch die reichen sächsischen Ortschaf⸗ ten hauptsächlich belastet werden. Dazu kommt, daß Vagabunden ohne Verloosung eingerollt werden, das sächsische Bürgerthum aber nicht gleich dem Adel zigeunerisches und wallachisches Gesindel stellen kann. Seit dem Jahre 1832, wo die letzte Aushebung stattfand, sind die drei inländischen Regimenter bis auf ein Bataillon geschmol— zen; das neue Gesetz hat jedenfalls das Gute, auf eine weit mildere . als in dem früheren Verfahren lag, diesem Uebelstande abzu— helfen.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 17. Februar. Se. Majestät der Kaiser hatte zur Salbung Ihrer Hoheit der Prinzessin Alexandra von Sachsen-Altenburg den 17. Februar und zur Verlobung Sr. Kaiserl. Hoheit des Großfürsten Konstantin mit der in den Glauben der russischen Kirche aufgenommenen Fürstin den 18. Februar bestimmt. Beide feierliche Handlungen finden demnach heute und morgen im Winterpalast nach dem veröffentlichten Programm statt.

Als Zeichen besonderen Wohlwollens hat Se. Maj. der Kaiser dem Präsidenten der österreichischen Hof⸗Finanz⸗Kammer, Baron von Kübeck, die diamantenen Insignien des St. Alexander-Newski-Ordens und dem Kurfürstl. hessischen General⸗Major von Amelunxen den St. Stanislaus-Orden erster Klasse verliehen.

n 6.

Paris, 19. Febr. Die Deputirten-Kammer hat gestern den ganzen Gesetz⸗ Entwurf über den Rechnungs- Abschluß für 1845 mit 230 gegen 3 Stimmen angenommen.

Das Gesetz, welches die Pairs⸗Kammer jetzt schon mehrere Siz— zungen beschäftigt, hat zum Zweck, zu verhüten, daß bei der Arbeit der Kinder in den Fabriken nicht Geist und Körper derselben unter— gehen. Nach den bestehenden Bestimmungen dürfen Kinder unter 8 Jahren gar nicht in Fabriken arbeiten, von 8— 12 Jahren höch— stens 8, von 12 —16 Jahren höchstens 12 Stunden täglich, und kein Kind unter 12 Jahren wird zugelassen, wenn es nicht eine Beschei— nigung beibringt, daß es eine Schule besucht. Diese Bestimmungen sind indeß nur für eine Reihe namentlich aufgeführter Industrie⸗ Zweige gültig. Das gegenwärtig vorliegende Gesetz nun modifizirt die frühere Gesetzgebung in zwei wesentlichen Punkten: einmal sollen seine Vorschriften für alle Fabriken ohne. Ausnahme Geltung haben, dann aber sollen Kinder unter 109 Jahren gar nicht mehr zur Fabrikarbeit zugelassen werden, dagegen Kinder von 10—16 Jahren ohne 6e el ed bis zu 17 Stunden täg⸗ lich arbeiten dürfen. Die erste Aenderung ist von der Kom— mission der Kammer wieder in der Art modifizirt, daß sie die Fabriken ausgenommen wissen will, welche weniger als 10 Arbeiter beschäftigen: die Kammer hat indeß diesen Punkt im Sinne der Re— gierung entschieden. Mehr Aussicht hat die Kommission mit ihren Einwürfen gegen den zweiten Theil jener Modificationen; sie schlägt nämlich vor, die Kinder unter 10 Jahren von der Fabrikarbeit nicht auszuschließen, dagegen, nach dem Vorgange Englands, dieselben sich in solcher Weise ablösen zu lassen, daß 3 Kinder, die jedes 8 Stun⸗ den, mit 2 Erwachsenen, die jeder 1 Stunden arbeiten, zusammen thätig sind. Ueber diese Frage schwankt die Entscheidung noch. Außerdem aber hat die Kommissson noch zwei Anträge von eingrei— fender Bedeutung formirt: der erste geht darauf hinaus, eine wirk—= same und wirkliche Aufsicht einzuführen, welche in den Fabriken die Beobachtung dieser gesetzlichen Vorschriften überwacht; der zweite will die Frauen, welche dort arbeiten, mit den Kindern von 12 16 Jahren gleichgestellt wissen. Gestern nahm die Kammer auch die Bestimmung an, welche die für zwölf⸗ bis sechzehnjahrige Kinder festgestellten Arbeitsgränzen auch für die in den Fabriken beschäftig⸗ ten ö. anordnet. Ein Amendement des Herrn Girard, welches zu Gunsten gewisser Etablissements eine Ausnahme von dieser Regel

vorschlug, wurde verworfen. Eine ziemlich lange Diakussisn entspann ich über Artikel 3, welcher der Regierung die Pflicht auferlegen sollte, die Vorschriften über den Elementar und Religions Unterricht innerhalb des ersten Jahres nach Publication dieses 6 bekannt zu machen. Es handelte sich indeß nur darum, ob die Frist eines Jahres zur Er⸗ füllung dieser Aufgabe hinreiche. Das Resultat war die Annahme eines Amendements, welches diese Frist auf zwei Jahre ausdehnt. Wichtiger war die Debatte, welche einen von der Kommission in den Gesetzentwurf eingeschalteten Artikel betraf, wonach an drei Werktagen jeber Wocht die Dauer der Arbeit für junge Leute auf 11 Stunden beschränkt werden soll, um die gestrichenen Arbeitsstunden mit für den Elementar? Unterricht zu benutzen. Man stritt nun darüber, wie die zu streichen— den Arbeitsstunden auf die einzelnen Werktage vertheilt werden soll— ten, um dem Junteresse der Industrie und des Unterrichts zu genügen. Es wurden dafür verschiedene Pläne von dem Berichterstatter der Kommission, Charles Dupin, von Herrn d'Argout, vom Handels“ Minister und von den Herren Lemercier und Cousin vorgeschlagen, und die Kammer verwies zuletzt die Sache zu nochmaliger Prüfung an die Kommission zurück. 4

Der Kommissar der Regierung hat in der Deputirten-Kammer sehr detaillirte Erklärungen über den Stand der Armirung der pari— ser Festungswerke gemacht. In den beiden Jahren 1846 und 1847 sind hiernach 1195 Kanonen, ungefähr zwei Frittheile des Gesammt— Bedürfnisses, fertig geworden. Diese Kanonen sind allerdings nicht, wie das Gesetz es verfügt, in Bourges, weil man dort noch kein Lokal hat beschaffen können, aber sie sind auch nicht in Paris, wie man vielfach geargwöhnt, sondern die eisernen befinden sich in Tou— louse, Douai, Straßburg und den anderen Gießereien, die metallenen in den Arsenalen der Marine, welche dieselben liefert. Dagegen sind die Laffetten und Munitionsvorräthe, wie das Gesetz es ausdrücklich anordnet, in Paris. Von den 2761 erforderlichen Laffetten sind 1421 fertig und 535 bestellt; von 114 Pulverkarren 72 in Arbeit. Von 1,054,200 Kugeln sind 557,149 fertig und 280,000 bestellt; von 2 Millionen Kilogramme Pulver sind öh, 0090 Kilogramme fertig und

liegen in den Pulverthürmen der Forts, und 150,009) Kilogramme sind bestellt. Was endlich Vincennes betrifft, so gehört der Platz zwar nicht zu den Festungswerken von Paris, man hat aber jeden⸗— falls seine Armirung sehr übertrieben. Von 320 dort besindlichen Kanonen stammen 77 noch aus dem Jahre 1814, wo sie von den Küsten zur Vertheidigung der Hauptstadt herbeigeführt wurden, und sind gegenwärtig dienstuntauglich, 17 gehören der Natienalgarde von Paris, und der Rest besteht aus Feld- und Belagerungageschütz, zum Gebrauch der Artillerie⸗Schule von Vincennes, so wie der Schulen von Bourges und Rennes.

Als Bedingungen, welche Graf Mols gestellt hätte, wenn er die Bildung eines neuen Ministeriums übernehmen solle, die aber ver worfen worden seien, bezeichnet man: 1) Auflösung der Kammern, 2) Veröffentlichung eines Programmes, durch welches sich das neue Kabinet verbindlich machen würde, den Kammern Gesetz-Entwürfe für Wahlreform und für parlamentarische Reform vorzulegen, und endlich 3) Ausschließung sämmtlicher Mitglieder des gegenwärtigen Kabinets von der neuen Verwaltung.

Gestern versammelte sich der Minister-Rath; man glaubt, daß es sich um die mit Hinsicht auf das Bankett zu treffenden Maß— regeln gehandelt habe. ö

Heute bringt der Constitutionnel wiederum folgende An zeige in Bezug auf das zu haltende Bankett: „Die mit der An— ordnung des Banketts des zwölften Bezirks beauftragte General⸗ Kommission hat entschieden, daß diese Manifestation unwiderruflich am nächsten Dienstag, den 22. Februar, Mittags stattfinden soll. Der Versammlungsort wird später angegeben werden. In Betracht der Ausdehnung, welche die Theilnahme von Pairs, von Opposi— tions-Deputirten und von allen anderen Bezirken der Stadt Paris und ihrer Bannmeile dieser Manifestation sichert, findet die Kommis— sion für das Reform-Bankett des zwölften Bezirks sich genöthigt, die Herren Unterzeichner zu benachrichtigen, daß die bis jetzt ausge gebenen Karten wieder kassirt worden sind. Die Unterzeichner haben sich also bei den Commissairen, die ihnen diese Karten ausgestellt, zu melden, um sie gegen neue Billets umzutauschen. Der Vice Präst⸗ dent: Gobert. Der Secretair: Bocquet.“

Als gestern in den Tuilerieen die Wache aufzog, soll die Fte Legion der National-Garde, als sie vor dem Stabe defilirte, wie die Gazette de France berichtet, den Ruf: „Es lebe die Re⸗— form!“ haben vernehmen lassen.

Vom General-⸗Major Carbonnel ist dem National neuerdings folgendes von gestern datirte Schreiben zugegangen:

„Mein Herr! Sie haben vorausgesetzt, daß die in der 19ten Legion den bestehenden Präcedenzien gemäß vorbereiteten Dienstzettel in Folge von Weisungen des Generalstabs angefertigt worden seien. Ich versichere da— gegen, daß den Chefs der Legionen kein solcher Befehl zugegangen ist. Der Oberst der 10ten wurde nur vorläufig benachrichtigt, daß, im Fall von Un— ruhen, der erste ihm zugehende Befehl dahin lauten würde, mit der größt— möglichen Eil ein reservirtes Piquet von 100 Nationalgardisten nach dem Hauptort des Bezirks zu senden; und die Gerechtigkeit ließ es ihm als bil lig erscheinen, diesen Dienst auf alle Compagnieen der 109ten Legion treffen zu lassen. Sollte diese Bewaffnung eintreten, so wünden die beorderten Nationalgarden sich gewiß sehr dadurch überrascht finden, vom National als „abhängige Männer“ und als „zum Gehorsam gezwungen“ klassifizirt zu werden. Eine solche Auswahl würde in der That die Institution der Nationalgarde arg verfälschen und weder von dem Ober-Besehlshaber noch von seinem Stabs⸗-Chef zugelassen werden. Genehmigen Sie u. s. w.

Carbonnel, Chef des Generalstabs der Nationalgarde.“

Auf die gestern vom Journal des Debats gegebene Wider— legung des vom National verbreiteten Gerüchts über die Artillerie⸗ Maßregeln zur Sicherheit von Paris erwiedert heute das letztgenannte Blatt: „Wir sagten nicht, daß Herr von Montpensier es auf sich genommen habe, den dringenden Befehl zu ertheilen; wir fanden uns nur überrascht dadurch, daß er sich dazu hergegeben. Der Kriegs— Minister mochte befehlen, was ihm nützlich schien, aber die Banden der Disziplin fesseln die Prinzen nicht in dem Grade, daß sie mit ihrem Namen und Ansehen mitzuwirken brauchten, wenn es sich un Maßregeln handelt, die geeignet sind, eine gerechte Empfindlichkeit unter der pariser Bevölkerung zu erregen. Ein Minister ist verant⸗ wortlich; ein Prinz ist es nur sehr wenig.“ In dieser Weise fährt das radikale Biatt noch weiter fort, seine Ansichten über militairische Disziplin, von der es sich hier doch handelt, da der Heizog ö penster als Generalmajor der Artillerie unter dem höheren Befehls⸗ haber dieser Waffe und unter dem Kriegeminister steht, ungescheut

seinanderzusetzen. ar ,, des Debats fährt fort, die Regierungs⸗ Prinzipien hinsichtlich der politischen Versammsungen zu vertheidigen.

„So viel ist auch sicher“, bemerkt es heute unter Anderem, „daß der Ort allein nicht die Entscheidung geben kann, ob die Versammlung eine öffentliche oder eine Privat- Versammlung ist. Sollte etwa das Bankett, welches die Opposition für den Dienstag vorbereitet, und welches, wie man sagt, in einem Privatlokal, . soll, deshalb den Charakter einer Privat⸗Versammlung haben? Wer möchte das behaupten wollen, ohne sich lächerlich zu machen? Es giebt ehr saoßf von Mauern eingeschlossene Grundstücke. Also dürste man mit Einwilligung des Eigenthümers auf solchen Grundstücken . Personen versammeln, und das wären dann Privat- Versammlungen Und die Regierung hätte nicht das Recht, solche

BVersammlungen zu untersagen, wenn sie auch wüßte, daß sie die Verbrei- tung der aufrührerischsten und antisozialsten Lehren zum Zwecke hätten?

Die . glaubt, daß das Gesetz ihr das Recht wärtige Ministerium ist nicht das erste, welches diese Ueberzeugung hat. Als das Ministerium vom 1. März ganz ähnliche Versammlungen, wie die jetzigen, verbot, als es sie aus dem in dem Schreiben des 2 * Un⸗ ter-Staatssecretairs angegebenen Grunde verbot, weil diese Versamm-⸗ lungen die politischen Leidenschaften aufregen könnten, da hatte das Ministerium vom 1. März keine anderen Gesetze vorliegen als die gegenwärtigen. Und man unterwarf sich, und Niemand erhob sich da, gegen. Ihr wollt, daß die Frage vor die Gerichtshöfe gebracht werde? Wir geben zu, daß kein Weg regelmäßiger sein kann, wenn nämlich ein friedlicher Verlauf der Sache zwischen Euch und der Bchörde zu erwarten steht. Ihr wollt Euch versammeln, man wird ein Uebertretungs · Protokoll gegen Euch aufnehmen, die Sache wird vor die Gerichte lommen und die Frage auf einen Prozeß zurückgeführt werden. Warum dann aber diefe furchtbaren Zurüstungen? warum dieser Aufruf an die Massen? warum diese Agitation, dieser Lärm unter den Parteien? warum ist die Sprache Eurer meisten Blätter ganz von revolutionairer Leidenschaft getränkt? Wenn das Gesetz über die Versammlungen dem Zweifel unterliegt, so unterliegt doch das Gesetz über die Zusammenrottun⸗ gen und Aufläufe keinem Jweifel. Verletzt Ihr nicht dieses in demselben Uugenblick, wo Ihr die Regierung beschuldigt, daß sie das erstere verletze? Was verlangen wir von der Oppofition selbst? Sie solle sich erinnern, daß es neben den Freiheitsfragen bei uns eine Revolutions-Frage giebt! Was in England ganz einfach, ganz zulassig ist, wo das Königsthum und die Verfassung außer Frage stehen, das wird bei uns zu einer bffentlichen Ge— fahr, weil Verfassung und Thron bei uns in Frage stehen.“

Die Presse bemerkt, daß unter vielerlei Angaben des eigent⸗ lichen Beweggrundes, welcher Herrn E. von Girardin zum Austritt aus der Deputirten-Kammer bewogen habe, wie deutlich immer die⸗ ser Schritt von ihm motivirt sei, auch das Gerücht verbreitet werde, er trete sein Eigenthum an der Presse und die Leitung derselben ab. Man gehe selbst so weit, den Banquier zu nennen, der dieselbe für 17 Mill. Fr. für die Legitimisten gekauft habe. Andere bezeich- neten die Konservativen als Erwerber. Die Wahrheit von dem Allen sei, daß Herr von Girardin die Wahl unter vier Anträgen habe, und daß ihm eine Million baar geboten worden; eben so wahr aber sei auch, daß er sie von der Hand gewiesen habe. In einem langen Schreiben an seine Wähler in Bourganeuf legt Herr E. von Girar— din zugleich ausführlich dar, weshalb er, der seit 1834 siebenmal die Ehre gehabt, von ihnen in die Kammer gewählt zu werden, jetzt zu⸗ rücktrete. Bei seiner ersten Bewerbung um ihre Stimme sei er von Vertrauen in die gesetzmäßige Einigung von Macht und Freiheit und in die Fruchtbarkeit dieses Bundes beseelt gewesen. Seine Illusio— nen hätten nun zwar erlöschen können, aber seine Ueberzeugungen seien noch dieselben, und was er damals für möglich gehalten, halte er noch dafür. Er zählt dann eine Reihe von Abstimmungen und Arbeiten der Kammer auf, um seine Stellung bis zum vorigen Jahre zu charakterisiren, wo er nach den in Lisieur von Herrn Guizot er— theilten Zusagen gefunden habe, daß er, zumal nach dessen Aus— spruche, daß diejenigen zur Opposition treten würden, welche glaub— ten, die Regierung besitze nicht die wahre Liebe und das wahre Ver— ständniß des Fortschreitens, mit Ehren nicht länger in den Reihen der Majorität sitzen könne. Im Jahre 1848 habe er nicht geglaubt, wie der Graf Salvandy Weiß zu Schwarz machen und billigen zu können, was er vier Jahre früher getadelt: den Mißbrauch numerischer Macht nämlich, die Verurtheilung der Minorität durch die Majorität. Im Jahre 1844 habe er, wie Herr von Salvandy, damals Gesandter und jetzt Minister, verweigert, an einem Votum der Majorität Theil zu nehmen, welches die Minorität getroffen. Das einzige Motiv sei⸗ nes Rücktritts sei in den zwei Zeilen enthalten, mit welchen er den⸗ selben dem Präsidenten der Kammer angezeigt habe. Kein verletzter Ehrgeiz habe Antheil an seinem Entschlusse, der auf den nämlichen Gründen beruhe, welche die absolute Mehrheit in Jahresfrist von 113 auf Z3, und die relative von 66 auf 17 Stimmen heruntergebracht hätte. Nachdem er aber sich nicht ohne Kampf und Bedauern so von der Majo— rität getrennt, wie könnte er da bei der Opposition bleiben nach dem Dementi, das dieselbe ihren Worten durch ihr Verhalten gegeben? In ihrem Manifeste erkläre die Opposition die Adresse, wie sie votirt worden, für offenbare Verletzung der Minorität und nenne die Mit— wirkung der Minister dabei gleichzeitiges Verkennen eines der gehei— ligtsten constitutionellen Prinzipien und Verletzung eines der wesent⸗ lichsten Rechte der Bürger und ihrer Repräsentanten. Und dennoch bleibe sie mit ihren Richtern auf derselben Bank sitzen und lege nicht Berufung von der parlamentarischen Majorität an die der Wähler ein. Gegen ein Urtheil nicht appelliren, heiße aber, dasselbe anneh— men; nicht alle Instanzen durchmachen, seine Sache verrathen.

Der neapolitanische Ex-Minister Delcarretto ist am 13. Februar früh Morgens aus dem Lazaretto von Marseille abgereist. Um jedes neue Zusammentreffen mit den Italienern zu vermeiden, ließ man ihn in einer Postchaise bis zur nächsten Eisenbahn-Station fahren, wo er einen Waggon der Avignon-Bahn bestieg, um sich, wie es heißt, nach Paris zu begeben. Ein Polizei- Kommissar und zwei Gendarmen begleiteten ihn.

Der Assisenhof des Seine-Departements hat dieser Tage in der gegen einen Post⸗Beamten wegen Unterschlagungen anhängigen Klage, nachdem die Geschworenen denselben in allen Punkten schuldig ge⸗ funden, dessen Verurtheilung zu zwölf Jahren Zwangsarbeitsstrafe und Ausstellung ausgesprochen, und gegen die Post⸗-Verwaltung er⸗ kannt, daß sie der Civil⸗Partei eine Entschädigung von 30,000 Fr. schuldig sei. .

In Algier macht jetzt eine Heirath großes Aufsehen, welche eine junge Französin von gutem Herkommen mit einem der bekanntesten Häuptlinge in der Provinz Konstantine, Si Achmed Ben Mohammed el Mokrani, im Kalifate Medschana, eingeht.

Der Scharfrichter von Marseille hat sich in einer Petition an die Deputirten⸗Kammer gewendet, um die Regierung zur Annahme einer von ihm verbesserten neuen Guillotine zu bewegen. Oft, sagt er in seiner Petition, kämen Fälle vor, wo zwei oder drei Verbrecher zusammen hingerichtet würden. Es wäre unmenschlich, daß in einem solchen Falle einer nach dem anderen hingerichtet würde und der letzte so alle Todesqualen seiner Vorgänger mit ansehen und anhören müsse. Mittelst seiner neuen Guillotine könne man nach Willkür eine, zwei, drei bis zehn Verbrecher auf einmal guillotiniren, und er hoffe, die Regierung werde aus humanen und philanthropischen Gründen seine verbesserte Guillotine überall einführen.

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Nach Berichten aus Oceanien bis Ende Septembers, welche zu Rochefort angelangt sind, hatte der neue Gouverneur von Ocea⸗ nien, Herr Lavaud, sein Werk der Friedensstiftung fortgesetzt und, unter anderen Maßregeln einen amerikanischen Matrosen, Namens Smith, ausgetrieben, welcher die Eingeborenen aufgehetzt und mit ihnen gegen die Franzosen gefochten hatte. In Neu ⸗—Kale⸗ donien hatten einige französische Missionaire und Laien eine Kolonie angelegt, wurden aber bald von den Eingeborenen angegriffen, welche die Kolonie zerstörten und einen Missionair tödteten. Sie flüchteten nach Pueblo, hatten aber kaum eine Kirche und Häuser erbaut, als die Eingebornen abermals über sie herfielen, die Kirche verbrannten und die Häuser niederrissen. Die Kolonisten entkamen auf einer Korvette. Am 12. August beschloß der Kom⸗ mandant Dubouzet, die Eingebornen zu züchtigen, und sandte 84 Mann Truppen nach der Insel ab. Es kam zu einem Gefecht, wor⸗ in die Kaledonier eine große Anzahl Todte und Verwundete einbüß⸗

verleiht, gefährliche Versammlungen zu verbieten. Sie glaubt es, und das gegen⸗

seine Rechte zu

4185 ten, während die Franzosen nur einen Todten und einen Verwunde⸗ ten zählten. Großbritanien und Irland.

X London, 18. Febr. Die Rede, welche Lord John Russell heute im Unterhause zu halten veranlaßt ist, wird bei weitem die be⸗ deutendste parlamentarische Kundgebung seines Talents als Premier- Minister von England sein. Das Haus und die Natien haben noch nicht die lichtvollen Aus einander setzungen der finanziellen Lage des Landes und der Finanz- Politik des Kabinets vergessen, welche Sir R. Peel's Verwaltung auszeichneten. Die trockenen Einzelnheiten des Budgets wurt en von seiner Beredtsamkeit so methodisch beleuch⸗ tet, daß man sie mit Enthusiasmus las und anhörte, und die großen Entwürfe seines administrativen Genies waren immer von cinem Rück⸗ blick auf vergangene Triumphe und einer Weissagung zukünftiger Seg⸗ nungen begleitet. Lord John Russell muß heute denselben rie sigen Gegenstand behandeln, aber unter ganz anderen Umständen. . Das Bild, welches er zu zeichnen hat, ist eher en Bild des Mangels und der Noth, als des Ueberflusses; statt die Lasten des Landes zu ver⸗ mindern, muß er sie vermehren, und sein größter Erfolg kann nur darin bestehen, daß das Land mit den dunklen Stunden des Unglücks sich aussöhnt. Eine solche Pflicht, obschon drückend, hat doch auch ihre eigenthümliche Größe, so gut als die Triumphe einer glücklicheren Laufbahn. England ist niemals so tief heruntergekommen, daß ein Minister vergebens an den ö. atrio⸗ tismus oder die Freigebigkeit des Parlaments appellirt, aber um Opfer zu erhalten, muß eine Regierung auch das Land überzeugen, daß sie fähig und vorbereitet sei, dieselben richtig zu verwenden und jede Schwierigkeit zu besiegen. . V 4

Im gegenwärtigen Moment muß deshalb Lord John Russell das Parlamenk nicht allein von den Schwierigkeiten der , Lage des Landes, sondern auch von seiner eigenen Macht und Heschicklichkeit überzeugen, daß er ihnen zu begegnen wisse. Ein kleines Staats⸗ genie und ein Hülfsmittel für den Augenblick werden es nicht thun. Das Haupt einer Regierung muß groß sein oder gar nichts. Die Gegner des Ministeriums blicken deshalb auf den heutigen Abend mit großer Spannung, und im ganzen Parlamente verhehlt sich Niemand, vielleicht mit Ausnahme des Ministers selbst, daß diese öffentliche Darlegung der Haupt Politik der Regierung der Prüfstein ihres Charakters und ihres längeren Bestehens sein wird. Diese Darlegung wird natürlich die finanziellen Erfordernisse des öffentlichen Dienstes, die Ursachen der Vermehrung der Ausga⸗ ben wegen der beabsichtigten Verstärkung der militairischen Verthei⸗ digungs-Anstalten des Landes, den Ausfall in der gegenwärtigen Einnahme und endlich die Art und Weise angeben, wie das Defizit gedeckt werden soll. Ich will nicht das Resultat voraus sagen. Al⸗ les, was man sagen kann, ist, daß wenige Männer bis jetzt die Stelle eines englischen Premier-Ministers mit so geringen finanziellen Kennt⸗ nissen bekleidet haben, wie Lord John Russell sie hat. l .

Das Haupthülfsmittel, welches vorgeschlagen werden wird, ist eine armselige Erhöhung der gegenwärtigen Einkommensteuer von 3 auf 5 pCt. und ihre Ausdehnung auf Irland, das jetzt davon be⸗ freit ist. Selbst wenn diese Art von Einnahme nur auf ein Jahr vorgeschlagen werden sollte, so wird sie schon auf eine starke Oppo⸗ sition stoßen und zwar bei Niemand mehr, als bei den gewöhnlichen Anhängern des Kabinets. Die Presse wird dagegen sein, und das Fortbestehen des Kabinets, wenn auch nicht absolut bedroht, wird sicherlich durch die Chancen dieser Debatte gefährdet werden.

Der Bischof von Chester (Dr. Sumner) folgt in dem Primat der Kirche. Er ist ein Mann von sehr starken, sogenannten Com- church-Grundsätzen, aber geachtet von allen Parteien und ein guter Bischof. Es heißt, der Archidiakonus Hare, wohlbekannt als der Freund und Uebersetzer Niebuhr's, wird wahrscheinlich in der Diözese von Chester nachfolgen.

So eben erfahren wir auf telegraphischem Wege, daß Lord John Russell in seiner oben erwähnten Rede ein Defizit von 3 Millionen Pfd. St. angezeigt und die Fortdauer der Einkommen⸗ steuer in der Weise auf 5 Jahre vorgeschlagen hat, daß sie in den ersten 2 Jahren von 3 auf 5 pCt. erhöht würde.

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8G el gien.

Brüssel, 20. Febr. Ein Gesetz-Vorschlag über das Notariat ist vorläufig wieder zurückgenommen worden, da eine bedeutende Ma⸗ jöorität der Repräsentanten- Kammer sich mit dem Prinzip desselben nicht einverstanden erklärt hat. Die Independance wirft den liberalen Kammer⸗Mitgliedern Inkonsequenz vor, indem sie durch ihr Votum sich für die Aufrechthaltung von Privilegien erklärten, die in Widerspruch mit der belgischen Verfassung ständen, indem sie sich für das Ventose-Gesetz über das Mtariat erklärten. Man glaubt, die Regierung werde wohl nunmehr das Gesetz ganz umarbeiten lassen, ehe sie wieder damit hervortrete.

Nach den Motiven zum Gesetzentwurf in Betreff der Hinzuziehung der Kapazitäten zu den Wählerlisten sollen Alle, die kraft des Ge⸗ setzes vom 15. Mai 1838 auf der Juryliste stehen, Wahlberechtigte werden. Die Geistlichen werden, so lange sie keinen akademischen, zur Ausübung eines gelehrten Faches berechtigenden Grad besitzen, nicht als Kapazitäten betrachtet. Das Motiv dazu wird in der offi— ziellen Darlegung folgendermaßen entwickelt: „Als Bürger ist der Priester anderen Bürgern gleichgestellt worden; so will es un⸗ sere Fundamental- Charte, und fern von uns sei der Gedanke, beschränken; als Priester kann er aber keine Ausnahmestellung zur Ausübung eines politischen Rechts in Anspruch nehmen, denn er wird nicht als eine durch die Staatsgewalt gewählte Kapazität stimmen, sondern als Theil des Klerus, als Mitglied einer Körperschaft, die in dieser Eigenschaft ein Gebot seiner Oberen em⸗ pfangen kann. Er kann daher nicht auf das Wahlrecht Anspruch niachen, wenn er darauf nur vermöge seines geistlichen Standes An⸗ spruch macht. Uebrigens schließt das Gesetz nicht die Mitglieder des Klerus vom politischen Leben aus, wenn sie. daran Theil nehmen wollen, insofern sie in ihrer Person die gemeinhin erforderlichen Eigenschaften vereinigen. Trotz der Ue elstände, die zuweilen daraus für ihre erhabene Mission fließen mögen, sollen sie frei die anderen Bürgern verliehenen Wahlrechte ausüben, dies hindert Niemand; es wäre aber eine Unklugheit des Gesetzgebers, wollte er direkt den Klerus dadurch heranziehen, sich in die politischen Kämpfe zu mischen, daß er ihm in dieser Beziehung eine Ausnahme— stellung anweise. Ueberdies haben die verschiedenen auf der Jury⸗ Liste ssehenden Kategorien von Bürgern eine von der Staatsgewalt bestätigte und anerkannte Kapazität. Diese Erwägung ist von Gewicht, wenn es sich um die Ausübung eines politischen Rechts han⸗ delt. Die wissenschaftliche Kapazität kann in Wahlbeziehung nicht von einer Eigenschaft hergeleitet werden, welche der staatspolitischen Gewalt fremd bleibt; also wird auch das von den Professoren einer unserer Universitäten gewährte Ehrendiplom nicht von Wirksamkeit sein, um in Belgien das Recht zu verleihen, einen den Titel „Doktor“ heischenden Stand auszuüben oder das Recht, auf der Juryliste zu

stehen.“

Däänem ar n.

Kopenhagen, 18. Febr. (H. C.) In diesen Tagen hat hier eine sehr beachtenswerthe Demonstration des Bauernstandes statt⸗ gefunden. Einige Tage nach dem Ableben Christian's VIII. erschien in den öffentlichen Blättern eine Aufforderung von vier angesehenen Bauern auf Seeland an die Deputirten und ezirksvorsteher der . De- sellschaft der Bauernfreunde“ zu einer Versammlung, die am 15ten d. in hiesiger Stadt gebalten werden solle, theils um den König * bit-

ten, die Landes Rulturverhältnisse einer öffentlichen und allseitigen

Untersuchung zu unterziehen, theils um sich wegen etwaniger Antrage

an den König zu besprechen. Ungeachtet der kurzen Frist und stren⸗

gen Jahreszeit fanden sich gegen zweihundert der er, . . Landleute, darunter mehrere aus Fühnen, Taasinge und Lange⸗

land, hier ein. Die Versammlung wurde unter Vorsitz

des Stände-Mitgliedes Kirchspiel⸗Arzt Rasmussen abgehalten, der

sein Bedauern darüber aussprach, daß eine persönliche Audienz beim

Könige zur Uebergabe der mit 7240 Unterschriften bedeckten Petition

aus 89 Kirchspielen nicht zu gewärtigen sei, zumal da ein ausdrück—

licher Bescheid des Kabinets-Secretairs, Kammerherrn Tillisch, jede

Hoffnung darauf beuommen habe, so lange die Beisetzung der Königl.

Leiche noch nicht erfolgt sei. Nach einiger Debatte wurde beschlossen,

sich auf schriftliche Anträge zu beschränken und sie dem Könige durch

den Kabinets-Secretair auf Christiansburg, nicht in dessen Privat⸗Woh⸗

nung, oder durch den Portier des Schlosses, an welchen der Kammerherr

sie verwiesen, zu übergeben. Es wurde noch eine Beglückwünschungs Adresse

an Se. Maj. ausgefertigt, worin zugleich das Bedauern ausgesprochen

war, daß in dem Verfassungs⸗-Reskript eine Versammlung angeord⸗

net sei, in welcher nur 9 städtische und 8 ländliche Deputirte 11

Gutsbesitzern und 9 Beamten gegenüber sigurirten, ein Mißverhält⸗

niß, das besonders in der Wehrpflichtigkeits = Frage drückend erscheine.

Der Bauernstand bittet nun, daß diese Frage von einer so einseitig

gebildeten Versammlung nicht entschieden werden möge, und ersucht

um eine möglichst volkssinnige Wahl der 16 Königlichen Abgeordne⸗

ten. Abends 6 Uhr wurde die Sitzung sortgesetzt, unter Theilnahme

der Mitglieder der „Gesellschaft der Bauernfreunde“, und sprach

sich namentlich Prokurator Balthasar Christensen über die

große Bedeutung des Angenblicks aus. Am (16ten d. begab

sich der ganze Zug nach Christiansburg. Anfangs weigerte sich der

Kammerherr Tillisch, die Petition und Adresse entgegenzunehmen, ließ

sich jedoch „mit Allerhöchster Erlaubniß“ dieselbe in einem Gemache

zur Seite der Königlichen Appartements überreichen. In drei bis vier

Mann hoher Reihe zogen die Bauern vom Schlosse nach der Aron

prinzessinstraße, wo sie den Kammerrath Drewsen begrüßten. Nach⸗ mittags wurden sie in Folge einer vom Kammerherrn Tillisch getrof⸗ fenen Veranstaltung nach Amalienburg geführt, um den Katafalk zu sehen, und verließen darauf Kopenhagen mit der Eisenbahn.

S ch weiz.

Tagsatzung. Am 17. Februar hielt die Bundesrevisions⸗ gon if . . Präsidium des Bundes Präsidenten ihre . Sitzung. Das Tagsatzungs-Regkement ist auch zum Berathungs⸗ e⸗ glemenk der Kommission bestimmt worden, doch mit wesentlichen Mo⸗ dificationen. Die erste besteht darin, daß die Diskussion srei ist und jedes Mitglied nach Belieben, und so oft es will, das Wort begeh⸗ ren kann. Die zweite betrifft die Oeffentlichkeit, welche bei den Be⸗ rathungen der Kommission nicht stattfinden soll. Nur die Herren Ochsenbein und Druey vertheidigten dieselbe; bei geheimer Bera— thung würde das Revisionswerk von vorn herein mit dem Mißtrauen und Vorurtheil des Volles umgeben, das an öffentliche Behand⸗ lung gewöhnt sei; bei Oeffentlichkeit der Sitzungen würde sich das Volk überzeugen, daß alle die verschiedenen Ansichten vertre⸗ ten seien und aus der Diekussion Belehrung schöpfen. Da⸗ gegen wurde eingewendet, die Oeffentlichkeit der Berathungen mache dieselben zu langdanernd, zu kostspielig wegen der Stenographen und sem ihnen überhaupt hinderlich, indem manches Mitglied in geheimer Sitzung eine Meinung äußern dürfe, die es gegenüber seinem Kan⸗ ton öffentlich zurückhalten würde. Die: Frage, ob die Kommission bei der Tagsatzung den Antrag auf einen aus dem gesammten Schwei⸗ zervolk zu wählenden Verfassungsrath bringen soll, fand ebenfalls keinen Anklang; er wurde einzig von den Herren Ochsenbein und Rilliet-Constant unterstützt. Um das Werk der Revision beförderlich zu vollführen, theilte sich die Kommission in sieben Sectionen und wählte zwei Redacteure, zum Deutschen den Dr. Kern, zum Franzö⸗ sischen den Staatsrath Druey.

In dem Bericht der Hülfskommission an die heißt es:

„Die unterzeichnete Kommission theilt der hohen Tagsatzung mit Ge— genwärtigem eine Liste der Gaben mit, welche ihr für die Opfer des Kam— pfes, den die Eidgenossenschaft gegen den Sonderbund geführt hat, einge— sandt worden sind; sie muß übrigens bemerken, daß immer noch neue Sum— men anlangen, und daß die Sendungen der letzten Tage auf dem Verzeich⸗ niß nicht mehr haben eingeschrieben werden können, jedoch später in einem Supplement folgen werden. Aus der Liste, welche gedruckt und veröffent⸗ licht werden wird, geht hervor, daß ein Theil der fraglichen Summen ausschließlich den Militairs, welche im Dienste der Eid⸗ genossenschaft gelitten haben, bestimmt ist, während ein anderer Theil unter alle Verwundete vertheilt werden soll, gleichviel auf welcher Seite sie gekämpft haben. In dieser Beziehung haben nicht alle Geber ihre Absich ten klar und bestimmt vernehmen lassen. Die Bemerkungen, welche in die ser Hinsicht in der Liste aufgezeichnet sich befinden, wurden so getreu als möglich aus den die Gaben begleitenden Briefen ausgezogen. In der Kommission ist die Frage aufgeworfen worden, ob es wohl nicht schicklich wäre, daß die Tagsatzung jede Unterscheidung verschwinden ließe zwischen denen, welche ihr Blnt für die Eidgenossenschaft, und denen, welche es für den Sonderbund vergossen haben. Jedenfalls hat man sich bald überzeugt, daß die einzige gerechte Verfahrungsart die ist, sich streng an die Willensäußerungen der Geber zu halten, und demnach den Bedürftigen der 12 Kantone ausschließlich die Summen zukommen zu lassen, welche besonders für sie bestimmt worden sind. Dieses rechtfertigt sich um so mehr, als, sei es im Lande selbst, sei es in der Fremde, sehr beträchtliche Beiträge ausschließlich zu Gunsten der Verwundeten des Sonderbundes gesammelt worden sind. Aut erer eit ver⸗ steht es sich wohl von selbst, daß man sich gem issenhaft den ee, en,, e jenigen Personen anschließen wird, welche die Gefallenen . 3 len, ohne zu untersuchen, für welche Sache sie sich geopfert haben. e , . ä Bender ĩ Kantonal-Bank zu Bern placirt worden eingegangenen Gelder sind in der Kantong n,, und iragen 3 pCt. Interessen, sofemn sie in gut konrstrenden Munz stehen.“

Kanton Luzern. Die Regierungs- Räthe Dula und Ed. Schnyder sind von der Regierung beauftragt worden, von dem Klo⸗ sser St. Urban und dem Stift Münster die Herausgabe einer Million y, zu bewirken. Beide Corporationen haben sich diesem fue gefügt, und die Abgeordneten sind mit den Titeln in Lu⸗

zern eingetroffen.

Kanton Freiburg. Der Internuntius Luquetz ist am 12ten Februar in Freiburg angekommen, er hatte am 13. eine lange Au⸗ bienz bei dem Präsidenten der provisorischen Regierung und reiste darauf ins Wallis, um dort die Angelegenheiten der Geistlichkeit bei⸗ zulegen. Er wird in vierzehn Tagen wieder zurückkommen und dann länger in Freiburg verweilen. Bei seiner Durchreise hat er dem Bi⸗

Tagsatzung

schof einen kleinen Besuch abgestattet.