1848 / 55 p. 7 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Kanton Genf. Das Journal de Geneve bemerkt über den gestern erwähnten Rücktritt des Staats Nathes: Wir begreifen nichts von diesem unerwarteten Entschluß. Es ist einleuchtend, daß nicht der vom Staatsraths - Präsidenten vorgebrachte Grund allein ihn erklären kann, und daß hinter diesem Vorwande sich zweifelsohne etwas viel Wichtigeres und Reel⸗ leres verbirgt. Die Phantasie, die diese Herren gehabt haben, sich einer neuen Wahl zu unterwerfen, scheint uns übrigens auf den Gang der Dinge keinen großen Einfluß zu üben, denn die Majorität des Großen Rathes bleibt dieselbe, und das System wird sich kaum auf fühlbare Weise modifiziren können. Das einzige sichere Resultat dieses unbegreiflichen Zwischenfalles können unnütze Kosten, ein für die Bürger sehr unangenehmes Derangement und etwas Aufregung sein, die dem Lande nur schaden kann.“

Der Karlsr. Ztg. wird geschrieben, die Mitglieder der genfer Regierung hätten bei ihrem Entlassungs⸗Gesuch die Angriffe der kon servativen Presse gegen sie wahrscheinlich nur zum Vorwand genom— men, der eigentliche Grund sei wohl, daß sie sich Rilliet-Constant's, der allein sich der Demissions⸗ Eingabe nicht angeschlossen, und der mit James Fazo, dem eigentlichen Regenten Genfs, auf sehr ge— spanntem Fuße stehe, auf diese Weise zu entledigen hofften.

Die Revue widerspricht der Behauptung anderer Blätter, als sei der Rücktritt des Staatsraths durch die Finanzlage des Staates veranlaßt, die Finanzen seien vielmehr in gan; gutem Zustande; das Budget von 1818 zeige, daß man ohne Anleihen, ohne außerordent liche Abgaben auskommen könne, die Rechnung von 1847 werde ein Defizit ven höchstens 30, 000 Fr. zeigen. . .

Der National-Verein geht damit um, eine Volksversammlung zu veranstalten. Am Sonntag, den ö. Februar, traten über 600 Mitglieder dieses Vereins zusammen und beschlossen, den sechs zurück⸗ tretenden Mitgliedern des Staatsraths ihre „bisherige Hingebung“ zu verdanken. ö

Nach dem Courrier Suisse besteht der Entwurf der neuen Gerichts Ordnung wesentlich in Folgendem: Er stellt Friedens gerichte und Polizeigerichte in jedem Arrondissement auf; ein Handelsgericht mit 4 Mitgliedern; ein Civilgericht mit 3 Rich tern; einen Gerichtshof mit 3 Richtern und einem Präsidenten, der die Functionen des Civil⸗Appellations-Gerichts und des correctionel len Gerichts versieht; endlich einen Cassationshof mit 3 Richtern und einem Präsidenten, dessen Functionen, als sehr ehrenvoll, unentgelt lich sind. Jeder Richter des Civilgerichts functionirt isolirt und ur theilt allein als letzte Instanz in Sachen bis auf 300 Fr., als erste Instanz über Sachen von größerer Bedeutung. Der Präsident des Gerichtshofes ist gleicherweise einziger Richter in Kriminalsachen, und ein anderes Mitglied dieses Hofes ist einziger Richter in correctio— nellen Dingen, im einen wie dem anderen Falle unter Beistand von 6 Geschwornen.

Fg tali ren

Genua, 15. Febr. (Schw. Merk.) Hier singt und jubelt man noch imnier über die Constitution, wiewohl eine besondere Feier dafür nicht mehr stattfand. Es erheben sich jetzt auch Stimmen der Ermahnung, daß es mit dem Jubel dabei nicht gethan sei, sondern daß eine ernste Vorbereitung eintreten müsse, um die neue Gabe so benutzen zu können, wie das Bürgerwohl es erheische. Indessen steigt die Aufregung gegen die Austriachi fortwährend und wird durch Er— eignisse, wie die Verbannung derlvornehmen mailänder Familien, ge⸗ nährt. Es kamen mehrere derselben hierher, z. B. Borromeo. Man soll ihn auf den Stein des Balilla geführt und ihm Beistand und Rache gelobt haben. Ein Flugblatt kam dieser Tage heraus: Canoni e non maschere (Kanonen, keine Masken), das wiederholt zur all gemeinen Bewaffnung auffordert. J

Der Karneval ist freilich auch so gut wie nicht vorhanden, man sieht und hört nichts von seinens Freuden. Dagegen vergnügt sich jetzt ein großer Theil der Einwohner an der neuen italienischen Tracht, die man gestern in langen Zügen auf dem Korso erscheinen sah, von Sammet und Tuch, grün und schwarz, und die besonders junge Leute sehr gut kleidet.

Heute liest man eine Proclamation des Gouverneurs an den Ecken der Straßen angeschlagen worin er die Genueser auffordert, keine Furcht zu haben, und fortwährend den Freunden der Ord— nung und des Fortschrittes zu vertrauen, diesen aber dankt für ihr besonnenes Benehmen. Es haben sich nämlich an den Jubel-Aben— den verkleidete Menschen unter die Menge gemischt und Tumult zu erregen gesucht durch allerlei Ausrufungen, sie wurden zum Theil gleich verhaftet, theils nahm das Volk selbst Rache an ihnen, na— mentlich wurde Einer von den Weibern mißhandelt. Gestern Abend wurde wieder Einer verhaftet, der schrie: morte a Pio nono!

Da Berlin in den gegenwärtig in der Rotunde des Königlichen Museums zur allgemeinen Anschauung aufgestellten Teppichen nach den berühmten Kartons von Raphael eine der großartigsten und schönsten Schöpfungen besitzt, welche die Kunst überhaupt hervorgebracht hat, und wie dergleichen nur wenig andere Städte Europa's noch ausweisen können, so werde ich am nächsten Sonn tage, als am 27sten d. M., über die Entstehung, die Geschichte und die künstlerische Bedeutung derselben eine öffeniliche Vorlesung für Herren und Damen halten. Dieselbe wird in der Stunde von 4 ) in dem mir zu diesem Behufe von Sr. Majestät dem Könige Allergnädigst unentgeltlich bewilligten Konzertsaal des Königlichen Schauspielhauses stattfinden; der sämmtliche Ertrag aber, nach Abzug der Kosten, den nothleidenden Ober— Schlesiern zugehen. Um auch minder Bemittelten, welche sich für den Gegenstand oder den wehlthätigen Zweck des Vorirags interessiren, den Besuch zu erleichtern, ist der, Preis für einen numerirten Sitzlaß auf 20 Sgr. bestimmt worden, wobei es jedoch natürlich Jedem freisteht, den Zweck durch einen höheren Betrag noch mehr zu fördern. Eintritts- Karten werden von heute an im Büreau des Königl. Museums zwischen 10 und 3 Uhr am Sonntag aber von 12 Uhr ab an der Kasse zu haben sein. 6.

Im Interesse Aller, welche dem Vortrage ihre Theilnahme schenken soll—

ten, muß ich wünschen, daß sie vorher die Teppiche in der Rotunde des Kö— niglichen Museums, zu welcher der Zutritt alle Werleltage von 10– 3 Uhr freisteht, in Augenschein nehmen. In der Stunde von 1 2 bin ich im Mü— seum gegenwärtig und gern bereit, auf Verlangen nähere Auskunft zu er theilen. : Da zur Erläuterung des Vortrages in dem Konzertsaal verschiedene Kupferstiche aufgestellt sein werden, so ist zu deren bequemerer Besichtigung die Veranstaltung getroffen worden, daß der Konzert⸗Saal schon von 12 Uhr an ge. öffnet sein, so wie auch erst eine halbe Stunde nach Beendigung des Vorw trages geschlossen werden wird. Ich werde den Vortrag pünktlich um 1 Uhr beginnen. .

Berlin, den 24. Februar 1848.

G. F. Waagen, Direktor der Gemälde -Gallerie des Königl. Museums und Professor an der hiesigen Königl. Universität.

486 Handels und Görsen-Nachrichten. Berlin, den 23. Februar 1848.

Inländische Fonds, Psandbries-, Kommunal Papiere und Celd- Course.

zf. Brief. Geld. Gem. Ef. Brief. Geld. Gen.

St. Schuld- Seb. 33 92 911 Kur- u. Nr. Ptabr. 33 84 Seeb. Pram. Seb. 937 Schlesisce do. 3 96 HK. u. Nm. Sehuldv. 3 88 do. Lt. B. gar. do. 5 92 91 3 Rerl. Stadi-oObl. 3 917 Pr. EK Anth. Sch II 112 Westpr. Pfaudbr. 3 90 89

Gros ah. Posen do. 4 101 3 Friedrichsd'r or. 1377 1315

do. 40. 33 20 And. G dus. 5tk.— 125 117 Ostpr. Pfaudhr. 33 96 955 Diseonuto. 33 43 Fomui. do. 33 925

Ausländische Fonds.

Aach. Mastr. 301 71 bz. u. B. Rerg. Mrk. 70 72 6. . kerl. Anh. B. 45 108 .

Magd. Halb. Mad. Leipæ.

do. Prior.

nass. lamb. Cert. 5 poln. neue Pfdbr. 4 91 914 do. beillope 3. 4.8.5 do. Part. Soo Fl. 4 SG. 793 40. 40. 1. Anl. 4 92 do. do. 300 FI. 99 do. Stiesl. 2. 4. A. 4 91375 llamh. Feuer- Cas. 3 86 da. do. 5 A. 41 91 do. Staats-Pr. Anl 86 do. v. Rihseh. L3t. 5 III. III loll. 2 Sh Int. 23 ö. do. Poln. Schatz 0. 4 82 Kurh. Pr. O. 40 tb. 304 ö do. do. Cert. L. A. 5 96 95 Sardin. do. 36 Fr. 93 do. do. I. B. 200FI.— 16 15 N. Bad. do. 35 FI. 207 Hol. a. Pfr. a. C. 4 95 ö 94 Hisenhalin- Aclien. * Volleing. f. O. Schl. Li. A 33 103 KB. Amst. Rott. 1 ö do. Prior. * . Arnb. Utr. 44 O. Schl. L. B. 37 98 exel. Div. 6. kerl. An. A. 4 II47 B. bts. Mędb. 4 89 BR. do. Prior. 1 do. Pr. B. 4 92 J kerl. Ilaub. 4 92 etw. bz. u. B. do. do. 5 101 4 bæ. do. Hrior. 44 992 2 3 6. Rhein. Stm. 4 83 HB. Berl. Stett. * 1103 ba. n. G. do. Prior. 4 konn- Cäln. 5 do. St. Pr. 41 Bresl. Freib. 1 do. v. St. gar. 3 2 do. Prior. 1 Sächs. Bayr. 1 89 (1. Chem. Risa. Sag. - Glog. 4 48535 B. Cöln. Mind. 3 93 2 be. u. B. do. Prior. 15 ö do. Prior. 4 98 6. do. do. 5 97 1 Cðdth. Rerub. 4 St. Vohr. 4 64 6 Cr. Ob. Seb. 4 61 6. do. Prior. 5 & u. Dresd. Görl. 192 6. Thüringer. 1 716 ba. u. H Huss. Elbert. 4 97 ba W hb. (CC. 0 4 ö. do. Prior. 1 do. Prior, 5 102 8. Glossnitzae-. 4 J IImb. Bergd. 4 . . kKiel- Alt. 4 1082 B. exel. Div. Quit. Bog. Lpæ. Dresd. 1 2 4 9h e Lö5b. Zittau. 1 2 J 1 1 1 1

Mecklenb. 48 6. Bexb. Ludw. 70 N. Sehl. Me. 35 85 ba krieg - Neiss. 90

do. Prior. 41 94 B. Thür. V. 20

do. Prior. 5 102 9 Magd. Witt. 60 64 a 633 bz u. EB. do. 11I. Ser. 5 1013 n. Nrdb. F. W. 75 544 a ba. a. G.

Starg. Pos. 80 80 G. 81 B. (Schluss der Börse 3 Uhr.)

Die Schwankungen in Wittenberge Friedr. Wilh. Nordbalin, worin von kleinen Spekulanten ztark gespielt wird, waren aucli heute wieder sehr beträchtlich. In anderen Actien-Gattungen war die Ilal- tung ruhig, und die Course schlielsen feste h lin- Hamm. und Köln- Bank- Antheile wenig gegen gestern

Nrdb. K. Fd. 1 4

Mind. wurden höher bezahlt. verändert. Getrai de- Bericht. Am heutigen Markt waren die Preise wie säalgt: VWoeizen 51 54 kRthlr. Roggen loco 37 - 38 Rthlr. . pr. April Mai 34 Rihlr. bez. u. Br. Mai / Juni 343 Ethlr bez. Hafer 48 / 52 pf. 24 25 Rihlr. . A8 pfd. pr. Frühjahr 21 Rihlr. bez. 50 pid. 22 Rihlr. Br. Gerste 33—34 Uthlr. Rüböl loco 104 Rihlr. . pril / Mai 10 Ithlr. * Sept. Okt. 104 Rihlr. Spiritus loco 18 Rthlyr. . = Frühjahr 18 Rihlr. bez. u. 614d.

Stettin, 22. Febr. Getraide moch immer weichend, Roggen in loco Fspfd. zu 33 Rihlr. gekauft, pr. Frühjahr S2psd. 35 Rthlr. bezahlt und Brief. .

Spiritus eben so, aus erster Hand zur Stelle und aus zweiter Hand zu 20 56, pr. Frühjahr zu 191 angeboten. Nach der Börse soll noch zu 20 56 gekauft sein, pr. Juni / Juli zu 185 56 angeboten. .

Rüböl in Joch wie pr. März/April auf. 11 Nthlr. gehalten, 102 Rthlr. nur zu machen, pr. Septbr. / Oktbr. 10 Rthlr. bez.

4 Breslau, 22. Febr. Weizen, weißer, 574, 64 bis 68 Sgr., gelber 55, 60 bis 65 Sgr. . Roggen war wieder viel angeboten, wurde aber neuerdings, unge— achtet auch der Begehr größer war, wieder billiger verkaust, 42, 47 bis 52 Sgr., 50 Wispel 8apfd. pr. März à 40 Rthlr., und 50 W. 83 (84pfd. pr. März 41 Rthlr. bez.

Gerste 42, 464 bis 50 Sgr.

Hafer w s w nr, . .

Rapps heute etwas malter und 85 bis 89 Sgr, schwer zu bedingen.

Spiritus bei kleinem Umsatz sester, 19 93 9 Rthlr. bez., schließt 9 Rihlr. Geld. Teimine fester ohne Preiserhöhung.

Magdeburg, 20. Febr. Die Getraidezufuhren vom Lande sind nicht übermäßig“ groß, ost nur sehr mäßig gewesen, dennoch erlagen auch hier die Preise einem ferneren Drucke; man zahlte für schönen schweren Weizen nicht uͤber 54 Rthlr., geringere Sorten 46 * 52 Rihlr., Noggen wurde mit 38 z 46 Rthlr. erlassen, Gerste 30 3 31 Rthlr,, Hafer 23 à 25 Nthlr. In verschiedenen hier abgehaltenen Auctionen über Getraide, welches in Fahrzeugen hier überwintert gestanden hatte, beim Eisgang aber beschädigt worden war, wurde nasser Weizen von 25 * 31 Nthir., Gerste von 10 12 Rihlr. Wicken mit 5,9 3 15 Rthlr,, Linsen mit 36. Nthlr, verkauft; der dadurch entstandene Veilust trifft verschiedene auswärtige Assekurgnzen, und es wäre zu wünschen, daß im Interesse der Schifser fur deren Sicher heit mehr geforgt würde, da diese Beschädigungen von Fahrzeugen und 66 nun bereits drei Jahre hinter . stattgefunden haben, dabei aber auch Menschenleben auf dem Spiele standen.

In ö ist . verändert. Rübsen ist zu 89 Rihlr., Rapps zu 83 Nihlr. zu kaufen, Leinsaamen wird zu 62 a 68 Rthlr. gern genom- wen. Nach Kleesaamen zeigt sich etwas Frage, die jedoch nur auf rothen Saamen beschränkt bleibl, Forderung ist 114 a 12 Nthlr. nach Qualität. Nunkelrübensaamen 10 a 12 Rthlr., Cichoriensaamen 30 2 40 Rihlr., Küm⸗ mel 7 2 75 Rthlr. p. Etr., Anis 97 Rthlr. mit wenig Handel, Fenchel 5; Nthlr. p. Ctr. Runkelrübenwurzeln 3 Rihli., Cichorienwirzeln 3 a * Rihlr. Nunkelrüben-Sorup 18 2 . Rihlr., Stärke⸗Syrup 6* Rihlr., Kartoffelmehl 65 a] Nthlr., Kartoffel ⸗Staͤrfe 63 a Rihlr., Weizen-Stärke ist zu 8 Rthlr. nicht begehrt, man erwartet einen feineren Rückgang im Preise.

böl konnte auch hier bei der milderen Witterung, wodurch die Müh=

len wieder in Thätigkeit gesetzt worden, seinen bisherigen Preis nicht be— haupten, sondern ist bis 11 Nihlr. zurückgegangen, a 11 Nthlr. Leinöl 107 2 11 Rthlr., fremdes 10 Rihlrn., Baumöl 17 Rihlr.,, Mohnöl 21 Rthli. pr. Ctr. Südseethran 99 2 19 Rthlr. pr. Etr. 36 .

Spiritus ging in der letzten Woche wieder von 24 auf 219 Rthlr pr. 14, 100 39 zurück, wozu ferner anzukommen ist; die Lieferungen sind fort während ansehnlich. Gereinigter Sprit 35 a 36 Rihlr.

Bremen, 17. Febr. Taback. Die Verkäufe von nordamerifan betrugen in den letzten acht Tagen: 364 F. Blätter und 36 F. Virgin? Stengel. Lager: S560 F. Marvland⸗, 934 F. Virgini⸗, 1395 7. Kentucky⸗ und 1481 F. Stengel. Westindischer und südamerikanischer: Von Havang (Cuba) sind 64 Sur. und von Cuba 50 Sur. bladiger Einlage begeben Für Domingo blieb die Kauflust rege und wurden davon wiederum oo Sur. diverser Gattungen zu festen Preisen aus dem Marlte genommen, so wie die verkauften 39 K. Seedleaf⸗ nach Qualität bezahlt. Die umgesetz⸗ ten 120 P. Columbia in Blättern konnten dahingegen nur zu ermäßigten Preisen abgeschlossen werden. Von Puertorico- in Blättern fanden 46 P. bladiger Einlage, von Varinas- in Blättern 37 Kb. und von Brasil- in

Blättern 129 P. Nehmer. In Getraide ist bei Partieen nichts um— gegangen, und haben nur kleine Umsätze für den Bedarf zu Notirungen stattgefunden. Lein saamen. Von rigaer wurden 60 T. zu unverän

derten Preisen umgesetzt.

London, 18. Febr. Getraidemarkt. Die Zuführen von Ge— traide und Mehl während dieser Woche waren mäßig, mit Ausnahme frem den Weizens. Vorgestern war der Markt wenig befucht, heute war das Geschäft lebhafter, und fremder Weizen erhielt etwas bessere Preise, eng- lischer unverändert; Gerste hält die früheren Preise; Bohnen flan. Weiße Erbsen vernachlässigt, geringere Qualitäten unverkäuflich. Hafer schwer anzubringen und etwas billiger. In Mehl und Roggenmehl keine Veränderung.

Auswärtige Börsen.

IIa m bu rg, 21. Febr. Bauk-Actien 1580 H-. nl. Hasr. 166 G. Hamb. Rer. Actiey 821. S2. Magd. Wittenb. H2 ir. IIamb. kerl. 9l g0 5. kiel Alt. 166. 1051. Glückst. Elms. 51 Er. Rendsb. Neum. 85 Br. Roihsck. 67 Rr. Meckl. 18 G.

Leipzig, 22. Febr. Leiprz. Dresdn. Act. 116 . 165. Si cha. Bayer. 90. 89. Szekha. Schlès. 93 kr. Chem, Ries. 45. 443. Läb. zitt. 1 Br. Md. Loeipa. 223 Rz. erl. Aub. L.. A. II43. 114. Lt. B. 108. 1073. HDeas. Rank - Aet. 1093. 109.

London I8. Febr. Cons. 30h 89 . 893. Belg. 91. 89. Ard 21. 26 2. Passive 5. 4. Ausg. Sch. 14. 131. 235995 Iloll. 5454. 545. 195 do. 85 7. 85 .. Engl. Russ. 111 . 1I0. Kras. 87. 85. Chili 92. 90. Mex. 19. 19. Feru 86 3 i.

Paris, 19 Febr. 69 Rente flu aur. II6. S0. 74. 10. Neue 395 Anl. 74.90.

Wien, 21 rcur. Seh ner 100 Actier 15409). Axl. de 1834 1351. de 1839 110 gion. 105.

Kopenh.

396 aAn cur. 0. 19 da. 85. Z99 do. 62. Bauk. Nordb. 126.

(Telegr. Dep. Käln, 23. Febr.) Amsterdam, 21. Febr. Int. 53 Faris, 21. Febr. 596 Reute 116 55. hh do. 73. 95. . .

Amsterdam, 21. Febr. (Teleg. Dep.) Bunter polnischer Weizen 128pf8. 380 Fl., Roggen 119pfd. odessaer 162 Fl.

KMleteorologische Beobachtungen.

1

Nordb. 538. ).

18458 Morgens Nachmittags Abends Nach einmaliger 2 Fehr. 6 Uhr. ͤ 2 Ubr. 10 Uhr. Beobachtung. Luftdruck. .... 331, 78“ Par. 332,45“ Par 329,54“ Par. QGaellwürme . 566 Luftwärme ... . * J R. 4, 2 R. 4 1,4 R. Flusswärme (0,9) R Thaupunkt .... 0.8 R. 93 R. 93 R. ko denwärme Dunstsũttigung. S0 pet. / . pCt. Aus diinatunsʒ Were, halbhbeiter. hulb beiter. trüb. Niederschlag O. Wini e. W. W. Warmevee sel = . Wolkenzug .. W. * 1,0* 0,37 R. .. 79 pCt. W.

Taßgesmittel: 331,29“ Par... 4 2, 3) R.. Königliche Schauspiele.

Donnerstag, 24. Febr. Im Opernhause. Mit aufgehobenem Abonnement. Mit Allerhöchster Genehmigung. Benefiz-Vorstellung für Mad. Viardot-⸗ Garcia: Die Hugenotten, Oper nach Scribe. Musik von Meyerbeer. (3ter und 4ter Akt.) (Mad. Viardot Garcia: Valentine.) Hierauf: Pas de deux, ausgeführt von Mad. Brue und Herrn Hoguet⸗Vestris. Dann: Lituana, ausgeführt von Dlle. Polin. Und: Der Zte Akt der Oper: Othello, von Rossini. (Mad. Viardot⸗Garcia: Desdemona. Wegen Unpäßlichleit der Ulle. Tuczek kann der te Akt der Oper: Die Familien Capuleti und Mon tecchi, nicht gegeben werden.) Finale aus dem Zten Akt der Oper: Die Nachtwandlerin, von Bellini. (Mad. Viardot-Garcia: Amine.) Anfang 6 Uhr.

Zu dieser Vorstellung werden Billets im Billet Verkaufs Büreau zu folgenden erhöhten Preisen verkauft:

Ein Billet in den Logen des Prosceniums, des ersten Ranges und im ersten Balkon 2 Rthlr. ze. ;

Im Schauspielhause. 35ste Abonnements⸗-Vorstellung: Zum erstenmale wiederholt: Ein Hausmittel, Lustspiel in 1 Akt, von G. von Putlitz. Hierauf: Ihr Bild, Lustspiel in 1 Akt, nach dem Fran zösischen. Und: Der Rechnungsrath und seine Töchter, Lustspiel in 3 Abth., von L. Feldmann. ; ;

Freitag, 25. Febr. Im Opernhause. 26ste Abonnements⸗ Vorstellung. Das war ich! ländliche Scene in 1 Außzug, von Huth. Hierauf: Robert und Bertrand, pantomimisch komisches Ballet in 7 Abtheil,, von Hoguet. Musik von H. Schmidt. Anfang halb 7 nh

Zu dieser Vorstellung verkauft: ;

Ein Billet in den Logen des Prosceniums, des ersten Ranges und ersten Balkons 1 Rthlr. 10 Sgr. ꝛckc. ö

Auf vieles Verlangen wird Dlle. Araldi, Freitag, den 25sten, und Dienstag, den 29. Februar, noch auftreten. K

Im Schauspielhause. 44 ste französische Abonnemente e n n. Virginie, tragédie nouvelle en 1 acte, „de M. de Saint j Ras. (Mlle. Araldi remplira le role e Virtzinie.) Le . nete d' Athalie, tragdlie de Racine. (Mlle. Yraldli remplirᷣ e ö. d'Athalie,) Le spectacle sera terminé par: La carotte d'or, vaudeville comique en 1 acte.

werden Billets zu folgenden Preisen

Königsstädtisches Theater Donnerstag, 24. Febr. Einmal Hunderttausend Thaler, Posse mit Gesang in 3 Äbth., von D. Kalisch. Musik vom Königl. Musil Direktor Gährich. ö . 3 Febr. Einmal Hunderttausend Thaler, h Sonnabend, 26. Febr. talienische Opern-⸗Vorstellung. ) 3um erstenmale wiederholt: Roberto il Diavolo (Robert der Teufeh, Oper in 5 Abth., nach dem Französischen des Scribe und, Delavigne, ins Italienische übertragen von Calisto Bassi. Musil von dem Königlichen General-Musik⸗Direltor und Hof-Kapellmeister Meyer

een, Anfang 6 Uhr. Ende 10 Uhr.

Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zin ke isen.

Im Selbstverlage der Erpedition.

Gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober Hofbuchdruckerei. ; Dritte Beilage

55. Dritte Bei

157 lage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

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ODesterreichische Monarchie. Padua. Unruhen. ;

Frankreich. Schreiben aus Paris. (Verhältnisse der Parteien für sich und zu einander; die letzten Beschlüsse hinsichtlich der Bankett⸗Demon⸗ stration; Bemühungen der progressistischen Konservativen dagegen; das Programm des Banketts; die Subfcriptionen hierzu; Zerwürfniß unter den Radikalen; die Kammern.)

Großbritanien und Irland. London. Parlaments-⸗Verhandlun-

gen; Die Herstellung diplomatischer Verbindung mit Rom. Antrag auf Aufhebung der Bankatte im Unterhause verworfen. Sir R. Peel's Stellung. Lord Dundonald. ; . Schweiz. Kanton Schwoz. Großraths -Beschluß über die Verfassungs— frage. Unterhandlungen mit dem Kloster Einsiedeln. Italien. Neapel. Die Verfassung.

Wissenschaftliche und Kunst-⸗Nachrichten. Königl. Schauspiel⸗ haus. („Struensee und die Deutschen in Dänemark“) Zur Topo— graphie und Geschichte von Jerusalem und Palästina.

Handels⸗ und Börsen⸗Nachrichten.

Oesterreichische Monarchie.

Padua, 9. Febr. E Die Ruhe ist gestern hier (wie bereits erwähnt) auf ernsthafte Art gestört worden. Militairische Kräfte mußten aufgeboten werden, und leider ist der Ausgang ein sehr blutiger geworden Schon am vergangenen Sonntag wurden durch hiesige Studenten und andere junge Leute aus der bekannten Partei friedliche Bürger insultirt, welche an der Piazza dei Signori der Militair-⸗Musik zuhören wollten. Abends schien man es beson⸗ ders auf das Militair abgesehen zu haben. Man hielt mehrere Mi— litairs wegen Eigarrenrauchens an und beschimpfte sie. Die Folge davon war ein an sich unbedeutender Streithandel zwischen ungari— schen Soldaten und Studenten vor dem Caffé della Concordia, der sedoch auf die weiteren Ereignisse nicht ohne Einfluß blieb. Noch in der nämlichen Nacht wurde der Bediente eines Offiziers meuchlings überfallen und durch einen Dolchstich gefährlich verwundet. Montags befand sich Alles in einer gewissen Aufregung, hervorgerufen durch jene Vorfälle, die Nachrichten aus Sicilien' und das immer keckere Auf⸗ treten der Studenten, welche Tages vorher die Konzession durchgesetzt hatten, sogenannte Ernanihüte (großkrempige schwarze Hüte nach kor sischer Weise mit schwarzen Straußfedern) tragen zu dürfen, die all— gemein als Abzeichen der Bewegungs-Partei galten. Die Zahl dieser Bezeichneten stieg von Stunde zu Stunde, und man kann leicht auf den Eindruck schließen, den diese Erscheinung hervorrief. Am Dienstag früh war große Studenten-Versammlung. Einer der Studenten stellte im Namen der übrigen in einem öffentlichen Vortrage an den Rektor das Begehren, von den Behörden mehrere Begünstigungen zu erwir⸗— ken und Anträge zu stellen. Zu ersteren gehörte unter Anderem die Errichtung einer Studentengarde, zu letzteren ein Verbot für das Militair, Kaffeehäuser zu besuchen, den Zapfenstreich um fünf Uhr Abends abzuhalten und dergleichen Thorheiten mehr. Bis vier Uhr Abends verlangte man diesfalls bestimmten Bescheid! Mittler⸗ weile hatte die Aufregung immer mehr zugenommen. Gegen 4 Uhr wurden alle Thüren und Läden geschlossen; allgemein hieß es, man würde losschlagen. Eine Menge Menschen wogte in den Straßen, besonders gegen den Platz und die Universität zu, wo sich die Stu— denten erneuert eingefunden hatten. Das Militair seinerseits ver stärkte seine Posten und ließ die Mannschaften unter Gewehr treten. Mit Schlag 5 Uhr brach der Sturm los. In der Universitäts—⸗ Kirche und im Dom wurde die Sturmglocke geläutet. Ueberall viel Lärm, Evvivas auf den Papst, auf Italien und unter diesen der Ruf zu den Waffen! Tod den Deutschen! Zwei Offiziere, welche in die Kaserne eilen wollten, wurden vom aufgeregten Volk umringt; man ruchte sie zu entwaffnen. Hier floß das erste Blut! Ein Anführer der Rotte wurde niedergemacht, einer von den kecksten Angreifern schwer verwundet. Nur mit der größten Tapferkeit und der äußer⸗ sten Anstrengung gelang es diesen beiden Offizieren, in fortwähren⸗— dem Kampf, unter einem Hagel von Steinen sich gegen die Piazza dell' Erbe zu ziehen, wo zufälligerweise eine Abtheilung Ungarn, mit den Menage-Einkäufen beschäftigt, den Schwerbedrängten zu Hülfe kam. Gleichzeitig hatte ein Tumult vor dem Caffee Petrocchi begonnen, wohin sich Studenten und der aufge— segtere Theil des Volks gedrängt hatten. Die Schildwache bei dem nahe— stehenden Postgebäude wurde von einer großen Zahl Schreier umringt; man wollte sie anfangs zwingen, eine Cigarre zu rauchen man bewarf sie mit Steinen, man ging ihr an den Leib, um sie zu entwaffnen Alles vergebens, sie blieb so lange Meister ihres Postens, bis Hülfe kam, nach— dem sie zwei der Angreifer schwer verwundet hatte. Die Rotte ward hier zerstreut; vier der Anführer hatten sich in ein Haus verrammelt. Eine Patrouille, die eindringen wollte, wurde von mehreren Seiten aus Fenstern beworfen, das Gleiche begegnete einzelnen Soldaten und einer zweiten Patrouille, die gegen die Post entsendet worden war. Einzelne Schüsse fielen aus den Fenstern des Caffee Petrocchi, das in seinen un— teren großen Räumen viele der Tumultuanten aufgenommen hatte, dort soll man besonders thätig gewesen sein. Dort ging es schrecklich zu! Die zu zwei Seiten eingedrungenen Patrouillen, welchen man mit Dolchen und langen Krummmessern entgegengetreten war, hatten von ihren Waffen furchtbaren Gebrauch gemacht. Binnen sechs Minuten war der Platz geräumt, viele suchten ihre Rettung durch die Fenster, in Schränke, unter Tische, Bänke ꝛc., während andere, denen jeder Ausweg versperrt war, auf den Knieen um ihr Leben baten. Eini— gen Ler herbeigeeilten Offiziere war es indessen gelungen, der Wuth der Soldaten Schranken zu setzen und jene zu retten, die sich noch vor einer Stunde das Wort gegeben hatten, alle Offiziere aus der Welt zu schaffen und ihr Fleisch den Hunden vorzuwerfen! Die Anzahl der hier Verwundeten und Getödteten ist leider bedeutend, erstere dürften sich nicht unter vierzig belaufen, während man von fünf. Todten und einer größeren Zahl schwer Verwundeter spricht. Mit, dem Vorfall in Caffee Prtrocchi hatte der Auf— stand um 6 Uhr Abends sein Ende gefunden. Das Militair hatte seine Allarmplätze bezogen, jedoch kam es nicht zur Anwendung größe⸗ rer Massen, wofür dem Himmel nicht genug zu danken ist. Bei der Aufregung im Militair, dem Treiben der hiesigen Verschworenen ge⸗ genüber, wären die Folgen gar nicht abzusehen gewesen. Heute ist die Universität geschlossen, und sie wird es wohl auf einige Zeit 'lleiben. In der Nacht und gestern Abends sind viele Verhaftungen dergenommen worden. Mehrere Bürger, besonders aus der besseren Alasse und vom Adel, sind an den Exreignissen sehr betheiligt. Man . daß es auf alle Deutsche und besonders auf die Offiziere abge⸗ ien gewesen, und daß man deshalb den Zapfenstreich schon um 5

gewünscht. Auch auf Hülfe von außen soll gerechnet gewesen

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Donnerstag den 24. Febr.

sein. Für heute fürchtet man weitere Unruhen; es soll auf die Er⸗ stürmung der Kerker und Gefängnisse abgesehen sein. Alle Läden und Gewölbe sind wieder geschlossen worden. Ueber 700 Studenten sind bereits abgereist. Vor Abgang der Post 4 Uhr Nachmittags ist die Ruhe nicht weiter gestört worden, Meneghini ist verhaftet, zwei Professoren sind suspendirt.

Frankreich.

X Paris, 19. Febr. Der jetzige Zustand der Parteien in Frank= reich hat kaum noch seines gleichen gehabt. Unter allen herrscht Mißbeha⸗ gen, Unruhe, Zwiespalt, Unzufriedenheit; es ist, als ob ein Alp auf allen Gemüthern lagerte, der das freie Athmen verhindere. Die Revolutionaire von Profession, die Klubisten, die Leute, welche sich die Sansculotten von 1793 als würdigste Muster zur Nachahmung vorgesetzt haben, sind jetzt noch mit einem gefährlicheren Elemente vermischt, das ihnen früher abging, mit den Aposteln der Gütergemeinschaft, mit den Feinden der Familie und des Eigenthums und alles dessen, was die Grundlagen jeder civilisirten Gesellschaft bildet. Die Kommu⸗ nisten würden jeden Versuch der politischen Revolutionagire zum Um⸗ sturz der bestehenden Ordnung bereitwillig unterstützen, weil sie dadurch einen bedeutenden Schritt vorwärts für ihre eigene Sache machen könnten, wenn es nur vorerst gelänge, die Ordnung durch die Anarchie zu verdrängen. Alle diese Leute brennen vor Zorn und Ungeduld und erwarten so zu sagen heißhungrig den Augen- blick, wo es ihnen vergönnt wäre, sich auf ihre Opfer zu stürzen, sich der lange mit gierigen Augen ersehnten Beute zu bemächtigen. Ihre Zahl ist verhältnißmäßig sehr gering, aber sie ersetzen dieselbe durch um so größere Keckheit und Rücksichtslosigkeit in der Wahl der Mittel zu Erreichung ihrer Zwecke. Jetzt lauern sie aus ihren verborgenen Schlupfwinkeln dem Luchse gleich auf den Augenblick, der ihren Hoff— nungen Erfüllung bringen soll. Aber sie knirschen vor Wuth über diejenigen, welche ihrem glühenden Eifer Hemmketten anlegen möchten. Dies sind die Oppositionsmitglieder von der Linken, die sich zu Werk zeugen jener Leute hergeben, deren Aufrichtigkeit aber diesen mit Recht Argwohn einflößt, deren Furchtsamkeit sie verachten, deren langsames Vorschreiten und ewiges Zaudern ihre Galle reizt.

Außer jenen äußersten Kämpen der Revolution, die man gerade—= zu mit dem Gattungs-Namen Anarchisten bezeichnen kann, giebt es aber auch Revolutionaire feinerer Art, Republikaner in Glack-Hand— schuhen, die eigentlich die entschiedensten Feinde jener erstgenannten Nlasse sind, im Grunde des Herzens sie verachten, und die beklagen, daß ihre Sache durch die Betheiligung solcher Elemente daran, verun— reinigt werde. Das sind die Männer des National, die sich eine Republik mit stark imperialistischen Zusätzen, mit einer starken, kräf— tigen Regierung schaffen möchten, eine Art von republikanischem Despotismus, der aber mit fester Hand die Ordnung wahren soll. Die Herrschaft dieser Letzteren würde eine stark militairische Färbung tragen, in ihnen leben die Ideen und Erinnerungen des Kaiserreiches, wie die Gelüste nach Wiedererlangung der Rheingränze, am lebhaf⸗ testen fort. Mit der Einmischung der Massen in ihre Bestrebungen sind sie nur so weit einverstanden, als sie ihrer bedürfen, um etwas durchzusetzen: nach erlangtem Siege würde es ihr Erstes sein, diesen Massen, dem großen Haufen wieder den Kappzaum anzulegen.

Die Männer des National sind zugleich Männer der Taktik, während die der Reform nichts von solcher wissen wollen, sondern mit Verachtung aller Schleichwege gerade auf ihr Ziel lossteuern. Beide Theile sind also unter sich und mit einander unzufrieden und geben sich davon jeden Augenblick Beweise. Dagegen wenden sie gleichmäßig ihre Feindschaft allen denen zu, die ihnen im Wege stehen, vor Allen den Anhängern der Monarchie. Aber während die Männer der Reform dies auf offenem Wege thun und in keiner Weise mit denen der Monarchie unterhandeln wollen, glauben die des Natiounal durch diplo natische Künste besser zum Ziele zu gelangen: sie suchen die Schwachen und Schwankenden unter den Monarchisten durch Ueberredung, Schmeicheleien und dergleichen Mittel allmälig zu sich herüberzuziehen, indem sie sich selbst dazu bequemen, den Trugmantel des Constitutionalismus umzuhängen. Diese sind es auch, welche jetzt bei der Agitation für das beabsichtigte Wahlreformbankett die thätigste Rolle spielen, die Zaghaftigkeit der Männer der Linken er muthigen und deren Leidenschaften, Eigenliebe und Stolz anzuregen suchen, um sie so ins Feuer zu treiben, dem diese sich vielleicht gern entziehen möchten. Die kläglichste Rolle von allen spielen in der That die Männer der Linken. Sie möchten sich den Anschein großen politischen Muthes, männlicher Euntschlossenheit geben, als Grundpfeiler für Aufrecht= haltung der Freiheiten des Laßdes angesehen werden:; vergeblich! Auf allen Seiten und bei jedem Anlasse blickt ihre Schwäche, ihre Furchtsamkeit durch, und nichts giebt ein schlagenderes Beispiel davon als ihr jetziges Verhalten in der leidigen Bankettgeschichte. Ihnen geht es eben, wie Allen, denen der innere feste Halt bestimmt aus geprägter und treu und kräftig festgehaltener Grundsätze fehlt. Nichts ist ihnen recht, Alles erregt ihren Tadel, aber vergeblich würde man sie fig— gen, was sie denn eigentlich an die Stelle setzen wollen. Sie ver— abscheuen im Herzen die Republik, weil sie dieselbe fürchten, und schmollen auch mit dem Königthum, weil es nicht, einer Windfahne leich, in ihre jeden Augenblick wechselnden Launen sich fügen mill. Die Republikaner gehen ihnen zu schnell, die Monarchisten zu lang— sam, und sie selbst gehen in Wahrheit gar nicht: sie sind eine Art Federball, der bald dahin, bald dorthin getrieben wird, je nachdem von der einen oder von der anderen Seite der Windstoß kömmt. Sie fühlen das Bedürfniß der Ordnung und bieten doch denen die Hand, die das höchste Interesse dabei haben, die Ordnung zu stören; sie fürchten den Krieg, wollen ihn nicht, thun und sprechen aber in einer Weise, die am vollkommensten geeignet ist, ihn herbeizuführen. Sie wollen es mit dem Königthum nicht ganz verderben und machen doch mit seinen Feinden gemein— schaftliche Sache; sie wollen die Freiheit und arbeiten doch den gefährlichsten Widersachein derselben, den Anarchisten, in die Hand; sie wollen, daß die Industrie, der Handel, der Kredit und die Staatsfinanzen blühen, und fördern doch die Undnordnung, welche das Vertrauen erschüttert, den Geschäftsverkehr ins Stocken bringt und jeden Aufschwung hemmt! Sie sind mit aller Welt un— zufrieden, nur auf sich selbst, auf ihre eingebildete staatsmännische Weisheit, uf das Monopol des Patriotiemus, das sie zu besitzen glauben, blicken sie mit Selbstgefälligkeit und Zufriedenheit. Was kann man von solchen Männern für Frankreichs Zukunft erwarten? Wenn es ihnen gegeben wäre, würden sie mit ihrem verkehrten Be— nehmen Alles auf's neue in Frage stellen. ;

Traurig aber ist es, zu sehen, wie auch Männer, die früher mit zu den entschlossensten Vertheidigern der Ordnung gehörten, nun auf diese falsche Bahn sich fortreißen lassen, welche die Linke eingeschla— gen hat. Der größte Theil der Männer des linken Centrums, mit geringen Ausnahmen, gehört hierher. Die Unzufriedenheit dieser

Klasse hat ihr Motiv zunächst und fast ausschließlich in den fehlge—

schlagenen Hoffnungen ihres Ehrgeizes, und darum sehen wir jetzt einen Theil des linken Centrums in der Bankettfrage sogar in einer Linie stehen mit den Radikalen, zu materiellem Widerstand greifen, wo alle Wege zu gesetzlicher Geltendmachung ihrer Ansprüche und Hervorrufung einer Entscheidung darüber offen standen und noch offen stehen. Ein kleines Häuflein Anderer, das sich um zwei Männer, die Herren Dufaure und Billault, schaart, hat allein Ruhe und Mäßigung genug bewahrt, um sich nicht so gefährlichem Begimen beizugesellen. Gewiß werden es die Herren Thiers und Duvergier de Hauranne noch bitter bereuen, nicht eben so gethan zu haben.

Auch in der konservativen Partei ist eine innere Spaltung offen zu Tage getreten, doch hat sie den großen Vortheil, der auch ihre Ueberlegenheit sichert, daß sie wenigstens über die Grundit een, welche sie leiten, einig und zu deren Aufrechthaltung und Vertheidigung ent⸗ schlossen ist, und darin liegt die beste Bürgschaft, daß die Tue der Ordnung aus der neuen Krise, von welcher sie offenbar sich bedroht sindet, endlich doch aufs neue siegreich und mit nur erhöhter Stärke hervorgehen werde. Der jetzige Zustand ist eine wahrhaft babylo⸗ nische Verwirrung, Keiner versteht sich mehr mit dem Anderen, und daß dies nicht lange so fortgehen kann, wird allgemein gefühlt.

Das große Wahlreform Bankett der Opposition wird also nun entschieden am nächsten Dienstag stattfinden. Es ist eine alte Erfah⸗ rung, daß die Leidenschaften zu allen Zeiten stärkere Macht besessen haben, noch größere Anziehungskraft äußern, als selbst der persönliche Vortheil. Unter denen, welche die Sache der Bankette überhaupt und jetzt im vorliegenden Falle auch die des hiesigen Banketts zu der ih⸗ rigen machen, besteht die Mehrzahl unstreitig aus solchen, die etwas zu verlieren haben, deren Interessen schon jetzt durch die allgemein berrschende Besorgniß und die dadurch verursachte Stockung der Ge⸗ schäfte schwer benachtheiligt werden; dessenungeachtet lassen sie nicht von ihrem Beginnen ab. Ueberall herrscht Bangigkeit; die Fremden, welche dem Wetter nicht trauen, reisen ab, wenigstens zum Theil; die Einheimischen aber bringen, was sie an Geld und Werthen besitzen, für jeden möglichen Fall in Sicherheit; die Einen über geben ihr Geld der Bank, die Anderen geben es jedenfalls nicht ab, auch wenn sie Zahlungen zu leisten haben, und namentlich sind es die Kleinhändler und Gewerbeleute, welche nur mit größter Schwie⸗ rigkeit seit einigen Tagen schon zu Geldzahlungen sich herbeilassen. Das Bankett wird also im ersten Arrondissement, in der Nähe der Elysäischen Felder oder, wie es jetzt wieder heißt, in einem Lokale der Rue Pepiniere, welche die Fortsetzung der Rue St. Lazore bil⸗ det und gleichfalls nach den Elysäischen Feldern hinführt, statthaben, sedenfalls im ersten Arrondissement. Die große Mehrheit der Be⸗ wohner dieses Arrondissements gehört aber der konservativen Mei- nung an, und es ist daher auch mit Sicherheit zu erwarten, daß die Natlonal-Garde desselben, nämlich die erste Legion von Paris, über deren Gesinnungen gleichfalls kein Zweifel obwalten kann, in großer Stärke auf dem Platze erscheinen wird, wenn ihr Einschreiten noth⸗— wendig werden sollte.

Seit drei Tagen haben sich übrigens die sogenannten Progres— sisten der konservativen Partei sehr bemüht, die Unterlassung oder doch wenigstens einen Aufschub des Banketts zu erlangen. Ihrer ungefähr 490 hatten sich in Betracht der in der Stadt unter den un⸗— tersten Volksklassen herrschenden Gährung vereinigt, um ihre günstige Stellung zwischen den beiden sich gegenüberstehenden Parteien diese Progressisten haben neulich mit der Opposition für das Amen⸗ dement des Herrn Desmousseaur de Givrs gegen das Ministerium gestimmt, nachher aber doch erklärt, daß sie darum sich nicht von der konservativen Partei lossagen wollen zu einem solchen Versuche, wie der angedeutete, zu benußzen. Zu diesem Zwecke setzten einige ihrer hervorragendsten Führer sich mit einigen Mitgliedern der Ban- kett Rommission und anderen einflußreichen Oppositlons⸗ Mitgliedern ins Benehmen, um zu hören, welche Aufnahme ein von ihnen ausgehender Vermittelungs Vorschlag sinden würde. Diese Aufnahme schien durchaus günstig, und man kam daher überein, daß die Progressisten eine Adresse an die Bankett⸗-Kommissson richten sollten, worin sie die Verschiebung des Banketts im Interesse der Aufrechthaltung Ter Ordnung und der Ruhe verlangen sollten. Die Bankett Kommission sollte dann noch gestern sogleich ebenfalls eine schriftlich: Erklärung abgeben, im Falle sie auf das Verlangen der Progressisten einginge, und die beiderseitigen Erklärungen wären dann heute in den Blättern zur Oeffentlichkeit gebracht worden. Allein als die Sache in der Bankett-Kommission selbst, deren Mehrzahl aus Radikalen besteht, zur vorläufigen Besprechung kam, und ehe noch die Adresse der Progressisten angelangt war, erklärte sich diese radikale Mehrheit mit Entschiedenheit dagegen, und Odilon Barrot, der einen Augenblick auf die Seite der Mäßigung übertreten zu wollen eschie⸗ nen hatte, gab dann den Ausschlag, indem er sich die e fag im nämlich das Bankett nicht ve dürfe. Inzwischen hatten die Progres⸗ sisten wirklich ihre Adresse entworfen und unterzeichnet; die— selbe trug nahe an 40 Unterschriften, worunter sich auch die der Herren Chasles, Lasnyer und Lepelletier d'Aulnay, welche zu den al— ten Konservativen gehören, befanden. Als die Progressisten von der in der Bankett Kommission vorherrschenden Stimmung hörten und daß neuerdings beschlossen worden sei, das Bankett am Dienstag ab⸗ zuhalten, unterließen sie gestern jeden weiteren Schritt. Dagegen macht sie diesen Morgen noch einen neuen Versuch bei gemä— ßigteren Mitgliedern der Bankett-Kommission und anderen Mitglie⸗ dern der Opposition. Diesmal aber wurden ihnen gleich von vorn herein sehr harte Bedingungen gestellt, auf welche sie nicht gefaßt waren. Es wurde ihnen erklärt, die Bankett -Kommission und die Opposition überhaupt könnten eine Zuschrift der Progressisten nur annehmen und einigen Erfolg versprechen, wenn die Progresststen sich förmlich verpflichteten, nicht blos ihrerseits künftig gegen das Kabinet zu stimmen, sondern auch ihre Zuschrift von 15 anderen Mitgliedern der konservativen Partei, und zwar solchen, die bisher immer mit dem Kabinet gestimmt, unterzeichnen zu lassen, so daß sie Alle zusammen sicher wären, im Verein mit der schon vor— handenen Opposition das Kabinet endlich stürzen zu können. . Die Progressisten waren schwach genug, einen Augenblick an die Möglich- keit der Erreichung dieses Zweckes zu glauben und zum Sturze des Kabinets selbst mitwirken zu wollen, nur weil sie die Ordnung nicht. gefährdet wünschen. Sie thaten daher bei einigen alten Konservati⸗ ven Schritte, um zu sehen, ob man sie auf ihre Seite herüberziehen könnte. Allein diese Schritte erwiesen sich als erfolglos, und als die Bankett Commissaire sahen, daß die Antwort der Progressisten auf sich warten ließ, erklärten dieselben, kurzweg, nichts mehr von der ganzen Sache wissen zu wollen. Die Progressisten sahen sich so von allen Seiten abgewiesen und haben nun definitiv ihre Vermitte⸗ lungspläne aufgegeben. . 53

Inzwischen war aber die Opposition nicht unthätig geblieben. Gestern Abend wurde eine neue Versammlung im Hotel Mariton von ihr gehalten, bei welcher 35 Deputirte zugegen waren, und auf diese folgte heute Vormittags abermals eine an demselben Orte, und in

Sinne der Radikalen verschoben werden

erklärte, daß