1848 / 57 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Hauethür liegen findet, ihn im Schlosse versucht, und da er ihn passend sindet, in das Haus hineindringt und einen Diebstahl begeht. Hier könnte man sagen, daß der Zufall ihn dazu führe,

(Lärm und Heiterkeit.) einen Diebstahl zu begehen, und sollte für einen solchen Fall ein Minimum von einem Jahre Strafarbeit nicht hinreichend sein?

Abgeordn. Graf Renard: Das Amendement des geehrten Ab- eordneten würde dadurch erledigt werden, wenn die Worte im letzten geen des 8. 271: „welche nicht für das damit geöffnete Schloß bestimmt sind“, gestrichen werden; denn daß wir denjenigen, welcher falsche Schlüssel, Dietriche, Haken und ähnliche Werkzeuge sich ferti⸗ gen läßt oder selbst fertigt, um zu stehlen, in das Zuchthaus sperren wollen, darüber wird kein Zweifel sein.

Abgeordn. Graf von Zech⸗Burkersrode: So wie ich bei Punkt 5 gewünscht hätte, daß das geringere Strafmaß von einem Jahre Strafarbeit als Minimum angenommen worden wäre, so muß ich es noch mehr bei Punkt 6 wünschen. Zu Nr. 5 gehört der Fall, wo der Dieb, welcher durch ein offenes FJenster eingestiegen ist, ein Be⸗ hältniß findet, das so schlecht verschlossen ist, daß es mit einem Na- gel geöffnet werden kann. Zu Nr. 6 mache ich darauf aufmerksam, daß jetzt Fabrikschlösser vielfach vorkommen, welche der erste beste Schlüssel offnet, daher der Dieb nur einige Schlüssel bei sich zu ha—⸗ ben und den Versuch zu machen braucht, ob der eine oder andere schließt. Für solche Fälle ein nicht zu hohes Strafminimum anzu— nehmen, halte ich doch für billig. r

Abgeordn. von Auerswald: Der Vorschlag des geehrten Ab⸗ ee, er der schlesischen Ritterschaft ist nicht von Einfluß auf meine

emerkung; es ist mir ferner auffallend, daß der Herr Referent in seinem Vorschlage eigentlich weiter geht und milder ist, als ich, da nach seinem Anirage alle diejenigen Personen, welche falsche Schlüssel ebraucht haben, ohne daß sie sie haben anfertigen lassen, straflos leiben würden, wenn der letzte Satz gestrichen werden sollte. Ich bin dagegen der Meinung, daß sie unter Strafe bleiben müssen; aber weil sehr verschiedenartige Fälle darunter zu zählen sein können, halte ich es nicht gerechtfertigt, das Minimum auf dreijährige Zucht- hausstrafe herabzusetzen.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich möchte mir erlau⸗ ben, an die hohe Versammlung noch ein Wort zu richten. Wir müs⸗— sen doch die Sache ins Auge fassen, wie sie liegt. Wir sprechen ohne Nachsicht, ohne eine Entschuldigung gelten zu lassen, die härtesten Strafen über die durch Noth und Elend heimgesuchten, über unsere unglücklichsten Mitmenschen aus,

(Lärm. ) die, weder zur rechten Erkenntniß geführt, noch den Begriff der Tu- gend aufgefaßt, noch weniger durch wahre Religiosität zum Besseren gewendet, in stets Entbehrung findender Lage sich befinden. Wir, die wir hochbegünstigt durch Erziehung und in glücklichem Verhältnisse leben, wo jede Sünde dreifach Sünde wird, weil nur böse Lust, nie Noth dazu treibt, wir wollen solche Strenge üben, wenn ein Vater für seine hungernden Kinder, die vielleicht im Fieberfrost auf nacktem Lager liegen, zum offenen Fenster einsteigt oder es auch wohl erbricht, um Nahrung oder eine Bedeckung zu nehmen; für diesen selbst, der so lange ein ordentlicher Mann war, soll keinen milderen Spruch als 3 Jahre Zuchthaus das Gesetz haben? Ich will fragen, ob wir, wenn wir so weiter gehen, auch durchzuführen im Stande 366 was wir beschließen. Lelder haben die letzten Jahre in Folge der Mißärndten und mangelnden Einrichtungen aus Noth und Armuth so viele Verbrechen hervorgerufen, daß trotzdem, daß das Amnestie⸗ Dekret ihre Zahl sehr verringert hat, wir doch, wenn wir alle diese Verbrecher 3 Jahre ins Zuchthaus sperren wollen, nicht Zuchthäuser genug haben. (Lärm.)

Ja, meine Herren, es ist so, es haben sich diese Verbrechen lei- der so ungemein vermehrt, daß keine Lokale schon jetzt hinreichend mehr da . und die Verurtheilten, die schon jetzt ihre Strafen ab⸗ büßen sollen, können erst nach länger als Jahresfrist aufgenommen werden und füllen so lange bis zum Uebermaß die Gefängnisse, und diese Haft muß ihnen als Zuchthaushaft angerechnet werden, ohne daß sie diese erleiden. Wo soll das hinaus, wenn wir nicht in die Hutten treten, besserer Erkenntniß und dem Sinn für das Edlere den Weg anbahnen und nicht Mittel ergreifen, um unsere Armen besser zu erziehen und dann vor Mangel zu schützen, damit sie nicht aus Noth, der gefährlichsten Feindin der Tugend, stehlen und ein⸗ brechen. Ich bin nicht gegen das hohe Strafmaß, gegen das Maxi= mum für verdorbene, schwere Verbrecher, warum wollen wir aber im Minimum so hart sein; dies begreife ich nicht und will es nicht auf mein Gewissen nehmen. ;

Marschall: Die Frage heißt:

Soll bei Nr. 6 beantragt werden, daß in dem Minimum auf Strafarbeit nicht unter einem Jahre erkannt werden könne? (Ein Theil der Versammlung erhebt sich.)

Die Majorität hat sich dafür ausgesprochen, aber keine Majo— rität von zwei Dritteln.

(Von einigen Seiten wird bemerkt, daß es ungewiß sei, ob zwei

Drittel dafür gestimmt hätten.)

Es fragt sich nur, ob eine Majorität überhaupt da war, und das glaube ich annehmen zu können.

(Viele Stimmen: Ja, jah

Justiz⸗Minister von Savigny: Es ist gegen den Vorschlag der Regierung. ; K

Marschall: Die Minorität ist der Anficht der Regierung; es kommt also nicht darauf an, daß auch ihre Gründe entwickelt werden. Dieselbe Frage, wie ich sie vorhin gestellt, ist in Bezug auf Nr. 7 zu stellen, wo von der Abtheilung nichts bemerkt worden ist.

Verlesen Sie nochmals Nr. 7.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius Gerliest nochmals den Punkt : Ich ssinde hier zur Minderung der Strafe keine Veran= lassung, denn was kann gefährlicher sein, als das Einschleichen in be= wohnte Gebäude! ;

Abgeordn. Neumann: Ich habe eine besondere Bemerkung mir erlauben wollen, die zugleich auf die Fassung sich bezieht. Es ist hier unter Nr. 7 gesagt: „vorbereitet worden ist“. Es scheint nach die— ser Faffung also, als ob diese Handlung als eine für sich bestehende be⸗ sondere vorbereitende Handlung zu betrachten sei, die nicht mit dem Dieb= stahl selbst in unmittelbare Verbindung zu bringen wäre. Dies würde aber bahin führen, daß sie überhaupt nicht inkegrirender Theil des hier

emeinten schweren Diebstahls ist, und wenn es also nicht zur wirk= ichen Ausführung . kommt, so würde das Einschleichen und Verbergen nicht als Konat dieser Art der schweren Diebstähle betrach⸗ tet werden können. 5

. n ,, Pig. Es wird im Eingang des §. 270 vorausgesetzt, daß der Diebstahl wirklich vollendet worden sei. Als erschwerender Umstand wird es demnächst in Nr. 7 bezeichnet, . der Diebstahl in der hier erwähnten Weise vorbereitet wor=

en war. .

Abgeordn. Neumann: Also enthält, dieser Punkt nur die nä— heren Umstände, welche den vollendeten Diebstahl, wie er hier ange⸗ nommen wird, charakteristren sollen.

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** en einem Jahre Strafarbeit als Minimum eintreten zu assen? Und diejenigen, welche es beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. (Ein Theil der Versammlung erhebt sich.) Eine Majorität hat sich dafür nicht ausgesprochen. Verlesen Sie Nr. 8. (Nachdem dies vom Referenten geschehen war.) Dieselbe Frage: Ob wir das Minimum von einem Jahre Strafarbeit beantragen wollen? ist auch hier in Bezug auf Nr. 8 zu stellen, und die das beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. Die . der Aufstehenden läßt ungewiß, ob die Majorität da— ür ist.) Ich bitte, die Zählung vorzunehmen. (Nachdem sie erfolgt war.) Mit Ja haben gestimmt 55, mit Nein 38. Wir kommen zu Nr. 9. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (verliest nochmals den Punkt 9): Meine Herren! Ich glaube, da ist doch die entehrendste Strafe auf das vollständigste gerechtfertigt! Wenn die Elemente den Menschen zur Verzweiflung bringen, wenn er sich Mühe giebt, seine Habe vor ihnen zu retten, und soll da der Dieb sie ihm ohne schwere Strafe entreißen können? Korreferent Abgeordn. Naumann: Gegen diese Erklärung muß ich auf das entschtedenste mich verwahren. Es ist nicht, indem ich den Antrag gestellt habe, meine Absicht gewesen, hier die Diebe straf— los zu lassen, und es liegt dies nicht in dem Antrage, den ich mir zur Ehre anrechne, aber ich nenne das nicht mit redlichen Waffen gekämpft, wenn man eine entgegengesetzte Ansicht in einer solchen Weise darzustellen sucht, wie es geschehen ist. Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Ich weiß nicht, ob es nicht mit ehrlichen Waffen gefochten heißt, wenn man die Sache in klarer Weise darstellt. Was ist Feuers⸗- und Wassersnoth anders, als das Element, welches Menschenhand nicht zu bemeistern weiß, und wenn ein Mensch sich da mit Vorbedacht zu dem Elemente ge⸗ sellt, um das Eigenthum des Nächsten zu vernichten; soll man da nicht sagen, daß in diesem Falle die entehrendste Strafe auf das vollständigste gerechtfertigt sei? Abgeordn. Sperling: Wir haben Gründe, hier eine harte Strafe zu drohen, um die Diebe vom Orte der Gefahr abzuschrecken. Aber, meine Herren, wir müßten uns das Strafübel gar nicht vergegen⸗ wärtigen können, wenn wir nicht schon ein Jahr Strafarbeit als eine harte Strafe ansehen wollten. Man denke sich, was es heißt: Ein Jahr! Dabei soll es nur das Minimum der Strafe sein, und als solches dürfte es wohl einem Jeden mehr als hinreichend erscheinen. Abgeordn. Dittrich: Nach der Praxis hat sich bei kleineren Diebstählen bis jetzt die Strafe auf sechs Wochen in solchen Fällen herausgestellt. Marschall: Wir kommen zur Abstimmung: Ob bei Nr. 9 das geringere Strafmaß von einem Jahre Straf⸗ arbeit beantragt werden ell. Und diejenigen, welche es beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. (Ein Theil der Versammlung erhebt sich.)

Dem Antrage ist nicht beigestimmt.

Die Abtheilung hat zu ihren weiteren Arbeiten die Stunden mor— gen vor der Sitzung nöthig. Es ist also erforderlich, die Sitzung auf 11 Uhr anzuberaumen, damit wir uns aber die schöne Zeit von fünf Stunden nicht entgehen lassen, würde die Sitzung bis wenigstens 4 Uhr fortgesetzt werden.

(Schluß der Sitzung 4 Uhr.)

NUichtamtlicher Theil.

Z3nhalt.

Inland. Berlin. Verordnungen des General-Postamts. Provinz Brandenburg. Bekanntmachung. Provinz Schlesien. Pro- fessor Dr. Jacobi in Breslau 4. Pro vinz Po sen. Bekanntmachung. Rhein-Provinz. Schreiben Sr. Majestät des Königs an den Vorstand des Central-⸗Dombau-Vereins in Köln.

Deutsche Bundesstagten. Königreich Hannover. Warnung. Kurfürstenthum Hessen. Vertagung des Landtages. Herzog-— thum Ho lstein.

Oesterreichische Monarchie. Grat. Die Bauern-⸗Unruhen.

Inland.

Berlin, 25. Febr. Se. Majestät der König haben Allergnä— digst geruht: Dem gegenwärtig als Civil⸗Ingenieur bei dem Eisen⸗ werke Seraing in Belgien beschäftigten Ingenieur Ludwig Lintz aus Trier die Anlegung des ihm verliehenen Nitterkreuzes vom Königl. belgischen Lespold⸗ Orden; so wie dem Schiffseigenthümer 1a Veith in Magdeburg die Anlegung der von dem Senate der Stadt Hamburg ihm verliehenen, zur Erinnerung an den Brand im Jahre 1842 gestifteten Medaille zu gestatten.

Berlin, 25. JFebr. Das Amtsblatt des Königlichen Post— Departements enthält die Verordnung, betreffend die Regulirung der Post- Uhren nach der mittleren Lokalzeit; desgleichen, betreffend die Spedition der aus Unter -Barmen abzusendenden Gegenstände mit⸗ telst besonderer Kartenschlüsse aus Unter-Barmen und der nach Unter⸗ Barmen bestimmten Gegenstände mittelst der Kartenschlüsse nach Bar= men; desgleichen, betreffend die Porto- Freiheit in Angelegenheiten des Diakonissen⸗Hauses Bethania; desgleichen, betreffend die Mon- tirungsstücke, welche fünftig für die Postillone, so wie für Conducteure und Schirrmeister, geliefert werden sollen; desgleichen, betreffend das Stempeln der Briefe mit deutlichem Abdrucke der Stempel; des= gleichen, betreffend die Anschaffung von Stroh decken zur Belegung der Fußböden der Postwagen während des Winters; desgleichen, be⸗ treffend die Porto- Freihest der milden Gaben für die Nothleidenden in Ober-Schlesien; desgl., betr. die Annahme, Engagements⸗Wech= sel und Entlasfung der Post-Expediteur⸗Gehülfen; desgl., betr. die Verpackung von Geldpaketen und anderen Poststücken in die für die Eisenbahn«- Course bestimmten Briefbeutel; desgl., betr., die Porto⸗ Freiheit in Angelegenheiten des Unterstiitzungs Fonds für die emeri⸗ tirten wage e. Geistlichen.

Provinz Brandenburg. Das Amtsblatt der König=

lichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin enthält folgende Bekanntmachung: „Nachstehende Allerhöchste Kabinets-Ordre:

Marschall: Es ist also die Frage zu stellen: Ob in Bezug auf Punkt 7 heankragt werde, das geringere Straf⸗

Auf Ihren Bericht vom 3isten v. M. genehmige Ich, daß die durch das Gesetz über die Verhälmisse der Juden vom 265. Juli v. J. den

rovinzial - Negierungen zugewiesenen Functionen, für den Bezirk der

tadt Berlin, auch insoweit solche die Kultus- und Unterrichts - Angele- enheiten (Tit. II.) betreffen, und nach den bisher dort bestehenden be- 1 Ressort⸗Verhältnissen von dem Konsistorium der Provinz Bran- denburg zu versehen gewesen sein würden, dem Polizei- Präsidium zu Berlin übertragen werden.

Berlin, den 17. Januar 1848. (gez) Friedrich Wilhelm.

; An die Staats-Minister Eichhorn und von Bodelschwingh.

wird wegen der danach eingetretenen Aenderung in den bisherigen Ressort= Bestimmungen des §. 6 der Amtsblatts Bekanntmachung vom 28. Dezem- ber 1821 (Amtsblatt de 1822 pag. 15) hierdurch zur öffentlichen Kenn:= niß gebracht. .

Potsdam, den 22. Februar 18438.

Der Ober- Präsident der Provinz Brandenburg. von Meding.“

Provinz Schlesien. (Schl. 3) Am 23. Februar starb in Breslau der außerordentliche Professor der deutschen Literatur an der dortigen Universität, Dr. Jacobi.

Provinz Posen. Das Amtsblatt der Königl. Regierung zu Posen enthält folgende Bekanntmachung: .

„Die polnische Bank hat in dem Warschauer Tagesblatte vom 29. v. Mts. Nr. 28, im Verfolg ihrer öffentlichen Bekanntmachung vom Monate April v. J., wodurch das Publikum von der Absicht in Kenntniß gesetzt worden ist, daß die weißen Dreirubelscheine, welche mit einem Nosa-Netz nicht über⸗ zogen sind, nächstens außer Cours gesetzt und in dieser Beziehung eine Präklusio= frist anberaumt werden soll, nunmehr zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß, da nur eine geringe Anzahl von den oben bezeichneten Dreirubelscheinen sich noch im Umlaufe befindet, die Staatskassen in der Provinz angewiesen worden sind, diese Scheine nur bis zum 1. Mai 1848 gegen andere einzulösen oder an Zahlungsstatt anzunehmen, indem nach Ablauf dieses Termins die vorgedachten Drei⸗Rubel= scheine nur bei der Bank-⸗Kasse werden eingelöst werden können. Die gedachte Bank fordert demnach die betheiligten Personen auf, vor Ablauf der anberaumten Frist bei den polnischen Staatskassen und namentlich bei den Gubernial-, Kreis- und Stadtkassen, jene Scheine anzubringen. Nach dem 1. Mai 1848 haben alle diejenigen, welche jene Scheine nach Warschau an die Bank zum Umtausch versenden, das dadurch entstehende Porto zu tragen.

Zur Nachricht und Nachachtung für das diesseitige betheiligte Publikum bringe ich dies hiermit zur öffentlichen Kenntniß.

Posen, den 9. Februar 1848.

Der Ober-Präsident des Großherzogthums Posen. In Vertretung: von Kries.

Rhein⸗Provinz. (K. 3.) Auf die von dem Vorstande des Central-Dombau-Vereins in Köln an Se. Majestät den König er⸗ gangene Einladung zu dem bevorstehenden großen Dombau-Feste ist gegenwärtig folgendes Allerhöchste Antwortschreiben eingegangen;

„Ich habe immer schon den Wunsch und die Hoffnung gehegt, der im Monat August d. J. zu begehenden 600 jährigen Jubelseier der Grundsteinlegung des kölner Domes, zu welcher Sie Mich in Ihrer Vorstellung vom 20sten v. M. einladen, persönlich beiwohnen zu können, und werde Mich herzlich freuen, wenn die Umstände die Verwirklichung Meiner Absicht gestatten.

Berlin, 29. Januar 1848. . Friedrich Wilhelm. An die Vorsteher des Central-Dombau-Vereins zu Köln (z. H. des Herrn Erzbischofs von Geissel).“

Deutsche Gundesstaaten.

Königreich Hannover. (Hannov. 3Ztg.) Die König= liche Landdrostei in Aurich hat am 12. Februar Nachstehendes be⸗ kannt gemacht:

„Sicherem Vernehmen nach, machen seit einiger Zeit Spekulanten in Belgien und Holland ein Geschäft daraus, unbegründete Erzählungen von ansehnlichen in Belgien oder Holland in Empfang zu nehmenden Erbschaf— ten zu verbreiten und unerfahrenen, leichtgläubigen Personen ihre Dienste behufs Geltendmachung der Ansprüche derselben an die vorgespiegelten Erb- schaften aufzudringen und sich diese theuer bezahlen zu lassen. Auch befas⸗— sen sich jene Spekulanten mit der Einziehung und Uebermachung wirklich vorhandener Verlassenschaften von Ausländern, welche in Belgien oder Hol⸗ land verstorben sind, und lassen sich von deren Erben hierzu mit Vollmach— ten, Vorschüssen und dergleichen versehen, wobei jedoch ihre Absicht darauf gerichtet ist, unbemittelte und unerfahrene Ausländer thunlichst zu übervor— sheilen. Wir sehen uns daher veranlaßt, auf dieses Treiben belgischer und holländischer Spekulanten hierdurch aufmerksam zu machen, und empfehlen denen, welchen etwa Hoffnungen auf eine in Belgien oder Holland zu er— hebende Erbschaft eröffnet werden sollten, auf das dringendste, sich über die Verfolgung ihrer etwaigen Erbschafts-Ansprüche nur nach der sorgfältigsten Prüfung aller in Betracht kommenden Unsstände zu entschließen.“

Kurfürstenthum Hessen. (Kass. Ztg.) Der gegenwär— tig versammelte Landtag ist am 22. Februar vertagt worden.

Herzogthum Holstein. (Alt. Merk.) Se. Durchlaucht

der Herzog von Glücksburg und der Prinz Friedrich von Glücksburg sind nach Kopenhagen abgereist.

Oesterreichische Monarchie.

Gratz, im Febr. (Bresl. Ztg. Die Bauern-Unruhen in Ober-Steyermark sind zwar in ihrer äußeren Erscheinung gedämpft, aber der Geist der Widersetzlichkeit und der Unzufriedenheit ist noch immer sehr lebendig und thut sich in vielfachen Zeichen kund, die alle eine recht trübe Aussicht in die Zukunft weissagen. Der judenburger und brucker Kreis, welche hauptsächlich der Schauplatz der Ruhestö⸗ rungen gewesen, sind noch immer stark mit Truppen besetzt, und be⸗ stehen diese in mehr oder minder starken Abtheilungen der Kaiserl. Infanterie⸗Regimenter „Baron Prohaska“, „Baron Wimpfen“ von hier und „Fürst Schwarzenberg“ aus Linz, so wie aus zwei Eska⸗ bronen Karl Ulanen, die von Wels vorgerilckt sind. Der Kreis⸗Haupt⸗ mann, Herr von Grabmayr aus Bruck, ist selbst auf dem Schauplatz gegen⸗ wärtig und leitet die Angelegenheiten aus Steinach im Ennsthale, wo er' seinen Sitz aufgeschlaägen hat. Anfangs war namlich die Besorgniß überwiegend, die in Rottenmnann, Lietzen und Trautenfels ausgebrochenen Unruhen könnten sich durch das Ennsthal, wo die Unzufriedenheit der Landleute mit der eben dort thätigen Foꝛstregu⸗ lirungs⸗ Kommission, unter Vorsitz des K. Forst⸗Commissairs Gersten⸗ brand in den Gemüthern viel Zündstoff angesammelt hat, in Ober⸗ Desterreich ausbreiten. Allein wider Erwarten wendete sich, der Unwille des Landvolkes im Ennsthale eben so wie in Steiermart keines⸗ weges gegen die Staatsbehörden, sondern nur gegen Gutsherren und herr⸗ schaͤftlich' Beamte. Sogar gegen die Truppen zeigte sich kein eigentlicher Groll, und nur, wo sie zu Pfändungen im Interesse der Gutsbesitzer und Zehentherren verwendet wurden, stießen sie bei den Bauern auf feind= siche Gesinnungen. Auch in Untersteiermark und in Kärnthen ist der Nothstand sehr drückend und wird es noch mehr werden, weil mehrere Hüttenwerke und Walzmühlen ihren Betrieb eingestellt haben. Na⸗ mentlich hat das Kaiserl. Bergoberamt zu Klagenfurt die Einstellung der Zinkerzeugung in Bleiberg für gut befunden, da. der Begehr nach Zink als Handelsgut sehr gering geworden ist; allein -hierdurch wird Delen Menschen in jener so von Arbeitsverdienst entblößten Gegend gerade in harter Jahreszeit die Nothdurft des Lebens arg verkümmert.

Dritte Beilage

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, .

nhalt. Frankreich. Paris. Hofnachrichten. Erklärung der Oppositions Deputirten. Bankett- Programm. Absendung von Polizei⸗Agenten

nach Italien. Vermischtes. Schreiben aus Paris. (Die weiteren Vorbereitungen zum Bankett und die daran theilnehmenden Deputirten; verschiedene Stellung der Parteien dabei; Aufregung in der Deputirten— Kammer; Maßregeln der Regierung; Versammlung bei Odilon Barrot und Oppositions-Beschluß in den Kammer-Büreaus; Gesetz⸗Entwurf über die Bank von Bordeaur; Vörse.) Großbritanien und Irland.

London. Die Times über Lord

John Nussell's Finanzplan. Die Auswanderungs-Bill. Oppo⸗ sitien gegen die Verbindung mit Rom. Aufhebung des Einfuhrzolles für Kupfererz. Ermordung von sechs Engländern in China.

Aus dem Haag. Verbot des Spielens in auswärtigen Herstellung des Getraide⸗-Einfuhrzolles in Luxemburg. Belgien. Schreiben aus Brüssel. (Die Reform des Zuckergesetzes

und des Modification der Wahlgesetze; der Nothstand in

Flandern; Blick nach Frankreich.)

Italien. Nom. Ministerwechsel. Vermischtes. rücht von Annahme der Verfassung in Palermo. Verfassung verliehen. . ;

Spanien. Schreiben aus Madrid. (Verhandlungen der Cortes über die italienischen Angelegenheiten; die englischen Inhaber spanischer Staats papiere; Vermischtes.) J ö

Aegypten. Alexandrien. Eikrankung Mehmed Ali's. Vermischtes. Handels⸗ und Börsen⸗-Nachrichten.

Niederlande. Lotterieen.

Notariats;

Neapel. Ge⸗ Florenz. Die

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Paris, 21. Febr. Vorgestern wurden von Ihren Majestäten in den Tuilerieen der Kriegs Minister, der päpstliche Nuntius, die Gesandten der Niederlande, Dänemarks, Sachsens und der Vereinig— ten Staaten und mehrere andere angesehene Personen empfangen. Der Herzog von Broglie, Frankreichs Botschafter am Hofe von St. James, besindet sich noch immer auf Urlaub in Paris. Seit einiger Zeit hat er häufige Konferenzen mit dem Könige in den Tuilerieen. Es soll ihm angeblich der Vorschlag gemacht worden sein, daß er die Bildung eines neuen Kabinets übernehmen möge; er hätte sich jedoch geweigert, auf diesen Antrag einzugehen, und sich dahin ausgesprochen, daß, wenn sich das gegenwärtige Kabinet nicht vor den Kammern be— haupten könnte, auch er nicht darauf rechnen dürfte, eine zur Füh⸗ rung der Verwaltung erforderliche Majorität zu erhalten.

Die Oppositions-Deputirten, welche morgen dem Bankette bei⸗ wohnen wollen, haben folgende Erklärung veröffentlicht:

„Die Deputirten der Opposition haben sich heute früh von neuem ver— sammelt, um über den Antheil zu berathen, welchen sie an der zur Be— hauptung des vom Ministerium bestrittenen und verletzten Versammlungs— rechtes sich vorbereitenden Kundgebung zu nehmen hätten. Nach Anhörung des Berichtes ihrer Kommission erkannte die Versammlung einstimmig, daß es nöthiger als je sei, durch eine große Handlung gesetzlichen Widerstandes gegen eine den Grundsätzen der Verfassung wie den Wortlaut des Gesetzes widersprechende Maßregel sich zu verwahren. In Folge dessen wurde be— schloffen, daß man sich nächsten Dienstag in Masse nach dem Ver⸗ sammlungsorte begeben wolle. Dieser Beschluß ist die schönste Hul⸗ digung, welche die Deputirten den hoöchherzigen Gesinnungen der pa— rifer Bevölkerung darbringen können. Die Deputirten der Opposition kön= nen nicht mit den Feinden der Freiheit zugeben, daß ein Volk, dessen Rechte man verkennt, dazu verurtheilt werde, zwischen knechtischem Gehorsam und Gewaltthätigkeit zu wählen. Sie sind im voraus sicher, die ganze Bevöl- ferung werde begreifen, daß eine Kundgebung zu Gunsten des Rechts gegen die Willkür ihr Ziel verfehlen würde, wenn sie nicht eine friedliche und regelmäßige bliebe. Paris hat oft heldenmüthige Anstrengungen gemacht, große Umwälzungen ausgeführt. Es ist berufen, jetzt den Völkern ein anderes Bei⸗ spiesl zu geben, ihnen zu zeigen, daß in freien Ländern die ruhige und feste Hal= zesetz achtenden, ihr Recht vertheidigenden Bürger die unwider— stehlichste und majestätischste Stärke der Nationen, ist. Zwei große Ergeb= niffe sind schon erreicht: die Heiligung eines jeder freien Verfassung in⸗ wohnenden Rechts und der glänzende Beweis von dem Fortschritt unserer polltischen Sitten. Die Deputirten der Opposition zählen also aufdie Sympathie und auf den Beistand aller guten Bürger, so wie diese auf ihre mnermürliche Hingebung und auf die Festigkeit ihrer Entschlüsse zählen kön⸗ nen. Im Verlauf der Sitzung wurde ein Schreiben verlesen, mittelst dessen die Deputirten die Einladung der Kommissarien des zwölften Bezirks an⸗ nehmen: 80 Deputirten haben es schon unterzeichnet.

Das Journal des Debats, welches diese Erklärung eben⸗ falls mittheilt, fügt ihr eine Wiederholung seiner in den letzten Tagen immer erneuerten Warnungen hinzu. „Wozu“, sagt es, „eine so ver= wegene und unbesonnene Demonstration, wie das projektirte Bankett? Eine einfache, feste und energische Protestation, von allen Deputirten der Linken unterzeichnet, würde hingereicht haben, das Recht zu wahren. Die Frage wäre, dann mittelst der Presse vor das Land und später durch die Deputirten selbst vor die Wähler gebracht wor= den, die doch wohl das kompetenteste Tribunal in Sachen dieser Art bilden.“ .

Die Bankett-Kommission ihrerseits hat in den heutigen Opposi⸗ tionsblättern auch das Programm für die auf morgen festgesetzte De—⸗ monstration publizirt. Die Hauptbestimmungen desselben sind schon durch frühere Nachrichten bekannt. Der Zug soll, wie es in dem Programme heißt, deshalb von dem gewöhnlichen Versammlungsorte Fer parlamentarischen Opposition auf dem Madeleine⸗Platz ausgehen, weil die Breite der Straßen und Geräumigkeit der Plätze in diesem Stadttheil am wenigsten eine Ueberfüllung mit Menschenmassen befürchten ließen und man Alles habe thun wollen, was zur Verhütung von Unruhen und Tumult dienen könne. Die Stabs-Offiziere der National-Garde, die an der Demon— stration theilnehmen, sollen den Zug eröffnen; dann kommen die Ban kett- Subfkribenten und eingeladenen Gaste; darauf eine Reihe von Nationalgarde-Offizieren, hinter diesen die National⸗Garde in Kolon—= nen und nach der Nummer der Legionen; zwischen der dritten und der vierten Kolonne die jungen Leute aus den Schulen, unter Führung von ihnen selbst gewählter Kommissare. Der Zug soll sich um 11 Uhr in Bewegung setzen. Die Bürger werden schließlich aufgefor⸗ dert, kein Geschrei auszustoßen und keine Fahne oder anderes äußeres Abzeichen zu tragen; die National-Garden, unbewaffnet zu erscheinen.

In den letzten Tagen sind mehrere französische Polizei- Agenten nach Italien abgegangen.

In Paris hat das Banquierhaus Luny mit mehreren Millionen seine Zahlungen eingestellt. Um die Zahlungsfähigkeit der Bank Dubois ünd Compagnie in Havre herzustellen, wird von der Bank von Frankreich eine Unterstützung von 2 Millionen gegen Pfand und persönliche Garantieen verlangt, und man glaubte, sie werde bewilligt werden.

Die Journale von Malta vom 10. berichten, die von dem Ad⸗ miral Parker befehligte britische Flotte, welche in diesen Hafen zu— rückgekehrt war, habe den Befehl erhalten, sofort wieder unter Se⸗ gel zu gehen; es habe, jedoch noch nicht verlautet, wohin sie sich begeben solle; der französische Konsul habe auf der Stelle das Dampf⸗

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Dritte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung. Sonnabend den 26. Febr.

boot „Leonidas“ nach Toulon abgehen lassen, um die französische

Regierung von der Wiederabfahrt der britischen Flotte zu benach- richtigen. .

Die Herzogin de la Vitoria, Espartero's Gemahlin, hat am 15ten d. Bordeaur verlassen, um sich zu ihrem Gemahl nach Logroñio zu begeben.

X Paris, 21. Febr. Das Wetter hat sich über Nacht geän⸗ dert, der Himmel ist diesen Mittag wieder heiter und wolkenlos, und die Auspizien gestalten sich also, von dieser Seite betrachtet, günstig für Abhaltung des Banketts. Eine wahre Fieberspannung hat sich aller Gemüther bemächtigt, Handel und Verkehr stocken auf eine kläg⸗— liche Weise, die arbeitenden Klassen drängen sich zu der Sparkasse, um ihre dort hinterlegten Gelder zurückzuerhalten, und in den vier— zehn Tagen vom 6. bis zum 29. Februar war dieser Zudrang stär ker, als er selbst in der so drückenden, verhängnißvollen Zeit der Theurung gewesen. Ueberall zeigt sich Mißtrauen, Besorgniß, Angst, und der Parteigeist und mit ihm der Parteihaß stehen wieder in voller Blüthe. Unter den konservativ Gesinnten, unter denen, welche bei dieser traurigen Krise zu leiden haben, deren Interessen dadurch so schwer sich benachtheiligt sehen, herrscht viel⸗ leicht noch größere Erbitterung, als unter den Urhebern und Anzettlern der steigenden Aufregung. Käme es zu einem Zusammen⸗— stoße, so könnten daraus die beklagenswerthesten Folgen erwachsen. Die Regierung ihrerseits wird, ihrer Pflicht gemäß, sicherlich Alles thun, um einem solchen vorzubeugen, sie wird in Ausübung ihres Rechts und ihrer Pflichten gewiß mit all' der Mäßigung auftreten, die nur irgend vereinbar ist mit der Nothwendigkeit der Festhaltung dieses Rechts für die Gegenwart nicht blos, sondern auch für die Zukunft. Zu Macon und zu Chalon an der Saone werden morgen Mittag, also an demselben Tage und in derselben Stunde, mit dem hiesigen Bankett gleichfalls solche Demonstrationen stattsinden. Man hat noch nicht vergessen, daß zu Chalon schon ein Bankett gehalten worden ist, und daß dort die ultrarevolutiongire Meinung das große Wort führte, daß ein Theil der Gäste zu dem ersten Bankett in Chalon mit rothen Tüchern um den Kopf, welche die Jakobiner— Mützen der ersten Revolution nachahmen sollten, sich einfand. Von Nantes kündet man gleichfalls ein nahes Bankett an. Andere Städte, wie Rouen, Orleans, Arras, Amiens, Metz, schicken zum hie⸗ sigen Bankett einige Offiziere ihrer Nationalgarden ab. So drücken sich wenigstens die Oppositions Blätter aus, obgleich im Grunde nicht von Abordnungen dieser Städte, sondern nur von Abgesandten der Oppositions- Partei in jenen Städten die Rede sein kann. In Metz sind die Konservativen in entschiedenster Majorität, und der einzige von dorther kommende Offizier der Nationalgarde, der Kommandant der Artillerie derselben, wird wohl nicht die Prätension haben, als Ausdruck und als Repräsentant der Gesinnungen der ganzen Nationalgarde seiner Heimat- Stadt sich aufwerfen zu wollen. Auch die oppositionell gesinnten Nationalgardisten der in der unmittelbaren Umgebung von Paris liegenden Orte zieht man herbei; die Natio⸗ nalgardisten der zwölften Legion von Paris bilden gewisser⸗ maßen die Bedeckung der Studenten der Rechts- und medizinischen Schule, die ihr Erscheinen beim Zuge heute schon in den Blättern ankündigen und vom Platze vor dem Pantheon aus zwischen den Reihen der National-Gardisten nach dem allgemeinen Versammlungs⸗ Platze vor der Madeleine ziehen werden. Andererseits fordert nun auch die ultrarevolutionaire Reforme alle ihre Gleichgesinnten, die „ganze Demokratie“ förmlich auf, sich in Masse einzufinden. Während Courrier frangais und National ganz in demselben Wortlaute, ganz in derselben feierlichen Form entschiedene Aufforde— rungen zur Aufrechthaltung der Ordnung erlassen, gleich dem Con⸗ stitutionnel, dem Siccle, der Pat rie, dem Commerce u. s. w., macht die Reforme ihre Vorbehalte, lehnt jede Verbindlichkeit, jede Verantwortlichkeit in Betreff der Form der Demonstration ab, und nament⸗ lich macht sie absoluten Vorbehalt in Betreff der Personen, des Verhaltens, der Prinzipien. Das heißt so ziemlich klar: Ihr habt zwar, indem Ihr uns von der Bankett-Kommission ausschlosset, über die Art, wie die Demonstration vor sich gehen soll, über die Gränzen derselben und überhaupt über das, was dabei geschehen soll, Beschlüsse fassen können; aber diese Beschlüsse binden uns nicht, und wir werden also handeln und thun, je nachdem wir es den Umständen angemessen er⸗ achten. „Die Revolution und die Contre⸗Revolution“, sagt sie, „ste⸗ hen sich gegenüber: auf der einen Seite das Recht, auf der anderen die Willkür. Unsere Wahl kann nicht zweifelhaft sein. Wir treten in die Manifestation ein und rufen alle unsere Freunde dazu herbei.“ Diese Zurückhaltung, diese ganze Sprache ist sehr klar und unzwei⸗ deutig. Nachträglich kündigt die Reforme auch an, daß Herr Ledru⸗ Rollin den 92 anderen Deputirten, welche auf die Einladung der Bankett-Kommission unterzeichnet haben, beigetreten ist. Da nun von anderer Seite auch der Beitritt der Herren Gustav von Beaumont und Lacrosse angekündet wird, der des Letzteren durch ein eigenes heute veröffentlichtes Schreiben desselben, so beträgt also die Zahl der sämmtlichen Unterzeichner aus der Mitte der Deputirten⸗Kammer bis jetzt 95. Man bemerkt, daß die Namen der ehemaligen Minister vom J. März, der Herren Thiers, von Remusat und Vivien, fehlen; diese Herren wollen sich eben nicht unmöglich machen. Von der Pairs— Kammer ist nur der Beitritt und die Anwesenheit von drei Mitglie⸗ dern sicher, nämlich des Marquis von Boissy, des Grafen von Alten— Shee und des Herzogs von Harcourt.

Die heutige Sitzung der Deputirten-Kammer sollte zur Ver—⸗ handlung des Gesetz-Enkwurfs in Betreff des Privilegiums der Bank von Bordeaux führen. Allein die Gemüther sind so aufgeregt, und überall bemerkt man solche Bewegung, daß Niemand sich mit der zu verhandelnden Frage ernstlich befaßt, obgleich die Berathung eröffnet ist. Die Deputirten sind in steten Privatgesprächen beisammen, kom—⸗ men in den Saal, gehen wieder hinaus, Alles befaßt sich nur mit dem Bankett, mit der Frage, welche Maßregeln die Regierung bei diesem Anlaffe zu treffen gedenke. Man äußert darüber die verschie= densten Dinge. Endlich aber verlautet, daß das Ministerium zu dem bestimmten Entschlusse gekommen ist, das Ban— kett trotz aller gemachten Ankündigungen zu verhindern. Die Beschlüsse, welche das Kabinet gefaßt hat, sind, wie ich aus vollkommen glaubwürdiger Quelle erfahre, die folgenden:

Der Polizei⸗Präfekt von Paris wird eine Bekanntmachung auf allen Punkten von Paris anschlagen lassen, in welcher auf das Gesetz gegen das Ansammeln von Leuten und gegen die Zusammenrottirun—⸗ gen Bezug genommen und dasselbe bei den durch senes Gesetz ange— drohten Strafen verboten wird. ö

Außerdem wird zugleich zur öffentlichen Kenntniß gebracht wer⸗ den, daß die Behörde in ihrer Pflicht, über die Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu wachen, die ihr zu Gebote ste⸗ hende bewaffnete Macht nöthigenfalls anwenden werde, um dem Ge—

setze Achtung zu verschaffen. Eine fernere Maßregel ist, daß, da die Blätter den Entschluß

einer Anzahl von National-Gardisten angekündet haben, sich in Uni=

form zu versammeln, um an dem Zuge der Deputirten zum Ban⸗ kette Theil zu nehmen, der General Jacqueminot, welcher bekanntlich die ganze National⸗Garde des Seine-Departements befehligt, in einem Tagesbefehl an dieselbe an das Gesetz erinnern wird, welches der National-Garde verbietet, sich mit den äußeren Abzeichen ihres Cha⸗ rakters oder in Waffen zu versammeln, außer wenn sie zum öffent⸗ lichen Dienste berufen ist. Deshalb wird denn den National- Gar⸗ disten das Erscheinen in Uniform förmlich untersagt werden.

Um aber diesen Beschlüssen auch vollen und gesicherten Vollzug zu geben, hat die Regierung zugleich zu außerordentlichen Maßregeln greifen zu müssen geglaubt, wie sie den obwaltenden außerordentlichen Umständen entsprechen. Die ganze Hauptstadt Paris soll nämlich morgen früh um 6 Uhr, versichert man weiter, auf allen Punkten von Truppen besetzt werden. Der Marschall Bugeaud ist für diesen außerordentlichen Anlaß zum Militair⸗-Kommandanten von ganz Pa ris ernannt, und die Divisions-Generale werden unter seinem Dber⸗ befehle eben so viel Divisionen befehligen. Ferner fügt man bei, daß der Herzog von Montpensier füt diesen Anlaß auf die Führung der Artillerie verzichtet habe und diese daher dem General Thierry, dessen Adjutanten, anvertraut worden sei.

Diese Nachrichten steigerten, je nachdem sie bekannt wurden, die Aufregung unter den Deputirten immer mehr. Man kann wohl sa⸗ gen, daß überhaupt seit der Juli⸗Revolution noch niemals eine solche Aufregung in dieser Kammer geherrscht hat, wie heute. Die Sitzung ist eine Formsache. Alle Deputirten gehen fortwährend aus und ein, eine große Zahl ist stets im Konferenzsaale, und man sieht sie dort in zahlreichen Gruppen sich aufs lebhafteste unterreden. Die Herren Odilon Barrot, Thiers, Remusat und die anderen hervorragendsten Mitglieder der Opposition sprechen und gestikuliren besonders heftig. Schon diesen Morgen 11 Uhr war die Bankett⸗Kommission bei Odi⸗ lon Barrot versammelt gewesen, und es waren dabei 25 Deputirte der Linken und des linken Centrums zugegen, außerdem die Journa⸗ listen dieser verschiedenen Schattirungen. In dieser Versammlung zeigte es sich bereits, daß Muthlosigkeit und Uneinigkeit unter den Reihen der Opposition einzureißen begann. Schon da sollen sich selbst Stimmen haben vernehmen lassen, die anerkannten, daß es unmöglich sei, zu verlangen, daß bei einer so außerordentlichen Ansammlung von Menschen wie alle Journale sie für morgen ankünden, nicht Versuche zu Un⸗ ordnungen gemacht würden. So waren die Deputirten denn schon niedergeschlagen in die Kammer gekommen. Man hatte anfangs ge⸗ sagt, DSdilon Barrot werde Interpellationen an das Ministerium über das Verhalten stellen, welches dasselbe morgen in Betreff des Bau⸗ ketts zu beobachten gedenke. Bald aber horte man, daß dieser Ge⸗ danke wieder aufgegeben worden sei. Als indeß die von der Regie⸗ rung beschlossenen Maßregeln bekannt wurden, da entstand eine un—⸗ beschreibliche Aufregung, und die Linke, so wie eine Anzahl Mitglieder des linken Centrums, traten sofort zu einer Berathung in einem der reau's der Kammer zusammen, um über das von ihnen nun zu beobach⸗ tende Verhalten zu berathschlagen. Es dauerte lange, ehe man zu einem Beschlusse sich zu vereinigen vermochte. Endlich wurde derselbe an— gekündigt. Er geht dahin, daß Herr von Tocqueville das Ministe⸗ rium nun doch interpelliren solle über das, was man vernommen, und zugleich wurde festgesetzt, daß Odilon Barrot, wenn der Minister geantwortet haben würde, dann die Entgegnung übernehmen solle. linter unglaublicher Aufgeregtheit kehren endlich die Deputirten der Opposition in den Sitzungssaal zurück und nehmen wieder ihre Plätze ein. Aber Herr Odilon Barrot ist noch nicht wieder erschienen. Er soll sich noch mit einigen Mitgliedern der Bankett⸗Kommission besprechen.

Inzwischen ging die Verhandlung über das Gesetz in Betreff der Bank von Bordeaux vor sich. Herr Leon Faucher bekämpfte zuerst den Gesetzent wurf, während Herr Lestiboudois, bevor man eine Entscheidung faßte, eine Untersuchung vorgenommen wissen will, um zu erfahren, inwiefern eine einzige Bank für ganz Frankreich mit Comtoiren in den Provinzen oder be— sonderen Banken in den einzelnen Städten und unabhängig von einander vorzu- ziehen wäre. Nach ihm bekämpfte auch Herr Delongrais den Gesetzentwurf und also die Verlängerung des Privilegiums der Bank von Bordeaux. Jedenfalls kündet er ein Amendement zu dem Gesetzentwurfe an, dessen Ver= weisung an die Kommission er verlangt. Dieses Amendement könne aller- dings zu einer Vertagung führen, allein diese wäre, immerhin noch besser, als definitiv eine gefährliche Bahn zu beschreiten. Herr Ducos, Veputirter von Bordeaux, erkennt zwar die Vortheile der Einheit der Bank an, die so unter der unmittelbaren Aufssicht der Regierung leichter er- halten werden könne. Aber dessenungeachtet könne auch die Aufsicht auf die besonderen Provinzial-Banken von der Regierung sehr gut geführt wer= den. Er hebt die Vortheile hervor, welche die unabhängigen Provinzial- Banken den Provinzen gewähren, und vertheidigt also den Gesetzentwurf. So weit war die Verhandlung gekommen, als dieser Bericht des Post— schlusses wegen abgebrochen werden mußte.

In der Pairs-Kammer wurde die Verhandlung in Betreff des Gesetzes über die Arbeit der Kinder in den Fabriken fortgeseßt.

Die Fonds zeigten heute wieder Neigung zum Sinken an der Börse, in Folge der allgemein herrschenden Besorgnisse wegen des Banketts. Allerdings hatte man auch wieder falsche Gerüchte von Modificationen des Ministeriums verbreitet, so wie von Erscheinen einer englischen Flotte an den Küsten von Sieilien. Die Zproz. Rente fiel um 30 Cts. und schloß mit 73 Fr. 80 Cts.“, die Fproz. mit 116 8r. 45 Cts., um 35 Cts. niedriger als vorgestern.

Großbritanien und Irland.

London, 19. Febr. Von allen Seiten hört man klagen über die neuen Vorschläge der Regierung, durch eine erhöhte Einkommen⸗ steuer die sinanzielle Lage des Landes zu bessern. An der Börse wie im Parlament herrscht dieselbe Unzufriedenheit, aber Niemand ist im Stande, ein besseres Mittel anzugeben, wie die nothwendigen Ausga—= ben gedeckt werden sollen. Die Tim es schreibt heute über Lord 8 Russell's Rede: „Das Land weiß jetzt das Schlimmste Lord John Russell hat mit ganz erträglicher Klarheit den Ausfall in der, Ein- nahme, die Steigerung der Ausgaben, die beabsichtigte Erhöhung unferes Budgets und das Opfer angegeben, welches— dadurch dem Lande aufgelegt wird. Der Engländer haßt gin Geheimniß eben so sehr, wie die Jlatur den leeren Raum, und er fühlt sich halb beruhigt, wenn er Alles weiß. Die große Masse, des Volks wird um so be⸗ reitwilliger diesen Trost annehmen, als sie sorgfältig mit einem direk- ten Antheil an den Kosten unserer finanziellen Schwierigkeiten und Leistungen verschont worden ist. Unter ben neuen Besteuerungs⸗ System können Millionen gerausgabt, nen Millionen ausgeschrieben, neue Flotten gebaut und neue Regimenter gebildet werden, ja, der Prinz von Join ville selbst kann kommen und von der Hauptstadt eine Contribution for- dern, es wird Alles keinen fühlbaren Eindruck auf die Taschen der Masse des Volkes machen. Lord John Russell's Auseinandersetzung vom gestrigen Abend ist eine Sache von solcher Gleichgültigkeit für die kleinen Leute dieser Insel und für die ganze Bevölkerung der an—= deren, wie das Fallissement eines Citvhauses oder die Verlegenheiten der türkischen Schatzkammer. Alle diejenigen, deren Einkommen nicht unter 150 Pfd. jährlich ist, alle diejenigen, die während der drei letzten Jahre zu diesem durchschnittlichen Einkommen abgeschätzt wor⸗

den sind, werden auf weitere fünf Jahre zur Zahlung von 7 Pee.