1848 / 58 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

dem Herrn Referenten geantwortet wurde: dann müsse man das auch bei 8. 271 ändern und solche Schlüssel, die nicht für das geöffnete soß bestimmt und nicht absichtlich verfälscht waren, aus 2 Kategorie weglassen. Ich glaube nicht nur, daß das vollkom- men richtig ist, sondern auch durch Alles unterstüßzt wird, was der Herr Ministerial-Kommissar in Betreff derjenigen Schlüssel angeführt hat, die in das Schloß passen. Marschall: Es kann auch das zur Abstimmung gebracht werden. Die erste Frage heißt: Soll beantragt werden, daß der Diebstahl mit Anwendung eines 1 rechten Schlüssels zu den schweren Diebstählen zu rech⸗ nen sei und die das beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen

geben. (Ein Theil der Versammlung erhebt sich.) Dem Antrage ist nicht beigetreten. Die weitere Frage heißt: Soll auf Wegfall der Worte e. nicht für das damit geöffnete Schloß bestimmt ind“, angetragen werden?

Auch hier würden diejenigen, die auf den Wegfall der Worte

antragen, dies durch Aufstehen zu erkennen geben. (Ein Theil der Versammlung erhebt sich.) Dem Antrage ist nicht beigetreten.

§. 7721

Justiz⸗Minister von Savigny: Es ist noch etwas Besonderes bemerkt worden, was noch nicht in Frage gestellt worden ist.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Das ist erledigt.

Marschall: Es würde zu ermitteln sein, ob dem Vorschlage der Abtheilung beigetreten wird; wird ihm nicht entgegengetreten, so ist er als angenommen anzusehen.

Korreferent Abgeordn. Waumann: s. 151 ist bereits seinem nhalte nach angenommen worden. Dort ist kein Minimum der

trafe, während hier ein bedeutendes Minimum festgesetzt ist. Wollte man also jetzt den Vorschlag der Majorität der Abtheilung anneh— men, so würde die Strafe viel zu hart gestellt werden. n . Der Gegenstand ist also als erledigt anzusehen. §. 272. Referent Abgeordn. Frhr. , ne (liest vor): .

Wer eine fremde bewegliche Sache, deren Besitz oder Gewahr— sam er mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zu verwahren, zu ver- walten, zurückzugeben oder abzuliefern, in rechtswidriger Absicht ver—= äußert, verpfändet, verbraucht oder auf andere Weise sich oder An⸗ deren zueignet oder bei Seite schafft, macht sich einer Unterschlagung schuldig.

§. 273.

Einer Unterschlagung wird es gleich geachtet, wenn derjenige,

welcher eine Sache gefunden oder durch bloßen Zufall in seinen Ge— wahrsam bekommen hat, dieselbe dem Eigenthümer zu entziehen sucht, indem er sie veräußert, verpfändet, verbraucht oder auf andere Weise 1. oder Anderen zueignet, oder die Gewahrsam der Sache der brigkeit wider besseres Wissen ableugnet.“ ) ö. Abtheilung hat zu beiden Paragraphen nichts zu erinnern ehabt. ? Abgeordn. Sperling: Durch diese beiden Paragraphen sind Handlungen von sehr verschiedener Natur mit derselben Strafe be—= droht worden. Der erste Paragraph betrifft ein Vergehen, welches man auch schon bisher Unterschlagung genannt hat und einen Miß— brauch des geschenkten Vertrauens in sich schließt, wodurch es unter Um- ständen noch unsittlicher als der Diebstahl erscheinen kann. Anders verhält es sich aber mit dem Vergehen, welches der 8. 273 mit dem 63 der Ehrenrechte, mit Gefängniß nicht unter 6 Wochen und Strafarbeit bis zu 5 Jahren bedroht. Es besteht darin, daß Je— mand eine Sache, die er gefunden hat, oder in deren Besitz er durch Zufall gekommen ist, nicht an den Eigenthümer abgiebt, sondern sie, wie der Paragraph sich ausdrückt, sich oder Anderen zueignet. Die Bestimmuͤng dieses Paragraphen kann zu vielen Belästigungen führen und in ihrer Fassung selbst Leute, die sich sonst eines ehrlichen Rufes erfreuen, der Strafe der Unterschlagung aussetzen, dies um so mehr, als ziemlich allzemein noch der Glaube besteht, daß das Ansichbe= halten einer gefundenen Sache keine Unstttlichkeit sei. Ich kann mir freilich denken, daß von dem Herrn Minister mir darauf wird ent- gegnet worden, daß die Bestimmung, wie sie der Paragraph enthält, nothwendig sei, weil sich bisher Diebe oft mit dem Einwande durch- geholfen haben, das sie die Sache gefunden; darauf würde indessen zu erwiedern sein, daß eine solche . es nicht rechtfertige, eine Bestimmung so hinzustellen, daß durch sie auch nur ein Unschuldiger als Verbrecher bestraft werden könnte. Es sind noch andere Erfahrun⸗ 3 die man in Untersuchungen gegen Diebe gemacht hat. Es ist nament⸗= ich bisher auch sehr häufig vorgekommen, daß der Dieb den Einwand macht, er hätte die gestohlene Sache von einem anderen Unbekannten erhalten, und doch wird man nicht gleich daran denken, durch eine Bestimmung dafür Vorsorge zu treffen, daß ein solcher Einwand ferner nicht mehr ge— macht werden könne. Es ist im 5. V3 schlechtweg eine sehr harte Strafe dem Finder angedroht, ohne daß darin hug ist, wie der Finder sich in Betreff ber gefundenen Sache zu verhalten habe. Es ist, abgesehen hiervon, die ganze Bestimmung in solchen Ausdrücken verfaßt, daß sie zu wahrer Nechtaunsicherheit führen kann. Sie be= sagt, daß derjenige sich einer Unterschlagung schuldig macht, welcher eine gefundene Sache dem Eigenthümer zu entziehen suche. Nach die= ser Fassung scheint angenommen zu sein, daß die Sache in jedem einzelnen Falle einen Eigenthümer haben müsse und derjenige, der eine gefundene Sache sich aneignet, eo ipso immer dem Efgenthü= mer 6 entziehe; doch ist solches in der Wirklichkeit nicht immer der Fall. Unser Gesetzbuch zählt auch Fälle, auf, wo lein Eigenthümer existirt, und gestattet sogar dem Finder in diesen Fällen, unter ge⸗ wissen Umständen, die gefundene Sache als sein Eigenthum anzusehen. Mit Rücksicht hierauf ist schon von den Provinzial-⸗Ständen von Westfalen und Pommern mit Recht darauf angetragen worden, daß die Fassung geändert und gesagt werde: „Dem bekannten Eigen⸗ thümer“; und wirklich gewinnt nur dadurch das Verhalten des Fin= ders einen ernsten und strafbaren Charakter, daß er dem ihm be⸗ kannten Eigenthümer die gefundene Sache zu entziehen sucht. Nächstdem erlaube ich mir, noch die höhe Versammlung bei die- 9 Paragraphen wiederholt darauf aufmerksam zu machen, wie ver⸗ chiedene Dispositionen über die Sache sich das Gouvernement unter dem Worte „zueignen“ gedacht hat. Es soll dazu stets auch das Verpfänden gehören, und ich habe schon gestern anzudeuten mir er— laubt, daß eine Verpfändung auch stattfinben kann, ohne daß man den Gegenstand derselben sich zueignet oder auch nur die Absicht hat, das Eigenthum an der Sache zu erwerben. Nicht besser verhält ks sich mit dem Ausdrucke: „Indem er sie verbraucht“; denn man lann sich wohl den Fall denken, daß eine Sache gefunden wird, die nicht konferviren läßt, bei der man gerade die löbliche Absicht aben kann, den Verlust derselben von dem Eigenthümer abzuwenden, ihm deren Werth zu ersetzen, indem man sie verzehrt oder ver- braucht. Heiterkeit.)

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Wir wollen hierbei nicht an Eßwaaren denken, denn dann könnte uns entgegnet werden, daß 8§. 279 den nöthigen Schutz für solchen Fall gewähre. Lassen Sie uns andere werthvollere Gegenstände an⸗ führen, z. B. ein Fläschchen Rosenöl, welches schon geöffnet, gefunden wäre und sich verflüchtigen möchte, wenn es nicht verbraucht würde. Der Finder, der es verbraucht, kann die Ansicht haben, dessen Werth dem Eigenthümer zu restituiren. Er hat aber dasselbe sich an ge⸗ eig net und muß nach unserem Paragraphen, als der Unterschlagung schuldig, aller Ehrenrechte verlustig erklärt und außerdem noch hart bestraft werden. Gewiß ist es anzunehmen, daß der Paragraph nur eine rechtswidrige gewinnsüchtige Jueignung gefundener Sachen be— strafen vill. Mit Rücksicht darauf stelle ich überhaupt anheim, eine Bestimmung an die Spitze des Paragraphen zu stellen, welche dem Finder angiebt, was er mit einer gefundenen Sache zu thun habe, sodann vor dem Ausdrucke „Eigenthümer“ die Worte „dem ihm be— kannten“ einzuschalten und endlich den Ausdruck „zueignen“ in den Vordergrund zu stellen, so daß die übrigen Ausdrücke „verpfändet“, „verbraucht“ u. s. w. nur als Bezeichnungen der Disposition ange— sehen werden könnten, welche der Finder in Folge der Zueignung unternimmt. Es ist jedoch dieser mein Antrag nicht als ein bloßer Fassungsvorschlag anzunehmen, vielmehr liegt auch viel Materielles darin, daher ich wünsche, daß die hohe Versammlung sich darüber aus spreche.

Marschall: Es wird der Antrag also dahin gehen, daß vor dem Wort Eigenthümer die Worte „ihm bekannten“ einzuschal⸗ ten seien.

Abgeordn. Sperling: Es soll nach meinem Antrage auch dem Paragraphen eine Bestimmung darüber vorangeschickt werden, was derjenige, der eine Sache gefunden oder durch Zufall in seinen Ge—= wahrsam bekommen hat, mit derselben zu thun habe, und soll endlich auch die Wortstellung in der Art geändert werden, daß der Para- graph dahin lauten würde: „Einer Unterschlagung wird es gleichge—⸗ achtet, wenn derjenige, welcher eine Sache u. s. w. dieselbe dem Eigenthümer zu entziehen sucht, indem er sie sich oder einem Ande—⸗ ren zueignet, in Folge dessen veräußert, verpfändet, verbraucht oder in anderer Weise darüber disponirt.“

Marschall: Es ist zu ermitteln, ob diese verschiedenen Anträge die erforderliche Unterstützung finden. (Die Unterstützung findet statt.)

Regierungs-⸗Kommissar Bischoff: Ich bitte um Erlaubniß, mich über den vorliegenden Gegenstand im Allgemeinen aussprechen zu

dürfen. Die Unterschlagung hat mit dem Diebstahl das gemein, daß in rechtswidriger Absicht eine fremde Sache angeeignet wird; allein sie unterscheidet sich von dem Diebstahl dadurch, daß eine Störung des faltischen Besitzstandes nicht vorliegt, daß vielmehr der, welcher sich der Unterschlagung schuldig macht, schon im Besitze der Sache ist, in Ansehung deren er das Verbrechen begeht.

Es kann nun die Unterschlagung in doppelter Form vorkommen, erstens bei vertragsmäßig übergebenen Sachen, wenn beispiels⸗ weise eine Sache zuͤr Verwahrung oder einem Fuhrmann oder Schif⸗ fer zum Transport übergeben ist und die Sache unterschlagen wird, und zweitens bei zufällig in Besitz eines Anderen gekommenen Sachen, wenn beispielsweise Jemand eine Sache gefunden hat, oder wenn ein Thier aus einer Heerde sich verlaufen hat und an einen Besitzer gekommen ist und nun eine Unierschlagung statt—

ndet.

Im gemeinen deutschen Kriminalrechte wurde die Unterschlagung dem Diebstahle gleichgestellt, ohne Unterschied, ob sie in der einen oder anderen Form vorkam, also ohne Unterschied, ob die Sache in Folge eines Vertrages oder durch Zufall in fremden Besitz gekommen war. Allein die neueren Gesetzgebungen haben sich von dieser Auf⸗ fassung des gemeinen deutschen FKriminalrechts entfernt und haben sich in früherer Zeit nicht selten lediglich darauf beschränkt, die Unter⸗ schlagung nur dann zu strafen, wenn die Sache in Folge eines Ver⸗ trages an den Dritten gekommen war. So ist es in den beiden Strafrechts Systemen, welche in unserer Monarchie bestehen, näm ich im Allgemeinen Landrecht und im rheinischen Strafgesetzbuche, ge⸗ halten. Was zuvörderst das Allgemeine Landrecht betrifft, so hat dasselbe im 20sten Titel nur die Unterschlagung bestraft, welche von Gesinde, Privat-Verwaltern, Depositarien, Bevollmächtigten und Pfand-⸗Inhabern begangen wird; indessen ergab sich sehr bald eine Lücke, namentlich hinsichtlich der Unterschlagung durch Fuhrleute und Schiffer, und in Ansehung dieser Letzteren wurde in den Jahren 1809, [üz4 und 1333 Bestimmung getroffen, daß auch in diesen Fällen die Unterschlagung unter Strafe gestellt wurde. Die rheinische Gesetz⸗ gebung hat sich gleichfalls nur auf diese vertragsmäßige Unterschla⸗ gung beschränkk. Es ist im Art. 385 gesagt, daß Fuhrleute und Schiffer, wenn sie die ihnen in dieser Eigenschaft anvertrauten Sachen entwenden, mit Zuchthaus bestraft werden sollen.

Sodann ist im Art. 108 ganz Ullgemein bestimmt:

„Wer Effekten, Gelder, Waaren, Schuldscheine, Quittungen oder irgend andere Schriften, die eine Verbindlichkeit oder Befreiung enthalten oder bewirken, die ihm nur, um sie, in Verwahr zu hal— ten, oder einer besoldeten Arbeit wegen, mit dem Bedinge, sie wiederzugeben, oder auf jedesmaliges Ansuchen vorzuzeigen oder sie zu einem bestimmten Zwecke zu gebrauchen oder zu verwenden, eingehändigt worden sind, zum Nachtheile des Eigenthümers, Be— sitzers oder Inhabers auf Seite schafft oder verschleudert, soll mit den im Art. 466 enthaltenen Strafen belegt werden.“

Es war also in den beiden bestehenden Strafgesetzgebungen das Verbrechen der Unterschlagung nur auf vertragẽemäßig anvertraute Sachen beschränkt, indessen darf nicht unerwähnt bleiben, daß das Allgemeine Landrecht im Civilrecht, nämlich in dem Titel, welcher von dem Erwerbe des Eigenthums handelt, in Ansehung der verlore⸗ nen Sachen die Bestimmüng getroffen, hat, daß der Finder einer verlorenen Sache, welcher, von dem Richter befragt, den Fund ab= leugnet, als Dieb betrachtet und bestraft werden soll. Es ist also in Ansehung der gefundenen Sachen aphoristisch im Landrechte be⸗ stimmt, daß auch hier die Unterschlagun bestraft werden soll.

Bei der Revision des Kriminal- Rechtes war man zuvörderst darüber einverstanden, daß man in Ansehung der Unterschlagung ver⸗ tragsmäßig anvertrauter Sachen ganz generell den Begriff des Ver⸗ brechens aufstellen müsse, um dem Uebelstande der älteren Gesetzgebung zu begegnen und zu vermeiden, daß einzelne Vertrags⸗Verhältnisse ausgelaffen würden, wo es dann später erforderlich geworden sein würde, durch spezielle Gesetze nachzuhelfen. Auf diese erste Art der Unterschlagung bezieht sich die Beslimmung, welche im §. 272 gege⸗ ben ist. Jweffelhafter ist es dagegen von jeher gewesen, ob man eine Strafbessimmung auch annehmen soll in Ansehung der Unterschlagung

von Sachen, welche nicht in Folge eins Vertrags⸗-Verhältnisses, son= dern in Folge des Zufalles in fremden Besitz gekommen sind. Einige Gese Tn en namentlich die österreichische, haben solche Fälle nicht unter Strase gestellt, und auch das Allgemeine Landrecht hat, wie erwähnt, nur sporadisch eine solche Vorschrift getroffen. Indessen kann man sich nicht verhehlen, daß auch in dieser Beziehung außer— ordentlich schwere Fälle vorkommen können, welche berechtigen, Strafe eintreten zu lassen. Es können die Fälle dieser Art so gestaltet sein, daß sie dem Diebstahle ganz nahe treten. Wenn von einem Lastwa= en ein Ballen mit Waaren herunterfällt, wenn Jemand eine Brief kasche mit kostbarem Inhalt aus der Tasche verliert und derjenige,

welcher dies sieht, diese Gegenstände aufhebt und unterschlägt steht eine solche Handlung ö re des . Diebstahle selbst sehr nahe. Es ist dies der sogenaunte Fund -Dieb= stahl, der in den neueren deutschen Gesetzgebungen gleich der Unter= schlagung unter Strafe gestellt worden ist. Das . namentlich ge⸗ schehen in den Gesetzgebungen von Hessen, Hannover und Braun schweig. Auf diesen Fall bezieht sich die Bestimmung des Entwurfs im §. 273. Wenn ich den verehrten Herrn Antragsteller richtig ver= standen habe, so geht seine Ansicht nicht dahin, in diesen Grund- Prinzipien des Entwurfs etwas zu ändern, sondern er will nur diese Bestimmungen im Einzelnen ändern. Hier wird sich nun das Meiste lediglich auf Fassungs-Bemerkungen zurückführen lassen. Von mate— rieller Bedeutung ist indessen der erste Antrag, daß für den Finder gewisse Verhaltungs Maßregeln hier zu geben seien, nach welchen derselbe verfahren solle. Das Kriminal⸗Gesetz, als solches, wird aber nicht der Ort sein, wo man diese Bestimmungen treffen kann. Was die altländische Gesetzgebung betrifft, so sind im 9gten Titel Thl. I. A. L. R. ausführliche Vorschriften getroffen, die durch das neue Strafgesetzbuch nicht aufgehoben werden; es wird also bei denselben lediglich bewenden können. Dann ist zweitens verlangt worden, es solle im §. 273 gesagt werden: „dem bekannten Eigenthümer zu entziehen sucht“; ich glaube aber, daß dieser Ausdruck den Begriff des Verbrechens zu sehr beschränken würde; indessen steht es in Frage, ob man hier, um die Absicht des Gesetzes deutlicher hervorzuheben, einen Ausdruck wählen könne, der bereits in neueren Gesetzgebungen gebraucht ist, wo gesagt ist: „Wer eine Sache findet, von der er vernünftigerweise nicht annehmen konnte, daß der Eigenthümer sie aufgegeben habe.“ In dieser Art hat sich namentlich das hannoversche Gesetzbuch ausgedrückt. Ob man gerade dieselben Worte wählen will, ist eine andere Frage. Indessen scheint es selbst eines solchen allgemeinen Zusatzes kaum zu bedürfen, da schon nach der gegenwärtigen Fassung der Fin= der, welcher nach den Umständen voraussetzen darf, daß der Eigen, thümer die Sache nicht mehr baben wolle, einer Unterschlagung sich nicht schuldig macht; es scheint also, daß man von dem zweiten Vorschlage absehen kann. Drittens ist gesagt worden, es möchte im 5. 273 anstatt „zu entziehen sucht, indem er sie veräußert, ver⸗ pfändet 2c.“ gesagt werden: „sobald er sie sich zueignet“. Ich glaube indeß nicht, daß dies die Fassung entschieden verbessern würde; es wird immer vorausgesetzt, daß der Finder sich die Sachen aneignet, und liegt auch schon in den Worten, welche hinzugefügt worden sind. Nach dem Entwurf muß der Finder darauf ausgehen, die Sache wi⸗ derrechtlich dem Eigenthümer zu entziehen, also sie ihm nicht einmal ersetzen zu wollen. Folglich beschränken die Worte: „entziehen sucht“ die Bestimmung mehr, als die Worte: „sich zueignet“, und ich würde daher es bei der Fassung des Entwurfs belassen. Abgeordn. Sperling: Was die fremdländischen Gesetzgebungen darüber enthalten, ist mir in diesem Augenblicke nicht bekannt, und würde es von Interesse sein, wenn deren betreffende Gesetzstellen verlesen würden, da es bei Kriminal-Gesetzen wesentlich auf die Fassung ankommt. Indessen steht sedenfalls fest, daß sie eben des= halb, weil sie einen Funddiebstahl statuiren, von vielen Seiten ge- kadelt worden sind, und ich möchte daraus nicht Veranlassung neh⸗ men, ihrem Beispiele zu solgen. Wenn der Herr Regiernngs⸗Kom⸗ missar bemerkte, daß hier in einem Kriminal-Gesetze nicht der Ort wäre, für die Finder Verhaltungs-Maßregeln zu geben, so glaube ich, daß das Strafgesetz die Aufstellung von Verhaltungs⸗Maßregeln für das Volk gerade zum Zwecke hat. Es stellt dergleichen Verhal- tungs-Maßregeln auf, indem es Strafen für die Fälle ausspricht, in welchen sich Jemand positiv vergeht, und regelt in gleicher Weise auch' das negative Verhalten der Staatsbürger. Es soll ja auch dasselbe nach dem Inhalte unseres Paragraphen in Beziehung auf den Finder und denjenigen, der eine Sache zufällig in seinen Gewahr⸗ sam bekommen hat, geschehen. Es ist nur, nach meiner Ansicht, nicht vollständig geschehen, und ich weiß daher nicht, weshalb nicht die von mir beantragte Bestimmung noch sollte ausgesprochen werden können. Was der Herr Regierungs-Kommissar außerdem bemerkte, führt höchstens darauf, daß die Bestimmung des §. 273 gar nicht in das Kapitel von der Unterschlagung gehört, sondern, wenn sie überhaupt beibe— halten werden soll, in den Titel von den Polizei⸗Vergehen verwiesen werden müßte. Indessen würde ihre Gefährlichkeit schon beseitigt werden, wenn meinen Anträgen in Bezug auf die Fassung stattgege⸗ ben würde. . Abgeordn. Fabricius; Ich kann die Bedenken, welche der letzte Redner gegen den Funddiebstahl angeführt hat, nicht theilen, denn so wie wir es von der altpreußischen Gesetzgebung und nach dem Code pénal hören, ist man auch nach gemeinem Rechte darüber nie in Zweifel gewesen. Ich möchte mir aber eine andere Bemerkung zu beiden Paragraphen erlauben. . . Ich würde es zweckmäßiger halten, in beiden die Exemplificatio- nen wegzulassen, so daß der erstere nur lauten würde: „in rechtswidriger Absicht sich oder Anderen zueignet“, der andere: „indem er sie sich oder Anderen zueignet.“ - Die Zusätze scheinen mir aus dem Grunde bedenklich, weil sich vorweg fast von keinem derselben sagen läßt, sie werden die Unter⸗ schlagung unbedingt feststellen. Die Absicht ist offenbar auch hier gewesen, gi, en Ausfllichten oder Skrupeln des ingstlichen Richters zu begegnen, mit einem Worte, Weitläuftigkeiten abzuschnei⸗ den, wie dies recht entschieden bei der Ableugnung der Gewahrsam hervortritt. Der Vortheil wird auch hier aber nach meiner Ansicht zu theuer erkauft, indem wir Präsumtionen zur Hülfe nehmen. Her einzelne Fall erst wird sagen, ob die Abeignung mit den bezeich- neten Handlungen geschehen, und bei gehöriger Feststellung des That= bestandes in der Regel sehr entschieden. Die darauf Bezug habenden Verhandlungen werden alfo nur gewinnen, wenn man sich nicht mit dem durchs Gesetz anerkannten Faktum begnügt, sondern genau auf alle Umstände eingeht, unter denen der Verbrecher handelt. Abgeordn. Sperling: Ich schließe mich dem Antrage des Herrn Abgeordneten aus Pommern an, daß die Ausdrücke; Verãäußert, verpfändet, verbraucht“, wegfallen, und modifizire dahin den von mir in Beziehung auf diese Ausdrücke gemachten Autrag; . Marschall: . . , Abgeordneten Fabricius ĩ . bemerkun 3 . ; 6. ,, 30 n Präsumtionen haben für das Rechtsgefühl stets etwas Verletzendes. Ich erlaube mir an die Steuer⸗ gesetzgebung zu erinnern. Der Eindruck ist auch dort kein anderer, aber er wird durch das Anerkenntniß gemildert, daß der Staat dort ihrer offenbar nicht entbehren kann, wenn er nicht den Defraudatienen freien Spielraum lassen will. Er muß sich dort an die Form halten, ohne nur die Absicht richten zu lassen, aber wohl nie, wo es um wirkliche Verbrechen sich handelt. . Marschall: Der Abgeordnete Sperling wäre der Meinung, daß seine sämmtlichen drei Anträge Abgeordn. Sperling: Ich bitte um Entschuldigung. Mein erster Antrag würde stehen bleiben, eben so der zweite, nur der dritte würde wegfallen, in Beziehung, auf welchen ich dem Vorschlage des Abgeordneten aus Pommern beigetreten bin.

Justiz⸗-Minister von Savigny: Das Meiste, was bis jetzt ge⸗ gen den Paragraphen vorgebracht worden ist, reduzirt sich in der That nach den' gegebenen Erläuterungen auf Fassungs Bemerkungen, und als solche werden sie notirt und weiter erwogen werden. Das, was am wenigsten die Natur bloßer , hat, sind die zwei Voerschläge, welche das geehrte Mitglied aus Preußen vorgebracht hat, einmal, es müßten dem Finder Verhaltungsregeln gegeben werden; diese stehen aber auf das ausführlichste und deutlichste n dem Landrecht. Rur der 20 ste Titel soll jetzs aufgehoben werden, das ganze übrige Landrecht soll stehen bleiben, und das kann den Leuten gleichgültig sein, ob diese Bestimmung in diesem oder in einem anderen Titel des Landrechts steht. Diesem Bedürsnisse scheint also schon jetzt vollständig abgeholfen zu sein, und ich kann das Bedürfniß nicht anerkennen, das, was dort im 9gten Titel steht, hier zu wiederholen. Fer⸗ ner ist gesagt worden, es müßte ausgedrückt werden „dem bekannten Eigenthümer“; dadurch würde aber das Ganze vollständig gelähmt werden. Das ist ein gleichgültiger Umstand, ob man weiß, daß eine Brieftasche mit Kassen = Anweisungen diesem bekannten oder irgend einem unbekannten Kaufmann gehört, man muß nur wissen, daß sie Jemand gehört, daß dieser sie hat derelinquiren wollen. Der Fall kommt gar nicht vor, daß Jemand eine Brieftasche mit Kassen⸗An⸗ weisungen derelinquiren will, ob aber der Verlierer Johann oder Friedrich heißt, ist meines Erachtens ganz gleichgültig, es ist gewiß ein Eigenihümer da. Daß er gewußt haben muß, daß ein Eigen⸗ thümer existirt, ist nothwendig, aber dies ist, glaube ich, durch die Fassung des Entwurfes hinreichend angedeutet es könnte vielleicht noch etwas deutlicher ausgedrückt werden indem cs dort hieße: „dem Eigenthümer zu entziehen sucht“, es muß eine Sache sein, von der er glauben kann, daß ein bestimmter Eigenthümer da ist, so daß sie nicht eine herrenlose Sache ist.

Abgeordn. Graf Zech-Burkersrode; Auch mir scheint nicht rich- tig, daß mit den Fällen des 5. 272 die Fälle des §. 273 in eine und dieselbe Kategorie gestellt werden. In dem ersten Paragraphen ist die Rede von dem Fall, wo Jemand eine ihm durch ein Vertrags⸗ Verhältniß anvertraute Sache veruntreut, es ist also ein offenbarer Mißbrauch des Vertrauens. In dem zweiten Paragraphen ist die Rede von dem Fall, wo Jemand eine gefundene Sache in seinem oder eines Anderen Nutzen verwendet. Es ist zwischen diesen Fällen ein so großer Unterschied, daß ich glaube, das Rechtsbewußtsein des Volkes könnte verletzt werden, wenn diese Fälle in eine und dieselbe Kategorie gestellt würden. Ich will zugeben, daß unter Vielen im Volke in Bezug auf das Recht der Findung sehr laxe Grundsätze herrschen. Mancher hat kein Bedenien, eine gefundene Sache zu seinem Vortheil zu verwenden, der sich nie dazu entschließen würde, einen Diebstahl zu begehen oder eine anvertraute Sache zu verun— treuen. Allerdings besteht aber doh auch ein großer Unterschied zwischen diesen Fällen. Der Herr Regierungs-Kommissar hat vorhin angeführt, welche Bestimmungen die verschiedenen Strafgesetzgebungen anderer Länder für diese Fälle enthalten. Mir ist nur das neue Strafgesetzbuch für das Königreich Sachsen näher bekannt, wel hes die Fälle des 5. 272 mit der vollen Strafe des Diebstahls, die Fälle des §. 273, wo Jemand sich eine gefundene Sache zueignet, nur mit der halben Diebstahlsstrafe bedroht. Ich gestehe, daß diese Bestim⸗ mungen mir ganz angemessen erscheinen.

Justiz-Minister Uhden: Diese Bemerkung würde nur darauf hinausgehen, das Strafmaß zu ändern, die Handlungen als solche sollen für strafbar erklärt, jedoch eine Herabsetzung der Strafe bean⸗ tragt werden.

Abgeordn. Graf Zech-⸗Burkersrode: Namentlich würde ich es hier für angemessen finden, die Fälle des §. 272 und des §. 273 nicht in eine und dieselbe Kategorie zu stellen.

Abgeordn. Sperling: Der Herr Justiz-Minister hat uns als Beispiel den Fall angeführt, wo Jemand eine Brieftasche mit Tre⸗ sorscheinen sindet. Ich glaube allerdings, in diesem Falle wird Nie⸗ mand zweifelhaft sein, daß derjenige, welcher die Tresorscheine findet und das Geld in seinem Nutzen verwendet, ein unredlicher Mensch ist und Strafe verdient. Indeß giebt es auch andere Fälle, in denen das Eigenthum eines Dritten nicht so klar ist. Ich glaube mich der Mühe überheben zu können, solche Fälle hervorzusuchen; höchstens will ich einen anführen; wenn nämlich Jemand eine alte Münze fin⸗ det. In Beziehung auf sie könnte er wohl auf den Gedanken kom— men, daß sie keinen Eigenthümer habe, daß sie zu den derelinquirten Sachen gehört, also von jedem Finder angeeignet werden dürfe. Wenn der Herr Minister ferner bemerkt hat, daß es in der Absicht des Gouvernements gelegen habe, die Strafe nur da eintreten zu lassen, wo ein wirklich böser Vorsatz obwaltet, wo der Finder an— nehmen konnte, daß ein Eigenthümer da ist, so finde ich auch keine Veranlassung, dies nicht offen auszusprechen. Was endlich den Ein— wand anbelangt, daß schon im Allgemeinen Landrechte eine Bestim- mung enthalten sei, welche dem Finder Verhaltungsregeln vorschreibt, und sie deshalb hier überflüssig erscheinen, so müssen wir bedenken, daß wir ein Strafgesetzbuch zu entwersen haben, welches in sich ab⸗ geschlossen und vollständig sein muß; daß es nicht zweckmäßig er— scheint, Bestimmungen, welche zur Charakterisirung eines Vergehens dienen, in verschiedenen Gesetzbüchern aufzustellen, was namentlich unseren Fall betrifft, den Finder zu nöthigen, daß er aus dem All— gemeinen Landrechte ersehe, daß er den Fund der Obrigkeit anzeigen müsse, und, wenn er dies nicht thut, ihn die Strafe des Diebstahls treffe aus dem Kriminal-Gesetze dagegen wieder entnehme, welche Strafe ihn treffe, wenn er die gefundene Sache sich aneigne.

Abgeordn. Graf von Schwerin:; Ich halte auch dafür, daß die Fälle, welche in den §§. 272 und 273 bezeichnet sind, durchaus nicht gleicher Natur sind, ich würde aber bei §. 274 dies hervorheben der beide Fälle gleich strafwürdig erklärt. Wenn man das aber thut und sie in der Strafwürdigkeit gleichstellt, so kann man über diese Paragraphen weggehen, und ich würde namentlich für die Handlung des 5. 273 den Verlust der Ehrenrechte für nicht gerechtfertigt halten welcher im 8. 274 für beide Vergehen ausgesprochen ist. ;

Marschall: Darauf hat sich bis jetzt eigentlich der Antrag be schränkt, die Fälle der beiden Paragraphen zu trennen. Wären dar— über noch Anträge zu stellen, so würde es an der Zeit sein, sie jetzt zu stellenzsehe wir zur Abstimmung kommen. ö !

Abgeordn. von Auerswald: Ich halte, falls die Haudlungen des S. 273 unter besondere Strafe gestellt, werden, vor allen Dingen nöthig, daß die Worte des Entwurfs gestrichen würden „einer Ün— terschlagung wird es gleichgeachtet, wenn derjenige“. ;

Justiz · Minister von Savigny: Wenn verschiedene Strafmaße zum Theil auch verschiedene Strafarten hinsichtlich des Verlustes der Fhrenrechte beschloffen werden, so versteht es sich von selbst, daß diese Worte nicht unverändert stehen bleiben können.

Abgeordn. von Auerswald: Ich halte meine Bemerkung, welche eventuell nur die Fassung betraf, durch diese Erklärung erledigt. nicht n. Fabricius: Eine reine Fassungssache möchte ich es . e denn es kommt auf, das Prinzip an. Ich glaube nach . fin, , ,, es ist sicherer, wenn man dem Richter je⸗ a hh. im (gen , den Begriff feststellt, ohne einzelne Fälle ill „zumal nach dem Geiste des ganzen Gesetzes, welches dem

ichter 4. 2 1 J . danach . Spielraum läßt, alle Fälle nach ihren Nüancen

Justiz · Minister von Savigny: Ich muß doch behaupten, daß

521 dies reine Fassungssache ist, ob man sagt: soeräußert, verbraucht, ver= pfändet oder auf andere Weise sich oder Anderen zueignet“, oder ob man blos sagt: „sich zueignet“.

Marschall: Wir können abstimmen.

(Viele Stimmen: Ja, Jah

Abgeordn. von Weiher: Die Handlung, welche im 8. 273 mit Strafe bedroht ist, scheint mir durch den Zusatz, der hier gemacht worden ist, so deutlich als eine böswillige bezeichnet, daß ich nur ei⸗ nen geringen Unterschied von dem Diebstahle sehen kann. Es ist gesagt worden, er solle durch seine Handlung die Absicht an den Tag gelegt haben, die Sache dem rechtmäßigen Eigenthümer zu entzie= hen; ob die Entwendung einer Sache an einem bekannten oder an einem unbekannten Eigenthümer begangen wird, darin kann ich keinen Unterschied sehen. Er ist ein Dieb, wenn er die Sache wegnimmt, mag er sie Jemanden nehmen, den er kennt oder nicht kennt, wenn er nur weiß, daß er sie einem Eigenthümer wegnimmt.

Marschall: Wir können abstimmen. Ich habe dabei zuerst zu bemerken, daß die Frage, ob beantragt wird, in den Fällen des §. 273 den Verlust der Ehrenrechte nicht eintreten zu lassen, bei der Abstimmung über den nächsten 8. Ad stattsinden wird, so daß wir

Der erste Antrag des Abgeordneten Sperling giebt Veranlassung zu

der Frage: . Soll beantragt werden, Vorschristen über das Verhalten des Fin⸗ ders in Bezug auf die gefundene Sache in das Gesetz außu⸗

nehmen?

und die das beantragen,

geben.

würden es durch Aufstehen zu erkennen (Es erhebt sich Niemand)

Dem Vorschlage ist nicht beigestimmt. Zunächst kommt es dar⸗ auf an, zu ermitteln, ob es der Ansicht des Abgeordneten Sperling entspricht, wenn in Bezug auf seinen zweiten Antrag, der den be⸗ kannten Eigenthümer betrifft, die Frage so gestellt wird, wie sie hier von anderer Seite zur Erwägung kam, daß nämlich eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen werde, nach welcher die Strafe uur dann eintreten soll, wenn sich vernünftigerweise nicht annehmen läßt, die Sache eine aufgegebene gewesen sei, die Frage einfach darauf gestellt werde, thümer“ das Wort „bekannter“ eingesetzt werde.

Abgeordn. Sperling: daß der Antrag negativ gefaßt werde.

Marschall: Dann heißt die Frage:

Soll beantragt werden, nu men, nach welcher die Strafe nur dann eintreten soll, vernünftigerweise nicht annehmen läßt, gegebene sei? 3

Und diejenigen, welche das beantragen, würden es durch Auf⸗ stehen zu erlennen geben.

(Es erheben sich nicht genug Mitglieder.)

Die Versammlung ist dem nicht beigetreten.

Der dritte Antrag giebt Veranlassung zu der Frage;

Soll beantragt werden, die Worte: „Veräußert, verpfändet, ver= braucht oder auf andere Weise“, wegzulassen? .

Diejenigen, welche den Wegfall dieser Worte beantragen, wür— den es durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Es erheben sich abermals nicht genug Mitglieder.)

Die Versammlüng ist dem nicht beigetreten.

Abgeordn. Graf von Zech-Burkersrode: Wenn ich recht ver⸗ standen habe, so hat der verehrte Abgeordnete der preußischen Rit⸗ terschaft darauf angetragen, die Worte:

„einer Unterschlagung ist es gleich zu achten“, zu streichen. Ich würde wünschen, daß eine Frage darauf gestellt werde.

Abgeordn. von Auerswald: Ich habe nur befürwortet und eigentlich als selbstredend vorausgeseßt, daß, wenn im ,. 274 die beantragte Veränderung getroffen würde, diese Worte jedenfalls weg⸗ fallen müßten.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

„S§. 274.

Die Unterschlagung ist mit dem Verluste der Ehrenrechte und mit Gefängniß nicht unter sechs Wochen oder mit Strafaibeit bis zu fünf Jahren zu bestrafen; auch kann zugleich auf Stellung unter besondere Polizei⸗Aufsicht erkannt werden.“

Das Gutachten der Abtheilung lautet:

„Zu §. 27 ward bemerkt, daß sich die Ehrenstrafe nach den Grundsätzen, welche überhaupt für diese Strase als die maßgebenden erachtet werden sollten, modifiziren müsse.

Sodann ward angetragen:

den letzten Satz wagen der Polizei- Aufsicht, da dieselbe durch innere Gründe nicht gerechtfertigt sei, zum Wegfall in Vorschlag zu bringen.

Die Abtheilung ist diesem Antrage mit 9 gegen 4 Stimmen beigetreten. .

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich würde mir erlauben, den speziellen Antrag zu stellen, die Strafe in der Art zu ändern, daß der Verlust der Ezrenrechte nur für Fälle des §. 272 zulässig er⸗ kannt werde, nicht aber für 8. 273, indem es sich in 5. 273 allerdings um eine ungerechtfertigte Handlung, aber nicht wie bei §. 272 um den Mißbrauch des Vertrauens handelt, also nicht gleich eine gemeine Gesinnung angenommen werden kann.

anschließen, aber gleich die nothwendigen Veränderungen bei den bei⸗ den §§. 272 und 273 näher angeben. Dieses Verbrechen ist durch- aus ganz anderer Natur, als der Diebstahl, daher ist es unmöglich, eine gleiche Strafe festzusetzen. Es ist von dem Herrn Regierungs⸗ Kommissar schon bemerkt worden, daß dieses Verbrechen höchstens einem Diebstahl nahe kommen könne. Es fehlt hier das wichtigste Moment des Diebstahls, nämlich die Verletzung des Besitzrechtes, in der Regel liegt auch hier nicht eine so schlechte und gemeine Gesin= nung zum Grunde, daher die subjektive Seite des Verbrechens eine andere ist, wie beim Diebstahl, deshalb können wir die Strafe nicht gleichstellen. Ich würde mir den Vorschlag erlauben, daß bei 8. 272 der Verlust der Ehrenrechte fakultativ gestellt werde, bei S. 273 aber ganz fortfalle und das Minimum, auf 14 Tage herabgesetzt, wie es schon gestern beim Diebstahl beantragt worden ist, hier sich jedenfalls mehr rechtfertigen läßt.

Marschall: Der Voischlag, welcher zuerst gemacht worden ist, hat bereits Unterstützung gefunden, und es fragt sich, ob der Antrag, das Minimum auf 14 Tage herabzusetzen, die erforderliche Unter⸗ stützung findet:

(Wird hinreichend unterstützt.)

Er hat sie gefunden. Es wäre nun zu ermittelu, ob man sich mit dem Vorschlage ein verstanden erklärt, daß in 8. 272 auf Verlust der Ehrenrechte fakultativ zu erkennen sei.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich würde dem Antrage des Abgeordneten von Donimierski beitreten, dahin, daß im 8. 273 das Minimum auf 14 Tage Gefängnißstrafe ohne Verlust der Ehren⸗ rechte eintrete. Zu 5. 272 habe ich keinen Antrag gestellt.

Justiz Minister von Savigny: Aus der bisherigen Die kussion

Ich schließe mich dem Vorschlage an, ) well ein besonderer Mißbrauch des Vertrauens vorliegt.

. 2. . . . Abgeordn. von Donimierski: Ih würde mich diesem Antrage

scheint hervorzugehen, daß die Fälle des 8. 272 völlig nach der Re- gel des Diebstahls behandelt werden. Dagegen habe ich bis jetzt, wenn ich nicht nicht irre, keine Einwendung gehört. Ich glaube, die Fälle im §. 272 müssen auf gleicher Linie stehen bleiben mit dem Diebstahl. Es ist dabei keine besondere Diskussion veranlaßt worden in Beziehung auf die Ehrenrechte, weil dieses von selbst nach den bisherigen Beschlüssen geregelt werden müßte. Es fragt sich nur, wie die Fälle im §. 273 behandelt werden sollen. Von mehreren Seiten hat man beantragt, daß eine geringe Freiheitestrafe eintreten soll und der Verlust der Ehrenrechte schlechthin wegfallen oder nur

nur zu der Abstimmung über die drei gestellten Anträge kommen.

daß

oder ob er vorzieht, daß daß vor dem Worte „Eigen⸗ af vo zu §. 272 nicht anschließen.

mand die Verpflichtung übernommen, in das Gesetz eine Bestimmung aufzuneh- wenn sich daß die Sache eine auf⸗

fakultativ erkannt werden soll. Wenn ich richtig aufgefaßt habe, so würde sich die Diskussion zu beschränken haben auf die Fälle des 5. 273, auf die dafür anzunehmende Strafe, auf das Minimum und das Maximum dieser Strafe, auf die Annahme und Nichtannahme der Ehrenstrafe.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Das würde meiner Meinung ganz entsprechen.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Ich glaube, daß es ganz konsequent und richtig ist, dieses Vergehen, welches hier zur Sprache gebracht worden ist, ganz nach der Analogie, der über den Diebstahl gefaßten Beschlüsse zu behandeln, indem wir den Verlust der Ehrenrechte von der gewinnsüchtigen Absicht abhängig machen.

Abgeordn. von Auerswald: Ich glaube, daß die Ausführung des Herin Ministers der Gesetzgebung nicht ganz vellständig war, indem der Abgeordnete aus Preußen außer dem Amendement zu §. 273 auch bel §. 272 auf Eimäßigung der Strafe angetragen hat, und zwar aus dem Grunde, weil bei einer Handlung, welche nach der eigenen Acußerung des Herrn Ministers, dem Diebstahle nur sehr nahe kommt, auf ein Minimum von 14 Tagen herunterzugehen wäre, da wir gestern bei mehreren Fällen des Diebstahls auf 14 Tage her⸗ abgegangen sind und es also inkonsequent wäre, wenn wir hier nicht ein gleiches Minimum annähmen. Dagegen würde ich aus dem vom Referenten angeführten Grunde zur Aberkennung der Ehrenrechte in den Fällen des §. 273 nicht rathen.

Abgeordn. von Donimierski: Es ist bereits von dem Redner so eben gesagt worden, was ich noch zur Unterstützung meines Antrags bemerken wollte.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich würde mich dem Antrage Ich halte dle hier bezeichnete en ß

Diebstahl, Es hat Je⸗ eine Sache zu verwahren, und verletzt dieselbe. Eine solche Handlung halte ich für schlechter, als einen Diebstahl. Deshalb würde sich hier die Ermäßigung der Strafe und die fakultative Aberkennung der Ehrenrechte nicht recht⸗ fertigen, wohl aber könnte man den 8. 273 auch so fassen, daß nur bie Aberkennung der Ehrenrechte stattfinde, wenn eine gewinnsüchtige Absicht sich kundgiebt. . a, un: Ich möchte auch für die Fälle des §. 272 nicht unbedingt die Aberkennung der Ehrenrechte aus sprechen. , Marschall: Dann ist es in Uebereinstimmung mit dem Antrag,

nicht nur für so schlecht, sondern für schlechter als einen

der bereits gestellt worden ist.

Aegeordn. Brämer: Ich erlaube mir, in Betreff des §. 273 den Antrag zu stellen, das Minimum noch bedeutender herabzusetzen, als der Abgeordnete von Donimiers ki beantragt hat. Ich kann mir eine Menge Fälle denken, wo 214 Stunden Gefängniß hinreichend sind. Es verliert Jemand vom Wagen ein Päckchen Eßwaaren, ein armer Mann nimmt es auf. Soll er deswegen mit 14 Tagen Gefängniß bestraft werden?

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Das fällt unter den 8.

Abgeordn. Hüffer: Ich unterstütze den Antrag, der zuletzt ge⸗ stellt worden ist. Die Fälle können sehr mannigfach sein.

Marschall: Es kommt darauf an, ob der Antrag Unter⸗ stützung findet.

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(Er erhält sie nicht ausreichend.)

Er hat sie nicht gefunden.

Fürst Boguslaw Radziwill: Ich wollte dasselbe nur noch in Erinnerung bringen, was der verehrte Vorsitzende der Abtheilung bereits gesagt hat, daß nämlich die Fälle des 8. 272 mir ebenfalls schlimmer erscheinen, als ein Diebstahl, weil ein in die Person ge⸗ setztes Vertrauen gemißbraucht worden ist, so daß im 5. 272 jeden= falls der Verlust der Ehrenrechte als Strafe auszusprechen sein wird, also der Vorschlag des Entwurfs stehen bleiben muß. Im 5. 273 würde man aber den Verlust der Ehrenrechte nicht ganz ausschließen können; denn es scheinen mir Fälle möglich, die dem Diebstahle sehr nahe stehen, wie deren auch einige erwähnt worden sind, z. B. die Unterschlagung einer Brieftasche, die mit Kassen⸗Anweisungen gefüllt ist. Wer eine solche Unterschlagung begeht, ist einem Diebe gleich und so ehrlos zu betrachten, daß ich mich mit §. 273 nur n , den erklären könnte, wenn der Verlust der Ehrenrechte fakultativ ge— stellt wird. Ich trage darauf an, daß im 8. 272 der Verlust der Ehrenrechte in allen Fällen, im §. 273 aber fakultativ erkannt werden könne.

Marschall: Das ist ein neuer Antrag, der zur Abstimmuug kommen könnte. Wir können abstimmen. Die erste Frage heißt:

Soll beantragt werden, für die Fälle des 8. 273 den Verlust der Ehrenrechte nicht eintreten zu lassen?

Tie zweite Frage würde heißen: Soll beantragt werden, daß für die Fälle des 8. 272 fakultativ auf Verlust der Ehrenrechte zu er⸗ kennen sei?

Abgebrdn. von Donimierski: Bei 5. 272 in Betreff des Ver; lustes der Ehrenrechte trete ich der Ansicht des Referenten bei, daß der Verlust, wie beim Diebstahl, von der gewinnsüchtigen Absicht ab⸗ hängig gemacht werde.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Der Verlust der Ehrenrechte soll davon abhängig gemacht werden, ob die Handlung. .

(Es konnte nichts weiter verstanden werden.) Abgeordn. Graf von Schwerin: Zu 8, 273 würde auch noch über das Strafmaximum zu sprechen sein. Ich halte das Straf⸗ maximum auch für zu hoch! Ich würde die Freiheitsstrafe ermäßigen. Marschall: Es würde erwünscht sein, wenn es jetzt geschahe. Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich würde wünschen, daß die Freiheitsstrafe von 14 Tagen Gefängniß bis zu einem Jahre Straf⸗ arbeit ohne Verlust der Ehrenrechte angenommen werde. Justiz-Minister von Savignz: Ich, bitte, ums Wort in Be⸗ ziehung auf die Fragestellung. Wenn bei 8. 273 die Frage blos darauf gestellt werden sollte, ob das Maximum auf, ein Jahr her⸗ untergeseßt werden solle so scheint mir doch dadurch die Freiheit der Aeußerung etwas zu beschränkt. 35h gebe zu, daß sich viel dafür sagen läßt, daß die Fälle des 8. 273 anders behandelt werden, als bis des §. 272, aber eb die Strafe von fünf Jahren im Maximum auf zwei oder drei Jahre heruntergesetzt wird, das wäre ein großer Unterschied. Es wäre möglich, daß man bis auf drei oder zwei Jahre heruntergehe, aber bis auf ein Jahr nicht. . ̃ Abgeordn. Graf von Schwerin: Es wird sich die Sache aber doch auf keine andere Weise erledigen lassen, als daß man ein be⸗ siimmtes Maximum vorschlägt und den Mitgliedern, die damit nicht übereinstimmen, überläßt, dagegen zu stimmen oder fein anderes Ma— rimum vorzuschlagen. Es wird nichts Anderes übrig bleiben.