1848 / 58 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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wozu denn solgerecht erforbert wird, daß die Handlung eben mit dem Vorsatz der gewaltthätigen Aneignung unternommen wird, aber auch das die Folge war, daß der vollendete und der nur versuchte Raub im Begriff nicht gleichstanden, wenngleich der Gesetz geber Anleitung sinden mag, die Strafen für den einen und den anderen ziemlich zu ammenfallen zu lassen. . .

Justiz⸗-Minister von Savigny: Als ein selbstständiges Verbrechen soll es eben hier hingestellt werden, ich kann also nicht einsehen, worin die Aenderung bestehen soll, die das geehrte Mitglied wünscht.

Abgeordn. Fabricius: Ich kann nur wiederholen, daß ich hier den Raub als selbstständiges Verbrechen hingestellt finde und mir das nach meiner individuellen Ueberzeugung unabweislich erscheint, sich darin das gemeine Recht festzuhalten, oder sich ihm anzuschließen.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Es reduzirt sich das größten⸗ theils auf eine Fassungsfrage. Anstatt: „Um einen Diebstahl zu begehen,“ haben andere Gesetzgebungen gesagt: „in gewinnsüchtiger Absicht oder widerrechtlich sich eine fremde Sache anzueignen.“ Es steht nichts entgegen, daß man in dieser Art die Worte: „um einen Diebstahl zu begehen“ umgestaltet. Das Allgemeine Landrecht hat allerdings auch gesagt: „wer durch Gewalt u. s. w. eine fremde Sache sich aneignet.“ Der zweite Antrag bezieht sich auf etwas Anderes und geht, wenn ich richtig verstanden habe, dahin, die Worte „um sich, bei dem Diebstahle betroffen und auf frischer That verfolgt, im Besitze des gestohlenen Guts zu erhalten“ hier aus= fallen zu lassen und demnächst in einer weiteren Bestimmung anzu⸗ ordnen, daß in diesem Falle die Strafe des Raubes eintreten solle. Bereits in den früheren Stadien der Revision ist in Erwägung ge— kommen, daß dieser letzte Fall, wo es sich darum handelt, daß der Dieb sich im Besitz des gestohlenen Guts erhalten will, nicht eigent⸗ lich Raub ist, denn Raub ist ein Diebstahl, der durch das Medium der Gewaltthätigkeit begangen wird, und hier ist bereits der Dieb⸗ stahl begangen. Ob man diesen Fall abgesondert behandeln will, ist Fassungssache. Dagegen kommen aber praktische Gründe in Be⸗— tracht, aus denen es wünschenswerth ist, diesen Fall ganz gleich mit dem eigentlichen Raube, also mit demjenigen zu bestrafen, wo der Dieb die Gewaltthätigkeit begeht, um sich in den Besitz der Sache zu setzen. Es würde sonst in den einzelnen Untersuchungen außer⸗ ordentlich schwer fallen, den Beweis des Raubes zu führen; man würde dem Angeschuldigten speziell nachweisen müssen, daß er die Gewalt verübt habe vor der Besitznahme der Sache und nicht erst, nachdem er schon im Besitze der Sache gewesen wäre. Das könnte zu außerordentlichen Weitläuftigkeiten führen, andererseits aber stehen in der Strafbarkeit beide Fälle überhaupt ganz gleich, indem die Bestimmung ja darauf beschränkt ist, daß der Thäter bei dem Dieb⸗ stahl betroffen wird und auf frischer That Gewalt ausübt.

Abgeordn. Dittrich: Ich halte auch die Gewalt gegen Per- sonen für das Wesentlichere in der Begriffsbestimmung und stimme daher für den Entwurf; ich habe aber noch ein anderes Bedenken und bitte, dasselbe mir zu erläutern. Im 8§. 280 steht „Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben,“ im §. 284: „für Leib oder Leben“ und eben so in §. 285, die Motive zu 5§. 284 sagen: „Leib und Leben.“ Ich bitte, mich darüber zu belehren, ob der Ausdruck „und“ in §. 2809 absichtlich gewählt ist?

. Regierungs- Kommissar Bischoff: Es soll heißen: „Leib oder eben.“

Justiz⸗-Minister von Savigny: Ich glaube nicht, daß da ein besonderer Zweifel entstehen kann, denn die Gefahr für das Leben wird immer auch eine Gefahr für den Leib sein, und eine Gefahr für das Leben ist nie denkbar ohne Gefahr für den Leib.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Es ist von dem geehrten Ab— geordneten wohl mit Recht erwähnt worden, daß eine solche Ungleich⸗ heit der Ausdrucksweise im Gesetze nicht beibehalten werden könne.

Abgeordn. Neumann: Ich gehe davon aus, daß es sich hier darum handelt, einen vollständigen Begriff von dem Verbrechen des Raubes aufzustellen, und ich bin der Meinung, daß die Aufstellung dieses Begriffes der allgemeinen Volksansicht sich wenigstens annähern müsse. Dies kann ich nun in dem 8. 289 meinerseits nicht finden, und ich theile ganz das Bedenken, welches der geehrte Abgeordnete der pommerschen Städte bereits aufgestellt hat. Ich gebe zu, daß in Beziehung auf den Begriff des Raubes vielfach geschwankt wor⸗ den ist, es ist dies aber eigentlich und genau genommen wohl nur von den Rechtsgelehrten geschehen; die Volksansicht hat über den Begriff des Raubes kaum geschwankt. Zunächst habe ich gegen die Aufstellung des Begriffes im 8. 280 zu bemerken, daß es überhaupt nicht als zweckmäßig anerkannt werden kann, den Begriff eines Ver⸗= brechens durch den Begriff eines anderen Verbrechens zu erklären, hier also den Begriff des Raubes durch den Begriff des Diebstahles. Ich habe aber ferner zu bemerken, daß ich eben so die Erklärung an sich auch nicht für 16 halte, weil nach meiner Ueberzeugung Raub und Diebstahl ihrem Wesen nach eigentlich nichts mit einander gemein haben. Es kömmt zwar bei beiden eine Besitzstörung und die Weg nahme einer fremden Sache vor, dies findet aber auch noch bei an—⸗ deren Verbrechen statt. Zunächst scheint mir der hier aufgestellte Begriff weder der allgemeinen Rechtsansicht, die bis jetzt herrschend gewesen ist, noch einer von den Ansichten, die in den übrigen neue⸗ ren deutschen Strafgesetzgebungen angenommen sind, zu entsprechen.

ch halte mich in dieser Beziehung zunächst an den Begriff, den das deutsche Recht von dem Verbrechen des Naubes annimmt. Gerade das deutsche Recht erkannte in diesem Verbrechen die Verletzung der Sicherheit der Person einerseits und die Verletzung des Eigen= thums andererseits, und zwar die letztere in Verbindung mit Gewalt; es versteht also unter Raub die vorsätzliche körperliche Besitznahme einer Sache durch, Gewalt, die gegen den Inhaber ver— übt wird, so daß er keinen Widerstand entgegensetzen und die Weg⸗ nahme der Sache nicht verhindern kann. Es ist also hier nicht, wie die Abtheilung, als im älteren deutschen Rechte begründet, ange⸗ nommen hat, von einem bloßen Angriff. auf die persönliche Freiheit die Rede. Es kannte das deutsche Recht sogar die besondere Be—= stimmung, daß es nicht als Raub angesehen wurde, wenn gegen Jemand ein rechtswidriger Angriff geschah, durch den er außer Stand, sich zu vertheidigen, gesetzt wurde, und ihm später gelegentlich noch Sachen abgenommen wurden; die Gewalt sollte lediglich zum Zwecke der Erlangung der Sache verübt werden. Der Begriff der gewaltsamen Wegnahme der Sache durch offene Gewalt gegen den Inhaber ist es aber offenbar gewesen, dem das Voll auch stets an- hing, und ich weiß nicht recht, wie der Raub erwiesen werden soll, wenn die Wegnahme der Sache nicht als Kriterium dabei betrachtet wird. Handelt es sich blos um Gewalt oder Drohung, so könnte Jeder in den Fall kommen, welcher einen Anderen auf der Landstraße ern und sich Thätlichkeiten gegen ihn erlaubt hat, sobald der⸗ selbe zufällig werthvolle Sachen bei sich hat, dann als Räuber an⸗ geklagt und bestraft zu werden; es würde ihm schwer fallen, der bloßen Präsumtion gegenüber den Beweis zu führen, daß er nicht ein Räuber gewesen ist. Jedenfalls kommt die Sache endlich eben so zu stehen, daß hier der Konat eben so bestraft wird, wie das voll⸗ endete Verbrechen selbst, und es entsteht die Frage, ob es nothwendig ist, daß der in der bloßen Gewaltandrohung bestehende Versuch eben so bestraft werden muß, als der ausgeführte Raub, der durch die

2 erklären, in den Begriff des Raubes die Wegnahme der Sache als Kriterium mit aufzunehmen.

Abgeordn. Grabow: Indem ich der Ansicht, welche der Ab= geordnete aus Lübben entwickelt hat, vollständig beitrete, bemerke ich zur weiteren Begründung seines Antrags, nach welchem für das Ver⸗ brechen des Raubes eine andere Begriffs -Bestimmung, als uns in dem Gesetzentwurfe vorgelegt ist, zu emaniren sein dürfte, Folgen⸗ des: Es ist nach dem uns vorgelegten Gesetzentwurfe die Gewalt⸗ thätigkeit an der Person als das Hauptkriterium und maßgebend für das Verbrechen des Raubes angesehen worden; es ist damit gesagt, daß der Raub zu dem crimen vis gehöte. Wenn man aber dies festhält, so muß man behaupten, daß in dem vorgelegten Entwurfe berfelbe Gesichispunkt nicht überall maßgebend gewesen ist. Ein dem Raube ähnliches, gewaltthätiges Verbrechen ist nämlich das der Nothzucht. Vergleicht man nun den Begriff der Nothzucht, wie er uns vorgelegt und von uns angenommen worden ist, mit dem proponirten Begriffe des Raubes, so scheint mir, als wenn man bei dem Begriffe des Raubes abgewichen ist von dem Gesichts punkt, den man bei der Nothzucht aufgestellt hat. Der S. 174 disponirt näm⸗- lich: „Wer eine Frauensperson durch Gewalt oder durch Drio⸗ hungen mit gegenwärtiger Gefahr für ihr oder anderer Menschen Leib oder Leben zur Duldung des außerehelichen Bei— schlafs zwingt u. s. w.“ Es ist darin also vorausgesetzt, daß das wirklich erreicht ist, was der Verbrecher hat verüben wollen. Ein Gleiches ist aber bei dem Begriffe des Raubes, wie er aufge= stellt worden, nicht der Fall; es ist nicht gesagt, daß die Gewalt ausgeübt sei zur Ausführung des Diebstahls, sondern nur, um eine solche Entwendung möglich zu machen. Ich bemerke außerdem, daß, wenn das Allgemeine Landrecht in §. 1265 den Versuch des Raubes eben so bestraft, wie den vollendeten Raub, dies seinen Grund in etwas ganz Anderem hat. Der Raub und der gewaltsame Dieb⸗ stahl unterscheiden sich dadurch, daß bei dem Raube Gewalt gegen Personen, bei gewaltsamem Diebstahle Gewalt gegen Sachen angewendet wird. Bei gewaltsamem Diebstahl tritt nach dem Landrecht schon dann die volle Strafe ein, wenn die Gewalt ausgeführt, aber die Sache selbst vom Diebe noch nicht in Besitz genommen ist. In Konsequenz mit dieser Theorie hat der 8. 1205 des Landrechts den Raub eben so behandelt, wie den gewaltsamen Diebstahl, wie dies aus dem Marginale des gedachten Paragraphen: „versuchter Raub“ unzweideutig hervorgeht. Nach dem zur Berathung vorgelegten Entwurfe ist jeder, auch der gewaltsame Diebstahl (58. 267) erst vollendet mit der Wegnahme der Sache, der Raub ab⸗ђ weichend davon aber schon mit der in diebischer Absicht verübten Ge⸗ walt gegen die Person. Ich glaube nach dem bisher Ausgeführten, daß die' Begriffsbestimmung' für den Raub in dem Entwurfe von 1845 richtigerer Theorie und der Volksansicht gemäß am treffendsten hingestellt ist. Dort heißt es im 5. 265:

„Einen Raub begeht der, welcher mit Gewalt gegen eine Person „oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr „für Leib oder Leben aus dem Gewahrsam eines Anderen eine „fremde bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich „rechtswidrig (i. c. gewinnsüchtig) zuzueignen. Der Raub ist „vollendet, fobald der Thäter die Sache an sich genommen hat.“ Dieser Begriff des Raubes ist im deutschen Rechte immer festgehalten worden. Außerdem ist noch der zweite Fall des Raubes, der in dem vorgelegten Gesetzentwurf aufgeführt wird, zu beachten, in welchem dem auf der Flucht begriffenen, beim Diebstahl betroffenen Verbrecher die Sache wieder abgenommen werden soll, er aber, um sich im Be⸗ sitze des gestohlenen Guts zu erhalten, gegen seine Verfolger Ge⸗ waltthätigkeiten verübt. Diesen Fall auch unter den Begriff des Raubes zu stellen, ist zwar dem deutschen Rechte nicht gemäß; wohl aber scheint es mir der Gefährlichkeit des Verbrechens wegen ganz anpassend zu sein, wenn auch dieser zweite Fall als Raub bestraft wird, und das hat der Entwurf von 1845 auch wieder sehr treffend festgestellt, wenn er in einem abgesonderten 8. 267 hinzufügt: „Wer, bei einem Diebstahl auf frischer That betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Ge⸗ fahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitze des ge stohlenen Guts zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.“ Wenn diese beiden Paragraphen anstatt des uns vorgelegten 8. 280 auf⸗ genommen würden, so dürfte in keiner Weise irgend eine Erinnerung gegen die Begriffsbestimmung des Raubes zu machen sein, und ich pröͤponire daher, statt des §. 280 die beiden Ss§. 265 und 267 aus dem Entwurse von 1845 zur Feststellung des Begriffes vom Raube

hier aufzunehmen.

Justiz⸗Minister Uhden: Es ist von der Volksansicht über den Begriff des Raubes gesprochen worden. Ich habe in meiner frühe⸗ ren? Stellung als Untersuchungsrichter viel mit dem Publikum zu verkehren gehabt, habe aber gefunden, daß die Volksansicht vom Raube went strenger ist, als die Definition des vorliegenden Gesetz⸗ Entwurfes selbst. Das Volk sieht viele Fälle für Raub an, wo kein Richter darauf erkennen würde. Ich glaube also, daß man nicht sagen kann, die Volksansicht habe sich so stabil gebildet. Was die Sache selbst betrifft, so ist es ganz richtig, daß der Raub zugleich ein qualifizirter Biebstahl ist. Die Diebstähle sind gemeine Dieb⸗ stähle, Diebstähle mit Gewalt gegen Sachen, und endlich Diebstähle mit Gewalt an Personen, der Raub. Hier ist die Absicht, zu steh— len, sich in Besitz einer Sache zu setzen, also ein Diebstahl vorhan⸗ den; derselbe soll aber durch Gewalt gegen die Person des Damni⸗ fikaten, durch Ueberwindung des positiven Widerstandes seitens dessel⸗ ben, vermittelt werden. Von meinem Herrn Kollegen ist bereits ausgeführt worden, wie nach der bestehenden Gesetzgebung nach dem Allgemeinen Landrechte und nach dem Code penal! der Entwurf keine Verschärfung herbeigeführt. Ich halte aber dafür, daß bei so schweren Verbrechen keine. Veranlassung vorhanden ist, noch eine Milderung eintreten zu lassen. Dies würde aber erfolgen, wenn man einen Versuch des Raubes nach dem Vorschlage annehmen will. Um deswillen glaube ich, daß der Entwurf zu empfehlen wäre.

Abgeordn. Freiherr von Gudengu: Ich wollte nur bemerken, daß ich dem geehrten Mitgliede für Prenzlau vollkommen beipflichte. Ich stimme auch der von dem Herrn Justiz-Minister geäußerten Änsicht bei, daß keine solche Bestimmungen aufgenommen werden dürften, wodurch die Strafe dieses höchst schweren Verbrechens über die Maße herabgesetzt würde. Die hier am rechten Orte vollständig begründete Strenge muß bleiben, hieraus folgt aber keinesweges, daß man einer Säche einen anderen Namen gebe, als ihr nach ihrer Nalur zukommt. Wenn ich sage, der Raub sei schon durch eine bloße Drohung vollendet, so entspricht das der Wirklichkeit und dem Volksbegriffe nicht, und wenn wir das schon als vollendetes Ver⸗ brechen annehmen, so können wir einen Versuch des Raubes uns gar nicht denken, und ein solcher ist doch in der Regel bei allen Ver— brechen als möglich angenommen. Ferner ist diese Definition nach dem Entwurfe von 1845 nicht allein an sich sehr gut und treffend, sondern auch übereinstimmend mit der Definition des Diebstahls, indem sie nur das wesentliche Moment, hinzufügt, was den Raub vom Diebstahl unterscheidet, nämlich die Gewalt gegen Personen, und deshalb stimme ich dem Antrage bei.

. Jusliz-Minister Üihden: Ich muß um eine Aufklärung bitten, nämlich, ob der geehrte Abgeordnete aus Prenzlau ganz gleiche

Wegnahme der Sache vollendet ist. Ich kann mich also nur dafür

Strafen will, wenn Jemand noch nicht in Besitz der Sachen ge⸗

kommen ist, sondern blos Gewalt oder Drohung ausgeübt hat? oder ob er den Unterschied machen will, daß dies nur als Versuch und nicht so hart wie das vollendete Verbrechen bestraft werden soll? Der §. 280 setzt als Strafe: „fünfjährige bis lebenslängliche Zucht⸗ hausstrafe,“ sollte also hier ein Versuch des Raubes angenommen werden, so könnte man unter 5 Jahre herabgehen. Ich wünschte daher zu wissen, wohin die Meinung des Antragstellers geht.

Abgeordn. Grabow: Wenn der Begriff des Raubes so aufge= stellt wird, wie ich ihn proponirt habe, so würde für den vollendeten Raub nur die Strafe des Entwurfes mit sfünfjährigem bis lebens⸗ wierigem Zuchthause eintreten; wenn aber die Sache vom Räuber noch nicht in Besitz genommen ist, der Raub also noch nicht vollendet, das Verbrechen noch nicht konsummirt ist, so kann dann allerdings nur eine der Strafe des wirklich vollbrachten Verbrechens nahestehende Strafe des Raubversuches eintreten. Damit aber ist nicht gesagt, daß diese Versuchsstrafe unter 5 Jahren stehen bleiben müsse. Wenn ich den konkreten Fall vor Augen habe, in welchem für den voll⸗ brachten Raub etwa 20 Jahre Zuchthaus festzusetzen wäre, so würde für den versuchten Raub dann vielleicht eine Strafe von 18 Jahren zu arbitriren sein.

Justiz-Minister Uhden: Ich habe nicht gesagt, es muß oder soll, sondern ich habe gesagt, es kann, und insofern würde es eine bedeutende Milderung der bestehenden Geletzgebung sein.

Abgeordn. Freiherr von Patow: Ich glaube ebenfalls nicht, daß die Absicht der Redner, welche sich für die Abänderung des Ge⸗ setzes ausgelassen haben, dahin geht, eine Milderung eintreten zu lassen. Sie wollen nur den Begriff fester und der jetzigen Ider vom Raube entsprechender ausstellen, und dem muß ich mich anschließen. Ich glaube, daß der Raub mit den härtesten Strafen zu belegen ist, aber in Ansehung des Strafmaßes immer noch ein kleiner Unter⸗ schied, wie ihn der Abgeordnete von Prenzlau vorgeschlagen hat, zwischen dem ausgeführten Raube und dem der vollständigen Aus⸗ führung nahe stehenden Konat stattfinden kann, und ich bin der Mei⸗ nung, daß wir dann doch den vollendeten Raub mit dem Konat sehr hart bestrafen, den 6 aber fester hinstellen können, und deshalb schließe ich mich dem Vorschlage des Abgeordneten von Prenzlau an.

Justiz⸗Minister Uhden: Ich muß erwiedern, daß unter Um⸗ ständen eine Milderung praktisch eintreten kann, wenn man nicht be— stimmt, daß der Versuch wie das vollendete Verbrechen bestraft wer⸗

den soll.

Abgeordn. Camphausen; Ich führe zur Aufklärung der De⸗ batte am, daß es sich nicht sowohl um die Frage handelt, ob eine mildere Bestimmung eingeführt werden soll, dadurch, daß der Ver⸗ such des Raubes milder bestraft werden würde, Dem könnte immer noch dadurch begegnet werden, wenn bei . 280 ausnahmsweise fest⸗ gesetzt würde, der Versuch solle so hart, wie das vollendete Ver⸗ brechen bestrast werden. Es handelt sich darum, ob man sich ver⸗ sündigen will gegen die deutsche Sprache, und gegen. die Volke- ansicht, indem man sagt: der Raub ist die Gewaltthätigkeit gegen Personen, mit der Absicht, zu stehlen? oder ob man richtig sagen will: der Raub ist der Diebstahl, mit Gewalt gegen Personen ver⸗ übt? Zur Annahme der umgekehrten Fassung, wie sie der Entwurf vorschlägt, habe ich in den bisher gehörten Gründen keine Veran⸗

lassung gefunden. . f WMaͤrschall: Wir können nun zur Abstimmung kommen, und die

rage heißt:

J an,, werden, daß in die Begriffsbestimmung des Raubes die vollendete Aneignung des fremden Eigenthums mit aufgenom- men werde? .

Es ist beantragt worden, die Fassung des Entwurfes von 1845 anzunehmen, ich bemerke aber, daß diese Fassung eine weitläusige, durch zwei Paragraphen gehende ist, welche nicht vorliegt, so daß also die Mitglieder schwer mit sich in's Reine kommen würden, ob sie ihr beistimmen wollen oder nicht. Es wird also leichter sein, wenn' das Wesentliche des Antrages in die Fassung der Frage auf⸗ genommen wird.

Abgeordn. Grabow: Ich glaube, es liegt uns hier ein voll= kommen formulirter Begriff des Raubes vor; ihn hätte ich als Amendement einbringen können; aber es dürfte für die hohe Ver⸗ sammlung auch nicht ungeeignet erscheinen, wenn man diesen Begriff noch einmal hörte und sich dann erklärte, ob man dem gegebenen Begriffe beitreten wolle. Ich will die 5§. 265 und 267 des Ent⸗ wurfes vom Jahre 1845 noch einmal verlesen, ich finde sie so tref⸗ fend, daß ich nichts hinzuzusetzen wüßte. Sie lauten:

§. 265. ¶S. 436.)

Einen Raub begeht der, welcher mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben aus der Gewahrsam eines Anderen eine fremde bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen. ö.

Ber Raub ist vollendet, sobald der Thäter die Sache an sich genommen hat.

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Wer bei einem Diebstahl auf frischer That betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegeuwärtiger Gefahr für Leib ober Leben anwendet, um sich im Bestze des gestohlenen Guts zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

Marschall: Es kömmt zunächst darauf an, ob der erste Antrag⸗ steller des Abgeordneten Fabricius mit, dieser Fassung, übereinstimmt.

Abgeordn. Fabricius: Ich stimme meinerseits ganz damit überein. .

Marschall: Dann waltet kein Bedenken ob, daß die Frage dahin gestellt werde: n

Ob beantragt werden soll, daß die verlesenen Bestimmungen hier aufgenommen werden möchten,

und die das beantragen, werden es durch Aufstehen zu erkennen

geben. .

(Es erhebt sich der größere Theil der Abgeordneten.)

Die Versammlung hat sich mit mehr als zwei Britteln da für aus⸗

gesprochen.

§. 281.

Referent Abgeordn. Freiherr 393 Mylius (liest vor): S. 281.

Der Raub ist mit fun sjhrigem bis lebenswierigem Zuchthause

zu bestrafen. . . ; In , . , , auf eine geringere als

ehnjährige Zuchthausstrafe erkannt werden: ü

. ö. 23. 3 auf einem öffentlichen Wege oder Platze verübt wird; .

2) wenn der Räuber Waffen bei sich führt;

3) wenn bei dem Raube ein Mensch gemartent, oder verstümmelt, oder der Sprache, des Gesichts, des Gehörs oder der Zeu⸗ gungsfähigkeit beraubt, . durch Mißhandlung in eine Gei—

eskrankheit versetzt wird; .

4 ö. . J Mehreren gemeinschaftlich begangen wird,

welche sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Dieb⸗

ahl verbunden haben; 5) 26 bei Verübung des Raubes der Tod eines Menschen durch

Mißhandlungen, ohne die Absicht, zu tödten, verursacht wird.“,

„Zu §. 281.

Zu 5§. 281 hat sich im Wesentlichen nichts zu erinnern gefunden.

Nur wurde zu der Nr. 2. desselben die Bemerkung gemacht, daß der Umstand, daß der Räuber Waffen bei sich geführt, der möglicher⸗ weife ein rein zufälliger sei, sich nicht zur Feststellung des erschwe⸗ renden Umstandes eigene.

Den Antrag,

daß auch hier die Bewaffnung zu den Zwecken der That in den

Begriff des Verbrechens aufgenommen werde, hat die Abtheilung jedoch mit il gegen 3 Stimmen abgelehnt.“

Abgeordn. Graf von Renard: Ich habe bei §. 280 an der

Debatte nicht Theil genommen, weil mir das Ganze auf eine Fassungs⸗ Bemerkung hinauszulaufen schien. Der Begriff des Raubes, ob wir ihn so oder fo stellen, bleibt immer derselbe und ist in jeder Weise richtig gefaßt. Aber weil ich das eben anerkennen muß, kann ich doch nicht umhin, darauf zurückzukommen, daß der Raub an sich nichts ist, als eine andere Art des Diebstahls. Wer sich fremdes Eigen⸗ thum anzueignen beabsichtigt, macht von den Mitteln Gebrauch, die ihm die Natur verliehen hat, der Dieb von Geduld, Verschlagenheit und List, der Räuber von körperlicher Kraft und persönlichem Muth; die innere Niederträchtigkeit bleibt dieselbe, nur äußert sie sich ver— schieden in Anwendung der Mittel, je nach der Subjektivität des Ver⸗ brechers. Es rechtfertigt sich die weit höhere Strafe des Raubes nur durch die Größe der Gefahr für die Mitbürger, allein es recht⸗ fertigt sich nicht, daß wir nicht dieselben Konsequenzen beobachten, wie beim Diebstahl, dieselben Gradationen und Ermäßigungen wie beim Diebstahl eintreten lassen. ö.

Der Begriff des Raubes ist so festgestellt, daß er auch bei ganz unbedeutenden Einwendungen eintreten kann, er kann auftreten unter mildernden Umständen, eben so gut wie der Diebstahl. Ich halte es nicht für nothwendig, dieses hier weitläufig auseinanderzusetzen, ich vermeide es überhaupt, Beispiele anzuführen, weil sie die Debatte verlängern, ohne etwas zu beweisen, denn es lassen sich für Alles Beispiele anführen. Jeder wird sich aber vergegenwärtigen können, daß auch der Raub unter mildernden Umständen eintreten kann, es erscheint mir daher für den ersten Passus eine fünfjährige Zuchthaus— strafe als eine zu hohe; es erscheint mir ferner als zu hoch, daß in den Fällen des qualifizirten Raubes 1, 2, 3, 4. 5 die niedrigste Strafe eine 10jährige Zuchthausstrafe sein soll. Ich finde, daß hier dem Richter nicht genug Spielraum gegeben ist, weil ich zwischen einer zehnjährigen und lebenswierigen Zuchthausstrafe keinen großen Spiel— raum auffinden kann. Mein Antrag geht blos dahin, daß wir diese verwandten, ähnlichen Verbrechen auf dieselbe Weise behandeln, wie den Diebstahl, daß wir diese einzelnen Passus durchgehen und bei jedem einzelnen bestimmen, ob das Minimum der Strafe 10jähriges Zuchthaus sein soll.

Marschall: Der Unterschied liegt darin, daß bei den Fällen des qualisizirten Diebstahls ein anderer Vorschlag gemacht worden war, ein Vorschlag, nicht die Bestimmung des Entwurfs auf die ein⸗ zelnen Positionen anwenden zu lassen, sondern ein anderes Straf— maß, und darauf hin die einzelnen Positionen zu prüfen. Hier ist aber ein solcher Vorschlag noch nicht gemacht, sondern blos beantragt worden, die Bestimmung, welche in dem Entwurfe steht, dahin zu prüfen, ob sie auf die einzelnen Positionen anwendbar sei. Da hätte ich zu erwarten, ob in Bezug auf die einzelnen Positionen eine Be⸗ merkung gemacht wird oder nicht. Der Antrag des Abgeordneten Grafen von Renard ging doch nur darauf hin, eine mildere Strasbestim⸗ mung hier in dem ganzen Paragraphen eintreten zu lassen, und in Bezug auf diesen Vorschlag ist es an der Zeit, zu ermitteln, ob er die erforderliche Unterstützung findet.

(Wird hinreichend unterstützt.) Er hat sie gefunden. Abgeordn. Graf von Renard: Wenn von mir verlangt worden ist, den Antrag näher zu präzistren, d. h. unmittelbar die Jahre, die kürzere Zeitdauer zu bestimmen, so möchte ich bei Alinea 1. eine drei jährige Zuchthausstrafe und bei Alinea 2., bei Passus 1. und 2., eine fünfjährige Zuchthausstrafe als Minimum aufgestellt wissen. Ich gehe, wenn ich das Maximum nicht angreife, weit über das hinaus, was

(Viele Stimmen: Ah! Ah!) mein Gewissen gestattet, was vor meiner Ueberzeugung gerechtfertigt erscheint. . :

Abgeordn. Neumann: Bei dem großen Spielraume, der dem Richter in dem Paragraphen gegeben ist, scheint es mir leicht, dem Vorschlage, der von dem geehrten Mitgliede der Ritterschaft von Schlesien gemacht ist, zu enisprechen, indem die einzelnen Nummein ganz weggelassen werden und die Strafe allgemein in dem Umfange von fünsjährigem bis lebenswierigem Zuchthause stehen bleibt. j

Abgeordn. Graf von Rengrd;: Ich glaube, wir müssen in logischer Konsequenz diese fünf Passus eben so durchgehen, wie bei dem Diebstahl die neun Nummern des qualisizirten Diebstahls.

Marschall: Ich habe nur entnommen, daß in Bezug auf die Nrn. 1 und 3 Anträge gestellt worden sind. Es ist also beantragt worden, in dem ersten Alinea statt der fünfjährigen eine drei—⸗ jährige und in den folgenden . . . ..

Abgeordn. Graf von Renard: Was den Nachsatz betriff sollen alle aufgestellten fünf Fälle geprüft werden, 3. . als Minimum eine zehnjährige oder nicht blos eine fünfjährige Zucht⸗ hausstrafe rechtfertigt. Ich modisizire meinen Antrag übrigen auch dahin, daß das Alinea 3 aus dem Gesetze ganz wegfalle.

Abgeordn. von Brünneck: Ich glaube mich dem Antrage des geehrten Abgeordneten aus Schlesien entgegen erklären zu müssen Ich kann die Analogie nicht anerkennen, die derselbe zwischen bem Verbrechen des Raubes und dem Verbrechen des Diebstahls findet Wir haben bei dem Diebstahl es zunächst mit dem gemeinen Dieb⸗ stahl zu thun gehabt, und nachher mit dem qualifizirten. Ich habe aber noch nicht gehört, daß hier ein Unterschied gemacht worben ist zwischen gemeinem Raube und qualifizirten Raube, wenn auch, je nach der Verschiedenheit der Fälle, Verschärfungsgründe für die Zu⸗ messung der Strafe vorwalten können. Ich kann daher nur eine Kategorie des Verbrechens in dem Raube erkennen und glaube daß wir nicht nöthig haben, jetzt denselben Weg einzuschlagen den wir bei dem gnalisizirten Diebstahle genommen haben. ö.

Korreferent Abgeordn. Naumann; Es scheint mir auch nicht nothwendig, daß wir das thun, wie wir es bei §. 270 gethan haben; es ist aber eben die Frage, wenn es einen qualifizirten Raub nich: giebt, ob nicht alle diese qualifizirten Fälle ganz wegzulassen seien, und darauf geht der zweite Antrag des geehrten Abgeordieten aus Schlesien. Er will im Allgemeinen sagen, der Raub ist mit dreijäh⸗ riger bis lebenswieriger Zuchthausstrafe zu bestrafen, und will nun dem Richter in dem einzelnen Falle es überlassen, die Höhe der Strafe nach den Umständen zuzumessen, wodurch natürlich nicht aus— geschlossen wird, daß in den Fällen, welche unter 1. bis 3. verzeich . stehen, nach richterlichem Ermessen auch eine so hohe Strafe ein= . K nicht aber unter allen Umständen eintreten muß, wie n,, e, r., vorschlägt. Ich stimme übrigens dem geehrten . arin bei, daß das Minimum füglich auf 3 Jahre her—

erden könne, und ich stimme auch dem bei, daß eine

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könne, weil wohl schwerlich zu behaupten ist, daß sich immer eine mindestens zehnjdhrige Zuchthausstrafe rechtfertigen lasse.

Abgeordn. Freiherr von Baffron: In Hinsicht des Vergleiches zwischen Diebstahl und Raub in dem vorliegenden Falle hat der ver⸗ ehrte Marschall von Preußen bereits ausgesprochen, was ich sagen wollte. Was die Anwendung der Strafe an sich und den Antrag des geehrten Mitgliedes der schlesischen Ritterschaft im Allgemeinen anlangt, so muß ich mich von vorn herein gegen eine Verminderung der Strafbestimmungen bei dem Raube erklaͤren, und wenn das ge⸗ ehrte Mitglied ausgesprochen hat, daß das Strafmaß, welches er eben vorschlug, noch über sein Gewissen hinausginge, so würde es gegen mein Gewissen gehen, wenn ich dafür stimmte, daß nur ein Jota von dem Strafmaße des Entwurfes herabgegangen würde.

(Heiterkeit in der Versammlung.)

Ich muß hervorheben, daß das Verbrechen des Raubes wohl nächst dem Morde in der Meinung des Volkes als das abscheulichste da—⸗ steht, und diese freche Störung der öffentlichen Ordnung, des fried⸗ lichen Nebeneinanderlebens ist von der Art, daß sie in dem Gesetze eine besonders strenge Anwendung der Strafe erleiden muß, und ich glaube nicht, daß wir dem Bewußtsein des Volkes einen Gefallen thun und im Sinne desselben sprächen, wenn wir den Raub milder, als hier vorgeschlagen, bestrafen sollten; ich muß mich also für ein fünfjähriges bis lebenswieriges Strafmaß erklären. Was die einzel⸗ nen Fälle des qualifizirten Raubes anlangt, so halte ich die im Ent— wurfe angeführten Bestimmungen für zweckmäßig. Der ersibezeich—⸗ nete ist der Straßenraub; wenn die Straßen nicht mehr sicher sind und Personen dort angegriffen werden, so frage ich, ob dies nicht ein höchst beklagenswerther Zustand ist, und hier erhebt sich gewiß die öffentliche Meinung laut dafür, daß durch die kräftigsten Maß⸗— regeln dagegen eingeschritten werde; für den Raub mit Waffen sprechen dieselben Gründe, wie auch beim Passus 3. Dann kömmt der Passus, Raub in Banden, und dann der fünfte Passus, wenn der Tod eines Menschen durch das Verbrechen herbeigeführt wird. Mir scheint das Strafmaß von 10jähriger bis lebenswieriger Zuchthaus⸗ strafe sür die hier vorliegenden Fälle ganz zweckmäßig und ent⸗ sprechend, so wie eine fünfjährige für die gewöhnlichen nicht hier bezeichneten Fälle.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich wollte bemerken, daß dem Antrage schon das entgegensteht, daß wir bei dem qualisizirten Diebstahl in den meisten Fallen das Minimum auf 3 Jahr Zuchihaus angenommen haben, wir müssen also ein höheres Strafmaß für das Verbrechen annehmen, wo neben der Gefahr für das Eigenthum auch noch Gefahr für Leib und Leben hinzutritt.

Marschall: Wir können abstimmen.

. (Viele Stimmen: Ja, Ja.) Die Frage kann ganz einfach auf den Antrag des „Abgeordneten Graf von Renard gestellt werden, denn nach diesem Antrage würde der Paragraph so lauten: „Der Raub ist mit dreijährigem bis lebens—⸗ wierigem Zuchthause zu bestrafen“, alles Uebrige würde wegfallen, und diejenigen, welche also beantragen, den Rest des Paragraphen wegfallen zu lassen und in der ersten Zeile das fünfjährige in ein dreijähriges Minimum zu verwandeln, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Nur wenige Mitglieder erheben sich.) Dem Antrage ist nicht beigetreten.

§. 282.

Abgeord. Bauck: Nachdem die Versammlung eine ganz andere Definition von dem Naube hingestellt hat, so stehen alle diejenigen Verbrechen, welche nicht mehr als Raub angesehen werden sollen, ganz ohne alle Strafbestimmung da.

(viele Stimmen: Nein, Nein.)

Wir haben nun eine ganz andere Definition von Raub, z. B. Drohung.

Justiz⸗Minister Uhden: Ich glaube, das ist nicht richtig. Mein Wunsch war nur, daß man den Bersuch mit dem vollendeten Ver— brechen gleich bestrafen möchte. Streng juristisch ist die Begriffs= bestimmung des Entwurfs vom Jahre 1845, wie auch die Versamm⸗ lung angenommen hat, richtig, wie ich nicht verabreden will. Ich weiß jedoch nicht, ob es die Absicht des geehrten Abgeordneten von Prenzlau war, daß der Versuch, wenn eine Gewaltthat gegen eine Person verübt wird, mit dem vollendeten Verbrechen gleich bestraft werden oder ob die Versuchsstrafe in Anwendung kommen soll. Abgeordn. Grabow: Eine Versuchsstrafe.

Justiz⸗-Minister Uhden: Das ist mir nur zweifelhaft gewesen, das Uebrige ist beschlossen, und es wird von jetzt an eine Versuchsstrafe bei diesem Paragraphen eintreten. Abgeordn. Graf von Renard: Ich bitte in Bezug auf die Fragestellung um das Wort. Ich habe mich bei Passus 1. der vom Herrn Landtags⸗-Marschall aufgestellten Frage gefügt, nun steht aber mein zweiter Antrag noch unbedingt, wenn wir nicht den Nachsatz ganz wegfallen lassen, ob all Fälle durchgenommen werden und wir bei jedem einzelnen bestimmen, ob das Minimum eine 10 jährige Zuchthausstrafe sein soll, diese Frage ist noch nicht erledigt. Marschall: Darüber ist doch abgestimmt. z Korreferent Abgeordn. Naumann: Es würde doch darauf an⸗ kommen, daß das geehrte Mitglied ein anderes Minimum als 10 Jahre angebe. Es ist nach dem ersten Alinea 5jährige Zucht⸗ hausstrafe das Minimum. Das verehrte Mitglied hatte vorge⸗ schlagen, das Minimum auf 3 Jahre und für die im zweiten Alinea unter 1 bis 5. aufgeführten speziellen Fälle 5jährige Zuchthausstrafe als Minimum festzustellen. Erst später wurde der Vorschlag geän— dert. Soll 10 Jahre als Minimum nicht bleiben, so muß ein anderes Minimum festgesetzt werden. Abgeordn. Graf von Renard: Mein erster Antrag ging dahin, daß die fünf Fälle qualifizirten Raubes speziell durchgegangen wür⸗ den, damit die Versammlung ermessen könne, ob in jedem dieser Fälle das Minimum von 19 Jahren eintreten solle. Ich mache darauf aufmerksam, daß ich das Minimum in den Fällen 1. und 2. unbillig finde, wenn der Raub auf einem öffentlichen Wege verübt wird, oder wenn der Räuber Waffen bei sich hat, was beides zufällig sein kann. (Ruf nach Abstimmung.) Marschall: Ich habe nicht entnommen, daß ein weiterer An— trag die erforderliche Unterstützung gefunden hat, (Mehrere Stimmen: Nein! Nein!) und dann müßte er auch genauer formulirt sein. Es liegt nur der Antrag vor, die Fälle einzeln durchzugehen. Das kann der Ver⸗ sammlung überlassen bleiben. Die Fälle sind von einem Abgeordneten sogar schon der Reihe nach durchgegangen worden. Im Wesentlichen ist durch die vorige Abstimmung schon entschieden. Die Frage lautete: ob beantragt werden solle, den Paragraphen so zu fassen, wie der Abgeordnete vorgeschlagen hatte. Die Frage wurde verneint und damit die Sache erledigt. Wenn übrigens der Wunsch noch bestehen sollte, die sämmtlichen fünf Fälle weiter durchzugehen, so ist dem von meiner Seite natürlich nicht das Mindeste entgegenzusetzen. Es kommt darauf an, ob der Wunsch besteht (Mehrere Stimmen? Nein! Nein!) Da er nicht zu bestehen scheint, so kommen wir zu §. 282. Korreferent Abgeordn. Naumann (liest vor):

S. 282.

Paragraphen angetragen werden soll.

urtheilt werden, ist stets auf Stellung unter besondere Polizeiaussicht zu erkennen.“

„§. 283.

Wer schon einmal wegen Raubes rechtskräftig verurtheilt worden st (58. 75) und von neuem einen Raub begeht, soll mit lebens⸗ wieriger Zuchthausstrafe bestraft 1

„8. 254.

Wer einen Anderen zu einer Handlung, Duldung oder Unter⸗ lassung nöthigt, um dadurch sich oder Anderen einen rechtswidrigen Vortheil zu verschaffen, macht sich der Erpressung schuldig und ist gleich einem Räuber (85. 281 283) zu bestrafen, wenn die Nöthi⸗ gung duich wirklich zugefügte Gewalt an Personen oder durch Dro⸗ hungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben verübt wird. . Mit der in einer solchen Absicht verübten Gewalt oder Drohung ist die Erpressung vollendet.“

Diese Paragraphen haben zu keiner Bemerkung Veranlassung gegeben.

. Abgeordn. Freiherr von Gudengau: Ich wollte mir nur die

einfache Bemerkung erlauben, daß dieser Begriff abgeändert werden muß nach dem abgeänderten Begriffe des Raubes selbst, daß näm⸗ lich nicht mit der verübten Gewalt oder Drohung das Verbrechen der Erpressung vollendet ist, sondern erst mit Erreichung des Zweckes.

Abgeordn. Grabow: Ich glaube, daß das leßte Almen im Widerspruch steht mit dem ersten. Im ersten Alinea heißt es, daß

r Zweck durch die Nöthigung erreicht, also z. B. der Schuldschein schon ausgestellt sein muß. Es dürste daher die Fassung zu ändern sein.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Es muß diese Bestimmung parallell gehen mit der Vorschrift beim Raube, und es muß demnach auch bei diesem Paragraphen zurückgekehrt werden zur analogen Bestimmung des Entwurfs von 1845. Dies geschieht, wenn man hier das litzte Alinea wegstreicht. Es muß eine Nöthigung zur Ha dlung oder Unterlassung vorliegen.

Korreferent Abgeordn. Naumann lliest vor):

„F§. 285.

Wird die Erpressung durch Androhung von Verbrechen gegen die Person oder das Vermögen, jedoch ohne gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben, begangen, so soll gegen den Thäter auf Straf⸗ arbeit bis zu fünf Jahren erkannt und deiselbe unter besondere poli- zeiliche Aufsicht gestellt werden.

Besteht das angedrohte Verbrechen in Mord, Brandstiftung ober i n,, so ist auf Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren zu erkennen.“

Die Abtheilung hat gegen diesen Paragraphen nichts zu be⸗ merken gefunden. Marschall: §. 286. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (iest vor):

58. 286. Die Erpressung durch Androhung einer an sich nicht strafbaren Handlung ist mit Gefängniß oder Strafarbeit bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

„Zu s§. 286. ist der Antrag gestellt worden, den Paragraphen zu streichen, indem hier nicht abzusehen, wie die Bedrohung mit einer Handlung unter Strafe gestellt werde, wenn die Vornahme der Handlung selbst straf⸗ los sei. Zur Vertheidigung des Paragraphen ward bervorgehoben, daß möglicherweise eine völlig unsträfliche Handlung, wie z. B. die Anstellung eines Civil-Prozesses, der unangenehme Folgen haben könne, irgend Jemanden angedroht und dadurch ein höchst unsitt⸗ licher und unmoralischer Zweck nicht nur zu erstreben, sondern auch zu erreichen. In solchen Fällen sei die Bestimmung des Paragraphen zweckmäßig und seine Aufrechterhaltung wünschenswerth; wie sich auch das Bedürfniß zu demselben in der Praxis häufig herausgestellt. Die Abtheilung beschloß jedoch mit 7 gegen 7 Stimmen durch die entscheidende Stimme des Vorsitzenden den Wegfall des Para— graphen in Vorschlag zu bringen. t Mit dieser Abstimmung ist auch die 16te Frage verneint.“ Regierungs- Komn:issar Bischoff: Zur Erläuterung dieser Be⸗ stimmung ist zu bemerken, daß es sich um die Erpressung von Vor⸗ theilen handelt, welche bewerkstelligt wird durch Androhung von Hand⸗ lungen, die an sich gestattet sind, also durch Androhung don Denun— ciationen und Klagen, wohin namentlich solche Klagen zu rechnen sind die, wie Schwängerungs= und Alimentenklagen, wenn sie angestellt werden, unter gewissen Verhältnissen für den Verklagten von sehr unangenehmen Folgen sein können. Es sind Fälle dieser Art nicht selten vorgekommen und die Erpressung von ungerechten Vortheilen bis zum Uebermaß getrieben worden, bis die bedrohte Person sich entschloß, es zur Klage kommen zu lassen oder den Diohenden zu denunziren. Das Landrecht hat über die Konkussion sehr vage Be⸗ stimmungen. Es sind dies die §. 1254 und 1255. Indessen haben die Gerichte gewöhnlich auf Strafe erkannt. Anders ist es im rhei⸗ nischen Strafrechte, nach welchem Handlungen dieser Art nicht unter Strafe fallen würden. ö Referent Abgeordn, Freiherr von Mylius: Wenn von gewissen Klagen gesagt worden ist, daß sie unangenehm sein könnten, ist das eben so wenig in Abrede zu stellen, als daß durch sie ein unmoralischer Zweck erreicht werden kann. Indessen thäte man dann besser, das Klagerecht aufzuheben, als den Mißbrauch unter Strafe zu stellen und so ein Gesetz zu geben, welches zu anderem Mißbrauch größere Gelegenheit geben wird. . . Abgeordn. Dittrich: Ich stimme der Majorität der Abtheilung bei. Es ist eine erlaubte Handlung, welche vorliegt, und es fragt sich, ob der Vortheil, welchen Jemand durch Schweigen erlangt, gröͤ⸗ ßer ist, als der Nachtheil, der ihm durch Klage entsteht. Der Betroffene wird diese gegen einander abwägen und seine Wahl nach freiem Willen bestimmen: dann ist aber Erpressung nicht vorhanden. Abgeordn. Fabrieius: Ich erlaube mir die Bemerkung, daß §. 264 ganz dieselbe Bestimmung zu enthalten scheint, falls nicht dort unter Drohung nur Drohung mit Gewalt verstanden sein soll. Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Ich bitte zu erwägen, daß es im §. 2 hesßt: „unbefugterweise“. Gesetzlich kann Jeder denunzi⸗ ren und klagen. Er macht von einem Rechte Gebrauch, welches ihm gesetzlich gestattet ist, aber das Strafbare der Handlung muß darin gefunden werden, daß er ein gesetzliches Mittel benutzt, um einen un⸗ esetzlichen Vortheil zu erpressen. g , , n . 3 Es ist hier doch unbedingt von einein Vergehen bie Rede. Die Erpressung ist eine rechtswidrige Handlung, es mögen, um emen widerrechtlichen Vortheil zu erreichen, erlaubte oder unerlaubte Mittel angewendet werden. Der Unterschied zwischen den 85. 28 und 286 besteht nur, darin, daß, wenn uner⸗ saubte Mittel angewendet werden, der . 284, dagegen aber, wenn erlaubte Mittel zur Erreichung eines widerrechtlichen Vortheils ange- wendet werden, der 8. 286 Platz ergreift. Aber nur im letzten Fall steht es fest, daß ein rechtswidriger Vortheil beabsichtigt und eine schlechte Handlung begangen wird, die nicht straflos bleiben darf. Marschall: Die Berathung ist für geschlossen zu erklären, und wir kommen zur Abstimmung über die Frage, ob auf Wegfall des Die es beantragen, würden

Spezialistrun ä ; f 4. g. von Fällen, in welchen immer mindestens ei P z ne zehn jahrige Zuchthausstrafe eintreten soll, füglich weggelassen werden

Gegen Räuber, welche u einer zeitigen Zuchthausstrafe ver⸗

es durch Aufstehen zu erkennen geben.