1848 / 58 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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zeige zu machen, da es sich burchaus nicht behaupten läßt, baß durch ein Vergehen dieser Art im engsten Familienkreise die öffentliche Sicher- heit gefährdet werde. Wenn angeführt worden ist, daß dadurch das Institut der öffentlichen Anklage beeinträchtigt werde, so mache ich darauf rn. daß viele Gesetzgebungen, welche das Institut der öffentlichen Anklage haben, zwischen öffentlichen und Privat⸗Verbrechen unterscheiden und als Privat⸗Verbrechen diejenigen betrachten, wo das öffentliche Interesse weniger gefährdet ist. Ein solches öffentliches Interesse findet aber am wenigsten bei Verbrechen statt, die im Fa— milienkreise begangen werden. Ich werde mich für eine solche Be⸗ fugniß des Hausherrn aussprechen und beantrage dieselbe.

Abgeordn. Camphausen: Es wird kaum nöthig sein, zu erin⸗ nern, daß der Unterschied in den Ländern mit öffentlichem Anklage⸗ Verfahren in angegebener Art nicht stattsindet. Meine Absicht ist nicht, die Systeme und Prinzipien, welche sich einander gegenüberste⸗ hen, nochmals zu besprechen. Ich habe nur darauf aufmerksam machen wollen, daß der beantragte Beschluß in diesem Falle gewissermaßen eine komische Seite annehmen würde. Es wäre, wenn der vorge⸗ schlagene Beschluß gefaßt wird, dem Hausherrn überlassen, ob er auf Bestrafung des Betrugs antragen will; es wird ihm nach §. 6 des Entwurfs auch überlassen sein, ob er die Civilklage erheben will. Es kann sich also ergeben, daß der Hausherr öffentlich auf Schadenersatz anträgt wegen eines verübten Betrugs, und daß er zugleich dem Staate verbietet, auf Bestrafung des Verbrechens anzutragen.

Abgeordn. Sperling: Ich glaube, es handelt sich hier nicht so sehr um ein Recht des Hausherrn; denn vom Willen des Hausherrn wird es doch in allen Fällen abhängen, ob er den Betrug zum Ge⸗— genstande der richterlichen Rüge machen will oder nicht. Will er es nicht, so darf er nur denselben nicht zur Cognition des Richters ge⸗ langen lassen. Hauptsächlich ist ins Auge zu fassen, daß es sich um den Schutz des Publikums handelt. Ein Dienstbote, der einmal be⸗ trogen hat, wird sich leicht auch im zweiten und dritten Dienste des— selben Verbrechens schuldig machen, wenn er straflos geblieben ist. Ich erkläre mich also dagegen, daß es vom Antrage des Dienstherrn 6 soll, ob ein betrügerischer Dienstbote zu bestrafen ist oder nicht.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Dagegen tritt noch ein praktisches Bedenken hervor, daß bei dem Beitruge es noch schwe— rer zu realisiren ist, als beim Diebstahl.

(Weiter konnte nichts verstanden werden.)

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Die geringfügigen Unterschla⸗ gungen und Veruntreuungen der Dienstboten gegen ihre Dienstherr—

chaften werden beim §. 301 zur Sprache kommen.

Marschall: Wir können zur Abstimmung kommen.

Abgeordn. Zimmermann: Zuvor sei mir noch eine kurze Be⸗ merkung gestattet. Zuvörderst habe ich dem geehrten Vertreter aus der Rhein-Provinz zu erwiedern, daß ich seinem Vortrage keine ko— mische Seite habe abgewinnen köäennen. Im Gegentheil ist mir be⸗ kannt, daß gerade in Frankreich die Frage zur Sprache gekommen ist, ob, wenn ein Antrag der Staats-Anwaltschaft nicht vorliegt, auf den Antrag der Privatpartei Strafe erkannt werden kann, und ist sie in

ewissen Fällen zulässig erachtet. Eine Ansicht, die, durch Urtel des

Lassationshofes ausdrücklich für richtig erkannt, in die Praxis über—

gegangen ist. Wenn ferner gesagt worden ist, daß der Schutz des Publikums beeinträchtigt werde, weil ein unredlicher Dienstbote sein Verfahren bei anderen Herrschaften fortsetzen werde, so kann ich dem nicht beipflichten. Wir haben bereits darin eine schützende Vorschrift, daß derjenige, welche einem Dienstboten ein wahrheitswidriges Zeug⸗ niß ausstellt, für die Folgen verantwortlich ist. Dies ist eine Bestimmung, welche hinreichende Sicherheit gewährt. Das Haupt- bedenken aber, welches ich in der mir entgegengesetzten Ansicht finde, liegt darin, daß der Richter sich allemal ex ofsicio in das innere Familienleben einmischen soll. Das scheint mir gefährlich. Wenn daher einerseits die öffentliche Sicherheit geschützt ist, andererseits dem Hausherrn diese Befugniß zur Rüge zusteht, so scheint kein Bedenken obzuwalten, dem Hausherrn das Verzeihungsrecht zuzugestehen, um so mehr, als die Erfahrung dafür spricht, daß in vielen Fällen eine ernste Rüge des Hausherrn den Verirrten weit eher auf den Weg der Besserung bringt, als die Strenge des Gesetzes. (Nuf nach Abstimmung.)

Marschall: Die Frage heißt:

Soll beantragt werden, daß der Betrug von Hausgenossen nur auf Antrag des Hausherrn zu bestrafen sei?

Diejenigen, welche es beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben. Eine Majorität scheint sich nicht dafür ausgespro— chen zu haben. Ich bitte, die Zählung vorzunehmen.

; Dies geschieht.) . Mit Ja haben gestimmt 42, mit Nein haben gestimmt 43. Die Frage ist also verneint. 5. 298. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor): . „5. 298.

Die Vorschriften über den Rückfall (6. 5) erleiden in ihrer An— wendung auf den Betrug folgende Abänderungen:

1) Beim ersten Rückfalle soll die Gefängnißstrafe auch in den an ich dazu geeigneten Fällen des gemeinen Betruges (858. 293, 294) ausgeschlossen sein und statt derselben steks auf Straf⸗ arbeit erkannt werden.

2) Beim zweiten Rücfalle ist auch wegen gemeinen Betruges S8. 293, 294) stets auf Juchthausstraͤfe zu erkennen.

3) Beim dritten Rücfalle soll Zuchthausstrafe von fünf bis zu ge 267 eintreten.“

Zu diesem Paragraphen hat sich nichts zu erinner den.

Ila fl , enge, sich nichts zu erinnern gefunden

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

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Vormünder, Kuratoren, Sequester, Testaments-Exekutoren und Verwalter von Stiftungen, welche vorsätzlich zum Nachtheile der ihrer Aufsicht anvertrauten Personen oder Sachen handeln, sind, insofern nicht durch die Handlung eine härtere Strafe begründet ist, mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren, so wie mit dem Verluste der Ehren⸗ rechte, zu bestrafen, ohne Unterschied, ob jener Nachtheil durch Unter— schlagung, durch Betrug oder auf andere Weise bewirkt ist.

Wird die Untreue in der Absicht verübt, sich oder Anderen Ge— winn zu verschaffen, so soll neben der Freiheitsstrafe zugleich auch auf Geldbuße von funfzig bis tausend Thalern erkannt werden.“

Das Gutachten lautet:

„83h J. 2.

Es ward die Ansicht geltend gemacht, daß die Untreue, die hier mit Strafen bedroht sei, in der Regel erst durch die Eutscheidung im Civilprozesse festgestellt werden könne, daß aber die hier zur Sprache gebrachten Handlungen, wenn sie nicht in gew innsüchtiger Absicht vorgenommen, mit Strafe überhaupt nicht zu belegen, indem sie nur in diesem Falle als bewußte Rechtsverletzungen erscheinen würden und überall, wo diese gewinnsüchtige Absicht fehle, eine . mmung nicht gerechtfertigt sei, weshalb darauf angetra⸗ gen ward:

daß die gewinnsüchtige Absicht in den Begriff der strafbaren Un⸗

treue zur Aufnahme in Vorschlag gebracht werde. Andererseits ward dagegen erinnert, daß es gefährlich erscheine, die vorgeschlagene Beschränkung eintreten zu lassen, indem der Pa⸗

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ragraph mit Recht auch solche Handlungen der Untreue bestrafe, die nur in der Absicht, Schaden zu stiften, verübt worden. Die Abthei⸗ lung hat dem oben erwähnten Antrage beizutreten mit 12 gegen 2 Stimmen beschlossen.“

Justiz Minister von Savigny: Es scheint bedenklich, diese Be⸗ schränkung hier vorzunehmen, also die gewinnsüchtige Absicht als Be—= dingung der Strafbarkeit auszusprechen, so daß von jeder anderen Absicht, die höchst unredlich sein kann, ganz Abstand zu nehmen ist. Es ist die Rede von Persenen, die sehr nahe auf der Linie der öf⸗ fentlichen Beamten stehen. Es ist das Verhältniß des öffentlichen Zutrauens und zwar der Vorsorge für solche Personen, die nicht im Stande sind, für sich selbst zu sorgen. Wenn er nun vorsätzlich de⸗ ren Nachtheil bezweckt, nicht aus gewinnsüchtiger Absicht, sondern aus Rache oder Bosheit, soll in solchen Fällen eine solche Handlung straflos bleiben? Das scheint mir höchst bedenklich bei Personen, welche eine starke Verpflichtung haben, und welche mit Bewußtsein diese Ver— pflichtung gegen die hülflosen Personen hintansetzen, die ihrer Vor⸗ sorge anvertraut sind.

Abgeordn. Dittrich: Außer dem, was der Herr Minister der Gesetzgebung gegen den Antrag der Abtheilung gesagt hat, habe ich noch anzuführen, daß nach diesem Antrage der Begriff in den des Betrugs fallen würde. Ich finde dann keinen Unterschied und halte die hier angedrohte Strafe für sehr hart. Wir haben der Erfah⸗ rung gemäß große Noth, Vormünder zu erlangen. Allerdings ist hier ein großes Verbrechen der Vormünder vorwaltend. Ich glaube aber, daß man einen wesentlichen Unterschied machen muß bei der— gleichen Betrügereien, ob Besoldung stattsindet oder nicht. In der Regel werden die Vormünder nicht besoldet, ihr Amt aber ist sehr schwierig, und die höchste Strafe scheint mir mit 3 Jahren Straf— arbeit ausreichend.

Justiz-Minister von Savigny: Alles, was hier gesagt wor— den ist, könnte die Vormünder nur entschuldigen wegen eines hohen Grades von Nachlässigkeit, weil sie nicht besoldet werden; es ent⸗ schuldigt sie aber nicht wegen vorsätzlicher Benachtheiligung derer, die ihrer Vorsorge anvertraut sind. MWarschall: Wir wollen ermitteln, ob der Vorschlag, das Ma⸗ rimum auf 3 Jahre Strafarbeit zu setzen, die erforderliche Unter— stützung sindet.

(Wird ausreichend unterstützt.) Er hat sie gefunden.

Korreferent Abgeordn. Naumann: Ich muß den Antrag der Abtheilung auch hier vertheidigen. Ich glaube, daß alle Handlun— gen, welche unter §. 299 fallen, zwar unmoralisch sind und sich in keiner Weise rechtfertigen lassen, daß aber die Strafe, wie sie hier angedroht wird, nicht gerechtfertigt ist. Die Vormünder, Kuratoren und dergleichen haben allerdings den Anschein von Beamten, aber auf der anderen Seite stehen sie auch in einem anderen Verhältnisse, und zwar dem der Aeltern sehr nahe; und doch wird Niemand daran denken, den Vater zu strafen, weil er absichtlich das Vermögen seiner Kinder beschädigt.

(Viele Stimmen: O ja!)

Ich bitte um Verzeihung! Sobald nicht eine andere Handlung darin liegt, die strafbar ist, nicht! Den Herrn, welcher heute als Secre⸗ tair fungirt und sagte, daß er nicht absehe, welcher Unterschied nach dem Anutrage der Abtheilung zwischen dem Betruge und der hier mit Strafe bedrohten Handlung vorliege, mache ich darauf aufmerksam, daß der Betrug Täuschung voraussetzt, von welcher hier nicht die Rede ist. Ich wiederhole, daß ich unter keinen Umständen den Leu⸗ ten, die in solcher Weise handeln, wovon hier die Rede ist, das Wort reden will, aber ich bin nur dagegen, daß man sie unter Strafe stellt. Ich halte die civilrechtlichen Bestimmungen für ausreichend.

Abgeordn. von Auerswald: Mit dem Civil-Anspruche würde in vielen Fällen nicht auszukommen sein, da nur dann von einem Erfolge des Civil-Anspruches die Rede sein kann, wenn man sich an genügende Objekte halten kann. Wenn gesagt wurde, daß die Personen, welche hier in Rede sind, den Aeltern nahe stän— den, gegen welche doch keine Strafe verhängt werde, so mache ich darauf aufmerksam, daß, da die Strafe nicht deshalb beseitigt ist, weil man ein solches Verbrechen seitens der Aeltern nicht für schänd⸗ lich hält, sondern, weil man unter keinen Umständen die Kinder auto⸗ risiren will, gegen den Vater auf Strafe zu klagen. Das ist ein sittlicher, in der Natur des Verhältnisses tief wurzelnder Grund. Wenn aber dies der einzige Grund ist, warum man die Aeltern nicht be⸗ straft, obwohl sie sonst strafbarer sein würden, als Andere, so kommt der Grund, daß die Vormünder den Aeltern in der moralischen Ver⸗ pflichtung nahe stehen, den Vormündern gewiß nicht zu Gute, son⸗ dern er macht sie nur um so strafwürdiger; denn sie begehen den sändlichsten Verrath gegen Personen, die außer Stande sind, sich dagegen zu schützen, gegen Personen, zu deren Schutz sie verpflichtet und eigens berufen sind. Ich kann mich daher dem Antrage nicht anschließen. .

Abgeordn. von Brünneck: Ich muß mich dem Antrage der Abtheilung und namentlich auch der Aeußerung des geehrten Herrn Korreferenten entgegen erklären. Ich gehe dabei, wie schon früher bemerkt, von der Ansicht aus, daß auch der Vater, wenn er als na— türlicher Vormund seiner unmündigen Kinder deren freies Vermögen unredlich verwaltet oder veruntreut, strafbar sein muß. Dies hindert mich nicht, vollkommen zu acceptiren, was mein Herr Nachbar zur Linken gesagt hat. Denn ich bin allerdings auch nicht der Meinung, daß Kinder berechtigt sein sollen, auf Bestrafung ihres Vaters an⸗ zutragen, aber aus eben diesem Grunde bin ich auch der Ansicht, daß die Verweisung auf die Civilklage für sie in solchem Falle nicht ge= eignet ist, sie zu schützen, da es ohnehin eben so unangemessen sein würde, wenn Kinder genöthigt sein sollten, auf dem Wege des Ci= vil⸗Verfahrens ihr Recht gegen den Vater geltend zu machen und zu erstreiten. Deshalb wünsche ich, daß in solchen Fällen von Amts wegen die Strafe auch gegen die Untreue der Aeltern verhängt werde, und glaube ich voraussetzen zu müssen, daß von der die Vor— münder und Kuratoren betreffenden Strafbestimmung die Väter nicht ausgeschlossen werden sollen, welche das freie Vermögen ihrer mino⸗ rennen Kinder vorsätzlich zu deren Nachtheil veruntreuen. ĩ

Abgeordn. Prüfer: Ich habe mich der Ansicht der beiden Red⸗ ner, die vor mir sprachen, nur anschließen und erklären wollen, daß auch ich dieses Verbrechen noch strafwürdiger halte, als jeden ande ren Diebstahl; daß ich daher den Paragraphen, wie er aufgenommen ist, vollkommen gerechtfertigt finde, und deshalb dem Antrage, wel⸗ cher in dem Abtheilungs-Gutachten ausgesprochen worden ist, ent— gegentreten muß.

Marschall: Die Frage heißt: ö

Soll beantragt werden, daß in die Begriffsbestimmung der straf—

baren Untreue die gewinnsüchtige Absicht aufgenommen werden

möge?

Diejenigen, die das beantragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Ein kleiner Theil der Versammlung erhebt sich.)

Dem Antrage ist nicht beigestimmt. .

Die nächste Sitzung wird morgen um 11 Uhr und wieder, wie heute, von 11 bis 4 Uhr, stattfinden.

Schluß der Sitzung gegen 4 Uhr.)

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Uichtamtlicher Theil.

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Inland. Berlin. Der Geheime Staats-Minister Graf zu Stolberg. Die angeblichen Rüstungen Preußens.

Oesterreichische Monarchie. Mailand. Widerlegung.

Frankreich. Deputirten-Kammer. Odilon Barrot über das Ban= keit und Antwort des Minister Duchatel. Paris. Pioclamation des Polizei⸗Präfekten. Erklärungen der Oppositions-Deputirten und Pu- blicationen der Bankett⸗-Kemmission. Die Schuljugend. Opposi= tions -Citat aus der Charte. Sparkassen⸗Bewegung. Schreiben aus Paris. (Beschlüsse der Opposition; die Agitation; die Maßregeln der Regierung und der Eindruck derselben; unruhige Bewegungen und Truppen -Aufstellung; Anträge auf Versetzung der Minister in An— klagestand.)

Großbritanien und Irland. London.

Handels- und Börsen-Nachrichten.

Hofnachricht.

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Berlin, 26. Febr. Nach einem Artilel in der heutigen Spe— nerschen Zeitung soll der Herr Geh. Staats⸗-Minister Graf zu Stolberg sehr leidend von seiner Sendung nach Oberschlesien hierher zurückgekehrt sein. Diese Nachricht beruht auf einem Irrthum, indam Se. Excellenz sich der besten Gesundheit erfreut.

Berlin, 26. Febr. ü Allg. Zeitung von der Spree meldet aus eigener Anschauung von der „auffallenden Thätigkeit im Kriegs⸗-Ministerium, er möge fast be⸗ haupten: Preußen rüste.“ Wenn der alte Satz! si xis bacem gara bellum noch Gültigkeit hat, so möchte diese Nachricht an sich nicht unglaublich klingen. Aber welches sink die Judizien des Beob— achters an der Spree, welche ihn zu seiner „Jast Behauptung“ füh⸗ ren? Er sagt

1) „Die Gränz Festungen und andere, deren Lage es nothwendig macht, sollen unverzüglich retablitt werben.“ Der Ausdruck

„retablirt“ ist uns als ein sortssikatorischer nicht bekannt.

Rach der Etymologie werden wir aunehmen müssen, die Fe⸗

stungen hätten ihr Bestehen ((établissement) verloren, und

solle dies hergestellt werden. Dann aber können wir unseren

Lesern zurufen: gehet hin, sehet, ob unsere Festungen solcher

Herstellung bedürfen. ͤ 99 ö

„Der Bau der swinemünder Forts solle ohne Zögern in Angriff

genommen werden, und seien dazu vorläufig 3 „O00 Rthlr. aue-⸗

gesetzt. Bekanntlich ist Swinemünde der Vorhafen Stettin.

Durch einen Molenbau, welcher mehr als 1 Million Rthlr. ge⸗

kostet, hat sein Eingangs- Fahrwasser eine Tiefe von mehr als

26 Fuß erhalten; die Fahrt nach Stettin wird durch Baggern

auf eine Tiefe von 16 Fuß gebracht. Damit wird die Mög⸗

lichkeit gegeben, mit einer Kriegeflotte kleiner Schisse bis vor Stettin zu gelangen, und war daher längst die Nothwendigkeit erkannt, den Hafen-Eingaug zu Swinemünde durch ein Fort zu vertheidigen. Nachdem die Pläne festgestellt worden, soll mit diesem Bau in diesem Sommer begonnen werden. „Eine andere Summe von 170,900 Rthlr. solle im laufenden Jahre zu Festungs-Neubauten in Stettin verwandt werden. Stettin hat durch die Verbesserung seiner See⸗Communica⸗ tion in den letzten 25 Jahren einen Aufschwung erfahren, wie verhältnißmäßig kaum ein anderer Handelsplatz der Welt. So kam es, daß es seinen Bewohnern innerhalb der Festungswerke zu enge wurde; sie mußten sich über einander bauen und fanden doch nicht Raum, weshalb Se. Majestät der König, auf viel⸗ fältiges Anliegen der Bürgerschast, eine Erweiterung der Stadt auf dem linken Oder-Ufer gestatteten, die natürlich eine neue Befestigungslinie erforderte, während die alten Werke zu Bau— stellen verwendet werden sollen. Mit diesem Bau, der an 700,000 Rthlr. kosten wird, und dessen Kosten man aus den zu verkaufenden Baustellen vollständig zu decken glaubte, ist vor 2 Jahren begonnen; man wird ihn in diesem Jahre größten⸗ theils vollenden. Das sind also die kriegdrohenden Rüstungen in Stettin und

in seinem Hafen! .

„Es sind an die General-Kommando's der verschiedenen Armee⸗

Corps Befehle ergangen, die auf eine Mobilmachung der Land—

wehr ersten Aufgebots schließen lassen oder mindestens darauf

hindeuten, daß man an eine solche denkt.? .

Wir unsererseits wagen nicht, in die Gedanken des Kriegs⸗ Ministeriums einzudringen und noch weniger zu behaupten, daß man an eine Mobilmachung nicht „denke“. P

Das wäre wirkliche Gedankenlosigkeit, wohl nur derjenigen ver⸗ gleichlich, welcher einen solchen „hingedeuteten Gedanken“ eine Rüstung nennt. Sollten wir wüklich „rüsten“ müssen, so werden handgreifli— chere Beweise nicht fehlen!

Oesterreichische Monarchie.

Mailand, 19. Febr. (Oest. Beob.) Die Gazzetta di Milano vom 18. Februar enthält folgenden Artikel: „Die Spalten unserer Zeitung würden nicht hinreichen, wenn wir täglich die unzähl⸗ baren, theils boshaften, theils lächerlichen Lügen rügen wollten. welche, von den Feinden der Ordnung erdichtet, durch die Presse in die Welt geschleudert werden, um die Gemüther aufzuregen und die Leichtgläubigen irre zu führen. Als neuesten Beleg für dieses ver⸗ ächtliche Treiben der revolutionairen Partei geben wir hier nachstehen⸗ den Artikel der Bilancia vom 10. d. M., dessen Inhalt eine aus= gezeichnete Stelle in den Annalen der Albernheiten verdient: ö

„Neueste Nachricht. Ein am 7. d. Mts. aus , abgegangenes und gestern im Hafen von Civitavecchia Enge nh. Dampfboot hat die Nachricht gebracht, daß nicht, weit vom . an der Gränze des sardinischen und des lombardisch⸗ venetianischen Gebietes, ein Gefecht zwischen den österreichischen und n, in Vorposten stattgefunden hat; daß dieses Gefecht aus 3 on . der Oesterreicher ausgegangenen Gebietsverletzung entsprungen ist;

daß diese, ibi) an der? Zahl, von 250 Piemehntese nn zurückgeschlagen worden sind und einen nicht unbedeutenden Rel lt n eaten dae, Verwundeten erlitten haben; auf Seite Ter Piemonteser sollen drei

Verlust an Todten und

Mann todt geblieben sein. Wir erwarten die Bestätigung einer

so wichtigen Nachricht.“ Frankreich.

j Kammer. Sitzung vom 21. Februar. Als rn , , . durch die Nachricht von . der Regierung gegen die Bankett - Demonstration getroffenen . geln unter den Dreputirten entstanden war, sich einigeimahen. geg hatte, erllärte der Präsident, daß Herr Odilon e, , ie . laubniß nachgesucht habe, über die Tagesordnung das Wort zu c men. Die Hiitglieder der linken Seile hatten sich unterdessen . ständig wieder im Saale eingefunden. Von den Ministern waren die Herren Guizot, Duchatel, Hebert, Salvandy, Dumon und Trezel an⸗

wesend.

Herr Odilon Barrot: „Die Kammer erinnert sich, daß sich bei der Adreß -Diskussion eine Debatte über das von uns vertheidigte und vom Ministerium verneinte Recht erhob, unter der Bedingung vorheriger Anzeige bei der Behörde und untumultuarischer wie unbewaffneter Zusammenlunft sich versammeln zu dürfen. Diese Frage wurde nicht erledigt. Meine An⸗ sicht war, sie müsse im Schoße des Parlaments erledigt werden. Wenn eine constitutionelle Frage von solcher Wichtigkeit gestellt ist, daun hat das Parlament das Recht und die Pflicht, sie nicht ungewiß zu lassen; denn ihm steht es zu, die Ausdehnung der politischen Rechte der Bürger zu regeln. Es war nun gebieterische Pflicht derjenigen, welche behaupten, daß das Versammlungsrecht eine der Freiheiten sei, die sich die Bürger nicht rauben lassen können, ohne daß auch alle Uebrigen gefährdet werden, den Behauptungen der Regierung eine Verwahrung gegenüberzustellen, jenes Recht so guszu— üben, daß ihrerseits wenigstens kein Zugeständniß stattfände, das Leißt, mit dem Entschluß nur vor den größten Hindernissen einzuhalten. Dies war angenommen worden. Wir glaubten, die Regierung halte sich überzeugt, daß sie mit hinreichenden Geseßen bewaffnet sei, und wolle diejenigen, welche dabei beharren würden, das Versammlungsrecht geltend zu machen, vor die Gerichtshöfe ziehen und auf diese Weise über die Gesetzlichkeit jenes Rechts entscheiden lassen. So würde Alles still und ruhig abgelaufen sein. Das Publikum war ohne Zweifel lebhaft eingenommen; es konnte nicht gleichgültig bleiben bei dieser Angelegenheit, wo es sich von dem kosibarsten seiner Rechte han⸗ delte, denn aus diesem enispringen alle anderen. Indeß, ungeachtet dieser tiesen und gerechten öffentlichen Aufregung, trage ich, Dank dem Fortschritt unserer politischen Sitten, kein Bedenken, zu versichern, daß der Kampf ein ganz gesetzlicher, ohne Nuhestörungen, ohne alle Unordnung, gewesen sein würde. (Widerspruch von Seiten der Centra.) Ich bin überzeugt, daß, wenn die Politik des Kabinets durch diese Manifestation hätte angegriffen werden können, kein Angriff gegen die öffentliche Ruhe erfolgt sein würde. (Beifall der Linken.) Es scheint aber, daß weise und kluge Rathschläge durch andere Einflüsse verdrängt worden sind, daß man durch Regierungs- maßregeln mit Hinficht auf, eine unruhige Bewegung, die man nicht beschwichtigen wird, die man aber erst hervorrufen kann, geltend machen zu wollen scheint, es müsse jede feierliche Aus— übung eines offenbaren Rechts mit Gewalt unterdrückt werden. Es ist nicht meine Sache, in diesem Augenblick die Angemessenheit der von der Behörde ergriffenen Maßregeln zu beurtheilen. Ich fürchte aber, daß diese angeblich im Interesse der Ordnung gebotenen Maßregeln im Gegentheil erst Ünru— hen verursachen werden. Ein friedlicher Vollzug der beabsichtigten Mani- festation würde die Gemüther beruhigt haben, so aber wird in ihnen viel— mehr ein unbestimmter Keim zu Unordnungen und Ruhestörungen zurück— bleiben. Wenn meine Worte auf das Land einigen Einfluß haben könn= ten, so würde ich ihm zurufen: Das erste Bedürfniß, die erste Pflicht für Alle ist, jedes Mittel anzuwenden, um Unglück zu verhüten, weiches durch unbesonnene Maßregeln herbeigeführt werden könnte, denn der Sturz eines Ministeriums wiegt nicht einen vergossenen Blutstropfen auf. Dies sind die Gedanken, welche ich, meine Herren, in diesen Mauern und vor einer so ernsten Versammlung auszusprechen mich gedrungen fühlte. Wenn es von mir abhängen kann, die Aufregung, welche ich vorhersehe, zu beschwich— tigen, so will ich es mit aller Kraft meiner Vaterlandsliebe thun. Hier, meine Herren, endet meine Macht, weiter kann ich nichts hinzufügen. Sache des Ministeriums ist es, über Erhaltung der öffentlichen Ordnung zu wachen, sein ist die Verantwortlichkeit für Alles, was kommen kann.“ (Beifall auf der linken Seite und lebhafte Aufregung.)

Herr Duchatel: „Die Verantwortlichfeit lastet nicht allein auf der Regierung, sie lastet auf Jedermann. (Von allen Seiten: Ja! Ja! Das ist wahr!) Wir haben den Beweis davon in der sehr ehrenwerthen Sorg⸗ falt, womit der ehrenwerthe Herr Odilon Barrot so eben seine Ansichten vor der Kammer ausgedrückt hat. (Zeichen von Zustimmung.) Ich will sehr bestimmt, sehr offen der Kammer sagen, welches die Haltung der Re— gierung, welches das Terrain ist, auf des sie sich stellt. (Hört! hört!) Der ehrenwerthe Herr O. Barrot hat uns gesagt, daß die Frage des un⸗ begränzten Vereinigungsrechts in dieser Kammer zwar zur Berathung ge— kommen, daß sie aber nicht gelöst worden sei; daß er eine Lösung gewuͤnscht habe, und daß man, um diese zu erlangen, die Absicht, ein Bankett zu hal— ten, angekündigt und vorbereitet habe. Er hat hinzugefügt, daß die Regierung selbst geneigt geschienen hätte, so weit es innerhalb der Gränzen ihrer Änsicht, welche der des ehrenwerthen Herrn O. Barrot entgegen ist, abgehangen habe, eine gerichtliche Lösung herbeizuführen, welche den Streit hätte been— digen können. Das ist wahr. Wir hätten uns gestützt auf das Recht, welches wir als unbestreitbar betrachten, auf die Praxis, welche nie be⸗— stritten worden ist, wir hätten uns, sage ich, durch Anwendung der Gewalt dem seit mehreren Tagen angekündigten Bankett, welches die Hauptstadt be⸗ schäftigt und beunruhigt hat (Zahlreiche Stimmen: Viel zu viel!) wider- setzen können. Wir waren, wie das ehrenwerthe Mitglied, von dem Vor— theil ergriffen, welchen es für beide Theile haben würde, wenn eine gericht⸗ liche Lösung erlangt würde, und indem wir die Prinzipien, welche auf die- ser Tribüne von der Regierung ausgedrückt und dargelegt worden sind, aufrecht erhalten wollten, waren wir bereit und sind es noch, die Dinge bis zu dem Punkte kommen zu lassen, wo eine Contravention konstatirt und eine gerichtliche Verhandlung aufgenommen werden könnte. (Sehr gut! Das ist es! Das ist es! Aber, meine Herren, es ist noch eine andere Sache; ich glaube, daß in dieser Kammer Niemand ist, welcher diesen Morgen nicht ein Manifest gelesen hat, das von einem Comité, dessen Mitglieder nicht genannt werden, ausgegangen und in allen Journalen der Opposition mit getheilt ist. (Hört! hört! Einige Stimmen: Das ist offenbar das Manifest einer Partei! Im Centrum: Bekennt sich die Opposition zu diesem Manifest?! Was thut nun dieses Manifest? Es beschräntt sich nicht etwa darauf, ein Bankeit hervorzurufen und die gerichtliche Lösung der Frage vorzubereiten. Nein! es appellirt an Alle, welche die Grundsätze der Opposition theilen, es ladet sie ein zu einer Manifestation, welche, ich zögere nicht, es zu sagen, die Ruhe der Hauptstadt kompromittiren würde. Und das ist noch nicht Alles; das Manifest ruft mit Verachtung aller Ge— setzt mit Verachtung des Gesetzes von 1831, die Nationalgardisten auf, sich als solche zu versammeln, und nicht allein die Nationalgardisten ruft es auf es ladet auch noch die jungen Leute der Schulen, die Minderjährigen dil sich mit ihren Studien beschäftigen sollen, ein, sich dem Zuge anzuschließen welcher von Nationalgardisten der zwölften Legion, gleichsam zum Schutze, umgeben sein soll. Es kündigt an, daß die Natlonalgardisten nach der Ordnung ibrer Legionen und unter der Führung ihrer Oberoffiziere aufgestellt werden ollen Dieses Manifest verletzů alle Gesetze des Landes, auf wel⸗ chem die Ruhe und die öffentliche Ordnung begründet sind. (Sehr gut! Sehr gut!)

Herr Lesseps: Ich verlange das Wort.

Der Minister des Innern: Das Gesetz über Zusammenrottun— gen ist verletzt das Gesetz über die Nationalgarde ist verletzt. (Zur Lin— ken; Nein! Nein! Im Centrum; Diese Gesetze sind verleßt, das ist klar! Ich appellite an die unparteiische Gesinnung der Kammer: Was ist dieses Manifest anders, als die Proclamation eines Gouvernements welches sich der gesetzmäßigen und geordneten Regierung zur Seite siellen will? (Von allen Seiten: Ja! Ja! Das ist es! Es ist eine Kriegs- erklärung!) Es ist die Proclamation einer Regierung, welche in einem Eo— mité ihren Ursprung hat, das ich nicht kenne, nicht charakterisiren will, da ich auf der Stelle des constitutionellen Gouvernements stehe, welches auf die Charte gegründet ist und sich auf die Majorität der beiden Kammern stützt. Die Regierung dieses Comite's spricht zu den Bürgern, iuft in seinem Namen die Nationalgarde zusammen und veranlaßt Zusammenrottungen, dem Gesetze zum Trotz. Das durften wir nicht dulden, es konnte nicht gedul= det werden. Die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung steht unter un— serer Verantwortlichkeit. Ich hoffe, wie Herr O. Bamot, daß sie nicht ge— stört werden wird. Ich konnte aber nicht dafür stehen, daß sie nicht gestört werden würde, wenn die Regierung nicht alle Maßregeln ergriffe und für Alles sorgte, was nöthig ist. Ich muß gestehen, daß ich nicht zu Allen, welche an dieser Manifestation Theil nehmen können, dasselbe Vertrauen hege, wie der ehrenwerthe Redner. (Zahlreiche Stimmen: Da haben Sie sehr recht!) Inwiefern können nun die Maßregeln der Regierung die gerichtliche Lösung de binden, wovon so eben der ehrenwerthe Herr O. Bamot sprach? Wir haben ei dieser Gelegenheit Alles gethan, was recht war, wir haben nach den i, nn Morgen, wie vorher, die Stellung behauptet, nicht, v? . eingenommen hat, und zu gleicher Zeit wollten wir Hani scỹ hi dh m Gelegenheit eines Banketts, in der Stadt Paris eine Proclanrarn on ulde, welche allen Gesetzen zuwider ist, so wenig, wie die

eines improvisirten Gouvernements neben der gesetz mäßigen

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und constitutionellen Regierung. (Sehr gut! Sehr gut! Zeichen von wiederholtem Beifall in den Reihen der weit überwiegenden Majorität.) Herr Sdilon Barrot; „Ich fürchte, der Her. Minister des Innern hat die Dinge eflissentlich übertrieben. (Murren im Centrum. Die Linke ruft: Ja, ja!) Wenn der Herr Minister sich darauf beschränkt hätte, zu sa— en, daß eine feierliche Manifestation, an welcher eine große Menschenmasse heil genommen haben würde, die Regierung beunruhigen könnte, und das um so mehr, se regelmäßiger und feierlicher sie gewesen wäre (Unterbre- chung), dann würden wir Beide vielleicht der Wahrheit naher sein. Indem ich einige mehr oder weniger angemessene Ausdrücke eines Aktes, zu dem ich mich weder bekenne, noch daß ich ih verleugnete (nämlich das Programm-Manifest der Bankeit⸗Kommission), hier beffeitlassen will (anhaltende Bewegung), bekenne ich mich doch ganz laut zu den Intentionen dieses Altes, ich weise nur die Ausdrücke desselben zurück. Männer, die eine große Volksmenge zu einer politischen Manifesta— lion berufen, würden gegen alle ihre Pflichten verfehlen, wenn sie nicht einige, allerdings nur dienstwillige Mittel, denn sie sind nicht die Behörde, also wenn sie nicht einige offiziöse Mittel ergriffen, um die Ordnung auf— recht zu erhalten oder herzustelen. Eine Stimme: „Das ist Sache der Behörde.“ (. Herr Odilon Barrot fuhr noch eine Weile fort, in dieser Weise das Verhalten der Opposition zu vertheidigen, wurde aber häufig von der anderen Seite mit dem ironischen Zuruf unterbro— chen: „Jedenfalls werden Sie also doch an dem Bankett nicht Theil nehmen!“ Auch der Minister des Innern nahm noch einmal das Wort, um die von ihm vertheidigten Prinzipien wiederholentlich zu rechtfertigen. Man möge, sagte er, immerhin das Verfahren der Regierung als Zwang bezeichnen, es sei aber nur Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten. Der Präsident fragte endlich die Kammer, ob sie nach diesem „Zwischenfall“ die Debatte über die Bank von Bordeaux noch fortsetzen wolle, es wurde aber Vertagung beschlossen.

Paris, 22. Febr. Gestern Abend wurde in den verschiedenen Theilen der Hauptstadt folgende Proclamation des Polizei⸗-Präfekten an die Straßenecken angeheftet:

„Einwohner von Paris! Eine Unruhe, welche der Arbeit und den Geschästen schadet, beherrscht seit einigen Tagen die Geister. Sie hat ihren Grund in den Manifestationen, die man vorbereitet. Die Regierung, be—= stimmt durch Beweggründe, welche von der öffentlichen Ordnung bedingt und nur zu sehr gerechtfertigt sind, hat, indem sie von einem Rechte Ge— brauch macht, welches ihr die Gesetze verleihen und welches stets ohne Wi derrede ausgeübt worden ist, das Bankett des zwölften Arrondissements un tersagt. Nichtsdestoweniger hat sie, zufolge ihrer Erklärung vor der Depu— tirten⸗-Kammer, daß diese Frage geeignet sei, eine gerichtliche Lösung zu er— halten, anstatt sich mit Gewalt der beabsichtigten Zusammenkunft zu wider—

setzen, den Entschluß gefaßt, die Contravention dadurch konstatiren zu lasen,

daß sie den Gästen den Eintritt in den Saal des Banletts erlauben wollte, in der Hoffnung, daß diese Gäste die Einsicht haben würden, sich auf die erste Aufforderung zurückzuziehen, um nicht eine einfache Contravention in einen Akt der Rebellion zu verwandeln. Das war das einzige Mittel, die Frage dem Urtheil der höchsten gerichtlichen Autorität des Cassationshofes zu unterwerfen. =

Die Regierung besteht auf diesem Entschlusse. Aber das Manifest, welches die Journale der Opposition diesen Morgen veröffentlicht haben (vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 57 dritte Beilage), kündigt einen anderen Zweck, andere Absichten an. Es erhebt eine Regierung neben der wahren Regierung des Landes, neben der Regierung, welche durch die Charte ein—⸗ gesetzt ist und sich auf die Majorität der Kammern stützt. Es ruft eine öffentliche Manifestation hervor, welche sür die Ruhe der Hguptstadt gefähr⸗ lich ist. Es ruft gegen das Gesetz vom Jahre 1831 die National-Garden zusammen und stellt sie im voraus nach den Nummern der Legionen, ih re Offlziere an der Spitze, in regelmäßigen Linien auf. Hier kann in Wahr⸗ heit kein Zweifel mehr obwalten. Die klarsten und die gesichertsten Gesetze sind da verletzt. Die Regieruug wird sie aufrecht zu erhalten wissen. Sie sind die Grundlage und die Garantie der öffentlichen Ordnung.

Ich fordert alle guten Bürger auf, sich nach diesen Gesetzen zu rich⸗ ten und sich keiner Zusammenkunft anzuschließen, weil zu befürchten ist, daß sie zu bedauernswürdigen Unruhen Veranlassung geben dürfte. Ich berufe mich auf Ihren Patriotismus und Ihre gesunde Vernunft, im Namen un— serer Institutionen, der öffentlichen Ruhe und der theuersten Interessen der Hauptstadt.

Paris, den 21. Februar 1848. .

Der Pair von Frankreich und Polizei- Präfekt G. Delessert.“

Nach dem Schlusse der heutigen Sitzung haben sich die Depu— tirten der Opposition vereinigt und folgende Beschlüsse gefaßt:

„Eine große und feierliche Manifestation sollte am heutigen Tage zu Gunsten des Rechtes der Vereinigung, welches von der Regierung bestritten wird, stattfinden. Alle Maßregeln waren getroffen, um die Ordnung zu sichern und jede Art von Aufregung zu verhindern. Die Regierung war seit mehreren Tagen von diesen Maßregeln unterrichtet und wußte, welches die Form dieser Protestation sein würde. Es war ihr nicht unbelannt, daß die Deputirten sich gemeinschaftlich und begleitet von einer großen Anzahl Bürger und Nationalgardisten ohne Waffen nach dem Orte des Bankettes verfügen würden. Sie hatte ihre Absicht angekündigt, dieser Demon— stration, so lange die Ordnung nicht gestört werden wurde, kein Hinder— niß in den Weg zu legen und sich nur darauf zu beschränken, durch die Aufnahme eines Protokoßs das zu konstatiren, was sie als eine Contravention betrachtet, von der Opposition dagegen als die Ausübung eines Rechtes betrachtet wird. Plötzlich aber hat nun die Regierung, in⸗ dem sie eine Bekanntmachung, deren einziger Zweck war, Unordnungen, welche aus einem großen Zusammenfluß von Bürgern hätten entstehen kön- nen, zu verhindern, zum Vorwand nimmt, ihren Entschluß bekannt gemacht, jeder Versammlung in den Straßen mit Gewalt entgegen zu treien und sowohl der ganzen Bevölkerung, als auch den National-Garden jede Theil— nahme an der beabsichtigten Manifestation zu untersagen.

Dieser verspätete Beschluß der Negierung erlaubte der Opposition nicht mehr, den Charakter der Demonstration zu verändern. Sie fand sich folg lich in die Alternative versetzt, entweder eine Kollision zwischen den Bürgern und der bewaffneten Macht hervorzurufen, oder auf die gesetzmäßige und friedliche Protestation, welche sie beschlossen hatte, Verzicht zu leisten.

In dieser Lage konnten die Mitglieder der Opposition, welche persönlich durch ihre Eigenschaft als Deputirte geschützt sind, nicht mehr wissentlich eie Bürger den Folgen eines Kampfes aussetzen, welcher der Ordnung und der Freiheit auf gleiche Weise verhängnißvoll gewesen sein würde. Die Opposition ist daher der Meinung gewesen, daß sie zurücktreten und der Re— gierung die ganze Verantwortlichkeit ihrer Maßregeln überlassen müsse. Sie fordert alle guten Bürger auf, ihrem Beispiele zu folgen.

Indem die Opposition auf diese Weise die Ausübung eines Rechtes vertagt, übernimmt sie gegen das Land die Verpflichtung, dasselbe auf jede durch die Constitution zulässige Weise geltend zu machen. Sie wird dieser Pflicht nachzukommen wissen und mit Ausdauer und mit mehr Energie als je den Kampf verfolgen, welchen sie gegen eine verderbliche, leiden- schaftliche und anti-nationale Politik unternommen hat.

Dadurch, daß die Oppossttion sich nicht auf das Bankett begiebt, voll—⸗ zieht sie einen großen Aft der Mäßigung und der Menschlichkeit. Sie weiß, daß sie nun noch einen großen Aft der Festigkeit und der Gerechtigkeit zu vollziehen hat.

Diesen Abend sind in einer Versammlung, wo sich die Com— missaire des Banketts des zwölften Arrondissements und etwa zwan zig Deputirte befanden, folgende zwei Beschlüsse gefaßt worden:

1) Beschlüsse der Bankett⸗Kommission:

Die General-Kommission, welche beauftragt war, das Bankett des zwölften Arrondissements zu organisiren,

nachdem sie Kenntniß genommen von den Berathungen der Deputirten der Opposition:

in Betracht, daß der Minister des Innern auf der Tribüne erklärt hat, er würde das Bankett dulden, vorausgesetzt, daß man sich einzeln da— hin begebe; daß man ferner auf diese Weise dem Minister Gelegenheit gebe, eine

Contravention zu konstatiren und durch ein Gericht der einfachen Polizei

über ein politisches Recht, welches zum Ressort der Kammern und des Lan des gehört, ein Urtheil fällen zu lassen; 2.

daß man auf diese Weise allen Wünschen des Ministers entgegen- käme und zu seinem Vortheile eine Art Komödie spielen würde, welche der von ihren Pflichten durchdrungenen Bürger unwürdig wäre; .

in Beiracht ferner, daß die Manifestation, an welcher die Bevölkerung von Parss theilnehmen sollte, dem beabsichtigten Bankett eist seinen wahren Charakter gegeben haben würde; ;

in Betracht, daß die von der Militairgewalt ergriffenen Maßregeln diejenigen, welche darauf beharren würden, der Gewalt eine gemeinschast⸗ liche Demonstration entgegenzustellen, sich gewissen und blutigen Kollistonen aussetzen würden; ;

daß die Menschlichkeit und der Patriotismus auf gleiche Weise gebie- ten, solche bis aufs äußerste getriebene Fälle zu vermeiden.

Aus diesen Gründen hat die genannte Kommission beschlossen, daß das Bankett des zwölften Arrondissements vertagt werde. Sie überläßt der Gewalt die Veraniwortlichkeit der Aufreizung und der Gewaltmaßregeln.

Sie hegt das volle Vertrauen, daß die Anklage-Aklte gegen ein Mini- sterium, welches die Bevölkerung von Paris bis zur Schwelle eines Bür⸗ gerkrieges geführt hat, morgen in der Kammer niedergelegt werden wird, und daß Frankreich, welches dann zu Nathe gezogen werden wird, durch das Gewicht seiner Meinung einer Politik, welche * langer Zeit die Ver- achtung und den Unwillen des Landes hervorgerufen hat, Gerechtigkeit wi⸗ derfahren zu lassen wissen wird.

2) Beschluß der Deputirten.

In Folge des Beschlusses der Opposition wird sofort eine Anullage-Afte gegen das Ministerium von einer großen Anzahl Dexutirten in Vorschlag gebracht werden; unter diesen befinden sich die Herren Odilon Bartot. Du— vergier de Hauranne. De Malleville. D'Aragon. Abbatucci. Beaumont (de la Sommes. Georges de Lafayette. Boissel. Garnier Pages. Carnot. Fer- dinand de Lasteyrie? Havin. De Courtais. Vavin. Garnon. Marquis. De Jouvencel. Taillandier. Buregur de Puzr. Luneau. De Saint-Albin. De FJambackr-s. Morcau (de la Seine). Berger. Marie. Bethmont. De Thiard. Dupont (de l'Eure). Diese Liste wird morgen fortgesetzt werden.)

Auch die Jugend der Schulen hatte eine Note veröffentlicht, in der sie erklärte, „mit größter Ordnung, Ruhe und Festigkeit“ der Bankett-Manifestation beiwohnen zu wollen. Die Schulen sollten sich vor dem Pantheon versammeln. 2

Die Oppositions-Blätter berufen sich zur Vertheidigung der be⸗ absichtigten Bankett-Demonstration unter Anderem auf den Artikel 66 der Charte von 1830, welcher lautet: „Die gegenwärtige Charte und alle Rechte, welche sie bestätigt, bleiben dem Patriotismus und dem Muthe der Nationalgarden und aller französischen Bürger an⸗ vertraut.“

Um zu beweisen, wie sehr die Bevölkerung von Paris schon seit

einiger Zeit durch die von der Opposition verursachte Aufregung in

Angst und Besorgniß versetzt sei, citirt das Journal des Béebats die beiden letzten Wochenabschlüsse der pariser Sparkasse. Am 6. Fe⸗ bruar noch betrugen die Einlagen 591, 000 Fr., vierzehn Tage darauf, am 20sten, wurden nur noch 235,000 Fr. eingelegt. Am 6. Februar betrugen die Herauszahlungen 657,000 Fr., am 2osten dagegen S832, G 60 Fr. ;

6a In . der Patrie gestern Abend, nach der ,. der De⸗ putirten- Kammer, zugegangenen Note sucht die Bankett Kommis⸗ sion ihr Programm in folgender Weise zu entschuldigen; „Die Anzeige, welche heute früh in mehreren Blättern erschien, bezweckte nur die Aufrechterhaltung der Ordnung in dem Zuge, der sich vom Madeleine-Platz aus zu dem Bankett begeben sollte. Es würde ein großer Irrthum sein, in dieser Anzeige den Anschein einer Usurpation der der Regierung zustehenden Autorität und die Prätension einer Zusammenberufung der National- Garde erblicken zu wollen. Eine solche Zusammenberufung wäre unregelmäßig und ungesetzlich, und dies war nicht die Absicht der Bankett-Kommission. Sie wünschte nur, unter den National-Garden, die aus freien Stücken und jeder für seine Person unbewaffnet zur Theilnahme an der Versammlung erscheinen möchten, aller Verwirrung vorzubeugen. Es liegt also in dem von der Kommission ertheilten Rathe nichts, was so ausgelegt werden könnte, als hätte die Kommission sich an die Stelle der regel⸗ mäßigen Gewalt der Regierung in ihren Beziehungen zu der Natio— nal-⸗Garde setzen wollen.“ .

ö Paris, 22. Febr. Ich hatte Ihnen am Schlusse meines gestrigen Berichtes über die Sitzung der Deputirten Äammer gesagt, Herr von Tocqueville werde die Interpellationen in Betreff des Ban⸗ ketts im Namen der Opposition an das Ministerium richten. So hieß es auch allgemein. Indessen wurde dieser Beschluß noch im letz⸗ ten Augenblicke wieder abgeändert, und Herr Odilon Barrot nahm selbst das Wort. Unmittelbar nach der Sitzung versammelte sich die Oppositien in derselben Zahl von 25 Mitgliedern, wie bei der schon gestern Vormittags e Versammlung, abermals bei Odilon Barrot mit der Bankett⸗-Kommission. Da wurden nun mehrere Be⸗ schlüsse gefaßt, und diese sind in fünf verschiedenen Dokumenten oder Erklärungen enthalten. Der Hauptbeschluß ist, daß das Bankett ver⸗ tagt ist, daß die Oppositions-Deputirten sich nicht zu demselben begeben werden, wie sie sagen, weil Menschlichkeit und Patriotismus gebieten, das Aeußerste einer blutigen Kollision zu verhüten, worin jedenfalls das Eingeständniß liegt, daß diese jetzt so menschlich gesinnte Oppo- sition selbst einen Zusammenstoß, der zu Blutvergießen führen könnte, befürchtete, während ihr Fürsprecher, Herr Odilon Barrot, im Wider⸗ spruch damit noch gestern in der Kammer die Bürgschaft geben zu

können glaubte, daß Alles ruhig und friedlich abgelaufen wäre. Der zweite Beschluß ist, aber dieser ist nicht allgemein daß heute in der Kammer ein Anklageakt gegen das Ministerium wegen der von ihm getroffenen Maßregeln von den OppositionsDeputirten vorgelegt werden solle. Bis jetzt geben die Oppositionsblätter ein Verzeichniß von 30 Namen von Deputirten, welche denselben unter⸗ zeichnen werden; sie fügen am Schlusse der Liste zwar noch ein ꝛc. ꝛc. hinzu; aber ich habe guten Grund zu der Annahme, daß man vorläufig nicht mehrals jene 30 zusammengebracht hat, in der Hoffnung, noch weitere Beitritte Anderer zu erlangen. Zum Theil wird dies auch wohl gelingen. Unter den schon jetzt Unterzeichneten bemerkt man die Namen ven 10 Deputirten des Seine-Departements, nämlich 8 von Paris selbst und die der zwei Deputirten von Saint-Denis und Sceaur. Der National selbst ist so aufrichtig, schon im voraus einzugestehen, daß ein solcher Antrag nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hat, da er na⸗ türlich von der Masorität mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden wird. Deshalb ist der Rational auch nicht zufrieden mit diesem Schritte und macht es sämmtlichen Deputirten, und natürlich vorzugsweise de⸗ nen, welche den Antrag mit unterzeichnen, zur unerläßlichen Pflicht, unmittelbar nach der Verwerfung dieses Antrags in Masse ihre Ent⸗ lassung zu geben, um so die Frage vor das Land zu bringen und dasselbe zu agitiren. Wirklich theilt er auch bereits eine Aufforde⸗· rung des Oppositions-Wahl - Comité's der Wähler des zwei⸗ ten Arrondissemeuts von Paris an den Deputirten dessel⸗ ben, Herrn Berger, Maire desselben Arrondissements, mit, daß er seine Entlassung geben solle. Das Sidele und die anderen

Blätter der gemäßigten Opposition sind in dieser Beziehung bei wei—⸗

tem nicht so entschieden, als der National, und aus gutem Grund; die Frage wurde gestern schon unter den Oppositlons-Deputirten an= geregt, war aber weit entfernt, allgemeinen Anklang zu finden, weil viele dieser Herren nichts weniger als sicher sind, wieder gewählt zu werden. Einzelne aber, vielleicht selbst eine gewisse Anzahl unter ihnen, besonders die Deputirten von Paris, werden allerdings