1848 / 63 p. 1 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

wenn daraus hervorgeht, daß die Lieferung für den Fall des Krieges

lossen sei. . n h e, r von Auerswald: Der Eindruck würde derselbe blei= ben, denn es würde doch immer nicht angenommen werden können, daß der Krieg etwa erst, nach 50 Jahren stattfinde, sondern man wird immer annehmen müssen, daß der Krieg vor der Thür steht, und es wird dann immer, wie der Herr Justiz= Minister richtig be⸗ merkte, der Fall eintreten, daß der Staat das nicht sagen will. Man müßte also diese Bedingung auf alle Lieferungs Fontrakte ausdehnen, was sich doch nicht gut rechtfertigen ließe und in vielen Fällen unzu⸗ lässig wäre. .

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: großes Bedenken entgegentreten.

Abgeordn. von Auerswald: Doch dasjenige: alle Lieferungs⸗ Verträge ohne Ausnahme und ohne Noth durch eine sehr lästige Be⸗ dingung zu vertheuern.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Es würde nur auf— zunehmen sein, daß der Vertrag zur Verpflegung der Armee abge⸗ schlosen werde. Dann weiß der Lieferant genau, warum er mit Strafe bedroht wird.

Abgeordn. von Auerswald; Dagegen ist aber zu erinnern, daß der Staat, gerade wenn Krieg bevorsteht, das nicht gern thun wird. Er wird es alsdann oft nicht bekannt werden lassen wollen, daß er Lieferungen zur Verpflegung der Armee abschließt, und wenn das nicht geschieht, so kann auch die Bedingung nicht gemacht wer— den. Es scheint mir der Vorschlag nicht ausführbar, und ich muß dabei bleiben, daß, das Bedenken des Herrn Justiz-Ministers richtig erwogen, der Paragraph zu streichen ist.

Rorreferent Abgeordn. Naumann: Ich muß noch ein paar Worte zur Unterstützung des Antrages, den Paragraphen fallen zu lassen, anführen. Es scheint eine Verwechselung zwischen Conventio— nal⸗Strafe und Kriminal-Strafe vorzuliegen. Ein Vertrag wird allerdings unter Anderem auch durch Conventional-Strafen verstärkt, aber einen Vertrag durch Androhung von Kriminal-Strafen zu be festigen, würde so etwas Exceptionelles sein, daß es auch nicht durch die Zwecke des §8. 355 gerechtfertigt wird.

Justiz-Minister Uhden: Ich muß auf die Folgen aufmerksam machen, die aus der vorsätzlichen Verweigerung der Erfüllung des Vertrages z. B. bei Hungersnoth entschieden hervorgehen können. Die Regierung hat Alles gethan, um zur rechten Zeit Lebensmittel an den Ort der Noth zu besorgen, aber der Lieferant bricht aus Vor— satz, z. B. aus gewinnsüchtiger Absicht, den Vertrag. Die Folgen sind dann gar nicht zu berechnen.

Abgeordn. Neumann: Es scheint mir, als ob der Herr Justiz— Minister unter dem Wort „vorsätzlich“ noch etwas Anderes verstehe; es scheint, als ob damit, noch die Veranlassung einer anderen sich weiter erstreckenden Kalamität gemeint sein soll, als nur das Brechen des Vertrages. Ich muß gestehen, daß ich nur dem Herrn Korrefe⸗ renten beitreten und mir nicht erklären kann, wie diese Handlung unter die allgemein gefährlichen Verbrechen aufgeführt werden kann. Es ist nur die Nichterfüllung eines Vertrages in medio. Noch be— 6 Bedenken habe ich aber gegen die letzte Bestimmung, welche

autet:

„Dieselben Strafen sinden auch gegen die Unterlieferanten, Agen⸗

ten oder Bevollmächtigten des Lieferanten Anwendung, welche mit

Kenntniß des Zweckes der Lieferung das Unterbleiben derselben

vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit verursachen.“

Hier wird die Strafbestimmung sogar auf die Fälle der Fahrlässig⸗ keit ausgedehnt, was ich nicht für gerechtfertigt halte, und ich muß noch bemerken, daß es zur Bestrafung dieser Personen wohl nicht kommen würde, wenn der ganze Vertrag durch eine Conventional— Strafe gesichert ist. Dann wird der Prinzipal schon dafür sorgen, daß der hier angenommene Fall nicht eintritt. Ich bin deshalb da⸗ lfür, daß der Paragraph gestrichen werde, oder wenigstens müßte der etzte Satz desselben wegfallen.

Abgeordn. von Weiher: Ich kann von einer Conventionalstrafe nicht die Sicherheit erwarten, welche der Paragraph hier erreichen will. Soll sie den Zweck haben, vollständig zu sschern, so würde sie sehr hoch sein und als Caution angezahlt werden müssen; dadurch würden aber den Lieferanten die nöthigen Geldmittel entzogen und die Konkurrenz der Kontrahenten würde dadurch mehr ver⸗ ringert werden, als dies durch das Stehenbleiben des Paragraphen zu befürchten ist. Wenn gesagt worden ist, daß hier kein Verbrechen vorliege, so weiß ich nicht, wie man das behaupten will; denn jeder Lieferant wird leicht einsehen, daß, wenn er vorsätzlich die Erfüllung der Lieferung bei Krieg oder allgemeiner Hungersnoth unterläßt, all⸗ gemeiner Schaden entstehen muß. Er begeht daher mit Vorsatz eine , , . Handlung, welche sehr Vielen unnennbares Unglück

reitet.

Abgeordn. Sperling: Es soll nach diesem Paragraphen nicht allein der Fall mit Strafe belegt e , ö. r . . unterbleibt, sondern auch der Fall, wo sie nicht in vorbedungener Weise erfolgt, wenn also z. B. das Getraide nicht in der Güte ge— liefert wird, wie sie stipulirt worden ist. Daß für diesen letzten Fall eine Strafe angedroht wird, scheint sich nicht rechtfertigen zu lassen, da in einem solchen keine Gefahr entstehen kann. Ich halte aber die Bestimmung des Paragraphen überhaupt nicht, für nothwendig und deshalb für verwerflich, weil, wenn die Möglichkeit der Strafe ein— tritt, auch die Lieferungs⸗Gegenstände zu beschaffen sein müssen und dann die a . die Lieferungs Gegenstände nur anderweit für Rechnung des Lieferanten besorgen dürfen. Die Entschädigung, welche in diesem ar von dem Lieferanten zu leisten wäre, scheint mir hinreichend zu

ein, um ihn zur Erfüllung des Kontrakts zu veranlassen, wogegen eine anzudrohende Kriminalstrafe Lieferungslustige abhalten würde, mit dem Staate in Kontrakte sich einzulassen.

Justiz⸗-Minister Uhden; Ich muß eine Bemerkung des Abgeord⸗ neten aus der Mark berichtigen, welcher meinte, daß ich einen ganz besonderen Vorsatz im Auge hätte. Das ist gar nicht der Fall; ich habe den gewöhnlichen Vorsatz gemeint, die Lieferung nicht ieisten zu wollen, also den Vorsatz, den Kontrakt nicht zu erfüllen, obgleich er fähig ist, ihn zu erfüllen, mag Gewinnsucht, Bosheit oder was sonst das Motiv sein. Denn in allen Fällen, we did Erfüllung des Ver⸗ trages außer seinem Willen liegt, fällt natürlich die Strafe weg.

Abgeordn. Neumann: Wenn das wüklich die hier vorausgesetzte Absicht sst, so scheint es mir nicht möglich, daß dasselbe Verbrechen aus FJahrlässigkeit begangen werden kann. Darum stimme ich dafür, daß bie beiden letzten Sätze in Wegfall gebracht werden. Es ist dies ein eventueller Antrag, wenn nicht der ganze Paragraph gestrichen werben sollte.

Justiz⸗Minister Uhden: Bei dem ersten Fall ist Zuchthaus, bei dem zweiten Gefängnißstrafe ohne Minimum vorgeschlagen worden.

Abgeordn. Krause: Ich bin auch der Ansicht, daß der Para⸗ graph zu streichen sei. Wenn die Lieferung abgeschlossen wird, so muß nach dem Paragraphen der Krieg schon wirklich ausgebrochen sein; denn es heißt: „Zur Zeit des Krieges“ und da würde die Andro= en der Strafe leinen Echutz gewähren. Was dagegen den Nothstand betrifft, so wäre es zweckmäßiger, sich eine starke Caution geben zu lassen. Dafür könnte man, wenn die 2 nicht erfolgt, die Le- bensmittel auf andere Weise anlaufen; aber eine Kriminalstrafe durch

Dem würde kein

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Einsperrung scheint das am wenigsten Zweckmäßige zu sein, weil der Lieferant dadurch abgehalten ng Lieferungen 6 leisten. Marschall: Die Diskussion ist für geschlossen zu erklären, und wir kommen zur Abstimmung. Die erste Frage heißt: Soll auf Wegfall des §. 345 angetragen werden? Eine weitere Frage würde eventuell auf den Wegfall der beiden letzten Absätze n richten sein, und eine dritte auf den Vorschlag der Abthei⸗ ung. Also: Soll auf Wegfall des Paragraphen angetragen werden? Diejenigen, die das beantragen, würden das durch Aufsstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich keine hinreichende Anzahl.) Dem Antrage ist nicht beigestimmt. Soll auf Wegfall der beiden letzten Absätze des Paragraphen an⸗ getragen werden? Die das beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. Ich bitte, die Zählung vorzunehmen. Mit Ja haben gestimmt 55, mit Nein haben gestimmt 34. Die weitere Frage heißt: Soll beantragt werden, die im S. 345 erwähnten Hand⸗ lungen nur dann für strafbar zu erklären, wenn es aus dem Vertrage erhellt, daß derselbe zur Befriedigung der Be⸗ dürfnisse des Heeres zur Zeit eines Krieges oder zur Ab— wendung und Beseitigung eines Nothstandes abgeschlossen worden? Und die das beantragen, würden es durch Aufstehen zu erken⸗ nen geben. Eine Majorität von mehr als zwei Drittheilen hat sich dafür ausgesprochen. Die nächste Sitzung wird morgen um 10 Uhr stattfinden.

(Schluß der Sitzung um 3 Uhr.)

Uichtamtlicher Theil.

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Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bapern. Die Schließung der Vorlesungen. Professor Dr. Erdl 4. Königreich Württem-⸗— berg. Die Prinzessin Friedrich von einem Prinzen entbunden,

Oesterreichische Monarchie. Wien. Deputation aus Venedig.! Venedig. Bekanntmachung des Gouverneurs. Deffentliche Stim⸗ mung. Schreiben aus Wien. (Ernennung; Leichenbegängniß des verstorbenen Feldmarschall-Lieutenants von Laner.)

Italien. Palermo. Amtliche Zeitung der provisorischen Regierung.

Rom. Verhaftungen. Adresse aus New-⸗Nork an den Papst.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Bayern. (Münch. polit. Ztg.) Ein An— schlag am chwarzen Brett der münchener Universität, erklärt das vielfach verbreitete Gerücht von Schließung der Kollegien nach dem Fasching für ein falsches und stellt eine solche erst bis Ende März in Aussicht.

Am 25. Februar starb in München an einem langwierigen Lun— genleiden in Folge eines Blutsturzes im August vorigen Jahres der

Dr. Michael Pius Erdl, Professor der Phystologie und vergleichen⸗ den Anatomie, im 32sten Jahre.

Königreich Württemberg. Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Katharine, Gemahlin des Prinzen Friedrich Königl. Hoheit, ist am 25. Februar Abends nach 7 Uhr von einem Prinzen glücklich entbunden worden.

X Baden⸗Baden, 22. Febr. Der Zweck, welcher Ihre Königl. Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin Karl von Preußen während des zu Ende gehenden Winters hier gehalten, die völlige Erkräftigung Hochihrer Tochter Prinzessin Louise Königl. Hoheit, ist mit des Himmels Beistande auf die erfreulichste Weise erreicht wor⸗ den. Die hohe Dame hat am Neujahrstage mit dem Besuche der hiesigen evangelischen Kirche ihre Genesung würdig bezeichnet und er— warfet nur noch den nahen Frühling, um, von Hochihren Aeltern, ih— ren treuesten Pflegern, geführt, nach Berlin zurückzukehren.

Oesterreichische Monarchie.

Wien, 25. Febr. (Bresl. Ztg.) Die aus Venedig ge— kommene Deputation, an deren Spitze Fürst Giovanelli und der Po—= desta Graf Correr steht, ist hier von Seiten des Hofes und Mini⸗ steriums mit vieler Auszeichnung aufgenommen worden. Fürst Gio⸗ vanelli hatte sogleich nach seiner Ankunft eine lange Unterredung mit dem Fürsten Metternich. Am Dienstag begab er sich zu Sr. Ma⸗ jestät dem Kaiser und den Erzherzogen, und es heißt, Mittwoch und Donnerstag hätten bereits die Schluß⸗-Konferenzen über die Adresse der venetianischen Congregation stattgefunden. Die Gerüchte über Konzessionen dauern indessen fort und setzen jeden Vaterlandsfreund in die freudigste Aufregung.

Gestern Abend war Hosball, Corps erschien.

Wien, 28. Febr. Die Leitung des bisher dem Hofrath ten vom Kremmer auvertrauten Präsidial⸗Departements in Staats= Eisenbahn⸗An elegenheiten bei der Kaiserlichen allgemeinen Hofkammer wurde vom 26. Februar an dem K. Hofrath und Tabackfabriken-Direk⸗ tor Baumgartner übertragen. geil Heute, in, der Mittagsstunde fand das feierliche militairische

ei henbegängniß des Freiherrn von Lauer, Feldmarschall- Lieutenant und zweiten Juhabers des Infanterie⸗Regiments Nr. 44, statt, zuswelchem

die hiesigen Bewohner, wie bei jeder er, dn, r, zuwesche hinzustromten. hner, wie bei jeder derlei Ceremonie, sehr zahlreich

wobei das ganze diplomatische

Venedig, 18. Febr. (A. 3) Die Ga i

. z J. Hazzetta di Vene n n , . eine Bekanntmachung des Governatore Grafen nh 2 12. Februar datirt, worin die Bewohner der venetiani⸗ üs 5 n ehr ernsthaft gewarnt werden, sich der provozirenden el *. hi 9 eiten, wie solche zur tiefen Betrübniß der Regierung satbᷣ * f eit an verschiedenen Orten vorgekommen, künftig zu ent= 6 8. Exrzesse könnten die traurigsten a nach sich ziehen, ; i egierung fest entschlossen sei, für die Erhaltung der öffent⸗ ichen Ordnung und den Schutz der Personen kräftigst einzuschreiten und Zuwiberhändelnde streng zu bestrafen.

Die letzten Vorfalle in Padua, wo der blutige Zusammenstoß die meisten Einwohner mit Schrecken erfüllte, die Verhaftungen, die

dort und nach den Theaterseenen auch hier stattfanden, die Erklärung des hiesigen Guberniums, das in kräftiger Sprache die Vorfälle der

letzten Epoche rügt, endlich die friedlichen und beschwichtigenden mi⸗— nisteriellen Erklärungen in den französischen Kammern, die in Ueber⸗ setzung durch die Gazzetta di Venezia dem Publikum mitgetheilt wurden alles das scheint doch eine theils abschreckende, theils wohlthuende Wirkung hervorgebracht zu haben. Hierzu kommen die Klagen der sämmtlichen Kaufleute, deren einige bereits von Fallissements sprechen, und der Gasthöfe, unter denen die besuchtesten seit der Zeit der Aufregung beinahe leer stehen blieben, so daß sie in zwei Mo— naten kaum 20 Fremde beherbergten. Der Venetianer merkt jetzt, da die trotzigsten und lautesten Unzufriedenen entsernt sind, daß die Gränze des Scherzes überschritten wurde, daß man ernstlich an Ruhe denken müsse, wenn die Folgen für die Stadt selbst nicht die traurigsten sein sollen. Seit dem jüngsten Theaterkrawall gab es keinen beunruhi— genden Auftritt mehr; von Beleidigungen gegen Raucher hört man wenig oder nichts, und alle vorhergesagten öffentlich en Demonstrationen unter⸗ blieben; das Fenice⸗Theater steht zwar noch jeden Abend leer, und die Cerrito tanzt vor kaum hundert Personen, aber um so voller sind alle übrigen Theater der Stadt, sogar die letz'en unter diesen nicht aus— genommen.

Der Bürgermeister Conte Correr und der Delegat Graf Mar⸗ zani sind nach Wien abgereist. Ueber den Zweck ihrer Reise erzählt man sich die widersprechendsien Dinge im Publikum, ohne die eigent— lichen Gründe erfahren zu können.

Noch hat der sonst so fröhliche Karneval wenig oder gar keine Lebhaftigkeit entwickelt; Masken erscheinen nur selten, meistens sind es nur Söldlinge der Maskenverkäufer, die als Lockvögel lärmend umherflattern.

Von der tyrolischen Gränze, 14. Febr. (I. 3. Das am 29sten v. M. in Mailand erlassene Verbot der Waffen Einfuhr in das lombardisch-venetianische Königreich trifft den nicht unbedeu⸗ tenden Eisenhandel dieser Provinz sehr hart. Unter den in diesem Verbot begriffenen Artikeln sind nämlich auch Sensen aufgeführt, welche hier in beträchtlicher Anzahl erzeugt und größtentheils nach dem tieferen Italien abgesetzt werden, und da sich dasselbe nicht blos auf die Ein,, sondern auch auf die Durchfuhr bezieht, so sind unsere Sensenschmiede entweder in die Nothwendigkeit versetzt, ihren Ge⸗ werbebetrieb vor der Hand ganz einzustellen oder neue kostspielige Versendungswege durch die Schweiz und die sardinischen Staaten oder Frankreich zu suchen. Man hofft indeß, daß diesfällige heren Orts eingeleitelen Schritte eine Milderung dieser Maßregel zur Folge haben werden, und daß wenigstens das Verbot des Trans⸗ its der Sensen aufgehoben werden dürfte. Man darf sich der tröst⸗ lichen Erwartung hingeben, daß im lombardisch venetianischen König⸗ reich die Ruhe wiederkehren werde, wenn, wie kaum zu zweifeln ist, den billigen Reform-Anträgen der Central⸗ Congregationen und dem öffentlichen Geiste wohlwollend Rechnung getragen wird. Se. Kais. Hoheit der Vicekönig ist persönlich beliebt, und der überwiegende Theil des in seinem Erwerbe durch die Zeitbewegungen schwergedrück⸗ ten Mittelstandes wünscht sehnlich, daß sich in seiner Hand Mittel und Kräfte vereinigen mögen, um einerseits alle Versuche zu Ruhe⸗ störungen energisch zu unterdrücken, andererseits seine wohlthätigen Absichken in administrativer Beziehung durchzuführen.

. .

Rom, 18. Febr. (A. 3.) Die Verhaftungen, welche hier stattgehabt und nicht von dem neuen Polizei⸗Minister, sondern von dem Papst selbst ausgegangen sind, haben sich leider auch auf Indi— viduen erstreckt, die bei den letzten Vorgängen ganz unschuldig gewe⸗ sen sind. Dies macht den Wiedereintritt der Wirkung eines Prin— zips wahrnehmbar, welches man durch die Amnestie für immer ge kilgt zu sehen hoffen durfte. Die Privatrache scheint sich bei den Verdächtigungen mit betheiligt zu haben, und es sind zwei Fälle be⸗ fannt, in denen man nicht Anderes vorzubringen gewußt hat, als daß die verhafteten und dann exilirten Individuen mit Mazzini Umgang ge— pflogen hätten. Der Abate Amelia wird als der Urheber dieser heim⸗ lichen Anklägereien genannt. Pius IX. war nicht zu bewegen gewe⸗ sen, Gnade zu üben trotz der dringenden Vorstellungen der Ver wandten des einen dieser Üͤnglücklichen, welcher eines vollkommen un— bescholtenen Rufes genießt und sich seiner lebensgefährlich bedrohten Gefundheit wegen in sein Vaterland zurückbegeben hatte. Nachdem Pius 1X. dem fußfälligen Fürsprecher den längeren Aufenthalt gegen die Bedingung zweimonatlicher Exercitien zugestanden gehabt hatte, nahm er Tages darauf auch dieses Versprechen zurück und ordnete die Verbannung unwiderruflich an. Der Papst hat wiederholt erklärt, daß er Dokumente in Händen habe, welche die Absichten dieser Leute hinlänglich bewiesen, und Angesichts deren er zu einer so harten Ver⸗ fahrungsweise sich gejwungen sehe.

Am 12. Februar empfing Se. Heiligkeit in besonderer Audienz den Konsul der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, welcher die Ehre hatte, dem Papst den Major Smith von New-⸗Nork vorzustel⸗ len. Derselbe war von einer großen Versammlung der Bürger New— Yorks beauftragt, dem heiligen Vater eine Adresse zu überreichen, worin die Bewunderung und Verehrung gegen den hohen Priester,

der in so kurzer Zeit so viel des Guten für seine Unterthanen und

für Italiens Völker gethan, ausgedrückt wurde, Se. Heiligkeit nahm dieses Zeugniß der Liebe, der lebhaften Theilnahme und der Ver ehrung des amerikanischen Volkes von New-Aork mit schönen und verbindlichen Worten an und drückte zugleich herzliche Wünsche für die zunehmende Prosperität jener Nation aus.

Palermo, 13. Febr. (A. 3.) Heute ist die erste Nummer einer amtlichen Zeitung der hiesigen provisorischen Regierung erschie⸗ nen. Sie trägt das alte Wahrzeichen der Insel Trinakria an der Spitze: den Kopf zwischen drei gebogenen Schenkeln. Das Blatt enthält Regulirungen über Verwaltung der Kriminal-Justiz; zum Präsidenten des provisorischen Kriminalhofes für den Bezirk (Calle) Palermo ist Don Stefano Tamaso ernannt, mit 7 beisitzenden Rich⸗ fern; zum General-Prokurator (ustode de la legge) Ton Giuseppe Pinelli. Außerdem sind für die Stadt Palermo sieben Quartier⸗ Richter ernannt. Weitere Bestimmungen des General- Comit ? 's, dessen Präsident Ruggiero Settimo ist, betreffen die Organisation der Mi- lltairmacht. Ein besonderer Artikel rühmt, daß die Gegenden von Aidone, Piazza, Castrogiovanni und Caltagirong im Centrum der In⸗ sel und die Ebene von Catania, wo bisher trotz der sie durchstreifenden Schaaren von Gendarmen die meisten Straßenräubereien und Mord⸗ thaten vorsielen, seit der glorreichen Erhebung vollkommen sicher ge⸗ worden selen, so daß die Verbrechen gegen Leben und Eigenthum verschwunden zu sein scheinen. Ferner werden Adressen an die „Stadt der Heroen“ (Palermo) von Messina, Sprakas, Noto u. H w. mit= getheilt. Endlich ein Trauer -Gottesdienst für die dem Vaterlande gefallenen Braven in der Theatiner Rirche auf den 14. Februar an⸗ geordnet, desgleichen eine Kommission eingesetzt, welche die während kes Kanipfes von, einzelnen Bewohnern ęrlittenen Eigenthums-Be⸗ schädigungen zu schäßen habe, damit die Dankbarkeit des Vaterlandes Vergütung leisten könne. Auch enthält das Blatt eine an Capitain Tushington vom englischen Schiffe „Vengeance“ gerichtete Dank. Adresse für die Theilnahme und Menschlichkeit, die er, unbeschadet der Reutralität, in den Tagen des Kampfes den Palermitanern be—

wiesen.

Dritte Beilage

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1 —2 3 Jahr. . ; 8 Rthlr. 1 Jahr. .

in allen Theilen der Monarchie ohne Preis⸗ Erhöhung.

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der Bogen mit 23 Sgr. berechnet.

a 2 63.

Inhalt.

r, e n egenhentzn. Achtundzwanzigste Sitzung

2 z Vereinigken ständischen Ausschusses am 26. Februar. ere dn, , Verhandlungen über den Entwurf des Strafgesetzbuches. Es kommen zur Bergthung, und werden mit einigen Modificationen an⸗ genommen; S. 316: Vergiftung von Brunnen, Waaren u. . w. 8. 347: Verkauf schädlicher Sachen; 8. 348: Verbreitung ansteckender Kranlhei⸗ sen; S. 349: Verbreitung von Viehseuchen; S. 350: Gemeingefährliche Jerstörnng oder Beschädigung; die Ss. 351 = 353: ¶Verursachte Stran⸗ dung; die §§. 3514 357: Ueberschwemmung; die S8. 358 = 653 Brandstis⸗ tung; 8. 366: Gemeingefährliche Bedrohung; §. 367 Amts- Anmaßung; S. 368: Amts-⸗-Erschleichung; die ss. 3690371: Mißbrauch des Rechts zur Ernennung oder Wahl von Beamten oder Repräsentanten, sollen auf Antrag der Abtheilung in Wegfall kommen.

Beilagen.

Amtlicher Theil.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

Dem Inspektor der öffentlichen Pflanzungen und Königl. Gar⸗ ten-Direftot Behnhardt in Neapel den Rothen Adler⸗Orden vier⸗ ter Klasse; so wie dem Schulzen Seyde zu Scherlanke im Kreise Buk, Regierungs- Bezirk Posen, das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver⸗ leihen.

Bei der heute beendigten Ziehung der Aten Klasse 97ster. Kö⸗ niglicher Klassen= Lotterie fielen 2 Gewinne zu 1000 Rthlr, auf Nr. 68, HstFñ und 73,417; 1 Gewinn von 500 Rthlr. fiel auf Nr. 9991, und 3 Gewinne zu 100 Rthlr. fielen auf Nr. 28,637. 74, 134 und 77, 146.

Berlin, den 2. März 1848.

Königl. General⸗-Lotterie⸗-Direction.

gtändische Angelengeheiten.

Ach,tundzwanzigste Sitzung des Vereinigten ständischen Ausschusses. (26. Februar.) Die Sitzung beginnt gegen 105 Uhr unter Vorsitz des Mar⸗ schalls Fürsten zu Soims mit Verlesung des über die gestrige Sitzung geführten Protokolls durch Secretair Freiherrn von Patow.

Als Secretaire fungiren die Abgeordneten Brassert und Kuschke.

Abgeordn. von Auerswald: Bei 8. 335 ist gesagt worden, daß der Antrag auf 1 Jahr Gefängniß und in dem zweiten Alinea auf 3 Jahre Arbeitshaus gestellt worden sei. Ich würde bitten, der Deutlichkeit wegen zu sagen: „Das Maximum ist auf 3 Jahre Strafarbeit fest⸗ gesetzt worden.“

Marschall: Wenn keine weitere Bemerkung erfolgt, so ist das i, für genehmigt zu erklären, und wir kommen zur Berathung von §. 346.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

,

Wer vorsätzlich Brunnen oder ähnliche Wasserbehälter oder zum öffentlichen Verkaufe oder Verbrauche bestimmte Waaren vergiftet oder denselben Substanzen beimischt oder zusetzt, von denen ihm bekannt ist, daß sie auf gleiche Weise, wie Gift, lebensgefährlich sind, in⸗ gleichen wer solche vergiftete oder mit lebensgefährlichen Substanzen vernischte Waaren wissentlich verkauft, soll, wenn in Folge hiervon ein Mensch das Leben verliert, mit dem Tode, sonst aber mit Zucht— hans von fünf bis zu funfzehn Jahren bestraft werden.

Liegt der Handlung Fahrlässigkeit zum Grunde, und ist ein k wirklich entstanden, so ist auf Gefängnißstrafe zu er- ennen.

. In der Abtheilung ist zur Sprache gebracht worden, ob die Todesstrafe selbst gerechtfertigt sei, wenn die Tödtung nicht in der Absicht gelegen habe. Nach den aber von der Versammlung gefaß⸗ ö. , , hat sie diesen Antrag mit 11 gegen 3 Stimmen ab⸗ gelehnt. .

Abgeordn. Neumann: Die Strasbestimmung welche §. 346 enthält, giebt mir Veranlassung, die einzelnen Best mmungen welche hinsichtlich der Anwendung der Todesstrafe bei den verschiebenen Ver⸗ brechen stattsinden sollen, die im Allgemeinen unter die Rubrik. „ge— meingefährliche Verbrechen“ gestellt worden sind, noch einer naheren Beurtheilung zu unterwerfen. Die hohe Versammlung hat im Allge⸗ meinen angenommen, daß die Todesstrafe in dem Systeme der Stra fen, welche der Entwurf aufgenommen hat, beibehalten werde; es ist aber dabei der Beschluß gefaßt worden, daß sie nur auf bie aller⸗ dringendsten Fälle zur Anwendung gebracht werden soll. Nun bin ich der Meinung, daß bei den Verbrechen, welche hier in Frage kom—⸗ men, namentlich bei diesem Titel, welcher von gemeingefährlichen Ver brechen handelt, die Todesstrafe nicht überall so begründet ist und so konsequent angewendet wird, wie es selbst nach den Grundsätzen, denen der Entwurf im Allgemeinen huldigt, geschehen müßte. Es ist nämlich die Todesstrafe im Allgemeinen und, abgesehen von den politischen Verbrechen, nur für den Begriff Mord festge⸗ at nicht einmal für den Begriff Todtschlag, obgleich dort die 26 wenngleich im Augenblicke erst entstanden, außer Zweifel ist. . hier vorliegenden Verbrechen wird aber vielfach die Todes ed 7 bst nur für den Fall des eventuellen Todes statuirt. Es ist ban uch in dieser Beziehung eine Konsequenz zwischen den Straf⸗ ungen nicht vorhanden, selbst nicht nach dem Systeme des Ent⸗

Allgemeine

Berlin, Freitag den 3in März

wurfs. Ich mache nur aufmerksam auf die Strafen des 8. 346, des §. J50 und des 5. 35ͤß. Es wird der Todesstrafe zwar noch in einigen anderen Paragraphen gedacht, aber es dürfte nicht erforder⸗ lich sein, auf diefe jetzt weiter einzugehen, weil sie in eine der Kate⸗ gorieen gebracht werden müssen, die bei den citirten Paragraphen in Frage kommen. Es wird nämlich der Eintritt eines tödtlichen Er⸗ folges für todeswürdig erkannt, auch wenn der Tod nicht beabsichtigt worden ist, zunächst im §. 3146, dagegen im 8. 359 die anerkannte Regel, nur eine beabsichtigte Tödtung ist mit dem Tode zu belegen, festgehalten und im 8. 356 die Todesstrafe überhaupt als ungerecht⸗ fertigt erklärt, weil keine Absicht, zu lödten, vorhanden ist. Dieser Widerspruch scheint dahin zu führen, daß es nothwendig ist, für die⸗ jenigen Verbrechen, wo die Todesstrafse angewendet werden soll, und die zugleich unter die gemeingefährlichen Verbrechen gerechnet werden, zu einem bestimmten Kriterium zu gelangen, unter welchen Voraus⸗ setzungen die Todesstrafe angewendet werden muß. Es werden dem⸗ nach die Fälle ausgeschlossen werden müssen, wo nur ein eventueller Dolus vorhanden ist. Ich mache jedoch zugleich darauf aufmerksam, daß dieser eventuelle Dolus bei diesen Verbrechen noch etwas we⸗ sentlich Anderes ist, als der Dolus bei dem Morde und Todtschlage. Beim Morde erkenne ich eine bestimmte Person, gegen welche das Verbrechen gerichtet ist, eben so beim Todtschlage; bei den gemein⸗ gefährlichen Verbrechen aber fehlt es an der Absicht der Tödtung einer bestimmten Person ganz und gar. Ist nur die Möglichkeit vor⸗ handen, daß eine Person das Leben verlieren kann, so soll der Dolus als vorhanden angenommen werden. Ich kann mich nur der Ansicht anschließen, daß es im Allgemeinen festzuhalten sei, daß die Todes⸗ strafe nie eintreten dürfe, wo es sich nur um das Verbrechen einer Tödtung mit eventuellem Dolus handelt, und daß die Ansscht des §. 35ß des Entwurfs, es muß die Absicht, zu tödten, dagewesen sein, das einzige Kriterium abgeben kann, ob die Todesstrafe zulässig ist. Ich werde mir daher erlauben, wenn diese allgemeine Ansicht nicht aufgenommen werden sollte, sie bei dem speziellen Paragraphen zur ei zu bringen und bei jedem einen besonderen Antrag zu ellen.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Man wird diese Frage nicht im Allgemeinen auffassen, sondern auf die einzelnen speziellen Ver⸗ brechen zurückgehen und fragen müssen, ob die Todesstrafe begründet ist. Was nun den §. 3146 betrifft, so glaube ich, daß hier die To⸗ desstrafe für den Fall, daß Jemand das Leben verloren hat, ausge⸗ sprochen werden muß. Bei der Abfassung dieser Bestimmung ist ein Fall von Bedeutung gewesen, welcher vor einigen Jahren in den Niederlanden vorgekommen ist. In Mastricht war ein Gewürzkrämer, dessen Dienstmagd, um ihm zu schaden und seine Kundschaft zu ver⸗ derben, unter das Sal, welches er verkaufte, Arsenik gemischt hatte. Es wurde eine Zahl von Personen, welche von dem Salz gekauft hatten, bedeutend an der Gesundheit beschädigtz glücklicherweise trat aber bei Niemanden der Tod als Folge ein. Nimmt man aber an, es wäre der Tod eines oder mehrerer Menschen wirklich erfolgt, so muß man gewiß anerkennen, daß die Todesstrafe hier am rechten Ort gewesen wäre. Das geehrte Mitglied hat gesagt, es wäre nur ein eventueller Dolus; allein es ist hier nicht von letzterem, sondern von einem unbestimmten, verbrecherischen Vorsatze die Rede. Wer eine derartige Handlung vornimmt, läßt es darauf ankommen, was für Folgen aus seiner Handlung entstehen; er ist darauf gefaßt und muß nach der Natur der Dinge darauf gefaßt sein, daß der Tod ei⸗ nes oder mehrerer Menschen erfolgt. Es handelt sich hier um ein gemeingefährliches Verbrechen. Eine solche Handlung ist um so strafbarer, als nicht nur das Leben eines Einzelnen gefährdet wird, wie beim Mord, sondern das Leben einer unbestimmten Anzahl von Personen. Ich glaube, daß in Uebereinstimmung mit anderen Ge⸗ setzgebungen die Todesstrafe beibehalten werden muß.

Abgeordn. Neitsch: Ich erkenne zwar die Größe und Schwere der verbrecherischen Handlung an, welche im 5. 346 verpönt ist, und glaube, daß sie mit Rücksicht auf die Gemeingefährlichkeit, mit wel⸗ cher dieses Verbrechen verbunden ist, mit der höchsten Strafe geahn⸗ det werden muß, doch glaube ich, daß die Todesstrafe im 8. 3456 nicht gerechtfertigt erscheint. Im Allgemeinen muß ich den Gründen, welche der Abgeordnete der Städte aus der Mark ausgesprochen hat, daß die Todesstrafe nur eintreten könne, wenn die Absicht der Tödtung wirklich vorgelegen hat, beistimmen. S. 346 hat sie auch auf den Fall gesetzt, wenn durch Zufälligkeiten die Tödtung herbeigeführt ist, welche nicht in der Absicht gelegen, sondern durch irgend einen Um⸗ stand herbeigeführt worden ist. Wenn das Strafsystem des Entwurfs befolgt wird, so glaube ich, daß auch die Strafen, welche auf die ge⸗ meingefährlichen Verbrechen zu setzen sind, sich anschließen müssen den Strafen des Todtschlags und schwerer Körperverletzung. Wenn nun auch beim Todtschiage nur in, dem höchsten und schwersten Falle le⸗ benswierige Zuchthausstrafe eintritt und bei Beibringung von Gift, in der Aoͤsicht, zu schaden, selbst nicht eine so hohe Strafe festgesetzt ist, so würde ich der Ansicht sein, daß die Todesstrafe im Fall des 8. 346 nur dann eintreten könne, wenn es in der Absicht gelegen, das Leben eines Menschen zu vernichten, und in dem Falle, daß diese Absicht nicht vorgelegen und ein Mensch das Leben verloren hätte, würde ich der Ansicht sein, nur lebenswierige Zuchthausstrafe eintre⸗ ten zu lassen.

Marschall: Auf dieses Letztere würde der Antrag des Abgeord⸗ neten Neitsch gehen?

Abgeordn. Weitsch: Ich würde den Antrag stellen, daß in dem Falle des §. 346, wenn ein Mensch das Leben dabei verloren, lebens⸗ wierige Zuͤchthausstrafe, und wenn die Absicht der Tödtung zum Grunde gelegen hat, die Todesstrafe eintreten solle.

Abgeordn. Wodiezka: Bei den Handlungen, die 8. 316 er= wähnt, und welche auch in den übrigen Paragraphen enthalten sind, kommt es nicht blos darauf an, daß man die subjektive Seite be⸗ trachte, man muß auch die objektive Seite berücksichtigen, um das Strafmaß anzunehmen. Man muß berücksichtigen nicht nur den Cha⸗ rakter der That, sondern auch die Eigenschaft derselben, also ihre Gemeingefährlichkeit. Die Größe der Gefahr, deren Gränze im voraus nicht abzumessen ist, muß wohl erwogen werden. Man muß aber logisch folgern, daß, se größer die Gefahr ist, je größer auch die

Schuld, und se größer diese ist, desto größer muß die Strafe sein. Das entspricht den Grundsätzen der Gerechtigkeit. Es will mir da⸗

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her scheinen, daß alle Strafen, welche 8. 346 bestimmt, dem Ver⸗ brechen angemessen sind. Ich stimme für den Paragraphen.

Abgeordn. Frhr. von Gaffron: Ich will den juristischen Stand- punkt, welcher erörtert worden ist, bei Seite lassen und nur den sitt⸗ lichen festhalten, und da kann ich nur zu der Ueberzeugung gelangen, daß dieses Verbrechen weit größer ist, als der vorsätzliche Todtschlag. Dieser beschränkt sich auf eine Person; er kann durch Affekt, durch Leidenschaft hervorgebracht werden. Hier aber ist eine Prämeditirung der nichtswürdigsten Art vorhanden. Wenn Jemand das Leben und die Gesundheit seiner Mitmenschen gefährdet, indem er das Wasser und die Nahrungsmittel vergiftet, so setzt er nicht das Leben eines Einzelnen, er setzt das Leben einer großen Anzahl seiner Mitbürger auf das Spiel, und wenn er auch nicht die positive Absicht gehabt hat, ein bestimmtes Individuum zu tödten, so hat er doch ein fre⸗ velhaftes Spiel mit dem Leben Anderer getrieben, in der Absicht, daß Menschen sterben sollen. Es wird schwerlich das Gegentheil bewie⸗ sen werden. Ich halte das Verbrechen für so gefährlich und in der Volksmeinung als ein so verworfenes anerkannt, daß ich mich nur für die Bestimmung des Paragraphen erklären kann.

Korreferrent Abgeordn. Waumann: Darüber werden wir Alle

einig sein, daß das Verbrechen ein abscheuliches ist. Eine ganz an⸗ dere Frage ist es, welche Strafe festgestellt, ob unter allen Umständen die im §. 346 bezeichneten Handlungen mit dem Tode bestraft werden sollen, wenn Jemand das Leben verliert. Bei der Diskussion über bie Zulässigkeit der Todesstrafe und ich muß darauf zurückkommen hat die Versammlung durch die Mehrzahl derer, die damals das Wolt ergriffen haben, sich dafür ausgesprochen, daß man mit der Todesstrafe äußerst sparsam sein solle und sein müsse und sie nur da anwenden dürfe, wo die Sicherheit des Staates es erfordere, oder wenn die Absicht, zu tödten, der vorbedachte Mord, vorliege. In Beziehung auf den Staat stehen die hier zur Sprache kommenden Handlungen nicht, wohl aber sind sie gemeingefährlich, in Beziehung auf das Leben und die Gesundheit einzelner oder vieler Personen. Ist in einem solchen Falle die Absicht desjenigen, der eine solche That begeht, dahin gerichtet, Jemanden das Leben zu nehmen, so fällt die Bestinimung unter den Begriff Mord, und es wird kein Zweifel sein, daß die Strafe eintreten müsse, welche auf dieses Verbrechen esetzt worden ist. Ein anderer Fall ist der: es hat Jemand nicht die Ribsicht, zu morden, dessenungeachtet tritt vermöge seiner Handlung der Tod eines Menschen ein. Dann wird die Lage der Sache eine durchaus andere. Eben so gefährlich ist die That, als bei demjenigen, der morden will, aber eine andere Absicht liegt vor. In dem Falle, welchen der Herr Kommissar des Ministeriums angeführt hat, ist die Absicht der Verbrecherin eine abscheuliche gewesen, und noch abscheu⸗ licher sind die Mittel, die angewendet, worden sind; ging aber die Absicht des Dienstmädchens nicht dahin, das Leben von Menschen auf das Spiel zu setzen, dann ist die Strafwürdigkeit eine ganz an⸗ dere und geringere, als wenn diese Absicht leitend gewesen wäre. Es war nicht der äußerste Fall der Strafwürdigkeit vorhanden, die bei der Todesstrafe angenemmen werden muß, und daher glaube ich, ist es gerechtfertigt, daß man nicht die Todesstrafe eintreten lasse. Ich stimme dem Abgeordneten Neiisch bei, daß in Fällen solcher Art lebenswierige Zuchthausstrafe eintreten möge.

Marschall: Wir wollen ermitteln, ob der Vorschlag die erfor⸗ derliche Unterstützung von acht Mitgliedern sindet.

(Wird hinreichend unterstützt.)

Er hat sie gefunden.

Abgeordn. Grabow: Ich trete ebenfalls dem Amendement des Abgeordneten Neitsch bei und füge zu den Gründen, die bisher schon zur Motivirung des Amendements vorgetragen sind, noch den hinzu, daß man bei der einfachen Vergiftung überhaupt im 8§. 212 festge⸗ stellt hat: „Wer in der Absicht, zu schaden, je doch ohne die Ab⸗ ficht, zu tödten, einem Anderen Gift beibringt, soll mit Zuchthaus bis zu 20 Jahren bestraft werden“. Es liegt nun zunächst nach §. 346 weiter nichts vor, als das, wenn vorsätzlich das eben bezeich- nete Verbrechen bei Brunnen-Vergiftungen begangen wird, nur die Absicht, zu schaden, und nicht die Absicht, zu tödten, vorgewaltet haben soll. Wenn man nun auch das vollkommen anerkennen muß, daß dergleichen Verbrechen höchst schwere sind, so muß ich doch bestreiten, daß, so wie der Paragraph gefaßt ist, ausdrücklich vorausgesetzt wird, daß die Absicht, zu tödten, bei dem Thäter vorgewaltet habe. Wenn dies aber nicht immer der Fall ist, so glaube ich, mit Rücksicht auf die eben von mir verlesene Bestimmung, daß eine lebenswierige Zucht— hausstrafe bei diesem nur cum animo nocendi verübten Verbrechen vollkommen angemessen erscheint. Ich würde mich unter solchen Um⸗ ständen, und wenn der animus occidendi fehlt, gegen die Todes⸗ strafe erklären, und zwar mit Rücksicht auf das Prinzip, welches in §. 350 ganz prägnant im Entwurfe hingestellt worden ist. ;

Vice⸗-Marschall Abgeordn. von Rochow: Es ist der Vorschlag gemacht worden, die Todesstrafe auf das Verbrechen dieses Paragra⸗ phen nur dann eintreten zu lassen, wenn die Absicht, zu tödten, er⸗ wiesen werden könne; diesem Vorschlage würde ich vollkommen beitre⸗ ten, wenn ich glaubte, daß es möglich wäre, zu erweisen, ob eine solche Absicht vorgelegen hat oder nicht. Man müßte hier auf das Motiv, das der Mensch im Innern seiner Seele gehabt hat, zurück= gehen, der Thäter wird aber allemal leugnen, daß die Absicht, zu ködten, vorhanden gewesen; wie wird das Gegentheil jemals bewiesen werden können? Man wird also auf deu Erfolg sehen, und, wenn der Tod wirklich eingetreten ist, die Todesstrafe eintreten lassen müssen.

Abgeordn. von Saucken⸗ Tarputschen: Va ich mich auch hier gegen die Todesstrafe aussprechen werde, brauche ich nach mei⸗ nen früheren Abstimmungen wohl nicht erst zu erwähnen; ich will

n z in diesem Paragraphen aber nur darauf aufmerkfam machen, daß es in ; sich nicht blos um Brunnen-Vergiftung und ähnliche verabscheuungs⸗

. 6h sr ] z tt zu bestrafe zerbrechen handelt

würdige und höchst, ja faum zu hart zu bestrafende Verbrech ö. sondern in demfelben Paragraphen auch heißt: „ingleichen, wer solche vergiftete oder mit lebensgefährlichen Substanzen vermischte Waaren wissentlich verkauft, soll, wenn in Folge hiervon ein Mensch das Leben verliert, mit dem Tode bestraft werden“; nun wissen wir, daß häufig im Veikaufe mancher Gegenstände, um sie scheinbar zu ver= stärken, giftige Substanzen ein emischt werden, ich erkenne auch dies für höchst gefährlich und strafbar; wenn aber ein solcher. Fall ein- tritt, daß z. B. Jemand Spiritus oder ähnliche Gegen stände, von