1848 / 63 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

halte. Je mehr es ein Zeichen von Größe und Edelmuth sein wird, auf e Weise die Reinheit und die Unschuld aufrecht zu erhalten und wieberherzustellen, mit desto mehr Muth wird sich mein Vater land diesem Zwecke weihen. Was mich betrifft, so werde ich glücklich sein, mein ganzes Dasein, Alles, was ich von Kraft und Talenten in dieser Welt besitze, daran * setzen, um dieser Sache, welche die der wahren Freiheit meines Landes ist, den Triumph zu verschaffen. (Bravos im Centrum. Herr von Larochejacquelin: Ich ver⸗ lange das Wort. Wollte man denn vielleicht das wieder in Frage stellen, was wir durch die Juli⸗Revolution bereits entschieden haben? (Sehr gut! Sehr gut Meine Herren! die Umstände sind schwierig, das gebe ich zu, aber es sind in diesem Lande so viel Elemente der Größe, des Edelmuths und der gesunden Vernunft, daß ich überzeugt bin, es reiche hin, sich an sie zu wenden, um zu bewirken, daß die ganze Bevölkerung von Paris sich um dieses Panier schaare. (Ja! Ja!) Hier sind alle Mittel gegeben, die ganze Freiheit zu sichern, welche dieses Land in Anspruch zu nehmen das Recht hat, sie mit allen Bedürfnissen der Ordnung, die ihm so nothwendig sind, zu vereinigen, alle Thatkraft dieses Landes aufzubringen und die großen Prüfungen zu bestehen, welche ihm vielleicht vorbehalten sind. Diese Pflicht ist einfach, sie ist vorgezeichnet durch die Ehre, durch die wahren Interessen des Lan⸗ des; wenn wir es nicht verstehen, sie mit Festigkeit, Ausdauer und Muth zu erfüllen, so weiß ich nicht, welches die Folgen davon sein können. Aber seien Sie überzeugt, daß, wie ich im Anfang bemerkte, derjenige, welcher den Muth haben würde, die Verantwortlichkeit ei⸗ nes Bürgerkrieges im Scheoße unseres edlen Frankreichs auf sich zu nehmen, eine große Schuld auf sich laben, ein Verbrechen gegen sein Vaterland und gegen die Freiheit Frankreichs und der ganzen Welt begehen würde. Was mich betrifft, m. H., so kann ich diese Verantwortlichkeit nicht auf mich nehmen. Die Regentschaft der Her—= zogin von Orleans, ein Ministerium, welches aus den bewährtesten Meinungen genommen würde, werden der Freiheit mehr Bürgschaft geben. Und möchte dann eine Berufung an das Land, an die bffent= liche Meinung in ihrer ganzen Freiheit sich aussprechen, und zwar ohne sich bis zu der Leidenschaftlichkeit zu verirren, welche einen Bür— gerkrieg hervorrufen könnte. (Herr Ledru-Rollin: Ich verlange das Wort.) Man spreche sich im Namen der Interessen des Landes und der wahren Freiheit aus, das ist mein Rath und meine Mei— nung. Für irgend eine andere Lage könnte ich keine Verantwortlich= keit übernehmen.

Herr von Larochejacquelin: Niemand kann mehr als ich anerkennen und tief empfinden, was es in gewissen Lagen Schönes giebt. Ich mache in dieser Beziehung nicht meine erste Erfahrung. Ich werde dem ehrenwerthen Herrn Odilon Barrot antworten, daß ich keinesweges die thörichte Anmaßung besitze, hier entgegengesetzte Ansprüche erheben zu wollen. Nein! Aber ich glaube, daß Herr Odilon Barrot die Interessen, für welche er diese Tribüne betreten hat, indem er so weit gegangen, nicht auf die Weise wahrgenommen hat, wie es seine Absicht gewesen sein möchte, sie wahrzunehmen. (Geräusch. Meine Herren, es ziemt sich vielleicht für die, welche in der Vergangenheit stets den Königen gedient haben, sehr wohl, jetzt von dem Lande und dem Volke zu sprechen. (Eine Stimme: Gut! Sehr gut!) Jetzt, in diesem Augenblicke sind Sie hier nichts, Sie sind gar nichts mehr. . . (Wie so denn! Wie so denn! Herr de Mornay: Das können wir nicht zugeben. Der Präsi— dent: Mein Herr, Sie entfernen sich von der Ordnung. Ich rufe Sie zur Ordnung.) Erlauben Sie mir zu sprechen; wenn ich sagte, daß Sie nichts sind, so glaubte ich wahrhaftig nicht, einen Sturm zu erregen. Ich als Deputirter bin es nicht, der Ihnen sagt, daß die Kammer der Deputirten nicht mehr als Kammer existirt. Ich sage, sie existirt nicht mehr als.. . (Unterbrechung.) Ich sage, 2 Herren, daß die Nation zusammenberufen werden muß, und

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(In diesem Augenblicke dringt ein Haufen bewaffneter Leute, National⸗Gardisten, Studenten, Arbeiter, in den Sitzungs-Saal ein und nimmt bis in die Mitte desselben Platz. Mehrere davon tragen Fahnen. Allgemeiner Aufruhr entsteht in der Versammlung; der rößte Theil der Mitglieder, welche auf den Bänken des Centrums N ziehen sich nach den oberen Bänken zurück. Das Geschrei: „Wir wollen die Absetzung des Königs! die Absetzung! die Absetzung!“ wird von denen ausgestoßen, welche an der Spitze des Haufens zu stehen scheinen.)

Herr von Mornay: Herr Präsident, suspendiren Sie die Sitzung, aber heben Sie sie in diesem Moment nicht auf.

Der Präsident, indem er sich bedeckt: In diesem Augenblick ist keine Sitzung mehr. .

Ein Redner, welcher nicht zur Kammer gehört, Herr Cheval— lier, ehemaliger Redacteur der Bibliotheque historigue, be— steigt die Tribüne. Geschrei und allgemeine Verwirrung.)

Meine Herren, sagt dieser Redner, glauben Sie an'die Mäßi⸗ gung meier Worte, (Geräusch. „Sie haben nicht das Recht, zu prechen.“ . Ich will Ihnen das einzige Mittel in Vorschlag bringen, welches Sie aus der Verlegenheit ziehen kann. Wollen Sie 'die Lage retten, so haben Sie nur Eins zu thun. Hören Sie mich Hüten Sie sich, den Grafen von Paris ohne Riecht zu proklamiren; aber die , . von Orleans und der Graf von Paris mögen ben Muth haben, sich auf die Boulevards in die Mitte bes Volkes und der National, Garde zu begeben, ich stehe dafür ein, daß ihnen nichts widerfahren soll. Wenn das Volk nicht seine Zustimmung giebt, ihm die Gewalt zu übertragen Stimmen in dem Haufen Es lebe die Republikl é. Genug! Genugh Das Einzige, was Ihr in diesem Augenblick zu thun habt, ist, daß Ihr uns eine Regierung

gebet und jwar in die sem Augenblicke; Ihr könnt nicht eins ganze

evölkerung so ohne Behörden lassen. Bas ist das erste Bedürfniß

2 *r . 5 en Geräusch bedeckt die Stimme e edners. an mu en Grafen von Pari ĩ J

in 6 n 1 2 Paris auf einem Schi in Mitglied der Kammer: Er ist in die i

hierher a fe Er ist hier! Wenn 1 6. 6

(Die Blicke wenden sich nach der Höhe des Amphitheaters, wo sich die Herzogin von Orleans und ihre Kinder niedergelassen hatten In dem Augenblicke, wo der Haufe in den Saal eingedrungen war, entfernte sich die Herzogin, die Prinzen und ihre Begleiter durch die Thür, welche der Tribüne gegenüber liegt.)

Herr Ch evallier: Ihr könnt sicher sein, die Republik hier proklamirt zu sehen ....

(Die Verwirrung und der Aufruhr erreichen ihren Gipfel. Ein Bürger in der Uniform eines Offiziers, wie man uns sagt, Herr Dum oulin, welcher im Juli 1830 Kommandant des Hotel de Ville war, steigt auf die Tribline und legt auf den Marmor den Schast einer dreifarbigen Fahne nieder.) eine Herren, ruft Herr Du— moulin, dag Volk . heute, wie im Jahre 1830, seine Unabhän⸗ igkeit und seine Freiheit wieder erobert. Sie wissen, daß der Thron

o eben in den Tuilerieen zerbrochen und 4 Fenster hinausgeworfen

worden ist. (Die Herren Cremieur, Ledru⸗-Rollin und von Lamartine erscheinen zu gleicher Zeit auf der Tribüne.)

Stimmen in dem Haufen: Keine Bourbons mehr! Nieder mit den Verräthern! Sogleich eine provisorische Regie—⸗ rung! (Verworrenes Geschrei. Viele Deputirte ziehen sich durch die Hinterthür zurück.)

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err Ledru-Rollin, indem er sich an den Haufen wendet: Im Namen des Volkes, welches Ihr vertretet, (représentez) ver- lange ich Stillschweigen von Euch. (Stimmen im Volk: Im Na- men des Herrn Ledru-⸗Rollin: Ruhe! Meine Herren, im Na⸗ men des Volkes verlange ich einen Augenblick Stillschweigen! (Ein Mann aus dem Volke: Eine provisorische Regierung! Herr Mauguin: Beruhigt Euch, Ihr follt ine provisorische Regierung haben) Was man auch im Namen des Volkes, welches sich überall unter den Waffen befindet und Herr von Paris ist, thun mag, ich protestire gegen die Art Regierung, welche man auf dieser Tribüne in Vorschlag bringt. (Sehr gut! Schr gut! Bravo unter dem Hau⸗ fen Ich thue nicht, wie Ihr, etwas Neues, denn als man im Jahre 1812 über das Gesetz wegen der Regentschaft diskutirte, war ich der Einzige, welcher an dieser Stelle erklärte, daß es nicht er⸗ lassen werden könne, ohne eine Berufung an das Volk. (Das ist wahr. Sehr gut! Herr von Larochejacquelin: Ich aber auch! Eine Stimme: Ja, Larochejacquelin thut es auch!) Man hat Euch so eben von der glorreichen Revolution von 1789 gesprochen. Hüten wir uns wohl, daß die Leute, welche so davon prechen, den wahren Geist derselben verkennen und namentlich die Constitution derselben nicht respektiren wollen. Im Jahre 1791 hat man in dem Text der Constitution selbst erklärt, daß die konstitui⸗ rende Versammlung, die konstituirende Versammlung, versteht es wohl, mit ihren speziellen Vollmachten nicht das Recht hatte, ein Regent⸗ schafts⸗Gesetz zu machen, und daß es dazu einer Beru⸗ fung an das Volk bedurfte. (Zahlreiche Stimmen: Ja! 9 das ist klar! Das ist der Wortlaut der Constitution von 1791 elbst. Wohlan denn, meine Herren, seit zwei Tagen schlagen wir uns für das Recht. Wenn Ihr nun widersteht, wenn Ihr behaup⸗— tet, daß eine durch Acclamation hergestellte Regierung eine ephemere Regierung, welche der revolutionaire Zorn ins Leben ruft, wenn Ihr behauptet, daß eine solche Regierung existirt, so werden wir uns noch schlagen im Namen der Constitution von 1791, welche über unserem Lande, über unserer Geschichte schwebt, und welche will, daß eine Be— rufung an die Nation stattfinde, um eine Regentschaft möglich zu machen. (Eine Stimme: Anders ist das nicht möglich) Also ist keine Regentschaft möglich . . . (Zahlreiche Stimmen: Wir wollen keine. Eine Regentschaft ist nicht möglich, so wie man es eben versucht hat, sie auf eine Weise aufzupflanzen, die ich in der That sonderbar und usurpatorisch nennen müßte. Wie! Ihr selbst, Ihr, die Majorität, wolltet so ohne Weiteres und ohne irgend eine Berathung das Gesetz vernichten, welches Ihr im Jahre 1842 ge⸗ gen unsere Anstrengungen gemacht habt! Das würdet Ihr sicherlich nicht wollen, es wäre ein Auskunftsmittel, welches im Lande keine Wurzeln hat. Im Namen des Rechts selbst, welches man selbst in Revolutionen zu achten wissen muß, denn man ist nur stark durch das Recht, protestire ich, für das Volk, gegen Eure neue Usurpation. (Bravo! Bravo! Es lebe Ledru-⸗ Rollin!) Ihr habt von Ordnung, von Blutvergießen gesprochen. Ja, das vergossene Blut ergreift uns tief denn wir haben es, wie irgend Jemand, mit eigenen Angen gesehen. Wohlan denn, wir erklären Euch noch dies: Das Vergießen des Blutes kann nicht eher aufhören, als bis den Prinzipien und dem Rechte Genüge ge— than ist, und diejenigen, welche sich so eben geschlagen haben, wer⸗ den sich noch diesen Abend schlagen, wenn man ihre Rechte verkennen wollte. (Ja! Ja!! Im Namen dieses Volkes, welches Alles ist, frage ich Euch, welche Art von Garantieen giebt uns Eure Regie⸗ rung, die man inthronisirt, die man so eben zu inthronisiren versuchte? (Bravo in dem Haufen.)

(Ein Mann, welcher auf den Bänken des Centrums, der Tri- büne gegenüber sitzt, erhebt sich und ruft: „Ich erkläre, daß die Worte, welche hier gesprochen werden, Unterbrechung.) Die Deputirten, welche neben diesem Mann sitzen, fordern ihn auf, zu schweigen, er ruft aber-: „Nein! Nein! Ich protestire All- gemeines Geräusch. Der Sprecher wird mit Mühe von Deputirten selbst aus dem Saale gebracht. Herr Berryer wendet sich an Herrn Ledru-Rollin: „Bringen Sie die Frage zu Ende! Schließen Sie! Eine provisorische Regierung!“)

Herr Ledru⸗Rollin: Meine Herren, indem ich auf diese Weise im Namen des Volkes spreche, behaupte ich, ich wiederhole es, daß ich in dem Rechte verbleibe, und ich berufe mich auf zwei Fälle aus der Vergangenheit. (Zum Schluß! Zum Schluß!) Im Jahre 1815 wollte Napoleon zu Gunsten des Königs von Rom abdiziren, das Land war da, das Land verweigerte seine Zustimmung. Im Jahre 1830 wollte Karl X,. für seinen Enkel abdiziren, das Land war da, das Land verweigerte seine Zustimmung. (Herr Berryer: Schließen Sie doch! Wir kennen die Geschichte.) Jetzt ist das Land auch da, und Ihr könnt nichts thun, ohne es zu Rathe zu ziehen. Ich verlange also, um es kurz zu sagen, eine provisorische Regierung (Ja, ja!), nicht etwa durch die Kammer (Nein, nein!), sondern durch das Volk ernannt. Ich verlange eine provisorische Regierung und eine sofortige Berufung an eine ConLgention, welche die Rechte des Volkes regulire. (Bravo! Bravo! Herr von Lamartine, welcher auf der Tribüne geblieben ist, tritt hervor, um das Wort zu nehmen. Mehrere Stimmen: „Lamatrtine! Lamartine!“ Man klatscht Beifall: Hört, hört!)

Herr von Lamartine: Meine Herren! Ich theile so tief, wie jeder Andere unter Ihnen, das doppelte Gefühl, welches so eben diese Versammlung bewegt hat, indem sie eines der rührendsten Schau— spiele erblickte, welche die Annalen der Menschheit darbieten können, das einer erlauchten Prinzessin, die sich mit ihrem unschuldigen Sohne vertheidigt und sich aus einem verlassenen Palaste in die Mitte der Repräsentation des Volkes wirft. (Sehr gut! Sehr gut! Hört! Hört! Wir haben nicht verstanden! Wiederholen Sie Ihre Worte!) Ich bitte, meinen Satz wiederholen zu dürfen und den, welcher folgen wird, abwarten zu wollen. Ich sagte, meine Herren, daß ich so tief, wie irgend Jemand in dieser Versammlung, das doppelte Ge- fühl theile, welches sie so eben bewegt habe. Und hier mache ich keinen Unterschied, denn der Augenblick will keinen zwischen der Na— tional⸗Repräsentation und der Repräsentation der Bürger des ganzen Volkes. Es ist überdies der Augenblick der Gleichheit, und diese Geichheit wird, ich bin davon überzeugt, nur dazu dienen, der Hierar⸗— chie der Mission Anerkennung zu verschaffen, welche besonders dazu berufene Männer von ihrem Vaterlande erhalten haben, nicht um es zu erniedrigen, sondern um das erste Zeichen der Wiederherstellung der Eintracht und des öffentlichen Friedens zu geben. (Brapo! Bravo!) Aber, meine Herren, wenn ich diese Bewegung theile, welche der ergreifende Anblick der größten menschlichen Katastrophen her⸗ dorruft, wenn ich die Achtung theile, welche Sie Alle in dieser Ver⸗ sammlung beseelt, zu welcher Meinung Sie auch gehören mögen, so

tbeeile ich nicht minder lebhaft bie Achtung vor diesem glorreichen Volke, welches seit drei Tagen sich schlägt, um eine treulose Regie⸗

5. wieder gut zu machen und auf einer hinfort unerschütterlichen

rundlage die Herrschaft der Ordnung und bie Herrschaft der Frei- heit wieder herzustellen. (Beifall) Aber, meine Herren, ich kann mich, nicht der Täuschung hingeben, welche sich so eben auf dieser Tribüne lundgab, ich kann mir nicht einbiiden, daß eine freiwillige Acclamation, welche einer Aufregung und einem allgemein herrschen⸗ den Gefühl entrissen worden ist, ein solides und n ir, Recht und eine Regierung für 35 Millionen Menschen begründen könne.

Ich weiß sehr wohl, daß das, was eine Acclamation proklamirt, von einer anderen wieder vernichtet werden kann, und welches auch die Regierung sein mag, die es der Weisheit und den Interessen dieses Landes sich zu geben gefallen möge, in der Krisie, wo wir sind, kömmt es dem Volke, allen Klassen der Bevölkerung, denen, welche einige Tropfen ihres Blutes in diesem Kampfe vergossen haben, vor Allem darauf an, eine populaire, solide, mit einem Worte unerschüt⸗ terliche Regierung herzustellen. (Beifall. Wohlan, meine Herren, wie ist das zu machen? Wie sollen wir sie unter diesen schwanken⸗ den Elementen, in diesem Sturm, welcher uns Alle mit fortreißt, und in welchem eine Welle augenblicklich die andere überwogt, welche sie bis in diese Versammlung hineingetrieben hat, wie sollen wir sie da finden? Wie sollen wir diese unerschütkerliche Grundlage finden? Indem wir auf den Grund des Landes selbst herabsteigen, indem wir, um so zu sa— gen, das große Mysterium des National-Rechtes, von dem alle Ord⸗ nung, alle Wahrheit, alle Freiheit ausgeht, dort herausholen. Des- wegen will ich, weit entfernt, meine Zuflucht zu jenen Ausflüchten, zu jenen Ueberraschungen, zu jenen Bewegungen zu nehmen, welche ein Land, wie Sie sehen, früher oder später bereut, (Ja! Ja!), wenn diese Fictionen verschwinden und nichts Solides, Dauerndes, wahrhaft Populaires und Unerschiltterliches unter den Füßen des Lan⸗ des zurücklassen; deshalb, sage ich, will ich mit allen meinen Kräften das zweifache Verlangen unterstützen, welches ich zuerst auf dieser Tri- büne vorgebracht hätte, wenn man mich zu Anfang der Sitzung die- selbe hätte besteigen lassen, zuerst das Verlangen einer Regierung, ich erkenne es an, der Nothwendigkeit, der öffentlichen Ordnung, der Umstände, einer Regierung, welche das Blut, welches fließt, stillt, einer Regierung, welche dem Bürgerkriege Einhalt thut (BVeifall. Ein Mann aus dem Haufen, welcher in der Mitte des Saales steht, steckt seinen Säbel in die Scheide: Bravo! Bravo!) . einer Regierung, welche dem entschlichen Mißverständniß, das seit einigen Jahren zwischen den verschiedenen Klassen der Bürger existirt, und welches uns verhindert, uns für ein einiges Volk zu halten und uns zu lieben und zu umarmen, ein Ende mache. (Sehr gut! Sehr gut! Ich verlange also, daß man in diesem Augenblicke, nach dem Rechte des öffentlichen Friedens, nach dem Rechte des Blutes, wel⸗ ches fließt, nach dem Rechte des Volkes, welches voll Heißhunger nach der rühmlichen Arbeit sein kann, die es seit drei Tagen vollzieht, ich verlange, daß man eine provisorische Regierung herstelle (Bravo! Bravo!) .. . ., eine Regierung, welche nichts, weder unsere Rechte, noch unsere etwaigen Rachegefühle, noch unsere Sympathieen, noch unseren Zorn, der definitiven Regierung gegenüber, welche es dem Lande gefallen mag, sich zu geben, sobald es darüber zu Nathe ge⸗ zogen worden sein wird, im voraus beeinträchtige. (Vas ist es das ist es! Ich verlange also eine provisorische Regierung. (Ja! Ja! Bon allen Seiten: Die Namen! Die Namen der Mitglieder der provisorischen Regierung! Mehrere Leute reichen Herrn von Lamat⸗ tine eine Liste hin. Geduld! Diese provisorische Regierung wird, nach meiner Meinung, die Mission haben, und zwar die erste und große Misston, den unerläßlichen Waffenstillstand und offentlichen Frie⸗ den zwischen den Bürgern herzustellen, zweitens sofort die Maßregeln vorzubereiten, welche nöthig sird, um das ganze Land zusammenzu— rufen, und um es zu Rathe zu ziehen, um die ganze National⸗ Garde zu Rathe zu ziehen (ja! ja!), das ganze Land, Alles, was in seinem Titel des Menschen zugleich auch die Rechte des Bürgers trägt. (Verlängerter Beifall) Ein letztes Wort. Vie Gewalten, welche seit 50 Jahren auf einander gefolgt sind !.! .. .

(In diesem Augenblicke hört man von außen heftige Schläge an den Thüren einer der öffentlichen Tribünen. Die Thüren gehen bald unter Kolbenschlägen auf. Volk, mit Nationalgardisten vermischt, dringt ein mit dem Rufe: „Nieder mit der Kammer! Keine De⸗ putirten mehr!“ Einer dieser Menschen richtet den, Lauf, seiner Flinte nach dem Büreau hin, man hört den Ruf: „Schießt nicht! Schießt nichi! Es ist Herr von Lamartine, der spricht!“,1 Auf die Bitten seiner Kameraden nimmt der Mensch seine Flinte wieder in die Höhe. Der Präsident, der auf seinem Sessel geblieben ist, verlangt Ruhe, indem er die Glocke heftig hin und her bewegt. Der Lärm und der Tumult steigen aufs äußerste.) ;

Der Präsident: Da ich keine Ruhe erlangen kann, so er— kläre ich die Sitzung für aufgehoben. (Herr Sauzet verläßt nach diesen Worten den Präsidentenstuhl. Hier hat die Sitzung der De⸗ putirten-Kammer ihr Ende, aber das mit Flinten und Säbeln be⸗ waffnete Volk, mit Nationalgarden vermischt, und eine Anzahl von Deputirten der Linken bleiben in dem Saal. Nach einigen Augen— blicken des Tumultes besteigt Herr Dupont de l' Eure den Präsi⸗ dentenstuhl, umgeben von einer großen Anzahl von Personen, welche nicht zur Kammer gehören. Herr von Lamartine bleibt fortwährend anf der Tribüne. Zahlreiche Stimmen: „„Die Namen! Die Namen der Mitglieder der provisorischen Regierung!“ Herr von Lamartine bemüht sich, den Lärm zu beherrschen, den seine Ermah⸗ nungen nicht bewältigen können: Einige Stimmen: Dupont de lb'Eure! Dupont de l'Eure! Andere Stimmen: Er ist auf dem Präsidentenstuhl! Ruhe! Man höre ihn! Ja, ja!)

Herr von Lamartine mitten unter dem Lärmen: „Ich 9e die Namen verlesen . . . . . (Zahlreiche Stimm ens Ruhe! Nuhe!! Meine Herren, ich will die Namen lesen! (Ver Larm dauert fort.. Die Herren Arago, Carnot, ö mult nimmt noch immer zu. Eine Stimme: Meint Herren, Herr Dupont de bEure ist unser Präsident!«. . Zahlreiche Stimmen: Die provisorische Negierung! Eine andere S tim m e: Herr Dupont de l' Eure wird die provisorsche Regierung nennen. Auf allen Bänken erschallt langer Beifall.) .

Herr Ehevallier: Wenn Ihr etwas thun wollt, so laßt sie

doch sprechen. ö h ö. Marion, Deputirter, zu Herrn von Lamartine: Verlassen Sie die Tribüne nicht. Eine Stimme: Hört doch die Verkündigung der Namen: Ein Mensch mit einer Flinte bewaffnet: Wir wollen nur einen Augenblick Ruhe. Wir wollen e. ir Namen der Personen hören, aus welchen die Regierung bestehen soll. ö ken,. e 2. Ruhe hängt das Wohl Aller ab, ich verlange sie, damit man Herrn Dupont de l'Eure hören könne. Eine Stimme: Bor Allem Herrn Dupont de l'Eure! Eine andere Stimme: Es lebe die. Republil ö. (Viele Leute drängen und umgehen Herrn von . . scheinen ihn zu überreden, daß er die Herstellung der . 6 en solle, um zu sprechen. Einer ruft: 6 ö des Volkes, Ruhe! J ir Her n Lamartine sprechen!.! . * . k ne: 3 Augenblick stillschweigen, meine Herren. (Die Ruhe tritt einen Augenblick ein) Meine Herren, der Borschlag, welcher gemacht worden ist⸗ den ich unterst itzt obe und welchen Sie durch Ihren Zuruf auf dieser Tribüne seine Weihe 6 geben haben, dieser Vorschlag hat seine Vollendung erhalten. Eine provisorische Regierung wird jetzt namentlich proklamirt werden. Bravo! Bravo! Es lebe Lamartine!! Jetzt, m. H., *. ah reiche Stimmen; Nennen Sie sie doch! Nennen Sie sie doch!) Herr von Lamartine; Sie werden sogleich genannt. (Herr von Tamartine zieht sich, nachdem er einige Augenblicke gewartet hat, daß die Ruhe sich herstelle, nach dem Hintertheile der Tribüne zurück. Herr Dumoulin besteigt die Tribüne und sucht sich Gehör zu ver⸗—

schaffen, aber der fortwährende Lärm verhindert, daß man seine

orte verstehen könne.) ; =. R Herr 3. auf dem Büreau des Sekretariats der Kain⸗

i ig Sti i die Mei angt ein wenig Stillschweigen, um mer: Meine Herren, man verlang .

Namen der provisorischen Regierung i schwiegen * so werden Sie nichts hören und wir kommen zu ĩ . 1 1 ar, ,,, l-Eure: Man macht Ihnen, Vor⸗ schlag, eine provisorische Regierung zu bilden. Ja! 36 212 Die Stenographen: Ruhe! Ruhe! Man wird die Namen *, de Eure: Folgendes sind die Namen: (Ruhe! Zahlreiche Stimmen: Nennen Sig, nennen Sie diesel⸗ ben. Arago, Lamartine, Dupont de L Eure, Cremieur Lärm und Aufregung.) Herr von Lamartine: len, daß die Mitglieder der pro

Ruhe, meine Herren, wenn Sie wol⸗ visorischen Regierung die Mission, wesche Sie ihnen anvertrauen, annehmen sollen so muß wenigstens die Verkündigung derselben stattfinden,, Unser ehrbarer Freund kann mitten unter diesem Lärmen sich kein Gehör verschaffen.

Eine Stimme: Man muß wissen, daß das Volk kein König—

h vill. Die Republik! min en,, Wir wollen gleich darüber berathen.

Eine Stimme: Setzt Euch nieder. Wir wollen uns setzen! Wir wollen den Platz der Verkauften einnehmen.

Eine andere Stimme: Keine Bourbons mehr! Eine provi⸗ sorische Regierung und dann die Republik. ,

Herr von Larochejacquelin: Gestohlen werden Sie sie nicht haben. Es ist ein zurückgegebenes Darlehn.

Eine Stimme: Einen Moment Ruhe, wo nicht, so kommen wir zu nichts.

Eine andere Stimme: publik proklamire.

Herr Dupont de l' Eure liest nach und nach die folgenden Namen, welche mit lauter Stimme von mehreren Stenographen wie⸗ derholt werden: Herr Lamartine (Ja! Ja!), Herr Ledru⸗ Rollin (Ja! Ja!), Herr Arago (Ja! Ja!), Herr Dupont de l'Eure (Ja! Ja!).

Eine Stimme: Herr Bureaux de Puzy. de Puzy macht ein Zeichen der Verweigerung.)

Herr Dupont de l'Eure: Herr Marie (Ja! Nein!)

(Ja!

Einige Nein!)

Zahlreiche Stimmen: Die Republik! Die Republik!

Eine Stimme: Die Mitglieder der provisorischen Regierung müssen ausrufen: Es lebe die Republik! bevor sie ernannt werden und annehmen können.

Eine andere Stimme: abwesenden Deputirten. .

Eine Stimme aus dem Volke: Wir müssen die proviso—⸗ rische Regierung nach dem Stadthause führen. Wir wollen eine weise, gemäßigte Regierung, kein Blut, aber wir wollen die Republik!

Herr Bocage: Nach dem Stadthause! Lamartine voran! (Herr von Lamartine verläßt die Kammer, von einer großen Anzahl Bürger begleitet. Nach seiner Entfernung dauert der Lärm unter dem Theile des Volkes fort, welches auf den Bänken der Kammer in dem Halbkreise und in den Gängen zerstreut bleibt.) ö

Herr Ledru-Rollin: Bürger! Ihr werdet einsehen, daß Ihr hier einen ernsten Akt vollzieht, indem Ihr eine provisorische Regie⸗ rung ernennt. (Mehrere Stimmen: Wir wollen keine! Wir wollen keine! Doch! Doch! Wir müssen eine haben! Unter Um⸗— ständen, wie die sind, worin wir uns befinden, ist das, was alle Bür⸗ ger thun müssen, daß sie Ruhe gewähren und denjenigen Aufmerksam⸗ keit schenken, welche sich zu ihren Vertretern konstituiren wollen. Folg⸗ lich hört mich. Wir sind im Begriffe, eine ernste Sache zu thun. So eben sind Reclamationen laut geworden. Eine provische Regie rung kann nicht auf leichtfertige Weise ernannt werden. Wollt Ihr mir erlauben, die Namen vorzulesen, welche von der Majorität proklamirt zu sein scheinen? (Ruhe! Hört! Hört!) Je nachdem ich die Namen verlesen werde, werdet Ihr, wenn sie Euch gefallen oder nicht, Ja! oder Nein! rufen. (Sehr gut! Hört!! Und, um etwas Offizielles zu thun, bitte ich die Herren Stenographen des Moniteur, die Na⸗ men, je nachdem ich sie aussprechen werde, außzuzeichnen, weil wir Frankreich keine Namen vorlegen können, welche nicht von Euch ge⸗ billigt worden wären. (Sprecht! Sprecht! Ich lese: Dupont de l'Eure! (Ja! Jah Aragol (Ja! Ja!) Lamartine! (Ja! Ja!) Ledru— Rollin! (Fa! Ja!) Garnier -Pagüs! (Ja! Ja! Nein! Marie! (Ja! Ja! Nein!) Cremituxy! Ja! Ja! Eine Stimme im Volk: Cremienx! Aber nicht Garnier-Pagès! (Ja! Ja! Doch! Doch! Nein!) Er ist todt, der Gute! Andere Stimmen: Schweigt! (Zur Ordnung!)

Herr Ledru⸗Rollin: Diejenigen, welche nicht wollen, mögen die Hand erheben. (Nein! Nein! Doch! Doch! Ich verlange nur, ein Wort hinzuzufügen. Erlauben Sie, meine Herren. Die provi⸗ sorische Regierung, welche ernannt worden ist, hat große, unermeß— liche Pflichten zu erfüllen. Wir werden die Sitzung aufheben müssen, um uns in den Schoß der Regierung zu begeben und alle Maßregeln zu ergreifen, welche nöthig sind, um dem Blutvergießen ein Ziel zu setzen, damit die Rechte des Volkes geheiligt werden.

Zahlreiche Stimmen:; Ja! Ja! Nach dem Stadthause!

Ein Schüler der polytechnischen Schule: Ihr seht, daß keines der Mitglieder Eurer provisorischen Regierung die RepuQ— blik will. Wir werden betrogen sein, wie im Jahre 1850.

9 h rer ,. lebe die Republik!

ndere immen: Es lebe die Republi ; ru⸗ Rollin! Nach dem Stadthause! Nach , m ge .

Ein junger Mensch: Nicht auf dem Stadthause ist der Mittelpunkt der Regierung! Er ist hier!

(Herr Ledru⸗Rollin entfernt sich, von mehreren Bürgern beglei— tet, der Haufe, welcher in den Saal eingedrungen war, fängt an sich zu vermindern. Ein junger Mensch, der ein Student zu sein scheint, bemüht sich ohne Erfolg, sich auf der Tribüne Gehör zu ver— schaffen. Ein Bürger steigt auf den Marmor der Tribüne, indem er ein Schwert schwingt. Man schreit: Es lebe die Nepublik! Wir wollen nach dem Stadthause gehen.)

N junger Mensch auf der Tribüne: Keine Civilliste

Ein Anderer: Kein Königthum!

Plötzlich macht Einer auf das große Gemälde aufmerksam, wel- ches sich oberhalb des Büreau's und hinter dem Stuhl des Präsi—⸗ denten befindet und darstellt, wie Ludwig Philipp die Charte be⸗ schwört; das Geschrei; „Es muß zerrissen werden! Man muß es vernichten!“ ertönt sofort. Es steigen auch sogleich Leute auf das Büreagu und schicken sich an, mit Säbeln und Tegen auf das Bild loszuschlagen. Ein Arbeiter, mit einer Doppelflinte bewaffnet, wel⸗ . sich in dem Halbkreis befindet, schreit: Wartet! Ich will auf r nin Philipp schießen! Sogleich gehen zwei Schüsse los. (Ge— . n. einander.) Ein anderer Arbeiter schwingt sich sofort auf

ribüne und sagt folgende Worte: „Achtung den Denkmalen!

Wir verlangen, daß man die Re⸗

(Herr Bureaux Jal * Nein!

Stimmen: George Lafayette

Ich verlange die Absetzung aller

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Achtung dem Eigenthum! Wozu diese Vernichtung? Warum soll nach diesen Bildern geschossen werden? Wir haben gezeigt, daß man das Volk nicht schlecht leiten müsse, wir wollen nun zeigen, daß das Volk die Denkmäler zu achten und seinen Sieg zu ehren weiß.“ Die⸗ sen Worten, welche mit Energie uad mit einer wahren Beredtsamkeit gesprochen wurden, folgte allgemeiner Beifall. Man sammelt sich um den braven Arbeiter und verlangt seinen Namen. Er erklärt, er heiße Theoder Sir und sei Tapeziergeselle.

Alles verläßt nun den Saal, welcher bald ganz leer ist. Es ist vier Uhr vorüber.

Paris, 26. Jebr. (Frankf. O. P. A. 3) Telegraphische

Depeschen melden: 1) So eben ist in Lyon die Republik proklamirt worden. 2) Bordeaux ist ganz ruhig. 3) In Tours, Rouen und in anderen Städten sind Departemental- oder Munizipal⸗Kommissionen niedergesetzt worden, um die Republik⸗-Behörden einzurichten. Keine einzige Depesche erwähnt irgend eine Ruhestörung. Die provisorische Regierung erhält von allen Seiten unzweideu⸗ tige Beweise der Zustimmung. Die Generalstäbe der Land- und Seemacht, die Glieder des Staats⸗Raths, des Cassationshofes und der übrigen höchsten Gerichtsstellen haben ihre Beistimmung und ihren Beistand zugesagt. ö .

Das Volk begab sich vor das große militairische Erziehungshaus in St. Chr, um den JZöglingen den Sturz der Regierung und die Wiedereinfetzung der Republik anzuzeigen. Sämmtliche Zöglinge (etwa 600 an Zahl) begaben sich auf den großen Platz und ent⸗ sandten eine Deputation an das Volk, um ihm ihre Zustimmung an⸗ zuzeigen. . Die erste Handlung des neuen Ministers des Innern bestand in Ertheilung eines telegraphischen Befehls, sämmtliche politische Ge fangene freizugeben. nn, ,, 3

Die ungeheuren Kriegsvorräthe im Schloß Vincennes befinden sich unversehrt und im besten Zustande. ;

Die den Krongütern benachbarten Landwirthe und Landbürger sind mit Ueberwachung sämmtlicher Forsten der Königlichen Familie (deren Privat⸗Eigenthum als Staatsgut erklärt worden) beauftragt.

Der Präfekt der Nieder-Seine zeigt der Negierung an, daß das ganze Departement die Republik mit Freuden begrüßt habe.

Dem Bürger Janron ist die Aufsicht über die Erhaltung der Gemälde⸗Gallerie im Louvre anvertraut. .

Bisher trägt alle Welt rothe Bänder und Mützen, und die ro⸗ the Fahne weht von vielen Gebäuden und auf allen Barrikaden. Lamartine möchte jedoch die dreifarbige Fahne beibehalten, da die rothe nur an die blutigen Scenen des Marsfeldes erinnere.

Diesen Morgen hieß es allgemein, der König habe sich in Tre— port nach England übergeschifft. Andere wollten wissen, er habe die Nordbahn genommen und sei über Ostende gegangen. .

Seit gestern folgen die Proclamationen rasch auf einander. Wir geben nur die wesentlichsten wörtlich und die anderen im Aus⸗ zuge.

t) An die Bürger von Paris. Bürger von Paris! Die Auf— regung, die in Paris herrscht, könnte leicht, wenn auch nicht dem Sieg, doch dem Wohlstande des Volks schaden. Sie würde die Wohlthaten der Siege aufhalten, welche die Bürger während der letzten beiden unsterblichen Tage errungen. Diese Aufregung wird sich binnen kurzem legen. Die am 22sten gestürzte Regierung ist geflohen. Die Armee lehrt von Stunde zu Stunde mehr zum Volke und zu seinem Ruhme zurück: die Hingebung für die Nation allein! Die Eirkulation, durch die Barrikaden unterbrochen, stellt sich vorsichtig, aber schnell wieder her; die Lebensmittel sind gesichert; die Bäcker, die wir ab⸗ hörten, sind auf 65 Tage mit Mehl versehen. Die Generale haben uns schnell und vollständig ihre Unterwerfüng angezeigt. Eins nur vei= zögert noch die Wiederkehr der allgemeinen Gemüthsrühe: nämlich die Agi⸗ anon des Volks, dem es an Arbeit fehlt, und das wenig gegründete Miß— trauen, das die Läden geschlossen und den Verkehr unterbrochen hat. Mor⸗ gen wird sich diese Bewegung, die durch das leidende Volk hervorgerufen wurde, offenbar durch die Arbeiten legen, welche wieder beginnen, so wie durch Bildung der mobilen Bürgergarden, für welche die Einschreibung er= öffnet ist. Nicht Wochen verlangen wir mehr von der Hauptstadt und dem Volke, um die volksthümliche Regierung und die für die, Arbeit nöthige Ruhe herzustellen. Nur zwei Tage noch, und der öffentliche Frieden ist gesichert! Zwei Tage noch, und die Freiheit steht unerschütterlich fest!! Zwei Tage noch, und das Volk wird seine Regierung haben! Am 25. Febr. Abends. Die Glieder der provisorischen Regicrung der Republik. (Folgen die bekannten Unterschriften.) 4

2) An die Armee. Generale, Offiziere und Soldaten! Die Staats⸗ gewalt, durch ihre Angriffe gegen die Freiheit, das Voll von Paris durch seinen Sieg, haben den Sturz der Regierung herbeigeführt, welcher Ihr Euren Eid leistetet. Ein trauriger Kampf erfüllte die Hauptstadt mit Blut. Das Blut eines Bürgerkrieges ist Frankreich am meisten zuwider. Das Volk vergißt indessen Alles, wenn es die Hände seiner Brüder drückt, die das Schwert Frankreichs tragen. Eine provisorische Regierung ist geschaf⸗ fen; sie ging aus der gebiettrischen Nothwendigkeit hervor, die Hauptstadt zu bewahren, die Ordnung wiederherzustellen und in Frankreich solche volks= thümliche Staatseinrichtungen zu ticffen, die denen gleichen, unter welchen die französische Nepnbfk Frankreich und seine Armee so groß machten. Ihr werdet, wir zweifeln nicht daran, die Fahne des Vaterlandes begrüßen, die den Händen derselben Macht wieder übergeben worden, welche sie zuerst aufpflanzte. Ihr werdet fühlen, daß die neuen und starken volkéthümlichen Staats-Einrichtungen, die aus der Na— tional⸗Versammlung hervorgehen, der Armee eine Laufbahn der Ergebung und der Dienste eröffnen, welche die freie Nation eben so und besser als die Könige anerkennen wird. Die Einigkeit zwischen Armee und Volt, einen Augenblick gestört, muß wiederhergestellt werden. Schwöret Liebe dem Volke, wo sich auch Eure Väter und Enre Brüder hefinden, sie sollen Tieue schwören seinen neuen Staats -Einrichtungen, und Alles ist vergessen, Euren Muth und Eure Disziplin ausgenommen. Die Freiheit wird Euch keine anderen Dienste abverlangen, als die sind, deren Ihr Euch von ihr zu freuen, und deren ihr Euch von ihrem Frieden zu rühmen habt. Die Glie⸗ der der provisorischen Regierung. (Tolgen die Unterschriften.)

3) Droht den Deserteuren mit Todesstrafe. .

4) Entbindet alle Staatsbeamte ihres Eides gegen die vorige Re⸗

gierung. . . . ö 39 Erstattet alle Pfänder unter zehn Franken in den Leihämtern un—

entgeltlich zurück. ö. . . . 6) Ernennt den General Subervic zum Kriegs-Minister und General

Bedeau zum Chef der 1sten Militair-Didision. ö

7) Bestimmt das Schloß der Tuilerieen zum Arbeiter⸗ und Inva— lidenhause. . . . r

s) General Duvivier zum Ober-Befehlshaber der mobilen Bürger Garden. ö n —ᷣ

9) Giebt den Bürger Buchez dem Maire von Paris als Adjunkt an die Seite. . . , ö

8) Französische Re vublik! Die Regierung der französischen Re⸗ publik verpflichtet sich, dem Arbeiter seine Existenz durch Arbeit zu garanti= ren. Sie erkennt an, daß die Arbeiter sich unter sich associiren müssen, um die gesetzlichen Wohlthaten ihrer Arbeiten zu genießen. Die provisorische Reglerung giebt den Arbeitern die Million zurück, welche für die Cixilliste fällig war. (Unterz) Garnier- Pages, Maire von Paris, Louis Blanc, Glieder der provisorischen Regierung.

Die übrigen Proclamationen sind lokaler Natur.

Das Fort Mont -Valerin hat sich nach 5stündigem hatnäckigen Kampfe ergeben.

Auch eine polnische Legion ist so eben in der Bildung begriffen.

Cabet, das bekannte Haupt der ikarischen Kommunisten, pi durch öffentlichen Anschlag seine Anhänger zur Unterstützung der pro— visorischen Regierung auf.

Für die National-Versammlung soll ein kolossales Gebäude, nach Art des altrömischen Kolosseums, erbaut werden. Diesen Morgen wurde die bronzene Neiterstatue des Herzogs

von Orleans aus dem Louvrehofe weggetragen. ; Das Volk hat aus Furcht vor Ueberfällen die Eisenbahnen in der Nähe von Paris zerstört.

Dem General- Postdirektor ist gemeldet worden, daß man vor- gestern die Reise⸗Equipagen der orleanischen Prinzessinnen bei Dreur begegnet.

Die Zahl der in Paris Gefallenen erreicht an 3000. ; Der gallische Hahn und die dreisarbige Fahne werden zur Bei⸗ behaltung empfohlen.

Die Bank hat ihre Comtoirs fortwährend geöffnet; die Ge— schäfte beginnen ihren Lauf.

Die Nordbahn hat Gratis transporte für alle Lebensmittel an⸗ geboten.

„Wir erfahren aus offizieller Quelle“, heißt es in einem der Artikel, welche die Frankfurter O. P. A. Z. aus den parisser Blättern vom Tbsten mittheilt, „daß Herr von Rothschild seinen Kredit zur Verfügung der provisorischen Regierung gestellt hat, und daß er ihr die richtige und regulaire Jahlung des von ihm unter der vorigen Regierung unterschrlebenen Anlehens garan- tire. Dieses ist ein Zeugniß von Zutrauen, das nicht eimangeln kann, einen sehr lebhaften Eindruck auf das Land zu machen. Wir können außerdem versichern, daß von jetzt an die neue Regitrung im Stande ist, das Semester der 5proz. Rente zu bezahlen, welches den 22. März verfallen ist. Die kleinen Rentner können also beruhigt sein. Ihre Existenzmittel werden ihnen nicht genommen werden.“ Auch das Journal des Debats berichtet: Herr von Rothschild habe der pröbisorischen Regierung angezeigt, er werde seine Verbindlich= keiten gegen den Staat in Beziehung auf das letzte Anlehen weiter einhalten. Auch hat derselbe 50,000 Fr. für die in dem letzten Rampfe Verwundeten der Mairie von Paris übersandt. 9.

Tie Börse sollte heute wieder geöffnet werden, aber der Finanzmini= ster Herr Goudchaux hat dies auf Vorstellung der Wechselagenten noch um einige Tage, es heißt bis Mittwoch den 1. März, verschoben. Was die Compensationscourse betrifft, so wollte man sie anfangs nach dem Course des 23. Febr. (3p Ct. 73, 35. 5pCt. 115, 30. Nord.

535 ꝛc.) bestimmen. Da aber die Contremineurs hierauf nicht ein⸗ gehen mochten, so wird heute eine neue Versammlung gehalten, um einen niedrigeren Mittelceurs festzusetzen. An der Bezahlung der am 22. nächsten Monats fälligen Coupons der 5pCt. Rente ist kein Zweifel. Theils ist Geld genug im Schatze, theils sind viele Abgaben, die bis dahin eingehen, noch rückständig.

Die drelfarbige Fahne soll nun doch beibehalten und nur die Far⸗ ben anders geordnet werden. Die rothen Fahnen werden wieder weg⸗ genommen. Die provisorische Regierung veröffentlicht auch ein De⸗ kret, wodurch die Kinder der für das Vaterland gestorbenen Bürger von diesem adoptirt und der im Dienste der Monarchie Verwundeten, so wie den Familien der Opfer der monarchischen Regierung, alle Un⸗ erstützung zugesichert wird.

. a . Regierung ist in Permanenz auf dem Stadi⸗ hause, von Bürgern umgeben. Mehrere Legionen der National= Garde haben über ihre Chefs Gericht gehalten. Der Cassationshof hat heute Sitzung gehalten und „im Namen des Volkes“ zwei Pro- zesse entschieden. Im Tribunal erster Instanz wurde blos Protokoll aufgenommen und dann die Sitzung aufgehoben.

Der Gesandte der Vereinigten Staaten hat die französische Re⸗ publik anerkannt. ö. Die Presse meldet: „Alle Stabs-Offiziere haben der provi= sorischen Regierung ihre Zustimmung angezeigt, eben so die der Ma⸗ rine, selbst Herr von Mackau (bekanntlich VUarine⸗Minister Ludwig Philipp's). Die provisorische Regierung hat den Befehl zurück⸗

genommen, das 52. Linien- Regiment zu entwaffnen, zin Anerkennung seines schönen Betragens in ben letzten Tagen“. Dasselbe bleibt, wie bisher, und soll, wie es heißt, fortan den Namen führen: „JI. Re⸗ giment der Republik“

Der Admiral Mackau ist nach Toulon abgereist, um das Kom⸗ mando über die Flotte im Mittelländischen Meere zu übernehmen.

Von Todesstrafe gegen die, welche die Republik nicht anerken- nen, ist nicht die Rede.

Die Bank von Frankreich hat heute 6. Millionen Scheine zurück- bezahlt.

Herr von Lamartine beschäftigt sich mit der Ausarbeitung eines Manifestes an alle Staaten Europa's.

Die Verfallzeiten, welche vom 22. Februar auf den 10. März verlegt waren, werden, da dieser Aufschub schwerlich genügt, wohl noch auf 10 Tage weiter verschoben werden. Die bei Herrn Gouin vereinigten Banquiers haben beschlossen, ihre Acceptationen zu bezah⸗ len, aber den Aufschub von 10 Tagen für das in der Provinz (dem übrigen Frankreich) ausgestellte Papier anzunehmen.

Auf den Mauern der Tuilerieen steht jetzt mit rother Kreide: Gebäude der Civil⸗Invaliden!

Die Nationalgarde der Bannmeile hat heute alle die einzelnen Forts inne, wo die entwaffneten Truppen festgehalten werden.

Der National hat eine Subscription für die Februar ⸗Ver⸗ wundeten eröffnet. Sie beläuft sich auf 157,377 Frs. Die Re⸗ daction des Rational hat mit 1000 Frs. unterzeichnet; die Bank von Frankreich mit 100,000; Herr von Rothschild mit 5(, 000; das Haus Laffitte, Blount u. Comp. mit 1090 und die Nordbahn Com-

vagnie mit 1600, die Havrer und die Boulogner eine jede mit eben so viel.

Sämmtliche worden.

(Frkf. J.) Der National erklärt das Gerücht, daß unter den Mitgliedern der provisorischen Regierung ernste Zerwürfnisse ein⸗ getreten seien, für grundlos; die vollkommenste Eintracht habe nicht einen Augenblick aufgehört unter denselben zu bestehen.

(D. P. A. 3.) Der Präfelt des 4 sich gestern 6. nach

Kron⸗-⸗Diamanten sind in den Schaß gebracht

Straßburg, 27. Febr. niederrheinischen Departements (Sers) Kehl übergesiedelt.

Straßburg, 28. Febr. (O. P. A. 3.) i n, 365 ter hat die Musterung aller Truppen der Garnison . er 466. gestenn auf dem Kleber⸗- Platze statthaben nnn fe ĩ 1 haben sich die vier Bataillone auf dem Klebers, Plate ber e. Der Maire, in Begleitung der provisorischen Adjunkten, ha h inander Herrn Stesner als Obersten, sodann, bie Bataillone hefs und die anderen Offiziere anerkennen aassen, in Namen der w . Regierung und unter dem Rufe: Es lebe die Qepubli I. e die 3 tion! Eine Nationalgarde zu Pferde wird in diesem Augenbli erorganistr . In Kolmar hat man eine, Maßregel getroffen, die derjenigen in Straßburg ähnlich ist. Eine Departemental Kommissson ist in der Fräfcftur von Kolmar eingesetzt, um daselbst die Maßregeln zu tref=

fen, welche die Umstände nothwendig machen können.

Auf telegraph. Wege gehen uns noch folgende uc f ten zu: Hunt ei Duchatel sollen sich in Boulogne eingeschi

haben.