1848 / 64 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

rungen und Völkern und den einzelnen Stämmen die Kräfte der beufschen Nation zersplittern und schwächen und ihr Inneres zer⸗

ißen. nei „Mögen diese theuer erfauften Erfahrungen in der bewegten Gegenwart unvergessen sein und während der stürmischen Zukunft be⸗ nutzt werden, die möglicherweise Deutschland nicht fern steht.

„Der deutsche Bundestag fordert daher alle Deutschen, denen das Wohl Deutschlands am Herzen liegt und andere Deutsche giebt es nicht im Namen des gesammten Vaterlandes dringend 4 es möge ein Jeder in seinem Kreise nach Kräften dahin wirken, daß diese Eintracht erhalten und die gesetzliche Ordnung nirgends verletzt werde.

„Der Bundestag wird von seinem Standpunkt aus Alles auf⸗ bieten, um gleich eifrig für die Sicherheit Deutschlands nach außen, so wie für die Förderung der nationalen Interessen und des natio⸗ nalen Lebens im Innern, zu sorgen.

„Deutschland wird und muß auf die Stufe gehoben werden, die ihm unter den Nationen Europa's gebührt, aber nur der Weg der Eintracht, des gesetzlichen Fortschritts und der einheitlichen Entwicke— lung führt dahin.

„Die Bundes-Versammlung vertraut mit voller Zuversicht auf den in den schwierigsten Zeiten stets bewährten gesetzlichen Sinn, auf die alte Treue und die reife Einsicht des deutschen Volks.

Frankfurt a. M., den 1. März 1848.

Die deutsche Bundes-Versammlung und in deren Namen das Präsidium Dönhoff.“

X Samburg, 2. März. So eben erfahren wir, daß der Senat gestern auf die Suppliken der zu dem Ende vereinigten Mit⸗ lieder des 180er Kollegiums und einer Anzahl von 150 anderen 1 in Betreff von Reformen dekretirt hat, daß er in einem bald anzusetzenden Bürger⸗Konvente eine Deputation zur Berathung der wünschenswerthen Reformen beantragen werde.

Frankreich.

Paris, 26. Febr. Gestern Nachmittag um 3 Uhr hatte sich, wie das Siüecle meldet, eine ungeheure Volksmenge auf dem Platz des Stadthauses versammelt; Kanonen waren am Eingang der Rue du Mouton aufgestellt, die an den Platz gränzt; Trommelschlag ge⸗ bot Ruhe, und ein Bürger, der auf eine Kanone stieg und die Ab— zeichen eines Regierungs-Kommissars trug, verlas unter gespannter Aufmerksamkeit des Volkes die nachstehende Proclamation:

„Bürger! Die provisorische Regierung erklärt, daß die gegenwär— tige Regierung die republikanische Regierung ist, und daß die Nation unverzüglich berufen werden wird, durch ihr Votum den Beschluß der provisorischen Regierung und des Volls von Paris zu bestätigen. (gez.) e, . Cremieux, Ledru-⸗Rollin, Garnier Pagès, Dupont de l'Eure, Marie.“

Nach Verlesung dieses Dokuments, durch welches zuerst die förm- liche Proklamirung der Republik geschah (s. darüber das Nähere in der heute der Köln. Ztg. entlehnten Privat- Korrespondenz aus Paris), rief der Kommissar mit lauter Stimme: „Es lebe die Re— publik!“ Die Volksmenge wiederholte diesen Ruf.

Die Presse berichtet über die dieser Proklamirung vorausge⸗ gangenen Vorfälle am Stadthause: „Herr von Lamartine redete das unter den Fenstern des Rathhauses versammelte Volk also an: „„So laßt Ihr Euch von Verleumdung zu Verleumdung verleiten gegen die Männer, welche sich mit Kopf, Herz und Brust hingegeben ha— ben, um Euch eine wahre Republik zu geben, die Republik aller Rechte, aller Interessen und aller gesetzlichen Rechte des Volks. Ge⸗ stern fordertet Ihr, im Namen des Volkes von Paris, die Rechte von I5 Millionen Menschen zu usurpiren und denselben eine ab— solute Republik, anstatt einer mit der Stärke ihrer Zustimmung bekleideten zu geben, das heißt, Ihr wollet eine solche auf⸗ gedrängte und nicht gewährleistete Republik, aus dem Willen eines Theils des Volkes, nicht aber aus dem Willen der ganzen Nation hervorgehen lassen. Heute fordert Ihr von uns die rothe Fahne statt ber Trikolore. Bürger! Was mich betrifft, ich werde niemals die rothe Fahne annehmen, und ich will Euch mit einem Worte sagen, warum ich mich mit der ganzen Kraft meines Patriotismus dagegen stemme. Bürger, es ist deshalb, weil die dreifarbige Flagge während der Republik und des Kaiserreichs mit unserer Freiheit und unserem Ruhme um die ganze Welt gezogen ist, während die rothe Fahne nur über das Marsfeld durch Ströme von Bürgerblut geschleppt wurde.““ Sobald Herr Lamartine in dieser staunenswerthen Sitzung von 40 Stunden, umringt von einer aufgereizten Menge, zu dem letzten Theil seiner Rede gelangt war, wurde Alles plötzlich durch seine Worte gerührt. Man reichte sich die Hände, vergoß Thränen und endigte damit, ihm die Hände zu schütteln, ihn zu umarmen und im Triumph herumzutragen. Einen Augenblick nachher drangen neue Massen Volks, mit Säbeln und Bajonetten bewaffnet, ein, Sie flopften an die Thüren, sie füllten die Säle. Man hielt Alles für verloren. Man glaubte, daß das Volk vorhabe, die Mitglieder der provisorischen Regierung zu erschießen oder zu verjagen. Da rief man Herrn Lamartine. Er wurde gebeten, noch einmal, zum letztenmale eine Anrede an das Volk zu halten. Er stand auf den oberen Stu⸗ fen der Treppe. Eine halbe Stunde lang konnte er sich bei dem Haufen, der unter Geschrei die Waffen über seinem Haupte schwang, kein Gehör verschaffen. Herr von Lamartine kreuzte seine Arme und begann von neuem. Er endigte damit, daß er das Volk beruhigte und besänftigte und es entweder dazu bestimmte, abzuziehen oder selbst eine Sicherheitswache für die provisorische Regierung zu bilden.“

Der Schluß der (gestern nach den Frkf. Bl. mitgetheilten und uns jetzt im Original vorliegenden) Proclamation an die Armee lau— tet folgendermaßen: „Die Freiheit fordert von Euch keine anderen Dienste als diejenigen, deren Ihr Euch vor ihr erfreuen könnt und deren Ihr Euch rühmen könnt vor ihren Feinden“, wonach die gestrige Version zu berichtigen ist. .

Von der provisorischen Regierung und im Namen der französi⸗ chen Republik und des französischen Volks sind ferner folgende Er- lasse publizirt worden:; = .

„Die provisorische Regierung der Republik erklärt, die drei Farben in der Srbnung anzunehmen, die während der Nepublik bestand. Die Fahne wird die Worte tragen: Französische Nepublik.“ . /

„Im Namen des franzosischen Volkes. Die provisorische Regierung beschlleßt: Die Bäcker von Paris werden ue n g. den Posten⸗ Chess der Nationalgarde das zur Nahrung der bewaffneten Bürs er bestimmte Brod bis zu einem Fünftel ihrer Fabrication gegen Zahlungs-Bons, die auf dem Stadthause eingelöst werden, zur Verfügung zu stellen. Die Vertheilung wird durch die genannten Chefs n . welche das Brod durch die unter ihren Befehlen fer len Mannschaften werden begleiten lassen.

„Wir durch die franzõösische Republik für das Polizei-Departement De legirlen befehlen den Bäckern, sich, wenn ihnen das zum Brodbacken . Holz fehlt, bei dem ersten Holzhändler in ihrer Nähe damit zu versehen, und befehlen 2 i, , allen Bürgern, dazu er⸗

en Falles starke . en, ,. Republik. Held; Gleichheit Verbrüderung! Der Maire von Paris, in Kennmiß gesetzt, daß einige Bürger die Absicht kund gegeben haben, die Residenzen zu zerstören, welche dem gefallenen König-= thum gehört haben, um die letzten Spuren der Tyrannei zu vertilgen, er- innert sis daran, daß diese Gebäude fortan der Nation ehören, daß sie, nach einem von der provisorischen Regierung gefaßten Beschluß, für ihren

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Werth verkauft werden sollen, um zur Unterstützung der Opfer unserer glor= reichen Revolution und zu den vom Handel und der Arbeit in Anspruch genommenen Entschädigungen verwandt zu werden. Er fordert daher alle guten Bürger auf, eingedenk zu sein, 8 diese National⸗Gebäude unter die Obhut des Volkes gestellt sind. Der Maire von Paris, Garnier- Pages.

Der provisorische Ehef des Generalstabs der Nationalgarde, A. Guinard, hat heute folgende Proclamation erlassen:

„Bürger! Der Feind steht noch an unseren Thoren. Alle Mittel des Widerstandes sind uns nöthig. Im Namen des Vaterlandes, der Republik,

die wir gestern ausgerufen 1. sordere ich Euch auf, keinen Flintenschuß ö

abzufeuern, keine unnütze Manifestation zu machen und das Pulver zu be— wahren, ohne welches wir die große Revolution, die wir eben vollbracht ha—= ben, nicht werden vertheidigen können.“ ö .

Der Erzbischof von Paris hat unterm 24. Februar an sämmt⸗ liche Pfarrer der Hauptstadt das folgende Schreiben gerichtet:

„Herr Pfarrer. Im Angesicht des großen Ereignisses, dessen Schau⸗= platz Paris so eben gewesen, war unsere erste Bewegung, das Loos der Opfer zu beweinen, welche der Tod so plötzlich dahingerafft; wir beweinen sie Alle, weil sie unsere Brüder sind; wir beweinen sie, weil wir einmal mehr die ganze Uneigennützigkeit des Volkes von Paris, seine Ach⸗ tung vor dem Eigenthum und seine großherzigen Gefühle kennen gelernt. Wir dürfen uns aber nicht darauf beschränken, Thrä⸗ nen zu vergießen, wir werden beten für alle die, welche in dem Kampfe gefallen, wir werden Gott bitten, daß er ihnen den Ort des Lichtes und des Friedens öffne. Sie werden demgemäß so bald als möglich einen feier= lichen Gottesdienst celebriren und demselben den ganzen Glanz verleihen, den die Hülfsqueilen des Kirchenvermögens gestatten. Die Messe wird die in die obitus sein mit dem Gebet pro pluribus desunctis. Die ser Gottes dienst wird stattfinden, sobald Sie die Glaͤubigen davon in Kenntniß haben setzen können, und wäre es auch ein Sonntag. Während der Messe wird eine Sammlung veran⸗ staltet werden zur Unterstuͤtzung der armen Familien der Getödteten und Verwundeten. Der Ertrag dieser schönen Sammlung wird von den Herren Pfarrern in die Hände des Maires ihres Arrondissements überliefert wer⸗ den. Denis, Erzbischof von Paris.“ Nota. In dem Fall, wo es nothwendig oder angemessen sein sollte, Lazarethe in unseren Kirchen zu errichten, werden Sie nicht zögern, sie selbst dann anzubieten, wenn der sonntägliche Gottesdienst wegfallen müßte. Wenn dieser Gottesdienst statt= finden kann, so werden Sie nach der Messe den Vers Domine salvum fac Francorum genitum singen und das Gebet Deus a quo sancta desideria recta consilia.“ 6

Die provisorische Regierung ist jetzt mit der Abfassung der Ap⸗ pellation an das Volk über die Form der definitiv anzunehmenden Regierung beschäftigt; es sollen, meint man, Urversammlungen ein⸗ berufen werden, die aber erst die über die Annahme der Regierung entscheidenden Wähler ernennen sollen ('slection à deu degrès).

Herr Carnot, der neue Minister des öffentlichen Unterrichts, hat allen Schulen zwei Tage Ferien gegeben.

Die provisorische Regierung hat auf den Vorschlag des Marine⸗ Ministers, Herrn Arrago, den Vice⸗Admiral Baudin zum Komman— danten des Geschwaders zu Toulon (wohin derselbe bereits abgegan⸗ gen sein soll), und Herrn Pagnerre Verleger zablreicher republika⸗ nischer Schriften), zum provisorischen Maire des zehnten Arrondisse⸗ ments ernannt. Eine Anzahl Kommissare ist im Auftrage der pro— visorischen Regierung abgegangen, um die Verwaltung zu übernehmen.

Heute Nachmittag um 4 Uhr trat die ganze provisoꝛische Re⸗ gierung, die auf dem Stadthause in Permanenz versammelt ist auf den Platz hinaus. Unter dem Jubelgeschrei einer unermeßlichen Volksmenge verkündete Herr von Lamartine die Abschaffung der To⸗ desstrafe für politische Verbrechen. .

Die Königlichen Gerichtshöfe heißen hinfort Appellhöfe, die Kö—= niglichen Proküraloren Regierungs- Commissaire, bei den Gerichten erster Instanz. Gestern haben sämmtliche Mitglieder des Cassations⸗ hofes, die Räthe des Appellhofes und alle Unterrichter in der Kanz⸗ lei der provisorischen Regierung den Eid geleistet. Zu General⸗Pro⸗ kuratoren an den Appellhöfen sind ernannk: in Paris Graf Portalis, bisher Rath am Königlichen Gerichtshofe; zu Douai Derr Korn, bisher Präsident des Eivil-Tribunals; zu Grenoble Herr St. Romme, Advokat. 4

Nach jedem der fünf großen Kriegshäfen, Brest, Cherbourg, Lo⸗ rient, Rochefort und Toulon, ist ein Abgeordneter der provisorischen Regierung abgegangen. ö

Die Regierung hat die Nachricht erhalten, daß in Lyon ein furchtbarer Kampf zwischen dem Volk und der Linie stattgefunden und bie Truppen die Oberhand behalten haben. Man fürchtet dort eine heftige Reaction, wenn die neuesten Nachrichten von Paris dahin ge⸗ langen. (Man vergl. die telegraphischen Nachrichten in unserem ge— strigen Blatt.) ö

Im Theater zu Caen kam es am Sonntag Abend zu Ruhestö⸗ rungen. Das Publikum begehrte in der Mitte der Vorstellung die Marseillaise und ließ, da den Sängern und dem Orchester der Vor- trag dieser Hymne verboten war, dieselbe aus eigener Kehle ertönen. Nach Beendigung des Gesanges ließen die städtischen Behörden die bewaffnete Macht eintreten und das Haus leeren. ;.

Das heutige Journal des Dabats giebt seine Gesinnung unter den gegenwärtigen Umständen insfolgenden Worten kund: „Das Journal des Dabats besteht schon lange Zeit genug, damit seine Ansichten und seine Gefühle Jedermann bekannt seien. Inmitten aller Veränderungen, welche unser Vaterland überstanden hat, sind wir unerschütterlich den großen Grundsätzen treu geblieben, welche die Revolution von 1789 eingeführt, die Revolution von 1830 bestätigt hat. Freiheit! öffentliche Ordnung! das ist immer unser Wahlspruch gewesen, das wird er immer sein! Der in unserem Herzen am tief⸗ sten eingegrabene Wunsch ist, daß unser Land dieselben aufrecht er⸗ halten und vertheidigen werde, wie wir es gethan. Inmitten der großen und schweren Prüfungen, von denen wir Zeugen sind, muß bie Dankbarkeit und Lie Mitwirkung aller guten Bürger jeder Re⸗ gierung gesichert sein, welche Frankreich Frieden und Ordnung brin— gen wird!“ ö . Dasselbe Blatt meldet in Bezug auf Neuillo: „Die iy. visorische Regierung, mit Aufrechthaltung der Ordnung und Ruhe in Paris beschäftigt, hat sich in der Unmöglichkeit befunden, eben so thätig das ganze Weichbild zu überwachen. Das Schloß zu Neuilly, für welches sie jedoch Sicherheitsmaßregeln getroffen hatte, ist über⸗ fallen worden; Scenen der Unordnung haben stattgefunden; man muß hoffen, daß die Aufrechthaltüng der Ording welcher die hro⸗ visorische Regierung sich eben so sehr, wie der Errichtung und Be⸗ festigung der republikanischen Regierung gewidmet hat, sich mehr und mehr kräftigen wird.“ ö

Auch das Elysées⸗Bourbon soll verwüstet worden sein.

Es bestätigt sich nicht, daß ein General getödtet worden.

Paris, 277. Febr. Folgende Proclamationen wurden gestern

veröffentlicht: ; . 1) Revolutionsfeier am 27sten. ie . Republif. Freiheit, Gleich-

heit und Brüderlichkeit. Morgen den 27. Februar um 2 Uhr werden sich die Glieder der prövisorischen Regierung: Arago, Dupont (böe l' Eure), Al- bert (Arbeiter), Armand Marrast, Ferdinand Flocon, Lamartine, Marie, Louis Blanc, Cremieur, Ledru-Rollin und Garnier Pages vom Stadthause ht der Julisäule begeben, wo vor der mit dem Volle, brüderlich vereinten Tational-Garde die großt Aera der wiedereroberten Freiheit eingeweiht wer- den soll. Paris, 26. Februar 1818. (Folgen die Unterschriften.) 2) Abschaffung der Todes strafe. Französische Republik. FJ. G. B. Die provisorische Regierung, überzeugt, daß Seelengröße die erhabenste olitil ist; daß jede durch das französische Volk verwirklichte Revolution der

eit die Weihe einer philosophischen Wahrheit schuldig ist. In Erwägung,

daß es keinen erhabeneren Grundsatz giebt, als die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens, daß ferner in den denkwürdigen Tagen, in denen wir uns befinden, die provisorische Negierung sich mit Stol; davon Überzeugt hat, daß nicht ein Rache⸗ oder Todesgeschrei aus dem n Volkes ertönte, erklärt: daß in ihrer Meinung die Todesstrafe in politischen Dingen abgeschafft ist, und daß sie diesen Wunsch der Bestätigung der Nationalversammlung vorlegen wird. Die provisorische Regierung hat eine so feste Ueberzeugung von dieser Wahrheit, welche sie im Namen ves französischen Volkes abgiebt, daß sie erklärt, wenn die Männer, die Schuld waren, daß das Blut Frankreichs floß, sich in den Händen des Volkes be— finden, es eine weit exemplarischere Bestrafung für dieselben wäre, sie bür— gerlich zurückzusetzen, als sie zu tödten. Paris, 26. Febr. Die Glieder der provisorischen Regierung u. s. w.

3 Enttä u schung aller Prätendenten. Franz. Nepublik. F. G. B. Bürger! Das Königthum, in welcher Form es sei, ist abgeschafft. Keinen Legitismus, keinen Bonapartismus, keine Regentschaft mehr! Die provisorische Regierung hat alle Maßregeln ergriffen, um die Nücklehr der alten wie die Einsetzung der neuen Dynastie unmöglich zu machen. Die Republik ist verkündet; das Volk ist vereinigt. Alle Forts, welche die Hauptstadt umgeben, sind in unseren Händen. Die tapfere Gamnison von Vincennes ist eine Garnison von Brüdern. Behalten wir mit Ach— tung jene alte republikanische Fahne, deren Farben mit unseren Vätern die Welt durcheilten. Zeigen wir, daß dieses Sinnbild der Gleichheit, Freiheit und Bruͤderlichkeit auch das Sinnbild der Ordnung, und zwar der Ordnung sei, die nun wirklich und dauerhaft ist, da die Gerechtigkeit ihre Grundlage und das gesammte Volk für sie wirksam ist. Das Volk hat schon eingesehen, daß die Verproviantirung von Paris freieren Verkehr auf den Straßen erheischt und die Hände, welche die Barrikaden errichteten, öffneten Zwischenräume, breit genug, um Lebens mittel durchzulassen. Folge man diesem Beispiele überall; möge Paris bald wieder den gewöhnten Anblick darbieten und der Handel Thätigkeit und Vertrauen wiedererhalten; das Volk schütze zu gleicher Zeit die Erhal— tung seiner Rechte und fahre wie bisher fort, die öffentliche Ruhe und Sicherheit zu handhaben. Paris, 26. Februar 1818. Die provisorische Regierung. 33

4) Erklärt die Beibehaltung der dreifarbigen National⸗Kokarde und Fahnen in derselben Ordnung wie in der alten Republik: roth, weiß und blau. (Die Juli⸗-Revolution nahm an: weiß, roth und blau.)

5) Französische Republik. F. G. B. Die provisorische Regierung verordnet die' sofortige Errichtung von National-Werkstätten. Der National- Bauten-Minister ist mit Ausführung dieser Verordnung beauf— tragt. Die Glieder der provisorischen Regierung. Paris, 26. Februar. (Folgen die Unterschriften.)

6) Buchez, Adjunkt des Maire's von Paris, erklärt, daß die Haupt- Einnahme der Stadt Paris in dem Octroi bestehe. Obgleich nun die Abänderung dieser Steuer schon beschlossen worden, weil sie am härtesten auf dem Volk (dem Hauptkonsumenten) laste, so müsse er doch auf deren vorläufige Beibehaltung dringen, weil sonst Paris die zerstörten Munizipal⸗ Gebäude, Brücken, Straßenverbindungen u. s. w. unmöglich aus seiner Gemeindefasse sofort wieder herstellen lassen könnte.

Paris, 27. Febr. (Frkf. O. P. A. 3.) Im Kriegs⸗-Mini— sterium wurde heute angezeigt, General Lamoriciere wäre zum Ober General der Armee ernannt, die an den Ufern des Rheins gebildet werden solle.

Alle Soldaten von der Linie, die sich in Paris befinden, und deren Corps noch nicht organisirt sind, haben, den Befehl erhalten, mit der Nationalgarde und den bewaffneten Bürgern die Wachen zu beziehen. . . ; .

Allen Angestellten an den Ministerien ist der Befehl zugekom—⸗ men, sich heute in Waffen auf ihre Büreaus zu begeben, „um Fremde zu verhindern, in strafbaren Absichten hineinzudringen. Diejenigen Augestellten, welche binnen drei Tage nicht erscheinen, werden ab— gesetzt. . Ihm Finanz -Ministerium wurde gestern allen Angestellten ihr Gehalt ausbezahlt.

Straßburg, 29. Febr. Die Departemental »Kommission hat folgende Proclamationen veröffentlicht.

„Der gottlose Kampf, welchen eine gehässige Staatsgewalt gegen das entwaäffnete Volk unternommen, hat so eben geendigt. Zwei Tage waren hinreichend, um die Nation wieder auf den Rang zu erheben, von welchem Verderber und Verräther sie herabzuwerfen versucht hatten. Die verhaßte Staatsgewalt, welche durch diese Mittel während siebzehn Jahre auf Frankresch gelastet hat, ist geflohen vor dem pariser Volke, dem Nächer und Retter der Nation. Der Sieg, ein vollständiger Sieg, ist dem Volle ge— blieben; von nun an gehört uns die Zukunft! Ein neues Zeitalter, ein Zeitalter von Freiheit und Gleichheit eröffnet sich vor uns. Schließet eure Reihen, Bürger, vereiniget euch durch die Bande der republikani schen Bruderliebe. Gebet mit ganz Frankreich der auf euch blickenden West ein großes Beispiel! Noch lriefend vom Blute seines Sieges, hat das pariser Volk jene Stellung von Ruhe und Mäßigung wieder angenommen, sicheres Pfand der erhabenen Ergebnisse, welche sein Triumph hervorbringen wird. Im Einvernehmen mit dem Herrn General- Lieutenant bereitet sich eine große Musterung der National-Garde und der Regimenter der Be satzung für morgen, Dienstag, vor. Alle bewaffneten Bürger werden an ihren Posten sein. Da werden wir mit unserem einstimmigen Jubel den Antritt dieser Regierung begrüßen, die allein eines Volkes würdig ist, das seine Rechte kennt und aufrecht halten will. Es lebe die Republik! Straß burg, den 28. Februar 1848. Die Departemental-Kommission, L. Liechten berger, Wilh. Lauth, Christian Ott, Eissen, Ed. Glorin.“

Lille, 27. Febr. (Aach. Ztg.) Heute, Sonntags, traf ein Abge⸗ ordneter des pariser provisorischen Gouvernements in Begleitung von Zöglingen von St. Cyr und der polytechnischen Schule zu Amiens ein; er wurde jedoch von der National-Garde verhaftet und gezwun gen, die Stadt zu verlassen. Um 8 Uhr Abends traf er in. Lille ein. Er hat die Fahrt nach der belgischen Gränze fortgesetzt, indem seine Mission darin besteht, die Circulation auf der Nordbahn wieder herzustellen. Gestern Abend trafen die Herren Louis Blanc und Antony Thouret, als Repräsentanten des provisorischen Gouvernements, In Begleitung einiger Bewaffneten, mit einem Spezialzug ein. Sie lichen alsbald den Maire der Stadt, Herrn Bigo, rufen, dem sie anzeigten, daß sie auf dem ganzen Wege der Eisenbahn die Republit hatten ansrufen lassen, und daß Lille ohne Verzug dem folgen müsse, . sie die Kunde davon gleich nach Paris senden wollten, , ö wandte dagegen ein, wie er zu verstehen geglaubt, daß n n rische Gouvernement der zusammen zu berufenden Rational Versamm lung die Mission überlassen wolle, sich über die leren, mn ge bende Regierungs-Form auszusprechen; daher se⸗ 4 hr i, . es vorläufig genüge, die Befehle des gebildeten propisoꝛischen 8 ou⸗ vernements anzuerkennen. Darüber entspann sich ö Debatte, 3 welcher Herr Thouret geltend machte, daß 6 nicht zu . sei, daß sich Frankreich unter diese Regie unge fe n, . mn kam endlich dahin überein, daß man den n . Rath. , . Nachmittag 4 Uhr zusammienberufe, um ,. zu , n , Herr Bigo hatte einen Moment die Absicht qusgesprochen, seine Entlassung

ben, worauf einer der Adjunkten ihm zu bedenken gab, daß er n geen, nr e, en, s solchen Entschlusses sein würde verantwortlich für die Folgen eine en nn, , , Auch erinnerte Herr 2A. Thouret daran, daß er eine Eskorte hinter sich habe, welche die Ausführung des Willens der pro— visorischen Regierung zu sichern wissen würde. Mittlerweile hatte sich namlich feine Eskorte durch Leute aus den arbeitenden Klassen schon verstãrtt. Nachdem man sich indessen darüber geeinigt, den Entschluß Sonntag Nachmittag zu fassen, erfuhren die Commissaire, daß eines

ifrigsten Mitglieder der konservativen Partei unter der Natio⸗

R glieder der konservativen de eigcrl· eine kleine Schrift zirkuliren ließ, worin er dieselbe zum

blik auffordere. Heute früh verfügten 8 3. 4 Kommissarien zu dieser Person drei Secretaire der Nonim;i) . P

ich ;. ihr, daß, bliebe sie bis Abend in der Stadt, so könne man nicht mehr für das einstehen, was dann erfol— gen möchte Schon hatten sich drohende Gruppen vor dem

Hause dieses Mannes gebildet, als er 3 Uhr Nachmittags die Stadt verließ. Bestüzung herr

Widerstand gegen die Nepu

scht zu 536 alle n , , . darnieder; . in Lille hat ihre Thätigkeit eingestellt. ehrere Fabrikan⸗ nee. Hun enn ele gelte, geen Abend nicht bezahlen. Die Besaz⸗ zung besteht aus einem Linien⸗Regiment und zwei Schwadronen Ka— a,. unter dem General Negrier. Auf die Truppen konnte man dan cjnsofern rechnen, daß sie einen Fluchtversuch der Gefangenen des Gefängnisses zu Laos verhinderten. sonst ist nicht auf sie zu rechnen. Unter den Konservativen zu Lille hieß es, daß zu Paris der Kampf zwischen den Tonstitutionellen und Republikanern wieder auftom= nen werde. Aus bester Quelle wollte man wissen, daß Marschall Bugeaud mehrere, Regimenter jenseits St. Cloud gesammelt (s. da⸗ gegen die telegraphischen Nachrichten in unserem gestrigen Blatt), daß ber Herzog von Nemours sich an der Spitze von 3000 Mann Ka⸗ vallerie in der Nähe von Fontainebleau befinde und wenigstens auf einen Theil der National-Garde von Paris rechnen könne, um den Grafen von Paris unter der Regentschaft der Herzogin von Orleans zu proklamiren. In den höheren Klassen zu Lille herrscht die Ueber= zeugung, daß die Republik keinen Bestand haben könne, indessen hält nan es doch nicht für gerathen, sich der Proklamirung der Republik

zu widersetzen.

x Paris, 26. Febr. Die neue Revolution in Frankreich hat nun feit zwei Tagen die Gewalt in Händen; wann und wie sie enden wird, weiß nur der Himmel. Wir sehen Dinge um uns, die Viele vor 48 Stunden noch für unmöglich gehalten hätten. Unsere Generation ist, wenn nicht alle Anzeichen trügen, berufen, eine zweite Ausgabe der Ereignisse der ersten Jahre des letzten Jahrzehnts des verflossenen Jahrhunderts vor ihren Augen erscheinen zu sehen, Er— eignisse, deren Umfang sich unmöglich noch bemessen, deren Folgen sich nicht einmal ahnen lassen. Die provisorische Regierung, welche nun seit 48 Stunden besteht, ist größtentheils aus Männern zusam mengesetzt, über deren radikale, republikanische Gesinnungen niemals ein Zweifel bestehen konnte, und doch haben selbst diese Männer be— reits mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, die ihnen vorzüglich aus dem Umstande erwachsen, daß die jetzt fast allgemin bewaffnete Masse des Volkes eben mit den Waffen in der Hand das Stadthaus um— lagert und auch dort in die Berathungen sich mischt, zu welchen die größte Ruhe und Umsicht nöthig wäre. Daß ein Arbeiter selbst, Herr Albert, ein allgemein als sehr intelligent geschilderter Mann, Mitglied der provisorischen Regierung ist, hat, allem Anschein nach, wenig auf die Massen gewirkt, die nun nicht mehr arbeiten, daher auch nichts mehr verdienen, also von der neuen Regierung, für deren Errichtung sie gekämpft, Blut und Leben eingesetzt haben, ernährt zu werden verlangen und erwarten. Es ist daher auch mit Sicherheit vorauszusehen, daß die heute unter starkem Zudrang begonnenen An— werbungen für die Errichtung von 24 neuen Bataillonen National⸗ Garde unter der Leitung des General-Lieutenants Duvivier bald das gewünschte Resultat haben und diese Bataillone auf den Beinen sein werden. Wie schnell der Franzofe sich in den Waffendienst findet, zumal wenn er in einem solchen Augenblicke, wie der jetzige es ist, unter die Fahnen tritt, ist eine allbekannte Sache und wird sich auch jetzt erweisen.

Gestern war in der provisorischen Regierung (wie schon oben erwähnt) auch die Frage zur Berathung gebracht wor— den, ob man die dreifarbige Fahne ben galůßů oder die rothe dafür annehmen solle. Der Kampf darum war eben so lang als lebhaft, und nur die außerordentlichsten Anstrengun— gen Lamartine's vermochten endlich, die Wagschale zu Gunsten der dreifarbigen sinken zu macheu. Die drei Farben bleiben also auch nach dem neuen Beschlusse die der französischen Republik, welche nun offiziell proklamirt ist, und zwar in einer Weise, welche klar zeigt, daß an diesem Kardinalpunkt selbst die zu berufende allgemeine Volks⸗ Versammlung nichts mehr soll ändern dürfen. Dieser soll, wie es scheint, einzig und allein mit Organisirung der neuen Republik sich beschäftigen, die neuen Institutionen ausarbeiten, welche Frankreich erhalten soll.

An Geld fehlt es der neuen Regierung vorläufig nicht, sie selbst kündigt an, daß 200 Millionen, die vom Schatze in der Bank hinter⸗ legt sind, ihr zur Verfügung stehen. Außerdem werden ihr auch noch die monatlichen Einzahlungen auf das Anlehen, das Herr von Roth— schild kürzlich für den Staat übernommen hat, geleistet werden, da der genannte Banquier (wie auch schon erwähnt) bereits der Regie— rung erklärt hat, er werde die von ihm gegen den Staat übernom— menen Verbindlichkeiten getreu erfüllen. üeberhaupt tritt bei den großen Banquiers und Geschäftsleuten das Bestreben hervor, ihrer— seits nach Kräften dazu beizutragen, der Regierung, wenn sie auch dem Grundsatze nach derselben vielleicht nicht hold wären, die schwere Aufgabe der Wiederherstellung und Aufrechthaltung der Ordnung zu erleichtern. Die Bank von Frankreich hat ihre Comtoire offen, eben so die großen Banquierhäuser, auch die Läden der Kaufleute und Krämer öffnen sich wieder allmälig, wenn auch nur sehr lang sam. Man sieht es aber allen Leuten hier an, daß sie sich selbst noch nicht recht in die neue Ordnung der Dinge zu finden vermögen. Was vor den drei Tagen des 22., 23. und 24. Februar nicht schon republikanisch gesinnt war, ist es auch jetzt in der Regel noch nicht, und man kann dies sehr deutlich erkennen an der Art und Weise, wie der von Einzelnen oder auch von Gruppen angestimmte Ruf: Es lebe die Republik! in der Regel nur selten Anklang und Wiederhall findet. . ; 26. Die Nationalgarde in ihrer ungeheuren Masorität ist von einer Art von Verblüffung noch nicht zurückgekommen: sie sieht, daß die Dinge weiter gekommen sind, als sie ursprünglich wollte und für möglich hielt; allein sie hat entweder die Macht nicht, das Geschehene wie⸗ der zu ändern, oder sie läßt sich das neue System gefallen, in der Hoffnung, daß es am Ende doch auch sich durchführen lassen werde. Für den Augenblick beschränkt sie sich ganz auf den Dienst für Er— haltung der Ordnung, und da die neue Regierung proflamirt hat daß kuͤnftig jeder Bürger Nationalgardist sei, so wird die bisherige Stärke derselben numerisch wenigstens einen sehr bedeutenden Zuwachs erhalten. In diesen Tagen fehlen übrigens die bewaffneten Leute wahrlich nicht, denn fast alle Welt trägt Waffen oder sucht sich solche zu verschaffen. Eine heute an allen Straßenecken angeschlagene Num— mer des Populaire, in einem Aufrufe der ikarischen Kömmunisten an das französische Volk bestehend, findet in dieser allgemeinen Be⸗ waffnung die beste und einzige Sicherheit und Bürgschaft der öffent⸗ lichen Ordnung. Andere, die aber freilich ihre Meinung nicht so laut aussprechen, glauben darin eine Gefahr zu sehen: welche von beiden Meinungen die richtige ist, werden die Exeignisse lehren.

. Jeden Tag reisen zahlreiche In- und Ausländer ab, weil sie die dage hier zu kritisch finden, um länger hier verweilen zu können. Die zunächst vorherrschende Besorgniß betrifft die Möglichkeit, in diesem Augenblicke der Wirren die für den Unterhalt einer so zahl 1 wie die von Paris es ist, nothwendige Quanti=

usmitteln stets sichern zu können: gelänge es der Regie⸗

französischen Farben geschmückt sich zeigen.

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rung nicht, in diesem Punkte vollkommen zureichende Fürsorge zu treffen, so müßte dies die Lage unberechenbar verschlimmern.

Von Seiten der Truppen, welche Paris verlassen haben, steht der Republik, wie es scheint, kein Widerstand mehr bevor. Ein Theil, der während der Kämpfe der drei, Tage am wenigsten gegen das Volk geihan hat, wie das 45ste Linien-Regiment und das Ste Dra— goner⸗ Regiment, haben in diesem Augenblick den Eid der Treue für die neue Regierung wahrscheinlich schon geleistet. Erst gestern noch hat man aus dem alten Wachthause auf dem Platze vor dem Palais Royal, welches einen so langen, hartnäckigen Kampf gegen das an⸗ greifende Volk und die unter diesem befindlichen National-Gardisten unterhalten hatte, die Leichname von gegen 20 Soldaten der Linie und eines National- Gardisten, der mit denselben zufällig sich einge⸗ schlossen zu haben scheint, halb verbrannt herausgezogen. Alle dort umliegenden Häuser tragen die Spuren der Kugeln, die in dem blu⸗ tigen Kampfe daselbst gewechselt wurden, noch an sich.

Den ganzen Tag hindurch sieht man heute Leute in Blousen

vorzüglich, mit Trommler und fliegenden Fahnen an der Spitze, von Zöglingen der polytechnischen Schule geführt, die Straßen durch- ziehen. Die meisten sind mit rothen Bändern geschmückt, die man zumeist aus den im Schlosse der Tuilerieen erbeuteten Livreen der Lakaien des vertriebenen Hofes geschnitten hat. Diese Bänder die⸗ nen als Erkennungszeichen für die Ultra⸗-Republikaner. Manche von ihnen tragen auch rothe Kokarden, dagegen sieht man nun auch an— dere mit seidenen Bändern in Maschen und in den bekannten drei Dieser Antagonismus in den äußeren Erkennungszeichen könnte leicht zu heftigen Reibun— gen führen. Die Nationalgardisten hatten fast alle den gal— lischen Hahn, der vorn an ihrer militairischen Kopfbedeckung angebracht war, abgenommen; nun hat aber die provisorische Regierung sich dagegen erklärt und Beibehaltung dieses schon von der ersten Revolution her angenommenen Emblems vorgeschrie— ben. Auf den Pferden der nun aufgelösten und entlassenen Munizi⸗ palgarde zu Pferd, die ein so schönes wohlberittenes und herrlich ausgestattetes Corps bildete, sieht man jetzt die Zöglinge der poly— technischen Schule reiten. Heute hat man wieder begonnen, mit Wa gen durch die Stadt zu fahren, da auf Befehl der Regierung die Barrikaden so viel frei gemacht worden sind, um die Wagen durch— lassen zu können. Das Schloß zu Neuilly, welches dem König Ludwig Philipp eigenthümlich gehörte, aber gleich allem Besitzthum desselben nun für den Staat in Beschlag genommen wurde, ist diesen Morgen und gestern Abends schon überfallen und ziemlich stark verheert worden. Ein Theil soll sogar in Flammen aufgegangen sein.

Großbritanien und Irland. London, 26. Febr. Nach den heutigen Abendblättern ist

Ludwig Philipp hier noch nicht angekommen, doch berichtet die Do⸗ ver Eh roniche auf das bestimmteste, daß der König gestern Mor⸗ gens 411 Uhr in Rye eingetroffen sei. .

. Der heutige Sun meldet die Abreise Louis Napoleon's nach Paris. „Louis Napoleon“, sagt das Blatt, „der sich den gegenwär— tigen Stand der Dinge in Frankreich zu Rutze hat machen wollen, hat heute Morgen seine Wohnung in London verlassen und ist um halb 10 Uhr nach Folkestone abgegangen, um so über Boulogne nach Frankreich zu gehen. Dieselbe Expedition hatte er schon am Tage vor⸗ her unternehmen wollen, war aber in Folkestone zu spät angekommen, um das nach Boulogne bestimmte Dampfschiff zu benutzen, und daher nach London zurückgekehrt, um, wie berichtet, heute Morgen sich von neuem dahin zu begeben.“

Die gestrigen Parlaments⸗Verhandlungen berührten noch nicht die pariser Ereignisse, und nur im Unterhause machte man einige An⸗ deutungen darüber. Das Oberhaus erörterte einen Antrag des Grafen v. Hardwicke auf Einsetzung eines Spezial-Comité's zur Un tersuchung der Wirkungen und der Zweckmäßigkeit der Schifffahrts—⸗ gesetze. Der Lord bedauerte, daß die Regierung in ihren Meinungen solchen Schwankungen unterworfen wäre, daß allgemeiner Widerwille dadurch erregt sei. Bis zum 15. März 1847 hätte die Regierung ihre Absicht zu erkennen gegeben, in den Schifffahrtsgesetzen nichts zu ändern, und die Thron-Rede der Königin vom 23. November ver— lünde das Gegentheil. Aber noch mehr Unrecht sei es, daß England von den Absichten seiner Regierung, die Schifffahrts⸗Akte aufzuheben, inzwischen durch eine amerikanische Zeitung benachrichtigt sei, welche einen Schriftwechsel zwischen Lord Palmeiston und dem amerikani schen Gesandten in London, Herrn Bancroft, enthielt. Im Unterhause sei lange ein Ausschuß niedergesetzt, um die Schifffahrtsgesetze zu un— tersuchen, aber diese Untersuchung nicht auf eine gebührende und un— parteiische Weise geführt worden. Dort wäre unter Anderem behaup— tet worden, daß seit 1824 der beschützte Handel um 94 pCt., der un beschützte Handel um 182 pCt. zugenommen habe. Aber diese Behaup⸗ tung weise sich bei näherer Betsachtung als falsch aus. Die Schiff— fahrt der auswärtigen Völker in den britischen Häfen nehme auf eine höchst beunruhigende Weise zu. Von 7583599 Tonnen im Jahre i824 wäre sie im Jahre 1846 auf 1,803,177 Tonnen, also um 137 Prozent, gestiegen. Hiermit wollte der Redner beweisen, nicht, daß der Schutz nichts helfe, sondern daß der Schutz der englischen Schiff⸗ fahrt noch nicht genügend sei. Und auf einer großen und blühenden Handelsschifffahrt beruhe doch die Macht der Kriegsflotte. Graf Grey hatte nichts gegen die Ernennung eines zweiten Ausschusses zur Untersuchung der Schifffahrts⸗-Gesetze, versprach sich aber keinen Nutzen davon. Der edle Lord gegenüber wäre in manche Irrthümer gefallen, besonders aber in den, daß die westindischen Inseln keine Aenderung der Schifffahrts⸗Gesetze wünschten. Alle kleinen Parla mente der Inseln hätten gebeten, sie von jenen Gesetzen zu befreien. Lord Ellenborough entwarf eine höchst besorgnißerregende Schil⸗ derung von dem Aufblühen der amerilanischen Schifffahrt gegenüber der englischen. Der Ausschuß ward darauf genehmigt. .

Im Unterhause herrschte der tiefste Ernst, die größte Aufre gung über die neuesten Nachrichten. Es bildeten sich Gruppen um Jeden, der im Besitze der zweiten Ausgabe eines Morgenblattes war; man ging hin und wieder und sammelte sich erst, als Lord Palmer— ston eintrat. Dr. Bowring erhob sich darauf unter dem tiefsten Schweigen der Versammlung und richtete an den Lord die Frage, ob die Regierung amtliche Nachrichten erhalten hätte über die bluti—⸗ gen Scenen in China. (Allgemeine Täuschung. Verdrießliches Murmeln.) Lord Palmerston sagte, er habe keine anderen Nach— richten, als die schon bekannten. Lerr Sheriff Hill trat an die Schranken des Hauses und las eine Bittschrift des Lord⸗Mayor und des Rathes von London gegen die jetzige Einkommensteuer und deren Erhöhung vor. „Eure Bittsteller“, hieß es darin, „stehen nicht an, zu behaupten, daß, wenn das ehrenwerthe Haus dieses Steuersystem für immer fortzufetzen bewilligt, es dann nicht länger das Vertrauen des vereinigten Königreichs verdient.“ (Lauter Beifall.) Lord Palmerston ward hierauf von Herrn Hindley in der That be— fragt, ob er amtliche Rachrichten aus Paris erhalten habe. Der Mi⸗ nister erwiederte, daß seine letzten Depeschen nur bis zur Ernennung des Grafen Molé zum Minister reichten. Der Schatz kanz⸗ ler trug darauf an, in einen Finanz⸗Ausschuß überzugehen. Herr Hume widersetzte sich diesem Antrage, und es erfolgte eine lebhafte Verhandlung über die Einkommen-Steuer, in welcher Herr Osborne

eine bedeutungsvolle Anspielung auf Frankreich machte. Zu einer Zeit, wo ein Ministerium, ja, eine Tynastie falle, weil es eine Mahl- zeit verbiete, möchte es einem Ministerium nicht möglich sein, sich zu halten, welches eine Einkommen⸗-Steuer von einem Shillinge für je⸗ des Pfund verlange. Auch S' Connor sagte, das Ministerium hätte jetzt die mittleren und die arbeitenden Klassen gegen sich vereinigt, denn Herr Cobden besäße auch unter den Arbeitern großen Einfluß. Das Ministerium wäre nicht im Stande, seiner Agitation zu wider- stehen. Herrn Wakley's Rede schloß mit den Worten: „Spar- samkeit und Friede!“ Das Haus verwandelte sich in einen Ausschuß. Der Schatz⸗-Kanzler konnte sich über den Kaffernkrieg kaum hör=— bar machen, so laut war die Unterhaltung der Mitglieder über einen anderen Gegenstand. Seine Forderung von 1B 190,909 Pfd. Sterl. für die Ausgaben des Krieges ward mit großer Mehrheit bewilligt. Lord Granville Somerset, Mitglied des Parlaments, ist im eigentlichen Sinne an Schwermuth gestorben. Die Krankheit des Herzens war hervorgebracht durch die Gemüths-Aufregung, welche die Petition gegen seine Wahl ihm verursachte. Er ist ein Bruder des Herzogs von Beaufort, mit dem er sich im Sterbezimmer versöhnte.

Nach Berichten aus Montevideo vom 24. Dezember waren da⸗ selbst Berichte aus Buenos -Ayres vom 22. Dezember eingegangeu. Rosas hatte auf besondere Vorstellungen die Frist für Einfuhr und Ausfuhr über Montevideo bis zum 31. Dezember und für Schiffe mit Salz und Ballast von Montevideo bis zum 20. Januar pro⸗ longirt.

Die westindische Post bringt Nachrichten aus Veracruz vom 21. Januar. Die Unterhandlungen zwischen Amerikanern nnd Mexika⸗ nern gingen fort. Zwischen Veracruz und Mexiko hatten die Gue⸗ rillas einen Waarenzug um 20,000 Doll. geplündert. In St. Leon, Potosi und Mexiko warteten 10,9000 Doll. auf eine Kondukte.

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Brüssel, 29. Febr. Der König und die Königin der Belgier kamen vorgestern von Laeken nach Brüssel, wo Se. Majestät ben Vorsitz in einem Ministerrath führte. Ihre Majestäten werden jetzt auch bis auf weitere Befehle im brüsseler Schlosse residiren. Der Hofball, welcher morgen stattfinden sollte, ist abgesagt. Eben so sind alle andere in der hoheren Gesellschaft angekündigte Bälle und Fest⸗ lichkeiten abbestellt worden. Der Minister des Königlichen Hauses, Herr von Praet, ist vorgestern von Paris zurückgekehrt, wo er den größten Theil des Freitag zugebracht hatte.

Die Repräsentanten? Kammer war am Sonnabend außerordent⸗ lich bewegt. Zahlreiche und lebhafte Gruppen bildeten sich, bevor der Präsident seinen Sitz einnahm. Alles errieth die Ursache dieser ungewöhnlichen Aufregung. Ein zahlreiches Publikum war auf den Tribünen versammelt. Die Tagesordnung betraf die Votirung der Naturalisations-Petitionen. Der Finanz⸗-Minister verlangte jedoch das Wort, um einen durch die außergewöhnlichen Umstände motivir⸗ ten Gesetz⸗ Entwurf vorzulegen. Derselbe betraf eine Ermächtigung für das Gouvernement, die acht Zwölftel der Grundsteuer gegen Zahlung von 5 Prozent Interessen im voraus zu erheben. Die Kammer beschloß, der Dringlichkeit wegen die Sache sofort zu berathen. Man zog sich in die verschiedenen Sectionen zu⸗ rück, und alsbald erklärte der Berichterstatter der Centralsection, daß der Gesetz-Entwurf (wie bereits vorgestern in einer telegraphi⸗ schen Depesche gemeldet) mit Einstimmigkeit unter dem Vorbehalte angenommen worden sei, daß die Maßregel sich nicht auf die Päch⸗ ter ausdehne. Das Gouvernement hatte bereits in der Section mit⸗ getheilt, daß es ebenfalls diese Ansicht theile. Niemand verlangte das Wort nach dem Berichterstatter. Aus begreiflichen Rücksichten beschloß die Kammer, keine weitere Diskussion zu eröffnen. Im Se⸗ nate wurde man von denselben Gefühlen geleitet und nahm ebenfalls den Entwurf mit Einstimmigkeit sofort an; gleicherweise erfuhr man hierbei den vorgelegten Entwurf zur Eröffnung eines Supplemen⸗ tar-Kredits von 10,9000 Fr. für das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten. ;

Das Journal de Bruxelles meldete, daß die ganze franzö⸗ sische Königs -Familie, die Herzogin von Orleans und ihre beiden Rinder mit einbegriffen, glücklich auf der Insel Wight angekommen sei. Später fügte es hinzu: „Wir hören aus sicherer Quelle, daß der Herzog von Nemours, nachdem er 24 Stunden in Boulogne ge⸗ blieben, unter einer Verkleidung und unter angenommenem Namen sich in dieser Stadt eingeschifft hat und am Sonntag um 6 Uhr Morgens in Dover angekommen ist. Er war von der Herzogin und vier Personen seines Gefolges begleitet. Wenige Augenblicke nach der Abfahrt des Prinzen aus Boulogne wurde sein Gepäck, das nicht zu- gleich mit ihm nach dem Schiff gebracht werden konnte, mit Beschlag belegt. In Dover ging gleichfalls das Gerücht, daß auch der Her= zog von Montpensier angekommen sei; doch ist diese Nachricht nicht so zuverlässig. Am Montag, um halb 3 Uhr Morgens, ist ein engli⸗ sches Dampfschiff, das „Veilchen“, von Dover abgegangen, um die Herzogin von Srleans und den Grafen von Paris don Treport ab- zuholen. Das Benehmen der Herzogin von Lrleans soll von An- ing bis zu Als das Kabinet

Thiers und

retten können, zu verhindern.“

Reisende, die mit dem gestrigen Eisenbahnzuge von Paris einge- troffen sind, versichern, daß in dem Augenblicke ihrer Abreise von Paris das Schloß Neuilly, welches bekanntlich in der Nähe der Barriere de l' Etoile gelegen ist, in hellen Flammen gestanden habe. Sie fügen hinzu, daß das Volk sich auch nach Versailles begeben wollte, um das dortige Schloß ebenfalls niederzubrennen, daß aber die Studenten dasselbe von diesem Akt des Vandalismus abgehalten hätten.

Einige Journale hatten behauptet, daß Belgien keine militairi= schen Maßregeln an seinen Gränzen getroffen habe. „Diese Nach= richt“, berichtigt die ministerielle Jndependance, „ist nicht richtig, im Gegentheil sind durch das ganze Land und an allen Gränzen Vorsichtsmaßregeln getroffen worden, welche die gegenwärtigen Um- stände mehr als hinlänglich erklären.“ ö

Der Minister des Innern hat gestern der Repräsentanten⸗ Kam- mer einen Gesetz- Entwurf vorgelegt, der die Herabsetzung des Wahl⸗ census für das ganze Königreich auf das in der Constitution festge- setzte Minimum bezweckt; der Gesetz Entwurf über die Zuziehung der Kapazitäten ist zurückgenommen. Ein zweiter Gesetz⸗ Entwurf be⸗ schränkt die Dauer des Mandats der Gemeinde⸗-Räthe auf 6 Jahre.

Mehrere Versammlungeun sind vorgestern Abend gehalten wor⸗ den. Es waren die nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen, um Un- ordnungen vorzubeugen, falls sie beabsichtig! sein sollten. In Folge einiger Versuche dazu wurden ungefähr 40 Individuen Lurch die Bürger⸗Garde verhaftet, unter denen sich deutsche, französische und stalienische Flüchtlinge, einige mit Dolchen bewaffnet, befanden. Um diesen tumultuarischen Versammlungen ein Ziel zu setzen, ist von der Bebörde eine Bekanntmachung erlassen, wodurch jede Versammlung von mehr als 5 Personen verboten ist.

In der Nacht von vorgestern auf gestern, ungefähr gegen 1 Uhr fanden auf dem Markte von Brüssel und der Rue des Soeurs noires