1848 / 65 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Marschall: ; Abgeorbn. Sperling: Ja, da

idrig“ hineingeseßt werde. xz hre e f zn wollen ermitteln, ob der Antrag die erforder⸗ liche Unterstützung findet. (Wird hinreichend unterstützt.) .

Regierungs⸗Kommissar Bischoff; Ich würde es für sehr be—⸗ denklich halten, wenn man diesen Zusatz machen wollte. Zum vor⸗ aus ist zu bemerken, daß hier alle die Fälle ausscheiden, wo Jemand eine amtliche Mittheilung ohne verbrecherische Absicht gemacht hat. Ist die Mittheilung blos aus Leichtsinn, Unbedachtsamkeit oder Fahr⸗ sässigkeit geschehen, so fällt dieselbe nicht unter diese Bestimmung, sondern sie ist lediglich im Wege der Disziplin zu ahnden. Es wird hier die rechtswidrige Absicht vorausgesetzt, und die ist in der Art charakterisirt worden: F um sich einen Gewinn zu verschaffen oder Anderen zu schaden.“ Es kommen hier Fälle in Betracht, die sich ganz so gestalten, wie der von dem geehrten Abgeordneten angeführte. So war vor längerer Zeit bei einem höheren Gerichtshofe ein sehr wichtiger Prozeß anhängig. Einer der Richter ließ sich bestimmen, vor der Publication des Erkenntnisses davon Mittheilung zu machen, wie das Urtheil ausgefallen war; es wurde die eine Partei davon in Kenntniß gesetzt, daß das Gericht gegen sie gesprochen; sie schloß mit dem Gegner, welcher von dem Ausfall noch nichts wußte, einen für sie außerordentlich günstigen Vergleich. Das ist ein Fall, wie er hier gedacht ist. Es mag dahingestellt sein, ob die Absicht da⸗ hin ging, sich einen Gewinn zu verschaffen. Jedenfalls steht fest, daß eine solche verbrecherische Absicht vorhanden sein kann. Liegt aber eine solche Absicht vor, wird das Verbrechen begangen, um sich einen Gewinn zu verschaffen oder Anderen zu schaden, so ist es ge⸗ wiß ein Fall, der schwer bestraft werden muß.

Abgeordn. Grabow: Ich habe einige Bedenken gegen die Fas⸗ sung des S. 374. Die Strafbestimmung ist darin davon abhängig gemacht worden, ob der Verbrecher sich oder einem Anderen einen Gewinn zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen beab— sichtit hat. Es müssen beide Kriterien meiner Ansicht nach verbun— den und der Paragraph also gefaßt werden: „Wer, um sich oder Anderen mit dem Schaden eines Dritten einen Gewinn zu verschaf⸗ fen, das Amtsgeheimniß verletzt ꝛc.“ Es können leicht Fälle vor— kommen, die unter den 8. 374 fallen, aber dann einer zu harten Strafe unterliegen. Wenn sich z. B. eine Partei an einen Registra⸗ tor wendet, um über die Lage ihres Prozesses oder über die Lage ihres schriftlichen Antrags Auskunft zu erlangen, und sie sich dann bewogen fühlt, mit Rücksicht auf die Mühe, welche der Registrator mit dem Aufsuchen der Akten 2c. gehabt hat, ihm 15 Sgr. oder 1 Rthlr. zu geben, so könnte das erste Alinea gegen ihn angewendet, er kassirt und noch mit einem Jahre Strafarbeit belegt werden. Diese Härte würde obige Fassung verhüten.

Regierungs⸗-Kommissar Bischoff: In dem beispielsweise erwähn⸗ ten Falle würde von einem pflichtwidrigen Bruch des Amtsgeheim⸗— nisses nicht die Rede sein. Ist dies aber der Fall, so ist es gleich⸗ gültig, ob einem Anderen nur Schaden zugefügt oder auch gleichzei⸗ tig ein Gewinn herbeigeführt werden soll.

Marschall: War es die Absicht des Abgeordneten Grabow, dies zum Gegenstand eines Antrags zu machen? .

Abgeordn. Grabow: Ich hatte meinen Vorschlag nur als Fas⸗ sungsbedenken hingestellt; ist aber die Materie selbst bestritten, so muß ich über meinen Antrag abstimmen zu lassen bitten.

Marschall: Es wäre also zu ermitteln, ob der Antrag die nö⸗ thige Unterstützung von 8 Mitgliedern findet.

(Es erheben sich mehr als 8 Mitglieder.)

Er hat sie gefunden.

Abgeordn. von Auerswald: Ich kann mich dem Antrage nicht unbedingt anschließen, obgleich 8. 374 und seine Strafbestimmung großes Bedenken für mich hat. Ich finde im Paragraphen fehlerhaft, daß unter allen Umständen Cassation und Strafarbeit festgesetzt ist, und glaube, daß er deshalb eine andere Fassung erhalten muß. Mein Anträg würde dahin gehen, daß es hieße: Gefängniß und Straf—⸗ arbeit bis zu drei Jahre und Amtsentsetzung und unter erschwerenden Umständen mit Cassation. Daß so schwere Fälle vorkommen können, wo die Cassation in der Ordnung ist, will ich zugeben, glaube aber auch, daß viele Fälle vorkommen können, bei denen Cassation und Strafarbeit als eine wahrhaft barbarische Strafe erscheinen würden. Ich stelle anheim, ob die verehrten Mitglieder, welche bereits Anträge gestellt haben, sich diesem Autrage anschließen wollen.

Abgeordn. Sperling: Der Herr Kommissar hat einen Fall an— geführt, der schwerer sein soll, als der meinige. Ich kann mich da— mit nicht einverstanden erklären. Der Richter hat durch Mittheilung eines Urtheils einem Anderen Veranlassung gegeben, den Vergleich ab⸗ zuschließen. Auch der Gewinn, den Letzterer durch den Vergleich u hte, kann noch ein rechtlicher sein, da Urtheile selbst in gleichen Fällen nicht gleich ausfallen; auch für diesen Fall dürfte das Diszi= plinargesetz ausreichen, um das Vergehen des Richters gebührend zu bestrafen. Durch den 8. 74 sollen besonders ausgezeichnete Fälle be— dacht werden. Diese müssen deshalb näher charakterisirt werden, und solches geschieht eben dadurch, wenn wir aussprechen, daß der Ge— winn, welchen ein Richter bei Mittheilung eines Geheimniffes für sich oder einen Anderen sucht, ein rechtswidriger sein müsse.

Marschall: Der Abgeordnete hat sich nicht darüber ausgespro⸗ chen, ob er dem Antrag des Abgeordneten von Auerswald beitritt.

Abgeordn. Sperling: Ich trete zwar dem Antrage bei, möchte aber meinen Antrag nicht gern aufgeben, weil ich den von mir be⸗— autragten Zusatz für zweckmäßig halte.

Justiz⸗Minister von Savigny: Ich will mich zuvörderst er⸗ klären über das, was das Mitglied aus Preußen angeführt hat, es müßte der Härte, welche in dem von ihm angeführten Jalle liege begegnet werden durch den Zusatz „rechtswidrig“. Ich frage: würde man es nicht für rechtswidrig halten, wenn ein Registrhtut Vennmter sich dafür bezahlen läßt, daß er über den Juhalt der ven ihm auf. bewahrten Akten einer Partei Mittheilungen macht? Es wird wohl keinem Zweifel unterliegen, daß es rechtswidrig ist. Dem, was das Mitglied aus der Mark angeführt hat, muß ich entgegnen, daß der Fall, welchen er anführt, nicht unter 8. 371, sondern unter §. 375 also unter den Begriff der Bestechung fallen würde, indem der Be! amte Geld in seinem Amte genommen hat. Ich glaube, daß Alle diese Fälle nicht passen, um eine Abweichung von dem Inhalte des Entwurfs zu motiviren. 69

Abgeordn. Sperling: Der Herr Minister hat mir Worte in den Mund gelegt, die ich nicht gesprochen habe. Ich habe nicht gesagt, daß der Registrator Geld bekommen habe.

(Mehrere Stimmen: Das war Grabow.)

So bitte ich um Entschuldigung.

Abgeordn. Grabow: In Beziehung auf das, was der Herr Minister hinsichtlich meines Falls bemerkt hat, bin ich der Meinung, daß der §. 375 auf mein Beispiel nicht bezogen werden kann. Es ist En gewöhnlich, daß, wenn man vom Registrator eine unschädliche

uskunft erbittet und er sie ertheilt, die Partei alsdann oft glaubt, sie könne dies nicht unentgeltlich verlangen. Dies würde, wie der 5. 375 voraussetzt, „eine Verletzung der Amtspflicht“ doch keinesweges enthalten. Der Beamte hat nur für eine Partei etwas gethan, was nicht gegen sein Amt verstößt. Man könnte seine Hand⸗

Ist das der Antrag des Abgeordneten Sperling? ö nämlich das Wort „rechts⸗

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lung aber mit unter den §. 374 stellen, und beshalb möchte ich wün⸗ schen, daß ausgesprochen werde, es müsse der Gewinn mit dem Scha— den eines Dritten erzielt sein. ö

Marschall? Der Abgeordnete von Auerswald wünscht, daß die Strafe des Gesetzes umgeändert werde in Gefängniß oder Strafar—= beit bis zu 3 Jahren und unter erschwerenden Umständen mit Cassa— * Es fragt sich, ob dieser Antrag die ersorderliche Unterstützung ndet.

(Wird hinreichend unterstützt.)

Er hat sie gefunden.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich muß mich den beiden Anträgen der Abgeordneten aus Königaberg und Prenzlau entschie—⸗ den entgegensetzen. Meiner Meinung nach liegt der Begriff des Verbrechens darin, daß es heißt: er solle die Amtsverschwie— genheit verletzt haben. Es ist also nicht jede Auskunft, die ein Registrator etwa ertheilt, straffällig, sondern nur da, wo er etwas sagt, zu dessen Verschweigung er durch seinen Amseid oder

durch seine Dienst-Instruction verpflichtet ist. Wenn er diese Ver—

schwiegenheit verletzt, so ist das unter allen Umständen eine rechts⸗ widrige Handlung, und es braucht Frechtswidrig“ nicht hinzugefügt zu werden, es wäre mindestens eine Teutologie. Wenn das richtig ist, so ist es auch nicht nothwendig, daß Beides kumulativ sein muß, „gewinnsüchtige Absicht und Absicht, zu schaden“, sondern das eine wie das andere wird hinreichend sein, um die strafbare Handlung zu konstatiren. Ich werde mich daher entschieden dagegen erklären, da durch beide Anträge die Sache in eine Lage kommt, die nicht ange— messen ist. Dem Antrage des Abgeordneten von Auerswald aber, die Strafe zu ermäßigen, würde ich beitreten können.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich will mich ent⸗

schieden dem Antrage des Abgeordneten aus der Provinz Preußen anschließen. Ich habe nur gehört, daß hier immer nur von der Verschwiegenheit richterlicher Beamten die Rede ist. Dieser Para—⸗ graph begreift aber alle Beamte. Es giebt aber wohl Fälle, die von Vielen nicht so wichtig aufgefaßt, und deshalb von Manchen nicht für solche Vergehen gehalten werden würden, a's der Paragraph sie bezeichnet. Es schwebt mir ein solcher Fall vor. Es ist in einer Provinz entschieden die Befürchtung, daß Noth eintreten werde. Es wendet sich Jemand an einen seiner Bekannten, der bei der Verwal⸗ tung angestellt ist, und fragt denselben, ob vom Staate Ankäufe unternommen werden dürften, um danach über seine eigenen Vorräthe sich zu bestimmen. Wenn nun eine solche Mittheilung von einem Beamten erfolgt, um vielleicht auch dem Anfragenden selbst einen Gewinn zufließen zu lassen, indem er länger noch mit dem Verkauf seines Getreides zu warten sich entschließt, so möchte für einen solchen Fall eine so harte Strafe doch immer zu hoch sein. Ich trete daher unbedingt der Ansicht bei, daß der Paragraph so gefatzt werde, daß nur unter erschwerenden Umständen die harte Strafe der Cassation eintrete. Referent Abgeordn. Freiherr von Mylins; Ich muß mich doch für den Paragraphen aussprechen, denn die Strafbestimmung ist völlig gerechtfertigt. Der Staat befindet sich in der Lage, daß er der Be⸗ wahrer fremder Geheimnisse ist. Diese Geheimnisse sind in die Hände der Beamten niedergelegt, es ist der Staat daher befugt und gezwun⸗ gen, dergleichen Beamte, welche die Dinge, welche ihnen wegen ihres Amtes anvertraut sind, nicht zu verschweigen vermögen, aus seinem Dienste zu entfernen und für unfähig zu jedem Amte zu erklären. Es ist schon mehrmals hervorgehoben worden, daß im Herabsetzen der Strafe keine Erleichterung liegt, sondern das Strafgesetz in seiner Anwendung erschwert wird, bei gar zu gelinden Strafen eher zu fürchten, daß unerhebliche Dinge gestraft werden, während man das Gesetz nicht anwenden wird, welches eine schwere Strafe androht. Durch eine schwere Strafe wird eine Garantie dafür gegeben, daß nicht Geringfügiges unter Strafe gestellt werde. Ich glaube daher, daß es gerade im Interesse einer nicht harten Anwendüng des Ge— e gerechtfertigt ist, sich für Beibehaltung der Bestimmung aus zu⸗ sprechen.

Abgeordn. von Saucken⸗Tarputschen: Ein Wert zur Berichti⸗ gung. Ich habe mich vielleicht falsch ausgedrückt, denn ich bin falsch verstanden worden; ich habe nicht gemeint, daß der Beamte eine Speculatien damit beförden soll, sondern daß er durch seine Mitthei— lung vielleicht nur hindert, daß das Getreide nicht in's Ausland ge— schickt wird, sondern daß der Besitzer desselben es in der besten Ab⸗ sicht vielleicht zurückbehält, um es der Regierung später anzubieten, wodurch aber dem Spekulanten, der durch Verkäufe Gewinn gesucht, doch dieser entzogen, also einem Dritten Nachtheil verursacht wird, und in dieser Rücksicht wünsche ich auch mildere Strafe.

Abgeordn. Steinbeck: Das geehrte Mitglied von Prenzlau hat den Fall dieses Paragraphen in seiner höchsten und schärfsten Bedeu⸗ tung klar vorgehalten; in dieser höchsten Bedeutung, wo Gewinn und Schaden sich kumuliren und wo die Person, die das Verbrechen verübt, eine richterliche Person ist, ist das Strafmaß in dem Parg—⸗ graphen, wie ich glaube, vollkommen begründet; wo aber diese höchste Bedeutung nicht stattfindet und wo die Person auch nicht eine richter—⸗ liche ist, trete ich vollständig dem Amendement bei, welches das ge— ehrte Mitglied aus der preußischen Ritterschaft vorgeschlagen hat. Das, was das verehrte Mitglied, welches so eben noch das Wort genommen hatte, vortrug, ist das, was ich hierbei der hohen Ver— sammlung besonders bemerkbar machen wollte. Nämlich: in der Administration kommen viele Fälle vor, wo ein Beamter die Amts⸗ verschwiegenheit heut bricht, um nicht sich, sondern einem Anderen einen Gewinn zu verschaffen. Der zweite Fall, mit dem Schaden, ist dabei möglich, und es kann dieser Fall eintreten, während der Beamte nichts weniger im Sinne hat, als einem Anderen Schaden zuzufügen, der Schaden aber sich in einer Eulpa des Beamten von elbst entwickelt. Ich berufe mich, um ein Beispiel aus einer niederen Sphäre, nämlich aus der unterirdischen, zu geben, auf die Bergbeam— ten. Hier kommt der Fall öfters vor, wie ein Beamter Jemanden mittheilt, daß da oder dort ein guter Fund zufällig gemacht sei, und er Muthung darauf einlegen könnte. Der Beamte thut das in der besten Absicht, kann aber durch diese Mittheilung einer benachbarten Grube insofern großen Schaden zufügen, als diese Grube das be- treffende Feld zugemuthet haben würde. Ich habe gerade diesen speziellen Fall als Beispiel gewählt, weil in ihm prägnant hier beide Fälle, der Gewinn und der Schaden, so klar nebeneinander , im Gewinn steckt hier kein Dolus seitens des Beamten, aber die Culpa bewirkt Schaden. Es sind diese Fälle in diesem, wie in manchem anderen Zweige so unendlich oft möglich und so verschieden, daß ich bekenne, es würde für die Administrationsbeamten aus diesem Paragraphen die allergrößte Härte entstehen, und ich werde mich freuen, wenn das vorgeschlagene Amendement den Beifall der Ver⸗ sammlung findet.

. Regierungs- Kommissar Bischoff: Zur Erläuterung des Entwurfs

ist zu bemerken, daß in dem Falle, der zuletzt erwähnt wurde, bloße

Fahrlässigkeit vorliegt, und es nicht die Absicht ist, denselben hier

unter Strafe zu stellen; er fällt dem Geblete der Disziplin anheim.

Es handelt sich hier nur von der verbrecherischen Absicht, bie in einer doppelten Richtung vorhanden ist, entweder in der Absicht, sich einen Gewinn zu verschaffen, oder in der Absicht, Anderen zu schaden.

Abgeordn. Zimmermann: Der erheblichste Fall, der gerade zu den gi. Bedenfen Veranlassung 22 e, die hier angeregt

worden sind, ist offenbar der, daß Jemand die Amtsverschwiegenheit verletzt, um einem Anderen Vortheil zu verschaffen. Dieser Vortheil kann auf der einen Seite so außerordentlich gering sein, und das mitgetheilte Amtsgeheimniß so unerheblich, daß der Thatbestand des Verbrechens an und für sich zwar vollkommen klar daliegt, die Anwendung der strengen Strafe der Cassation und einer drelmonat= lichen Strafarbeit auf keinen Fall aber gerechtfertigt ist. Es ist von den geehrten Rednern schon hervorgehoben worden, daß die Strafe am meisten bei denjenigen Beamten hart erscheint, die in der admi— nistrativen Parthie arbeiten. Ich muß darauf besonders aufmerksam machen, daß der Begriff der Amtsverschwiegenheit und die Bedin— gungen der Amtsverschwiegenheit nirgends gesetzlich regulirt sind, daß sogar Zweifel darüber obwalten, ob in desem oder jenem Falle Amte⸗ verschwiegenheit erfordert werde oder nicht. Ich muß bitten, das besonders in's Auge zu fassen: Können wir nicht verkennen, daß wir über die Natur dieses Verbrechens so sehr in Zweifel sind, berechtigt es nicht zu der Annahme, daß eben solche Zweifel für den Richter obwalten. Meines Erachtens kann dies für den Richter eben so zweifelhaft sein; hält der Richter selbst die Sache für zweifelhaft, so wird häufig der strengere Charakter des Richters allein den Ausschlag geben, und für ganz leichte Fälle sofort die Strafe der Cassation und Strafarbeit von 3 Monaten, (Eine Stimme: Von 3 Jahren)

im Minimum von 3 Monaten eintreten. Sollte der Beamte Jeman— den beschädigt haben, so versteht sich von selbst, daß er verbunden ist, dem Beschädigten Eisatz zu leisten. Die Hauptsache ist aber, daß Jemand aus wohlmeinender Absicht etwas mittheilen kann, was er selbst nicht in den Begriff der Amtsverschwiegenheit rechnet, ein stren= ger Richter aber für einen Bruch der Amtsverschwiegenheit halten wird, darin liegt das Hauptbedenken gegen die Strenge der Safe im Minimum dieses Palagraphen. Das Allgemeine Landrecht unter— scheidet ausdrücklich, ob die Amtsverschwiegenheit verletzt ist gefähr— licherweise, oder ob minder wichtige Veranlassungen vorgelegen haben. Der Ausdruck „gefährlicherweise“ ist allerdings als ein solcher Aus—= druck anerkannt, dessen Auslegung die größten Schwierigkeiten dar— bietet. Insofern ist er aber nicht zweifelhaft, daß er offenbar das Verbrechen in seiner schlimmsten Bedeutung charakterisiren, und für diesen schlimmsten Fall spricht das Allgemeine Landrecht weder Cassa—⸗ tion noch Strafarbeit aus, vielmehr soll der Beamte nur seines Amtes verlustig gehen, und eine zeitige Gefängnißstrafe verwirkt haben; er kann daher im Sinne des Landrechts nicht über 6 Wochen Gefängnißstrafe erleiden. Mir scheint in diesen Bestimmaungen des Landrechts ein Anerkenntniß der Zweifelhaftigkeit dieses Verbrechens an und für sich zu liegen, und wenn nun gar kein besonderer Grund hat hervorgehoben werden können, das Strafmaß zu steigern, so scheint mir es auch ganz gerechtfertigt, dasselbe für den vorliegenden Entwurf auf ein geringeres Minimum zu stellen, als es hier vorge⸗ schlagen ist. Seitens des geehrten Abgeordneten von Preußen ist bereits ein zweckmäßiger Antrag gestellt, dem ich ebenfalls beipflichte.

Abgeordn. Freih. von Gaffron: Ich erkenne die Ansichten, die der Herr Referent vorhin entwickelt hat, vollkommen an, daß der Staat im Besitze vieler persönlichen Geheimnisse sei und daß die Uebertretung der Amtsverschwiegenheit hinsichtlich dieser Geheimnisse, von Seiten eines Beamten, in Rücksicht der Verpflichtung des Staats gegen die Einzelnen zu bestrafen sei; dessenungeachtet finde ich den Paragraphen in seiner vollen Anwendung zu hart, und will nicht wiederholen, was der geehrte Redner vorhin gesagt hat. Wenn der Herr Referent erwähnte, daß durch die Anwendung des obigen Amendements, durch die milderen Strafen in weniger gravirenden Fällen die Sache für den Beamten schlimmer stehe ndem der Rich⸗ ter dann mehrere Fälle als strafbar anerkennen werde, so muß ich dem widersprechen; mir scheint es ein gefährliches Spiel, wenn es auf die Ansicht des Richters allein ankommen soll, ob er bei dem Bestehen der ausschließlich harten Strafen einen Fall der Verletzung der Amtsverschwiegenheit als strafbar oder straflos erkennen will, wie bereits der Abgeordnete der Stadt Spandau entwickelt hat. Ich schließe mich also dem Amendement des ritterschaftlichen Abgeord⸗ neten aus Preußen vollkommen an. . (Ruf zur Abstimmung; der Abgeordnete von Auerswald verzichtet

auf das Wort.)

Marschall: Die Diskussion ist also für geschlossen zu erklären und wir kommen zur Abstimmung. Die erste Frage bezieht sich auf den Antrag des Abgeordneten Sperling.

Abgeordn. Sperling: Ich will nunmehr meinen Antrag zurück— ziehen und mich mit dem Amendement des Abgeordneten von Auers⸗— wald zufrieden erklären.

Marschall: Dieser Antrag wird also keine Veranlassung zur Fragestellung geben, und die erste Frage ist nun zu richten auf den Vorschlag des Abgeordneten Grabow, die zweite auf den Vorschlag des Abgeordneten von Auerswald. Die erste Frage heißt:

Soll beantragt werden, den Eingang des 8. 374 so zu fassen: „Wer, um sich oder einem Anderen mit dem Schaden eines Tritten Gewinn zu verschaffen u. s. w.“? und die das beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. (Nach erfolgter Abstimmung:) ö Dem Antrage ist nicht beigetreten. Die weitere Frage heißt: Soll beantragt werden, an die Stelle der durch 8. 374 angedrohten

Strafen, Gefängniß oder Strafarbeit bis zu drei Jahren und Amtsentsetzung und unter erschwerenden Umständen die Strafe der Cassation eintreten zu lassen? : Die das beantragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben. (Die Abstimmung erfolgt.) Es ist eine Majorität von mehr als zwei Dritteln beigetreten. . e r Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor): w . Beamte, welche für eine Handlung oder Unterlassung, die eine Verletzung ihrer amtlichen Pflichten enthält, Geschenke oder andere Vortheile annehmen, fordern oder sich versprechen lassen, lind mit Cassation und mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren zu bestrasen. Zur Anwendung dieser Strafen ist nicht erforderlich, daß die versprochene Pflichtwidrigkeit wirklich begangen worden ist. Die Abtheilung hat nichts zu erinnern gehabt. Marschall: §. 376. . Referent Abgeordn. Freiherr 89 Molius (liest vor) . ö. . Beamte, welche für ae, sich nicht pflichtwidrige Handlung Geschenke oder andere Vortheile aunehmen, fordern oder sich ver— sprechen lassen, zu denen sie gesetzlich nicht berechtigt sind, sollen mit Geldbuße bis zu fünfhundert halern ber mit KHefängnißstrafe und nach Umständen zugleich mit Anmts-Entsetzung bestraft werden.“

Das Gutachten lautet: s. ö. „Zu S. 376.

Die Abtheilung war einstimmig der Ansicht, daß statt pflicht= widriger Handlung gesagt werden müsse Amtshandlung, und hinter bem Worte „Handlungen“ die Worte einzuschalten:

zu deren unentgeltlicher Leistung sie durch ihr Amt verpflichtet sind, ̃ . indem nur in diesen Fällen eine Strafe gerechtfertigt.

Es ward ferner bemerkt, daß die Geldbuße zu hoch. Einen

Antrag, dieselbe 9. 50 a . ermãaßigen, hat die Abtheilung it 1 2 Stimmen * . 2 g, Taff der Abtheilung J T. seitens des Gou⸗ vernements gegen die von der Abtheilung vorgeschlagene Einschal⸗ tung e , n. Wenn keine Bemerkung erfolgt so ist anzunehmen, die Versammlung dem Autrage der Abtheilung beigetreten ist. dieß Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor): 6

Wer einen Beamten durch Anbieten oder Gewähren von Vor— theilen zu einer das Amts Verhältniß betreffenden Handlung oder Uinterlassung zu bestimmen sucht, soll mit Geldbuße bis zu fünf— hundert Thalern oder mit Gefängniß bestraft werden. ö. Liegt diesem Unternehmen die Absicht zum Grunde, sich oder Anderen Gewinn zu verschaffen oder Anderen Schaden zuzufügen, und ist zugleich die Handlung oder Unterlassung, wozu der Beamte bestimmt werden sollte, eine pflichtwidrige, so ist auf Verlust der Fhrenrechte und Strafarbeit bis zu fünf Jahren und zugleich auf Heldbuße bis zu eintausend Thalern zu erkennen.

Diese Strafbestimmungen treten auch ein, wenn solche Hand⸗ lungen in Beziehung auf Wachtmannschaften oder andere im Dienst besindliche Militairpersonen begangen werden.

Die zum Zweck einer Bestechung gegebenen Geschenke (688. 375, 376) sind dem Fiskus verfallen.“

Das Gutachten lautet:

„Zu F. 87

Es war der Antrag gestellt, das erste Alinea ganz wegfallen zu lassen, da es nicht straffällig sein könne, einen Beamten, selbst durch Gewährung eines Vorthells, zu einer Handlung zu bestimmen, die weder durch sein Amtsverhältniß noch eine allgemeine Vorschrift ver⸗ boten. Wenn andererseits auch eingewandt ward, daß die Integrität des Beamtenstandes gegen eine jede Versuchung zu schützen, welche dahin gehe, unter dem Scheine einer erlaubten Gefälligkeit eine mit dem Beamten -Verhältniß nicht zu vereinigende Berücksichtigung von Privatinteressen zu erstreben, so hat die Abtheilung jedoch mit 13 gegen 2 Stimmen beschlossen,

die Streichung des ersten Alinea in Antrag zu bringen.

Auch auf Streichung des zweiten Alinea war angetragen worden, indessen hat diesen Antrag die Abtheilung mit 11 gegen 4 Stimmen abgelehnt; indem die dort bezeichnete Handlung hinsichtlich der in dem Alinea genannten Personen eine unzweifelhafte Pflichtwidrigkeit dar— stelle und daher auch diejenigen mit Strafe zu bedrohen seien, welche die Urheber und Anstifter dieser Pflichtwidrigkeit geworden. Hin⸗ sichtlich des Strafmaßes ward erinnert, daß es zweckmäßig, jedenfalls die Gefängnißstrafe als alternative Strafe bei diesem Vergehen ein— zuführen und unter mildernden Um sänden auf Gefängnißstrafe allein und ohne Verbindung mit einer jeden Ehrenstrafe eintreten zu lassen.

Die Abtheilung beschloß

1) mit 8 gegen 6 Stimmen:

für alle Fälle die Gefängnißstrafe als alternative Strafe in Vorschlag zu bringen,

und einstimmig, darauf anzutragen, daß bei mildernden Umständen die Gefängnißstrafe ausschließlich und ohne Verbindung mit einer jeden Ehrenstrast angedroht werde.“

Justiz-Minister von Savigny: Der erste Antrag der Abthei— lung geht also dahin, das erste Alinea wegfallen zu lassen, das heißt, abzusehen von aller Bestrafung desjenigen, der einen Beamten durch Gewährung eines Vortheils zu einer das Amtsverhältniß betref— fenden, aber nicht gerade pflichtwidrigen, Handlung zu bestimmen sucht. Ich glaube, daß dieser Antrag nicht ganz konsequent ist. Es ist schon beim vorigen Paragraphen anerkannt, daß in diesem Falle die Handlung des Beamten, der den angebotenen Vortheil annimmt, eine strafbare ist; ist aber diese Handlung strafbar, so muß auch die Handlung des Anderen, der den Beamlen zu der straf— baren Handlung verleitet, für strafbar gehalten werden. Ich glaube also, daß es unrecht sein wird, den Beamten zu hestrasen ünd den, der ihn dazu verleitet, ungestraft zu lassen. Es ist ein ähnlicher Fall, wie der, der weiter oben bei dem Ehebruch vorgekommen ist, wobei der dritte, am Ehebruch Mitschuldige auch bestraft werden soll. Warum? weil, wenn sich ein solcher nicht dazu bereit fände, ein Ehebruch unmöglich, selbst bei dem besten Willen des Ehegatten hätte stattfinden können. Es ist hier ganz derselbe Fall. Was den anderen Antrag anlangt, im Fall des zweiten Alinea eine alternative Gefängnißstrafe hinzuzufügen, so würde dagegen nichts zu sagen sein. Was aber den letzten Antrag betrifft, bei mildernden Um ständen den Wegfall der Ehrenstrafe zuzulassen, so muß ich ihn für bedenklich erklaren. Denn wer das thut, was hier im zweiten Alinea bestimmt ist, thutg glaube ich, immer etwas Ehrloses, und ich würde es nicht für gerechtfertigt halten, wenn hier Gefängnißstrafen allein (ohne Ehrenstrafe) zuerkannt werden könnten. ĩ Referent Abgeordn. Freiherr von Mylins: Die Abtheilung ist nicht. inkonsequent gewesen; ich mache darauf aufmerksam, daß bei §. 375 nach der von der Attheilung vorgeschlagenen Fassung der Begriff etwas anders bestimmt worden ist, als der Entwurf gethan. Nach der Fassung, wie sie im 8. 376 vorgeschlagen, ist nicht jeder Beamte unter Strafe gestellt worden, welcher eine nicht pflichtwidrige Handlung vornimmt, in Folge eines Geschenkes, sondern nur der jenige, welcher durch ein solches zu einer pflichtwidrigen Amts hand— lung verleitet ist. In diesem Falle hat er allerdings ein Verbrechen begangen. Nun hat die Abtheilung erwogen, daß auf denjenigen, der außerhalb des Verhältnisses mit dem Staate steht, in welchem sich der Beamte befindet, die Schuld einer solchen Komplizität nicht fallen kann. Was daher der Herr Minister der Gesetzgebung gesagt hat hinsichtlich des Theilnehmers am Ehebruche, so ist das Gleicharkige in die= sem Verhältnisse nicht zu verkennen. Es stehen aber die Ansichten sich hier einander gegenüber, die wegen der Komplizität des Ehebruches damals einander gegenüber standen, und damals ist meine Ansicht gewesen, daß der Complice wegen des Treubruchs des im Ehebunde stehen⸗ den Ehegenossen nicht gestraft werden könne.

Abgeordn. Dittrich: Hier kommt es darauf an, ob der Versuch bestraft werden soll, von dem nur der erste Absatz des Paragraphen redet. Ich stimme überall für die Abtheilung; weil aber das hier aufgestellte Vergehen als Theilnahme angesehen werden muß, so würde §. 100 zur Anwendung kommen. Uebrigens bin ich nicht damit ein⸗ verstanden, daß der Paragraph hierher gestellt werde, und nicht viel⸗ mehr zu §. 125 und 126 zu stehen kommt: dorthin scheint er mir zu gehören.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich wollte ebenfalls die Ab— theilung vor dem Vorwurfe der Inkonsequenz verwahren, der von dem Herrn Minister der Gesetzgebung gemacht worden ist. Es scheint mir keinesweges eine Inkonsequenz in dem Beschlusse zu liegen, son⸗ dern im Gegentheil konsequent sich anzuschließen an das, was früher von der Verfammlung beschlossen worden ist. Der 8. 3356 stellt ohne k die Absicht das Anerbieten von Geld für Amtshand⸗ en a. . Dieses Anerbieten ist aber an und für sich kal urn. rafbare Handlung, weil der, welcher Etwas anbietet,

tande ist, zu beurtheilen, ob der Beamte schuldig ist, die

daß

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Handlungen unentgeltlich vorzunehmen oder ob er sie nicht vor-

nehmen darf, wohl aber hat der Beamte zu beurtheilen, ob er Geld nehmen darf oder nicht, er weiß, ob er verpflichtet ist, dies unent⸗ geltlich zu thun oder nicht, und ob er eines Vergehens schuldig ist, wenn er Geld annimmt; dagegen kann es nicht strafbar sein, Geld anzubieten, es wird nur strafbar, wenn man damit gewinnsüchtige Absichten verbindet, und es scheint also vollständige Konsequenz in dem Vorschlage der Abtheilung zu sein.

Abgeordn. Freiherr von Gaffron: Ich muß mich gegen den Wegfall des Alinea 1. erklären, und zwar aus sittlichen und Anstands—⸗ Rücksichten. Ich schlage die Rechtlichkeit des preußischen Beamten⸗ standes so hoch an, daß er eines Schutzes gegen Versuchung nicht bedarf; ich betrachte aber das Anerbieten von Geschenken doch als etwas Verwerfliches, weil die Absicht auf Gewinn mit Bestechung stets verbunden sein wird. In der öffentlichen Meinung steht derjenige gewiß in sehr ungünstigem Licht, der dem Beamten Geschenke macht, und erachte die Bestimmungen des Paragraphen für zweckmäßig und angemessen.

Abgeordn. Neumann: Wenn auch das Verhältniß an sich keinem Zweifel unterliegen kann, so halte ich doch dafür, daß der Antrag der Majorität vollkommen gerechtfertigt ist, und ich kann dem, was der Herr Justiz-Minister gesagt hat, nicht beitreten. Ich schließe mich zunächst der Ausführung des Vorsitzenden der Abtheilung an, bemerke aber noch, daß, wenn Jemand als Complice des Ehebruches zur Untersuchung gezogen wird, es doch ein wesentlich Anderes ist, als wenn er hier als Cemplice auftritt. Tort weiß, wer dies Ver⸗ brechen begeht, offenbar, daß er nicht straflos sein kann, es handelt sich um ein allgemein als strafbar erkanntes Verhältniß; hier handelt es sich aber darum, daß ein Dritter die Verhältnisse des Beamten beurtheilen soll, dies kann er aber nicht. Nur der Beamte selbst ist im Stande, zu beurtheilen, inwieweit er die Gesetzlichkeit aus den Augen setzt, und seine Pflichten verletzt oder nicht. Ich halte daher dafir, daß der Antrag der Abtheilung begründet ist.

Abgeordn. Grabow: Das Verbrechen, welches hier zur Bestra— fung eigentlich vorliegt, ist nur in dem zweiten Alinen enthalten, und das erste Alinea sollte weiter nichts bezeichnen, als eine Vorsicht, die man gegen den Beamten üben will. Ich glaube aber nicht, daß man nöthig hat, bei der von dem geehrten Redner vor mir anerkannten Integrität unseres Beamtenstandes solche Vorsicht zu üben. Ich bin daher der Ansicht, daß das erste Alinea zu streichen sei, und daß, wenn der übrige Theil des Paragraphen stehen bleibt, das Verbrechen der Bestechung hinlänglich mit Strafe betroffen wird.

Fürst Boguslaw. Radziwill: Ich kann mich der Abtheilung nicht anschließen, daß derjenige, welcher den Beamten zu Amtshand— lungen durch Bestechung anlelten will, straflos bleiben soll. Mir ist aber die ganze Fassung des Paragraphen sehr unklar, besonders ist es mir nicht ersichtlich, warum er gerade hier seinen Platz gefunden, denn der Titel ist überschrieben: „Verbrechen der Beamten“; ich sehe aber, daß hier nicht von Bestrafung eines Beamten, sondern von Jemand, der gegen Beamte Bestechung sich erlaubt, die Rede ist. Wenn der Titel sy gefaßt wäret „Beamte, welche sich bestechen lassen, sollen so und so bestraft werden, auch soll der, der den Bersuch der Bestechung eines Beamten macht, dieser oder sener Strafe unterlie⸗ gen“, so würde mir das mehr der Ueberschrift des Titels angemessen

erscheinen; so aber liegt hier gar kein Verbrechen von Beamten vor. Ich glaube, daß daher füglich entweder der Titel anders gefaßt, oder ihm ein seinem jetzigen Inhalte mehr entsprechender Platz in einem anderen Titel angewiesen werde. ö

Abgeordn. Zimmermann: Ich muß mich entschieden für Strei— chung des ersten Satzes aussprechen; denn nach demselben sollte der⸗ jenige bestraft werden, der einem Beamten Vortheile anbietet für Handlungen oder Unterlassungen, die innerhalb des amtlichen Wir⸗ kungskreises des Beamten liegen, also nicht für ungesetzliche Hand- lungen, sondern für gesetzliche gerechtfertigte. Wenn alle unsete Beaͤmten auf firirter Einnahme ständen, so hielte ich eine solche Be— stimmung für angemessen und richtig. Aber wenn wir uns das Ver— hältniß vieler Beamten vergegenwärtigen, so ist zu beachten, daß sehr viele auf Accidenzien und Einnahmen angewiesen sind, deren Höhe gar nicht einmal fixirt ist; ich erinnere hier beispieleweise an die Geistlichen. Bei ihllen und ähnlichen Beamten kommt es alle Tage vor, daß ihnen für völlig ordnungsntäßige Amtshandlungen Vergütung angeboten wird, das für Beamte dieser Art bei einigen ungesetzlich und eine strafbare Handlung werden kann, bei anderen nicht; denn es giebt viele Beamte, welche in ihrer Amtseinnahme vollständig und überall fixirt so angestellt sind, daß sie nichts anneh— men dürfen, namentlich keine Emolumente, sondern sich mit dem fixir= ten Gehalte begnügen müssen, wogegen andere zu Emolumenten voll⸗ ständig berechtigt sind. Hieraus ergiebt sich, daß derjenige, wer einem Beamten einen Vortheil anbietet, sehr oft durchaus nicht wissen kann, ob der Beamte dazu berechtigt ist oder nicht. Kann man aber nicht wissen, ob das, was man thut, gesetzlich oder ungesetzlich ist, so kann man auch deshalb nicht unter Strafe gestellt werben. Ich trage an, diese Bestimmung in Wegfall zu bringen. .

Korreferent Abgeordn. Naumann: Ich habe zunächst mich für den Antrag der Abtheilung aussprechen wollen, außerdem aber bin ich der Meinung, daß auch die Anträge, welche in der Abtheilung nur die Unterstützung der Minorität gefunden haben, allerdings Be— rücksichtigung verdienen. Die ganze Bestimmung ist, wenn sie ein besonderes Bergehen konstituiren sollen, nur als gegeben zu erachten zum Schutze der Beamten. Ein besonderes Vergehen aber konstituirt sie, wenn man erwägt, daß jede Handlung, die den Beamten zu einer amtlichen Thätigkeit bestinimen soll, deshalb schon unter Strafe ge⸗ stellt werde, also, ganz abgesehen davon, ob etwas Verbrecherisches dabei erstrebt werden soll. Ich kann aber nicht annehmen, daß nur des Beamten wegen eine Handlung als Verbrechen angesehen werden dürfe. Es ist Sache dessenigen, dem etwas zugemuthet wird, zu be⸗ urtheilen, ob es Recht oder Unrecht sei, was ihm zugemuthet wirt, und er hat, ganz abgesehen von einer derartigen Zumuthung, die Folgen feiner Handlung zu tragen. Man muß um so mehr anneh⸗ men, daß die Beamten, die durch besonderes Vertrauen in ihr Amt gebracht worden, Zumuthungen der Art wideistehen werden. Wenn in diesem Paragraphen Handlungen bestraft werden sollen, die an und für sich verbrecherische Zwecke haben, dann gehören sie nicht mehr unter diesem Titel und fallen unter 8. 100, wonach die Complicen bestraft werden. Aus diesem Grunde bin ich der Meinung, daß der Paragraph ganz wegfallen könne, und glaube auch, daß dies die Meinung des Abgeordneten Dittrich gewesen ist. Ich stelle daher den Antrag, den 5. 371 ganz zu streichen. .

Marschall: Wir wollen sehen, ob dieser Vorschlag die erforder— liche Unterstützung findet. 2 r

(Es erheben sich mehr als 8 Mitglieder.) Er hat sie gefunden.

Abgeordn. Graf von Schwerim: Ich habe hier nur Weniges dem gegenüber erwähnen wollen, nämlich daß es sich nach der Mei— nung der Abtheilung hier nicht um einen Versuch zur Bestechung handelt. Der Versuch der Bestechung ist nur, wenn man Jemandem Geld anbietet, um ihn zu einer Pflichtverletzung dadurch zu verleiten. Davon ist aber hier nicht die Rede, denn z. B. sämmtliche General landschafts⸗-Direktoren geben wohl eine besondere Vergütung dafür, daß die Pfandbriefe rasch intablirt werden. Das kann doch keine

verbrecherische Handlung sein, und weil also in diesem Paragraphen kein Versuch der Bestechung liegt, bin ich dafür, daß er gestrichen werde.

Abgeordn. Siegfried: Wenn ich schon an und für sich dagegen sein würde, daß der bestraft werden soll, welcher einem Beamten etwas offerirt, weil es Sache des Beamten ist, sich nicht bestechen zu lassen, da er als Beamter schon diese ersorderliche Gewähr leisten muß, ohne noch eines besonderen Schutzes zu bedürfen, so bin ich noch mehr dafür, den Paragraphen zu streichen, im Hinblick auf die ärmere Klasse der Staatsgesellschaft, die in der Regel auch an Bil- dung zurüchsteht. Meine Herren! Wer den ärmeren Klassen näher steht, die Beamten unter uns, die Herren Landräthe, werden wissen, daß diese Leute, wenn sie Rath oder um Erfüllung eines Wunsches bitten, sehr oft ohne irgend ein Arges im Sinne zu haben, ein Ge⸗ schenk, eine Gabe mitbringen, und an keine Bestechung dabei denken. Sollen diese arglosen Leute nun mit der schweren Strafe bedroht werden? Ich trage auf Streichung des Paragraphen an.

Fürst Wilhelm Radziwill: Ich würde auch damit übereinstim⸗ men, aber es nur für eine Fassungs-Bemerkung halten, daß das, was im ersten Alinea des Paragraphen enthalten ist, in einen an⸗ deren Paragraphen besonders gestellt werde; das Alinea aber ganz wegfallen zu lassen, dafür könnte ich mich unmöglich auesprechen. Mir ist aus meiner Erfahrung bei der Landwehr bekannt, daß die Militair-Beamten, die mit dem Volke zu thun haben, namentlich die Aerzte und Bezirks-Feldwebel, solchen Handlungen här ig ausgesetzt sind, die gerade im ersten Alinea des Paragraphen vorkommen. Es ist fehr schwer, wegen solcher Handlungen Jemand zur Verantwortung zu ziehen und vor Gericht zu stellen, weil diese Geschenke und Ver⸗ sprechungen nur für solche Amtshandlungen angeboten und angenom— men werden, welche gesetzlich sind, diese werden dann nicht nach festen Prinzipien der Gerechtigkeit gewährt, sondern nach Begünstigung unter anderen Gleichberechtigten, welches schwer zu kontrolliren ist, weil es meistens gar nicht zur Sprache gebracht worden. Sind solche Mißbräuche aber überhaupt zu unterdrücken, so ist es nur da—⸗ durch möglich, daß beide Theile bestraft werden, derjenige, der diese Bestechung angenommen, wie Lerjenige, welcher sie angeboten hat. Nehmen wir nun an, daß die Bestechung sich jetzt in den vielfachsten Formen des Geldverkehrs regt, zu dem der niedere Beamtenstand namentlich in vielfachen Beziehungen steht, so können wir nicht streng genug in dieser Beziehung sein. Ich erinnere an das englische Par⸗ lament; wo dort irgend etwas bei einem politischen Charakter vor— kömmt, was im Entferntesten an Bestechlichkeit und Bestechung er— innert, so wird es mit einer unnachsichtlichen Strenge bestraft, wie sie in ganz Europa wohl ihres Gleichen nicht hat. Und eine solche Strenge wünschte ich auch von unserer Versammlung in allem dem ausgesprochen zu sehen, was sich auf Bestechung und Bestechlichkeit bezieht. .

Abgeordn. Dittrich: Das Votum ist, wie ich glaube, bei dem vorhergehenden Paragraphen schon gesprochen. Dasjenige, was der geehrte Abgeordnete aus Preußen zur Unterstützung der Streichung des Paragraphen angeführt hat, muß ich sehr bestätigen. Es spricht aber dafür auch der Uũmstand, daß das Gerücht von der Bestechlich⸗ keit oder Unbestechlichkeit sich sehr bald verbreitet, und wenn bei einem Beamten ein erster solcher Versuch fruchtlos gewagt worden ist, wer⸗ den alle folgenden sehr bald von selbst aufhören.

Justiz⸗Minister von Savigny: Ueber den Inhalt des Para— graphen habe ich mich bereits erklärt, es ist aber auch von mehreren geehrten Mitgliedern die Stellung desselben angefochten worden, in⸗ dem darin eine Person mit Strafe bedroht wird, die nicht unter die Beamten gehört, von deren Verbrechen doch der ganze Titel han⸗ delt. Ich will nur mit zwei Worten den Grund angeben, warum es gut war, den Paragraphen gerade hierher zu stellen. Es wird Niemand darüber zweifeln können, daß der ganze Inhalt desselben in unverkennbarer Verbindung steht mit dem Inhalt des vorherge⸗ henden Paragraphen, weshalb die hier mit Strafe bedrohte Hand- lung viel deutlicher und anschaulicher wird, als wenn wir diese Straf⸗ bestimmung an irgend einen anderen Ort des Entwurfs stellen wollten.

Fürst Boguslaw Radziwill: Ich habe mir nur die kurze Be⸗ merkung erlauben wollen, daß bei dem ersten Alinea die Verleitung zu einer Handlung der Pflichtwidrigkeit meinerseits vorausgesetzt wurde, wovon ich jedoch durch die Bemerkung des Herrn Vorsitzen— den der Abtheilung zurückgekommen bin. Was übrigens die verlangte Streichung des Paragraphen anbetrifft, so halte sch diese nicht für angemessen, sondern ich wünsche nur, daß sein Inhalt an einer anderen Stelle Platz finden möge. Ich habe das auch bloe als Fassungs⸗ bemerkung hingeworfen, ohne dadurch eine Abstimmung hervorrufen zu wollen.

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Ich gehöre auch zu denjenigen, die unseren Beamtenstand in dem ehrenvollen Rufe, den er genießt, gern erhalten möchten, die ihn darin in keiner Weise ge— fährdet zu sehen wünschen. Wenn wir aber eine so harte Strafe durch Annahme des Paragraphen für diejenigen festsetzen, welche unsere Beamten nur in Versuchung führen, so heben und ehren wir sie wahrlich dadurch nicht. Sprechen wir vielmehr durch Streichung des Paragraphen es aus, daß wir unsere Beamten von so ehrenhafter Gesinnung halten, daß wir es nicht für einmal nöthig gefunden haben, zur Abwendung der Gefahr für diejenigen eine Strafe zu bestimmen, die sie etwa in Versuchung führen könnten, und ich stimme gerade gegen den Paragraphen, weil ich ihn für die preußi⸗ schen Beamten unnütz erkenne.

Marschall: Die Berathung ist für geschlossen zu erklären und wir kommen zur Abstimmung. Die erste Frage heißt: Ob auf Streichung des Paragraphen angetragen werden soll? Die zweite Frage wird heißen: Ob beantragt werden soll, das erste Alinea weg⸗ fallen zu lassen? Und die dritte und vierte Frage wird gerichtet sein auf die beiden letzten Vorschläge der Abtheilung.

Die erste Frage also beg, ; e ir

Soll auf Wegfall des §. 377 angetragen we ĩ und die ö n,. werden es durch Aufstehen zu erkennen geber. (Es erhebt sich eine Minorität.) Dem Antrage ist nicht beigestimmt worden. Die zweite Frage lautet: ian cn nn . ersten Alin ea des 6 n, . d, . und die das beantragen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich eine Majoritat.)

ö. . wei Dritte j en. Die Frage ist mit mehr als zwei Dritteln bejaht worder

Die dritte Frage lautet: 82 28699 en beantragt er, men, daß für alle Fälle des §. 377 auch auf

n fache Gefängnißstrafe erkannt werden könne?

4 ö . ohne Verlust, der Ehrenreihte! Marschall: Das ist eben einfache Gefangnißstrafe. . Justiz Minister von Savigny: Der Antrag der Abtheilung

unter 1. geht dahin: neben Strafarbeit als Gegenstand der Wahl bie Gefängnißstrafe zu setzen; die Ehrenstrafe aber, welche in dem Antrage unter 2. erwähnt wird, ist ebensowenig mit Stra arbeit wie lr Gefangniß unvereinbar, d. h. ste ist mit beiden Strafen nicht nothwendig verbunden, kann aber mit beiden besonders verbunden

werden.