1848 / 65 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Marschall: So ist es. Diejenigen also, die die Frage bejahen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich eine ** Anzahl.) ö Eine Majorität von mehr als zwei Dritteln hat dem beigestimmt. Die vierte Frage lautet: ö ; Soll beantragt werden, daß unter mildernden Umständen aus⸗ schließlich auf einfache Gefängnißstrafe, also ohne Verlust der Ehrenrechte erkannt werden könne? und kie dies beantragen wollen, werden es durch Aufstehen zu erken⸗ nen geben. (Es erhebt sich eine große Majorität.)

Mehr als zwei Drittel haben dem Antrage beigestimmt.

§. 378.

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius (liest vor):

9 n,,

Wenn ein Beamter bei Ausübung oder aus Veranlassung seines Amtes einer Ehrenverletzung sich schuldig macht, so soll unter beson⸗ ders erschwerenden Umständen zu der durch das Verbrechen an sich begründeten Strafe die Amtsentsetzung hinzutreten.

Das Gutachten lautet:

„Zu §. 378.

Es ward bestritten, daß derselbe gerechtfertigt, indem nicht ab⸗ zusehen, weshalb der Beamte wegen einer in seinem Amte begange⸗ nen Ehrverletzung eine so erhebliche Schärfung durch die Strafe der Amtsentsetzung erleiden solle, da ihn namentlich Eifer und Liebe für sein Amt und Sorgfalt für die Wahrung der ihm durch dasselbe ge⸗ botenen Interessen leicht zu einer von ihm eigentlich nicht beabsichtig⸗ ten Kränkung eines Anderen führen könne, daß gerade das Amt häufig der Grund fei, wenn der Beamte in Reibungen mit Anderen gera— the, welchen er ohne sein Amt fremd geblieben sein würde. Wenn auch andererseits zwar hervorgehoben ward, daß die Amtspflicht außer der Wahrung des Amtes gebleterisch erheische, daß dasselbe in den Gränzen besonnener Wirksamkeit ausgeübt werde, und daß mit einem entgegengesetzten Verhalten die Würde des Amtes selbst nicht verein—⸗ bar, so hat die Abtheilung doch mit 12 gegen 3 Stimmen beschlossen,

den Wegfall des Paragraphen in Vorschlag zu bringen.“

Die Abtheilung ist aiso der Meinung gewesen, daß es nicht in die Befugniß des Richters zu stellen sei, erschwerende Umstände an⸗ zunehmen und zu sagen: die Strafe soll unter Umständen, die das Gesetz gar nicht bezeichnet, so erheblich erschwert werden, daß die hier vorgeschlagene Strafe gerechtfertigt wäre.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Hauptsächlich zum Schutze des Publikums ist dieser Paragraph aufgenommen. Wenn sich ein Beamter Thätlichkeiten oder andere schwere Ehrenkränkungen gegen das Publikum zu Schulden kommen läßt, so ist das unter Umständen eine genügende Veranlassung, ihn seines Amtes zu entheben. Es ist gesagt worden: „Unter besonders erschwerenden Umständen“; in der Regel soll Amtsentsetzung nicht eintreten.

Abgeordn. Abegg: Ich wollte den Antrag machen daß der Paragraph stehen bleibe, weil ich ihn zum Schutze das Publikums

für nothwendig erachte. Ich achte den Beamtenstand wie jeder An⸗ dere; wenn aber der Fall eintritt, daß ein Beamter von unangeneh⸗ mem Temperamente in einer Stelle ist, in welche er sich häufig Be⸗ leidigungen zu Schulden kommen läßt, so muß der Staat das Recht haben, ihn zu entfernen, und das Publikum muß nicht genöthigt wer⸗ ben, mit einem solchen Manne umzugehen. Ich halte dies auch für die Würde des Beamtenstandes angemessen.

Abgeordn. von Olfers: Ich trete dem gan; bei, was der ge⸗ ehrte Redner aus Preußen gesagt hat ich würde aber die Amtsent⸗ setzzung nur für den Wiederholungsfall beantragen, denn es ist immer zu berücksichtigen, daß ein Mensch sich ükereilen kann;

Abgeordü. von Auerswald: Daß wegen dieses Vergehens außer der gesetzlichen Strafe noch bie Amtsentsetzung ausgesprochen werden soll, kann ich nicht für gerechtfertigt halten, halte ich sogar für eine Ungleichheit vor dem Gesetz, zum Nachtheil der Beamten.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Es wird im §. 378 aus⸗ drücklich voraüsgesetzt, daß die Ehrenkränkung bei Ausübung des Amtes geschehen ist; es handelt sich hier also von einem Amts⸗ verbrechen.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Ich wollte auch, dem beitretend, dem geehrten Abgeordneten aus Preußen erwiedern, daß gerade für die Fälle, welche er meint, die Disziplinargewalt des Staates immer ausreichen wird. Wenn ein Beamter seine Stellung so vergißt, daß er das Publikum fortwährend beleidigt, daß er in eine fortwährend feindliche öppositionelle Stellung zu demselben ge⸗ räth, so hat der Staat Mittel, ihn aus der Stelle zu entfernen. Es ist aber nicht gerechtfertigt, hier in dem gemeinen Gesetze eine beson⸗ dere exzeptionelle Strafe zu begründen.

Abgeordn. Hraf von Schiwerin: Ich habe nichts mehr zu er= wähnen. Der Abgeordnete von Auerswald hat bereits Alles vorge— bracht, was ich sagen wollte. ̃ ö

uf zur Abstimmung.)

Abgeordn. Dittrich; Ich stimme für . n ng des Paragra⸗ phen hauptsächlich deshalb, weil ein gewisser hartnäciger, erbitternder Widerstand es dem Beamten manchmal nicht möglich macht, in sol— chen Jällen nicht auch Mensch zu sein.

Marschall: Die erste Frage bezieht sich auf den Wegfall des Paragraphen, die zweite auf den Vorschlag des Abgeordneten von Olfers, daß die Strafe der Amtsentsetzung nur bei dem Rückfalle eintreten möge. Die erste Frage heißt also

Soll auf Wegfall des §. 378 angetragen werden und die das beantragen, würden es durch Aufstehen zu erken⸗ nen rn hebt sich ö j

(Es erhe er größte Theil der Mitgli

Dem Antrage ist mit einer Majorität K Drit⸗ theilen beigetreten. z

§. 379.

Referent Abgeordn. Freiherr ö. Mylius Ciest vor):

„F89. J79. ;

Beamte, welche die ihnen anvertraute Amtsgewalt mißbre um Jemanden zu einer Handlung, Duldung oder . rechtlich zu nöthigen (8. 264), sollen, mit Gefängniß nicht unter einem Monate oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren und außer= dem nach Umständen mit Amtsentsetzung bestraft werden.“

Das Gutachten lautet:

„Zu §. 379 hat sich nichts zu erinnern gefunden.“ Marschall: S§. 380. Referent Abgeordn. Freiherr 31 Mylius (liest vor):

Beamte, welche bei der Leitung oder Entscheidung von Rechts—⸗ sachen vorsätzlich einer Ungerechtigkeit sich schuldig machen, sollen mit eden und Strafarbeit von einem bis zu fünf Jahren belegt werden.

2 3n gleicher Freiheitsstrafe sind Schiedsrichter zu verurtheilen, 3 . r T ö. . gc , n . eiten vorsätzlich einer Ungerechtigkeit si uldig machen.“ Das Gutachten lautet: ; 24 ö „Zu §. 380. Der 5. 380 gah zunächst zu der Bemerkung Veranlassung, daß

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es wünschenswerth sei, bestimmt auszusprechen, daß von dem Richter gegen seine Ueberzeugung gehandelt worden. Diese größere Be⸗ stimmtheit sei in den 858. 28, 29 und 30 der Einführungs⸗ Ordnung für die Rhein-Provinz gegeben, und es sei zu wünschen, daß die dort in Vorschlag gebrachten Vorschriften, welche sich insbesondere auf das Institut der Geschworenen beziehen, auch hier zur Aufnahme in Vorschlag zu bringen.

Einerseits werde dies deshalb zweckmäßig sein weil die Fille abweichender Bestimmungen für die verschiedenen Landestheile nur auf die dringenste Nothwendigkeit zu beschränken, diese aber hier nicht vorliege, anderentheils auch im Interesse der älteren Provinzen grö⸗ ßere Bestimmtheit zu wünschen, so daß, wie dies im rheinischen Recht der Fall, die Bestechung oder doch Verleitung in den Begriff des hier gebildeten Verbrechens aufgenommen werde. Eine Folge der Aenderung müsse sodann die Erhöhung der Strafart sein, indem durch die größere Beschränkung, welche dem Verbrechen gegeben, dasselbe eine Schwere erhalten, bei welcher nur Zuchthausstrafe gerecht⸗ fertigt sei.

Die Abtheilung trägt einstimmig darauf an, die Aenderung des S. 380, unter Aufnahme der 8§§. 29 und 30 des Einführungsgesetzes, an dieser Stelle in Vorschlag zu bringen, war jedoch der Ansicht, daß die Fassung der an die Stelle des z. 380 tretenden Bestimmun— gen der Final-Nedaction zu überlassen sei.“

Die Abtheilung ist zu diesen Anträgen aus den von mir vor⸗ getragenen Gründen und namentlich dadurch veranlaßt worden, daß es sich hier jedenfalls um ein schweres Verbrechen handle, daß aber, wenn ein schweres Verbrechen eingetreten sei, auch eine größere Be⸗ stimmtheit der Bezeichnung des Sirafbaren in dem Gesetz wünschens⸗ werth, daß also auch die Zuchthausstrafe unter allen Umständen ge— rechtfertigt sei.

Abgeordn. Dittrich: Ich trete dem Antrage der Abtheilung bei und setze dabei voraus, daß unter den Schiedsrichtern nicht die Schiedsmänner verstanden seien, weil hier von Entscheidungen die Rede ist.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Die Schiedsmänner haben nur den Beruf, Streitigkeiten zu vermitteln und Vergleiche zu stiften; hier handelt es sich vom Kompromiß und den Schiedsrichtern. Was das Gutachten der Abtheilung betrifft, so geht dasselbe, wenn ich es richtig verstanden habe, dahin, daß in Ansehung der Richter die Fassung so gewählt werden soll, wie sie im S. X XVIII. des Ein- führungsgesetzes für die Geschworenen angenommen tit; es fol anstatt „einer vorsätzlichen Ungerechtigkeit sich schuldig machen“ ge⸗ sagt werden „welche ihrer Ueberzeugung entgegen“. Das ist eine Fassungssache und wird bei der Final Redaction erwogen werden, materiell liegt kein Unterschied vor, Hiernächst ist in Ansehung der Geschworenen von der Abtheilung beschlossen worden, daß man sich hin⸗ sichtlich ihrer auf die Fälle beschränken solle, welche gegenwärtig in dem rheinischen Strafgesetzbuche hervorgehoben sind, nämlich die Fälle, wo die Geschworenen sich Geschenke oder andere Vortheile gewähren lassen. Es würde sich danach die Bestimmung in Ansehung der Geschworenen auf den §. XXIX. und S. XXX. der Einführungs- Ordnung be— schränken. Ist dies die Absicht, so würde, da dies gegenwärtig be— stehendes Recht ist, von Seiten der Regierung nichts entgegenstehen, in dieser Art zu verfahren.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich muß mir hierauf eine kleine Gegenbemerkung erlauben; ich glaube, der Herr Kommissar hat die Ansicht der Abtheilung nicht ganz richtig aufgefaßt. Es ist nicht der Sinn, daß die Definition, wie sie im 8. XXVilI. des Einfüh— rungsgesetzes gegeben wird, diesenige sei, die hier aufgenommen werde, daß also, wenn der Nichter wider seine Ueberzeugung handelt, er strafbar fein soll, im Gegentheil ist es die Absicht der Abtheilung, daß eben diese Bestimmung des s. XXVIII. eben so wie die Bestim⸗ mung des Gesetz- Entwurfes zu viel Unbestinmmtheit habe, da man niemals konstatiken könne, ob der Geschworene oder Richter gegen seine Ueberzeugung gehandelt habe, daß daher eben sowohl 8. XXVIlII. des Einführungsgesetzes ausscheiden müsse, wie auch die Bestimmung dieses Paragraphen, und ich glaube, daß nur das, was im S. XXIX. als bei den Geschworenen straffältig erachtet wird, auch bei den Nich— tern als strafwürdig erachtet werden soll. So ist der Sinn des Gut⸗ achtens der Abtheilung, und in diesem Sinne hat die Abtheilung ge— wollt, daß S8. XXIX. und XXX. des Einführungsgesetzes in den Kontext des Entwurfes mit aufgenommen und auf die Justizbeamten im Allgemeinen ausgedehnt werden. .

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Mich dem anschließend, was von Seiten des Herrn Vorsitzenden der Abtheilung gesagt wor⸗ den ist, berufe ich mich darauf, daß dies auch gerade in dem Gut— achten ausdrücklich ausgesprochen worden ist, indem darin gesag; daß für alle Landestheile eine Nöthwendigkeit vorliege, hier dem Gesetze eine größere Bestimmtheit zu geben, und daß daher diese. Bestimmt⸗ heit darin gesucht werden möge, daß wie dies im rheinischen Rechte der Fall, die Bestechung oder doch Verleitung in den Begriff des hier gebildeten Verbrechens aufgenommien werde. Wenn hier das rheinische Recht cinirt worden ist, so sind darunter namentlich Artikel 181 und die folgenden des rheinischen Strafrechts gemeint, wo na—⸗ mentlich zu dem Begriffe des Verbrechens gehört und ausgesprochen worden ist, daß eine Bestechung oder Verleitung, wie der Tert des Gesetzes ausspricht, eine Corruption des Beamten stattgefunden habe, daß eine solche That vorliegt, wo wirklich der Richter gegen seine Ueberzeugung, und zwar in Folge auswärtigen Einflusses, gehandelt hat, daun ein Verbrechen begangen worden ist, welches mit Zucht⸗ hausstrafe belegt werden soll.

Justiz-Minister von Savigny: dene Anträge vor.

(Abgeordn. Graf von Schwerin: Nur einer.) . Einmal ist davon die Rede, es müsse ausdrücklich gesagt werden, daß der Richter gegen seine Ueberzeugung gehandelt habe, dieses steht in der 2ten und Iten Zeile des Gutachtens. Dies ist nun eine reine Fassungfrage, denn das ist einleuchtend, daß der Entwurf dasselbe sagen will in den Worten: „Beamte, welche bei der Leitung oder Entscheidung von Rechtssachen vorsätzlich einer Ungerechtig⸗ feit sich schuldig machen“; ob, der eine oder der andere Ausdruck sicherer und besser ist, das ist, wiederhole ich, eine reine Fassungsfrage⸗ bie Absicht ist entschieden dieselbe. Ein zweiter Punkt, der mehr auf die Sache eingeht, besteht darin: Es soll, wie ich jetzt verstanden zu haben glaube, da mir außerdem das Gutachten nicht völlig klar ge⸗ worden ist, es soll die Absicht der Abtheilung dahin gehen, daß der Paragraph beschränkt werde auf den mit 8, XXIX. des Einführungs. Gesetzes parallel gehenden Fall, dann würde der 8. 389 beschränkt werden müssen auf diejenige absichtliche Ungerechtigkeit, die mit der BVestechung zusammenhängt, so daß diejenige von der Strafe ausge⸗ schlossen wäre, die ohne Bestechung vollzogen wird. Diesem müßte ß mich auf das entschiedenste widersetzen, denn ich muß durchaus behaupten, daß eine absichtliche Ungerechtigkeit ohne Bestechung gleich⸗ falls etwas Schändliches und höchst Strafbares ist, welches unmög⸗ lich mit Stillschweigen übergangen werden darf, Es ist gesagt wor⸗ den, es sei unbestimmt und fehr schwer zu beweisen. daß Jemand wis⸗ sentlich ungerecht, also mit dem Bewußtsein des Unrechts gehandelt habe. Ich gebe zu, daß dies schwer zu beweisen ist, ich bin auch überzeugt, daß §. XWXVIII. und die mit ihm parallel gehenden Arti⸗ kel des theinischen Strafrechts nur in den allerseltensten Fällen zur

Es liegen hier zwei verschie⸗

Anwendung kommen werden, weil es außerordentlich schwer sein wird, so etwas zu beweisen; das hindert aber die Richtigkeit der Sache elbst nicht, und ich muß doch behaupten, daß es nicht unmöglich sei. Es kann geschehen, daß durch eine mündliche oder schriftliche Aeuße⸗ rung diese Absicht ganz außer Zweifel gesetzt und damit die That⸗ sache des Verbrechens festgestellt werden kann. Vor Allem muß ich prinzipiell durchaus widersprechen, daß der Inhalt von §. 380 auf den Fall der Bestechung beschränkt werde. Ich behaupte umgekehrt, in diesem Paragraphen kann von dem Fall der Bestechung nicht die Rede sein, denn dieser fällt unter den 8. 3735 und ist dort gew sser⸗ maßen schärser bestraft, als hier, weil es dort in dem 2ten Alinea heißt: „zur Anwendung dieser Strafen ist nicht erforderlich, daß die versprochene Pflichtwidrigkeit wirklich begangen worden ist.

Es ist die Rede von einer Handlung, wodurch wissentlich eine Ungerechtigkeit begangen wird. Für Bestechung haben wir dabei an diefer Stelle nicht zu sorgen; aber auch der Fall ohne Bestechung muß nach meiner Ueberzeugung unter eine schwere Strafe gestellt werden. Wenn namentlich aus Bosheit und Rache ungerecht gehandelt wird, so ist es gewiß sehr strafbar. Wenn nun dabei gesagt worden ist, wegen der Beschränkung auf den Fall der Bestechung müßte eine besonders schwere Strafe angedroht werden, nämlich Zuchthausstrafe, so will ich dem insofern beitreten, als ich nichts einzuwenden hätte, wenn alternativ Zuchthausstrafe hinzugefügt würde, Es ist aber zu bemerken, daß zu der Freiheitsstrafe hier jedesmal Cassation hinzu⸗ trete, wodurch eine größere Strenge ohnehin schon hereingebracht wird. Mein Antrag geht dahin, in diesem Paragraphen keinesweges eine Beschränkung vorzunehmen durch Hinzufügung der Bestechung, sondern es allgemein stehen zu lassen, wie hier, mit Vorbehalt der Fassung. ö .

Abgeordn. Graf von Schwerin: Die Absicht der Abtheilung ist prinzipaliter dahin gegaugen, die geschworenen und richterlichen Beamten gleich zu stellen und einen Paragraphen zu machen, in wel⸗ chem die Vergehen für die Geschworenen und Richter unter Strafe gestellt werden. Da ist man bei Prüfung von s. 28. des Einfüh⸗ rungs-Gesetzes zur Ueberzeugung gekommen, daß dieser Paragraph nicht anwendbar sei weder auf Geschworene noch auf Richter, weil er nur davon handelt, daß er ein Urtheil wider Ueberzeugung ge⸗ sprochen, die sich aber nicht konstatiren läßt, da man nie wissen kann, b er vor dem Spruch seine Ueberzeugung nicht geändert habe. Es ist also 5. 28, nicht, wie der Herr Kommissar meinte, von der Abthei⸗ lung angenommen, sondern verworfen worden. Dagegen würde von Seiten der Abtheilung nichts gegen das zu erinnern sein, was de Herr Minister der Gesetzgebung angeführt hat, daß auch andere Fälle außer der bloßen Bestechung, insofern dem Richter oder den Geschwo⸗ renen eine vorsätzliche Ungerechtigkeit nachgewiesen wird, unter Strafe gestellt werden können, und, well dies in der Abtheilung in Erwã⸗ gung kam, so hat sie gesagt, sie wolle es der Regierung bei der Finäl-Redaction vorbehalten. Ich glaube, den Sinn der Abtheilung vollkommen angegeben zu haben. . ;

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Ich möchte noch auf⸗ merksam darauf machen, daß im Gutachten S8. 28 des Einführungs⸗ Gesetzes citirt ist und dies zu den Druckfehlern gehört, von denen ich früher gesprochen habe. Wir wollten 8. 28 verwerfen und nur die §§. 29 und 30 aufnehmen in der Weise, wie es gesagt worden ist, sie zu einem Paragraphen zu verschmelzen, und in den Paragraphen die Beschränkung aufnehmen, daß das Verbrechen nur statt finden soll, möge man es nun Bestechen oder Verleugnung der Ueberzeugung rennen.? Es soll nur der objektive Thatbestand festgestellt werden, weil man der Meinung war, daß die Ueberzeugung nicht ein Merk— mal des objektiven Thatbestandes sein könne. . .

Marschall: Nachdem der Vorsitzende der Abtheilung die Absicht des Antrags der Abtheilung dahin erläutert hat, daß sie keinesweges dahin gehe, blos solche Fälle, wo eine Bestechung vorgekommen sei, unter Strafe zu stellen, sondern auch die übrigen, so würde es hin⸗ reichend sein, wenn die Frage gestellt wird: ob die Ver sammlung dem Antrag der Abtheilung beistimmt. .

Abgeordn. Camphausen: Es ist doch noch eine Verschiedenheit vorhanden zwischen dem Vorschlage des Vorsitzenden der Abtheilung und dem des Referenten, der so wie ich ausdrücklich verlangt, daß ein Aeußeres hinzugetreten sei, welches den Richter zu einem ungerechten Spruche verleitete, und daß eine Klage und Untersuchung wegen der Ueberzeugung des Richters absolut ausgeschlossen sei. Ich halte dies unentbehrlich für die Unabhängigkeit des Richteramtes, welche durch das von dem Herrn Minister entwickelte Prinzip gefährdet wäre.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Von einem Urtheilsspruch ge⸗ gen Ueberzeugung des Richters kann niemals die Rede sein, wohl aber kann er sich einer vorsätzlichen Ungerechtigkeit schrldig gemacht haben, auch ohne daß ihm nachgewirsen zu werden braucht, daß er Geld genommen habe., Er, muß vorsätzlich eine Ungerechtigkeit be⸗ gangen haben. Ich bin mit dem Abgeordneten aus Köln vollkom⸗ men einverstanden. Es soll niemals dem Richter gesagt werden kön. nen, Du hast wider Deine Ueberzeugung gehandelt, und deshalb bist Du strafbar. .

Justiz⸗-Minister von Savigny: Ich meinerseits bin mit dem, was der Vorsitzende der Abtheilung angeführt hat, vollkommen ein- verstanden, denn es ist das, was der Entwurf beabsichtigt hat; ich glaube aber doch, daß die Abstimmung um sehr viel sicherer zum Ziele führen wird, wenn man in diesem Augenblick nicht auf die Verbin⸗ bung mit §55§. 28 und 29 der Einführungsordnung Rücksicht nimmt. Diese Rücksicht kann jedes Mitglied bei der Abstimmung leiten, es muß aber jetzt über die Richtigkeit des Paragraphen an sich selbst abgestimmt werden. Der Antrag der Regierung geht dahin, daß sede vorsätzliche Ungerechtigkeit bestraft werde mit den in dem Paragra⸗ phen ausgedrückten Strafen. Aus dem Gutachten ist mir nicht ganz klar geworden, inwiefern die Abtheilung mit diesem materiellen Vor⸗ schlage übereinstimmt oder nicht. Sicherer wird es zum Ziele führen, wenn über den Inhalt des §. 380 abgestimmt wird. . .

Referent Abgeordn. Frhr. von Mylius: Die Abtheilung ist mit dem Inhalt des §. 380 nicht einverstanden, insofern 8. 380 das Kriterium der Strafbarkeit darein legt, daß der Beamte sich einer vorsätzlichen Ungerechtigkeit schuldig gemacht habe, und, sie glaubt, daß zum Begriff der Strafbarkeit erforderlich sei, daß ihm nachge⸗ wiesen werde, daß er zu dieser Ungerechtigkeit durch äußere wahr⸗ nehmbare Merkmale verleitet worden sei, durch Bestechung, durch Einschüchterung und ähnliche Momente. Die Abtheilung hat aber feinen Vorschlag gemacht, sondern gesagt, es müsse dies der späteren Fassung überlassen bleiben, es seien aber gergieichen . Kriterien hereinzubringen, und dabei ist auf das rheinische Recht Bezug genom-

Dor ö k el n. Graf von Schwerin: . Ich für meine Person würde in der zuletzt entwickelten Ansicht des Referenten nicht die Meinung der Abtheilung sinden. Die Abtheilung hat §. 28 des Einführunge⸗ Gesetzes verworfen, aber S8. 29 und 30 angenommen, jedoch nicht pure, sondern es den Final=-Redaction vorbehalten, zu erwägen, ob nicht, was im S; 380 ausgesprochen ist, „rechtswidrige Ungerechtigkeit, die vorsätzliche Ungerechtigkeit“, zu konstatiren sei, ohne daß nachge⸗ wiesen zu werden brauche Bestechung. Wir sind, also mit dem ma⸗ teriellen Inhalte des 8. 380 einverstanden und haben nur gewollt, daß 8§. 2) und 30 des Einführungsgesetzes verbunden werden, weil wir feinen Unterschied machen wollen zwischen Geschworenen und

Erste Beilage

Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Justiz · Beamten und nicht wollen. daß bei * Geschworenen strafbar Flieiben soll, was im Einführungsgeseß 9 steht. Ich habe über⸗ haupt die Abtheilung zu en sch lig n Es lommen mannigfache Fas⸗ fungsfehler vor und die Versammlung wird die Güte haben, diese la gef er., ben Referent hat das Gutachten ausarbeiten müssen und den Druck nicht nachsehen können, weil er so schnell hatte statt⸗ en,, Grabow: So viel ich nich besinne, ist die Abthei⸗ lung der' Ansicht gewesen, daß zwischen Richtern nach altem Verfah⸗ ren und den Geschworenen in Betreff, ihres auf bloßer Ueberzeugung gegründeten Ausspruchs kein Unterschied gemacht werden soll, und eshalb hat die Abtheilung den 8, 28 des Einführungsgesetzes, der gewissermaßen das Grab für die Geschworenen⸗ Gerichte sein würde, streichen wollen. Die Abtheilung war zweifelhaft darüber, was im 5. 330 mit den Worten: „vorsätzlich sich eine Ungerechtigkeit zu Schulden kommen lassen“, zu verstehen sei, und ist der Ansicht ge⸗ wefen, daß durch die ss. 29 und 30 des Einführungsgesetzes dieser unbestimmte Begriff näher zu präzisiren sei. Die Abtheilung hat sich auch nicht verhehlt, daß außer dem äußeren Merkmale der Bestechung es noch andere äußere Merkmale geben könnte, in welchen der 8. 330 eintreten würde, und hat nur im Auge gehabt, daß nicht ins Gesetz fomme „Geschworenen und der Richter, welcher, seiner Ueberzeugung entgegen, das Recht belügt“. Dies allein hat man aus dem Gesetze fortlassen wollen, weil sonst die Unabhängigkeit der Richter und be— sonders der Geschworenen Gerichte vereitelt werden würde.

Marschall: Es müßte also etwa die Frage gestellt werden: ob die Versammlung davon ausgehe, daß bei einer vorsätzlichen Un—⸗ gerechtigkeit nicht blos im Falle einer Bestechung die Strafe einzu— treten habe, daß übrigens gebeten werde, die §§. 29 und 30 der Einführungs-Verordnung in der Finalredaction mit §. 380 zu ver schmelzen und dabei darauf Rücksicht zu nehmen, daß eine Untersu⸗ chung darüber, ob der Richter gegen seine Ueberzeugung gehandelt habe, nicht stattzufinden habe. Da dies die sämmtlichen Gesichts- punkte sind, über welche man sich verständigt hat, so könnte die Ver= sammlung darüber zur Abstimmung kommen:

ob diefer Ansicht beigetreten werde?

Diejenigen, welche der Ansicht beitreten, werden es durch Auf⸗

stehen zu erkennen geben.

(Es erheben sich die meisten Mitglieder.) Die Versammlung hat mit mehr als zwei Drittheilen beige— stimmt.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius (liest vor):

.

Richter, welche mit rechtswidrigem Vorsatze eine Verhaftung vornehmen oder die Haft eines Angeschuldigten verlängern, sollen kassirt und mit Gefängniß oder mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Sind während der Gefangenhaltung dem Verhafteten Mißhand⸗ lungen zugefügt worden, oder sind durch die Art der Behandlung nachtheilige Folgen für die Gesundheit oder die Geisteskräfte des Verhafteten entstanden, oder hat die rechtswidrige Gefangenhaltung über drei Monate gedauert, so soll außer der Caässation Strafarbeit von einem Jahre bis zu funfzehn Jahren oder Zuchthausstrafe bis zu funfzehn Jahren eintreten.“ .

Das Gutachten der Abtheilung lautet:

„Zu S. 381.

Der S. 381, so wie alle folgenden, welche von dem Mißbrauch der Amtsgewalt in Strafsachen reden, gaben zu der gemeinsamen die Fassung betreffenden Bemerkung Veranlassung, daß das Wesen des Anklage-Prozesses eine besondere Rücksicht auf die die Anklage füh⸗ renden Beamten nothwendig machen, indem diese in der Weife, wie es durch die Vorschläge der rheinischen Juristen geschehen, den rich—⸗ terlichen Beamten gleichgestellt werden und daher statt Richter immer Justizbeamte gesagt werden müsse.“ .

Justiz-Minister von Savigny; Es scheint mir das, was hier von Seiten der Abtheilung gewünscht wird, nämlich einen allgemei neren Ausdruck zu wählen staätt des Wortes „Richter“ und dafür zu setzen „Justizbeamte“, vollkommen gesichert durch den Inhalt des §. 387, welcher sagt:

J .

Diejenigen Strafen, welche den Richtern bei den einen Miß brauch der Amtsgewalt in Strafsachen enthaltenden Handlungen an⸗ gedroht sind (65. 381 bis 386), sollen bei gleichartigen Handlungen auch auf andere, Beamte angewendet werden, welche vermöge ihres Amtes bei Ausübung der Strafgewalt mitzuwirken haben.“

Es wird dadurch ganz außer Zweifel gesetzt, daß alle diese Handlungen, wenn sie auch von anderen Beamten als von Richtern vorgenommen werden, unter dieselbe Strafe fallen.

Referent Abgeordn. Freiherr von Mylius: Bedenklich ist die Sache allerdings nicht; in der rheinischen Fassung ist aber immer der Ausdruck Beamte gebraucht. ;

; Abgeordn. von Donimierski: Ich habe dieser Bestimmung schon früher bei den S§. 262 und 263 erwähnt, die von den wider⸗ rechtlichen Freiheits Bergubungen handeln. Es siehen diese Vor⸗ schriften in der genauesten Beziehung zu einander. Es wurde mir damals entgegnet und von dem Herrn Regierungs-Kommissar bestä⸗ tigt, daß in jenen Bestimmungen die Beamten entschieden ausge⸗ schlossen wären; die Motive zu diesem Paragraphen ergeben, daß diese Voraussetzung unrichtig war. Ich erlaube mir, den Usten Satz hergue vorzulesen; „Von den Vorschriften über den Mißbrauch der Amtsgewalt in Strafsachen findet der, 8. Z31 in dem korrespondi—⸗ renden 5. 262 Erklärung und Rechtfertigung.“

99 ü XX OC 96 z den ien, N ů . . 3 u Beamte nicht Anwendung sin⸗ de n,, ffanbar eine Lücke im Gesetz, denn die Be⸗ stimmungen der, SS. 283— 287 handeln nur von vorsätzlichen Ver letzungen, und im §. 262 wird der fahrlässige Mißbrauch der zuste⸗ henden Befugniß bestraft. Ich bin also der Ueberzeugung, daß jene Paragraphen auf die Beamten in Anwendung kommen hnüssen und daher ist 5. 263 dort von großer Wichtigkeit, weil er im Allgemei nen, also auch für die Beamten, bestimmt, wann die Freiheitsberau⸗ bung straflos bleiben soll. Was 8§. 381 betrifft, so verdient die be⸗ stehende Vorschrift des allgemeinen Landrechts den Vorzug, der die—⸗ sem entspricht. Hier in diesem Paragraphen heißt es: „Richter, welche mit rechtswidrigem Vorsatze eine Verhaftung vornehmen“; es wird gewiß sehr selten möglich sein, dem Richter den rechtswidrigen Vor— satz nachzuweisen; ich würde dafür vorschlagen: „welche, den beste⸗ henden Gesetzen zuwider, eine Verhaftung vornehmen“, dann wird man wenigstens im Stande sein, dem Richter den gesetzwidrigen Vor⸗ satz nachzuweisen, da er die Gesetze kennen muß. Der Tte Satz: „oder die Haft eines Angeschuldigten verlängern“, ist eben so unbe⸗ stimmt; man weiß nicht, von welchem Augenblick an die Verlänge⸗ rung strafbar sein soll, und es ist die Bestimmung des Landrechts besser, die ausdrücklich und bestimmt sagt: „Jeder Richter, welcher binnen 2mal 21 Stunden nach der erhaltenen Kenntniß von der Ver⸗ haftung die Untersuchung nicht eröffnet, ist strafbar.“ Für diesen

2ten Fall würde ich die Bestimmung des Allg. Landrechts aufnehmen und die Strafe hier stehen lassen.

Regierungs- Kommissar Bischoff: In den Motiven ist gesagt worden, daß die Bestimmungen der S8. 381 unf. ihre Erklärung und Rechtfertigung fänden in den Paragraphen, die von dem gemeinen Verbrechen der Freiheitsberaubung handeln; das ist kein Widerspruch, sondern eine Bestätigung dessen, was bei den früheren Berathungen gesagt worden ist, nämlich daß die Bestimmungen in 8. 381 u. f. selbstständig gefaßt sind. Allerdings müssen aber diese Vorschriften sich anschließen an die Strafen, die auf Freiheitsberaubung im All⸗ gemeinen angedroht sind, und sie müssen nur eine Schärfung aus dem Grunde erhalten, weil derjenige, der sich eines solchen Ver⸗ brechens schuldig macht, ein Beamter ist. Geht man auf die Be⸗ stimmung des 5. 381 selbst ein, so ergiebt sich, daß hier dieselben Strafen wiedergegeben sind, wie sie im s. 262 standen. Es ist dort im ersten Alinea für das Verbrechen der Freiheitsberaubung im All⸗ gemeinen Gefängniß⸗ oder Strafarbeit bis zu 5 Jahren angeordnet. Dasselbe ist hier geschehen, und es ist außerdem mit Rücksicht auf das die Strafbarkeit erschwerende Verhältniß des Beamten noch die Cas⸗ sation hinzugekommen. Was demnächst das zweite Alinea des S. 262 betrifft, so ist dasselbe wiedergegeben im zweiten Alinea des 5. 381; es ist hier, wie dort, Strafarbeit von 1 Jahre bis zu 15 Jahren oder Zuchthausstrafe bis zu 15 Jahren festgesetzt. Es sind auch hier dieselben Fälle als gravirend und qualisizirend erwähnt worden, wie im §. 262; es fehlt nur die Nr. 4, wo es sich vom Verbrechen der Freiheits-Beraubung gegen leibliche Verwandte in aufsteigender Linie handelt. Diese Ark der Qualification kann bei den Amtsverbrechen nicht releviren und mußte demnach fortfallen.

Wenn endlich gesagt wird, das Allgemeine Landrecht verdiene bei diefer Lehre den Vorzug, so muß ich bemerken, daß das Landrecht im §. 381 Folgendes bestimmt:

„Läßt ein Richter einen Arrestanten über zweimal vierundzwanzig

Stunden, von der Zeit an, da dessen Verhaftung zu seiner Kenntniß gelangt ist, ohne die Untersuchung durch seine oder der Zeugen-Ver⸗ nehmüng zu eröffnen, im Arrest sitzen: so soll derselbe für jeden Tag mit einer Geldbuße von 5 Rthlrn. belegt werden.“ Diese Vorschrift ist an sich ganz unbestimmt; sie erhält ihre eigent- liche Bedeutung erst durch den späteren §. 384. Liegt nun ein rechts⸗ widriger Vorsatz vor, so ist es klar, daß eine Strafe von 5 Rthlrn. Geldbuße für den Tag unangemessen und viel zu gering ist. Des⸗ wegen ist hier im §. 381 für den Fall, daß der Richter mit rechts— widrigem Vorsatze eine Verhaftung vornimmt oder verlängert, unbe⸗ dingt Freiheitsstrafe mit dem erschwerenden Zusatze der Cassation an⸗ gedroht. Allerdings kann der Fall vorkommen, daß ein Beamter nicht mit rechtswidrigem Vorsatze sich des in Rede stehenden Verbrechens schuldig macht, sondern lediglich aus Fahrlässigkeit. Allein für diesen Fall ist nach dem Systeme des Entwurfs nicht hier die Strafe sest⸗ zusetzen, sondern es liegt dann ein Verbrechen aus Fahrlässigkeit vor, welches im Disziplinarwwege gerügt werden muß. Hiernach scheint es, daß man bei den Bestimmungen des Entwurfs im Wesentlichen stehen bleiben kann. ;

; Marschall: Der Abgeordnete von Donimierski hat beantragt, nicht die Strafe des Entwurfs zu ändern, sondern blos den Eingang des Paragraphen dahin zu ändern, daß gesagt wird:; „Michter, welche den bestehenden Gesetzen zuwider u. s. w.“ Rücksichtlich die⸗ ses Vorschlags wäre zuerst zu ermitteln, ob er die erforderliche Un⸗ terstützung findet.

(Wird unterstützt.)

Ingleichen in Bezug auf den zweiten Vorschlag, daß ausge⸗ drückt werde, die Strafe habe einzutreten, wenn der, Richter nach Verlauf von 2mal 24 Stunden nach gemachter Anzeige die Unter suchung nicht eröffnet hat, frage ich, ob dieser Vorschlag Unter⸗ stützung findet.

(Wird unterstützt.)

Andere Vorschläge liegen nicht vor.

Abgeordn. von Auerswald: Ich muß doch gegen den Schluß der Ricke bes Herrn Regierungs-Kommissar noch etwas erinnern. Er sagte, der Vorschlag des Abgeordneten aus Preußen, die Worte „den bestehenden Gesetzen zuwider“ einzuschalten, wäre deshalb nicht anzunehmen, weil eine so harte Strafe nur für den rechtswidrigen Vorsatz festgesetzt werden könnte und weil der Fall, wo ein richter⸗ licher Beamte Jemanden verhaftet, ohne rechtswidrigen Vorsatz und nur aus Fahrlässigkeit, unter einen ganz anderen Begriff gehöre und mit einer Disziplinarstrafe geahndet werden könne. Das vorausge⸗ schickt, mache ich darauf aufmerksam, daß alsdann die Freiheit eines preußischen Unterthanen fast lediglich durch ein Disziplinargesetz vor willkürlicher Verletzung geschützt würde.

Darin bestände also unsere Habeas-Corpus- Akte, einmal daß nur die Furcht vor einer Dösziplinarstrafe, die gegen den Richter

Verhaftung schützen solle, ünd sodann, daß ohne Schutz preisgegeben

rinem nur fahrlässigen Menschen stellen; der Richter, der f eine Verhaftung vornimmt, unterläßt nicht etwas, sondern er begeht eine Handlung, wodurch das heiligste Recht des Staatsbürgers ge⸗ fährdet wird; ihm, der die Gesetze kennen muß, darf eine Fahrläs⸗ sigkeit in diesem Falle nicht zu Gute gerechnet werden. Die Ver⸗ letzung der persönlichen Freiheit bleibt dieselbe, ob man aus Rechts⸗ widrigkeit oder aus Fahrlässigkeit eingesperrt wird, so daß ich kaum eine Bezeichnung dafür weiß, wenn dieses Verbrechen lediglich unter Disziplinarstrafe gestellt werden sollte, und wenn für unsere persön⸗ liche Freiheit gegen die Willkür eines Richters kein anderer Schutz, als der in dem Entwurf gebotene, zu finden wäre. Aus diesen Gründen, wenn kein besserer Vorschlag gemacht wird, werde ich mich dem Antrage des Abgeordneten aus Preußen anschließen, wonach ge⸗ sagt werden soll: „den bestehenden Gesetzen zuwider.“ . Abgeordn. von Donimierski: Ich finde, daß die Ansicht des Herrn Regierungs⸗Kommissar mit der Ansicht des Gesetzgebers nicht übereinstimmt, wie sie sich in den Motiven kundgiebt zu §. 263, wo es am Schlusse heißt:

„Um endlich auch den vorsätzlichen oder fahrlässigen Mißbrauch einer wirklichen Befugniß zur Verhaftung oder Gefangenhaltung eines Menschen, so weit derselbe nicht unter die Bestimmungen des 2bsten Titels fällt, nicht straflos zu lassen, ist im 8. 262 der Zu⸗ satz: „oder mit Ueberschreitung der ihm zustehenden Befugniß“ eingeschaltet worden.“ :

Der Gesetzgeber ging offenbar von der Ansicht aus, daß S§. 362 und 363 auch auf Beamte Anwendung finde, und als Grund hebt derselbe hervor, daß im 8. 281 nur von dem Vorsatze die Rede sei und hier auch der fahrlässige Mißbrauch bestraft werde.

Regierungs⸗Kommissar Bischoff: Wenn im 8. 262 gesagt ist: „Mit Ueberschreitung der ihm zustehenden Befugniß“, so ist damit nur der Fall gemeint, wo Privatpersonen das Recht der Zucht zu—

Kinder.

Sonntag den 5. März.

steht, wie dem Meister gegen den Lehrling, den Aeltern gegen die In diesem Rechte liegt die Befugniß, die demselben unter⸗ worfenen Personen auf kurze Zeit einzusperren. Es geht der Zu⸗ satz im 8. 262 Hand in Hand mit derjenigen Bestimmung, welche sich im Titel von Mißhandlungen und leichten Körperverletzungen sin⸗ bet, und welche später nach einem Beschlusse der hohen Versammlung sortgefallen ist. Es ist dies dort der 3. 244. Mit Rücksicht darauf, daß dieser letztere Paragraph gegenwärtig fortgesallen ist, wird es bel der Finalredaction z erwägen bleiben, ob nicht auch im 8. 262 der Zusatz fortzulassen ist, wie die durch die Konsequenz geboten wird.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich schließe mich den An⸗ trägen der ritterschaftlichen Abgeordneten aus Preußen an, daß im Eingange des Paragraphen die Aenderung gemacht werde wodurch nicht blos die rechtswidrige Entsetzung, sondern auch die Fahrlässig⸗ keit begriffen wird. Ich glaube aber doch, daß, wenn das geschieht, die Gesetzesstrafe geändert werden muß, denn wegen Fahrlässigkeit kann höchstens Amtsentsetzung eintreten, nicht Cassation, da diese nur bei gemeinen Handlungen stattfinden kann. Ich würde daher, wenn dieses Amendement angenommen würde, das fernere Amendement machen, daß auch Amtsentsetzung zugelassen würde. In Bezug auf das Maß der Strafe wird nicht nothwendig eine Aenderung zu machen fein; da kein Minimum festgestellt, so wird hier der Richter immer das Rechte treffen können.

Regierungs⸗Kommissar Bischoffi Wenn dies der Wunsch der hohen Versammlung wäre, so würde seitens der Regierung nichts entgegenstehen, daß man im letzten Alinea des §. 381 die Bestim⸗ mung träfe, daß, wenn der Handlung Fahrlässigkeit zum Grunde liege, eine mildere Freiheitsstrafe eintreten solle. Man könnte viel⸗ leicht den Zusatz machen, daß unter mildernden Umständen Geldbuße zulässig sei, wie dies auch bei anderen Verbrechen geschehen ist.

Abgeordn. Grabow: Ich schließe mich den Anträgen, welche die ritterschaftlichen Abgeordneten aus Preußen gestellt haben, statt der Worte „mit rechtswidrigem Vorsatze“ zu sagen: „nach den bestehen⸗ den Gesetzen“, vollkommen an und bemerke, daß ich eigentlich mit dem rechtswidrigen Vorsatze einen anderen Begriff nicht habe verbinden können, als den „vorsätzlich“.! Wenn aber von einigen Mitgliedern der Abtheilung der Antrag gemacht worden, daß man in den Fällen, in welchen Fahrlässigkeit vorliegt, „Amts-Entsetzung“ eintreten lassen müßte, so kann ich mich dem nicht anschließen, denn ich glaube, daß der Richter die Gesetze kennen muß; er kann nicht mehr dann aus Fahrlässigkeit gehandelt haben, wenn er den ihm bekannten Gesetzen zuwiderhandelt.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Wenn er auch die Gesetze kennen muß, so kann er sie doch übersehen, und so blüibt doch zu un⸗ terscheiden, ob er ihnen mit Vorsatz entgegenhandelt oder sie über⸗ sieht.

Abgeordn. von Donimierski: Ich muß mir doch noch einmal die Frage erlauben, ob denn die Fälle der Fahrlässigkeit nicht unter §. 262 passen. Hier ist gar keink Bestimmung wegen fahrlässigen Mißbrauchs; unmöglich können alle Fälle dieser Art nur nach Dis⸗ ziplinar-Vorschriften behandelt werden.

Regierungs-Kommissar Bischoff; Im s. 262 ist an den Fall einer fahrlässigen Verhaftung, wie sie nur bei Beamten vorkommen kann, nicht zu denken. Dort liegt es im Thatbestande des Verbre⸗ chens, daß es immer vorsätzlich verübt wird. Denn kein Privat⸗ mann, als solcher, wird das Recht in Anspruch nehmen, außer den Fällen des §. 263. zur Einsperrung eines Anderen befugt zu sein.

Abgeordn. von Donimierski: Ich kann das Verhältniß dieser Gesetze zu einander nur so verstehen, daß die §§. 262 und 263 die allgemeinen und diese Paragraphen hier die speziellen Vorschriften enthalten; sie alle dienen zum Schutz gegen die Verletzungen der per⸗ sönlichen Freiheit; reichen diese nicht aus, so muß auf jene zurückge⸗ gangen werden.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Was die Polizei-Beamten betrifft, fo sind sie im §. 387 den Richtern gleichgestellt worden. In Ansehung der Nicht⸗Beamten geht der Entwurf, wie erwähnt, davon aus, daß, wenn sie sich dieses Verbrechens schuldig machen, immer ein vorsätzliches Verbrechen vorliegt.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich verzichte aufs Wort.

Abgeordn. von Auerswald: Ich glaube, daß darauf wenig mehr ankommen kann, was im §. 262 gemeint sein könnte. Ich habe damals selbst an den Herrn Regierungs- Kommissar die Bitte gestellt, im Namen der Regierung zu erklären, ob die Beamten dar⸗ unter mitverstanden würden oder nicht. Er hat erklärt, daß sie nicht darunter verstanden würden. Die Versammlung hat das angenom⸗ men, und die Sache läßt sich nicht mehr ändern. Aber um so noth⸗ wendiger ist es, daß §. 381 geändert werde, und ich setze voraus, daß der Herr Kommissar, als er der Fassung des vom Grafen von Schwerin gegebenen Amendements beitrat, dies lediglich der Fassung diefes Amendements galt, aber keinesweges dadurch das gegen das Wort „rechtswidrig“ erhobene Bedenken erledigt werden sollte.

Regierungs⸗-Kommissar Bischoff; Das würde kein anderer Vor⸗ schlag, sondern nur eine Sache der Fassung sein. Ich sollte meinen, man könnte das, was der §. 389 enthält, bestehen lassen und sich darauf beschränken, für den Fall der Fahrlässigkeit eine besondere Be⸗ stimmung als drittes Alinea hinzuzufügen.

Abgeordn. von Auerswald: Ich würde mich dem entgegen⸗ stellen uüssen, weil ich glaube, daß doch der Zweck nicht so deutlich erreicht wird, wie nach dem Vorschlage des Abgeordneten aus Preußen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Ich glaube, es besteht keine Verschiedenheit in der Ansicht mehr, muß aber dem jetzigen Antrag entgegen meinen, daß der Zweck mehr erreicht werde durch den Vor⸗ schlag des Herrn Regierungs⸗-Kommissars, als durch das Amendement, und zwar darum, es kann rechtswidrige Verhaftungen geben, die nicht durch' Vorsatz, sondern aus Fahrlässigkeit stattfinden. Wenn man nun diese Fälle so trennt, wie vom Herrn Regierungs- Kommissar vor= geschlagen, so wird der Richter angewiesen, bei rechtswidrigem Vor⸗ satze immer Cassation eintreten zu lassen und dagegen bei Fahrlässig⸗ keit immer höchstens Amtsentsetzung, wogegen, wenn man das Amen. dement aufnimmt, die Strafe alternativ eintreten müßte und auch bei rechtswidrigem Vorsatze auf Amtsentsetzung , . erkennen könnte. Dies bestimmt mich, dem vorgeschlagenen Amendement des Herin Regierungs-Kommissats mich anzuschließen, weil ich glaube, daß es im? Sinne ganz dasselbe, aber präziser ausdrücke.

Abgeordn. von Auerswald: Ich kann das nicht anerkennen. Aus der von mir vorgeschlagenen Fassung geht hervor, daß die Alter native stattfinden kann nicht nur. beim rechtswidrigen Vorsatze, son⸗ bern daß alich, insofem Fahrlässigkeit stattfand, unter Umständen auf erkannt werden kann, und man wird mir zugestehen, daß

kann. Wenn ein Richter auch nur auf unverantwort⸗ liche, fahrl Zeise verhaftet, so läßt sich der Fall denken, daß er nichlsdestowen Cassation verdient. Das würde berücksichtigt, wenn es hieße: „wenn den bestehenden Gesetzen zuwider die Verhaf⸗ tung erfolgt“, das würde auf alle Fälle passen, und man würde eine